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Einflüsse auf die Präferenzen oder Abneigungen von Nahrungsmitteln bei Kindern 3.1. Sensorische Bewertung von Nahrungsmitteln Die entscheidende Bewertung eines Lebensmittels, ob es „schmackhaft“ oder weniger „schmackhaft“ ist, basiert auf komplexen Sinneseindrücken, die über die Augen, die Nase, den Mund – und den Rachenraum beim Ansehen und beim Verzehr eines Nahrungsmittels entstehen. Der angelsächsische Begriff “flavour“ beschreibt sehr treffend, die mit dem Verzehr eines Bissens zusammenhängenden Empfindungen. Diese werden durch das Aroma, den Geschmack, die Temperatur, die Struktur, das Mundgefühl, die Kinästhetik und die Farbe für jedes Nahrungsmittel individuell definiert. Haptische Eigenschaften, wie das Berühren und das Tasten eines Nahrungsmittels sind für seine Beurteilung ebenfalls wichtig. 3.1.1. Sinnesphysiologische Grundlagen Für die Ausbildung der Sinneseindrücke sind sowohl physikalische als auch chemische Empfindungen verantwortlich. Die sensorische Wahrnehmung hängt von der Konzentration des Reizauslösers ab und erfolgt dann stufenweise. Damit ein Reiz wahrgenommen werden kann, muss er mehrere Intensitätsschwellen überschreiten, damit er erkannt und zugeordnet werden kann. Dennoch sind die menschlichen Sinne sehr sensibel und zugleich sehr schnell verfügbar. Die Reizaufnahme in den Sinnesorganen findet über spezifische Rezeptoren statt, die extrem reizempfindlich und reizempfänglich sind. Die Sinneseindrücke werden an das Zentralnervensystem weitergeleitet, so daß entsprechende Empfindungen auf die hervorgerufenen Reaktionen wahrgenommen werden. Für jedes Lebensmittel gibt es einen optimalen Temperaturbereich, in dem es den stärksten spezifischen Sinnesreiz ausübt. Der Grund dafür ist, dass Temperatur sowohl das Strukturverhalten eines Lebensmittels als auch die Intensität von Geruchs – und Geschmacksstoffen beeinflusst. Der Tastsinn: Durch das Betasten, Befühlen, Begreifen und auch durch das Kauen von Lebensmitteln können Aussagen über die Konsistenz, Struktur und Textur, sowie über seine Form getroffen werden. Dabei spielt der Begriff der „Konsistenz“ eine wichtige Rolle, denn es wird damit die Dichte, Festigkeit oder Viskosität und dessen Widerstand bzw. plastisches Verhalten beschrieben. (Tilgner 1979, Jellinek 1981). Als Textur wird die Eigenschaft eines Lebensmittels wie Zartheit, Härte, Faserigkeit, Glätte u. a. beschrieben, die durch Kraft und Berührungssinne (Muskulatur und Schleimhaut) im Mund wahrgenommen wird. Neben den Tasteigenschaften zählen die Temperatur -und Schmerzempfindungen, die wir über die Haut aufnehmen, zum Tastsinn. Eigenschaften eines Nahrungsmittels, die als „kalt“, „lauwarm“, „warm“ oder „heiß“ definiert werden, nehmen wir durch den Temperatursinn wahr. Sehr heiße oder sehr kalte Nahrung wird als schmerzende Empfindung von uns wahrgenommen und als solche in Form eines Warnsignals weitergeleitet. Der Gesichtssinn: Das Sinnesorgan des Gesichtssinns ist das Auge mit Sehnerv und dem Sehzentrum im Gehirn. Mit Hilfe des Gesichtssinns können Aussehen, Form und Farbe eines Lebensmittels festgestellt werden. Eine Entscheidung über Akzeptanz oder Ablehnung eines Lebensmittels kann schon jetzt, durch den Einsatz eines einzigen Sinnes passieren. Besonders die Farben der Lebensmittel wirken sowohl auf unser vegetatives Nervensystem als auch auf unser Hormonsystem (Frieling 1985) und können bei der der Beurteilung eine wichtige Rolle spielen. Es ist bekannt, dass “Appetenzverhalten“ unter anderem auch durch Farbsignale ausgelöst werden kann. Bestimmten Farben wird von uns im Zusammenhang mit Essen sogar ein ausgesprochen abweisender Einfluss zugeordnet. Zum Beispiel verbindet man die Farben Grünblau/Weiß oft mit Sauberkeit und Hygiene und assoziiert sie nicht unmittelbar mit Nahrungsaufnahme oder Lebensmitteln. Die Farben Weiß, Schwarz und Grau lösen als so genannte „unbunte“ Farben meistens keine emotionalen oder libidösen Aspekte bei der Nahrung aus. Im Allgemeinen gilt, dass wir ein intensiv. gefärbtes Nahrungsmittel gleichzeitig mit einem kräftigen Geschmack und Aroma verbinden (Christensen C.M. 1983). Dieses Wahrnehmungsphänomen wird als Synästhesie bezeichnet, d.h. die Reize eines Wahrnehmungskanals werden auch von anderen Kanälen interpretiert. Die Synästhesie tritt bei Kleinkindern sehr stark auf und verliert sich zunehmend mit fortschreitendem Alter. Andrerseits verleiten blasse Farben oft zu Vorurteilen bis hin zur qualitativen Abwertung eines Lebensmittels. Die Farbe eines Nahrungsmittels beeinflusst uns nicht nur bei seiner Auswahl sondern wir assoziieren in vielen Fällen auch eine bestimmte Farbe mit einem dazugehörigen Geschmack. Mit der Farbe Orange wird Orangengeschmack assoziiert, die Farbe Zitrone steht meistens auch für einen frischen, zitronigen Geschmack. (Du Bose et al. 1980). Du Bose berichtet, dass die Intensität der Farbe einen signifikanten Einfluss auf das farbbezogene Geschmacksempfinden ausübt und dass dies mit der Abschwächung der Farbe abnimmt oder gar nicht empfunden wird. Eine deutliche Verfremdung tritt ein, wenn man die Zitrone violett färbt. Der Strukturzusammenhang zwischen Farbsehen und vegetativen optischen Meldungen an das Gehirn ist dann gestört. Farbe kann auch einen Einfluss auf das Süßempfinden eines Nahrungsmittels haben (Johnson et al. 1982). Die subjektiv empfundene Süße einer Limonade mit Kirschgeschmack wurde noch verstärkt als die Kirschfarbe des Getränkes intensiviert wurde. Ebenso wird mit Hilfe des Gesichtssinns die Form eines Lebensmittels wahrgenommen und es kann so eine Qualitätsbeurteilung vorgenommen werden, ob das Lebensmittel beschädigt und somit die entsprechende Form verändert wurde. Auch welkes Gemüse zeigt sich durch eine verändertes Äußeres, sowohl in seiner Form als auch in der Farbe. Beim Gesichtssinn wirken darüber hinaus Reize auf unsere Geschmacksnerven, wenn sie auf uns bekannte Vorstellungen treffen. So kann uns beim Anblick eines Körbchens frisch gepflückter Erdbeeren schon “das Wasser im Munde zusammenlaufen“. Der Gehörsinn: Die auditiven Sinneseindrücke umfassen alle, durch das Ohr vermittelte Sinneseindrücke. Viele Lebensmittel kann man durch „hören“ beurteilen, denn die beim Kauen verursachten Geräusche führen zu einer positiven oder negativen Beurteilung des entsprechenden Nahrungsmittels( Meier-Ploeger A. 1999). Mit Hilfe des Gehörsinns verschaffen wir uns Auskunft über Frische und Lagerung eines Nahrungsmittels. Aus der Intensität und der Dauer des auftretenden Geräusches während des Kauvorganges z. B. beim Kauen eines Apfels, beurteilen wir Eigenschaften wie „knackig“ oder „krachend“. Auch beim Klopfen auf ein Nahrungsmittel kann durch das entstehende Geräusch eine Qualitätsbeurteilung signalisiert werden, z. B. der Reifegrad einer Melone. Jedoch muss dieser Sinn schon früh geschult werden, damit feine Geräuschunterschiede bei entsprechenden Produkten gehört und als Erfahrungswert eingeordnet werden können. Der Geruchssinn: Das Geruchsorgan ist die Nase. Olifaktorische, d.h. über die Nase wahrgenommene Eindrücke werden nach Art, Intensität und chronologischem Ablauf beim Einziehen von Luftbestandteilen unterschieden. Außerdem verursachen Komponenten, die im Mund beim Kauen und Schlucken freigesetzt werden und dann über die RachenNasenverbindung zur Nase gelangen einen retronasalen Eindruck. Geruchsempfindlich ist die Riechschleimhaut im Nasendach. Dort werden die Geruchsreize auf einer 2,5 Quadratzentimeter großen Fläche empfangen und weitergeleitet. Von der Sensibilisierung des Riechepithels hängt das Riechvermögen ab. Flüchtige und lösliche chemische Verbindungen in den Nahrungsmitteln rufen Geruchsempfindungen hervor, von denen unsere Nase viele tausende unterscheiden kann. Als „Duft“ werden positive Geruchsempfindungen benannt, als „Gestank“ die negativen. In positiver Hinsicht hilft uns der Geruchssinn die Frische und Unversehrtheit eines Produktes zu bewerten, andererseits können negative Gerüche auf eine verdorbene Speise, die gesundheitsgefährdend sein könnte, hinweisen. Somit übernimmt der Geruchssinn auch die Aufgabe einer Schutzfunktion. Für die vielen unterschiedlichen Geruchsnuancen haben wir nicht genügend Worte, um sie treffend zu beschreiben. Deshalb bedienen wir uns häufig mit dem Vergleichen von Dingen, deren Geruch wir genau kennen. Der Geschmackssinn: Als Geschmack werden gustatorische Eindrücke über Mund, Zunge, Gaumen und Rachen definiert. Die eigentlichen Geschmacksorgane sind die etwa 7000 Geschmacksknospen, die in den Geschmackspapillen auf der Zunge, aber auch im Epithel des Mund-Rachenraumes angesiedelt sind. Bei Kindern sind diese Geschmacksfelder noch ausgedehnter. Laut Definition „schmecken“ nur Stoffe, die in der Lage sind, die Geschmacksrezeptorzellen in den Geschmacksknospen zu reizen. Neben den 4 klassischen wahrgenommenen Geschmacksarten(Neumann 1983)süß, salzig, bitter und sauer gibt es die so genannten „Ergänzungsgeschmacksarten umami (= schmackhaft, der Geschmack von Glutamat), metallisch und alkalisch. Scharfe, adstringierende oder stechende Geschmackseindrücke werden als sekundäre Geschmacksempfindungen bezeichnet (Burdach 1988). Der Geschmackssinn verläuft in einer ähnlichen Chronologie wie die olfaktorischen Eindrücke(Tauscher, B. 1995). Für eine lange Zeit wurde die Wahrnehmung der vier Grundgeschmacksarten auf der Zunge scharf abgegrenzten Regionen zugewiesen. Nach neueren Forschungsergebnissen (Smith, V. David; Margolskee, F. Robert 2001) geht man davon aus dass die Papillen in allen Zungenbereichen mehr oder weniger stark auf alle Reizqualitäten reagieren (Plattig 1988) und die Grenzen der Regionen auf der Zunge nicht scharf abgrenzbar sind. Verbindung von Geruchs – und Geschmackssinn: Der Geruchs –und Geschmackssinn sind eng miteinander verknüpft, wobei der Begriff „Aroma“ sowohl Geruch als auch indirekt den Geschmack eines Nahrungsmittels beschreibt. Erst empfinden wir den Geruch direkt durch die Aromastoffe über die Nase und danach gelangt der gustatorische Geruch durch diejenigen Aromastoffe, die beim Kauen freigesetzt werden, indirekt durch den Rachenraum zu den Geruchsrezeptoren in der Nase (Neumann 1983). In der folgenden Abbildung (Ney 1987) sind die Zusammenwirkung von Geruch und Geschmack sowie der Einfluss der Konsistenz eines Produktes auf diese beiden Sinne dargestellt. Der Geruch eines Nahrungsmittels wird uns vor allem durch flüchtige Verbindungen vermittelt, das sind bei Fruchtaromen chemische Verbindungen, die zu den Estern und Lactonen gehören. Wichtige Komponenten in Gemüsearomen sind aliphatische und ringförmige Schwefelverbindungen. Der Geschmacksbereich setzt sich zusammen aus den 4 Grundgeschmacksarten süß, salzig, sauer und bitter und Umami und den zusätzlich beschreibenden Geschmacksbegriffen adstringierend, brennend und kühl. Abb. 1 Aromagramm eines Lebensmittels Im Sockel des Diagramms sind die Stoffe, die für die Beurteilung der Konsistenz des verzehrten Nahrungsmittels mit verantwortlich sein können, dargestellt. Dazu gehören Lebensmittelinhaltsstoffe und Verbindungen, die durch ihr Verhalten beim Verzehr eines Nahrungsmittels indirekt durch die Freisetzung von Aromastoffen einen Beitrag leisten. Auch das Mundgefühl, das zum Beispiel durch Stärken, die als Stabilisatoren in einem Produkt verwendet werden, im Zusammenspiel mit Fett und Eiweißstoffen vermittelt wird, wird letztendlich als Gesamteindruck „Konsistenz“ bezeichnet. Bei Kindern besteht eine Polysensualität, sie schmecken, riechen und fühlen vielfältiger und intensiver als die Erwachsenen es tun. Geruch und Geschmack beeinflussen unser Verhalten weit mehr als die Eindrücke von Auge und Ohr. Unsere heutige Zeit fördert aber verstärkt das Sehen und Hören und das Riechen und Schmecken wird weniger gefordert und verkümmern langsam. 3.2. Geschmack bei Obst und Gemüse Verbraucher wünschen sich knackiges Gemüse und frisches Obst, welches zu jeder Zeit aromatisch und schmackhaft sein soll. Qualitativ hochwertig sollen Obst und Gemüse auch sein, denn auch der Nährwert, d.h. der Vitamin- und Mineraliengehalt, die Ballaststoffe oder eventuelle Antioxidantien, spielen für den Verbraucher eine Rolle. Für den Genußwert, den Geschmack, sind, wie schon im Aromagramm dargestellt, die nichtflüchtigen Geschmacksstoffe wie Zucker, Fruchtsäuren und Bitterstoffe als auch die flüchtigen Aromastoffe von Bedeutung. Bei Obstfrüchten ist das jeweils typische Aroma der Frucht bereits in der intakten, reifen Frucht voll ausgeprägt. Da die Synthese der Aromastoffe bei Obst meist erst in der Reifephase stattfindet, spielt der Reifezustand der entsprechenden Obstsorte für den Verzehr eine wesentliche Rolle. In rohem Gemüse werden die Aromen oftmals erst im Verlauf küchentechnischer Prozesse wie Zerkleinern und Kochen gebildet. Des Weiteren werden bei Obst und Gemüse durch das Kauen in der Mundhöhle spezifische Aromen durch Enzyme im Speichel gebildet. Man unterscheidet demzufolge zwischen Primär-Aromen und den durch enzymatische, oxidative oder thermische Einflüsse gebildeten Sekundär – Aromen. Die Synthesewege zur Bildung der primären Aromastoffe sind bis auf wenige Ausnahmen bekannt. Aromen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer stofflichen Zusammensetzung (Schulz 1997). Bei der Erdbeere wird das Aroma durch eine komplexe Mischung vieler Aromastoffe geprägt. Die Tomate, der Pfirsich oder Apfel haben dagegen nur wenige Aromakomponenten. Bei Himbeeren, dem Knoblauch oder der Birne, wird das Aroma entscheidend nur durch eine Aromakomponente geprägt, andere Stoffe tragen zur Abrundung des gesamten Aromaeindruckes nur bei. Die Aromaprofile von Obst und Gemüse können folglich nach entsprechender Zubereitung und Weiterverarbeitung verändert ausfallen, als beim bloßen Hineinbeißen in eine Frucht oder Gemüsesorte. 3.3. Sensorische Einflüsse auf das Essverhalten 3.3.1. Geschmack und Essverhalten Unser Körper hat bestimmte Kontrollmechanismen herausgebildet, um eine adäquate Nahrungsaufnahme zu gewährleisten. Jedoch ist der Geschmack wesentlich für die Ausbildung unserer Nahrungsvorlieben verantwortlich. Verbraucherbefragungen, welche in verschiedenen Ländern und Kulturen zu dieser Fragestellung durchgeführt wurden, lassen erkennen, dass der Geschmack eines Lebensmittels für die Verbraucher immer noch das bestimmende Kriterium für seine Auswahl ist.(Food Marketing Institute Chicago 1996). Bei einer repräsentativen Umfrage in Deutschland, „worauf man beim Essen bzw. bei der Ernährung besonderen Wert lege“, war der Geschmack für beide Begriffe am wichtigsten. Der gute Geschmack ist beim Essen das wichtigste Kriterium. (Pudel) Es gilt wissenschaftlich als gesichert, dass die Vorliebe für Süßes und die Ablehnung von Bitterem angeboren ist. Die Erklärung dafür liefert uns die Natur, denn hinter süßem Geschmack verbirgt sich häufig ein Energielieferant, hinter bitterem Geschmack verbirgt sich dagegen oft Giftiges (Rozin 1990). Man kann süß sozusagen als den „Sicherheitsgeschmack der Evolution bezeichnen. Die Präferenz für süß erklärt auch die uneingeschränkte Akzeptanz der laktosereichen Muttermilch der Säuglinge. Die Laktose in der Muttermilch begünstigt die Besiedelung des Säuglingsdarmes mit Bifidusflora und fördert die Kalziumresorption(Reimerdes 1990). Zahlreiche Versuche mit Neugeborenen und Veröffentlichungen beschäftigen sich mit dieser genetisch bestimmten Vorliebe für Süßes und Umami. Demnach können Neugeborene in den ersten drei Lebenstagen schon zwischen Wasser, Zuckerlösungen in verschiedenen Konzentrationen und sogar zwischen verschiedenen Zuckern in Lösung unterscheiden, ein Beweis für eine sehr frühe, spezifische Unterscheidung von verschiedenen chemischen Stimuli. (Steiner 1977; Desor et al. 1977; Desor & Maller 1973) Der Muttermilch kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu, denn sie enthält sowohl Zucker als auch Glutaminsäure, die für den Süßgeschmack und Umami -Geschmack verantwortlich sind. Auch die Ablehnung von Bitterem und Saurem ist angeboren. Schon 1910 berichteten amerikanische Forscher (Peterson & Rainey 1910; Steiner 1977), dass Säuglinge beim Trinken von salzigen, sauren und bitteren Getränken ihr Gesicht verziehen, aber dennoch trinken. Weitere neue (Menella 2001) Untersuchungen zeigen, dass während der Schwangerschaft Geschmacksstoffe aus den verzehrten Mahlzeiten der Mutter in das Fruchtwasser gelangen, und dieses “aromatisierte“ Fruchtwasser vom Fetus geschluckt wird. Einige dieser Aromen erfahren die Säuglinge dann später wieder beim Stillen. Die Gruppe um Menella fand durch gezielte Versuchsreihen noch weiterführend heraus, dass Säuglinge, deren Mütter während der Schwangerschaft regelmäßig bestimmte Gemüsesorten verzehrten, dieses Gemüse dann auch gern mochten. Daraus kann man schließen, dass Aromen und Geschmacksstoffe, die für die jeweiligen Kulturkreise und ihrer entsprechender Ernährungsweise charakteristisch sind, von den Kindern lange vor ihrer ersten festen Nahrung indirekt erfahren werden. Auf diese Weise können Säuglinge auf bestimmte Aromen und Geschmacksmuster für ihre zukünftige feste Nahrung vorbereitet werden. Im Alter zwischen 3 und 5 Jahren unterscheiden Kinder hauptsächlich Nahrungsmittel nur danach, ob sie süß schmecken oder ob sie ihnen bekannt sind (Birch 1992). Das Wiedererkennen eines bestimmten Geschmacks bietet eine gewisse Sicherheit, denn evolutionspsychologisch ist die Bekömmlichkeit einer Speise an deren sensorischen Eindruck geknüpft. In Verbindung mit etwas Süßem werden Nahrungsmittel mit unbekanntem Geschmack von Kindern leichter akzeptiert (Capaldi, 1996); eigene Erfahrung aus der Beratungspraxis hat bewiesen, dass Gemüse leichter und lieber mit etwas Tomatenketchup auf dem Teller probiert und gegessen wird. Nach einiger Zeit wird das geschmacklich bekannte Gemüse von den Kindern sehr oft „pur“ gegessen. Viele Jugendliche trinken Kaffe zuerst mit Milch und Zucker, und es dauert meistens bis ins Erwachsenenalter, bis man sich an den bitteren Geschmack von Kaffe gewöhnt hat und ihn dann sogar gerne schwarz trinkt. Schon Darwin berichtete 1877, dass seine Kinder gerne saure Dinge essen würden. Inzwischen zeigen verschiedene Studien, dass eine beachtliche Anzahl von Kindern der Altersgruppe 5-9 Jahre, eine Vorliebe für sehr sauren Geschmack haben (Liem & Menella 2003). Der Grund dafür kann einmal ein individuell unterschiedlich starker Speichelfluß sein, der Säuren verdünnt, und folglich der saure Geschmack deshalb weniger stark empfunden wird (Spielmann 1990). Eine neuere holländische Studie (Liem et al. 2004) bestätigt die Annahme mehrerer vorhergehenden Untersuchungen, dass bei Kindern die Vorliebe für Sauer mit der Bereitschaft Neues zu probieren und zu erfahren positiv korreliert ist. Diese Kinder bevorzugen auch kräftige Farben. Die Vorliebe für saure Nahrungsmittel kann eine wichtige Rolle, beim Verzehr von sauer schmeckendem Obst spielen. 3.3.1.1. Zur Ablehnung des bitteren Geschmacks Bittere Substanzen zu schmecken und abzulehnen zu können, bescherte uns Menschen einen gewissen Vorteil in der Evolution (Drewnowski 1995). Der bittere Geschmack kann auf giftige Substanzen im Nahrungsmittel hinweisen, den viele pflanzliche Alkaloide und Glykoside aufweisen. Für die Bittersubstanzen 6–n– Propylthiouracil (PROP) und Phenylthiocarbamid (PTC) ist die Geschmackswahrnehmung genetisch bedingt. Neuere Untersuchungen belegen, dass 30% der Bevölkerung als PROP-Nichtschmecker, der Rest als Schmeckeroder Superschmecker gelten (Drewnowski 1997; Turnbull 2002). Schon 1961 beschrieb Fischer, dass PROP - Schmecker bittere Nahrungs- oder Genussmittel wie Brokkoli, Kohl, Rosenkohl, Sauerkraut, Spinat, Rhabarber, Grapefruitsaft, Bier, Kaffee und einige streng schmeckende Käsesorten als unangenehm einstufen. (Fischer 1961). Des Weiteren zeigten diese frühen Untersuchungen über den bitteren Geschmack, dass PROP-Schmecker viel mehr Nahrungsmittel ablehnten als Nichtschmecker. PROP – Superschmecker gehören vor allem zum weiblichen Geschlecht (Reedy 1993) und weisen physiologische Besonderheiten hinsichtlich ihrer Geschmackspapillen auf. Sekundäre Pflanzenstoffe spielen eine wichtige Rolle bei der Prävention von Krebs und den degenerativen Erkrankungen. Charakteristisch für viele dieser Substanzen ist ihr bitterer Geschmack, wie z. B. die Indole und die Isothiocyanate im Kohlgemüse oder die Flavonoide in Zitrusfrüchten und Zwiebeln. Naringin, ein Bitterstoff in der Grapefruit, spielt in unserem Körper als potenter Enzyminhibitor eine wichtige Rolle (Drewnowski 1995). Folglich kann eine genetische Veranlagung, wie sie bei den PROP- Schmeckern besteht, diese Gruppe von Menschen in eine höhere Risikogruppe für chronische Krankheiten einstufen, da sie bittere Gemüsesorten und bittere schmeckendes Obst vermehrt ablehnen. 3.4. Weitere Einflüsse auf das Eßverhalten Die Auswahl von Nahrungsmitteln kann sich entscheidend auf die Entwicklung des Kindes auswirken. Zum einen spielen die Inhaltsstoffe der Nahrungsmittel eine entscheidende Rolle für eine gesunde Entwicklung des Kindes, zum anderen entscheidet das Eßverhalten in frühen Jahren über Vorlieben und Abneigungen im späteren Leben. Das Eßverhalten des Kindes kann sogar zu Konflikten zwischen Eltern und Kind führen, die letztendlich dann Auswirkungen auf das Verhalten des Kindes haben können. Kinderärzte berichten, daß Eltern häufig die Auswahl der Nahrungsmittel und Verzehrmengen ihrer Kinder, besonders im Alter von 2-4 Jahren beklagen. Für Kinder im Alter zwischen 1 und 2 Jahren sind zum einen die Bandbreite an neuen Lebensmitteln und zum anderen ihre Bereitschaft, sie zu kosten zu wollen, am größten. Diese Offenheit gegenüber neuen Nahrungsmitteln nimmt danach drastisch bis zum 4. Lebensjahr ab, mit weiter sinkender Tendenz, je älter die Kinder werden. (Cashdan 1994). Deshalb sollte man bei Kleinkindern nicht zu lange mit dem Einführen fester Nahrung warten( Sullivan 1994), damit möglichst viele Geschmacksarten und Geschmacksverbindungen ausprobiert werden können. Kinder entscheiden sich vor allem für Nahrungsmittel, die sie kennen. Es scheint ganz allgemein Erfahrung zu sein, die hilft, Vorlieben zu erkennen und sie zu entwickeln(Birch 19989). Diejenigen Kinder, denen eine Vielfalt an Gemüsesorten angeboten wird, sind offener gegenüber neuen, ihnen unbekannten Lebensmitteln, als Kinder die z.B. immer nur eine Sorte von Gemüse zu essen bekommen. Die Gruppe um Birch kam in verschiedenen Versuchsreihen mit Kindern bis zu einem Alter von 5 Jahren, übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass Vorlieben für Nahrungsmittel davon bestimmt werden, wie häufig man diese den Kindern anbietet (mere exposure effect). (Birch 1982; Sullivan 1990). Kinder im Alter von 2 Jahren mussten demnach ein neues Nahrungsmittel mindestens 10 bis 12 mal kennen gelernt haben, bevor es von ihnen ausgewählt wurde; in der Altersklasse von 4 bis 5 Jahren musste das neue Nahrungsmittel schon öfter auf den Tisch kommen, um voll akzeptiert zu werden , etwa 8-15 mal. Die Gruppe um Fallon (Fallon1983) hat schon vor einigen Jahren für die Akzeptanz bzw. Ablehnung eines Nahrungsmittels bei Kindern und bei Erwachsenen jeweils vier entscheidende Kriterien postuliert. Demnach wird, was wir als „geschmacklich gut“ definieren, erstens geprägt durch unsere sensorischen Geschmacksempfindungen, zweitens durch das innere Einstellen auf ein Wohlergehen (die positiven zu erwartenden Folgen), drittens die Wertigkeit des Nahrungsmittels, wie wertvoll kann sein Beitrag für meine Gesundheit sein (durch die Vorstellungskraft bestimmt) und viertens durch seine Stimmigkeit, passt es denn dieses Nahrungsmittel gerade zu meiner Situation (durch die Vorstellungskraft bestimmt). Im Gegensatz dazu wird, was wir als „geschmacklich schlecht“ definieren, ebenso zuerst durch unsere sensorische Geschmacksempfindungen geprägt, zweitens durch eventuelle Gefahr für meine Gesundheit( die negativen zu erwartenden Folgen), drittens durch Ekel( durch die Vorstellungskraft bestimmt), und viertens dadurch, dass es nicht passend oder stimmig für mich ist (durch die Vorstellungskraft bestimmt). Schwedische Forscher haben für Ablehnung und Akzeptanz von Nahrungsmitteln diese Abfolge der Eindrücke, die zur Entscheidungsfindung beitragen, in verschiedenen Studien verifiziert (Koivisto ?). Generell werden Nahrungsmittel von Kindern viel häufiger mit „schmeckt nicht“ abgelehnt und gezielte Aversionen dazu entwickelt. Viel weniger wird ein Nahrungsmittel mit einem spontanen „schmeckt gut“ akzeptiert. Eine Vorliebe oder oft nur eine positive Akzeptanz für ein Lebensmittel stellt sich in der Regel erst nach mehrmaligem Verzehr desselben ein, wogegen eine Aversion oder Ablehnung meistens schon nach einmaligem Kontakt auftreten(Logue 1981). Dazu gesellt sich meist noch „die Angst vor Neuem“ (food neophobia), was der Volksmund mit den Worten „was der Bauer nicht kennt….“ beschreibt. Diese Angst vor unbekannter Nahrung war einer der wichtigen Mechanismen, die für das Überleben unserer Vorfahren gesorgt hat, denn sie schützte die Menschen indirekt vor der Aufnahme schädlicher Nahrungsmittel (Pelchat 1995). Wenn aber diese „Phobie“ soweit geht, dass gesundheitlich wertvolle und wichtige Lebensmittel, wie z.B. Obst und Gemüse, nicht probiert und auf Grund ihres „nicht bekannt seins“ abgelehnt werden, dann sollte zwingend etwas dagegen unternommen werden. In diesem Kapitel wurde schon angesprochen, dass sich in diesem Fall, ein immer wiederholtes Anbieten des betreffenden Lebensmittels als probat erwiesen hat (Birch 1982). Wie Birch auch aus weiteren Untersuchungen berichten kann, haben Kinder, wenn sie einmal ein neues Lebensmittel probiert haben, sozusagen die Hemmschwelle überschritten, und sind sogar bereit ähnliche Lebensmittel zu verkosten, aber auf keinen Fall vollkommen neuartige Dinge. Mit dem Älterwerden verliert sich die Phobie, Kinder werden offener gegenüber Neuem. Es ist auch bekannt, dass diese strikte Ablehnung von neuen Nahrungsmitteln von dem Verhalten der Eltern beeinflusst wird (Pelchat 1995), denn oft reagieren die Eltern ähnlich, und so ist die Phobie letztlich der Grund für eine einseitige Ernährungsweise in der Familie. Aber nicht nur bezüglich der Ablehnung aller neuer und unbekannter Lebensmittel ähneln sich Eltern-Kind Verhalten, auch Vorlieben sind in Familien ähnlich (Birch 1980). Meistens werden von der Mutter diejenigen Gerichte gekocht, die sie selbst auch gerne mag, bzw. es werden die Ost und Gemüsesorten auf den Tisch gebracht, mit denen sie vertraut ist. Resultierend durch diese Gewöhnung, ist eine meist dauerhafte Präferenz für die heimischen Speisen und Zubereitungsarten. Geschmackspräferenzen entstehen durch dieses Beobachtungslernen, wobei die Eltern als Modell für ihre Kinder fungieren. Das „Mögen“ einer Speise ist ein Zusammenspiel aus physiologischem Geschmacksempfinden und der typischen Esskultur, die durch ihre Tradition, ihre ökonomische Situation und ihr gesamtes Umfeld definiert ist. http://lilt.ilstu.edu/rtdir ks/PREF.html Preference and Taste ( food selection and choice) Abrams HL. 1987. The Preference for Animal Protein and Fat. IN Food and Evolution. M Harris and E Ross (editors). 207-223. 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