Pasteurellen bei Zucht- und Mastkaninchen in der Schweiz
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Pasteurellen bei Zucht- und Mastkaninchen in der Schweiz
Pasteurellen bei Zucht- und Mastkaninchen in der Schweiz Dissertation, med.vet. Anina Stahel NRGK, Vetsuisse -Fakultät Universität Zürich Die Pasteurellose als Zoonose In einer Studie von 1993: (Donnio et al., 1993) Vorkommen von Pasteurellen in Schweine-, Rinder-, und Kaninchenzüchter in Frankreich: Schweinezüchter: 42% Pasteurellenträger Rinderzüchter: 10% Pasteurellenträger Kaninchenzüchter: 0% Pasteurellenträger Die Züchter waren aber klinisch gesund. Gliederung • Pasteurellen – – – – – – – • Pasteurellenprojekt – – – – – – – • Namensgebung Aussehen der Bakterien Krankheitssymptome Wirtschaftliche Verluste Vorkommen Übertragung Begünstigende Faktoren Ziel und Fragestellungen Probengewinnung Vorkommen in den einzelnen Betrieben Biochemische Charakterisierung Molekularbiologische Charakterisierung Schlussfolgerungen Weitere Untersuchungen: Pasteurellen bei Hund/Katze Vorbeugung Louis Pasteur (1822-1895) „Science knows no country, because knowledge belongs to humanity, and is the torch which illuminates the world.“ Französischer Wissenschaftler und Pionier auf dem Gebiet der Mikrobiologie • Entdeckung der Pasteurellen (Geflügelcholera) • Impfstoffentwicklung - Geflügelcholera - Milzbrand - Tollwut • Pasteurisierung • Milchsäuregärung, Weinsäure, usw. Pasteurellen Wichtigster Erreger: Pasteurella multocida » subsp. multocida » subsp. septica » subsp. gallicida „many killing“ „poisoning, infecting“ „hen killing“ (Säugetiere inkl. Mensch, Vögel) (Hund, Katze, Geflügel) (Geflügel, Schwein, Katze, Rind) runde, leicht konvexe, schleimig oder glatte, gräuliche, nichthämolytische Bakterienkolonien mit charakteristischem Geruch (Indol) gramnegative, unbewegliche, fakultativ anaerobe, kokkoide Kurzstäbchen mit Neigung zu bipolarer Färbung Pasteurellen, Klinische Erscheinungen Schnupfen Augenentzündung Lungenentzündung Innenohrentzündung Pasteurellen, Klinische Erscheinungen Bauchfellentzündung Gebärmutterentzündung Lungen-, Herzbeutelentzündung Abszess Pasteurellen, wirtschaftliche Verluste • Mastgewicht – Körpergewicht von 6 Wochen alten Masttieren: • Masttiere von Pasteurellen positiven Zibben: Ø 839 g. • Masttiere von Pasteurellen negativen Zibben: Ø 912 g. – Körpergewicht von 12 Wochen alten Masttieren: • Pasteurellen positive Masttiere: Ø 2674 g. • Pasteurellen negative Masttiere: Ø 2718 g. – Schlachtgewicht der Hintergliedmasse von 12 Wo. alten Masttieren: • Pasteurellen positive Masttiere: Ø 158.1 g. • Pasteurellen negative Masttiere: Ø 161.3 g. • Qualitätsminderung des Fleisches (Kontaminationsgefahr für Menschen) Pasteurellen Vorkommen: ... seit man Kaninchen kennt und weltweit ... Pasteurellen sind meist normale Bewohner der Schleimhäute. Vorkommen bei den meisten Säugern, Vögeln und Menschen. Gesunde Kaninchen sind Pasteurellenträger im Nasen-Rachenraum und im Mittelohr Nur 50% der Kaninchen mit Pasteurellen in der Nase zeigen Schnupfen! in Zahlen: bei 31% bis 94% in Nase von gesunden Kaninchen – < 1 Monat: 4% – 1-3 Monate: 0-63% (nach der Säugeperiode sinken die maternalen Antikörper, die eigene Immunabwehr ist noch unreif) – > 3 Monate: 47-85% Pasteurellen Übertragung: – direkter Kontakt mit infizierten Tieren (via Nasensekrete, aber auch bei Deckakt, Geburt) – Aerosol (Kaninchen niesen max. 2m weit!) – Vektoren – Vehikel (Geräte, Kleider, Einstreu, Tränke, usw.) – keine vertikale Übertragung (Plazenta) Pasteurellen Begünstigende Faktoren: – Schwäche der Immunabwehr – Stress • • • • Überbelegung Transport Trächtigkeit, Geburt, Laktation Absetzen und Umstallen – Umwelt und Haltungsbedingungen • feuchtkaltes Wetter/Zugluft • Staub-, Ammoniakgehalt • Ventilation • Hygiene (Tränke! 90% der Tränken von Tieren mit starken Nasenausfluss kontaminiert; 67% der Tränken von Tieren mit pos. Nasentupfern sind kontaminiert) Pasteurellenprojekt Ziele und Fragestellungen Vorkommen, biochemische/molekularbiologische Charakterisierung von Pasteurella Isolaten Zucht- und Mastkaninchen in einer schweizerischen Organisation mit Gruppenhaltung Vergleich mit Isolaten aus krankhaften Organen Ungeklärte Fragen: » » » » Ursprung und Verbreitung? Übertragung Zuchttiere-Masttiere? Entwicklung von Impfstoffen? andere Tierarten? Probengewinnung Isolation der Pasteurellen Material Kulturen Isolate Probenentnahme aus: • Nasenlöcher re, li • Sinus re, li Ausstrich auf Blut- und Blauagarplatten Inkubation für 24h bei 37°C Einzelne pasteurellenverdächtige Kolonien, bei -80°C aufbewahrt Zucht- und Mastbetriebe einer schweizerischen Organisation mit Gruppenhaltung Prävalenz in Zuchtbetrieben Betrieb Anzahl Tiere Untersuchte Tiere Pasteurellen positiv 1 200 Zibben 51 57% 2 64 Zibben 2 100% 3 208 Zibben 16 63% 4 180 Zibben 2 100% 5 300 Zibben 4 50% 6 120 Zibben 10 70% 7 500 Zibben 4 25% 8 80 Zibben 4 100% 9 160 Zibben 2 0% 10 120 Zibben 4 50% 11 150 Zibben 33 70% Zuchtbetriebe: 132 Tiere untersucht, 25%-100% Pasteurellenträger Zucht- und Mastbetriebe einer schweizerischen Organisation mit Gruppenhaltung Prävalenz Mastbetriebe Betrieb Anzahl Tiere Untersuchte Tiere Pasteurellen positiv 1 1000 Mastplätze 23 78% 2 320 Mastplätze 2 100% 3 270 Mastplätze 19 89% 4 400 Mastplätze 6 100% 5 260 Mastplätze 3 75% Mastbetriebe: 53 Tiere untersucht, 75%-100% Pasteurellenträger Zucht- und Mastbetriebe einer schweizerischen Organisation mit Gruppenhaltung Prävalenz Zucht-Mastbetriebe (unklare Angaben) Betrieb Anzahl Tiere Untersuchte Tiere Pasteurellen positiv 1 20 Zibben 150 Mastplätze 4 25% 2 ? ? 2 100% 3 30 Zibben 210 Mastplätze 1 100% Zucht-Mastbetriebe: 7 Tiere untersucht, 25%-100% Pasteurellenträger Biochemische Charakterisierung nach Mutters et al., 1985 Untersuchte Reaktionen: nach 48h bei 37°C – – – – – – – – – – – – – NAD-Abhängigkeit Hämolyse Indol Oxidase Katalase Lysin Dulcitol Sorbitol nach 14 Tagen Mannitol Trehalose Maltose Urease Ornithin Decarboxylase Group management Biochemische Charakterisierung Clinical cases Pasteurella multocida P. canis subsp. multocida septica gallicida subsp. ? P. aerogenes P. species B? biotype 1 A B C D E F G H J K L M N O P Oxidase Catalase Lysine Urease Indole Dulcitol Sorbitol Mannitol Trehalose Maltose ODC + + + + + + + + + + + + + + + + + + + - + + + + + - + + + + + + + + + + + + + + + + + - + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + - + + + - + + + + - + + + + + - Group management - 24 (52) - 1 - - - - - 36 - 10 7 1 - 3 16 (25) 1 7 (1) 1 4 1 32 3 1 1 - 8 - - - - - - - - - - - - 1 (131 isolates) Clinical cases 2 (2) 1 (1) (109 isolates) Healthy carriers - - (1 isolate) A-P: biovars +: positive reaction within 2 days; -: negative reaction for 14 days; ( ): isolates late positive for sorbitol Biochemische Charakterisierung Group management Pasteurella multocida subsp. multocida Oxidase Catalase Lysine Urease Indole Dulcitol Sorbitol Mannitol Trehalose Maltose ODC Group management P. canis subsp. ? P. aerogenes biotype 1 B D K M N O O + + + + + + + + + + + - + + + + + + + + + - + + + - + + + + - 24 (52) 1 36 10 7 1 (131 isolates) A-P: biovars +: positive reaction within 2 days; -: negative reaction for 14 days; ( ): isolates late positive for sorbitol Zucht- und Mastkaninchen einer schweizerischen Organisation mit Gruppenhaltung Biochemische Charakterisierung Zuchtbetrieb Betrieb 1 (29 Isolate) Betrieb 6 (I=7) Betrieb 10 (I=2) Betrieb 2 (I=2) 4 (I=2) 5 (I=2) 7 (I=1) Betrieb 3 (I=10) Betrieb 8 (I=4) P. multocida subsp. multocida subsp. ? P. canis biotype Betrieb 11 (I=23) P. aerogenes 1 Biochemische Charakterisierung Group management P. multocida subsp. multocida - 59% aller untersuchten Isolate hauptsächliches Vorkommen P. multocida subsp. ? P - 27% aller untersuchten Isolate gemeldetes Vorkommen P.canis - biotype 1 13% aller untersuchten Isolate hauptsächliches Vorkommen P. aerogenes - 1% aller untersuchten Isolate hauptsächliches Vorkommen Molekularbiologische Charakterisierung R(repetitive) E (extragenic) P (palindromic) - PCR Molekularbiologische Charakterisierung Vermehrung von DNA Stücken Vermehrte DNA Stücke Stamm 1 DNA Past. Stamm 1 Repetive DNA Elemente DNA Past. Stamm 2 Vermehrte DNA Stücke Stamm 2 Vermehrte DNA Stücke Stamm 2 Molekularbiologische Charakterisierung Wanderung der DNA Stücke auf einem Gel Stamm 1 2 Stamm 1 3000 Wanderung der DNA Stücke im elektrischen Feld: 1500 1031 700 Längere Stücke wandern langsamer Kürzere Stücke wandern schneller 500 300 M 100bp DNA-Leiter Plus Stamm 2 Zucht- und Mastkaninchen einer schweizerischen Organisation mit Gruppenhaltung Molekularbiologische Charakterisierung P. multocida subsp. multocida I II III IV VI VII VIII IX X XI XIX P. canis subsp. ? P. aerogenes biotype 1 B D K M N O 76 - 1 - 34 - 10 - 1 1 1 1 1 1 1 - 1 A-P: biovars I-XIX: REP-PCR types Schlussfolgerungen • • • • • • • 25% bis 100% aller Kaninchen von Zucht- und Mastbetrieben sind mit Pasteurellen infiziert 54% aller untersuchten Kaninchenköpfe sind Träger von Pasteurella multocida ein bestimmter Stamm von P. multocida subsp. multocida ist in der Organisation weit verbreitet, unabhängig von Betriebsstandorten bei 99% der P. multocida Isolate handelt es sich um einen genetisch gesehen sehr ähnlichen Stamm; eine Verschleppung zwischen den Betrieben ist offensichtlich eine Verseuchung des Ursprungsbetriebes in Deutschland scheint sehr wahrscheinlich ein betriebsübergreifender Impfstoff wäre von Vorteil bei 7 Betrieben konnte zusätzlich P. canis isoliert werden; eine Übertragung von Hund/Katze auf die Kaninchen bleibt abzuklären Weitere Untersuchungen Pasteurellen bei Hund und Katze P. canis: - aus 17 Zucht- und Mastkaninchen - aus 2 an Pasteurellose erkrankten Kaninchen isoliert P. canis wurde bisher nur bei Hund/Katze nachgewiesen Fragestellung: - Sind Hund/Katze Träger von P. canis oder anderer Pasteurellenarten? - Falls ja, handelt es sich um die gleichen P. canis Stämme wie bei den Kaninchen? - Findet eine Übertragung von Hund/Katze auf die Kaninchen statt? Vorgehen: - Tupferprobe von Nase und Zahnfleisch aller betriebseigenen Hunden/Katzen - Ausstrich auf Blutagarplatte und Beurteilung der Kolonien - Biochemische und molekularbiologische Untersuchung der Pasteurellen Weitere Untersuchungen Pasteurellen bei Hund und Katze Resultate: 7 Betriebe angeschrieben, von 3 Betrieben Tupferproben erhalten 6 Katzen und 2 Hunde untersucht, ein Hund noch ausstehend Biochemie: P. canis (n=2) P. septica (n=2) P. gallicida (n=1) Bisher bei 4 Katzen und einem Hund Pasteurellen gefunden Pasteurellen, Vorbeugung Pasteurellen, Vorbeugung 1. Optimale Haltung und Fütterung – Besatzdichte: Ställe nicht überbesetzen – Stallklima optimieren (Ventilation 20x/h, Temperatur 18-22°C, Luftfeuchtigkeit 50-70%, Einstreu) – Rein-Raus-Verfahren – Fütterung: einwandfreies Heu und Futter, Wasser – Reinigung: – – leicht zu reinigende Einrichtung, überflüssige Staub-, Dreckfänger raus regelmässige Heisswasser-Reinigung/Desinfektion der Trinkgefässe (Past. überleben 36h in Tränke) Pasteurellen, Vorbeugung 2. Verhinderung der Krankheitseinschleppung und -verbreitung – Kontrollierter Personenverkehr: – keine Besucher – stricktes Kleider-, Stiefelwechseln, striktes Händewaschen (voher und nachher) – Kontrollierter Tierverkehr: – keine Mitbewohner (Nagetiere, Hunde, Katzen) (Pasteurella canis?) – Zukauf von klin. gesunden Tieren, Quarantäne – Kontrollierter Warenverkehr – Bauliche Massnahmen – Vorraum – Getrennte Krankenabteile (mind. 2m Abstand), Kranke erst nach Gesunden versorgen Pasteurellen, Vorbeugung Pasteurellen, Vorbeugung 3. Zibben- und Bockmanagment – – – – 4. Zukauf von gesunden Tieren (enge Zusammenarbeit mit dem Lieferanten der Tiere) Quarantäne (4 bis 6 Wochen) Tiere regelmässig auswechseln Ausmerzung von Tieren mit schlechter Fruchtbarkeit, Krankheiten Stallgesundheit geht vor Einzelgesundheit Pasteurellen spezifisch – Bei akuten Ausbrüchen: Behandlung mit Antibiotikum Aber: Erreger nach wie vor im Bestand – Impfstoffe (zB. Cunivak Past, Deutschland, oder stallspezifische) Aber: Schutz nur vor schwerer Erkrankung, Träger bleiben Träger Eine Sanierung eines pasteurelleninfizierten Bestandes mittels Impfung nicht möglich – Ausmerzung aller pasteurelleninfizierten Zuchttieren (mehrere Nasentupferproben) Aufbau pasteurellenfreier Zuchtherden als einzige und effektivste Methode zur Kontrolle der Pasteurellose beim Kaninchen Pasteurellen, Vorbeugung-Impfung Deutschland seit 1997: Inaktivierter Impfstoff mit Pasteurella multocida, Bordetella bronchiseptica und Pasteurellentoxoid (Cunivak Past, Impfstoffwerk Dessau-Tornau GmbH) Unter guten Hygienebedingungen kommt es zur langfristigen Reduzierung der klinischen Symptomatik und zur Erregerverdünnung in chronisch infizierten Kaninchenbeständen. Kaninchen bleiben aber trotzdem Träger! Impfstoffeinsatz: – jährliche Grundimmunisierung des Bestandes vor Beginn der Zuchtsaison – mind. halbjährliche Wiederholungsimpfungen für Zuchthäsinnen und Rammler – Grundimmunisierung der Jungtiere nach dem Absetzen – Wiederholungsimpfung vor besonderer Expositionen (z.B. Ausstellungen) In Problembeständen: – Wiederholungsimpfungen bei tragenden Häsinen im ersten Drittel der Trächtigkeit – Wiederholungsimpfungen für Rammler in kürzeren Zeitabständen Quintessenz Der Aufbau Pasteurella multocida freier Zuchtherden und die Verbesserung der Umweltbedingungen sind die effektivsten Methoden zur Kontrolle der Pasteurellose beim Kaninchen Z.B. 4 Pasteurellen freie Zibben werfen innerhalb von 2 Jahren in 188 Würfen 1196 Junge. 1073 dieser Jungen erreichen das Alter von 4 Wochen. Die finanziellen und arbeitstechnischen Aufwendungen dürften geringer sein, als die durch Vakzination und Therapie von Beständen bedingten Belastungen. Vielen Dank! Für die Mithilfe und Unterstützung Prof. Dr. R. Hoop und Mitarbeiter U. Wullschleger F. Näf L. Bigler BTS Zucht- und Mastbetriebe Merkblätter zu „Zukauf von Kaninchen“, „Pasteurellose“... www.nrgk.ch Bei Fragen: anina.stahel@vetbakt.unizh.ch