Geschäftsbericht 2012/2013

Transcription

Geschäftsbericht 2012/2013
Gemeinde- und Städtebund
Thüringen
Geschäftsbericht
2012/2013
vorgelegt zur
24. Ordentlichen Mitgliederversammlung
am 09. Okober 2013
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Grußwort
Präsident Michael Brychcy
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in Kürze wird die neue Legislaturperiode im Deutschen Bundestag beginnen. Wenn sich auch
der neue Bundestag noch nicht konstituiert hat und auch die neue Bundesregierung noch nicht
vereidigt wurde: Die Erwartungen der Kommunen an die ab jetzt politisch Verantwortlichen
sind klar, präzise und vor allem berechtigt. Sie können unter einer Überschrift zusammen gefasst werden, die wir gleichzeitig als Motto für unsere diesjährige 24. Ordentlichen Mitgliederversammlung gewählt haben: „Nur mit Kommunen ist Staat zu machen“.
Diese ins Positive verkehrte Aussage unseres früheren Bundespräsidenten Theodor Heuss hat
auch nach 60 Jahren nichts an Aktualität verloren, im Gegenteil, sie ist zutreffender denn je.
Wenn auch die Kommune nur die unterste Ebene unserer bundesstaatlichen Ordnung ist, so hat
sie doch bzw. gerade deswegen fundamentale Bedeutung für gesellschaftliche Entwicklungen,
Veränderungen oder Anforderungen. Dass die Gemeinden und Städte erster Ansprechpartner
für die Bürgerinnen und Bürger sind, dass die Kommunen zentrale Orte für Weichenstellungen
von zukunftspolitischer Bedeutung sind, dass gerade die engagierte Mitwirkung und Umsetzung vor Ort zum Gelingen der „großen Politik“ beiträgt, wird leider allem Anschein nach
immer mehr vergessen:
• Die Kommunen haben den demographischen Wandel zu gestalten und sich vorrangig
den damit ergebenden Veränderungen und Herausforderungen zu stellen,
• die Kommunen bekommen in erster Linie die Folgen des Rückgangs der Einwohner
zahlen aufgrund des Zensus 2011 zu spüren,
• die Kommunen haben auf die veränderten Bedürfnisse der älteren und pflegebedürftigen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu reagieren,
• die Kommunen haben trotz großer Worte der politisch Verantwortlichen auf Bundesund Landesebene und trotz finanzieller Unterstützung den Ausbau der Kinderbetreuung
vor Ort maßgeblich alleine umzusetzen,
• die Kommunen sind erster Ansprechpartner, wenn es um die Frage einer nicht mehr ausreichenden ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum geht,
• die Kommunen haben innovative Lösungen und Angebote für die Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge wie Energiewende bzw. Ausbau erneuerbarer Energien, kommunaler Klimaschutz oder Breitbandverkabelung vorzulegen,
• die Kommunen fördern in erster Linie den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Vereinen, Bürgerinitiativen, Verbänden und anderen Formen der örtlichen Gemeinschaft,
• die Kommunen organisieren das ehrenamtliche Engagement, ohne das eine sinnvolle
Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen oder auch soziale Hilfen für ältere
Menschen sonst nicht möglich wären,
• die Kommunen und ihre Bürgerinnen und Bürger sind die Betroffenen von Hochwasser
und anderen Naturkatastrophen und dürfen bei der Umsetzung vorbeugender Schutzmaßnahmen nicht alleine gelassen werden, um künftigen Schäden entgegen zu wirken.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
3
Es ist an der Zeit, dass man sich in unserem Land bewusst wird, wie umfänglich, wie vielfältig und vor allem wie zeit- und kostenintensiv sich die Aufgaben der Gemeinden und Städte
mittlerweile darstellen. Nach wie vor gilt: Geht dir der Rat aus, dann gehe ins Rathaus! Wir als
die kommunalpolitisch Verantwortlichen wissen, dass wir vor Ort vieles besser und unkomplizierter erledigen und umsetzen können. Wir wissen aber auch, dass es richtig und endlich an
der Zeit ist, dass für gute Arbeit auch gutes Geld gezahlt wird, mit anderen Worten, dass die
Kommunen für die Erfüllung der ihnen übertragenen aber auch ihrer eigenen Aufgaben eine
auskömmliche Finanzierung einfordern.
Wir werden unsere Bundespolitiker an ihre Wahlkampfversprechen erinnern und ihre Glaubwürdigkeit an deren Umsetzung messen. Dessen ungeachtet werden wir uns weiterhin für die
Interessen unserer Bürgerinnen und Bürger und für die Interessen unserer kommunalen Gemeinwesen einsetzen, mit Herz und Hand und in dem Bewusstsein und Wissen, dass nur mit
Kommunen Staat zu machen ist!
Michael Brychcy
Präsident
4
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Inhaltsübersicht
Inhaltsübersicht
Organisation des Verbandes ....................................................................................................................................................7
Aufgabenstellung ........................................................................................................................................................................7
Verbandsstruktur .........................................................................................................................................................................7
Kreisverbände .............................................................................................................................................................................9
Verbandsorgane .........................................................................................................................................................................10
Kommunale Arbeitsgemeinschaft Wasser/Abwasser ................................................................................................................13
Ausschüsse, Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreise ............................................................................................................14
Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit............................................................................................................................15
Verbandszeitschrift ....................................................................................................................................................................15
Schriftenreihe des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen ...................................................................................................16
Mustersatzungen .......................................................................................................................................................................16
Pressearbeit des Verbandes .......................................................................................................................................................16
Internetangebot des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen..................................................................................................17
Seminare, Veranstaltungen, Tagungen ...............................................................................................................................17
Seminarprogramm des Verbandes für hauptamtliche Kommunalbedienstete...........................................................................17
Seminarprogramm des Verbandes für ehrenamtliche kommunale Mandatsträger....................................................................18
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa ........................................................................................................20
Entwicklungen im Thüringer Kommunalrecht .........................................................................................................................20
Freiwillige Gemeindeneugliederungen .....................................................................................................................................21
Aufwandsentschädigungen von ehrenamtlichen Bürgermeistern .............................................................................................22
Veränderungen im öffentlichen Dienstrecht..............................................................................................................................23
Datenschutz und Informationsfreiheit .......................................................................................................................................24
Zensus 2011 - Auswertung der Ergebnisse ...............................................................................................................................28
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ..................................................................................................................................................29
Rahmenvereinbarung über den einmaligen Meldedatenabgleich .............................................................................................32
Breitbandversorgung im Freistaat Thüringen ...........................................................................................................................33
Rahmenvereinbarung über Telefondienstleistungen .................................................................................................................36
Rahmenvereinbarung über die Nutzung der juris Online-Dienste ............................................................................................36
Finanzen und Kommunalwirtschaft....................................................................................................................................37
Finanzen der Thüringer Kommunen im Jahr 2012 ...................................................................................................................37
Thüringer Finanzbeziehungsänderungsgesetz ..........................................................................................................................37
Verfassungsbeschwerde gegen die Finanzausgleichsumlage ....................................................................................................43
Reform des Thüringer Gemeindehaushalts- und Rechnungswesens:
Doppik in Thüringen .................................................................................................................................................................44
Personal der Gemeinden und Gemeindeverbände in Thüringen...............................................................................................44
Novellierung Thüringer Kommunalabgabengesetz ..................................................................................................................46
Energiewende: Sachstand auf Bundesebene und in Thüringen ................................................................................................47
Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung ..........................................................................................................55
Einigungsvertragsrecht / Bau- und Planungsrecht .........................................................................................................56
Endverteilung des Finanzvermögens durch den Bund ..............................................................................................................56
Garagengrundstücke in den neuen Ländern ..............................................................................................................................58
Mitprivatisierte („zuordnungswidrige“) Vermögenswerte der Kommunen ..............................................................................59
Stadtumbau im Freistaat Thüringen ..........................................................................................................................................59
Novellierung des BauGB sowie der ThürBO............................................................................................................................61
Erfahrungsaustausch der kommunalen Bauaufsichtsbehörden .................................................................................................62
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
5
Inhaltsübersicht
Neue Beratungen zum Thüringer Vergabe-Mittelstandsgesetz .................................................................................................62
Feuerwehrkartell belastet Kommunen ......................................................................................................................................63
Friedhofs- und Bestattungswesen .............................................................................................................................................64
Grundsatzurteil zu Kirchenbaulasten ........................................................................................................................................64
Tourismus in Thüringen ............................................................................................................................................................65
Thüringer Kataster- und Vermessungsverwaltung (TKVV) .....................................................................................................65
Raumordnung- und Landesentwicklung ...................................................................................................................................66
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen ......................................................................................................................68
Umsetzung des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes - Rechtsanspruch ab 01.08.2013 ..............................................68
Änderung des ThürKitaG im Rahmen des HH-Begleitgesetzes ...............................................................................................69
VV zu pauschalierten Betriebskosten .......................................................................................................................................69
VV zu laufenden Geldleistungen in der Kindertagespflege ......................................................................................................70
Änderungen im Bereich der Schulgesetzgebung ......................................................................................................................71
Fachliche Empfehlungen und Muster .......................................................................................................................................74
Beirat „Inklusive Bildung“........................................................................................................................................................78
ThürFlüAG und ThürFlüKEVO ................................................................................................................................................79
Öffentliche Sicherheit und Ordnung ..................................................................................................................................82
Brand- und Katastrophenschutzrecht ........................................................................................................................................82
Anforderungen der Katastrophenschutzverordnung .................................................................................................................82
Unterstützung des Ehrenamtes in der Feuerwehr......................................................................................................................82
Allgemeines Ordnungsrecht ......................................................................................................................................................83
Gesetz zur Abwehr von Gefahren durch gefährliche Tiere .......................................................................................................83
Straßenbaufinanzierung.............................................................................................................................................................85
Straßenverkehrsrecht .................................................................................................................................................................86
Umwelt ........................................................................................................................................................................................87
Abfallrecht.................................................................................................................................................................................87
EU-Wasserrahmen-Richtlinie....................................................................................................................................................88
Änderung der Trinkwasserverordnung......................................................................................................................................89
Förderung der Abwasserentsorgung ..........................................................................................................................................89
Hochwasserrisiko-Management-Richtlinie ...............................................................................................................................90
Erfahrungsaustausch der unteren Wasserbehörden ...................................................................................................................93
Entwurf eines Thüringer Vorschaltgesetzes zur Anpassung an das Wasserhaushaltsgesetz .....................................................93
Klimaschutz...............................................................................................................................................................................94
Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung .................................................................................................................96
Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Naturschutzrechts ..............................................................................................97
Aktionsplan Nachhaltige Flächenpolitik ...................................................................................................................................97
Änderung des Thüringer Jagdgesetzes ......................................................................................................................................98
Kommunen als Wildschadenbehörde ........................................................................................................................................98
Änderung des Thüringer Fischereigesetzes...............................................................................................................................99
Keine Änderung des Thüringer Waldgesetzes ..........................................................................................................................99
Weitere Aktivitäten des Verbandes....................................................................................................................................100
Kommunaler Waldbesitzerverband .........................................................................................................................................100
Kommunale Dienstleistungs-Gesellschaft Thüringen mbH (KDGT) .....................................................................................102
KEBT Kommunale Energie Beteiligungsgesellschaft Thüringen
Aktiengesellschaft (KEBT AG) – Kommunaler Energiepool (www.kebt.de) ........................................................................104
KET Kommunaler Energiezweckverband Thüringen .............................................................................................................105
Kommunale Informationsverarbeitung Thüringen GmbH - KIV Thüringen - .......................................................................107
Landesgeschäftsstelle ..............................................................................................................................................................109
6
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Organisation des Verbandes
Organisation des Verbandes
Aufgabenstellung
„Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat die Aufgabe, das Recht auf gemeindliche
Selbstverwaltung zu wahren und zu stärken. Er setzt sich für den Schutz der verfassungsmäßigen Rechte der Gemeinden und Städte sowie für die Förderung ihrer allgemeinen
Belange ein und unterstützt sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.“
§ 2 Abs. 1 der Satzung des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Um dem gerecht zu werden, hat sich der Gemeinde- und Städtebund Thüringen die folgenden
Aufgaben gestellt:
1.
Das Vertreten und Sichern der gemeinsamen Belange und Interessen seiner ordentlichen
Mitglieder gegenüber der Landesregierung, dem Landtag und anderen Körperschaften des
öffentlichen Rechts sowie anderen Stellen. Dazu gehören auch das Einbringen von Anträgen und Vorlagen zur Vorbereitung von Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien sowie
Stellungnahmen in Gesetzgebungsverfahren.
2.
Die Vertretung der waldbesitzenden Kommunen als Kommunaler Waldbesitzerverband.
3.
Das Fördern und Bewahren der engen Verbindungen zwischen seinen Mitgliedern.
4.
Den Austausch von Kenntnissen und Erfahrungen auf kommunalpolitischem Gebiet sowie
die Information und die Beratung seiner Mitglieder bei der Erfüllung kommunaler Aufgaben.
5.
Die Pflege enger Verbindungen zu kommunalen Vereinigungen anderer Länder.
6.
Das Unterrichten der Öffentlichkeit über Aufgaben, Tätigkeit und Ergebnisse der Arbeit
des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen und seiner ordentlichen Mitglieder sowie
über kommunale Probleme.
Verbandsstruktur
Mitgliederentwicklung
Der Freistaat Thüringen hat 126 Städte und 752 Gemeinden (Stand: Juni 2013). Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen vertritt als kommunaler Spitzenverband die Interessen aller Gemeinden, Städte und Verwaltungsgemeinschaften im Freistaat Thüringen.
Es sind zurzeit lediglich 5 kleinere Gemeinden nicht Mitglied des Verbandes. Somit haben
sich 99,4 % aller Gemeinden und Städte auf freiwilliger Basis im Gemeinde- und Städtebund
Thüringen zusammengeschlossen. Bei einem Einwohnerstand des Freistaates Thüringen von
2.170.460 (Stand: 31. Dezember 2012) werden über seine Mitglieder 2.168.802 und damit
99,9 % der Bürgerinnen und Bürger des Freistaates Thüringen in kommunalen Angelegenheiten
durch den Gemeinde- und Städtebund Thüringen vertreten.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
7
Organisation des Verbandes
Neben Gemeinden und Städten haben auch die Verwaltungsgemeinschaften die Möglichkeit,
ordentliche Mitglieder des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen zu werden. Von dieser Beitrittsmöglichkeit haben alle derzeit existierenden 75 Verwaltungsgemeinschaften Gebrauch gemacht (Stand: Juni 2013).
Als außerordentliche Mitglieder wurden der Kommunale Versorgungsverband Thüringen
(KVT) und der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen aufgenommen. Weiterhin unterstützt die HypoVereinsbank, Niederlassung Thüringen, als förderndes Mitglied die Arbeit
des Verbandes.
Entwicklung der Struktur der Gemeindegrößen
Im Freistaat Thüringen gab es 1990 noch 1.717 selbständige Gemeinden, wobei die kleinste
Gemeinde gerade einmal 18 Einwohner hatte. Auf freiwilliger Basis haben sich zahlreiche Gemeinden in den folgenden Jahren zu neuen Einheitsgemeinden zusammengeschlossen, um effektive und kostengünstigere Strukturen, insbesondere in der Verwaltung, aufzubauen.
Nach den Angaben des Thüringer Landesamtes für Statistik sahen die Größenordnungen bei
den Gemeinden und Städten im Freistaat Thüringen wie folgt aus:
Gemeinden
und
Städte
insgesamt
unter
500
500
bis
1.000
1.000
bis
2.000
mit Einwohner
2.000
5.000
bis
bis
5.000 10.000
10.000 50.000 100.000
bis
bis
und
50.000 100.000
mehr
31.12.1991
1.694
912
395
219
107
29
26
3
3
31.12.1995
1.221
542
297
184
132
32
28
3
3
31.12.1999
1.019
383
252
152
165
34
29
2
2
31.12.2003
1.006
381
251
146
163
33
28
1
3
31.12.2005
998
388
244
146
155
33
28
1
3
31.12.2007
968
389
228
138
145
35
29
1
3
31.12.2008
959
387
229
132
143
35
29
1
3
31.12.2009
951
389
227
125
140
37
29
2
2
31.12.2010
942
387
223
121
141
37
29
2
2
30.06.2011
942
391
222
118
141
37
29
2
2
31.12.2012
907
364
219
115
133
43
29
2
2
Gegenwärtig gibt es im Freistaat Thüringen 75 Verwaltungsgemeinschaften mit insgesamt 630
Mitgliedsgemeinden. Darüber hinaus existieren 36 Gemeinden, die als erfüllende Gemeinden
für weitere 93 Gemeinden die einer Verwaltungsgemeinschaft obliegenden Aufgaben übernehmen. Von den derzeit 878 in Thüringen existierenden Gemeinden und Städten verfügten
160 über einen hauptamtlichen Bürgermeister, während 718 einen ehrenamtlichen Bürgermeister hatten.
8
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Organisation des Verbandes
Kreisverbände
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat als unselbständige Untergliederungen - entsprechend der Struktur der 17 Landkreise - 17 Kreisverbände. In den Kreisverbänden bündeln die
Ober/Bürgermeister/innen und die Gemeinschaftsvorsitzenden die (regionalen) Anliegen ihrer
Gemeinden, Städte und Verwaltungsgemeinschaften und teilen der Landesgeschäftsstelle, insbesondere bei der Erarbeitung der Verbandsstellungnahmen, deren Vorstellungen mit.
In Mitgliederversammlungen wählen die Ober/Bürgermeister/innen und die Gemeinschaftsvorsitzenden eines jeden Kreisverbandes aus ihrer Mitte einen Kreisverbandsvorstand, dem ein
Kreisverbandsvorsitzender vorsteht.
Kreisverband
Vorsitzender
Altenburger Land
Bürgermeister Wolfgang Scholz
Eichsfeld
Bürgermeister Gerd Reinhardt
Gotha
Oberbürgermeister Knut Kreuch
Greiz
Bürgermeister Jens Auer
Hildburghausen
Bürgermeister Sven Gregor
Ilm-Kreis
Bürgermeister Horst Brandt
Kyffhäuserkreis
Bürgermeister Joachim Kreyer
Nordhausen
Bürgermeister Matthias Ehrhold
Saale-Holzland-Kreis
VG-Vorsitzender Martin Bierbrauer
Saale-Orla-Kreis
Bürgermeister Michael Modde
Saalfeld-Rudolstadt
Bürgermeister Matthias Graul
Schmalkalden-Meiningen
Bürgermeister Christian Endter
Sömmerda
Bürgermeister Matthias Bogk
Sonneberg
Bürgermeister Jürgen Köpper
Unstrut-Hainich-Kreis
Oberbürgermeister Dr. Johannes Bruns
Wartburgkreis
Weimarer Land
Gößnitz
Leinefelde - Worbis
Gotha
Wünschendorf/Elster
Eisfeld
Langewiesen
Sondershausen
Ellrich
Heideland-Elstertal-Schkölen
Pößneck
Saalfeld
Steinbach-Hallenberg
Bilzingsleben
Frankenblick
Mühlhausen
Bürgermeister Thomas Hugk
Dermbach
Bürgermeister Johannes Hertwig
Bad Sulza
Die Funktionen in den Kreisverbänden werden neben dem kommunalen Wahlamt ehrenamtlich
ausgeübt. Für die im Kreisverband anfallenden Kosten (Fotokopier-, Telefon- und Portokosten)
kann grundsätzlich von den Kreisverbandsmitgliedern eine geringe Umlage erhoben werden.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
9
Organisation des Verbandes
Verbandsorgane
Mitgliederversammlung
ordentliche Mitglieder
außerordentliche Mitglieder
Gemeinden, Städte, Verwaltungsgemeinschaften
- Kommunaler Versorgungsverband Thüringen (KVT)
- Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen
(SGVHT)
Landesausschuss
- Mitglieder des Präsidiums
- Oberbürgermeister der kreisfreien Städte
- Vorsitzende der Kreisverbände
- Vorsitzende der Fachausschüsse
Präsidium
- Präsident
- Vizepräsident
- ein Vertreter der
kreisfreien Städte
- ein Vertreter der Großen kreisangehörigen Städte
- ein Vertreter der Gemeinden
unter 3.000 Einwohner
- ein Vertreter der Verwaltungsgemeinschaften
- vier weitere Beisitzer
- ein Vertreter der Gemeinden
ab 3.000 Einwohner
- Geschäftsführendes
Vorstandsmitglied
Mitgliederversammlung
Die ordentliche Mitgliederversammlung ist das oberste Organ des Gemeinde- und Städtebundes
Thüringen und trifft alle Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung. Sie tagt einmal im
Jahr. Die Mitgliederversammlung besteht aus den Vertretern der Verbandsmitglieder. Zu den
wichtigen Hauptaufgaben zählen:
·
·
·
·
Grundsatzentscheidungen
Satzungsänderungen
Wahl des Präsidiums und der Kassenprüfer
Entlastung des Präsidiums und des Vorstandes.
Die konstituierende Mitgliederversammlung des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen - die
Gründungsversammlung unseres Verbandes - fand am 29. März 1990 in der Stadt Bad Blankenburg statt. In der 1. Mitgliederversammlung am 09. Juli 1990, in Weimar, wurde erstmals
ein Vorstand gewählt.
Am 26. September 2012 fand dann die 23. Ordentliche Mitgliederversammlung statt. Sie stand
unter dem Motto „Bewährtes behalten – Neues gestalten“.
Im Mittelpunkt des nichtöffentlichen Teils stand die Neuwahl des Präsidiums des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen. Als erster Präsident in der Geschichte des Verbandes wurde
Herr Bürgermeister Michael Brychcy, Waltershausen, als Präsident wiedergewählt. Im Rahmen der Neuwahl wurden als Vizepräsident Herr Oberbürgermeister Stefan Wolf, Weimar, gewählt. Als Vertreter der Großen kreisangehörigen Städte wurde Herr Oberbürgermeister Dr.
Klaus Zeh, Nordhausen, gewählt. Als Vertreterin der Gemeinden unter 3.000 Einwohner wurde
10
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Organisation des Verbandes
Frau Bürgermeisterin Claudia Scheerschmidt, Oberschönau in das Präsidium gewählt. Als
weitere Beisitzer wurden Herr Bürgermeister Matthias Graul, Saalfeld und Frau Oberbürgermeisterin Katja Wolf, Eisenach, von den anwesenden Vertretern der Mitgliedskommunen des
Gemeinde- und Städtebundes Thüringen neugewählt. Als Vertreter der kreisfreien Städte wurde
Herr Oberbürgermeister Andreas Bausewein wiedergewählt. Ebenso wurde Herr Uwe Melzer,
Vorsitzender der VG Pleißenaue als Vertreter der Verwaltungsgemeinschaften wiedergewählt.
Als Vertreter der Einheitsgemeinden ab 3.000 Einwohner, wurde Herr Bürgermeister Horst
Brandt, Langewiesen, in seinem Amt bestätigt. Ebenso wurden Frau Bürgermeisterin Sybille
Abel, Sonneberg, und Herr Bürgermeister Johannes Hertwig, Bad Sulza, als Beisitzerin bzw.
Beisitzer wieder in das Präsidium gewählt.
Im Rahmen des anschließenden öffentlichen Teils begrüßte der Präsident zahlreiche Gäste aus
Politik und Wirtschaft. In seiner Eröffnungsrede dankte Herr Bürgermeister Brychcy zunächst
allen, die als Präsidiumsmitglied über viele Jahre dem Verband verbunden waren und erfolgreiche Arbeit für die kommunale Ebene geleistet haben. In besonderer Weise wurde Herr Bürgermeister a. D. Reinhardt Zehner für seine Arbeit mit der Freiherr-vom-Stein-Medaille in Silber geehrt. Mit der Freiherr-vom-Stein-Medaille in Bronze wurden Frau Oberbürgermeisterin
a. D. Barbara Rinke und Herr Bürgermeister a. D. Harald Kramer geehrt.
Frau Ministerpräsidentin Lieberknecht ging in ihrer Rede auf aktuelle kommunalrelevante Vorhaben der Landesregierung ein und stand im Anschluss zusammen mit Finanzminister Dr. Voß
auch für eine Aussprache mit den Vertreterinnen und Vertretern der Mitgliedskommunen zur
Verfügung.
Begleitend zur Mitgliederversammlung hat die KDGT die 4. Kommunale Informations-Börse
Thüringen mit großen Erfolg durchgeführt. Bei 37 Ausstellern und in 18 Foren konnten sich
kommunale Vertreter informieren und austauschen.
Landesausschuss
Der Landesausschuss ist das höchste Beschlussgremium des Verbandes zwischen den jährlichen Mitgliederversammlungen.
Die Zuständigkeit des Landesausschusses umfasst:
a)
b)
c)
d)
e)
f)
Richtlinien für die Arbeit des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen zu beschließen,
über Äußerungen und Anträge zu Gesetzentwürfen von grundsätzlicher Bedeutung an die
Landesregierung und an den Landtag zu entscheiden,
den Haushalts- und Stellenplan des Verbandes zu beschließen,
die Beiträge der ordentlichen Mitglieder und der kommunalen Waldbesitzer festzusetzen,
die Wahl des Geschäftsführenden Vorstandsmitgliedes,
den Ausschluss der von der Mitgliederversammlung gewählten Präsidiumsmitglieder aus
wichtigem Grund auszusprechen.
Der Landesausschuss soll mindestens zweimal im Jahr tagen. Seit Bestehen des Gemeinde- und
Städtebundes Thüringen fanden 65 ordentliche Sitzungen statt.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
11
Organisation des Verbandes
Der Landesausschuss hat sich in den vergangenen Sitzungen u. a. mit folgenden Themen beschäftigt:
·
·
·
·
Kommunalisierung der E.ON Thüringer Energieversorgung
Neugestaltung Rundfunkbeiträge
Kindertagesstättenfinanzierung
Novellierung des Kommunalen Finanzausgleichs
Präsidium
Das Präsidium besteht aus:
a)
b)
c)
d)
e)
f)
dem Präsidenten,
dem Vizepräsidenten,
je einem Vertreter der Mitgliedergruppen:
- kreisfreie Städte,
- Große kreisangehörige Städte,
- Einheitsgemeinden ab 3.000 Einwohner, die nicht Große kreisangehörige Städte sind
und keiner Verwaltungsgemeinschaft angehören,
- Verwaltungsgemeinschaften,
- Gemeinden mit weniger als 3.000 Einwohnern,
vier weiteren Mitgliedern,
dem Geschäftsführenden Vorstandsmitglied,
weiteren Mitgliedern mit beratender Stimme, die der Landesausschuss in das Präsidium
berufen kann.
Zu Mitgliedern des Präsidiums können nur kommunale Wahlbeamte und Mitglieder des Gemeinde-/Stadtrates gewählt werden. Präsident kann nur ein kommunaler Wahlbeamter sein, der
gleichzeitig auch Leiter einer Gemeinde- bzw. Stadtverwaltung ist. Die Mitglieder des Präsidiums, mit Ausnahme des hauptamtlichen Geschäftsführenden Vorstandsmitglieds, werden für
sechs Jahre gewählt. Die Mitglieder des Präsidiums wurden in der 23. Ordentlichen Mitgliederversammlung am 26. September 2012 in Erfurt neu gewählt.
Michael Brychcy, Waltershausen,
Stefan Wolf, Weimar,
Andreas Bausewein, Erfurt,
Dr. Klaus Zeh, Nordhausen,
Horst Brandt, Langewiesen,
Uwe Melzer, VG Pleißenaue,
Claudia Scheerschmidt, Oberschönau,
Johannes Hertwig, Bad Sulza,
Matthias Graul, Saalfeld
Sibylle Abel, Sonneberg,
Katja Wolf, Eisenach,
Ralf Rusch, Erfurt
12
Präsident
Vizepräsident
Vertreter der kreisfreien Städte
Vertreter der Großen kreisangehörigen Städte
Vertreter der Einheitsgemeinden ab 3.000 Einw.
Vertreter der Verwaltungsgemeinschaften
Vertreterin der Gemeinden unter 3.000 Einw.
weiterer Beisitzer
weiterer Beisitzer
weiterer Beisitzer
weiterer Beisitzer
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Organisation des Verbandes
Die Zuständigkeiten des Präsidiums sind im Wesentlichen:
a)
b)
c)
d)
e)
f)
die Beschlussfassung über alle Angelegenheiten, soweit nicht die Zuständigkeiten des
Landesausschusses und der Mitgliederversammlung gegeben sind,
die Beschlussfassung über wichtige Äußerungen und Anträge an die Landesregierung und
den Landtag,
die Berufung der vorberatenden Fachausschüsse sowie fachlichen Arbeitsgemeinschaften/
Arbeitskreise,
die Entsendung kommunaler Wahlbeamter als Vertreter in die Spitzen- und Fachgremien
der Bundesverbände,
die Beschlussfassung über die Aufnahme außerordentlicher und fördernder Mitglieder sowie die Festsetzung der entsprechenden Beiträge,
die Vorbereitung der Mitgliederversammlung.
In den Präsidiumssitzungen wurden u. a. die folgenden Themenbereiche erörtert:
·
Hochwasserschutz
·
·
·
Gebiets- und Verwaltungsreform
Kommunalisierung der E.ON Thüringer Energie AG
Finanzausstattung ab 2013
Weiterhin hat das Präsidium zahlreiche Stellungnahmen des Verbandes zu Gesetz- und Verordnungsentwürfen der Landesregierung beraten und beschlossen. Schließlich wurden in den
Sitzungen des Präsidiums interne Verbandsangelegenheiten beraten und entschieden.
Mit Vertretern der Landesregierung wurden von Seiten des Präsidiums bzw. durch Vertreter
des Präsidiums, insbesondere durch den Präsidenten, Bürgermeister Michael Brychcy und das
Geschäftsführende Vorstandsmitglied, Ralf Rusch, zahlreiche Gespräche geführt. In diesen Gesprächen wurden insbesondere zentrale kommunale Anliegen mit der Ministerpräsidentin, den
zuständigen Ministern und Staatssekretären erörtert.
Der Vorstand im Sinne des § 26 BGB, der den Verband gerichtlich und außergerichtlich zu
vertreten hat, besteht aus dem Präsidenten und dem Geschäftsführenden Vorstandsmitglied. Die
beiden allein vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder können in dringenden Fällen auch
selbständig wichtige Stellungnahmen und Anträge gegenüber dem Landtag und der Landesregierung abgeben. Das Präsidium wird hierüber informiert.
Kommunale Arbeitsgemeinschaft Wasser/Abwasser
Im Jahr 2002 haben sich unter dem Dach des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen 28 Aufgabenträger aus dem Bereich der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung zu einer kommunalen Arbeitsgemeinschaft Wasser/Abwasser konstituiert. Ziel der mittlerweile 44 Mitglieder
umfassenden Arbeitsgemeinschaft ist es, die kommunalen Interessen im Bereich Wasser/Abwasser zu verstärken und zu konzentrieren, sowie Denkansätze zur stetigen Verbesserung und
Sicherung der Wasserver- und Abwasserentsorgung zu entwickeln.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen bindet die kommunalen Aufgabenträger wie die
ordentlichen Mitglieder in die Verbandsarbeit ein, wobei sie laut satzungsrechtlichen Beschränkungen keine ordentlichen Mitglieder des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen sind und
daher kein Stimmrecht in den Gremien des Verbandes besitzen. Zu verschiedenen GesetzesvorGeschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
13
Organisation des Verbandes
haben, die den Bereich Wasser/Abwasser berühren, wird in enger Zusammenarbeit mit der AG
Stellung genommen und so über den Gemeinde- und Städtebund Thüringen aktiv am Gesetzgebungsprozess mitgewirkt.
Neben der fachlichen und rechtlichen Beratung in den Bereichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gehört auch die Übersendung von aktuellen Informationen, Gesetzesvorlagen, Urteilen etc. zu den Aufgaben der kommunalen Arbeitsgemeinschaft Wasser/Abwasser.
Die Prüfung von Kalkulationen sowie technischen Konzepten gehört hingegen nicht dazu. Die
Arbeitsgemeinschaft stellt somit eine wichtige Informationsplattform für den Erfahrungsaustausch ihrer Mitglieder dar. In regelmäßigen Informationsveranstaltungen und Sitzungen werden aktuelle Themen aufgegriffen und gemeinsam mit den Teilnehmern diskutiert. Der Landesgeschäftsstelle ist es durch jahrelanges Engagement gelungen, regelmäßig Vertreter des
Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz, des Thüringer
Innenministeriums sowie des Thüringer Landtages zur Teilnahme an den Beratungen zu gewinnen. Nach nunmehr 11 Jahren hat sich die Arbeitsgemeinschaft Wasser/Abwasser als fester
Bestandteil der Arbeit des Verbandes etabliert.
In den vergangenen Sitzungen der Arbeitsgemeinschaft wurden insbesondere die Umsetzung
der Wasserrahmenrichtlinie, die Novellierung des Thüringer Wassergesetzes und der damit verbundenen Förderung von Kleinkläranlagen sowie der künftigen Finanzierung der Wasserverund Abwasserentsorgung thematisiert. Darüber hinaus konnte die Einführung einer Wasserentnahmeabgabe verhindert werden.
Zum 10jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Wasser/Abwasser haben die Mitglieder im
September 2012 eine Fortbildungsreise nach Brüssel unternommen, um einen direkten Einblick
in die Verfahren zur Erarbeitung euopäischer Normen, Gesetze und Standards zu gewinnen.
Dabei wurden Kontakte zur Generaldirektion Umwelt der EU Kommission geknüpft und Gespräche mit Mitgliedern des Europäischen Parlamentes geführt.
Unterstützt und betreut wurde die Fortbildungsreise durch die Thüringen-Vertretung in Brüssel.
Ausschüsse, Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreise
In den Gremien des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen werden unterschiedliche kommunale Fachthemen und Probleme erörtert und Lösungen zugeführt.
Der Verband verfügt über Ausschüsse, Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreise sowie Arbeitsgruppen. Diese Gremien treten in unterschiedlichen zeitlichen Abständen zusammen. Dies
hängt insbesondere von den zu beratenden Themen und Problemstellungen ab.
Ausschüsse
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat verschiedene Fachausschüsse eingerichtet, die
bestimmte Themenbereiche aufarbeiten bzw. Stellungnahmen für das Präsidium und den Landesausschuss vorbereiten. Die einzelnen Fachausschüsse sind:
- Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten
- Bau- und Planungsausschuss
- Ausschuss für Kommunalwirtschaft, Energie und öffentliche Einrichtungen.
14
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Organisation des Verbandes
Arbeitsgemeinschaften
Neben den Fachausschüssen gibt es zwei Arbeitsgemeinschaften. Dies sind im Einzelnen:
- Arbeitsgemeinschaft der Bürgermeister/innen der Städte ab 10.000 Einwohner
- Arbeitsgemeinschaft der Gemeinschaftsvorsitzenden der Verwaltungsgemeinschaften
Arbeitskreise
-
Arbeitskreis der Rechnungsprüfungsämter
Arbeitskreis Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen
Arbeitskreis Erschließungs- und Straßenausbaubeitragsrecht
Arbeitskreis der kommunalen Vermessungsamtsleiter
Arbeitskreis der Sozialdezernenten
Arbeitskreis der Jugendamtsleiter
Arbeitskreis der Sozialamtsleiter
Arbeitskreis der Schulverwaltungsamtsleiter
Arbeitskreis für öffentliche Sicherheit, Straßen und Feuerwehr
Arbeitskreis EDV und Neue Medien
Arbeitskreis Untere Wasserbehörde
Arbeitskreis Kommunale Revierförster
Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit
Verbandszeitschrift
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen gibt seit seinem Bestehen eine eigene Verbandszeitung - die Gemeinde- und Städtebund Thüringen Nachrichten (GStB-Nachrichten) - heraus. In
den GStB-Nachrichten werden wichtige kommunale Themen verständlich aufbereitet sowie
verbandsinterne Mitteilungen veröffentlicht.
In den beiden Jahrgängen 2012 und 2013 sind bisher folgende Hefte veröffentlicht worden:
21. Jahrgang - 2012
März
Juni
September
Dezember
Heft 1
Heft 2
Heft 3
Heft 4
Beiträge
Beiträge
Beiträge
Beiträge
22. Jahrgang - 2013
März
Juli
Heft 1
Heft 2
Beiträge
Beiträge
1
48
107
142
-
47
106
141
179
1 - 53
54 - 83
Die GStB-Nachrichten werden von der KDGT im Auftrag des Gemeinde- und Städtebundes
Thüringen erstellt und unmittelbar an jede/n Ober-/Bürgermeister/in und jede/n Gemeinschaftsvorsitzende/n versandt, der dieses wichtige Informationsblatt im Original bzw. in Auszügen an
die jeweiligen Ämter seiner Verwaltung weiterleitet.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
15
Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit
Schriftenreihe des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen gibt seit Bestehen des Verbandes eine eigene
Schriftenreihe heraus, in der aktuelle Themen in einer für die kommunale Praxis geeigneten
Form aufgearbeitet werden. Nach Gründung der Kommunalen Dienstleistungs-Gesellschaft
Thüringen im Jahr 2002 hat diese die Erstellung, den Druck und den Vertrieb der Schriftenreihe
im Auftrag des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen übernommen.
Des Weiteren gibt die KDGT eine eigene Schriftenreihe heraus, in der kommunale Themen
behandelt werden.
Thüringer Kommunalabgabengesetz
(1. Auflage: September 1998, aktualisierte 2. Auflage: Februar 2002, aktualisierte 3. Auflage:
Mai 2006, aktualisierte 4. Auflage September 2012 als Band 2 der Schriftenreihe der Kommunalen Dienstleistungs-Gesellschaft Thüringen)
Diese Broschüre beinhaltet den Text des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und die damit
in Zusammenhang stehenden Richtlinien des Freistaates Thüringen sowie Auszüge aus landesund bundesrechtlichen Vorschriften, die einen unmittelbaren Bezug zur Erhebung von Gebühren und Beiträgen haben.
Mustersatzungen
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat Anfang 1996 alle Mustersatzungen und Vertragsmuster, die von der Landesgeschäftsstelle erarbeitet worden waren, als Loseblattsammlung des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen unter dem Titel „Ortsrecht“ kostenlos an
jede Mitgliedskommune übergeben. Diese erste Sammlung mit Stand November 1995 umfasste
insgesamt 33 Mustersatzungen und Vertragsmuster. Hierzu sind regelmäßig Ergänzungslieferungen ebenfalls kostenlos an die Mitglieder versandt worden.
Seitdem nahezu alle Kommunen über einen Zugang zum Internet und auch zu dem geschützten
Mitgliederbereich des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen im Internet besitzen, werden
alle Mustersatzungen in ihrer aktuellen Fassung im Mitgliederbereich des Internetangebotes
des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen veröffentlicht.
Pressearbeit des Verbandes
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat seit der letzten Mitgliederversammlung eine intensive Pressearbeit zu aktuellen kommunalen Themen geleistet. Insgesamt wurden zahlreiche
persönliche, aber auch telefonische Gespräche mit Vertretern von Presse, Funk und Fernsehen
geführt und kommunale Anliegen und Themen erörtert. Die Zusammenarbeit und auch das Medienecho können für den Berichtszeitraum als ausgezeichnet beurteilt werden.
Zu einzelnen herausragenden Themen hat der Verband auch Pressemitteilungen herausgegeben.
Die Pressemitteilungen des Verbandes werden auf den Internetseiten des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen eingestellt.
16
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit
Internetangebot des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen ist schon seit einigen Jahren mit eigenen Seiten im
Internet präsent.
Auf der Internetseite des Verbandes können Informationen über alle unsere Mitgliedskommunen abgerufen werden. Weiterhin wird über den Verband, seine Struktur und seine Aufgaben
informiert. Öffentlich abrufbar ist auch das Seminarangebot des Verbandes. Für die Mitglieder
des Verbandes besteht die Möglichkeit, sich online zu den Seminaren anzumelden.
Im umfangreichen Mitgliederbereich des Internetangebotes sind Informationen zu den einzelnen Themengebieten eingestellt und es können auch Gesetzentwürfe und Urteile abgerufen
werden. Die Mustersatzungen runden das interne Angebot für die Mitgliedskommunen ab.
Auf den Mitgliederbereich des Internetangebotes des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
haben nur die Mitgliedskommunen des Verbandes Zugriff. Die entsprechenden Zugangsdaten
können bei der Landesgeschäftsstelle des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen erfragt werden.
Seminare, Veranstaltungen, Tagungen
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen führt seit 1990 eigene Fortbildungsveranstaltungen
durch. Diese Veranstaltungen richten sich sowohl an kommunale Wahlbeamte wie auch an die
Mitarbeiter/innen der kommunalen Verwaltungen. Seit 1995 ist Dank der finanziellen Unterstützung des Freistaates Thüringen die Entsendung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für
Mitglieder des Verbandes kostenfrei.
Ab dem 01. Januar 2003 hat der Gemeinde- und Städtebund Thüringen die Kommunale Dienstleistungs-Gesellschaft (KDGT) mit der Organisation und Durchführung seiner Fortbildungsveranstaltungen beauftragt.
Seminarprogramm des Verbandes
für hauptamtliche Kommunalbedienstete
Die Fortbildungsveranstaltungen des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen für hauptamtlich
Bedienstete werden in den Räumlichkeiten der KDGT in Erfurt sowie in der Landessportschule
in Bad Blankenburg durchgeführt. An den 193 eintägigen Seminaren in Erfurt im Jahr 2012
nahmen mehr als 3.900 Mitarbeiter/innen der kommunalen Verwaltungen teil. In Bad Blankenburg fanden 38 eintägige, 44 zweitägige sowie 3 dreitägige Seminare statt. Insgesamt nutzten
im Jahr 2012 fast 5.600 Personen die Fortbildungsangebote des Gemeinde- und Städtebundes
Thüringen.
Nach der geltenden Rechtslage besteht für die Kommunen im Freistaat Thüringen die Möglichkeit, die kameralen Haushalte auf die kommunale Doppik umzustellen. Die Kommunale
Dienstleistungs-Gesellschaft Thüringen hat aus diesem Grund in Zusammenarbeit mit dem
Thüringer Innenministerium und der Mittelrheinischen Treuhand GmbH hierzu Fortbildungsveranstaltungen zum neuen kommunalen Finanzwesen in Thüringen angeboten und spezielle
Lehrgangsangebote entwickelt.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
17
Seminare, Veranstaltungen, Tagungen
Diese Lehrgangsangebote umfassen sowohl ein- bis viertägige Seminare wie auch Lehrgänge
mit einem Stundenumfang von 224 Stunden bis 392 Stunden. Bisher wurden fünf IHK-Zertifikatslehrgänge „Kommunaler Buchhalter“ (392 Stunden), drei Lehrgänge „Kommunal-KassenBuchhalter“ (240 Stunden) sowie ein Lehrgang „Grundlagen des NKF für Rechnungsprüfer“
(224 Stunden) durchgeführt. Der dritte Lehrgang „Kommunal-Kassen-Buchalter“ endete am
05. Juni 2013 mit der Übergabe der Teilnahmebescheinigungen. An diesen kompakten Lehrgängen haben 185 Personen in der Tagungsstätte der KDGT in Erfurt teilgenommen.
Für das Jahr 2013 wurden 4 halbtägige Veranstaltungen und 186 eintägige Veranstaltungen
in Erfurt sowie 1 halbtägige, 85 eintägige, 52 zweitägige, 2 dreitägige Veranstaltungen und
1 viertägige Veranstaltung in Bad Blankenburg geplant. Zum Neuen Kommunalen Finanzwesen
in Thüringen wurden 11 eintägige Seminare in Erfurt, 1 eintägige, 13 zweitägige, 4 dreitägige
sowie 2 viertägige Seminare in Bad Blankenburg angeboten.
Bis Ende Juni 2013 haben sich zu den Fortbildungsveranstaltungen des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen mehr als 6.400 Personen angemeldet. Zusätzlich wurden zum bestehenden
Fortbildungsprogramm u. a. Seminare zum Thema „Neue HOAI 2013“, „Fundwesen“, wie auch
zum Thema „Grundkenntnisse im Datenschutzrecht“ angeboten und von den Verwaltungen in
großer Zahl angenommen.
Seminarprogramm des Verbandes
für ehrenamtliche kommunale Mandatsträger
Die Kommunalakademie Thüringen hat für ehrenamtliche Mandatsträger im Jahr 2012 zunächst
12 Fortbildungsveranstaltungen vorgesehen. Bei 9 dieser Veranstaltungen handelte es sich um
Veranstaltungen, die drei Themenkomplexe umfassen und von Freitag Nachmittag bis Samstag
Nachmittag im InterCity Hotel in Erfurt durchgeführt werden sollten. Drei Veranstaltungen
wurden für jeweils Freitag Nachmittag im Hause der KDGT vorgesehen.
In das Fortbildungsprogramm für ehrenamtliche Mandatsträger wurden 2013 neue Themen wie
z. B. „Einführung in die gemeindlichen Aufgaben der Gewässerunterhaltung und des Hochwasserschutzes“, Einführung in das Friedhofs- und Bestattungsrecht“ sowie „Sicherheit und
Ordnung als gemeindliche Aufgabe“ aufgenommen. Insgesamt wurden 10 Kompaktseminare
mit je 2 bis 3 Themenkomplexen und 3 halbtägige Veranstaltungen geplant.
18
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Entwicklungen im Thüringer Kommunalrecht
Die Kommissionen wechseln – die Diskussion und die Unsicherheit bleibt! Insbesondere mit
Blick auf die gesetzlichen Vorgaben über gemeindliche Neustrukturierungen ist festzustellen,
dass die politischen Dispute in den unterschiedlichen Gremien seit der Einführung der Landgemeinde im Jahre 2008 zwar intensiv, umfangreich und langwierig ausgetragen wurden, bislang
aber nicht zu einem verfassungsrechtlich abgesicherten und praktikablen Ergebnis geführt haben.
Nach dem Scheitern des im Juli 2010 vom Thüringer Innenministerium vorgelegten Entwurf
eines Sechsten Gesetzes zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung beschloss das Thüringer Kabinett im August 2011 – etwa zwei Jahre nach der entsprechenden Vereinbarung der
im Koalitionsvertrag zwischen der CDU und der SPD – die Bildung einer Expertenkommission
und Einrichtung einer Stabsstelle in der Thüringer Staatskanzlei mit dem Ziel, „durch unabhängige Gutachter prüfen (zu lassen), ob, in welchem Umfang und in welchem Zeitrahmen
eine Funktional- und Gebietsreform zu Einsparungen und Effizienzgewinnen auf kommunaler
Ebene und im Landeshaushalt führt.“
Unabhängig von dieser Einrichtung hat der Thüringer Landtag im Dezember 2011 einen Beschluss über einen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und SPD zur „Weiterentwicklung der gemeindlichen Strukturen im Freistaat Thüringen“ (LT-Drucks. 5/3798) gefasst. Darin
wurde u.a. festgelegt, dass die „Institute der Verwaltungsgemeinschaft und der erfüllenden Gemeinde (...) künftig keinen Bestandsschutz mehr (geniessen)“, demgegenüber in Ausnahmefällen eine Erweiterung von Verwaltungsgemeinschaften zugelassen und die Einwohnerzahl
von mindestens 5000 Einwohnern eingehalten werden soll. Zudem sollen danach die zentralen
Orte gestärkt, die Einwohnerzahl von selbst verwaltenden Gemeinden unter Berücksichtigung
einer demographischen Entwicklung mindestens 5000 Einwohner betragen und Gemeindezusammenschlüsse über Kreisgrenzen in vereinfachter Form ermöglicht werden. Die Berücksichtigung dieser Vorgaben erscheint nach Auffassung des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen allerdings problematisch. Schließlich enthalten diese Vorgaben deutliche Einschränkungen
gegenüber der Thüringer Kommunalordnung in der geltenden Fassung. Mithin ist dieser Beschluss in seinem Rang unter dem Gesetz angesiedelt und stand seinerzeit im Widerspruch zu
der Maßgabe des Koalitionsvertrages aus Oktober 2009, dass die Einschätzung unabhängiger
Gutachter eine fundierte Grundlage u.a. für eine Gebietsreform bilden sollte. Darüber hinaus
wurden die kommunalen Spitzenverbände als Vertreter der kommunalen Interessen nicht in entsprechende Erwägungen einbezogen, sodass die rechtliche Verbindlichkeit dieses Beschlusses
sehr zweifelhaft erscheint.
Im Januar 2013 legten die unabhängigen Gutachter nunmehr einen Bericht (kein Gutachten!)
der Expertenkommission zur Funktional- und Gebietsreform – vielseits als sog. Blaues Wunder bezeichnet – vor. Darin wird nach einem theoretischen Ansatz empfohlen, dass „Gemeinden in Thüringen (...) 2015 mindestens 12.000 und 2050 mindestens 8.000 Einwohner haben
(sollten)“, ohne dass auf die Entstehungsgeschichte sowie die Besonderheiten des ländlichen
Raums in Thüringen Bezug genommen wurde (vgl. Bericht der Expertenkommission, S. 204ff.).
In Anknüpfung an diesen Gedanken wäre folgerichtig wünschenswert gewesen, beispielweise
anhand einer Karte einen konkreten geografischen Strukturvorschlag zu unterbreiten, um einen
praktischen Ansatz für die weitere Vorgehensweise zu haben.
20
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Anstelle einer klaren Positionierung und einer konsequenten verbindlichen Richtungsvorgabe
installierte die Landesregierung Ende Januar 2013 eine Regierungskommission – ohne Beteiligung des für Kommunalrecht zuständigen Thüringer Innenministers Jörg Geibert – mit dem
Ziel, „Grundsatzfragen, die vom Kabinett entschieden werden müssen, vorzubereiten (und als)
Eckpunkte der Funktional- und Gebietsreform bis zum Sommer 2013 zu beschließen.“ Zur Zeit
des Redaktionsschlusses lagen noch keine Ergebnisse vor. Insoweit bleibt die weitere Verfahrensweise der Landesregierung kritisch zu beobachten.
Freiwillige Gemeindeneugliederungen
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen unterstützt dem Grunde nach kommunale Strukturänderungen auf freiwilliger Basis. So begleitete der Verband in den letzten Jahren Gemeinden,
Städte und Verwaltungsgemeinschaften auf ihrem Weg zu freiwilligen Neugliederungen durch
Information und Beratung in rechtlichen und politischen Fragen. Auch im zurückliegenden
Jahr hat die Landesgeschäftsstelle eine Vielzahl von Beratungen durchgeführt, insbesondere
um über die verschiedenen Möglichkeiten gemeindlicher Neugliederungen zu informieren.
Durch das Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im
Jahr 2012 kam es zu acht Gemeindeeingliederungen und drei Gemeindeneugründungen. Im
Gegensatz zu dem Vorjahr 2011, in dem die bisher höchste Anzahl von sechs Landgemeinden gegründet wurde, kam es im Jahre 2012 lediglich zu einer Neugründung (Landgemeinde
Vogtei). Zwei Gemeinden wurde der Status als erfüllende Gemeinde (Stadt Schleusingen für
Gemeinde St. Kilian und Landgemeinde Vogtei für Gemeinde Kammerforst sowie Gemeinde
Oppershausen) ausdrücklich zugesprochen, wenngleich dieses kommunalrechtskonforme Vorgehen dem Beschluss zum Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen der CDU und der
SPD vom 15. Dezember 2011 widerspricht. Eine Erweiterung von Verwaltungsgemeinschaften,
wie sie noch im Referentenentwurf des Gesetzes (vgl. §§ 4, 15 RefE, Stand 21.06.2012) enthalten war, ist in dem Gesetz allerdings nicht enthalten.
Aus dieser Verfahrensweise geht deutlich hervor, dass die Thüringer Kommunen trotz der jahrelangen Forderung des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen nach richtungsweisenden und
vor allem rechtssicheren Leitlinien nicht über die notwendige Planungssicherheit bei kommunalen Strukturänderungen verfügen können. Es mangelt nach wie vor an einer Orientierung anhand greifbarer Kriterien, die etwa über den unbestimmten Rechtsbegriff des sog. „öffentlichen
Wohls“ hinausgehen, und der damit verbundenen Gewissheit, ob geplante Neugliederungen
Bestand haben werden oder ob sie einem noch vorzulegenden Konzept der Thüringer Landesregierung überhaupt entsprechen. Wir halten es daher nach wie vor für dringend erforderlich,
dass die Thüringer Landesregierung verbindliche Leitlinien – beispielsweise als Ergebnis der
eingerichteten Regierungskommission – vorlegt, die freilich intensiv mit der kommunalen Ebene abzustimmen sind.
Ergänzend dazu tritt die Frage auf, wie die Thüringer Landesregierung die Regelung des § 46
Abs. 3 ThürKO handhabt, nach der eine Gemeinde nach fünf Jahren mit weniger als 3000 Einwohnern keinen Antrag auf Beitritt zu einer benachbarten Verwaltungsgemeinschaft, Zuordnung zu einer benachbarten Gemeinde nach § 51 ThürKO, Eingliederung in eine benachbarte
oder den Zusammenschluss mit einer benachbarten Gemeinde stellt und durch den Gesetzgeber
(zwangsweise) zugeordnet werden soll. Schließlich wird im Jahre 2013 nach Inkrafttreten der
Regelung im Jahre 2008 erstmals die Tatbestandsvoraussetzung der obligatorischen fünf jährigen sog. Untermaßigkeit erfüllt.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
21
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Die Thüringer Landesregierung hatte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dazu noch keine
Stellung bezogen. Insbesondere ist vor dem Hintergrund elementarer verfassungsrechtlicher
Vorgaben eine Positionierung der Thüringer Landesregierung abzuwarten.
Unabhängig von diesen fehlenden Konzepten und der damit verbundenen Planungsunsicherheit
auf kommunaler Ebene wird es auch im Jahr 2013 ein Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden geben. Damit sollen für kreisangehörige Gemeinden
und Verwaltungsgemeinschaften gemeindliche Neugliederungen auf freiwilliger Basis realisiert werden. Ob die nunmehr in dem Referentenentwurf vorgesehenen Gemeindeneugliederungsvorhaben als Teil einer sog. „Paketlösung“, Bestandteil der endgültigen Gesetzesfassung
sein werden, bleibt ebenfalls abzuwarten.
Eine finanzielle Förderung freiwilliger Gemeindeneugliederungen außerhalb des kommunalen
Finanzausgleichs ist nach der geltenden Rechtslage für künftige freiwillige kommunale Fusionsvorhaben jedenfalls nicht vorgesehen.
Aufwandsentschädigungen von ehrenamtlichen Bürgermeistern
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat sich in dem Berichtszeitraum 2012/13 mit
dem Thema der Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Bürgermeister und daran anknüpfenden Folgefragen wieder intensiv auseinandergesetzt. Viele Bürgermeister haben von
unserem Beratungsangebot Gebrauch gemacht und sich zu verschiedenen Problemen im Zusammenhang mit der Aufwandsentschädigung für ihr Ehrenamt Informationen und Rat geholt.
Schwerpunktmäßig wurden Fragen zur Sozialversicherungspflicht und der steuerrechtlichen
Behandlung gestellt.
Als Erfolg kann in dieser Richtung verzeichnet werden, dass der Bundesrat anlässlich einer
Initiative der kommunalen Spitzenverbände am 5. Juli 2013 den sog. Lohnsteueränderungsrichtlinien 2013 zugestimmt hat. Damit wird der steuerfreie Mindestbetrag bei Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen von ehrenamtlichen kommunalen Wahlbeamten von
175 € auf 200 € monatlich angehoben. Mit dieser Änderung wird dieser Betrag der Höhe nach
dem Betrag der Übungsleiterpauschale nach § 3 Nr. 26 Einkommenssteuergesetz entprechen,
der durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz auf 2.400 € jährlich angehoben wurde. Infolgedessen
sinken auch die jeweiligen Beiträge zu den Sozialversicherungen. Die Regelung soll rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft treten, war zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses allerdings
noch nicht veröffentlicht.
Veränderungen im öffentlichen Dienstrecht
In dem Berichtsjahr 2012/2013 wurden einige Veränderungen im öffentlichen Dienstrecht für
Beamte vorgenommen.
Am 1. Oktober 2013 soll das Thüringer Gesetz zur Anpassung der Besoldung und der Versorgung in den Jahren 2013 und 2014 in Kraft treten. Im Wesentlichen führte dies zu einer Erhöhung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten auf der Grundlage des Tarifabschlusses
für die Beschäftigten der Länder vom 9. März 2013, sodass
22
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
1.
ab dem Monat Oktober 2013 die Grundgehaltssätze aller Besoldungsordnungen sowie der
Familienzuschlag, die Amts- und die allgemeinen Stellenzulagen um 2,45 v. H. und
2.
ab dem Monat August 2014 die Grundgehaltssätze aller Besoldungsordnungen, der Familienzuschlag sowie die Amts- und die allgemeinen Stellenzulagen nochmals um 2,75 v. H.
erhöht werden.
Die im Tarifvertrag festgelegten Prozentsätze (2,65% / 2,95%) sind wegen der Wiederaufnahme der Zuführungen zur Bildung der Versorgungsrücklage nach § 64 Thüringer Besoldungsgesetz (ThürBesG) gegenüber dem Tarifabschluss um 0,2 Prozentpunkte vermindert. Nach § 64
Abs. 3 Satz 1 ThürBesG war im Zeitraum der auf den 30. Juni 2008 folgenden fünf allgemeinen
Besoldungsanpassungen keine entsprechende Verminderung vorzunehmen. Dieser Zeitraum ist
mit der fünften Anpassung vom 1. April 2012 abgelaufen, so dass die Abführung wieder aufzunehmen ist.
Weiterhin ist vorgesehen, die Besoldungsanpassungen auf die Stundensätze der Mehrarbeitsvergütung und verschiedene Erschwerniszulagen zu übertragen.
Durch eine Änderung der Thüringer Urlaubsverordnung (ThürUrlV) hat das Thüringer Innenministerium als Verordnungsgeber in Anknüpfung an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 20. März 2013 den Thüringer Kommunal- und Landesbeamten teilweise
rückwirkend für die Jahre 2011 und 2012 einen Urlaubsanspruch im Umfang von 30 Tagen
zugesprochen. Das BAG hatte im Kern entschieden, dass eine Differenzierung der Urlaubsdauer nach dem Lebensalter im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, die für die Beamten in der
ThürUrlV gleichermaßen bestand, gegen das Altersdiskrimierungsverbot verstoßen hat. Die
sich daraus ergebenden Urlaubstage wurden gegebenenfalls dem Urlaubsanpruch des Jahres
2013 gutgeschrieben. Eine entsprechende Regelung für den Urlaubsumfang ab dem 1. Januar
2013 wurde trotz einer entsprechenden Forderung des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
allerdings (noch) nicht geschaffen. Dahingehend gilt zur Zeit des Redaktionsschlusses nach wie
vor die bestehende altersabhängige Staffelung gem. § 5 Abs. 1 ThürUrlV.
Eine Änderung der Rechtslage zur finanziellen Abgeltung von Erholungsurlaub ist zudem aufgrund der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Mai 2012 und des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2013 zu erwähnen. Danach kommt eine finanzielle
Abgeltung für noch nicht genommenen Erholungsurlaub beim Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis in Betracht, sofern der Mindestumfang von 20 Tagen pro Jahr im Falle der Tätigkeit in einer Fünf-Tage-Woche krankheitsbedingt nicht ausgeschöpft werden konnte. Nähere
Erläuterungen und Empfehlungen zur Verfahrensweise können unserem Rundschreiben vom
6. Februar 2013 entnommen werden.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
23
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Datenschutz und Informationsfreiheit
1.
Thüringer Informationsfreiheitsgesetz
Das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz (ThürIFG) aus dem Jahr 2007 war auf fünf Jahre,
bis zum 28. Dezember 2012, befristet. Daher brachte die Landesregierung im September 2012
einen Gesetzentwurf für ein neues ThürIFG in den Landtag ein. Während die bisherige Fassung
des Gesetzes weitestgehend ein Verweisgesetz auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes
darstellte, wurde die Neuregelung als Vollgesetz mit dem Ziel der Klarstellung und Vereinfachung der Gesetzesanwendung ausgestaltet.
Im Rahmen eines schriftlichen Anhörungsverfahrens hat der Gemeinde- und Städtebund Thüringen im November 2012 gegenüber dem Thüringer Landtag -Innenausschuss- eine Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf abgegeben, in welchem zunächst darauf aufmerksam gemacht
wurde, dass die Thüringer Gemeinden und Städte schon heute auf freiwilliger Basis eine Vielzahl von Informationen über bestehende Internetangebote zur Verfügung stellen. Die kommunale Verwaltung versteht sich als moderner Dienstleister, der Bürgerinnen und Bürger berät, unterstützt und informiert. Gesetzliche Verpflichtungen dafür zu schaffen, was für die öffentliche
Verwaltung ohnehin selbstverständlich ist, erscheint dem Gemeinde- und Städtebund Thüringen daher nicht förderlich auf dem Weg zur Verwaltungsvereinfachung.
In seiner Stellungnahme hat der Gemeinde- und Städtebund Thüringen im Weiteren darauf
hingewiesen, dass das Gesetz insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit der „elektronischen
Kommunikation“ weiterer Konkretisierung bedürfe. Gerade bei Anträgen nach dem ThürIFG
ist zu erwarten, dass diese regelmäßig personenbezogene Daten beinhalten. Daher kann unter
die „elektronische“ Form nicht eine Kommunikation mittels einfacher und damit ungeschützter
E-Mail zählen, da dies zu einer Kollision mit den nach § 9 Thüringer Datenschutzgesetz (ThürDSG) vorausgesetzten technischen und organisatorischen Maßnahmen einer öffentlichen Stelle
führen kann, die personenbezogene Daten verarbeitet.
Ebenfalls zu kritisieren war auch, dass im Rahmen der Folgeabschätzung, besonders im Hinblick auf die elektronische Kommunikation, die möglichen Kosten für die Städte und Gemeinden nicht hinreichend berücksichtigt wurden. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat
hier zu Nachbesserungen aufgefordert, speziell wurde um eine konkrete Bezifferung des zu
erwartenden Aufwandes gebeten.
Da diese Kritik im weiteren Gesetzgebungsverfahren leider nicht umgesetzt wurde, hat sich
der Gemeinde- und Städtebund Thüringen um eine Klärung dieser Fragen mit dem Thüringer Innenministerium bemüht. Von dort erhielten wir die Erläuterung, dass Anträge nach dem
ThürIFG sowohl mittels qualifizierter elektronischer Signatur als auch mittels einfacher E-Mail
zugestellt werden können. Voraussetzung dafür ist, dass die Behörde einen Zugang für den
Empfang nach § 3a Abs. 1 ThürVwVfG eröffnet hat. Das ThürIFG selbst, so die Auskunft des
Innenministeriums, verpflichtet die Behörden nicht, einen E-Mail Zugang zu eröffnen.
Die zunächst vorgesehenen Veröffentlichungspflichten in Form eines Informationsregisters
wurden in der Stellungnahme vom Gemeinde- und Städtebund Thüringen kritisiert, da die Erstellung und Führung derartiger Register Personal – und Sachkosten bindet, die in den Kostenabschätzungen für das Gesetz nicht berücksichtigt worden waren. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wurde diese Verpflichtung für die kommunalen Behörden aus dem Gesetz gestrichen
und lediglich eine Verpflichtung für die Landesbehörden aufgenommen.
24
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
2.
Veröffentlichung von Gemeinderatssitzungen und Niederschriften in den Telemedien
– Mögliche Änderung der ThürKO
Im Berichtsjahr erhielt der Gemeinde- und Städtebund Thüringen zahlreiche Anfragen aus dem
Mitgliederbereich inwieweit Möglichkeiten der Online-Übertragung öffentlicher Gemeindeoder Stadtratssitzung per Video- oder Audiostream oder auch die Veröffentlichungen von Niederschriften im Internet bestehen.
Die Beantwortung dieser Fragen ist problematisch nicht zuletzt weil in diesem Themenbereich
konträre Auffassungen zwischen dem Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und
dem Thüringer Innenministerium bestehen. Diese basieren auf den jeweils unterschiedlichen
Auslegungen des Begriffs „öffentlich“ in § 40 Abs. 1 ThürKO und infolgedessen auch in Bezug
auf die Frage der Zulässigkeit einer Übertragung von Stadtratssitzungen.
Gemäß § 40 Abs. 1 ThürKO sind Sitzungen des Gemeinderats öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder das berechtigte Interesse Einzelner entgegenstehen.
Nach Auffassung des Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz ist das Gebot der Öffentlichkeit bereits dann gewahrt, wenn ein ausreichend großer Sitzungsraum für den Normalbürger zumutbar erreichbar ist, zu dem jedemann im Rahmen des hierfür zur Verfügung stehenden Platzes in der Reihenfolge des Eintreffens freien Zugang hat. Daraus folgend geht der
Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz davon aus, dass § 40 Abs. 1 ThürKO in seiner jetzigen Fassung eine Online-Übertragung von Stadtratssitzungen nicht erfasst und daher
mangels einer bereichsspezifischen Vorschrift sich die Übertragung im Internet am allgemeinen Datenschutzrecht messen lassen muss. Neben einer Einwilligung aller Betroffenen müssen
dann zusätzlich technische und organisatorische Maßnahmen ergriffen werden. Im Ergebnis ist
eine datenschutzrechtliche Zulässigkeit von Internetveröffentlichungen aus Sicht des Thüringer
Landesbeauftragten für den Datenschutz regelmäßig zu verneinen.
Das Thüringer Innenministerium dagegen vertritt die Auffassung, dass das allgemeine Datenschutzrecht in Form von § 23 Thüringer Datenschutzgesetz (ThürDSG) hier nicht zur Anwendung kommt. Es sieht die Entscheidung über die Art und Weise der Ausübung der Öffentlichkeit
durch das Gesetz in das Ermessen der Gemeinde gestellt, womit eine abschließende Regelung
des Sachverhaltes vorliegt.
Aus kommunaler Sicht teilt der Gemeinde- und Städtebund Thüringen die Auffassung des Thüringer Innenministeriums, da diese das Recht auf kommunale Selbstverwaltung in hinreichender
Weise berücksichtigt und stärkt. Dennoch wird auch eine eindeutige, allgemeine Regelung im
Gesetz zur Veröffentlichung bzw. Übertragung von personenbezogenen Daten in den Telemedien für sinnvoll erachtet, um Rechtssicherheit für die Behörden aus kommunalrechtlicher wie
auch datenschutzrechtlicher Sicht herzustellen.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat sich daher in Gesprächen mit dem Thüringer
Landesbeauftragten für den Datenschutz und dem Thüringer Innenministerium über eine mögliche Anpassung von Regelungen für die Berücksichtigung der kommunalen Belange eingesetzt.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
25
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Ein auf Arbeitsebene vorgelegter Entwurf des Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz für ein „Gesetz zur Regelung der Veröffentlichung von Daten in Telemedien in der Thüringer Kommunalordnung“ sah umfangreiche Ergänzungen in den §§ 40 und 42 ThürKO vor.
Dabei wurde auf Arbeitsebene seitens des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen kritisch
angemerkt, dass es fraglich erscheint, ob der vorgelegte Entwurf ausgewogen genug ist, d. h.
einerseits alle denkbaren Sachverhalte zu regeln, auf der anderen Seite aber auch den notwendigen Regelungskern zu treffen. Es sollte daher im Weiteren darüber nachzudenken sein, ob
nicht eine allgemein gehaltene gesetzliche Regelung eine praktikablere Lösung darstellt.
Ein zufriedenstellendes Ergebnis konnte bislang noch nicht erreicht werden. Der Gemeindeund Städtebund Thüringen wird sich jedoch weiterhin in Gesprächen und Kontakten mit den
zuständigen Stellen für eine solche Lösung einsetzen.
3.
EU-Datenschutz-VO
Im April 2012 wurde dem Gemeinde- und Städtebund Thüringen vom Bundesinnenministerium
(BMI) ein Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz
natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Grundverordnung) übermittelt. Diese regelt u. a. die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen und würde im Falle einer Verabschiedung in der
jetzigen Form das Bundesdatenschutzgesetz und die Datenschutzgesetze der Länder in wesentlichen Teilen ablösen. Betroffen wären hiernach neben den öffentlichen Stellen des Bundes
auch die öffentlichen Stellen auf Ebene der Länder und Kommunen. Der Bundesrat hat bereits
eine Subsidiaritätsrüge gegen den Verordnungsvorschlag erhoben. Die Position des Gemeindeund Städtebundes Thüringen wurde vom DStGB aufgenommen und in einer gemeinsamen
Stellungnahme der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände berücksichtigt. Der
Gemeinde- und Städtebund Thüringen befürwortet grundsätzlich eine Überarbeitung der bisherigen Datenschutzbestimmungen, da diese in Form der Datenschutzrichtlinie (RL 95/46/EG)
seit 1995 nahezu unverändert geblieben sind, und begrüßt daher eine Anpassung an die heutigen
Anforderungen, die seitens der Wirtschaft, aber auch durch soziale Netzwerke, moderne Technologien und insbesondere durch den globalen Datenaustausch über das Internet an einen zeitgemäßen Datenschutz gestellt werden. Eine Zustimmung kann die seitens der EU-Kommission
vorgelegte Datenschutz-Grundverordnung in ihrer jetzigen Form allerdings nicht finden. Hauptsächlich kritisiert der Gemeinde- und Städtebund Thüringen, dass den Mitgliedstaaten nicht die
Möglichkeit durch Öffnungsklauseln eingeräumt wird, bereits vorhandene Datenschutzgesetze
beizubehalten. Eine Datenschutz-Grundverordnung sollte sich zudem auf Bereiche konzentrieren, die einer europaweiten Regelung bedürfen, etwa in der länderübergreifenden Wirtschaftstätigkeit. Daher wird vom Gemeinde- und Städtebund Thüringen die Auffassung vertreten,
dass ein europaweit einheitliches Datenschutzniveau durchaus sinnvoll ist, eine Anpassung der
bereits bestehenden Datenschutzrichtlinie hierfür jedoch ausreichend wäre.
Seit Mai 2013 laufen die Verhandlungen zwischen EU-Parlament, -Rat und -Kommission. Im
Juni 2013 gab es auf einer Ratssitzung von Justiz- und Innenministern in Luxemburg jedoch
keine Einigung auf den überarbeiteten Entwurf. Unter anderem meldeten die Vertreter Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs zahlreiche Bedenken an. Die anvisierte Positionierung
vor der Sommerpause konnten damit sowohl Rat als auch Parlament nicht leisten. Die Verhandlungen zur Verordnung werden weiter andauern.
26
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
4.
Bundesmeldegesetz
Im Zuge der Föderalismusreform I wurde das Meldewesen in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes überführt. Durch das „Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens“ sollte das bisher geltende Melderechtsrahmengesetz (MRRG) durch ein Bundesmeldegesetz abgelöst und damit eine bundeseinheitliche Regelung des Melderechts geschaffen werden.
Das vom Bundestag Ende Juni 2012 verabschiedete „Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens“ hat nachhaltige Kritik ausgelöst. Hintergrund war, dass die Meldebehörden künftig unter erleichterten Voraussetzungen Adressen von Bürgerinnen und Bürgern für Zwecke der Werbung und des Adresshandels hätten weitergeben dürfen. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf
sah eine durchaus bürgerfreundliche Regelung vor. Ohne Einwilligung der Bürgerinnen und
Bürger hätte niemand Zugriff auf die Daten gehabt. Durch den zuständigen Bundestagsinnenausschuss war die verbraucherfreundliche Regelung jedoch aufgeweicht worden. In der novellierten Gesetzesfassung wurde dann normiert, dass die Daten grundsätzlich weitergegeben
werden dürfen, es sei denn, der Betroffene hat der Datenweitergabe ausdrücklich widersprochen, beispielsweise bei der Anmeldung in der Meldebehörde. Dieses Widerspruchsrecht wurde
allerdings noch dahin gehend eingeschränkt, dass es nicht gelten sollte, wenn die Daten ausschließlich zur Bestätigung oder Berichtigung bereits vorhandener Daten verwendet worden
wären. Ein privater Adresshändler, der die betroffene Person bereits in seiner Datenbank führte,
hätte nach der damaligen Gesetzesfassung gegen die Meldebehörde einen Anspruch auf Erteilung der gewünschten Auskunft gehabt und somit seine Daten aktualisieren können.
Eine derartige Regelung war aus kommunaler Sicht nicht hinnehmbar. Daten von Bürgerinnen
und Bürgern sind keine Handelsware. Die Meldebehörden dürfen nicht gezwungen werden,
Daten aus dem öffentlichen Melderegister an private Unternehmen zu kommerziellen Zwecken
weitergeben zu müssen, nur weil der Betroffene vergessen hat, dieser Weitergabe zu widersprechen. Dies hätte das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die öffentlichen Meldebehörden
und das damit verbundene Ansehen erheblich beeinträchtigt. Das öffentliche Melderegister hat
seinen primären Aufgaben zu dienen und nicht den gewerblichen Zwecken Dritter.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat sich daher gegenüber der Landesregierung dafür
eingesetzt, dass bei der Behandlung des „Gesetzes zur Fortentwicklung des Meldewesens“ in
der Plenarsitzung des Bundesrates dieses Gesetz für den Freistaat Thüringen abgelehnt wird
und dass darauf hinzuwirken ist, dass auf bundesrechtlicher Ebene insbesondere die Weitergabe
von Daten aus den Melderegistern für gewerbliche Zwecke an die ausdrückliche Einwilligung
der Betroffenen geknüpft ist.
Diese Bemühungen wurden aufgegriffen, sodass die Länder in der Sitzung des Bundesrats im
September 2012 den Gesetzentwurf einstimmig in den Vermittlungsausschuss verwiesen haben. Inhaltliche Hauptforderung der Verweisung war es, sowohl den Datenverkauf als auch den
Datenabgleich nur im Falle einer ausdrücklichen Zustimmung der Betroffenen zu gestatten. Die
Arbeit im Vermittlungsausschluss hatte schließlich Erfolg, sodass sowohl Bundesrat also auch
Bundestag im Februar bzw. März 2013 dem Gesetz zugestimmt haben.
Mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes am 1. Mai 2015 dürfen die Meldebehörden persönliche
Daten der Bürger nur bei Vorliegen einer ausdrücklichen Einwilligung an Unternehmen weitergeben. Dabei können betroffene Bürger ihre Zustimmung entweder generell gegenüber der
Meldebehörde oder individuell gegenüber einzelnen Unternehmen erteilen.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
27
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Die Meldebehörden sollen stichprobenartig überprüfen, ob entsprechende Einwilligungserklärungen vorliegen. Verstöße werden mit Bußgeldern geahndet.
Unter Mitwirkung des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen ist es damit gelungen, dass die
vom Bundestag im Sommer 2012 beschlossene und vielfach kritisierte Widerspruchslösung
aus dem Gesetz gestrichen wurde und auch eine automatische Weitergabe von Meldedaten für
Zwecke der Werbung und des Adresshandels nicht mehr möglich ist.
Zensus 2011 - Auswertung der Ergebnisse
Auf Grundlage einer Verordnung des europäischen Parlaments über Volks- und Wohnungszählungen, sowie des Gesetzes über den registergestützten Zensus (ZensG2011) im Jahre 2011
fand zum Stichtag 9. Mai 2011 in Deutschland ein Zensus (Volkszählung) statt, dabei erstmals
in registergestützter Form. Soweit wie möglich wurde dabei auf bereits vorhandene Daten aus
Registern zurückgegriffen. Hierunter fielen insbesondere die Datenlieferungen aus den Melderegistern der Kommunen, der erwerbsstatistischen Register der Bundesagentur für Arbeit
und der öffentlichen Arbeitgeber, wobei letztere Daten zur Erwerbstätigkeit der Arbeitnehmer
geliefert haben.
Zur Sicherung der Qualität der Angaben aus den Registern und zur Gewinnung von Daten, für
die es keine Register gibt, deren Erhebung aber durch die o. g. Verordnung vorgeschrieben ist,
wurden zusätzlich bundesweit knapp 10% der Bevölkerung im Rahmen einer sog. Haushaltsstichprobe persönlich befragt.
Ab einer Gemeindegröße von über 10.000 Einwohnern wurde dabei mit der Methode der sog.
Korrekturstichprobe nach § 7 ZensG 2011 vorgegangen. So erfolgt eine Korrektur der registerermittelten Einwohnerzahl entsprechend der Ergebnisse aus der Stichprobe. Das für diese Berechnung notwendige Verfahren wurde beim Bundesamt für Statistik validiert.
In den Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern wurde die sogenannte „Befragung zur
Klärung von Unstimmigkeiten“ nach § 16 ZensG 2011 durchgeführt. Hier wurden gezielt bestimmte unplausible Konstellationen von Melderegisterinformationen nachgefragt.
Außerdem fand eine postalische Erhebung bei allen Eigentümern von Gebäuden und Wohnungen statt, sowie eine primärstatische Erhebung in Gemeinschafts- und Anstaltsunterkünften
wie Studenten- oder Altenwohnheimen, den sogenannten Sonderbereichen.
Am 31. Mai 2013 wurden die ersten Ergebnisse aus dem Zensus 2011 und damit die neuen Einwohnerzahlen sowie die Ergebnisse aus der Gebäude- und Wohnungszählung für die Thüringer
Gemeinden und Städte veröffentlicht. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat seine Mitglieder aktuell über Ablauf der Veröffentlichungen informiert. Auch über das spätere Feststellungsverfahren mit der Übersendung der Feststellungsbescheide und damit der neuen amtlichen
Einwohnerzahlen wurden die Thüringer Gemeinden und Städte durch den Gemeinde- und Städtebund Thüringen umfassend in Kenntnis gesetzt. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen
ist zudem an einem Beirat beteiligt, der sich im Falle von Unstimmigkeiten zwischen den Gemeinden und dem Landesamt für Statistik im Rahmen der neuen Einwohnerzahlen als eine der
Vermittlung dienende neutrale Instanz versteht, die zeit- und kostenintensive Gerichtsverfahren
vermeiden soll. Ziel des Beirats ist es insoweit, eine einvernehmliche Lösung von Unstimmigkeiten, die in Zusammenhang mit der erhobenen Einwohnerzahl entstanden sind, zu finden.
28
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Nach den ersten Ergebnissen für Thüringen aus dem Zensus 2011 lebten zum Stichtag 9. Mai
2011 im Freistaat 2.188.589 Einwohner und damit rund 40 Tausend Einwohner (-1,8 %) weniger als bisher angenommen. Diese Gesamtdifferenz resultiert vor allem aus der Bereinigung
von doppelten Einträgen im Melderegister. Allein diese Fehlbeträge in den Melderegistern
machen in Thüringen rund die Hälfte der Differenz zur alten Einwohnerzahl aus, insgesamt
20.283 Personen. Ein Drittel der Thüringer Gemeinden hat nach dem Zensus mehr Einwohner
als zuvor. Bei 33 Gemeinden gibt es nach dem Zensus keinen Korrekturbedarf. Fast die Hälfte
der Thüringer Gemeinden hat nahezu dieselbe Einwohnerzahl, die nur um weniger als plus
minus 10 Einwohner abweicht. Jedoch gibt es auch in Thüringen rund 360 Gemeinden, die
zwischen 10 und bis zu 4.432 Einwohner verloren haben. Laut Auskunft des Thüringer Landesamtes für Statistik werden sich kaum Auswirkungen der neuen Einwohnerzahlen für Gemeinden, deren Verluste sich im Rahmen des Gesamtverlustes des Freistaats Thüringen, d. h. plus
minus 1,8 % bewegen, ergeben. Für Städte und Gemeinden, deren Einwohnerzahl allerdings
hiervon abweicht, werden sich, so die bisherigen Rückmeldungen aus den betroffenen Städten
und Gemeinden, voraussichtlich Auswirkungen im Bereich der Verteilung der Mittel des kommunalen Finanzausgleichs ab dem Jahr 2014 ergeben.
In seiner Pressemitteilung vom 03.06.2013 allerdings ergänzte der Thüringer Finanzminister
Dr. Voß in Bezug auf den Kommunalen Finanzausgleich: „Die Ausgleichsmasse für die Kommunen ist gesetzlich fixiert. Deswegen ergeben sich für 2013 und 2014 aus den veränderten Bevölkerungszahlen keine Auswirkungen.“ Änderungen könnten, je nach Einwohnerentwicklung
in den einzelnen Kommunen, allenfalls für das kommende Jahr zu leichten Verschiebungen in
der horizontalen Aufteilung führen, so der Minister weiter. Die Gesamthöhe bliebe davon jedoch unberührt: „Wir stehen zu unserem Wort: Die Planungssicherheit, die wir den Kommunen
mit der Reform des Kommunalen Finanzausgleichs zugesichert haben, halten wir auch ein“, so
Voß abschließend.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen wird darauf achten, dass Finanzminister Dr. Voß
seine Zusage auch einhält.
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag
Aufgrund Artikel 1 des Thüringer Gesetzes zur Neuordnung der Rundfunkfinanzierung vom
30. November 2011 ist am 1. Januar 2013 der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) auch in
Thüringen in Kraft getreten.
Nach den bisherigen Regelungen im Rundfunkgebührenstaatsvertrag, welche bis zum 31.12.2012
galten, erfolgte eine Berechnung der Rundfunkgebühren anhand der von der Gemeinde angemeldeten Rundfunkempfangsgeräte (Radio, PC, TV-Gerät). In bestimmten Bereichen der öffentlichen Verwaltung, beispielsweise in Kindertageseinrichtungen, waren Befreiungen von
den Gebührenzahlungen möglich.
Seit dem 1. Januar 2013 bemessen sich die von Gemeinden und Städten zu entrichtenden Rundfunkbeiträge nach den Regelungen des neuen Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (RBStV). Für
den Bereich der öffentlichen Verwaltung sind dabei die §§ 5 und 6 RBStV von Bedeutung, da
diese die Berechnung der Beiträge für den sog. „nicht-privaten Bereich“, zu dem auch die Thüringer Gemeinden und Städte zählen, regeln.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
29
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Als Bemessungsgrundlage dienen die Anzahl der räumlich getrennten Dienststellen einer Gemeinde bzw. Stadt, ihre Beschäftigten sowie die Anzahl der auf die Dienststelle zugelassenen
Kraftfahrzeuge. Befreiungen von den Beitragszahlungen für den sog. „nicht-privaten Bereich“
sind nicht mehr vorgesehen.
Im April 2012 begann die damalige Gebühreneinzugszentrale (GEZ) damit, die für die Bemessung des neuen Rundfunkbeitrags relevanten Daten bundesweit bei den Kommunen und ihren
Einrichtungen abzufragen. Bereits bei der Erfüllung der Auskunftspflichten standen die Kommunen vor zahlreichen Fragen zur Auslegung des neuen RBStV, die sich anhand der von den
Rundfunkanstalten und der GEZ bereitgestellten Informationen nicht praxisgerecht beantworten ließen. Eine in Zusammenarbeit mit dem Gemeinde- und Städtebund Thüringen erarbeitete
Dokumentation des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) hat die aufkommenden
Fragen erfasst und aus kommunaler Sicht beantwortet. Auch im weiteren Verlauf konnten wichtige Einzelfragen, zu denen unterschiedliche Auslegungen zwischen der kommunalen Seite und
den Rundfunkanstalten existierten, einer sachgerechten Vollzugspraxis zugeführt werden.
Dennoch entstand bereits in der Erhebungs- und Umstellungsphase der Eindruck, dass die neuen Bemessungskriterien die Gemeinden und Städte unangemessen belasten werden, da insbesondere der Betriebsstätten-Maßstab in den Gemeinden und Städten mit einer dezentralen und
somit bürgernahen Struktur der Verwaltung zu einer Vervielfachung des Gebührenaufkommens
führt. Des Weiteren stellte sich heraus, dass das neue Berechnungsverfahren einen enormen
Verwaltungsaufwand zur Folge hat. Dabei geht es nicht nur um den für die erstmalige Erfassung nach den neuen Maßgaben erforderlichen Aufwand, sondern vielmehr auch um den, der
zukünftig aufgrund permanenter Veränderungen, sowohl was die Liegenschaften als auch die
Beschäftigten betrifft, zu befürchten und bereits absehbar ist.
Nachdem der neue ARD, ZDF, Deutschlandradio Beitragsservice – AZDBS (ehemals GEZ) zu
Beginn des Jahres 2013 die neuen Rundfunkbeiträge bei Vorliegen einer Einzugsermächtigung
abbuchte bzw. Beitragsrechnungen versandte, bestätigen sich die bereits dargelegten Befürchtungen bzgl. der Kostenerhöhung.
Vor allem durch die Erfassung kleiner kommunaler Einrichtungen, die bisher mangels Bereithalten von Rundfunkgeräten nicht rundfunkgebührenpflichtig waren, aber auch die degressive
Beitragsstaffelung nach Beschäftigtenzahlen und die Kfz-Beitragspflicht kommt es zu einer
überproportionalen Belastung der Gemeinden. Hinzu kommt der Wegfall einer Vielzahl vorher
bestehender Befreiungsmöglichkeiten, insbesondere für Kinder- und Jugendeinrichtungen und
anderer gemeinnütziger öffentlicher Einrichtungen.
Da sich diese Problematik nicht auf Thüringen beschränkt, sondern auch alle anderen Bundesländer gleichermaßen betroffen sind, haben sich die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene der Thematik angenommen.
So versandte im Januar 2013 die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände gleichlautende Schreiben an den Vorsitzenden der Rundfunkkommission der Bundesländer, Herrn
Kurt Beck, und an die Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Frau Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, mit der Aufforderung das Thema in ihren jeweiligen Gremien zu
behandeln und nach einer gerechten Lösung zu suchen. Im Grundsatz wurde der geräteunabhängigen Beitragsbemessung zugestimmt, jedoch auch darauf hingewiesen, dass ein Bürokratieabbau nicht erkennbar ist, die Umstellung vielmehr bei den Kommunen einen enormen
30
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Beratungs- und Organisationsbedarf auslöst und personelle Kapazitäten bindet. Daher wurde
eine pauschalierte Beitragsbemessung für Kommunen gefordert, verbunden mit der Senkung
der kommunalen Beiträge.
In Reaktion hierauf hat der Südwestrundfunk (SWR) mit Schreiben vom 25. Januar 2013 Gesprächsbereitschaft signalisiert, allerdings verbunden mit dem Hinweis, dass die Rundfunkanstalten keinen unmittelbaren Einfluss auf den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag haben, sich aber
dennoch in der Pflicht sehen, mögliche Unwuchten des neuen Modells frühzeitig in ihrer konkreten Ausprägung zu erfassen.
Dennoch haben die Bundesverbände ihre Verhandlungsziele an den SWR übermittelt. Diese
bestehen im Wesentlichen in einer angemessenen Reduzierung der Beiträge der Kommunen,
die ihre Betriebsstätten und Kraftfahrzeuge nicht primär zum Medienkonsum nutzen, sondern
zur Erfüllung ihrer pflichtgemäßen Aufgaben, die sie im Interesse des Gemeinwohls erbringen.
Zumindest muss die Aufkommensneutralität gegenüber dem bisherigen Gebührenaufkommen
gewahrt bleiben. Weiterhin ist der Verwaltungsaufwand deutlich zu reduzieren.
Aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände, und somit auch des Gemeinde- und Städtebundes
Thüringen, ist hierzu ist eine Abkehr vom Betriebsstättenbegriff als Bemessungskriterium erforderlich. Es wird eine pauschale Bemessung des Rundfunkbeitrags anhand der jeweiligen
Mitarbeiterzahl der Kommune favorisiert. Denkbar wäre auch eine Kombination mit dem Einwohnermaßstab. Die ebenfalls diskutierte pauschale Erfassung der kommunalen Kernverwaltung, ungeachtet der Verteilung auf mehrere Betriebsstätten, könnte dahingegen Abgrenzungsprobleme mit sich bringen. Hinsichtlich der Kraftfahrzeuge wird zu einer vollständigen Beitragsfreiheit tendiert.
Im Ergebnis der im Februar und März 2013 zwischen den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und der ARD bzw. dem ZDF stattgefundenen Gesprächen bestand Einigkeit darüber,
dass die neue Berechnung des Rundfunkbeitrages bei den Städten und Gemeinden zu einer
erheblichen Mehrbelastung führt. Die Vertreter des ZDF sind bereit in der Angelegenheit auf
die Staatskanzleien der Länder zuzugehen und dort anzuregen, den Zeitpunkt der vorgesehenen
Evaluation des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (vorgesehen ursprünglich für Ende 2014) zu
überprüfen, sobald von allen Seiten gesichertes Zahlenmaterial vorliegt. Die kommunalen Spitzenverbände sicherten zu, hierfür die Angaben zur Bemessungsgrundlage und Beitragsbelastung bei den Gemeinden und Städten erheben.
Im Hinblick auf die Notwendigkeit gesichertes Zahlenmaterial vorlegen zu können, hat der
Gemeinde- und Städtebund Thüringen seine Mitglieder nicht nur um ihre Einschätzung gebeten, wie eine interessengerechte und vollzugstaugliche Beitragsbemessung am besten zu erreichen ist, sondern gleichzeitig auch, wie bereits im Geschäftsbericht 2011/2012 angekündigt,
um belastbare Angaben zur Entwicklung des Beitragsaufkommens im Vergleich zur bisherigen
Gebührenhöhe.
Insgesamt sind 140 Rückmeldungen aus Thüringer Gemeinden, Städten und Verwaltungsgemeinschaften, die zusammen 805.429 Einwohner haben und damit 36,26 % der Thüringer Bevölkerung repräsentieren, in der Landesgeschäftsstelle eingegangen.
Die Zahlungen dieser 140 Gemeinden, die im Jahr 2012 insgesamt an die GEZ überwiesen
wurden, beliefen sich auf 103.653,68 Euro.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
31
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Ab dem Jahr 2013 werden von diesen Gemeinden nun insgesamt 168.400,91 Euro an den Beitragsservice zu leisten sein und damit rund 62,5 % mehr als in 2012.
Zu der Frage, wie die zukünftige Gestaltung des Rundfunkbeitrages aussehen könnte, wird
überwiegend eine pauschale Bemessung nach Anzahl der Mitarbeiter angeführt. Die Wiedereinführung von Befreiungstatbeständen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und der Freiwilligen Feuerwehren wird als notwendig erachtet. Der Wegfall der bisherigen Befreiungen wird,
neben der Abrechnung anhand der Betriebsstätten, als einer der wesentlichen Kostentreiber
des neuen Rundfunkbeitrags angesehen.
Auch die Regelungen zu den beitragspflichtigen Kraftfahrzeugen werden nachteilig empfunden. Es wird die pauschale Befreiung aller Dienstfahrzeuge, die auf die jeweilige Stadt, Gemeinde oder Verwaltungsgemeinschaft zugelassen sind, vorgeschlagen.
Die Ergebnisse dieser Umfrage hat der Gemeinde- und Städtebund Thüringen an den Deutschen
Städtetag und den Deutschen Städte- und Gemeindebund zur Verwendung für die weiteren
Gespräche übermittelt. Als Zwischenergebnis wurden nun zwei Thüringer Gemeinden ausgewählt, die als sog. Modellkommunen der Erfassung der Kostentreiber und zur Vorbereitung des
Evaluationsprozesses dienen.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen wird sich weiterhin aktiv in die Gestaltung und Entwicklung auf Bundesebene einbringen sowie die Mitglieder zeitnah über jegliche Neuerungen
informieren.
Rahmenvereinbarung über den einmaligen Meldedatenabgleich
Am 14. Dezember 2012 bzw. 6. Januar 2013 hat der Gemeinde- und Städtebund Thüringen mit
dem Mitteldeutschen Rundfunk die Rahmenvereinbarung über den einmaligen Meldedatenabgleich unterzeichnet.
Grundlage hierfür bildet § 14 Abs. 9 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV). Hierin ist der
einmalige Meldedatenabgleich zwischen den Gemeinden und den Landesrundfunkanstalten geregelt. Ziel dieses Datenabgleiches ist die Bestands- und Ersterfassung der Meldedaten, sodass
auch Haushalte zur Beitragserhebung herangezogen werden können, die bisher mangels Vorhalten eines Rundfunkempfangsgerätes keine Rundfunkgebühr entrichtet haben. Hierzu übermittelt jede Meldebehörde zu einem bundesweit einheitlichen Stichtag automatisiert die Daten
aller volljährigen Personen an die jeweilige Landesrundfunkanstalt. Die Kosten, die durch eine
Übermittlung entstehen, haben die Landesrundfunkanstalten zu tragen.
Durch den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) wurde dem Gemeinde- und Städtebund Thüringen mitgeteilt, dass der Stichtag für den Bestandsdatenabzug auf den 3. März 2013, 0:00 Uhr
festgelegt wurde. Die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Einwohnerdaten sollen von den Meldebehörden „eingefroren“, gespeichert und an den ARD, ZDF, Deutschlandradio Beitragsservice (AZDBS) übermittelt werden. Die tatsächliche Datenübermittlung der am 3. März 2013
gespeicherten Daten ist, nach einem vorher durch die Länder abgestimmten Lieferkonzept, für
September 2014 vorgesehen. Aufgrund § 27 Absatz 5 Thüringer Meldegesetz ergeben sich allerdings für den Bereich der Thüringer Meldebehörden Besonderheiten. Nach dieser Vorschrift
nutzen Thüringer Meldebehörden für die Kommunikation über XMeld und OSCI-Transport die
sog. „Vermittlungsstelle für das Meldewesen“.
32
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Die Aufgaben der Vermittlungsstelle nimmt das Thüringer Landesrechenzentrum (TLRZ) in
Erfurt wahr. Die Meldebehörden übermitteln täglich die in den jeweiligen Melderegistern vorgenommenen Änderungen an das TLRZ, sodass dort ein „Spiegelbild“ des jeweiligen Melderegisters vorhanden ist (sog. „Spiegelregister“).
Nach Feststellung dieser Vorgaben und Besonderheiten hat sich der Gemeinde- und Städtebund
Thüringen daher mit dem Thüringer Innenministerium sowie dem TLRZ in Verbindung gesetzt,
Gespräche geführt und Varianten zur Erfüllung der Vorgaben erörtert.
Im Ergebnis haben sich die beteiligten Stellen dahin gehend verständigt, dass die Thüringer
Meldebehörden bei der einmaligen Bestandslieferung nach § 14 Abs. 9 RBStV durch die Thüringer Spiegelregister und die Vermittlungsstelle umfassend unterstützt werden. Nach der Umsetzungsvariante wurde die Initialdatenlieferung am 3. März 2013 um 0:00 Uhr tagesaktuell
aus dem beim TLRZ vorgehaltenen Thüringer Spiegelregistern erzeugt. Die so erzeugten Datenbestände werden bei der Vermittlungsstelle aufbewahrt, von dieser in die zum Zeitpunkt
der Übermittlung im September 2014 gültige XMeld-Nachricht konvertiert sowie anschließend
bandbreitenauslastend an die AZDBS übermittelt.
Zur Erleichterung des Kostenerstattungsverfahrens hat der Gemeinde- und Städtebund Thüringen auf Grundlage des Präsidiumsbeschlusses vom 12. September 2012 mit dem MDR die
oben genannte Rahmenvereinbarung abgeschlossen. Diese regelt u. a. den Kostenerstattungsanspruch der einzelnen Gemeinde gegenüber dem MDR bzw. der von ihm beauftragten Stelle
(AZDBS) für diese einmalige Übermittlung von Einwohnermeldedaten.
Für die Übermittlung der Datensätze wurde eine Kostenpauschale in Höhe von insgesamt
0,05 € je Datensatz vereinbart. Die Kostenpauschale wird dabei wie folgt aufgeteilt: Die jeweilige Gemeinde erhält 0,04 € je Datensatz, das TLRZ erhält 0,01 € je Datensatz.
Die Kosten der Bestandsdatenübermittlung sind innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach
Erhalt der Quittierungsnachricht, welche voraussichtlich im September 2014 versandt wird,
dem AZDBS unaufgefordert in Rechnung zu stellen.
Die seit dem 1. Januar 2013 bereits fortlaufende, regelmäßige Datenübermittlung in Form von
Änderungsmitteilungen durch die Meldebehörden im XMeld-Format ist davon nicht berührt.
Diese Datenübermittelung erfolgt auch weiterhin durch die einzelnen Meldebehörden und ist
entsprechend der Rahmenvereinbarung aus dem Jahr 2001 unverändert gegenüber dem AZDBS
abzurechnen.
Breitbandversorgung im Freistaat Thüringen
Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger und Bildungseinrichtungen nutzen täglich Computer
und fragen zunehmend Breitbandverbindungen nach, da ohne diese die Potentiale des Internets
nicht nutzbar sind. Breitbandverbindungen zum Internet stellen damit nicht nur einen wichtigen
Standortfaktor für die Wirtschaft dar, auch die Bevölkerungsentwicklung orientiert sich an dessen Verfügbarkeit.
Grundsätzlich gehören jedoch Breitbandanschlüsse nicht zum sog. Universaldienst, den die
Deutsche Telekom in allen Regionen in Deutschland anbieten muss. Eine gesetzliche Handhabe
für eine flächendeckende Breitbandversorgung besteht somit nicht und die Netzbetreiber entscheiden anhand wirtschaftlicher Überlegungen über den weiteren Netzausbau, welcher in
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
33
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte effektiver ist. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat gegenüber der Landesregierung deutlich gemacht, dass eine Änderung der Vorschriften
für den Universaldienst aus seiner Sicht geboten scheint. Dieser Gedanke wurde auch im Rahmen einer Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) 2012 in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht, konnte sich jedoch nicht durchsetzen.
Zwar hat sich nach dem Bericht zum aktuellen Stand des Breitbandausbaus in Thüringen (Thüringer Landtag, Drucksache 5/5417 vom 21.12.2012) die Versorgung mit Breitband in Thüringen durchaus positiv entwickelt. So konnte beispielsweise die Versorgung mit mindestens
2 Mbit/s von 80 Prozent auf 89 Prozent der Thüringer Haushalte erhöht werden. Erreicht
wurde die Verbesserung der Breitbandversorgung vor allem durch den Ausbau der Funktechnologie LTE auf der Basis freigewordener Rundfunkfrequenzen. Dennoch gelten weiterhin
123.000 Haushalte in Thüringen als nicht versorgt und insgesamt 477 Orte sind nicht an eine
schnelle Internetverbindung angebunden und damit unterversorgt. Eine flächendeckende Versorgung ist in den Thüringer Gemeinden und Städten damit nach wie vor nicht gegeben.
Die Steigerung der Versorgungsquote mittels LTE-Technologie ist kritisch zu sehen. Im Rahmen des Einsatzes der LTE-Technologie ist zu befürchten, dass bereits in den nächsten Jahren
die Versorgung in ihrer jetzigen Qualität nicht mehr vorhanden sein wird. Neue Gerätegenerationen, wie beispielsweise LTE-fähige Smartphones die bereits jetzt auf den Markt drängen, werden die lediglich begrenzt verfügbaren Bandbreiten in Anspruch nehmen. Damit können sich
auf Dauer die Übertragungsgeschwindigkeiten für jeden einzelnen LTE-Nutzer deutlich verringern. Bereits jetzt drosseln Mobilfunkanbieter in hohen Nutzungszeiten die Übertragungsraten
nach unten, um weiterhin einen Internetzugang für alle Nutzer gewährleisten zu können. Der
Ausbau der leitungsgebundenen Breitbandversorgung wird sich daher nicht unbegrenzt durch
den Einsatz der LTE-Technologie umgehen lassen. Allerdings können die Orte, die mittels dieser LTE-Funktechnologie versorgt werden bzw. in naher Zukunft versorgt werden sollen, keine
Fördermittel für den kabelgebundenen Ausbau der Breitbandinfrastruktur beantragen. Dies ist
aus unserer Sicht bedauerlich, denn nur die Anbindung der Orte bzw. Ortsteile mit Glasfaserkabeln sichert auch die künftige Ausbaufähigkeit hinsichtlich der Teilnehmerzahl und der Bandbreite. Deshalb sollte an dieser Stelle ein Umdenken der Förderpolitik einsetzen.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat sich daher im Rahmen der zukünftigen Programmplanung der Förderperiode 2014 - 2020 des Europäischen Fonds für die regionale Entwicklung (EFRE) insbesondere auch unter dem thematischen Ziel II „Verbesserung des Zugangs sowie zur Nutzung und Qualität der Informations- und Kommunikationstechnologie“
für die Berücksichtigung der kommunalen Belange eingesetzt. Unter diesem thematischen
Ziel wurden die Investitionsprioritäten zum einen auf den Ausbau des Breitbandzugangs und
Hochgeschwindigkeitsnetze, zum anderen auf die Stärkung der IKT-Anwendungen für E-Government gelegt. Diese Schwerpunktsetzung ist aus Sicht des Gemeinde- und Städtebundes
Thüringen begrüßenswert, da sich im Bereich der Schaffung einer flächendeckend bedarfsgerechten Breitbandinfrastruktur die Ziele der Digitalen Agenda 2020 der EU-Kommission bis
2020, allen Europäern Zugang zu Breitbandanschlüssen mit 30 Mbit/s zu ermöglichen und
darüber hinaus in 50 % der Haushalte 100 Mbit/s verfügbar sollen, als ambitioniert, aber auch
erstrebenswert darstellen. Bereits heute geht es in vielen Gebieten Thüringens nicht mehr nur
um die Grundversorgung, sondern auch um den Ausbau der Hochleistungsnetze. Diese Netze
werden künftig auch in Thüringen gebraucht, weil sich die Übertragung großer Datenmengen,
wie sie etwa Filme sowie videobasierte oder andere multimediale Anwendungen mit sich bringen, ohne diese Netze nicht realisieren lässt.
34
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Das gilt auch für die elektronische Abwicklung von Geschäftsverkehr, Online-Handel oder
elektronische Verwaltung (E-Business und E-Government), internetbasiertes Lernen (E-Learning) und Telemedizin (E-Health).
Bereits in der Vergangenheit wurden durch verschiedene Förderprogramme des Bundes und
Landes Fördermittel zur Verbesserung der Breitbandanbindung zur Verfügung gestellt. Voraussetzung für die Nutzung der Fördermittel ist jedoch, dass die Mitfinanzierung über einen kommunalen Eigenanteil durch die Gemeinden und Städte erfolgt. Angesichts der angespannten
finanziellen Lage in vielen Thüringer Kommunen kann dies zu einem unlösbaren Problem werden. Dieser Sachverhalt sollte bei der Ausgestaltung zukünftiger Förderprogramme berücksichtigt werden.
Aktuelle Erfahrungen zeigen darüber hinaus, dass die Kommunen Unterstützung beim Antragsverfahren benötigen. Insbesondere die Beschaffung der für die Antragstellung notwendigen Informationen ist für die kommunalen Verwaltungen problematisch. Die Beratung vor Ort sollte
an dieser Stelle verbessert werden. Die Gemeinden und Städte in Thüringen benötigen konkret
bei der Kommunikation mit den Netzbetreibern und den Anbietern von Breitbandlösungen Unterstützung. Diese sollte durch regional eingesetzte Berater erfolgen, um regional abgestimmte
Lösungen zu entwickeln und diese Lösungen hinsichtlich ihrer Zukunftsfähigkeit zu bewerten.
Zudem wurde angeregt, einen Gleichklang der Ziele und Förderbedingungen in Bezug auf die
Schaffung einer flächendeckend bedarfsgerechten Breitbandinfrastruktur zwischen EFRE und
ELER (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums) herzustellen.
Ebenfalls unter Ziel II wurde mit der Investitionspriorität „Stärkung der IKT-Anwendungen für
E-Government“ ein aus kommunaler Sicht notwendiges Förderziel gesetzt. Die elektronische
Verwaltung und die Abwicklung von Geschäftsprozessen über das Internet ermöglicht den Gemeinden, ihre Aufgaben effektiver und bürgerfreundlicher wahrzunehmen. Dabei kommt es im
Wesentlichen darauf an, elektronische Geschäftsprozesse auf allen Verwaltungsebenen einzuführen und abzustimmen. Hierbei war anzumerken, dass sich in weiteren Eckpunkten der
EFRE-Förderung, wie beispielsweise unter den Punkten „Spezifische Ziele“ oder „Defizite/Potenziale“ keine Hinweise mehr auf die Investitionspriorität „E-Government“ finden ließen. Der
Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat an dieser Stelle zur Nachbesserung aufgefordert.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
35
Kommunalrecht, Allgemeine Verwaltung, Europa
Rahmenvereinbarung über Telefondienstleistungen
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat am 12. Dezember 2006 mit der T-Systems Business Services GmbH eine Rahmenvereinbarung hinsichtlich der Erbringung von Telefondienstleistungen zu Sonderkonditionen für die Kommunen im Freistaat Thüringen abgeschlossen.
Den T-VPN Kommunen Thüringen können alle Gemeinden, Städte und Verwaltungsgemeinschaften, die Mitglied im Gemeinde- und Städtebund Thüringen sind, sowie deren Eigenbetriebe und wirtschaftliche Unternehmen, an denen sie mit mehr als 50 % beteiligt sind, mittels
einer Beitrittserklärung nutzen. Den Landkreisen wurde die Beitrittsmöglichkeit ebenfalls eröffnet.
Wesentlicher Inhalt dieser neuen Rahmenvereinbarung ist ein Pauschalpreissystem. Die Nutzung der monatlichen Pauschalpreise (Portpreise) für T-ISDN Anlagen-/Mehrgeräte und Primärmultiplexanschlüsse ist nach dem Beitritt zum T-VPN Kommunen Thüringen möglich. Das
Modell Portpreis beinhaltet eine Anschlusspauschale bestehend aus:
·
·
·
dem monatlichen Grundpreis für den T-ISDN Anschluss (T-ISDN Anlagen/Mehrgeräte als
Lokationszugang N2 bzw. dem Primärmultiplexanschluss als Lokationszugang N30)
inklusive aller abgehenden City, German und der internationalen Verbindungen
inklusive aller abgehenden Verbindungen zu T-Mobile, Vodafone D2, E-Plus und O2
Die bisherige Rahmenvereinbarung TDN Kommunen Thüringen bleibt zudem weiterhin bestehen. Bis Juni 2013 haben 330 Einrichtungen die Beitrittsmöglichkeit genutzt.
Im September 2012 wurde eine Zusatzvereinbarung abgeschlossen, die teilweise veränderte
und verbesserte Bedingungen enthält. Die aktuellen Konditionen können im Mitgliederbereich
des Internetangebotes des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen abgerufen werden.
Rahmenvereinbarung über die Nutzung der juris Online-Dienste
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat am 11. Februar 2005 nach langen Verhandlungen mit der juris GmbH eine Rahmenvereinbarung für Online-Dienste zu Sonderkonditionen für die Kommunen abgeschlossen. Diese Rahmenvereinbarung können alle Gemeinden,
Städte und Verwaltungsgemeinschaften, die Mitglied im Gemeinde- und Städtebund Thüringen
sind, nutzen.
Wesentlicher Bestandteil dieser Rahmenvereinbarung sind die Pauschalen für die Nutzung der
Online-Dienste. Diese richtet sich nach der Einwohnerzahl der Kommune. Es erlaubt den Nutzern die unbegrenzte Recherche in den im Rahmenvertrag aufgenommenen wichtigsten Datenbanken. Die Online-Dienste umfassen dabei die Recherche in der Datenbank Rechtsprechung,
in verschiedenen Vorschriftendatenbanken (u.a. Bundesrecht, Landesrecht Thüringen) sowie in
Aufsätzen. Der Vertrag hatte zunächst eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2007. Nach mehreren Verhandlungsgesprächen im Jahr 2007 konnte eine Verlängerung der Vertragslaufzeit zu
unveränderten Konditionen bis zum 31. Dezember 2008 erreicht werden.
Im März 2009 wurde eine neue Rahmenvereinbarung unterzeichnet. Die aktuellen Konditionen
können im Mitgliederbereich des Internetangebotes des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen abgerufen werden.
36
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Finanzen der Thüringer Kommunen im Jahr 2012
Sowohl die Ausgaben als auch die Einnahmen der Thüringer Kommunen lagen im Jahr 2012 im
Vergleich zum Jahr 2011 auf etwa gleichem Niveau.
Die Ausgaben der Thüringer Kommunen lagen nach Mitteilung des Thüringer Landesamtes
für Statistik im Jahr 2012 mit 4,8 Milliarden Euro in etwa auf dem gleichen Niveau wie im
Jahr 2011. Es wurde eine Million Euro weniger ausgegeben als vor Jahresfrist. Maßgebend
auf die Entwicklung der Gesamtausgaben wirkten die Ausgaben für den laufenden Sachaufwand. Mit 839,2 Millionen Euro wurden 11,1 Millionen Euro weniger ausgegeben, u. a. durch
geringere Aufwendungen für die Unterhaltung des sonstigen unbeweglichen Vermögens, die
Haltung von Fahrzeugen sowie die weiteren Verwaltungs- und Betriebsausgaben.
Die Ausgaben für Sachinvestitionen verringerten sich um 70,7 Millionen Euro auf 590,5 Millionen Euro, wobei hiervon 509,7 Millionen Euro auf Baumaßnahmen und weitere 80,9 Millionen Euro auf den Erwerb von Sachvermögen entfallen. Die Personalausgaben sind gegenüber
dem Jahr 2011 um 45,2 Millionen Euro gestiegen und beliefen sich auf insgesamt 1,4 Milliarden Euro. Die Ausgaben für soziale Leistungen erhöhten sich im Jahr 2012 um 46,5 Millionen
auf insgesamt 1,2 Milliarden Euro.
An Einnahmen flossen in diesem Zeitraum 4,8 Milliarden Euro in die kommunalen Kassen.
Das waren 126,8 Millionen Euro weniger als im Jahr 2011. Hauptursache hierfür waren die
geringeren Einnahmen der laufenden und investiven Finanzzuweisungen vom Land. Trotzdem
bildeten diese immer noch den größten Anteil an den Gesamteinnahmen. Die Einnahmen aus
Steuern und steuerähnlichen Einnahmen beliefen sich auf 1,3 Milliarden Euro und waren
damit um 90,5 Millionen Euro höher als im Jahr 2011. Hauptgründe waren Mehreinnahmen aus
der Gewerbesteuer (netto) in Höhe von 48,4 Millionen Euro und aus dem Gemeindeanteil an
der Einkommensteuer in Höhe von 34,4 Millionen Euro. Den größten Anteil an den Gesamteinnahmen bildeten die laufenden und investiven Finanzzuweisungen vom Land mit einem
Volumen von 2,5 Milliarden Euro bzw. einem Anteil von 52,5 Prozent haben die Kommunen
287,8 Millionen Euro weniger erhalten als im Vorjahr. Davon wurden als laufende Zuweisungen
und Zuschüsse sowie Erstattungen vom Land 2,2 Milliarden Euro gezahlt. Das waren 182,5 Millionen Euro weniger als im Jahr zuvor. Die Zuweisungen für Investitionen vom Land betrugen
281,9 Millionen Euro, 105,3 Millionen Euro weniger als im gleichen Zeitraum 2011. Die Einnahmen aus Verwaltung und Betrieb stiegen um 7,4 Millionen Euro auf 628,1 Millionen
Euro.
Thüringer Finanzbeziehungs-Änderungsgesetz
Die Neugestaltung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes sollte eine neuere und objektivere
Datengrundlage schaffen, die Verteilung der Finanzströme transparenter, zielgenauer, verteilungsgerechter und selbstverwaltungsfreundlicher gestalten und durch eine Regelbindung der
FAG-Masseentwicklung eine Stabilität und Berechenbarkeit der Finanzverteilung zwischen
Land und Kommunen erreichen.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat die Erreichung der Ziele der Novellierung des
kommunalen Finanzausgleichs von Anfang an konstruktiv begleitet und unterstützt, wobei nach
Auffassung der Landesgeschäftsstelle nicht alle Ziele erreicht wurden.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
37
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Eine der wesentlichen Neuerungen stellt der Thüringer Partnerschaftsgrundsatz dar, bei dem die
Entwicklung der Gesamteinnahmen der Thüringer Kommunen aus Steuern sowie den Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich an die Entwicklung der Gesamteinnahmen netto
des Freistaates Thüringen gekoppelt wird. Die Landesgeschäftsstelle begrüßt diese Systematik
als Schritt in die richtige Richtung wobei die Ermittlung und Herleitung des Finanzbedarfes für
das Basisjahr 2013 sowie die Art und Weise der Fortschreibung für die folgenden Jahre weiterhin keine Zustimmung finden.
Die sich aufgrund dieses Gesetzes ergebende finanzielle Ausstattung der thüringischen Kommunen reicht bei weitem nicht aus, die zahlreichen eigenen und vom Freistaat Thüringen übertragenen Aufgaben der Kommunen erfüllen und finanzieren zu können.
Die Landesgeschäftsstelle und die Gremien des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen haben
sich sehr eingehend mit dem Thüringer Gesetz zur Änderung der Finanzbeziehungen zwischen
Land und Kommunen beschäftigt und in vielfältiger Form, darunter die umfassenden Verbandsstellungnahmen vom 23. August 2012 sowie 7. November 2012, in zahlreichen Gesprächen
und Diskussionen mit Vertretern der Ministerien und der Landesregierung sowie im Rahmen
der mündlichen Anhörung am 6. Dezember 2012 im Haushalts- und Finanzausschuss des Thüringer Landtages und nicht zuletzt durch Pressemitteilungen sowie einem Offenen Brief an die
Mitglieder des Thüringer Landtages vom 15. November 2012, auf die Auswirkungen des vorgelegten Gesetzentwurfs hingewiesen.
Beispielhaft für die umfangreichen Neuregelungen und wesentlichen Kritikpunkte im KFA
2013/2014 seien folgende Punkte genannt:
Ermittlung der Ausgangsmasse auf Basis des Jahres 2010
Die Datenbasis für einen aufgabenorientierten kommunalen Finanzausgleich bildet, mangels
gleichwertiger Alternativen, die Rechnungsstatistik 2010. Die Landesgeschäftsstelle hat insbesondere kritisiert, dass hierbei nicht der eigentlichen Finanzbedarf der Kommunen ermittelt
wird, sondern die tatsächlich geleisteten Ausgaben eines Jahres abgebildet werden.
Der eigentliche Bedarf liegt weitaus höher. Vor diesem Hintergrund hat der Gemeinde- und
Städtebund Thüringen gefordert, dass es sachlich mehr als gerechtfertigt sei, die tatsächlichen
Ausgaben des Jahres 2010 mit einem Zuschlag zu versehen, um sich auf dieser Basis dem eigentlichen Finanzbedarf für das Jahr 2013 zu nähern.
Bei der vom Land vorgenommenen Bedarfsermittlung wird aber diesem dringenden Erfordernis nicht Rechnung getragen. Zudem wurden noch nicht einmal die tatsächlich geleisteten
Ausgaben zu Grunde gelegt, sondern entgegen den eigenen Aussagen des Landes, auf Basis der
Rechnungsstatistik die Finanzbedarfsermittlung vornehmen zu wollen, den Kommunen lediglich ein 6 %-iger Anteil an den ermittelten Zuschussbedarfen des Verwaltungshaushaltes zur
Finanzierung freiwilliger Aufgaben zugestanden.
An „freiwilligen Leistungen“ wurden im Jahre 2010 insgesamt 270 Mio. € ausgewiesen, von
denen tatsächlich für den Finanzbedarf 2013 nur ca. 150 Mio. € angerechnet wurden. Den thüringischen Kommunen wurden so allein 120 Mio. € vorenthalten.
38
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Gebot der Verteilungssymmetrie
Nach dem Gebot der Verteilungssymmetrie hätte der Gesetzgeber die Finanzmasse der Kommunen aufgrund höherer Steuereinnahmen und steuerinduzierter Einnahmen des Landes aufstocken müssen. Trotz prognostizierter Steuermehreinnahmen des Landes i.H.v. 237 Mio. € im
Jahr 2013 beträgt die Finanzmasse der Kommunen wie im Vorjahr unverändert 3.111 Mio. €.
Durch die gleichzeitig vorgenommene Berücksichtigung der für die Kommunen prognostizierten Steuermehreinnahmen erreichte das Land weitere Haushaltsverbesserungen in Höhe
von 123 Mio. €. In Summe bedeutete dies zusätzliche Finanzmittel für das Land in Höhe von
360 Mio. €, für die Kommunen 0 €. Eine Gleichbehandlung von Land und Kommunen ist für
uns in diesem Verhalten nicht erkennbar oder anders ausgedrückt: Ein partnerschaftlicher Umgang würde auch den Kommunen eine höhere Finanzmasse zugestehen.
Fortschreibung der Zuschussbedarfe auf das Jahr 2013
Sehr ausführlich beschäftigte sich das Land in der Gesetzesbegründung mit der Fortschreibung
der für das Jahr 2010 ermittelten ungedeckten Zuschussbedarfe der Kommunen je Bedarfsträger auf das Jahr 2013.
Bereich Kindertagesstätten
Die Ausgaben für den Bereich der Kindertagesstätten werden maßgeblich durch die Kinderzahlen beeinflusst. Die Landesgeschäftsstelle hat daher im Gesetzgebungsverfahren darauf gedrängt aktuelle Zahlen als Berechnungsgrundlage anzusetzen.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen konnte gegenüber dem Thüringer Finanzministerium nachweisen, dass der Bedarf für den Bereich der Kindertagesbetreuung nicht ordnungsgemäß ermittelt wurde. Dies wurde vom Thüringer Finanzministerium auch eingeräumt und eine
Neuberechnung vorgenommen. Im Gesetzentwurf werden als Grundlage die „letzten statistisch
erhobenen Zahlen aus dem Jahr 2011“ mit 83.421 Kindern verwendet. Ab dem Jahr 2012 werden die Prognosezahlen des TMBWK zugrunde gelegt, welche sich an den Geburten und den
Betreuungsquoten orientieren. Danach werden im Jahr 2013 86.815 Kinder zu betreuen sein.
Im Vergleich zu den Annahmen des Finanzministerium, das noch von 85.097 zu betreuenden
Kindern im Jahr 2013 ausging, weist die mittlerweile tatsächlich letzte statistisch erhobene Zahl
des Landesamtes für Statistik aus dem Jahr 2012 bereits 85.298 Kinder in Tageseinrichtungen
und 1.056 Kinder in Tagespflege aus. Damit wurden im Jahr 2012 insgesamt 1.877 Kinder
(2,3%) mehr betreut als im Jahr 2011. Der Anstieg ist allein auf eine höhere Betreuungsquote
bei den unter Dreijährigen zurückzuführen.
Betrachtet man die Besuchsquoten der Kinder nach Altersklassen, ist auffällig, dass – erwartungsgemäß – gerade die Altersklasse unter 2 eine überproportional hohe Steigerung von 2011
zu 2012 (9.703 Kinder) mit 8,3% (742 Kinder) erfahren hat. Das Angebot an Kindertagesplätzen für diese Altersklasse wird fortlaufend erweitert, so dass die Zahl der zu betreuenden Kinder weiter überproportional steigen wird. Im Gegensatz dazu ist die Gesamtzahl der betreuten
Kinder im Durchschnitt der letzten 5 Jahre um lediglich 1% gestiegen.
Ausgehend von einer Betreuungsquote von 65% in der Altersklasse 1-2 im Jahr 2013, wird bei
17.000 neu geborenen Kindern eine Zahl von 11.050 Kindern zu betreuen sein. Gegenüber dem
Jahr 2011 sind dies bereits 2.503 Kinder mehr. Gegenüber dem Jahr 2010 sogar 3.215 Kinder.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
39
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Hinzu kommt, dass die höhere Betreuungsquote im Alter 1-2 eine Steigerung der Betreuungsquoten der nachfolgenden Jahrgänge bewirkt.
Die Landesgeschäftsstelle hat verdeutlicht, dass sich aufgrund des im Jahr 2010 eingeführten
Rechtsanspruchs im Jahr 2013 die Altersstruktur der zu betreuenden Kinder verschiebt. Deshalb
sind für die künftig zusätzlich zu betreuenden Kinder auch höhere Personalkosten erforderlich,
als sie im Jahr 2010 für ein Kind durchschnittlich notwendig waren. Dies bedeutet einen Mehrbedarf von 10,263 Mio. € für den Bereich der Kindertagesbetreuung.
Bereich Schule
Auf Initiative des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen wurden die prognostizierten Schülerzahlen gemäß den Ausführungen der Verbandsstellungnahme vom 23. August 2012 aktualisiert und der Bedarf neu berechnet.
Nicht nachvollziehbar ist die im Sonderlastenausgleich für Schulbauten vorgesehene Reduzierung um 7,2 Mio. € auf 15 Mio. €. Seit Jahren besteht bei den Schulen ein enormer Investitionsstau, der eine Erhöhung der Investitionspauschale erfordert, keinesfalls jedoch eine
Kürzung. Hinzu kommen noch die zusätzlichen räumlichen Anforderungen an die Schulträger
aufgrund des gemeinsamen Unterrichts und der Schuleingangsphase, die weitere Investitionen
erfordern.
Fortschreibung auf Basis des Thüringer Partnerschaftsgrundsatzes ab 2013
Die Entwicklung der Finanzausgleichsmasse in den kommenden Jahren wird maßgeblich geprägt durch den neu eingeführten Thüringer Partnerschaftsgrundsatz, wie er sich aus dem neuen
§ 3 Abs. 2 S. 2 ThürFAG ergibt.
Fortan wird sich die Entwicklung der Gesamteinnahmen der Thüringer Kommunen aus Steuern
sowie den Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich im Sinne eines Thüringer Partnerschaftsmodells gleichmäßig zur Entwicklung der Gesamteinnahmen netto des Freistaates
Thüringen gestalten. Zuzüglich der Leistungen des Landes außerhalb der Leistungen des ThürFAG sowie der eigenen Steuereinnahmen ermittelt sich so die Finanzausstattung der Kommunen insgesamt. Sie beträgt für das Jahr 2013 insgesamt 3.826 Mio. € und liegt in etwa in der
Höhe des Jahres 2012.
Betrachtet man sich auf Basis des in der ursprünglichen Gesetzesbegründung zugrunde gelegten Zahlenmaterials die voraussichtliche kommunale Finanzausstattung im Jahr 2015 liegt
diese mit 3.808 Mio. € sogar noch mit 23 Mio. € unter der Finanzausstattung des Jahres 2012.
Mit Blick auf die in diesem Zeitraum steigenden Personal-, Sach- und Zweckausgaben (insbesondere im sozialen Bereich) bleibt festzustellen, dass alle Kostenaufwüchse der kommenden
Jahre zuzüglich der Mindereinnahmen von 23 Mio. € ausschließlich zu Lasten der Kommunen
gehen und ausschließlich über ein Sparen auf der Ausgabenseite finanziert werden müssen.
Dies wird von den Kommunen vor dem Hintergrund der bereits in der Vergangenheit vorgenommenen Einsparungen nicht leistbar sein.
Die derzeit noch einseitige Ausgestaltung des Thüringer Partnerschaftsgrundsatzes wird im
Weiteren bei der Betrachtung der Ausgabenseite deutlich. Gemäß § 3 Abs. 5 und 6 ThürFAG
(neu) wird im Rahmen einer kleinen Revision jährlich lediglich überprüft, ob die finanzielle
Mindestausstattung noch sichergestellt wird.
40
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Ein Unterschreiten dieser finanziellen Mindestausstattung ist allerdings wegen des äußerst geringen Volumens unwahrscheinlich. Demnach werden die Kommunen einen Anstieg des Ausgabenbedarfes in den nächsten Jahren von bis zu 20 Mio. Euro jährlich selbst tragen müssen.
Bis zur kleinen Revision nach 3 Jahren müssen die Kommunen möglicherweise insgesamt bis
zu 60 Mio. € zusätzlich finanzieren, obwohl ihnen zumindest bis zum Jahr 2015 nur eine um
23 Mio. € niedrigere Finanzausstattung zur Verfügung steht.
Die Landesgeschäftsstelle erwartet allein im Bereich der Fortschreibung des ungedeckten Bedarfes bei der Sozialhilfe einen fortlaufenden Anstieg der Kosten von über 10 Mio. Euro jährlich.
Aufgrund der zu erwartenden Kostensteigerungen über die in § 3 Abs. 6 ThürFAG (neu) eingeführte Bagatellgrenze hinaus, werden erneut jährlich Verhandlungen zwischen Land und
Kommunen notwendig. Ziel der Neuregelungen war es, auf die jährlichen Verhandlungen zu
verzichten. Die Landesgeschäftsstelle hat daher vorgeschlagen einen gesetzlichen Automatismus in § 3 Abs. 5 ThürFAG einzufügen, der nicht die Veränderung der Mindestausstattung
im Rahmen der kleinen Revision, sondern die automatisierte Anpassung der angemessenen
Finanzausstattung nach den vorgesehenen Parametern regelt.
Berechnung der Steuerkraftzahlen gemäß § 10 Abs. 3 ThürFAG
Bis zum Haushaltsjahr 2007 wurde für die Berechnung der Steuerkraftzahlen das Ist-Aufkommen des vorvergangenen Jahres zu Grunde gelegt. Dieses Verfahren ist in der Vergangenheit
von den Gemeinden und Städten des Freistaates Thüringen nicht selten kritisiert worden.
Die Kommunen im Freistaat Thüringen haben immer wieder beklagt, dass bei einer auftretenden Finanzschwäche durch Ausfall von Steuereinnahmen der Finanzausgleich nicht zeitnah,
sondern erst zeitverzögert greifen würde. Im umgekehrten Fall, also bei wesentlichen Steuermehreinnahmen, die sich zudem noch mit höheren Schlüsselzuweisungen kumulieren konnten,
gestalteten sich die Einnahmen überdurchschnittlich günstig.
Zur Vermeidung der teils erheblichen Einnahmeschwankungen wurde daher ab dem Jahre 2008
die durchschnittliche Steuerkraft in Form eines 3-Jahres-Durchschnitts zugrunde gelegt.
Nach den ursprünglichen Überlegungen sollte dieser 3-Jahres-Durchschnitt erneut modifiziert
und wieder auf einen 1-Jahres-Zeitraum umgestellt werden. Die Landesgeschäftsstelle hat hierbei betont, dass die Umstellungsphase auf den 3-Jahres-Zeitraum gerade abgeschlossen war
und sich daher keinesfalls eine erneute Umstellungsphase mit wiederum auftretenden deutlichen Verwerfungen anschließen sollte.
Auf Forderung des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen wurde für die Berechnung der
Steuerkraftzahlen der 3-Jahres-Zeitraum beibehalten.
Einbeziehung des Familienleistungsausgleiches in die Schlüsselzuweisungen
Der Familienleistungsausgleich wurde mit der Reform des Kindergeldes im Jahr 1996 eingeführt, um das daraus resultierende sinkende Einkommensteueraufkommen der Kommunen
auszugleichen. Konsequenterweise wurden diese Leistungen mittels der Schlüsselzahlen beim
Gemeindeanteil an der Einkommensteuer ausgezahlt. Nunmehr wurden diese Leistungen in die
Schlüsselzuweisungen überführt mit der Folge, dass diese Ausgleichszahlungen für konkrete
Verluste bei der Einkommensteuer steuerkraftbezogen ausgezahlt werden; die ursprünglich beGeschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
41
Finanzen und Kommunalwirtschaft
absichtigte Kompensation der Einnahmenausfälle beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer wird somit nicht mehr erzielt.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat die Einbeziehung der 64 Mio. € in die Schlüsselzuweisungen abgelehnt .
Mehrbelastungsausgleich gem. § 23 ThürFAG
Mit der Einführung des § 23 ThürFAG hat das Land eine pauschalierte Aufwandserstattung
für Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis ins Thüringer Finanzausgleichsgesetz aufgenommen. Die bisherigen Regelungen und Erstattungen nach der Verordnung über die Auftragskostenpauschale wurden zu Pauschalen zusammengefasst.
Die Landesgeschäftsstelle konnte erreichen, dass durch diese Ausgestaltung des Mehrbelastungsausgleiches die Erstattungsbeträge für den kreisangehörigen Raum (Verwaltungsgemeinschaften, erfüllende Gemeinde und sonstige selbstständige Gemeinde) verdoppelt wurden.
Die Landesgeschäftsstelle hat zudem vorgeschlagen, den Gesamtbetrag des Mehrbelastungsausgleiches anzuheben und eine zusätzliche Gruppe für kreisangehörige Städte, die zusätzliche
Aufgaben wahrnehmen, einzuführen. Damit wäre der Zielstellung des Thüringer Finanzministers Rechnung getragen, die finanziellen Leistungen des Landes zielgenauer dort ankommen
zu lassen, wo die Aufgaben auch erfüllt werden. Dieser Vorschlag wurde leider nicht berücksichtigt.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die Pauschalierung des Mehrbelastungsausgleichs
aus Sicht des Landes die effizientere Variante zur Erstattung der Kosten für übertragene Aufgaben darstellt. Die bisherige aufgabenbezogene Ausreichung der Auftragskostenpauschale ermöglichte jedoch eine wesentlich zielgenauere Verteilung.
Anrechnung fiktiver Steuereinnahmen
Hinsichtlich der Anrechnung fiktiver Steuereinnahmen hat die Landesgeschäftsstelle die Kritik
der vergangenen Jahre aufrecht erhalten. Nach wie vor bestehen wirtschaftlich strukturelle Unterschiede zwischen Ost und West, wobei einzelne Abgabearten nicht für sich betrachtet werden
dürfen, sondern die Abgabenbelastung insgesamt und in Relation zum Verfügung stehenden
Einkommen der Bürgerinnen und Bürger gesehen werden muss.
Im Weiteren wurde kritisiert, dass sich die durchschnittlichen Hebesätze an den Größenverhältnissen der Kommunen orientieren müssten. Thüringen ist überwiegend sehr kleinteilig geprägt
und sollte sich demnach bundesweit ausschließlich an diesen Größenordnungen orientieren.
Kindertagesstättenfinanzierung
Mit der Reform des kommunalen Finanzausgleichs sollen die Finanzleistungen des Landes aufgaben- und bedarfsgerechter, zielgenauer und treffsicherer dort ankommen, wo die Aufgaben
erfüllt werden. Dieses Ziel wurde und wird für die Kindertagesstättenfinanzierung nach wie vor
nicht erreicht. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat seit der Reform des Kindertagesstättengesetzes und der damit verbundenen Neustrukturierung der Finanzierung stets kritisiert,
dass die gewährten Landeszuschüsse nur mit einem Teilbetrag an die Kommunen zweckgebunden ausgereicht werden, der verbleibende Restbetrag hingegen aus den Schlüsselzuweisungen
finanziert werden muss.
42
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Die Landesgeschäftsstelle hat erneut betont, dass die Kommunen auch in den kommenden Jahren nicht umhin kommen, die Beteiligung der Eltern weiter zu erhöhen.
Einrichtung eines „Garantiefonds“
Die strukturellen Änderungen des Finanzausgleichssystems hatten tiefgreifende Konsequenzen
für die Finanzausstattung einzelnen Kommunen.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat daher die Bildung eines Ausgleichsfonds für die
Gemeinden gefordert, die durch die Systemumstellung niedrigere Zuweisungen erhalten, um
diesen Kommunen übergangsweise einen Ersatz für ihre Verluste zu gewähren.
Nach den ersten Vorstellungen des Thüringer Finanzministeriums sollten Garantiefondsleistungen i.H.v. lediglich 20 Mio. € für das Jahr 2013 zur Verfügung gestellt werden.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen konnte im Rahmen des Gesetzgebungsverfahren die
Ausdehnung des vorgesehenen Garantiefonds bis zum Jahr 2017 erwirken. In diesem Rahmen
wurde die kommunale Finanzausstattung für das Jahr 2013 gegenüber dem Gesetzentwurf der
Thüringer Landesregierung um insgesamt 68 Mio. € angehoben.
Einschließlich der auf Forderung des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen bereits auf
30 Mio. € aufgestockten Anpassungshilfen für 2013 stehen den Kommunen somit außerhalb
der Finanzausgleichsmasse 98 Mio. € mehr zur Verfügung.
Der bis zum Jahr 2017 vorgesehene Garantiefonds ist degressiv gestaltet: 2013 = 98 Mio. €,
2014 = 80 Mio. €, 2015 = 55 Mio. €, 2016 = 45 Mio. €, 2017 = 35 Mio. €. Demnach werden
den Kommunen in Summe 313 Mio. € im Garantiefonds bis zum Jahr 2017 zur Verfügung gestellt.
Beschluss
Der Thüringer Landtag hat in seiner Sitzung am 25. Januar 2013 das Thüringer Gesetzes zur
Änderung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen mehrheitlich beschlossen. Gegenüber dem Gesetzentwurf der Landesregierung wurden die finanziellen Mittel aufgrund der vielfältigen Aktionen des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen sowie des politischen Drucks der kommunalen Ebene deutlich erhöht. Berücksichtigt man die Mittel aus
dem Garantiefonds sowie die zusätzlichen Finanzmittel für die Schulsozialarbeit von 3 Mio. €
und den Kulturlastenausgleich in Höhe von 9 Mio. € wurde der Forderung des Gemeinde- und
Städtebundes Thüringen Rechnung getragen und die kommunale Finanzausstattung für das Jahr
2013 um einen dreistelligen Millionenbetrag gegenüber dem ersten Referentenentwurf aufgestockt. Gleichwohl reichen die Finanzmittelnicht aus und wir werden insbesondere im Rahmen
der Evaluierung massiv auf eine Verbesserung der Ausstattung drängen.
Verfassungsbeschwerde gegen die Finanzausgleichsumlage
Mit dem Thüringer Finanzausgleichsgesetz 2012 hat sich der Freistaat Thüringen für die Einführung einer Finanzausgleichsumlage von besonders finanzkräftigen, sogenannten „abundanten“ Gemeinden, entschieden.
Von den betroffenen 51 Gemeinden haben 50 Gemeinden Klage gegen den ergangenen Bescheid des Thüringer Finanzministeriums beim jeweils zuständigen Verwaltungsgericht erhoben. Daneben haben drei Kommunen stellvertretend Beschwerde beim Thüringer Verfassungsgerichtshof eingelegt.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
43
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Im Frühjahr 2013 wurde die Landesgeschäftsstelle vom Thüringer Finanzministerium über die
Neufestsetzung der Finanzausgleichsumlage 2012 informiert. Auf Grundlage des neu eingefügten § 29 Abs. 4 Thüringer Finanzausgleichsgesetz (ThürFAG) wurden die Bescheide zur
Finanzausgleichsumlage des Jahres 2012 von Amts wegen durch Änderungsbescheide ersetzt.
Hierdurch wurden 33 der betroffenen Kommunen um rund 5,3 Millionen Euro im Vergleich zur
ursprünglichen Berechnung des Finanzausgleichsgesetzes 2012 entlastet sowie 10 Kommunen vollständig von den Zahlungen der Finanzausgleichsumlage befreit. Keine der Kommunen
wurde im Vergleich zum Finanzausgleichsgesetz 2012 schlechter gestellt.
Grundlage für die Neufestsetzung bildet die durchschnittliche Steuerkraft der Gemeinden der
Jahre 2009 bis 2011. Nach den ursprünglichen Planungen sollte die Steuerkraft der Jahre 2008
bis 2010 zugrunde gelegt werden.
Gegen die neuen Bescheide wurden erneut Klagen bei den zuständigen Verwaltungsgerichten
sowie Verfassungsbeschwerde eingereicht.
Reform des Thüringer Gemeindehaushalts- und Rechnungswesens:
Doppik in Thüringen
Seit nunmehr 4 Jahren haben die Kommunen im Freistaat Thüringen die Möglichkeit, ihr Haushalts- und Rechnungswesen auf die Doppik umzustellen. Aktuell werden 42 Haushalte nach
den Regeln des Neuen Kommunalen Finanzwesens geführt. Der Gemeinde- und Städtebund
Thüringen hat es sich gemeinsam mit dem Thüringischen Landkreistag und dem Thüringer
Innenministerium zur Aufgabe gemacht, die thüringischen Kommunen während des Umstellungsprozesses auf die kommunale Doppik zu begleiten und zu unterstützen.
Die Landesgeschäftsstelle hat eine NKF-Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich für eine stufenweise Erarbeitung von Richtlinien und Dienstanweisungen zur Unterstützung der Kommunen
bei der Einführung der Doppik verständigt hat. Für die fachliche Unterstützung steht hierbei
nach wie vor die Mittelrheinische Treuhand GmbH zur Verfügung.
Unseren reforminteressierten Mitgliedern steht ein umfangreiches Fortbildungsangebot im Bereich Doppik zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit der Kommunalen Dienstleistungs-Gesellschaft Thüringen und der Mittelrheinischen Treuhand wurde das Fortbildungsprogramm,
das neben Zertifikatslehrgängen auch mehrtägige Seminare zu ausgewählten Themenbereichen
anbietet, weiterentwickelt.
Die Landesgeschäftsstelle hat im Weiteren eine Softwarelösung zur Erfassung und Bewertung
des kommunalen Vermögens erworben; dieses Programm, wird als besonderer Service auf Anfrage allen interessierten Mitgliedskommunen kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Weiterführende Informationen zum Projekt sowie aktuelle Gesetzes- und Verordnungstexte,
Richtlinien und Arbeitshilfen werden unter www.nkf-thuer.de zur Verfügung gestellt.
Personal der Gemeinden und Gemeindeverbände in Thüringen
Das Thüringer Landesamt für Statistik informiert jährlich über die Personalentwicklung im
öffentlichen Dienst. Gesetzliche Grundlage für die jährlich am 30. Juni durchzuführende Personalstandstatistik ist das Gesetz über die Statistiken der öffentlichen Finanzen und des Personals im öffentlichen Dienst in der Fassung der Bekanntmachung vom 08. März 2000 (BGBl. I
S. 206).
44
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Zum Personal-Ist-Bestand zählen alle Beschäftigten, die am 30. Juni in einem unmittelbaren
Dienst- bzw. Arbeitsvertragsverhältnis zu einer auskunftspflichtigen Dienststelle stehen und
in der Regel Gehalt, Vergütung oder Lohn aus Haushaltsmitteln der Berichtsstelle beziehen.
Hierzu gehören die Dauerbeschäftigten, die Beschäftigten in Ausbildung, mit Zeitvertrag sowie
nach §§ 260 ff. Arbeitsförderungs-Reformgesetz.
Für die Gemeinden und Gemeindeverbände ergibt sich zum 30. Juni 2012 folgendes Bild:
Personal der Gemeinden und Gemeindeverbände
Körperschaftsgruppe
Gemeindegrößenklasse
2011
Beschäftigte
insgesamt
2012
Vollzeitbe- Teilzeitbe- Beschäfschäftigte schäftigte tigte
insgesamt
Vollzeitbe- Teilzeitbeschäftigte schäftigte
Kreisfreie Städte
unter
50.000 Einw.
50.000 –
100.000 Einw.
100.000 –
200.000 Einw.
200.000 –
500.000 Einw.
Zusammen
1 132
758
374
1 258
903
355
2 293
1 132
1 161
2 247
1 121
1 126
2 034
1 390
644
2 087
1 445
642
3 966
2 697
1 269
4 008
2 746
1 262
9 425
5 977
3 448
9 600
6 215
3 385
1 564
662
902
1 466
636
830
2 385
1 234
1 151
2 459
1 234
1 225
2 185
1 078
1 107
1 981
967
1 014
1 940
1 066
874
2 109
1 135
974
2 058
1 176
882
2 063
1 179
884
4 035
2 459
1 579
4 009
2 420
1 589
14 167
1 831
7 675
818
6 492
1 013
14 087
1 749
7 571
763
6 516
986
9 969
5 446
4 523
10 058
5 431
4 627
35 392
19 916
15 476
35 494
19 980
15 514
Kreisangehörige Gemeinden
unter
1.000 Einw.
1.000 – 3.000
Einw.
3.000 – 5.000
Einw.
5.000 – 10.000
Einw.
10.000 – 20.000
Einw.
20.000 – 50.000
Einw.
Zusammen
Verwaltungsgemeinschaften
Landkreise
Gemeinden/
Gemeindeverbände insgesamt
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
45
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Im Jahr 2012 erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten der Gemeinden und Gemeindeverbände
um 102 auf nunmehr 35.494. Die Personalausgaben stiegen, u.a. bedingt durch weitere tarifliche Anpassungen im Vergleich zum Vorjahr um 45,2 Millionen Euro.
Im Vergleich zu 1992 bleibt festzuhalten, dass das Personal von ehemals 106.667 Beschäftigten
um etwa 66,7 % auf nunmehr 35.494 gesunken ist. Während die Zahl der Teilbeschäftigten von
12.751 auf 15.514 angestiegen ist, sank die Zahl der Vollbeschäftigten von ehemals 93.916 um
78,7 % auf 19.980.
Novellierung Thüringer Kommunalabgabengesetz
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 5. März 2013 (Az.: 1 BvR 2457/08)
entschieden, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach der Erlangung
des Vorteils festgesetzt werden dürfen. Der Gesetzgeber hat demnach, für einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an der Beitragserhebung und dem Interesse des Beitragsschuldners an Klarheit über seine Inanspruchnahme zu sorgen.
Im Verfahren wurde eine Vorschrift des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes für unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit erklärt, da diese das
Interesse des Beitragsschuldners an einer zeitlichen Grenze für die Abgabenerhebung völlig
unberücksichtigt lässt. Der Freistaat Bayern ist nunmehr gehalten, bis 1. April 2014 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu schaffen. Analog zu den bayerischen Regelungen im Kommunalabgabengesetz beträgt die Frist, in der kommunale Beiträge festgesetzt werden dürfen,
auch im thüringischen Landesrecht, vier Jahre. Im Regelfall beginnt diese Frist mit dem Ablauf
des Jahres, in dem die Beitragspflicht entstanden ist. Das Bayerische Kommunalabgabengesetz
verweist in diesem Zusammenhang auf die Abgabenordnung des Bundes. Im Falle der Ungültigkeit einer Beitragssatzung trifft Artikel 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc
Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes jedoch eine Sonderregelung: In
diesem Fall beginnt die Frist erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die gültige Satzung
bekannt gemacht worden ist.
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verstößt die genannte Vorschrift gegen Art.
2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit als wesentlichem Bestandteil
des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips in seiner Ausprägung als Gebot der
Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit. Der erforderliche Ausgleich zwischen Rechtssicherheit auf der einen Seite und Rechtsrichtigkeit und Fiskalinteresse auf der anderen Seite wird
damit verfehlt. Indem der Gesetzgeber den Verjährungsbeginn ohne zeitliche Obergrenze nach
hinten verschiebt, lässt er die berechtigte Erwartung des Bürgers darauf, eine gewisse Zeit nach
Entstehen der Vorteilslage nicht mehr mit der Festsetzung des Beitrages rechnen zu müssen
gänzlich unberücksichtigt.
Der Thüringer Gesetzgeber hat in § 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG) eine der bayerischen Regelung
vergleichbare Vorschrift aufgenommen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
dürfte daher auch auf das Thüringer Landesrecht übertragbar sein.
Der Landesgeschäftsstelle wurde bereits durch das Thüringer Innenministerium der Entwurf
für ein achtes Gesetz zur Änderung des ThürKAG zur Stellungnahme übersandt. Über den weiteren Verlauf wird die Landesgeschäftsstelle im nächsten Geschäftsbericht informieren.
46
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Energiewende: Sachstand auf Bundesebene und in Thüringen
Deutschland hat sich entschlossen, seine Energieversorgung grundlegend umzubauen. 2050
soll sich der Stromverbrauch in Deutschland zu 80 Prozent aus erneuerbarer Energie decken
und es soll nur noch halb so viel Energie benötigt werden wie im Jahr 2008. Bereits 2022 soll
das letzte Kernkraftwerk vom Netz gehen. Schritt für Schritt werden nun die Beschlüsse der
Bundesregierung zur Energiewende vom September 2010 und vom Juni 2011 umgesetzt.
1.
Aktueller Stand - Bundesebene
Zwischen 2010 und 2012 ist der Anteil der Erneuerbaren Energien von 17 auf 23 % der Bruttostromerzeugung gestiegen. Geht der Zubau in dieser Geschwindigkeit weiter voran, ist bereits
für das Jahr 2016 mit dem Erreichen des Ausbauzieles, den Strombedarf bis 2020 zu 35 % aus
Erneuerbaren Energien zu decken, zu rechnen.
Im Fokus auf Bundesebene standen im vergangenen Jahr neben Maßnahmen zum weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien auch die Netzplanung im Bereich der Hoch- und Höchstspannungsebene, welche schließlich im Dezember 2012 in Form des Bundesbedarfsplangesetzes
2012 auf eine verbindliche Grundlage gestellt wurde.
Die, insbesondere durch die Erhöhung der EEG-Umlage von 3,6 Cent/kWh auf 5,3 Cent/kWh,
ausgelöste Strompreisdebatte konnte bislang keiner Lösung zugeführt werden. Die von Bundesumwelt – und Bundeswirtschaftsminister vorgeschlagene Strompreisbremse stieß bei den Ländern auf Kritik, da eine rückwirkende Förderungskürzung bereits gebauter Solar- oder Windkraftanlagen vorgesehen war. Eine Senkung der Stromsteuer wurde von der Bundesregierung
abgelehnt. Aktuell wird über eine mögliche Neugestaltung des Energiemarktdesigns diskutiert.
Im Übrigen hat die Bundesregierung als Maßnahme aus den Energiegipfeln verschiedene Beteiligungsforen, beispielsweise Steuerungskreise der Staatssekretäre, Plattformen zu den Themen „Erneuerbare Energien“ und „Zukunftsfähige Energienetze“, geschaffen, um auf diesem
Weg mit allen wichtigen Akteuren der Energiewende Lösungen für unterschiedliche Fragen zu
diskutieren. Ziel ist eine koordinierte Umsetzung des Großprojektes Energiewende.
2.
Aktueller Stand - Thüringen
Das Energiekonzept der Landesregierung wurde mit dem Eckpunktepapier „Neue Energie für
Thüringen“ formuliert. Danach soll der Anteil der erneuerbaren Energien am Nettostromverbrauch bis 2020 auf 45 % und der Anteil am Endenergieverbrauch auf 30 % steigen. Im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie wurden weitere energiepolitisch relevante Ziele vereinbart.
So soll der energiebedingte CO2-Ausstoß bis 2020 im Vergleich zu 2010 um 10 % gesenkt und
die Energieproduktivität bis 2020 im Vergleich zu 2010 um 20 % gesteigert werden. 2010 lag
der Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch bei 18,7 %, wobei ein der überwiegende Teil aus Biomasse resultierte. Der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch
beträgt 23,2 % und am Wärmeverbrauch 23,6 %. Im Strombereich wird ca. die Hälfte des erneuerbaren Stromverbrauchs aus Biomasse erzeugt, 36 % kommen aus Windenergie und 11 %
aus der Photovoltaik.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
47
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Sechstes Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung
Thüringer Gemeinden und Städte sind nicht nur im Rahmen des Übertragungsnetzausbaus oder
der Erschließung neuer Speichermöglichkeiten, sondern auch als Standorte von Firmen, die in
der Solarbranche tätig sind, von der Energiewende betroffen. Teilweise treten sie auch selber
als Akteure am wachsenden Markt der Erzeugung von Energie aus regenerativen Quellen auf.
Um den Städten und Gemeinden in Thüringen zukünftig die Betätigung als Akteure im Bereich
der erneuerbaren Energien zu erleichtern, haben die Fraktionen der CDU und der SPD im März
2013 ein Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung und anderer Gesetze in den
Landtag eingebracht (LT-Drucksache 5/5829). Im Rahmen des durch den Innenausschuss des
Thüringer Landtags eingeleiteten schriftlichen Anhörungsverfahrens hat sich der Gemeindeund Städtebund Thüringen durch eine Stellungnahme, welche die kommunalen Belange darstellt, in das laufende Gesetzgebungsverfahren eingebracht.
Inhaltlich war der Gesetzentwurf in seiner Entstehung maßgeblich mit dem durch das TMWAT
im Frühjahr 2012 in die Diskussion gebrachten Thema der Erweiterung kommunalwirtschaftlicher Betätigungsmöglichkeiten für die Gemeinden verbunden.
Die geplanten Änderungen bei den wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten beziehen sich
auf das „Gebiet der Erzeugung, Speicherung und Einspeisung erneuerbarer Energien sowie
der Verteilung hieraus gewonnener thermischer Energie“. Für diesen Bereich soll in Zukunft
der sog. Subsidiaritätsgrundsatz nicht mehr gelten, d. h. dass ein Tätigwerden auch dann möglich ist, wenn der Zweck ebenso gut und wirtschaftlich durch einen anderen erfüllt wird oder
erfüllt werden kann. Mit Blick auf die sonstigen Änderungen im Bereich des Kommunalwirtschaftsrechts wurde in § 73 ThürKO durch die geplante Aufhebung der bisherigen Nr. 2 in
Absatz 1 festgelegt, dass kein Vorrang der öffentlichen Rechtsform, insbesondere des Eigenbetriebs, mehr bestehen soll.
Mit dem Gesetzentwurf soll in Thüringen zugunsten der kommunalen Gebietskörperschaften
erstmals die Möglichkeit geschaffen werden, sich generell – d.h. nicht nur in bestimmten, fachgesetzlich vorgegebenen Bereichen – zu ihrer Aufgabenerfüllung der Rechtsform der Anstalt
des öffentlichen Rechts (AöR) zu bedienen. Auch eine gemeinsame kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts soll durch entsprechende Änderungen des Thüringer Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit (ThürKGG) eingeführt werden.
In seiner Stellungnahme hat der Gemeinde- und Städtebund Thüringen folgendes anmerkt: Die
Gründung kommunaler Anstalten ist maßgeblich abhängig von den geänderten steuerlichen
Gesichtspunkten, die derzeit vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf Bundesebene beraten werden. Die erzielten Ergebnisse werden auf jeden Fall
maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung der einzelnen Kommune haben, überhaupt eine
kommunale Anstalt zu gründen. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat daher ausdrücklich an das Land appelliert, sich im Kontext der aktuellen Diskussion zur Besteuerung von
Beistandsleistungen für eine kommunalfreundliche Lösung einzusetzen.
Mit einer Ergänzung des § 63 Abs. 2 ThürKO soll hinsichtlich sog. „rentierlicher“ Kredite
klargestellt werden, dass eine entsprechende Kreditaufnahme für eine wirtschaftliche Betätigung zum Zweck der Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien zulässig ist. Im Rahmen
seiner Stellungnahme hat der Gemeinde- und Städtebund Thüringen sich gegenüber dem Innenausschuss dafür eingesetzt, dass auch Zuweisungen des Landes, bspw. für die Sanierung von
48
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Schulen – Schulinvestitionspauschale – oder für die Kindertageseinrichtungen – Zuweisungen
nach § 21 ThürKitaG-, ggf. für zweckgebundene Kreditaufnahmen und die daraus zu leistenden
Zins- und Tilgungsleistungen einsetzen zu können.
Zahlreiche Forderungen aus der Stellungnahme des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
haben im weiteren Gesetzgebungsverfahren, insbesondere in den Änderungsanträgen, Berücksichtigung gefunden.
Thüringer Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz
Die SPD-Fraktion im Thüringer Landtag stellte im 1. Quartal 2013 ein Gesetz zum Einsatz
Erneuerbarer Energien und zur effizienten Wärmenutzung in Gebäuden im Freistaat Thüringen
– kurz: Thüringer Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz – ThEEWärmeG – vor.
Der Entwurf des Gesetzes in seiner jetzigen Fassung bezweckt, den Anteil der Erneuerbaren
Energien an der Wärmeversorgung der Bestandsgebäude im Freistaat Thüringen sowie deren
Energieeffizienz maßgeblich zu steigern und die hierfür notwendigen Technologien weiter auszubauen. Um diese Ziele zu erreichen, enthält der Gesetzentwurf einen ganzen Katalog an
Maßnahmen, die vor allem die Kommunen, aber auch Eigentümer von Wohngebäuden und
Nichtwohngebäuden in die Pflicht nehmen.
Die Betroffenheit der Thüringer Städte und Gemeinden ergibt sich in vielfacher Hinsicht. Zum
einen sollen alle Gemeinden mit mehr als 3.000 Einwohnern verpflichtet werden innerhalb
einer Frist von zwei bzw. vier Jahren eine umfassende kommunale Wärmeanalyse und -strategie zu erstellen. Hierzu sollen die Gemeinden, die in ihrem Gebiet anfallenden Wärmeenergiebedarfe und -quellen sowie die Potentiale für die Nutzung Erneuerbarer Energien und die
Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden systematisch und qualifiziert
erfassen und Prognosen für die Bedarfsentwicklung erarbeiten. Ohne jedoch die gleichzeitige
Regelung der Kostenübernahme können aus Sicht des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
diese Vorschriften nicht akzeptiert werden. Dies hat der Gemeinde- und Städtebund Thüringen
auch in seiner Stellungnahme deutlich gemacht.
Ebenfalls, aufgrund fehlender Kostenübernahmeregelungen, nicht akzeptiert werden können
sog. Gebäudebezogene Sanierungsfahrpläne sowie deren schrittweise Umsetzung. Der Sanierungsfahrplan ist durch Sachkundige, bspw. einen Architekten, aufzustellen. Jedes öffentliche
Gebäude, das vor 2008 errichtet wurde, ist davon betroffen, ohne dass auch nur eine mögliche
Förderung durch das Land in Aussicht gestellt wird.
Auch hier setzt sich der Gemeinde- und Städtebund Thüringen dafür ein, dass anstelle von Verpflichtungen auch Alternativen für die energetische Sanierung des Gebäudebestandes in Betracht gezogen werden, beispielsweise über Steuererleichterungen sowie über direkte finanzielle Unterstützung.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat in seiner Stellungnahme angeregt, anstelle von
Sanktionen und Verpflichtungen auf Anreize und freiwillige Maßnahmen zu setzen. Durch die
Umsetzung des Entwurfes und die Einführung von Nutzungspflichten und Abgaben sieht der
Gemeinde- und Städtebund Thüringen die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung als
gefährdet an.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
49
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Daher wird sich der Gemeinde- und Städtebund Thüringen auch in den weiteren Gesprächen,
die diesen Entwurf betreffen, dafür einsetzen, dass ein ordnungspolitischer Rahmen entsteht,
der möglichst viel Wettbewerb auf der Basis freiwilligen Handelns ermöglicht.
3.
Ergänzung und Fortführung der Darstellung aus dem Geschäftsbericht 2011/2012
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien
Mit der EEG-Novelle aus dem Jahr 2012 sollten die Vergütungsbestimmungen für Solarenergie
mit Wirkung ab dem 01.04.2012 erheblich modifiziert werden. Die Gesetzesänderung wurde
bereits im Vorfeld stark kritisiert, da aufgrund der kurzfristigen und rückwirkenden Reduzierung der Einspeisevergütung zahlreiche Investitionen, darunter auch viele kommunale Projekte,
deren Planung bereits weit fortgeschritten, in Frage gestellt wurden.
Bereits im Februar 2012 hatten sich der Bundesumweltminister und der Bundeswirtschaftsminister auf ein Ergebnispapier als Vorschlag für eine gemeinsame Position der Bundesregierung
u. a. zu geplanten Änderungen am EEG 2012, insbesondere der Photovoltaikvergütung, verständigt. Dieses Ergebnispapier mündete am 06.03.2012 in der Vorlage eines Gesetzesentwurfes
„Zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren
Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien“ der Regierungsfraktionen im Bundestag.
Nachdem am 29.03.2012 der Bundestag in 2. und 3. Lesung den Gesetzesentwurf mit Änderungen beschlossen hatte, wurde der Entwurf des zustimmungspflichtigen Gesetzes an den Bundesrat weitergeleitet. Das Bundesumweltministerium hatte es vorab unterlassen, eine Verbändeanhörung durchzuführen.
Der Bundesrat hatte in seiner Sitzung am 11.05.2012 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf den
Vermittlungsausschuss mit dem Ziel der grundlegenden Überarbeitung des Gesetzes anzurufen.
Dieser hatte in seiner Sitzung vom 27.06.2012 einen Einigungsvorschlag für das „Gesetz zur
Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien“ gefunden, in dem er einige Änderungen des vom
Bundestag beschlossenen Gesetzes vorgeschlagen hat.
Das „Gesetz zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu
weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien“ ist mit den vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagenen Änderungen zustande gekommen. Der Bundestag hat am 28.06.2012
die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses angenommen und der Bundesrat hat am
29.06.2012 beschlossen, keinen Einspruch gegen den Beschluss des Bundestages einzulegen.
Das „Gesetz zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu
weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien“ (sog. PV-Novelle des EEG 2012)
vom 17. August 2012 ist am 23. August 2012 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und
rückwirkend zum 1. April 2012 in Kraft getreten (Ausnahmen: §§ 27 a, b und § 37 Abs. 3, 4
EEG 2012 sind bereits rückwirkend zum 1. Januar in Kraft getreten). Die zuvor befürchteten
Maßnahmen wurden im Gesetz nicht vollständig umgesetzt. So wurde beispielsweise für Freiflächen Vertrauensschutz gewährt. Für diese gelten die alten Vergütungssätze weiter, wenn vor
dem 01.03.2012 ein Planungsverfahren begonnen wurde und die Anlage bis zum 30. Juni 2012
technisch in Betrieb genommen wurde.
50
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG)
Mit dem NABEG wird die Zuständigkeit für die Bedarfsplanung und die Fachplanung auf die
Bundesnetzagentur übertragen und führt damit zu einer Kompetenzverlagerung vom Land auf
die Bundesebene. Bei Höchstspannungsleitungen von grenzüberschreitender oder länderübergreifender Bedeutung kann außerdem durch eine Verordnung die Zuständigkeit für das Planfeststellungsverfahren auf die Bundesnetzagentur übertragen werden. Eine solche Verordnung
bedarf jedoch der Zustimmung des Bundesrates. Die kommunalen Spitzenverbände vertreten
hier die Auffassung, dass eine Verfahrensbeschleunigung und die angestrebte Verbesserung der
Bürgerbeteiligung durch die Netzagentur nur dann gewährleistet werden kann, wenn sie die
Kommunen als Planungsträger und bürgernächste staatliche Ebene in den Netzausbau einbezieht.
Gemäß einer weiteren Regelung, die allerdings nicht direkt im NABEG verankert wurde, können die Netzbetreiber – freiwillige – Ausgleichszahlungen an betroffene Gemeinden bis zu einer
Höhe von 40.000 Euro pro Kilometer als Netzbetriebskosten in Rechnung stellen (§ 5 Abs. 4
StromNEV). Aus kommunaler Sicht ist hieran zu kritisieren, dass Ausgleichszahlungen in das
freie Ermessen des Netzbetreibers gestellt sind. Zudem erscheint fraglich, ob durch eine Einmalzahlung die dauerhafte Akzeptanz erzielt werden kann. Durch eine kontinuierliche Beteiligung der von einem Neubau betroffenen Gemeinden an der Wertschöpfung aus dem Netzbetrieb könnte eine solche, aus Sicht des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen, eher erzielt
werden.
Netzentgelte – Gerechtere Kostenverteilung
Die Anforderungen an das deutsche Stromübertragungssystem haben sich gewandelt. Bislang
wurde der Strom in Großkraftwerken erzeugt, in die Höchst- und Hochspannungsebene eingespeist und über die Verteilnetze an den Endkunden weitergegeben.
Aufgrund der durch die Bundesregierung 2011 beschlossenen Energiewende wird der Strom
in Deutschland zunehmend dezentral aus erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung
gewonnen und auf der Verteilnetzebene bereitgestellt. Dies führt dazu, dass die Kapazität der
Verteilnetze vielerorts nicht mehr ausreicht, um überschüssig erzeugten Strom aus erneuerbaren
Energien abzutransportieren. Ein bedarfsgerechter Ausbau der Netzinfrastruktur ist notwendig,
um auch künftig Netzstabilität und Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Darüber hinaus besteht in den Bundesländern, die sich besonders für den Ausbau der erneuerbaren Energien einsetzen, ein erheblicher Zuwachs an Einspeiseleitungen, für die seitens der
Netzbetreiber auch ein weiterer Netzausbau erforderlich ist. Dies bestätigt auch die Verteilnetzstudie der Deutschen Energie-Agentur (Dena), welche zu dem Ergebnis kommt, dass bis
2030 mit einem Investitionsvolumen von bis zu 42 Mrd. Euro 214.000 km Leitungen aus- und
umgebaut werden müssen.
Die in den Netzausbau erfolgten Investitionen werden auf die Netzentgelte umgelegt und führen
als Preisbestandteil des Strompreises zu einer weiteren Steigerung der Stromrechnungen beim
Endkunden. Da der Netzausbaubedarf regional sehr unterschiedlich ist, führt dies zu einem
regional unterschiedlichen Anstieg der Netzkosten und damit der Netzentgelte.
Unabhängig von den reinen Kosten des Netzausbaus belasten weitere EEG-bedingte Folgekosten die regionalen Netzentgelte. Hierunter fallen bspw. Kosten des Einspeisemanagements,
Ausgleichsenergiekosten und Kosten für sog. vermiedene Netzentgelte.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
51
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in Regionen, die den Ausbau der erneuerbaren
Energien in besonders engagiertem Tempo vorantreiben, die Netzentgelte höher sind als in
anderen Regionen.
Der ungleiche Verteilungseffekt wird zusätzlich durch die demografische Entwicklung verstärkt. Lassen sich die Netzentgelte auf weniger Letztverbraucher umlegen, so steigt der Preis
für den Einzelnen. Besonders betroffen sind hiervon die neuen Bundesländer. Hier treffen Regionen mit einem hohen Anteil an Anlagen zur Energieerzeugung aus regenerativen Quellen
auf sinkende Bevölkerungszahlen. Die so steigenden Energiekosten werden für diese Regionen
zum Standortnachteil.
Bereits in der Vergangenheit haben verschiedene Bundesländer, so bspw. Thüringen und Brandenburg, versucht über Bundesratsinitiativen eine gerechtere Kostenverteilung dieser Netzentgelte über eine bundesweite Umlage herbeizuführen.
Der Erfahrungsaustausch „Kommunalwirtschaft/Energiewende“ beim DStGB hat sich darauf
verständigt zunächst ein Diskussionspapier zur Thematik der gerechteren Kostenverteilung im
Bereich der Netzentgelte zu entwickeln. Dieses soll schließlich als Positionspapier in den einzelnen Landesverbänden, so auch beim Gemeinde- und Städtebund Thüringen, abgestimmt und
durch die jeweiligen Gremien beschlossen werden. Ziel ist es, die so mehrheitlich beschlossene
weitere Vorgehensweise an die zuständigen Stellen auf Bundesebene weiterzuleiten, um ggf.
eine Umsetzung im legislativen Verfahren zu erreichen.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen wird sich in der Angelegenheit weiter an der Diskussion beteiligen und sich entsprechend eines Gremienbeschlusses auf Bundesebene für eine
gerechtere Kostenverteilung im Bereich der Netzentgelte einsetzen.
Konzessionsabgabenaufkommen im Bereich Gas für die Kommunen erhalten
Nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über Konzessionsabgaben für Strom und Gas (Konzessionsabgabenverordnung – KAV) sind Konzessionsabgaben definiert als „Entgelte für die Einräumung
des Rechts zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von
Leitungen, die der unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet mit
Strom und Gas dienen“.
Die vom Netzbetreiber zu zahlende Konzessionsabgabe bemisst sich dabei an der Menge des
durchgeleiteten Gases bzw. Stroms. Die Höhe der Konzessionsabgabe ist im Vertrag zwischen
der Gemeinde und dem Energieversorgungsunternehmen zu vereinbaren, wobei die vertraglich
maximal festzulegende Höhe durch die KAV bestimmt wird. Diese wiederum hängt maßgeblich davon ab, ob ein Tarif- oder ein Sondervertragskunde mit Gas versorgt wird.
Für Gas, welches an Tarifkunden geliefert wird, bemisst sich die maximale Höhe der zulässigen
Konzessionsabgabe nach der Einwohnerzahl der Gemeinde und ist unterteilt in Gas für „Kochen und Warmwasser“ sowie für „sonstige Tariflieferungen“. Diese Abgabe liegt zwischen
0,22 Cent und 0,93 Cent/Kilowattstunde (kWh) (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 KAV).
Demgegenüber legt § 2 Abs. 3 Nr. 2 KAV fest, dass die Konzessionsabgabe für die Belieferung
von Sondervertragskunden im Bereich der Gasversorgung den Betrag von 0,03 Cent/kWh nicht
übersteigen darf.
52
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Somit hat die Abgrenzung von Tarif- und Sondervertragskunden ganz erhebliche Auswirkungen
auf das jeweilige Aufkommen der Konzessionsabgabe und ist für die Gemeinden finanziell von
großer Bedeutung.
Im Bereich der Versorgung mit Strom bestimmt § 2 Abs. 7 KAV, dass Lieferungen aus dem
Niederspannungsnetz grundsätzlich als Tariflieferungen eingeordnet werden. Über diese Begrenzung wird erreicht, dass Haushaltskunden und kleinere Gewerbekunden üblicherweise als
Tarifkunden eingestuft sind und die Gemeinden die entsprechend höhere Konzessionsabgabe
erhalten.
Für den Bereich der Gasversorgung fehlt es an einer solchen Regelung. Daher treten in der Praxis oftmals Probleme bei der Eingruppierung von Kunden als Sondervertrags- oder Tarifkunden
auf.
Anders als im Bereich der Stromversorgung, wo explizit durch § 2 Abs. 7 KAV geregelt wird,
welche Kunden Tarifkunden sind und dies in Abhängigkeit zum Jahresverbrauch gestellt wird,
ist die Frage der Zuordnung Sondervertrags- oder Tarifvertragskunde im Bereich der Gasversorgung damit der Auslegung aus der Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers überlassen.
Diese Rechtsauffassung führt dazu, dass ein Großteil der Versorgungsverträge als Sonderverträge einzustufen sind und damit die Zahlung der höheren Tarifkonzessionsabgabe im Gasbereich eingeschränkt bleibt.
Der für die Berechnung der Konzessionsabgabe maßgebliche § 2 KAV wurde zuletzt im Jahr
2005 geändert und besteht seitdem unverändert fort. Ein Bestreben zur Änderung der KAV
scheiterte 2007 im Bundesrat daran, dass zwar ein grundsätzliches Bedürfnis erkannt wurde,
Kleinverbraucher als Tarifkunden einzustufen, um den Kommunen höhere Konzessionsabgaben zukommen zu lassen, im Umkehrschluss aber auch berücksichtigt wurde, dass dies bei den
betreffenden Kleinverbrauchern zu höheren Endkundenpreisen führen würde.
Sowohl der Deutsche Städte – und Gemeindebund als auch der Gemeinde- und Städtebund
Thüringen werden weitere Bestrebungen zu einer Änderung des Gesetzes unterstützen. Zuletzt fanden hierzu, unterstützt durch die jeweiligen Landesverbände Gespräche zwischen dem
DStGB und dem Bundeswirtschaftsministerium statt. Im Hinblick auf die Problematik der Bemessung der Konzessionsabgabe-Gas im Durchleitungsfall will das BMWi die Begründung des
BGH-Beschlusses in Sachen GAG Ahrensburg abwarten. Der DStGB wies in dem Zusammenhang noch einmal auf den alten Vorschlag zur Anpassung des § 2 Abs. 7 KAV hin und es wurde
vereinbart, diesbezüglich im Gespräch zu bleiben.
Übertragungsnetzausbau
Bereits im vergangenen Jahr hatten die Übertragungsnetzbetreiber den ersten Netzentwicklungsplan 2012 vorgelegt und gleichzeitig zur öffentlichen Konsultation gestellt.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hatte sich dabei gegenüber dem DStGB dafür ausgesprochen, bereits in der ersten Konsultation eine gemeinsame Stellungnahme über die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände abzugeben, um bereits in dieser frühen Phase die Forderungen aus kommunaler Sicht deutlich zu machen. Dieser Aufforderung war der
DStGB gefolgt und hatte zusammen mit dem Deutschen Städtetag eine solche Stellungnahme
in das Konsultationsverfahren einfließen lassen.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
53
Finanzen und Kommunalwirtschaft
In der Erklärung wird darauf hingewiesen, dass die Gemeinden und Städte in der Energiewende
eine besondere Rolle einnehmen, denn hier werden die erneuerbaren Energien angesiedelt, die
Stromtrassen und Stromspeicher gebaut und die nötige Infrastruktur, insbesondere die Modernisierung der Verteilnetze, geschaffen.
Im Rahmen der Ausführungen zur grundsätzlichen Position wird insbesondere auf die Punkte
Aus- und Umbaubedarf/Speicher auf der Ebene der Verteilnetze, bessere Koordinierung des
Netzausbaus, Schaffung von Akzeptanz und gerechte Kostenverteilung eingegangen.
So wird bspw. kritisiert, dass die Ebene der Verteilnetze in dem jetzt veröffentlichten Netzentwicklungsplan keinerlei Berücksichtigung findet. Auf der Verteilnetzebene jedoch wird ein
Großteil der erneuerbaren Energien in die Netze eingespeist. Insoweit sollte der Bedarf an
Höchstspannungsleitungen nicht unabhängig vom Bedarf an Verteilnetzen betrachtet werden.
Weiter wird eine bessere Koordinierung des Netzausbaus gefordert, die neben Bund und Land
auch die Städte, Gemeinden und die übrigen Energie-Akteure in den Prozess einbindet.
Dabei dürfen auch die Bürger nicht außer Betracht gelassen werden, denn ohne die Schaffung
von Akzeptanz vor Ort wird eine beschleunigte Umsetzung des Neuausbaus nicht zu realisieren
sein. Entscheidend ist dabei insbesondere eine frühe Einbindung der Städte, Gemeinden und
ihrer Bürger.
Aus kommunaler Sicht wurden zudem Aspekte der Priorisierung der Netzausbauvorhaben,
Angebote für Erdverkabelungen und sensibler Umgang bei der Wohnbereichsannäherung von
Trassen vertieft dargestellt und entsprechende Forderungen an die Übertragungsnetzbetreiber
gerichtet.
Nachdem im Juli 2012 die erste Öffentlichkeitskonsultation abgeschlossen war, wurden in
einem mehrwöchigen Prozess alle eingebrachten Stellungnahmen inhaltlich geprüft und es erfolgte Ende August 2012 die Veröffentlichung eines zweiten Entwurfes, womit auch die zweite
öffentliche Konsultation eingeleitet wurde. Dieser zweite Entwurf wurde schließlich an die
Bundesnetzagentur zur abschließenden Prüfung und Erstellung eines Umweltberichts weitergeleitet. Am 26. November 2012 übergab der Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA), Jochen
Homann, den ersten nationalen Netzentwicklungsplan (NEP 2012) an den Bundesminister für
Wirtschaft und Technologie Dr. Philipp Rösler. Er dient als Grundlage für den Bundesbedarfsplan, der den Ausbaubedarf im Höchstspannungsnetz für die kommenden zehn Jahre feststellt.
Von den 74 seitens des Übertragungsnetzbetreibers im NEP Strom 2012 ausgewiesenen Maßnahmen konnte die BNetzA 51 Maßnahmen bestätigen. Gegenstand des Bundesbedarfsplans
sind Vorhaben zum Netzausbau oder eine Netzverstärkung im Höchstspannungsnetz, für die
ein vordringlicher Bedarf zur Gewährleistung eines sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs
besteht. Aus dem bestätigten NEP Strom 2012 ergibt sich nun ein Bedarf an neuen Stromtrassen
von rund 2.800 Kilometern. Hinzu kommen Optimierungs- und Verstärkungsmaßnahmen in
bestehenden Trassen über eine Gesamtlänge von rund 2.900 Kilometern. Mit Erlass des Bundesbedarfsplans durch den Bundesgesetzgeber werden für die darin enthaltenen Vorhaben die
energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt.
Im Bundesbedarfsplan, der als Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz beigefügt ist, sind die
36 Vorhaben aufgeführt, die im Netzentwicklungsplan Strom 2012 bestätigt wurden. Für diese
Vorhaben werden die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgelegt.
54
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Finanzen und Kommunalwirtschaft
Der konkrete Verlauf der Leitungen sowie die Standorte von Nebenanlagen (z. B. Konverter)
werden in den nachfolgenden Planungs- und Genehmigungsverfahren ermittelt. Rechtsstreitigkeiten hinsichtlich der im Bundesbedarfsplan genannten Vorhaben werden erst- und letztinstanzlich dem Bundesverwaltungsgericht zugewiesen.
Sechs Wochen nach dem Beschluss im Bundestag hat auch der Bundesrat am 7. Juni 2013 dem
Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) zugestimmt. Damit kann der Bundesbedarfsplan in Kraft
treten, der für 36 Leitungsbauprojekte aus dem von der Bundesnetzagentur genehmigten Netzentwicklungsplan 2012 die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf feststellt.
Ein weiteres Kernelement des Bundesbedarfsplangesetzes ist die Verantwortung für die Planungs- und Genehmigungsschritte bei länder- und grenzüberschreitenden Netzausbauvorhaben.
Diese wird durch das BBPlG auf die Bundesnetzagentur übertragen. Durch diese Bündelung
wird ein zügigeres Verfahren erwartet. Von den 36 Projekten des Bundesbedarfsplans sind 16
als grenz- oder länderübergreifend gekennzeichnet.
Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Seit dem Jahr 2011 strebt das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie eine Novelle
des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen an, welche nun im Juni 2013 durch entsprechende Zustimmung im Bundesrat und Bundestag abgeschlossen werden konnte.
Im Gesetzgebungsverfahren beteiligte sich der Gemeinde- und Städtebund Thüringen an einer
Initiative der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen setzte sich dabei sowohl
gegenüber dem Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie als auch gegenüber der Thüringer Staatskanzlei für die gemeinsame Position mit dem Ziel ein, eine mögliche
Kontrolle nach dem GWB von öffentlich-rechtlich organisierten Leistungsbeziehungen von
Kommunen und Bürgern auszuschließen und so sicherzustellen, dass gebührenfinanzierte Aufgaben nicht der kartellrechtlichen Kontrollen unterliegen.
Diese Initiative hatte Erfolg. Danach ist eine Neuregelung in § 130 Abs. 1 Satz 1 GWB eingefügt
worden, wonach die Missbrauchskontrollen der §§ 19, 20 und 31 b Abs. 5 GWB keine Anwendung auf öffentlich-rechtliche Gebühren und Beiträge finden. Damit ist nunmehr klargestellt,
dass sowohl im Bereich der Wasserversorgung, aber auch anderen kommunalen Bereichen, in
denen die Leistungsbeziehungen zum Bürger auf der Grundlage öffentlicher Gebühren und
Beiträge ausgestaltet sind (u. a. in der Abwasserentsorgung, Abfallwirtschaft, Kindertageseinrichtungen, Büchereien etc.), das Kartellrecht keine Anwendung findet.
Zudem legt das neue Gesetz fest, dass die Fusionskontrolle künftig keine Anwendung auf Zusammenschlüsse durch Zusammenlegung öffentlicher Einrichtungen und Betriebe findet, die
mit einer kommunalen Gebietsreform einhergehen. Damit unterfallen gesetzlich angeordnete
Zusammenschlüsse, wie die einer kommunalen Gebietsreform von Gemeinden und Landkreisen, die mit einer Zusammenlegung der von diesen getragenen kommunalwirtschaftlichen Einrichtungen einhergehen (z. B. Krankenhausfusionen bei Kreisgebietsreformen, Fusionen von
Entsorgungs-, Versorgungs- oder Verkehrsunternehmen), künftig nicht der Zusammenschlusskontrolle i.S.d. §§ 35, 37 GWB und damit nicht der Notifizierungspflicht.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
55
Einigungsvertragsrecht / Bau- und Planungsrecht
Einigungsvertragsrecht / Bau- und Planungsrecht/ Raumordnung
Endverteilung des Finanzvermögens durch den Bund
Die neuen Bundesländer haben nach über zehnjährigem Ringen mit dem Bund nunmehr dessen
„Kompromissvorschlag“ zugestimmt und im Rahmen eines Staatsvertrages das Schicksal des
Finanzvermögens im Frühjahr 2013 besiegelt.
Das Gesamtvermögen der ehemaligen DDR, welches offiziell als „Eigentum des Volkes,
Rechtsträger Rat XY“ in den Grundbüchern stand, sollte gemäß des Einigungsvertrages (EV),
dort über die Artikel 21 und 22, verteilt werden. Der Eigentumsübergang sollte grundsätzlich
sofort zum 03.10.1990 erfolgen.
In Artikel 22 EV heißt es deshalb in Absatz 1:
(1) „Öffentliches Vermögen von Rechtsträgern ... unterliegt, soweit es nicht der Treuhandanstalt übertragen ist..... mit Wirksamwerden des Beitritts der Treuhandverwaltung des Bundes.“
Und in Satz 3/ Satz 4 wird statuiert:
„Durch Bundesgesetz ist das Finanzvermögen auf den Bund und die in Artikel 1 genannten Länder so aufzuteilen, dass der Bund und die in Artikel 1 genannten Länder je die
Hälfte des Vermögensgesamtwertes erhalten. An dem Länderanteil sind die Gemeinden
(Gemeindeverbände) angemessen zu beteiligen.“
Der Bund bemühte sich deshalb bereits seit knapp 10 Jahren um einen Kompromiss dergestalt,
dass alles dem Bund gehören sollte und die Länder keine Ansprüche mehr geltend machen; im
Gegenzug sollen auch keine Ansprüche des Bundes mehr erfolgen aus „Altlasten“ etc.
Der Bund hat hierzu in einer kurzen überschlägigen Rechnung (ohne Nachweise) zum Finanzvermögen ausgeführt, dass das Negativsaldo mit Stand 31.12.2009 rund 4,03 Milliarden Euro
betrage und sich noch erhöhen würde. Den voraussichtlichen Einnahmen in Höhe von 4,75
Milliarden Euro stellt er voraussichtliche Ausgaben in Höhe von 8,78 Milliarden Euro entgegen.
Davon schlagen als wesentliche Bestandteile Verbindlichkeiten der ehemaligen staatlichen Versicherungen der DDR in Abwicklung (SinA) in Höhe von 1,88 Milliarden Euro sowie der
hälftige negative Anteil der ehemaligen SDAG Wismut mit insgesamt rund 3,54 Milliarden
Euro (Sanierung) sowie Aufwendungen der BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben als
Verwaltungshelferin) mit insgesamt 1,06 Milliarden Euro zu Buche.
Bei der Wismut AG geht der Bund davon aus, dass 50 % hiervon der DDR gehörten und dementsprechend unter Artikel 22 des Einigungsvertrages als Finanzvermögen fallen.
Die Argumentation der kommunalen Verbände geht indessen davon aus, dass weder das
Vermögen der Versicherung in Abwicklung noch die Kosten der Wismut AG unter Artikel
22 zu subsumieren sind. Im Übrigen könnten auch die Ausgaben der BImA angezweifelt
werden.
56
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Einigungsvertragsrecht / Bau- und Planungsrecht
Hierbei stützt man sich insbesondere auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom
30. September 1999 (3 C 22/98). Dort wird in der Begründung (Randnummer 18 ff.) ausgeführt, dass die SDAG Wismut von den Regierungen der DDR und UDSSR eine selbstständige
juristische Person auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Vertrages gewesen sei.
Damit blieben aus Verbandssicht grob geschätzt rund 900 Millionen Euro übrig, die den Ländern und anteilig den Kommunen zugestanden hätten. Deshalb hatte man vorschnellen Kompromissen, denen auch einige Bundesländer nicht abgeneigt waren, stets im Interesse der Kommunen eine Absage erteilt.
Der Gemeinde- u. Städtebund Thüringen hatte in dieser Angelegenheit Bundesfinanzminister
Dr. Schäuble angeschrieben und auf seine bzw. die gemeinsamen Bedenken der Schwesterverbände in den neuen Bundesländern hingewiesen, die auch vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) geteilt werden.
Daraufhin kam es zu einer kurzfristigen Einladung in das Bundesfinanzministerium. Dort wurde
den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände unmissverständlich mitgeteilt, dass man mit
den betroffenen Ländern bereits eine Einigung erzielt habe und nicht mehr über die Verteilung
verhandele. Die kommunalen Verbandsvertreter konnten daher die Absprachen lediglich zur
Kenntnis nehmen, was sich in einer abschließenden Stellungnahme widerspiegelte. Letztlich
konnte noch erreicht werden, dass im Rahmen der Zuordnung weitere Verhandlungen geführt
werden, um auch ggf. Grundstücke auf Antrag der Kommunen dem Bund zuordnen zulassen;
hier bleibt jedoch abzuwarten, ob der Bund tatsächlich diesbezüglich in der Praxis Bewegung
zeigen wird. Weiterhin soll auf diejenigen Abführungserlöse nach § 8 VZOG, die bisher noch
nicht eingetrieben worden sind, von Seiten des Bundes verzichtet werden (ein schwacher Trost
wenn man berücksichtigt, dass in den vergangenen 20 Jahren bereits das Meiste an den Bund
ausgekehrt wurde).
Der Staatsvertrag wurde nach einer kurzen Aussprache im Thüringer Landtag in der Sitzung am
25. April 2013 in erster und zweiter Lesung mit dem erforderlichen Ratifizierungsgesetz bestätigt. In diesem Zusammenhang betonte Finanzminister Dr. Voss, dass der Kern der Regelung
nicht finanzieller Art sei, sondern Rechtsfrieden und –sicherheit geschaffen werde (Plenarprotokoll der 116. Sitzung des Thüringer Landtages, S. 11104).
In diesem Zusammenhang stellt sich aber weiterhin das Problem der sog. Abführungsbescheide nach dem Entschädigungsgesetz (EntschG) durch das BADV. Dem liegt der Sachverhalt zugrunde, dass vom ursprünglichen politischen Grundsatz der „Rückgabe vor Entschädigung“ nach dem Willen des Einigungsvertrages gegenüber den Alteigentümern einige, wenige,
sachgerechte Ausnahmen gemacht worden waren.
Grundsätzlich wollte man den privaten Eigentümern nach dem Vermögensgesetz (VermG)
deren vormals verstaatlichtes Vermögen „in natura“ als Restitutionsvermögen zurückgeben.
Dies wäre jedoch dort sinnwidrig gewesen, wo die öffentlichen Stellen das Vermögen zur allgemeinen Verwaltung/Daseinsfürsorge noch benötigen (sog. „Verwaltungsvermögen“ i. S.
des Artikels 21 EV; Bsp.: umgebaute Villa ist heute Rathaus, Bibliothek etc.) oder wo sie die
Grundstücke bereits an redliche, private, „Häuslebauer“ mit entsprechender Nutzungsurkunde
nach dem 27. Juli 1990 verkauft hatten. In solchen Fällen erhielten die Betroffenen einen Bescheid, dass ihnen stattdessen eine Entschädigung zusteht. Der hierfür gegründete Entschädigungsfonds refinanziert sich jedoch wiederum zum Teil über die öffentlichen Körperschaften,
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
57
Einigungsvertragsrecht / Bau- und Planungsrecht
die ja solche Grundstücke behalten bzw. weiterverkaufen dürfen, obwohl sie eigentlich hätten
zurückgegeben werden müssen.
Deshalb wurde im § 10 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 11 EntschG eine „Erlösabführungsklausel“ statuiert, wonach die Kommunen einen verringerten Zeitwert („Einheitswert“) bzw.
Verkaufserlöse an den Entschädigungsfonds abzuführen haben. Jedoch stellt sich auch hier die
Frage einer möglichen Verjährung, die derzeit höchstrichterlich noch ungeklärt ist. Erst während den Gesetzesberatungen 2004 wurde offenbar, dass die Bundesregierung plante, eine Verjährungsregelung unter dem Eindruck der massiven Änderungen der Verjährung im Zivilrecht
einzuführen; gerade zu einem Zeitpunkt, nach dem alte zivilrechtliche Ansprüche nach dem
BGB und dessen Einführungsgesetz verjähren sollten.
Während der Rechtsausschuss des Deutschen Bundesrates noch eindeutige Regelungen mit
den Begriffen der Verjährung einführen wollte, wurde stattdessen der Wortlaut aufgeweicht
und die jetzige Problematik geschaffen. So bestimmt § 12 Absatz 2 Satz 3, dass der o. g. Abführungsbetrag für Fälle des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 (Verwaltungsvermögen) innerhalb von
5 Jahren festgesetzt werden muss, nachdem dem Alteigentümer die Höhe der Entschädigung
per Bescheid mitgeteilt worden ist. Sofern dies bereits vor dem 16. Dezember 2004 geschah,
sollte der Abführungsbescheid bis zum 31. Dezember 2009 gegenüber der Kommune festgesetzt werden.
Bezüglich der Verkäufe nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 EntschG stellt sich diese Sachlage
jedoch weitaus komplizierter dar. Durch den neu eingefügten § 12 Absatz 3 EntschG wurde
im Dezember 2004 statuiert, dass die verfügungsbefugte Kommune dem Entschädigungsfonds
unverzüglich den Abschluss der Kaufverträge mitzuteilen hat. Dies gilt auch für die Ziehung
von Nutzungsentgelten (Miete/Pacht).
In § 12 Abs. 3 Satz 3 ist sodann festgelegt, dass der Abführungsbetrag gegenüber der Kommune innerhalb von 5 Jahren nach Eingang einer solchen Mitteilung festzusetzen ist; sofern
diese vor dem 16. Dezember 2004 erfolgte, spätestens bis zum 31. Dezember 2009. Damit
entsteht das erste Problem, für welche Kaufverträge die Mitteilungspflicht überhaupt gilt. Hier
ist die Auffassung der kommunalen Spitzenverbände und der Literatur (vgl. Kimme, Offene
Vermögensfragen) die, dass es sich nur auf solche Kaufverträge beziehen kann, welche ab dem
Inkrafttreten des Gesetzes (17. Dezember 2004) abgeschlossen worden waren. Es stellt sich
damit die Frage, was dann für die anderen, älteren, Verträge gilt. Diesbezüglich ist die erste
(überhaupt) bekannte Entscheidung vom Verwaltungsgericht Weimar gerade dahin gefallen,
dass auch Altverträge mitgeteilt werden müssen (Az. 8 K 1153/10We). Folgt man dieser
Auffassung, müsste man die alten Kaufverträge dem BADV (Entschädigungsfonds) mitteilen,
um überhaupt die „Verjährung“ in Gang setzen zu können.
Garagengrundstücke in den neuen Ländern
Nach dem Auslaufen der Ankaufsmöglichkeit von Grundstücken nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz (VerkFlBerG) am 30. Juni 2007 ist dort zunächst einmal eine Beruhigung
eingetreten. In Zukunft kann erwartet werden, dass die Grundstückseigentümer auf die Kommunen zukommen werden und sich das Problem stellen wird, wie der Ankaufspreis zu berechnen ist. Unser Verband wird diese Thematik also weiter begleiten.
Im Gegensatz hierzu sind die Anfragen im Bereich des Schuldrechtsanpassungsgesetzes
(SchuldRAnpG), insbesondere bezüglich der Garagengrundstücke (Eigentümergaragen), in der
58
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Einigungsvertragsrecht / Bau- und Planungsrecht
Landesgeschäftsstelle konstant auf hohem Niveau. Dies ist keinen weiteren Neuerungen des
Gesetzes geschuldet, sondern hängt im weitesten Sinne mit dem allgemeinen Problem der Demografie im Freistaat zusammen:
Durch den Wegzug jüngerer Leute bzw. der Überalterung werden von den ursprünglichen Erbauern solche Garagen immer mehr an Dritte verkauft, ohne im Vorfeld die Kommunen, die
Grundstückseigentümer sind, zu beteiligen.
Dies führt zu der Problematik, dass dann die Neuerwerber mangels Nutzungsvertrages die
Grundstücke ohne gesonderte Erlaubnis nicht betreten dürfen, was ihnen oftmals nicht bewusst
ist. Kündigt umgekehrt der Erbauer vorher seinen Nutzungsvertrag, fällt jedoch die Garage
kraft Gesetzes (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SchuldRAnpG) in das Eigentum der Kommune und kann gar
nicht mehr ohne Beteiligung der Gemeinde an Dritte übereignet werden.
Diese Problematik und weitere Detailfragen des SchuldRAnpG sowie der NutzungsentgeltVO
werden in Seminaren des Verbandes ausführlich dargestellt und werden die Gemeinden und
Städte noch Jahre begleiten, zumal nunmehr auch die sog. „Datschen“ verstärkt in’s Blickfeld rücken, da deren Kündigungsschutz erst im Jahre 2015 ausläuft. Dabei ist auch die Angemessenheit des Nutzungsentgelts ein Problem unter Berücksichtigung der sparsamen und
wirtschaftlichen Haushaltsführung der Gemeinden und Städte.
Mitprivatisierte („zuordnungswidrige“) Vermögenswerte der Kommunen
Obwohl hier mit tatkräftiger Mitwirkung unseres Verbandes bereits 2001 eine Entschädigung
von insgesamt 63 Mio. Euro politisch vereinbart werden konnte, ist es dem Bund organisatorisch immer noch nicht gelungen, alle 5000 Anträge zu bearbeiten. Hier wurde bereits vor Jahren erreicht, dass zumindest eine große Tranche an alle Betroffenen ausgezahlt wurde. Aufgrund
weiterer Verzögerungen hat sich diesbezüglich der Arbeitskreis der kommunalen Vermögensreferenten der neuen Bundesländer, der sich seit 1993 mit Problemen des Einigungsvertrages
und der Folgegesetze beschäftigt und bei Bedarf beim Deutschen Städte- und Gemeindebund
tagt, erneut in Berlin eingefunden, um mit dem Bund eine konstruktive Lösung zu suchen. Mittlerweile ist diese Aufgabe der Bundesanstalt für Zentrale Dienste und offene Vermögensfragen
übertragen worden (BADV); selbstverständlich ohne entsprechende Personalaufstockung. Im
Frühjahr 2013 waren noch lediglich 16 Entschädigungsanträge offen, die sich nicht mehr auf
Thüringen bezogen.
Stadtumbau im Freistaat Thüringen
Zum Stadtumbau wurde bereits frühzeitig im Freistaat Thüringen ein Konzept der „Begleitforschung zum Stadtumbau“ ins Leben gerufen, das mit einer eigenen Homepage (www.begleitforschung-stadtumbau-thueringen.de) die jeweils aktuellen Daten und Erkenntnisse von rund
42 führenden Kommunen im Bereich des Stadtumbaus interdisziplinär auswertet, verallgemeinert und im Internet und in Konferenzen zur Diskussion stellt. Die erste Fachkonferenz
hierzu fand bereits im Juni 2003 in Leinefelde statt, einer Stadt, die mittlerweile auch den höchsten Preis der Vereinten Nationen für ihr Stadtumbaukonzept erhalten und damit unter Führung
von Bürgermeister Reinhardt weltweite Anerkennung erzielt hat.
Zu bedenken ist bei den derzeit erreichten Zielen, dass zwar ein gravierendes Ansteigen des
Wohnungsleerstandes nicht mehr zu verzeichnen ist, die Gemeinden, Städte und Wohnungsunternehmen aber lediglich eine kurze Verschnaufpause erhalten haben, bevor wieder ein demoGeschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
59
Einigungsvertragsrecht / Bau- und Planungsrecht
grafisch bedingter Anstieg zu erwarten ist, der aufgrund der geringen Fördermittel und der
kaum noch aufzubringenden Komplementärmittel im Städtebau eine Herausforderung darstellt.
Hierzu gesellen sich noch die Themen der Energie-Effizienz, Barrierefreiheit und des Denkmalschutzes, welche nicht immer kompatibel sind.
Bereits bei einem fachpolitischen Dialog des Bundesbauministeriums im Frühjahr 2008 wurde
von Minister Tiefensee nochmals bekräftigt, dass der Stadtumbau Ost auch über 2009 hinausgeht und man von Bundesseite an den gebündelten städtebaulichen und wohnungspolitischen
Zielen festhalte. Eine hierzu eingesetzte Expertenkommission, zu der auch ein Vertreter der Stadt
Gera gehörte, hat festgestellt, dass bis zum Jahre 2016 zwingend noch weitere 200 - 250 Tsd.
Wohnungen abgerissen werden müssen, obwohl es in einigen, wenigen, Städten aufgrund ganz
besonderer Umstände paradoxerweise zu einer Wohnungsknappheit gekommen ist.
Dies wird von einem Untersuchungsbericht des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung und des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung ergänzt, der von
einem städtebaulichen Investitions- und Förderbedarf bis 2013 von rund 64 Mrd. Euro ausgeht,
wovon 47 % auf die neuen Bundesländer entfallen. Eine weitere Studie (Shell) zum energieeffizienten Umbau im Bestand geht sogar von einer dreistelligen Milliardensumme bis 2030
aus (vgl. GStB-N 9/2012).
Umso bedenklicher waren die ständigen Bestrebungen auf Bundesebene ab dem Jahre 2010,
die Städtebauförderung halbieren zu wollen. Dem haben alle am Stadtumbau Beteiligten energisch widersprochen. Neben dem völlig unstreitigen Sachverhalt, dass die nächste Leerstandswelle auf die Kommunen zurollt wird nicht berücksichtigt, dass mit jedem Euro Fördermittel
rund acht Euro Folgeinvestitionen, gerade bei der heimischen Bauwirtschaft, ausgelöst werden.
Damit handelt es sich bei den Kürzungen letztendlich um ein „negatives“ Konjunkturpaket.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hatte sich in dieser Angelegenheit auch an die Ministerpräsidentin des Freistaates, den hiesigen Bauminister und die Thüringer Abgeordneten im
Deutschen Bundestag gewandt und um Unterstützung gebeten.
Damit konnte erreicht werden, dass letztlich zumindest derzeit 455 Mio. Euro für Städtebauförderprogramme verstetigt bleiben; die größten Einsparungen musste das Programm „soziale
Stadt“ hinnehmen, welches um zwei Drittel gekürzt wurde, während die Fördermittel für die
kleineren Städte und Gemeinden beträchtlich erhöht wurden, um der Demografie Rechnung zu
tragen.
Außerdem wurde vom Bund für den Bereich des Klimaschutzes/Klimawandels bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ein Milliardenprogramm für Baumaßnahmen aufgelegt. Die
Bestrebungen, insbesondere aus Thüringen, diese Gelder besser der Städtebauförderung direkt zuzuordnen, blieben leider erfolglos. Nun muss der Freistaat Thüringen darauf achten,
die vorhanden Mittel möglichst gebündelt in wenigen Programmen auszureichen. Dem steht
z. B. das neue prestigeträchtige Projekt einer „internationalen Bauausstellung“ (IBA) gegenüber. Diesbezüglich wurde im Rahmen von Landtagsanfragen festgestellt, dass jährlich von den
1,5 Mio. Euro (Städtebaufördermittel) alleine 775.000 Euro Personalkosten anfallen sollen
(Drs. 5/4253). Mittlerweile wurde nach einigen Personalwechseln Prof. Engelbert Lütke Daldrup als Geschäftsführer gewonnen so dass nach anderthalb Jahren „Vorlaufzeit“ davon ausgegangen werden kann, dass zumindest die fachliche und persönliche Voraussetzungen für einen
guten Start im Dezember 2013 gegeben sein dürften (vgl. die Landtagsdebatte im Juni 2013 zu
Drs. 5/6188).
60
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Einigungsvertragsrecht / Bau- und Planungsrecht
Stadtumbau ist ein dynamischer Prozess in den Städten und Gemeinden, der je nach Einzelfall
einmal mehr und einmal weniger gravierend vor Ort zu Buche schlägt und Auswirkungen auf
das Gesamtgefüge einer Kommune und deren Einwohner entfaltet. Dass dem so ist und auch
der Bund in einer Verantwortung steht, zeigt die vierzigjährige (!) Geschichte der Städtebauförderung. Dies umso mehr, wenn sich der Bund zu einer „Nationalen Stadtentwicklungspolitik“
bekennt, die jedoch nur mit der Basis, also den Städten und Gemeinden, überhaupt umsetzbar
ist. Letztlich führen auch die ehrgeizigen und mittlerweile teilweise überhasteten Änderungen
im Baubereich (BauGB, s. nachfolgender Beitrag) aufgrund des Klimaschutzes und Klimawandels ebenfalls zu Auswirkungen, die die Kommunen umsetzen müssen/sollen.
Dies alles ist jedoch ohne angemessene finanzielle Beteiligung des Bundes (und der Länder)
nicht durchführbar.
Novellierung des BauGB sowie der ThürBO
Der Bund führte bereits im Jahre 2010 die sog. „Berliner Gespräche“ durch, in denen sich
ausgewählte Experten mit dem BauGB und der BauNVO auseinander setzten und mögliche
Handlungsfelder auf fachlicher Ebene diskutierten. Die Ergebnisse wurden in zwei Tagungsbänden veröffentlicht. Diese sollten dem Bund als Grundlage für eine geplante Novellierung
des BauGB/der BauNVO im Jahre 2011 dienen.
Unter dem Eindruck der Geschehnisse in Japan (Fukushima) wurde dann jedoch vom Bund
in aller Eile der Teil des Klimaschutzes/Klimawandels vorgezogen und aus dem Gesamtkonzept herausgelöst. Damit wurde die Chance, eine Novellierung zum Ende des Jahres „in einem
Guss“ zu erreichen, vertan. Im Jahre 2012 wurde der zweite Teil der Novellierung als „Gesetz
zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts“ im überarbeiteten Entwurf vorgelegt und ist nach ausführlicher Beratung im Bundesgesetzblatt 2013 verkündet worden, so dass die Neuerungen im August in
Kraft getreten sind (BGBl. I S. 1548 ff.). Interessant war die Diskussion um die Änderung in
§ 179 BauGB zu sog. Schrottimmobilien, die auch von unserem Verband forciert wurde. Das
Bundesland Bremen hatte hierzu ein Gutachten erstellen lassen, nach dessen Ergebnis es - als
ultima ratio - sogar möglich sein kann, im Rahmen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums, dem
Eigentümer den Abriss auf dessen Kosten im Rahmen der Verhältnismäßigkeit aufzuerlegen
und diese Kosten als öffentliche Last auf dem Grundstück eintragen zu lassen. Dies hat glücklicherweise tatsächlich seinen Niederschlag gefunden.
Parallel zu den Klimaregelungen im BauGB wurde in der Thüringer Bauordnung (ThürBO)
die Änderung eingefügt, dass Windkraftanlagen bis 10 Meter Höhe und 3 Metern Rotordurchmesser nunmehr verfahrensfrei sei sollen, außer im reinen Wohngebiet und im Außenbereich
(vgl. § 63 Abs. 1 Nr. 2a, Buchst. c) ). Eine grundlegende Änderung sollte mit der geplanten
Änderung der Musterbauordnung (MBO) einhergehen. Der Bau- und Planungsausschuss unseres Verbandes hatte sich bereits wiederholt für eine Rückkehr zur alten, präventiven, Bauordnung ausgesprochen, da ein Abstellen auf „mündige Bauherren und qualifizierte Fachplaner“,
wie von der Landesregierung gewollt, ohne den nötigen Erfolg geblieben sei und gravierende
Maßnahmen zu Lasten der Bauherren lediglich durch umsichtige Beratungen der Bauaufsichtsbehörden vermieden werden konnten. Diesen „praktischen“ Erwägungen stehen - nicht nur in
Thüringen - politische Überlegungen der Bundesländer entgegen, da hierzu in Behörden Personal und finanzielle Mittel aufgestockt werden müssten.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
61
Einigungsvertragsrecht / Bau- und Planungsrecht
Im Jahre 2013 kam es zu einer Novellierung der ThürBO, zu dem auch unser Verband im
Thüringer Landtag angehört worden war. Die Stellungnahme erfolgte nach ausführlichen Beratungen (auch bereits im Vorfeld des Referenten-Entwurfs) mit dem Bau- u. Planungsausschuss
und dem Erfahrungsaustausch der kommunalen Bauaufsichtsbehörden des Gemeinde- u. Städtebundes Thüringen.
Schwerpunkte der Novellierung (Stand Juli 2013) sind die Einführung von Rauchwarnmeldern
für bestehende Gebäude (§ 48 IV 3 ThürBO-E), die Betonung der Verpflichtung zum barrierefreien Bauen (Entfallen von § 50 IV ThürBO) sowie die Möglichkeit der Bauaufsichtsbehörde,
Bauanträge auch aus Gründen abzulehnen, welche „normalerweise“ nicht in ihr reguläres Prüfprogramm gehören (§71). Erfreulich ist, dass die Landesregierung nach wiederholtem Drängen des Gemeinde- u. Städtebundes Thüringen sich nunmehr der Auffassung des Verbandes zu
Schrottimmobilien angeschlossen hat und in § 79 III ThürBO-E eine Regelung (ähnlich der des
BauGB) schuf, die sich jetzt in der Praxis bewähren muss.
Die Klima- und Energieproblematik wird sich maßgeblich auf das gesamte zukünftige Baurecht
auswirken und durch entsprechende Änderungen im Mietrecht flankiert werden. Ein weiteres
Problemfeld in diesem Bereich wird auch das Miteinander von Energieeffizienz einerseits und
Denkmalschutz andererseits sein. Hierzu trat der Bau- und Planungsausschuss unseres Verbandes in seiner Halbjahressitzung im Oktober 2012 in einen Meinungsaustausch mit dem
Denkmalschutz.
Vertiefende Einzelheiten zu diesen Themen sind auch im Internet im Mitgliederbereich des
Gemeinde- u. Städtebundes Thüringen ständig abrufbar.
Daneben nimmt der zuständige Referent unseres Verbandes an den Sitzungen der Fachkommission Städtebau der Bauministerkonferenz teil und ist beim BMVBS bei der Erarbeitung des
Leitfadens zu den Schrottimmobilien beteiligt.
Erfahrungsaustausch der kommunalen Bauaufsichtsbehörden
Gerade unter dem Eindruck der Vielzahl von Problemen des Umganges der Bürger (und einiger
Fachleute) mit der ThürBO und den übrigen Bau-Vorschriften findet die Einrichtung eines regelmäßigen Erfahrungsaustausches beim Gemeinde- und Städtebund Thüringen ein großes positives Echo.
Neue Beratungen zum Thüringer Vergabe-Mittelstandsgesetz
Zunächst hatte eine Fraktion im Thüringer Landtag hierzu (wiederum) einen Gesetzentwurf
eingebracht, in dem sog. „vergabefremde Aspekte“ sozialer Natur in das Vergabewesen eingeführt werden sollten. Dem folgte später im Jahre 2010 ein erster Kabinettsentwurf der Landesregierung mit ähnlichen Zielvorstellungen, wobei die Rechte der Unternehmer dadurch deutlich
gestärkt werden sollten, dass auch unterhalb der sog. EU-Schwellenwerte förmliche Überprüfungsverfahren auf verwaltungsgerichtlicher Ebene eingeführt werden sollten.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hatte wegen des zu erwartenden erhöhten Bürokratieaufwandes und mit dem Hinweis auf die bewährte Mittelstandrichtlinie des Freistaates
die Entwürfe abgelehnt (ebenso in diesem Sinne votierten der Landkreistag, der DGB und der
Bauindustrieverband zum Erstentwurf auf Landtagsebene).
62
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Einigungsvertragsrecht / Bau- und Planungsrecht
Auch beschäftigte sich der Bund mit einer Regelung und hatte bereits ein Diskussionspapier
eingebracht, so dass unter dem Aspekt der Einheitlichkeit in den Ländern (ähnlich wie bei den
Bauordnungen) die dortigen Ergebnisse abgewartet werden sollten.
Die in diesem Zusammenhang bekannt gewordenen Erfahrungen aus Sachsen zeigten, dass im
Jahre 2008 von 126 Beschwerdeverfahren lediglich eine einzige Erfolg hatte. Setzt man dem
den Verwaltungs- und Zeitaufwand (verspätete und verteuerte Investitionen) entgegen, bleibt
kein Raum mehr für solche Regelungen; zumal die sozialen Belange bereits heute mit den neuen Vergabeverordnungen im Lichte der EU-Rechtsprechung Berücksichtigung finden können.
Ungeachtet der Kritik aus der Praxis verabschiedete der Landtag 2011 dann ein Thüringer Vergabegesetz sowie das Thüringer Mittelstandsförderungsgesetz (GVBl. 2011, S. 69 ff.).
Hier konnte zumindest erreicht werden, dass anstelle des Verwaltungsrechtsweges lediglich
„nur noch“ die Vergabekammer (da diese mit den Fachleuten besetzt ist) bei Aufträgen jenseits
der 150.000 Euro (Bau) bzw. jenseits von 50.000 Euro (Dienst- u. Lieferleistungen) angerufen
werden kann.
Damit hat sich der Dschungel der Vergabevorschriften weiter verdichtet, da die bisherigen
Richtlinien weiter existieren und auch beachtet werden müssen. Nunmehr hat die Landesregierung in diesem Jahr erste Gespräche über eine Evaluierung (und möglicherweise Deregulierung) aufgenommen.
Feuerwehrkartell belastet Kommunen
Zu Beginn des Jahres 2011 wurden über den kommunalen Spitzenverband auf Bundesebene,
DStGB, mehrere Konferenzen einberufen, die sich mit der Vergabepraxis von Löschfahrzeugen
über 7,5 Tonnen befasste. Das Bundeskartellamt hatte diesbezüglich nämlich festgestellt, dass
es in früheren Jahren zwischen vier marktführenden Herstellern zu Absprachen gekommen war
und Bußgelder i. H. v. 20 Mio. Euro verhängt, dem weitere folgten.
Nach zähen Verhandlungen konnte erreicht werden, dass ein Agreement geschlossen wird und
über ein Gutachten im Laufe des Jahres 2012 geklärt wurde, in welcher Höhe ein tatsächlicher
Schaden für kommunale Auftraggeber entstanden ist. Der beauftragte Gutachter hat mit Unterstützung der Landesverbände im Frühjahr letzten Jahres eine Internet-Umfrage an alle Betroffenen gestartet.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen informierte hierüber alle hauptamtlich geführten
Kommunen und gab auch Hinweise für die zukünftige Vergabepraxis.
Der Im Frühjahr 2013 abgeschlossene Vergleich sieht nunmehr vor, dass die betroffenen Kommunen ihre Ansprüche bis zum 16. August 2013 im Rahmen einer „Kommunalvereinbarung“
gegenüber dem Gutachter anmelden können und - unter der Voraussetzung, dass sich mindestens 95 % der Geschädigten am Kompromiss beteiligen - eine pauschalierte Entschädigung
ausgezahlt werden soll. Damit konnte vermieden werden, dass jede einzelne Kommune ein
eigenes (auch finanzielles) Prozessrisiko mit ungewissem Ausgang (Nachweispflicht des Schadens!) eingehen musste.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
63
Einigungsvertragsrecht / Bau- und Planungsrecht
Friedhofs- und Bestattungswesen
Im Frühjahr 2012 tagte die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Friedhofsverwaltungen der
Landesgruppe Sachsen/Sachsen-Anhalt und Thüringen in Dresden, bei der die Landesgeschäftsstelle des GStB ständiger Gast ist.
Ein Themenpunkt war die vom Bund durchgeführte Novellierung des Gräbergesetzes zur Ruherechtsentschädigung von Kriegsgräbern. Hier wurde u. a. ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass es sich, bei genauer Betrachtung, z. B. im Bereich der Pflege eigentlich um eine Aufgabe
der Länder handele und deshalb entsprechende Mittel für beides (Entschädigung und Pflege)
bereitgestellt werden müssten.
Ein weiterer Punkt waren auch neue Bestattungsformen auf Friedhöfen, insbesondere Baumbestattungen (Waldfriedhof). Dieses Thema wurde auch im Jahre 2013 ausführlich im Landtag
und in der Presse diskutiert (vgl. der Versuch, das Bestattungsgesetz zu ändern, Drs. 5/6206)
und wurde in den Gremien unseres Verbandes behandelt.
Grundsatzurteil zu Kirchenbaulasten
Das Verwaltungsgericht Meiningen hatte in einem seit dem Jahre 1998 anhängigen Gerichtsverfahren erstmals in einem Urteil entschieden, dass eine Stadt nicht verpflichtet ist, gegenüber
der Evangelisch-Lutherischen Kirche eine Kirchenbaulast zu bedienen (Az: 1 K 915/98.Me).
Dem lag der Sachverhalt zu Grunde, dass die Kirche die Auffassung vertritt, dass die heutigen
politischen Gemeinden die Verträge aus der Zeit vor der DDR bzw. die (teilweisen) Zahlungen
während der DDR sich zurechnen lassen müssten und heute weiter zu bedienen hätten. In den
Entscheidungsgründen führte das Gericht aus, dass die betroffene Stadt weder Rechts- noch
Funktionsnachfolgerin der ursprünglichen Gemeinde bzw. des Rates der Gemeinde gewesen
ist.
Der siebte Senat des Bundesverwaltungsgerichtes hat mit Urteil vom 11. Dezember 2008 auch
in dritter Instanz zugunsten der Stadt Hildburghausen entschieden, dass vor Gründung der DDR
vertraglich vereinbarte Kirchenbaulasten nicht auf die Gemeinden und Städte übergegangen
sind, die 1990 durch die Kommunalverfassung im Mai als selbstständige Gebietskörperschaft
neu errichtet worden waren (Az. 7 C 1.08). Vielmehr seien diese regelmäßig mit dem Beitritt
der DDR zur Bundesrepublik Deutschland erloschen bzw. ggf. auf den Bundesstaat übergegangen. Zu den näheren Ausführungen zum Tatbestand verweisen wir auf unsere GStB-N 83/2007
sowie auf den Mitgliederbereich des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen, dort Mitgliederinformationen, Bau- und Planungsrecht, Rubrik: Bestattungsrecht.
Mittlerweile werden von diesem Problemkreis auch die übrigen „Lasten“ zugunsten der Kirchen erfasst, d.h. andere Forderungen der Kirchgemeinden aus alter Zeit werden unter Berufung auf die Grundsätze des BVerwG ebenfalls in Frage gestellt.
Trotz der „gefestigten“ Rechtsprechung hat die Ev. - Lutherische Landeskirche ihre Auffassung
im Jahre 2013 bekräftigt, in dieser Sache nochmals gerichtlich gegenüber den Kommunen tätig
werden zu wollen. Dies ist natürlich bedauerlich wenn man berücksichtigt, dass bisher eine
Vielzahl von freiwilligen Leistungen der Kommunen im Rahmen ihrer ohnehin beschränkten
Haushaltmittel erfolgten, welche jetzt auch noch eingeklagt werden sollen.
64
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Einigungsvertragsrecht / Bau- und Planungsrecht
Tourismus in Thüringen
Der Thüringer Wirtschaftsminister hatte zum Beginn seiner Amtszeit unter anderem auch das
Thema „Tourismus“ als Schwerpunkt in seine Agenda aufgenommen. Hierzu hat die Landesgeschäftsstelle unseres Verbandes den zuständigen Fachreferenten in den sich neu konstituierenden Tourismusbeirat am 26. April 2010 entsandt. Hauptanliegen war es, das Tourismuskonzept aus dem Jahre 2004 zu evaluieren und über ein Spezialkonzept „Kulturtourismus“
zu beraten. Grundlage hierzu war auch eine repräsentative Umfrage der Firma tns-infratest;
vgl. hierzu die Informationen im Internet, in unserem Mitgliederbereich.
Im Ergebnis wurden nach intensiver Beratung am 28. Februar 2011 in Jena die Ziele des Freistaates für die kommenden Jahre bis 2015 vorgestellt (die Landesgeschäftsstelle hatte im Vorfeld bereits berichtet). Der Tourismus in Thüringen macht rd. 3,2 Mrd. Euro Bruttoumsatz und
bindet mehr als 100.000 Beschäftigte im Freistaat, die rund 1,5 Mrd. Euro an direktem bzw.
indirektem Einkommen erzielen. Im Frühjahr 2012 stellte das Wirtschaftsministerium einen
ersten positiven Jahresbericht zur „Tourismuskonzeption 2011 – 2015 : Wo die Reise hingeht“
vor.
Thüringer Kataster- und Vermessungsverwaltung (TKVV)
Im Rahmen der redaktionellen Änderungen der Zweiten Verordnung zur Änderung der Kostenordnung für das Vermessungswesen wurde von Verbandsseite wiederum auf die enormen Kosten für Katastervermessungen hingewiesen (z. B. gerade im Bereich der Splittergrundstücke
nach dem VerkFlBerG im Vergleich zu deren Ankaufskosten); ein weiteres Thema ist auch
immer wieder die Versagung der amtlichen Messberechtigung für eigene kommunale Grundstücke in einigen wenigen großen Kommunen.
Die seinerzeit vorgenommene Umstrukturierung der Kataster- und Vermessungsverwaltung
hat zur Folge, dass viele Grundstücke im Bereich der Verkehrsflächenbereinigung nicht mehr
trennvermessen wurden, um einen Ankauf durchzuführen, sondern stattdessen die günstigere
Variante der Eintragung einer Dienstbarkeit im Grundbuch gewählt wird. Damit ist jedoch absehbar, dass die vom Freistaat endlich fertiggestellte flächendeckende Automatisierte Liegenschaftskarte (ALK) für Thüringen in Teilen unrichtig sein wird.
Im Rahmen der Umsetzung von EU-Richtlinien auf Bundes- und Landesebene zur Abgabe
und zur Verfügungstellung von Geodaten in den kommenden Jahren (Stichwort u. a. „INSPIRE“) findet ein ständiger fachlicher Gedankenaustausch mit dem zuständigen Ministerium unter Einbindung des Arbeitskreises der kommunalen Vermessungs- und Liegenschaftsamtsleiter unseres Verbandes statt. Weiterhin fanden konstruktive und offene Fachgespräche mit dem
Thüringer Landesamt für Vermessung und Geoinformation statt, in denen neben grundlegenden
Verfahrensweisen zur Handhabung des erfolgreichen Rahmenvertrages zur kostenfreien Abgabe von Geo-Daten auch die Befliegungen und besondere Einzelfallprobleme von Mitgliedern
des Verbandes zur Sprache kamen und zufriedenstellend gelöst werden konnten.
Mittlerweile sind von Seiten der Landesregierung und des Landtages alle Weichen zur Umstellung des Katasterwesens auf die europäischen Vorgaben gestellt und mit den zuständigen
Stellen eine umfassende Informationskampagne abgestimmt worden. In Anpassung hierzu werden auch der Rahmenvertrag und insbesondere die Abrufscheine („Leistungsscheine“) von Zeit
zu Zeit redaktionell dem Sachstand angepasst. Auch konnte erreicht werden, dass im Bereich
von Geoproxy das Thüringer Landesamt für Vermessung und Geoinformation in Erfurt (ThürLVermGeo) im Rahmen der guten Zusammenarbeit eine Schulung für die Sachbearbeiter der
städtischen Kataster- und Vermessungsverwaltungen durchgeführt hat.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
65
Einigungsvertragsrecht / Bau- und Planungsrecht
Im Frühjahr 2012 wurde vom Bauminister auch eine Novellierung des ThürVermGeoG im
Landtag eingebracht und insbesondere die Gebäudeeinmessungspflicht abgeschafft; diesbezüglich waren auch im Vorfeld positive Gespräche mit dem Ministerium geführt worden und es
wurde eine Stellungnahme im Landtag abgegeben.
Herausforderung für die Zukunft bleiben die digitalen Daten, welche gemäß der o. g.
EU-INSPIRE Richtlinie bis zum Dezember diesen Jahres eigentlich allen zugänglich sein
müssten.
Raumordnung- und Landesentwicklung
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen als Gesamtverband aller kreisangehörigen Gemeinden und kreisfreien Städte ist mit Herrn VG Vorsitzenden Dieter Fischer (VG Triptis)
sowie Herrn Bürgermeister Johannes Hertwig (Bad Sulza) im Landesplanungsbeirat beim
TMBLV vertreten, in dem Grundsatzfragen der Landesplanung mit dem Minister erörtert werden.
Daneben hat der Verband das Benennungsrecht für die Mitglieder aus den kreisangehörigen
Kommunen in den Regionalen Planungsbeiräten und ein Vorschlagsrecht für die Planungsversammlungen, die wichtige Funktionen in den vier Planungsregionen wahrnehmen.
Während also die Fortschreibung der Regionalpläne in den Händen der Gemeinden und Städte
„vor Ort“ liegt, fertigt der Verband Stellungnahmen gegenüber dem Landtag und dem Fachministerium dort, wo verallgemeinerungsfähige Punkte im Interesse aller Kommunen Thüringens zur Sprache kommen. Dies geschah z. B. bei dem Entwurf zur ÄnderungsVO zum LEP
(Windkraft) und zu Empfehlungen des Ministeriums zur Anpassung der Mustersatzungen der
Planungsgemeinschaften.
Mittlerweile ist eine Diskussion um die Fortschreibung des LEP entbrannt, da der zuständige
Bauminister einen Neuentwurf „LEP 2025“ vorlegte, in welchem die sog. Grundzentren nochmals zusammengestrichen werden sollten. Dies umso unverständlicher, da sich gerade die Regionalpläne nach rund zweijähriger Abstimmung im Genehmigungsstadium befanden, mittlerweile genehmigt wurden und dort die Grundzentren namentlich, nach Vorgaben des bisherigen
LEP, aufgeführt sind. Unser Verband war erst spät an dem Entwurf beteiligt worden, was eine
gedeihliche Zusammenarbeit nicht förderte. Insgesamt ist nach hiesiger Ansicht eine solcher
zentralistischer Ansatz „von Oben“ auch dem Raumordnungsgesetz fremd, wenn es von einem
„Gegenstromprinzip“ spricht (§ 1 Abs. 3 ROG).
Unter dem Eindruck der großen Anzahl der Stellungnahmen und Anregungen hierzu (vgl. neben unserer Stellungnahme im Internet-Mitgliederbereich des Verbandes auch die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses im Thüringer Landtag, Drs. 5/5341) kam es noch
einmal zu einer Überarbeitung des LEP 2025, dessen erneute Anhörung derzeit (Juni 2013)
noch aussteht. Unser Verband konnte u. a. erreichen, dass die Grundzentren, wie in den Regionalplänen festgeschrieben, zunächst einmal erhalten geblieben sind.
Weitere Stellungnahmen erfolgten zum Thüringer JustizkostenG; zum Thüringer KurorteG;
dem Landesplanungsgesetz, dem Thüringer WohnraumförderG sowie zur geplanten Neuordnung der Gutachterausschüsse.
66
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
Umsetzung des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes Rechtsanspruch ab 01.08.2013
Seit dem 01.08.2010 hat jedes Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in Thüringen gemäß § 2
Abs. 1 Satz 1 ThürKitaG vom vollendeten ersten Lebensjahr bis zum Schuleintritt einen Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung, Erziehung und Betreuung in einer Kindertageseinrichtung.
In § 25 Abs. 1 ThürKitaG wird den Gemeinden eine Übergangszeit bis zum 31.07.2013 eingeräumt. Gemeinden, die die erforderlichen Plätze in den Kindertageseinrichtungen für den seit
dem 01.08.2010 bestehenden Rechtsanspruch nicht bereitstellen konnten, wurden verpflichtet,
ihr Platzangebot bis zum 01.08.2013 stufenweise auszubauen, um spätestens dann den notwendigen Bedarf decken zu können.
Um einen Überblick über die aktuelle Situation bzgl. der Erfüllung des Rechtsanspruches zu
erhalten, hat der Gemeinde- und Städtebund Thüringen bereits im Mai 2012 eine Umfrage
gestartet, in welcher die Gemeinden, die den Rechtsanspruch voraussichtlich nicht erfüllen
können, gebeten wurden, dies mitzuteilen.
Aus den Rückmeldungen ergab sich, dass 21 Gemeinden den Rechtsanspruch nur unter bestimmten Voraussetzungen erfüllen können, und 29 Gemeinden den Rechtsanspruch voraussichtlich nicht erfüllen können.
Eine Überprüfung der Ursachen für die Nichterfüllung des Anspruches bzw. die Erfüllung des
Anspruches unter bestimmten Voraussetzungen ergab, dass seitens der Gemeinden häufig davon ausgegangen wurde, dass sie für jedes Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen
Platz vorhalten müssen. Laut ThürKitaG ist es aber so, dass lediglich der tatsächliche Bedarf an
Betreuungsplätzen gedeckt werden muss. Andere Probleme waren mangelnde Raumkapazität,
fehlendes Personal oder fehlende Gelder bzw. noch ausstehende Fördermittelzusagen für Um-,
Aus- und Neubauten. Sofern notwendig, wurden die einzelnen Gemeinden durch uns angeschrieben und ein Hinweis zur Lösung der individuellen Probleme gegeben.
Des Weiteren fand Ende Juni 2012 ein Gespräch zwischen GStB, TLKT und TMBWK statt, in
dem die aufgetretenen Probleme erörtert und Lösungen gesucht wurden. In Folge dieses Gespräches besuchten die Fachberaterinnen des TMBWK verstärkt die Gemeinden und standen
ihnen mit Rat und Tat zur Seite.
Im Dezember 2012 wurde durch ein gemeinsames Schreiben des TMBWK, des GStB Thüringen und des TLKT die Pflicht der Gemeinden zur Bereitstellung von Plätzen in Kindertageseinrichtungen gegenüber den Landkreisen, Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften in
Thüringen näher erläutert. Ziel war eine Klarstellung, wann Gemeinden Zweckvereinbarungen
zur Erfüllung des Rechtsanspruches abschließen müssen bzw. wann Kinder das Wunsch- und
Wahlrecht nutzen und demzufolge nur der pauschalierte Betriebskostenanteil gezahlt werden
muss.
68
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
Die Brisanz des Themas zeigt sich auch darin, dass sich im März 2013 aufgrund einer Kleinen
Anfrage (Drucksache 5/5902) der Thüringer Landtag mit diesem Thema beschäftigte. Hierbei
wurde neben der Aussage, dass der Rechtsanspruch voraussichtlich in Thüringen erfüllt werden
kann, auch eindeutig festgehalten, dass sich der Anspruch auf einen Platz in einer Kindertageseinrichtung gegen den Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt als örtlichen Träger der öffentlichen
Jugendhilfe richtet.
Voraussichtlich kann somit von einer Erfüllung des Rechtsanspruches in Thüringen ausgegangen werden. Problematisch wird es in wenigen größeren Städten bleiben und nicht jedes Kind
wird seinen Wunsch-Kindergartenplatz erhalten können.
Änderung des ThürKitaG im Rahmen des HH-Begleitgesetzes
Im Juli 2012 wurde der Gemeinde- und Städtebund Thüringen aufgefordert, eine Stellungnahme
zur geplanten Änderung des ThürKitaG im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes abzugeben.
Die bestehende Gesetzeslage sollte dahin gehend geändert werden, dass die in § 17 ThürKitaG
festgeschriebene jährliche Bedarfsplanung nur noch alle zwei Jahre stattfinden soll.
Die Änderung der Bedarfsplanung auf zwei Jahre wurde unsererseits kritisch gesehen. Wir verwiesen darauf, dass eine Bedarfsplanung für ungeborene Kinder gar nicht möglich ist und zum
anderen, dass man nicht flexibel genug auf Veränderungen reagieren kann. Gefordert wurde,
dass den Gemeinden und Städten auf jeden Fall die Möglichkeit für Konkretisierungen und
Korrekturen innerhalb dieses Zeitraumes gegeben wird.
Trotz unserer Einwände wurde der Entwurf ohne Änderung angenommen.
VV zu pauschalierten Betriebskosten
Im Juli 2012 wurde aufgrund der Erhebungen des Thüringer Landesamtes für Statistik die Verwaltungsvorschrift zur Festsetzung des pauschalierten Anteils an den Betriebskosten nach § 18
Abs. 6 und 10 ThürKitaG fortgeschrieben. Insbesondere aufgrund der steigenden Personalkosten erhöhten sich die Beträge entsprechend der nachfolgenden Aufstellung. Die Verringerung
der Kosten bei den Hortplätzen liegt vermutlich an der sehr geringen Zahl dieser Plätze in Kindertageseinrichtungen. Hier können sich schon kleine Veränderungen stark auswirken.
Pauschalierte Betriebskosten ...
für einen Platz in einer Kinderkrippe
Betrag 2011/2012
660 €
für einen Kindergartenplatz
338 €
für einen Platz im Kinderhort
153 €
für einen Platz in einer gemeinschaftlich 347 €
geführten Einrichtung für Kinderverschiedener Altersgruppen
Betrag 2012/2013
677 €
(Anstieg um 2,57%)
355 €
(Anstieg um 5,03%)
119 €
(Verringerung um 22,22%)
379 €
(Anstieg um 9,22%)
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
69
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
VV zu laufenden Geldleistungen in der Kindertagespflege
Seitens des TMBWK wurde uns im August 2012 der Entwurf der Verwaltungsvorschrift zur
Festsetzung der laufenden Geldleistung für Kinder in Kindertagespflege übermittelt. Änderungsschwerpunkte waren die Anpassung der Beträge für Sachaufwand, Unfallversicherung
und Rentenversicherung.
Der entstehende Sachaufwand orientiert sich an dem durch das Landesjugendamt festgelegten
Pauschalbetrag für materielle Aufwendungen in der Vollzeitpflege für Kinder bis zum vollendeten 7. Lebensjahr. Hiervon werden 60% in Ansatz gebracht. Da die Beiträge für die materiellen
Aufwendungen in der Vollzeitpflege für Kinder bis zum vollendeten 7. Lebensjahr mit Wirkung
zum 1. Januar 2012 in Höhe von 449,00 Euro festgesetzt wurden, musste die VV entsprechend
angepasst werden. Es ergab sich eine Erhöhung des Sachaufwandes für die Kindertagespflege
bei Ganztagsbetreuung von bisher 258,60 Euro auf 269,40 Euro.
Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung waren nach Mitteilung der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) auf einen jährlichen Beitrag
i. H. v. 87,38 Euro gestiegen; während sich der Mindestbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung auf 78,40 Euro/Monat verringert hatte.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen wies in seiner Stellungnahme auf zwei kritische
Punkte hin: Zum einen, dass die Staffelung des Sockelbetrages an die Betreuungszeiten zu Problemen in der Praxis der ergänzenden Tagespflege führt, da die Stundensätze im Verhältnis zum
Betreuungsaufwand nicht gerecht verteilt sind. Dies wurde durch folgendes Beispiel belegt:
„Bei Betreuungszeiten von 2 bis 3 Stunden im Monat kommt eine Tagespflegeperson auf einen
durchschnittlichen Stundensatz von mehr als 16,00 Euro. Bei einer Betreuungszeit von 60 und
mehr Stunden im Monat liegt der Stundensatz bei ca. 3,00 Euro.“ Als Ergebnis der Einführung
der Sockelbetragsregelung hatten bereits verschiedentlich Tagespflegepersonen erklärt, dass sie
nur noch für Betreuungszeiten bis 20 Stunden im Monat zur Verfügung stehen.
Der zweite kritische Punkt betraf den Bereich der Versicherungen: Tagespflegepersonen, die
lediglich zwei Kinder betreuen, war es bisher möglich, beitragsfrei die Familienversicherung
des Ehepartners in Anspruch zu nehmen, da sie unter die Freibetragsgrenze von 375,00 Euro
fielen. Durch die geplante Erhöhung beträgt das sozialversicherungspflichtige Einkommen bei
zwei betreuten Kindern dann 381,60 Euro. Eine Familienversicherung ist diesen Tagesmüttern
dann nicht mehr möglich. Real sinkt ihr Einkommen, da sie durch die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bei 21,60 Euro Mehreinnahmen 73,72 Euro Mehrausgaben haben (hälftige
Erstattung des Jugendamtes schon abgezogen). Es wurde auf den möglichen Wegfall von Tagespflegeplätzen durch die unverhältnismäßige Mehrbelastung hingewiesen.
Des Weiteren wurde unsererseits darum ersucht, dass der Tag des Inkrafttretens verschoben
wird. Gemäß § 2 der VV sollte die Verwaltungsvorschrift am Tag nach der Verkündung in Kraft
treten. Da es sich um Beträge handelt, die monatlich ausgezahlt werden, empfahlen wir, dass
die Verwaltungsvorschrift erst zum nächsten Ersten nach dem Tag der Verkündung in Kraft
tritt.
Die von uns eingebrachten Hinweise fanden allerdings keine Berücksichtigung. Lediglich der
Tag des Inkrafttretens wurde von „Tag nach der Verkündung“ auf den 01.01.2013 verschoben.
70
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
Änderungen im Bereich der Schulgesetzgebung
Im vorliegenden Berichtszeitraum gab es im Bereich der Schulgesetzgebung einige Veränderungen auf die nachfolgend näher eingegangen werden soll. Neben den eher kleinen Veränderungen im Schulgesetz, Schulfinanzierungsgesetz und einigen Verordnungen sowie dem Gesetz
zur Verbesserung der Altersstruktur an staatlichen Schulen stellte die Ablöseverordnung zur
Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung mit Abstand die größte Neuerung in diesem Bereich dar.
Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über die Finanzierung der staatlichen Schulen, des Thüringer Förderschulgesetzes, des Thüringer Schulgesetzes und der Thüringer
Verordnung zur sonderpädagogischen Förderung
Im Juli 2012 wurde der GStB aufgefordert zum Entwurf des „Gesetzes zur Änderung des Thüringer Gesetzes über die Finanzierung der staatlichen Schulen, des Thüringer Förderschulgesetzes, des Thüringer Schulgesetzes und der Thüringer Verordnung zur sonderpädagogischen
Förderung“ Stellung zu nehmen.
Thematisch ging es um die Gastschulbeiträge bei den neu eingeführten Gemeinschaftsschulen, den Einsatz von sonderpädagogischen Fachkräften an den allgemein- und berufsbildenden
Schulen sowie die Strukturierung des Berufsvorbereitungsjahres hinsichtlich der Förderung
in einem heterogenen Klassenverband. Der GStB forderte in seiner Stellungnahme u. a. die
Einführung es einheitlichen Sachkostenbeitrages für Gemeinschaftsschulen, da die Einstufung
nach Grund- bzw. Regelschule bzw. Gymnasium zu arbeitsaufwendig ist. Eine Neufassung des
ThürSchFG lag zum Zeitpunkt des Drucks des Geschäftsberichtes noch nicht vor.
Bezüglich des Einsatzes der sonderpädagogischen Fachkräfte (SPF) forderte der GStB einen
Einsatz auch in den Horten, da diese zum Einen organisatorischer Teil der Schule sind, und zum
Anderen die Erziehungsarbeit ganztätig stattfindet und auch die Grundpflege nicht mit Unterrichtsschluss endet. Leider wurde diesem Vorschlag seitens des TMBWK nicht gefolgt. Der
GStB setzt sich weiterhin für die Ausweitung der Mitwirkung der SPF auch im Hort ein.
Den Änderungsvorschlägen bzgl. der ThürsoFöVO konnte der GStB folgen, da sie zu einem
umfassenderen Aufgabenfeld des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes führten.
Gesetz zur Verbesserung der Altersstruktur an staatlichen Schulen
Ebenfalls im Juli 2012 wurde uns das Thüringer Haushaltsbegleitgesetz zur Stellungnahme
übermittelt. Artikel 9 beinhaltete das „Gesetz zur Verbesserung der Altersstruktur an staatlichen
Schulen“. Verbeamtete Lehrer, die vor dem 01.01.1954 geboren wurden, haben somit die Möglichkeit auf Antrag in den Ruhestand versetzt zu werden, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet
haben. Voraussetzung ist, dass keine dienstlichen Gründe entgegenstehen. Ein Ablehnungsgrund
liegt insbesondere dann vor, wenn der fachbezogene Unterrichtsbedarf nicht abgedeckt werden
kann. Seitens des GStB bestanden diesbezüglich keinerlei Einwände, da damit der bestehende
Personalüberhang abgebaut und die Konsolidierung des Haushaltes beschleunigt werden soll.
Allerdings stellte der GStB die Frage, ob vergleichbare Regeln auch für die tarifbeschäftigten
Lehrer angedacht sind. Eine Antwort des TMBWK liegt hierzu leider nicht vor.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
71
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
Thüringer Verordnung über die Genehmigung und Zulassung von Lehr- und Lernmitteln
sowie die Einführung und Bereitstellung von Lernmittel
Im November 2012 wurde der Änderungsentwurf zur „Thüringer Verordnung über die Genehmigung und Zulassung von Lehr- und Lernmitteln sowie die Einführung und Bereitstellung
von Lernmittel“ (THürLLVO) seitens des TMBWK zur Stellungnahme an den GStB Thüringen
versandt.
Veränderungen bzgl. des Verfahrens der Genehmigung und Zulassung von Lehr- und Lernmittel waren nicht angedacht; vielmehr ging es darum, auf Veränderungen im Unterrichtsalltag, z.
B. den vermehrten Einsatz von digitalen Werkzeugen, und dem Schulbuchmarkt zu reagieren.
Des Weiteren sollte die neu etablierte Schulart „Gemeinschaftsschule“ in die Verordnung aufgenommen werden.
Nach Rückmeldung durch unsere Schulträger wurden zwei Punkte kritisiert: Erstens sah der
Entwurf vor, dass die Verbrauchsmaterialien gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 der Verordnung nur Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf kostenlos zur Verfügung gestellt werden sollen
und zweitens sollte sich der Etat, welcher der Schulleitung zur Verfügung steht, gemäß § 12
Abs. 3 des Entwurfs anhand der zu erwartenden Schülerzahl und eines Pauschbetrages pro
Schüler nach Maßgabe des Haushaltes des Ministeriums berechnen. Beide Punkte haben wir
kritisert. Für die kostenlose Bereitstellung der Verbrauchsmaterialien forderten wir eine einheitliche Lösung für alle Schüler und bzgl. des Etats forderten wir eine umfassende Bereitstellung
von finanziellen Mitteln, so dass ein lehrplangerechter Unterricht gewährleistet werden kann.
Des Weiteren wurde um eine Klarstellung bzgl. der Lizenzkontrolle durch den Schulleiter ersucht.
Eine beschlossene neue Verordnung liegt zum Berichtszeitpunkt noch nicht vor; der Schulbuchkatalog 2013/2014 wurde mit der ThürLLVO, Stand 18.06.2009, veröffentlicht.
Verwaltungsvorschrift „Organisation und Durchführung der Schulsportwettbewerbe in
Thüringen“
Im März 2013 wurde die Verwaltungsvorschrift „Organisation und Durchführung der Schulsportwettbewerbe in Thüringen“ aus dem Jahre 1996 zur Stellungnahme an alle Schulträger
weitergeleitet. Federführend war das TMSFG.
Gegen die Änderungsvorschläge seitens des TMSFG, welche in der Hauptsache formaler Natur
waren, bestanden unsererseits keine Einwände.
Gefordert haben wir allerdings eine Erhöhung der Refinanzierung für die Schulträger. Begründet wurde dies damit, dass zwar für die Vorbereitung und Durchführung der Wettkämpfe
Abschlagszahlungen geleistet werden, allerdings berücksichtigen diese weder den Organisation- und Zeitaufwand des Schulträgers für die Vor- und Nachbereitung sowie die eigentliche
Durchführung der Wettbewerbe noch den Aufwand im Bereich der Haushaltssachbearbeitung.
Eine geänderte Fassung der Verwaltungsvorschrift lag zum Zeitpunkt des Drucks des Geschäftsberichtes noch nicht vor.
72
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung
Bereits im Januar 2009 und im Oktober 2010 hat uns das Thüringer Ministerium für Bildung,
Wissenschaft und Kultur (TMBWK) die Entwürfe einer überarbeiteten Verordnung zur Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung (ThürHortkBVO) übermittelt. Aufgrund aktueller
Rechtsprechung und Änderungen bestehender Sozialleistungen hat sich ein Anpassungsbedarf
der bestehenden Verordnung, welche aus dem Jahr 2001 ist, ergeben. Zudem sollten mit dem
Verordnungsentwurf die Einkommensgrenzen überarbeitet und Anregungen aus der Praxis aufgegriffen werden.
Zu beiden Entwürfen hat unser Verband umfangreiche Stellungnahmen abgegeben und seine
Bedenken, insbesondere hinsichtlich des zu erwartenden Verwaltungsaufwandes und der möglichen gänzlichen Übertragung der Aufgabe „Hortbetreuung“ auf die Kommunen, geäußert.
Ergebnis war in beiden Fällen, dass das Land von einer Änderung der ThürHortkBVO zum
Schuljahresbeginn 2010/2011 bzw. 2011/2012 abgesehen hat.
Im September 2012 erhielten wir dann einen neuen Entwurf zur Änderung der ThürHortkBVO.
Ziel der Umsetzung war diesmal der Beginn des Schuljahres 2013/2014.
Nach Anhörung aller Schulträger im GStB Thüringen wurde durch uns im Oktober 2012 eine
umfangreiche Stellungnahme zum Entwurf abgegeben. Hauptkritikpunkt war weiterhin der
hohe Verwaltungsaufwand, welcher sich u. a. durch die jährlichen Anmeldefristen, teilweise
vorläufigen Bescheiderstellungen, den neuen Einkommensbegriff und den Absetzungstatbestandsprüfungen sowie der Staffelung der Einkommenshöhe in jetzt fünf statt wie bisher drei
Einkommensgruppen begründete. Als bedenklich wurde auch der knappe Zeitrahmen bis zum
Inkrafttreten der Verordnung gesehen. Die Schulträger mussten nicht nur ihre Betriebskostensatzungen anpassen und beschließen, sondern auch ihre Software umstellen sowie neue Formulare und Bescheide entwickeln. Große Bedeutung hatte für die Schulträger auch eine umfangreiche Schulung ihrer Mitarbeiter, welche durch das TMBWK erfolgen sollte.
Im Zeitraum Oktober und November 2012 fanden dann mehrere Besprechungen zwischen dem
TMBWK und den kommunalen Spitzenverbänden, unter Einbeziehung von Fachleuten aus der
Praxis, statt. Hierbei wurden die Verordnung und die durch die Stellungnahmen eingebrachten
Kritikpunkte beraten und nach Möglichkeit zu Gunsten der Praxis umformuliert.
Anfang Februar 2013 wurde der geänderte Verordnungsentwurf an uns übermittelt und zur
Stellungnahme an die Schulträger weitergeleitet. Positiv sei hier vermerkt, dass die Zahl der
Einkommensgruppen von geplant fünf auf vier gesenkt wurde.
Allerdings blieben andere Punkte übrig, welche einen erhöhten Verwaltungsaufwand für die
Sachbearbeitung bedeuten. Diese wurden in der Stellungnahme aufgeführt und um Änderung
gebeten.
Hauptaugenmerk der Stellungnahme lag diesmal allerdings auf dem Punkt „Kosten“. Im Vorwort der Verordnung wurde begründet, dass der entstehende Mehraufwand ausfinanziert sei.
Dieser Auffassung des TMBWK widersprachen wir energisch. Zur Begründung führten wir
aus, dass einerseits die Fallzahlen aufgrund der befristeten und vorläufigen Bescheide und
andererseits durch die Erhöhung der Einkommensgruppen ansteigen wird, da weniger Eltern
in die Gruppe „höchstes Einkommen“ fallen werden. Ein weiterer Kritikpunkt war die vom
TMBWK angenommene Bearbeitungszeit von 0,75 h/Antrag. Eine Abfrage bei unseren Schulträgern ergab, dass die durchschnittliche Bearbeitungszeit eines Antrags bei rund 1,75 h liegt.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
73
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
Insgesamt ergibt sich nach unseren Berechnungen ein finanzieller Mehraufwand von rund
1.183.320,00 Euro.
Ergebnis dieser Kritik war, dass den Schulträgern jetzt 2,5 von Hundert der auf ein Kalenderjahr bezogenen Gesamteinnahmen der Personalkostenbeteiligung zugewiesen werden.
Mit Schreiben vom 08.03.2013 wurde uns durch das TMBWK die Ablöseverordnung in ihrer
Endfassung zur weiteren Verwendung zugeleitet. Die Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt erfolgte am 28.03.2013.
Der Bitte um Schulung zur neuen Hortkostenbeteiligung folgend, fanden am 22.03.2013 und
1.04.2013 Erfahrungsaustausche statt, an denen ein Referent des TMBWK Fragen der SachbearbeiterInnen beantwortete.
Schwerpunkt in beiden Veranstaltungen war der neue Einkommensbegriff und die Berechnung
des durchschnittlichen Monatseinkommens, aus welchem sich dann die Gebührenhöhe ergibt.
Des Weiteren gab es Fragen zur Anrechnung einzelner Sozialleistungen, zum Umgang mit verspäteten oder gar nicht abgegebenen Unterlagen, zur Anrechnung von Geschwisterkindern und
zur Anrechnung der Einkommen von Lebensgefährten; besonders detailliert wurden hier die
sogenannten „Patchwork-Familien“ diskutiert.
Zeitgleich wurden unsererseits im März 2013 Muster für die neue Gebührensatzung und die
neue Benutzungssatzung für die Horte vorbereitet und dem Thüringer Landesverwaltungsamt
zur Prüfung vorgelegt. Im Anschluss daran wurden sie sowohl an alle Schulträger im GStB als
auch dem TLKT zur Verfügung gestellt.
Fachliche Empfehlungen und Muster
Sowohl seitens des TMBWK als auch des TMSFG wurden im Berichtszeitraum verschiedene
fachliche Empfehlungen und Muster erarbeitet bzw. deren Erarbeitung begonnen.
Im Referat 2.7 Kindertagesbetreuung und frühkindliche Bildung des TMBWK handelt es sich
dabei zum Einen um die „Fachliche Empfehlungen des Thüringer Ministeriums für Bildung,
Wissenschaft und Kultur zur gemeinsamen Förderung von Kindern ohne und mit (drohender)
Behinderung nach § 7 Abs. 1 bis 3 ThürKitaG sowie von Kindern mit besonderem Förderbedarf
nach § 7 Abs. 4 ThürKitaG in Kindertageseinrichtungen“ und zum Anderen um die Fachliche
Empfehlung „Medikation in Kindertageseinrichtungen“.
Im Referat 31 Grundsatzangelegenheiten, Jugendhilfe, Frühe Hilfen des TMSFG handelt es
sich um die „Mustervereinbarung zum Verfahren nach § 8a Abs. 4 SGB VIII“ und die dazugehörigen Leitlinien „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“, die „Fachliche Empfehlungen
zur Umsetzung des § 72a SGB VIII“ sowie die „Mustervereinbarung zu § 3 KKG“.
Nachfolgend sollen die einzelnen Fachlichen Empfehlungen bzw. Muster kurz vorgestellt werden.
74
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
Fachliche Empfehlungen des zur gemeinsamen Förderung von Kindern ohne und mit
(drohender) Behinderung nach § 7 Abs. 1 bis 3 ThürKitaG sowie von Kindern mit besonderem Förderbedarf nach § 7 Abs. 4 ThürKitaG in Kindertageseinrichtungen
Wie bereits im Geschäftsbericht 2011/2012 dargelegt, wurde unter Leitung des TMBWK eine
Arbeitsgruppe mit der Erstellung dieser Fachlichen Empfehlung beauftragt. Mitglieder dieser
Arbeitsgruppe waren sowohl Fachberaterinnen öffentlicher und freier Träger als auch Einrichtungsleiterinnen, Vertreter der kommunalen Spitzenverbände und Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses.
Ziel der Fachlichen Empfehlung war und ist es, der Fachpraxis, also den MitarbeiterInnen in
den (Regel-)Kindertageseinrichtungen, Hinweise zur Umsetzung des Auftrages der gemeinsamen Förderung von Kindern ohne und mit (drohender) Behinderung sowie von Kindern mit
besonderem Förderbedarf zu geben.
Die Endfassung der Fachlichen Empfehlung lag im Oktober 2012 vor und wurde in zwei Fachveranstaltungen durch das Referat 2.7 des TMBWK den FachberaterInnen im November und
Dezember 2012 vorgestellt.
Fachliche Empfehlung „Medikation in Kindertageseinrichtungen“
Im Dezember 2012 traf sich erstmals die Arbeitsgruppe „Medikation in Kindertageseinrichtungen“ mit dem Ziel, eine Fachliche Empfehlung zu diesem Thema zu erarbeiten.
Beteiligt sind in dieser Arbeitsgruppen Vertreterinnen des TMBWK, des Gesundheitsamtes, des
Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz (TLV) sowie der Unfallkasse Thüringen (UKT),
der Caritas, den Johannitern und dem GStB Thüringen.
Kernaussage der Empfehlung ist, dass kranke Kinder grundsätzlich nicht in eine Kindertageseinrichtung gehören. Nichtsdestotrotz kann in bestimmten Einzelfällen auch bei Krankheit
(z. B. chronischen Krankheiten oder Allergien) eine Betreuung in einer Kindertageseinrichtung in Betracht kommen. Voraussetzung ist in allen Fällen die Zustimmung des Trägers und
die freiwillige Übernahme dieser Aufgabe durch eine geeignete Mitarbeiterin/einen geeigneten
Mitarbeiter der Einrichtung.
Wann solch ein Einzelfall eintreten kann und welche Voraussetzungen dann erfüllt sein müssen, soll in diesem Arbeitspapier verständlich aufbereitet werden. Des Weiteren wird auf die
Pflichten der Personensorgeberechtigten sowie der Medikamenten verabreichenden Person eingegangen. Ausführungen sollen auch zu rechtlichen Aspekten gemacht werden. Mit der Fertigstellung der Empfehlung ist in Kürze zu rechnen.
Mustervereinbarung zum Verfahren nach § 8a Abs. 4 SGB VIII und Leitlinien Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung
Bereits im Frühjahr 2012 wurde eine Arbeitsgruppe „Bundeskinderschutzgesetz“ unter Federführung des TMSFG eingerichtet.
Ziel der Arbeitsgruppe war es, den aufgrund des Bundeskinderschutzgesetzes vom 22.12.2011
geänderten § 8a SGB VIII - „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“ - näher zu beleuchten
und eine Mustervereinbarung und Leitlinien zum Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung zu
entwickeln.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
75
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
Mitglieder der Arbeitsgruppe waren neben Vertretern des TMSFG, Referat 31 auch Vertreter
des TMBWK, des Landesjugendringes Thüringen, der Parität, der Diakonie sowie von kreisfreien Städten und Landkreisen. Auch die kommunalen Spitzenverbände arbeiteten in der Arbeitsgruppe mit.
Nach vielen konstruktiven Diskussionen und Überarbeitungen des ursprünglichen Entwurfes
wurden die Mustervereinbarung und die dazugehörigen Leitlinien am 10.09.2012 im Landesjugendhilfeausschuss beschlossen und durch das TMSFG zeitnah an die Jugendämter, die kommunalen Spitzenverbände, die Vertreter der LIGA der freien Wohlfahrtspflege und allen Mitgliedern des LJHA zur weiteren Verwendung zugesandt.
Fachliche Empfehlungen zur Umsetzung des § 72a SGB VIII
Nach Beendigung der Arbeiten an der oben beschriebenen Mustervereinbarung begann die Arbeitsgruppe „Bundeskinderschutzgesetz“ im November 2012 mit der Erarbeitung einer Fachlichen Empfehlung zu § 72a SGB VIII - Persönliche Eignung. Auch dieser war im Rahmen des
Bundeskinderschutzgesetzes vom 22.12.2011 geändert wurden.
Im Rahmen dieser Arbeitsgruppe wurde schwerpunktmäßig diskutiert, welche Personen in welchem Umfang unter welchen Voraussetzungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe arbeiten
dürfen. Besonderer Bedeutung kam hierbei dem erweiteren Führungszeugnis zu.
Die Fachliche Empfehlung wurde am 04.03.2013 vom Landesjugendhilfeausschuss beschlossen und dann ebenfalls an die Jugendämter, die kommunalen Spitzenverbände, die Vertreter der
LIGA der freien Wohlfahrtspflege und allen Mitgliedern des LJHA zur weiteren Verwendung
versandt.
Mustervereinbarung zu § 3 KKG
Nach Abschluss der Fachlichen Empfehlung zu § 72a ASGB VIII begann die Arbeitsgruppe
„Bundeskinderschutzgesetz im Mai 2013 mit der Bearbeitung des § 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG).
§ 3 KKG regelt die Rahmenbedingungen für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz;
besonderes Augenmerk gilt hierbei dem Bereich „Frühe Hilfen“.
Gemäß Absatz 3 hat sich die Arbeitsgruppe die Erarbeitung einer Mustervereinbarung für die
verbindliche Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Institutionen des Netzwerkes unter Organisation der örtlichen Träger der Jugendhilfe zum Ziel gesetzt. Kooperationspartner können
insbesondere sein: Einrichtungen und Dienste der öffentlichen und freien Jugendhilfe, Einrichtungen und Dienste mit denen Verträge nach § 75 Abs. 3 SGB XII bestehen, Gesundheitsämter,
Sozialämter, Gemeinsame Servicestellen, Schulen, Polizei- und Ordnungsbehörden, Agenturen
für Arbeit, Krankenhäuser, Sozialpädiatrische Zentren, Frühförderstellen, Familiengerichte und
Angehörige der Heilberufe, Beratungsstellen für soziale Problemlagen, Familienbildungsstätten, Beratungsstellen nach §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, Einrichtungen
und Dienste zur Müttergenesung sowie zum Schutz gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen.
76
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
Fachliche Empfehlung „Integrationshelfer“
In Thüringen ist der Gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne sonderpädagogischen
Förderbedarf gesetzlich festgeschrieben. Ziel ist das gemeinsame Lernen der Kinder und die
Akzeptanz von Verschiedenheit.
Da nicht in jedem Fall alle notwendigen Bedingungen für einen gelingenden Unterricht gegeben sein werden, ist es Aufgabe der Verantwortlichen sie im Prozess und durch Einbeziehung
aller notwendigen Institutionen zu schaffen. Ein Mittel für einen gelingenden Gemeinsamen
Unterricht kann der Integrationshelfer sein. Seine Rolle und seine Aufgaben sollen in einer
Fachlichen Empfehlung dargestellt werden.
Bereits im Juli 2011 gab es einen ersten Entwurf seitens des TLVwA zum Thema „Integrationshelfer im schulischen Bereich“; allerdings ausgerichtet auf den sozialhilferechtlichen Bereich.
Dieser wurde durch das TMSFG mit dem Hinweis auf eine spätere Einarbeitung der jugendhilferechtlichen Aspekte und der für Jahresende angedachten Einbindung des TMBWK, an die
kommunalen Spitzenverbände übersandt.
Unsererseits wurde der Empfehlungsentwurf des TLVwA abgelehnt, da als Grundlage ein Urteil
des Thüringer Landessozialgerichtes vom 30.09.2008 diente, welches auf die Zuständigkeit des
Schulträgers gemäß § 18 a ThürFSG verwies. Dies konnte aus unserer Sicht nicht die richtige
Lösung sein, zumal diese Vorschrift auch kein subjektiv-öffentliches Recht für den Betroffenen
gewährt. Des Weiteren wurde unsererseits die späte Einbindung des TMBWK kritisiert.
In umfangreichen Beratungen unter Federführung des TMSFG/Referat 31 wurde dann ab 2012
ein neuer Entwurf erarbeitet und den Erfordernissen, vor allem vor dem Hintergrund der UNBRK im Bereich Inklusion, angepasst. Vertreten waren und sind in dieser Arbeitsgruppe MitarbeiterInnen des TMSFG, des TMBWK, des TLVwA, der Schulämter, der Jugendämter, der
Sozialämter und der kommunalen Spitzenverbände.
Der aktuelle Entwurf beschreibt folgende Schwerpunkte: Nach einer umfassenden Darstellung
der Rechtsgrundlagen im Bereich Schule, z. B. ThürSchulG, ThürSchulO, ThürSoFöV, wird
auf die speziellen Anspruchsgrundlagen für Therapie und Pflege gemäß den Thüringer Schulgesetzen eingegangen. Anschließend wird der Part der Krankenkasse näher beleuchtet. Und erst
im Anschluss daran, wird darauf eingegangen, ob ein Anspruch auf einen Integrationshelfer
gegenüber dem Jugend- bzw. dem Sozialamt besteht – jeweils abhängig von der Art der Behinderung. Allerdings wird nicht nur der Bereich Schule im Sinne von Unterrichtszeit betrachtet,
sondern es wird auch auf die Problematik des Hortes eingegangen. Zwar gehört der Hortbesuch
nicht zwangsläufig zur Hilfe zur angemessenen Schulbildung, aber es kann sich hierbei durchaus um eine Hilfe zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben handeln. Neben
den Rechtsgrundlagen sollen auch die Aufgaben des Integrationshelfers näher beleuchtet und
aufgelistet werden.
Am 04.07.2013 erhielt der GStB Thüringen den aktuellen Empfehlungs-Entwurf und übermittelte ihn umgehend an die Schulträger, Jugendämter und Sozialämter zur Stellungnahme.
Wir gehen davon aus, dass die Abstimmungen zur Empfehlung bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sind.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
77
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
Beirat „Inklusive Bildung“
Am 02.11.2011 tagte erstmals der Beirat „Inklusive Bildung“ unter Federführung des TMBWK.
Im Gremium arbeiten u. a. Vertreter der staatlichen und der freien Schulträger, der Träger von
Kindertagseinrichtungen, der Behindertenverbände, der Landeseltern- und -schülervertretung,
der Fraktionen des Thüringer Landtags, des Thüringer Instituts für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien sowie des Sozial- und Bildungsministeriums mit. Aufgabe des
Beirates ist die Beratung des Ministers in Fragen der Anwendung der UN-Behindertenrechtskonvention im Bildungsbereich. Der Beirat tagt mindestens zweimal pro Jahr. Zur Bearbeitung
seiner vielfältigen Aufgabenstellungen hat der Beirat fünf Arbeitsgruppen und dazugehörige
Unterarbeitsgruppen gebildet.
Zu den Arbeitsgruppen zählen:
o
o
AG I
AG II
o
AG III
o
o
AG IV
AG V
„Inklusive Bildung im frühkindlichen Bereich“
„Inhalte, Rahmenbedingungen und Zeitschiene für kommunale bzw. regionale
Inklusionskonzepte“
„Professionalisierung der Leiter und des pädagogischen Personals der Schulen
in Thüringen bei der Regionalisierung der sonderpädagogischen Förderung“
„Aus-, Fort- und Weiterbildung“
„Harmonisierung der Leistungsansprüche betroffener Schüler und Eltern“.
Zu den Unterarbeitsgruppen zählen z. B. die UAG „Übergang Kita-Grundschule“ und die UAG
„Schulbauempfehlung“. In beiden war und ist der GStB Thüringen vertreten.
Die UAG „Übergang Kita-Grundschule“ tagte erstmals im September 2012. Ziel ist die Erstellung einer „Fachlichen Empfehlung für einen gelingenden Übergang aller Kinder von der Kindertageseinrichtung in die Grundschule“. Während es in den ersten Treffen der UAG vorrangig
um die Beschreibung der Zielgruppe, z. B. ErzieherInnen, LehrerInnen, MSD, Kita-LeiterInnen
usw., sowie deren Handlungsfelder im Bereich Übergang Kita-Grundschule ging, beschäftigten
sich die Mitglieder der UAG in den folgenden Arbeitstreffen mit dem terminlichen Ablauf
des Überganges. Hierzu zählen z. B. feste Termine wie Meldung der Schulanfänger an das
Schulamt, Antrag auf sonderpädagogische Begutachtung, Informationselternabende der Schule, Schulanmeldung, schulärztliche Untersuchung usw.. Daneben gehören auch die „weichen
Termine“ dazu: Treffen zwischen Kita und Grundschule, lockere Treffen zwischen Kita-Eltern
und Grundschuleltern, Kita-Eltern und Lehrer usw.. Ziel der chronologischen Erfassung der
Termine ist deren inhaltliche und zeitliche Abstimmung sowie die Verbesserung der Abläufe,
um den Kindern den Übergang so einfach und angenehm wie möglich zu gestalten.
Die UAG „Schulbauempfehlung“ befasst sich neben den grundsätzlichen räumlichen Voraussetzungen, die die verschiedenen Schularten erfüllen müssen, u. a. auch mit dem Thema Barrierefreiheit an Schulen. Hierzu wurde im März/April 2013 eine Umfrage unter den Schulträgern
vorgenommen, in welcher abgefragt wurde, wie viele Schulen pro Schulart der Schulträger hat
und an wie vielen Schulen pro Schulart es bereits Ansätze zur Barrierefreiheit gibt (z. B. Aufzug, Rampe, Blindenleitsystem usw.). Die gleiche Umfrage wurde beim TLKT durchgeführt,
womit das TMBWK und das TMBLV jetzt über einen relativ umfassenden Überblick über die
Barrierefreiheit an staatlichen Schulen verfügen. Als Zwischenergebnis lässt sich feststellen,
78
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
dass derzeit lediglich 9,5 % aller Schulen barrierefrei ausgestattet sind. Würde man alle Schulen
nachträglich barrierefrei ausstatten wollen, werden hierfür rund 140 Mio. Euro benötigt. In der
noch zu führenden weiteren politischen Diskussion wird zu entscheiden sein, wie schnell die
Schulträger durch spezielle Investitionsprogramme des Landes in die Lage versetzt werden, die
Schulen im notwendigen Umfang nachzurüsten.
ThürFlüAG und ThürFlüKEVO
Im Zeitraum August bis Dezember 2012 gab es einige Veränderungen im Bereich Flüchtlinge
und Asylbewerber. Ursächlicher hierfür waren neben neuen EU-Regelungen und damit verbunden bundesrechtlichen Gesetzesänderungen auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes.
Nachfolgend sollen die Änderungen kurz dargestellt werden.
Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz (ThürFlüAG)
Im Juli 2012 wurde uns durch das Thüringer Innenministerium der „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes (ThürFlüAG)“ mit der Bitte
um Stellungnahme zugesandt.
Hintergrund der Änderung war, dass im Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EUVisakodex vom 22. November 2011 der Bundesgesetzgeber eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) in der Weise vorgenommen hat, dass ausländischen Opfern einer Straftat
nach § 10 Abs. 1 oder § 11 Abs. 1 Nr. 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach
§ 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann (§ 25 Abs. 4b AufenthG). Der begünstigte Personenkreis
wurde ins Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) aufgenommen.
Dem entsprechend sollte eine Aufnahme des betreffenden Personenkreises in § 1 Satz 1 Nr. 3
des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes erfolgen, um eine Kostenerstattung auf der Basis
der Thüringer Flüchtlingskostenerstattungsverordnung vornehmen zu können.
Darüber hinaus sollte die bislang bestehende Befristung im Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz gestrichen werden.
Diesem Entwurf haben wir, nach Anhörung der zuständigen Mitgliedsstädte, zugestimmt.Im
Oktober 2012 beschloss der Innenausschuss des Thüringer Landtags erneut ein schriftliches
Anhörungsverfahren zum ThürFlüAG. Beratungsgegenstände waren das Dritte Gesetz zur Änderung des ThürFlüAG (Entwurf der Landesregierung), das Dritte Gesetz zur Änderung des
ThürFlüAG (Entwurf der Fraktion DIE LINKE) sowie ein Antrag auf Änderung der ThürFlüKEVO (Antrag der Fraktion DIE LINKE).
Schwerpunkt im Änderungsentwurf zum ThürFlüAG (Entwurf der Fraktion DIE LINKE) war
u. a. eine Reduzierung des Personenkreises, eine regelmäßige Unterbringung in Einzelunterkünften, eine Neuregelung der Verteilung von Asylsuchenden, die Einschränkung der Wohnungskontrolle dahin gehend, dass nur noch Gemeinschaftsunterkünfte unter Berücksichtigung
von Artikel 13 GG kontrolliert werden dürfen, eine Neuregelung des Benutzungsverhältnisses
der Wohnungen sowie Änderungen bei der Leistungsgewährung. Obwohl einige der eingebrachten Punkte durchaus überlegenswert sind, gab es insgesamt zu viele Bedenken und unGeschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
79
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
geklärte Sachverhalte, so dass der Entwurf insgesamt durch den Gemeinde- und Städtebund
Thüringen abgelehnt wurde.
Das Änderungsgesetz zum ThürFlüAG wurde am 14.12.2012 beschlossen und im Gesetz- und
Verordnungsblatt veröffentlicht.
Thüringer Verordnung über die Kostenerstattung nach dem Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz (ThürFlüKEVO)
Gemäß § 2 Abs. 1 ThürFlüKEVO erstattet das Land derzeit den Landkreisen und kreisfreien
Städten für jeden tatsächlich aufgenommenen Flüchtling eine monatliche Unterbringungspauschale in Höhe von 177,00 € und eine monatliche Sozialbetreuungspauschale in Höhe von
24,45 €, sofern die in § 2 Abs. 1 der Thüringer Gemeinschaftsunterkunfts- und Sozialbetreuungsverordnung (ThürGUSVO) normierten Vorgaben erfüllt werden, ansonsten 12,78 €. Daneben leistet das Land als Ausgleich der Kosten, die bei der Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes entstehen, pauschal monatlich 272,00 € für jeden aufgenommenen Flüchtling,
für den tatsächlich Leistungen erbracht werden.
Einen ersten Vorstoß zur Änderung der ThürFlüKEVO gab es, wie bereits erwähnt, im Juli
2012, vorgelegt zur Stellungnahme im Oktober 2012, durch die Fraktion DIE LINKE. Ziel war
eine Änderung dahin gehend, dass die notwendigen und tatsächlich angefallenen Kosten durch
das Land an die Landkreise, kreisfreien Städte und Gemeinden ausgezahlt werden. Grundsätzlich wird diese Position zwar durch uns befürwortet, allerdings führt sie in der Konsequenz
zu einem erheblichen Verwaltungsmehraufwand, da die Kommunen die angefallenen Kosten
explizit nachweisen müssen. Aus unserer Sicht wäre eine umfassende Überprüfung der Kosten
und eine damit verbundene Anpassung der Pauschalen zielführender.
Dass eine Anpassung der Pauschalen allerdings dringend geboten war, zeigte schon das Urteil
des BVerfG vom 18.07.2012.
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Urteil vom 18. Juli 2012 entschieden,
dass die Regelungen zu den Grundleistungen in Form der Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG unvereinbar sind. Die
Höhe dieser Geldleistungen ist evident unzureichend, weil sie seit 1993 trotz erheblicher Preissteigerungen in Deutschland nicht verändert worden ist. Zudem ist die Höhe der Geldleistungen
weder nachvollziehbar berechnet worden noch ist eine realitätsgerechte, am Bedarf orientierte
und insofern aktuell existenzsichernde Berechnung ersichtlich. Der Gesetzgeber ist verpflichtet worden, unverzüglich für den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes eine
Neuregelung zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zu treffen.
Bis zu deren Inkrafttreten hat das Bundesverfassungsgericht angesichts der existenzsichernden
Bedeutung der Grundleistungen eine Übergangsregelung getroffen. Danach ist ab dem 1. Januar
2011 die Höhe der Geldleistungen auch im Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes entsprechend den Grundlagen der Regelungen für den Bereich des Zwölften Buches
Sozialgesetzbuch zu berechnen. Dies gilt rückwirkend für nicht bestandskräftig festgesetzte
Leistungen ab 2011 und im Übrigen für die Zukunft, bis der Gesetzgeber seiner Pflicht zur
Neuregelung nachgekommen ist.
80
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Jugend, Soziales, Gesundheit und Schulen
Mit Schreiben vom 31. Juli 2012 gab das Landesverwaltungsamt den Landkreisen und kreisfreien Städten vorläufige Anwendungshinweise an die Hand, so dass bereits ab August die
höheren Leistungsbeträge an Asylbewerber ausgereicht werden konnten. In der Konsequenz
führt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu, dass die Kosten für Leistungen
an Asylbewerber deutlich steigen. Das Landesverwaltungsamt ermittelte deshalb die im Monat
August 2012 tatsächlich für die Leistungsgewährung angefallenen Kosten.
Bei der Anpassung der Leistungspauschale war darüber hinaus die Anhebung der Regelsätze
durch die Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 138 Nr. 2 des Zwölften
Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2013 zu berücksichtigen. Die betreffenden Regelsätze wurden um 2,26 % angehoben. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Entwicklungen
war nach der Berechnung des Landesverwaltungsamts die Leistungspauschale künftig auf
354,00 € festzulegen.
Die rückwirkend ab dem 1. Januar 2011 zu leistenden Nachzahlungen sollen nicht mit in die
pauschale Kostenerstattung einfließen. Für diese Kosten soll in die ThürFlüKEVO eine Vorschrift zur „Spitzabrechnung“ aufgenommen werden. Nach Einschätzung des Landesverwaltungsamtes werden hierfür etwa 900.000 € erforderlich sein.
Das Inkrafttreten der Änderungsverordnung, welche dem Gemeinde- und Städtebund Thüringen im November 2012 zur Stellungnahme gegeben wurde, ist rückwirkend für den 1. August
2012 vorgesehen, da seit diesem Zeitpunkt die nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts höheren Leistungen an Asylbewerber auszureichen sind und bei den kommunalen Gebietskörperschaften damit entsprechend höhere Kosten anfallen.
In unserer Stellungnahme haben wir insbesondere darauf verwiesen, dass bei der Festsetzung
der Pauschalen nicht nur die tatsächlich angefallenen Kosten berücksichtigt werden dürfen,
sondern auch eine Vorausberechnung erfolgen muss, da tendenziell mit steigenden Kosten, insbesondere im Wohnbereich, zu rechnen ist. Auch im Bereich der Krankenkosten drängten wir
auf eine Nachbesserung. Die neu getroffene Regelung des § 2 Abs. 2 ThürFlüKEVO bzgl. der
Spitzabrechnung für den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.07.2012 wurde von uns begrüßt.
Nachdem das Thüringer Finanzministerium sein Einvernehmen zum Entwurf einer Dritten Verordnung zur Änderung der Thüringer Verordnung über die Kostenerstattung nach dem Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz erteilt hatte, trat die Änderungsverordnung im Mai 2013 in
Kraft.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
81
Öffentliche Sicherheit und Ordnung
Öffentliche Sicherheit und Ordnung
Brand- und Katastrophenschutzrecht
Im Rahmen der Aufgabenerfüllung im Brand- und Katastrophenschutzrecht liegt weiterhin das
Hauptaugenmerk der kommunalen Aufgabenträger auf der Sicherstellung einer hinreichenden
personellen und sächlichen Ausstattung. Auch im zurückliegenden Berichtsjahr war der Gemeinde- und Städtebund Thüringen dabei in seinen Gesprächen mit der Thüringer Landesregierung intensiv darum bemüht, die Rahmenbedingungen für eine effektive Aufgabenerfüllung
im Brand- und Katastrophenschutzrecht weiter zu optimieren. Nach der vollständigen Überführung des Katastrophenschutzes in den übertragenen Wirkungskreises und der daraus folgenden
Finanzierungspflicht des Freistaates ging es dabei nunmehr vor allem um die Ausgestaltung der
für die Katastrophenschutzbehörden aufgestellten Standards, deren Angemessenheit und Flexibilität. Auch setzte der Gemeinde- und Städtebund Thüringen seine Bemühungen gegenüber
der Thüringer Landesregierung fort, das Recht des Kostenersatzes für Einsätze der Feuerwehren rechtssicherer, effizienter und zugleich transparenter zu gestalten.
Anforderungen der Katastrophenschutzverordnung
Im Rahmen der Verantwortlichkeit des Freistaates Thüringen für die Gefahrenanalyse im Katastrophenschutz und für die daraus folgenden Standards der in den Kommunen vorzuhaltenden
Einheiten hat sich der Gemeinde- und Städtebund Thüringen weiter intensiv für eine Flexibilisierung und regionale Differenzierung bei der Anwendung der Standards nach der Katastrophenschutzverordnung eingesetzt. Im Ergebnis hat die in einer Vielzahl von Gesprächen
geäußerte Kritik des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen an der bisherigen Systematik,
nach der die Standards ausnahmslos für alle 23 Aufgabenträger, unabhängig von der jeweiligen
konkreten Gefahrenlage und Bevölkerung aufgestellt werden mussten, letztlich zu einer Modifizierung der Vorgehensweise seitens des Landes geführt. So hat das Thüringer Innenministerium nunmehr signalisiert, den Kommunen die Beschaffung der für den Katastrophenschutz
erforderlichen Technik abzunehmen und künftig landesweit zu organisieren.
Unterstützung des Ehrenamtes in der Feuerwehr
Der anhaltende demographische Wandel im Freistaat Thüringen stellt die Feuerwehren im Hinblick auf ihre Einsatzfähigkeit vor immer größere Probleme, weshalb die Bemühungen des
Gemeinde- und Städtebundes Thüringen um effektive Brandschutzstrukturen weiter verstärkt
wurden. Die gemeinsamen Bemühungen mit der Landesregierung, Wege für eine weitergehende Steigerung der Attraktivität des Dienstes in den kommunalen Feuerwehren aufzuzeigen,
wurden dabei weiter verfolgt und vertieft.
So hat sich der Gemeinde- und Städtebund Thüringen im Rahmen der Einführung und Ausgestaltung des sog. „Feuerwehrführerscheins“ als Anreiz für eine Mitgliedschaft in den kommunalen freiwilligen Feuerwehren weiterhin intensiv dafür eingesetzt, dass der im Straßenverkehrsgesetz vorgesehene erleichterte Erwerb entsprechender Fahrerlaubnisse für Fahrzeuge bis
7,5 t durch Angehörige der kommunalen Feuerwehren nunmehr auch vom Freistaat Thüringen
landesrechtlich genutzt und ausgestaltet wird. Dem ist der Freistaat Thüringen aus kommunaler
Sicht aber letztlich nur unzureichend gefolgt. Mit einer Nutzung der bundesrechtlichen Öffnungsklausel hätte der Freistaat Thüringen – dem Beispiel nahezu aller übrigen Flächenländer
folgend – eine kostengünstige und unbürokratisch zu erwerbende Zusatzqualifikation für Mitglieder der kommunalen Feuerwehren mit Pkw-Führerschein schaffen können, um ihnen im
82
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Öffentliche Sicherheit und Ordnung
Rahmen von Einsätzen auch das Führen von schwereren Brandschutzfahrzeugen zu ermöglichen. Stattdessen wurde nun seitens der Thüringer Landesregierung auf eine bloße Förderlösung ausgewichen, mit der die Feuerwehrleute nun weiterhin auf den langwierigen und kostenintensiven Erwerb regulärer Lkw-Fahrerlaubnisse angewiesen sind. Die hierzu gewährte
anteilige Finanzierung soll zudem aus den allgemeinen Mitteln der Feuerschutzsteuer erfolgen
und damit zu Lasten der Beschaffung von Feuerwehrgeräten gehen.
Allgemeines Ordnungsrecht
Im Rahmen der Bekämpfung von Vandalismus und sonstigem störenden Verhalten auf öffentlichen Straßen und Plätzen konnte sich der Gemeinde- und Städtebund Thüringen im zurückliegenden Jahr letztendlich erfolgreich für eine verbesserte Handhabe der Kommunen zur Ausweisung von sog. „Alkoholverbotszonen“ einsetzen. Nachdem das Oberverwaltungsgericht
Weimar mit Urteil vom 21. Juni 2012 festgestellt hatte, dass die für eine Einrichtung von
Alkoholverbotszonen an neuralgischen Punkten notwendige Ermächtigungsgrundlage im Ordnungsbehördengesetz durchaus im Sinne der langjährigen kommunalen Forderungen durch den
Gesetzgeber geschaffen werden könnte, liegt dem Thüringer Landtag nunmehr ein entsprechender Gesetzentwurf des Thüringer Innenministeriums vor, um den betroffenen Kommunen
die notwendige Rechtssicherheit zur effektiven Bekämpfung der Vandalismusproblematik zu
verschaffen. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen wird sich im Rahmen des bereits laufenden Anhörungsverfahrens weiter intensiv für eine aus kommunaler Sicht möglichst effektive
Lösung einsetzen.
Dabei wird der Gemeinde- und Städtebund Thüringen weiterhin der Gefahr eines drohenden
drastischen Abbaus der Vollzugspolizei in der Fläche entgegentreten. In Anknüpfung an die
von der Landesregierung vielfach getroffene Aussage, dass sich der flächendeckende Einsatz
von Kontaktbereichsbeamten bewährt habe, hat sich der Gemeinde- und Städtebund Thüringen
im Rahmen der Polizeistrukturreform stets intensiv dafür eingesetzt, dass diese nicht zu einer
Verringerung der Polizeipräsenz in der Fläche und im Ergebnis zu einer Erhöhung der Gefährdungslage in den Gemeinden und Städten im Freistaat führen.
Gesetz zur Abwehr von Gefahren durch gefährliche Tiere
Auch zwei Jahre nach Erlass des Thüringer Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren vom 22. Juni 2011 (GVBl. S. 93 ff.) dauern die Bemühungen des Gemeinde- und
Städtebundes Thüringen um eine möglichst effektive und praxistaugliche Ausgestaltung der
Vollzugsregelungen weiter an, um den kommunalen Ordnungsbehörden eine effektive Gefahrenabwehr im Umgang mit gefährlichen Tieren zu ermöglichen. Im Rahmen einer auf Initiative des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen ins Leben gerufenen Arbeitsgemeinschaft
unter Teilnahme repräsentativer Kommunalvertreter hat sich die Landesgeschäftsstelle auf der
Grundlage der ersten Vollzugserfahrungen in den Kommunen intensiv für eine Nachbesserung
der Schwachstellen im Gesetz sowie für den Erlass praxisgerechter Durchführungsvorschriften
eingesetzt.
Zu nennen sind hier neben den mittlerweile erlassenen Verordnungen zur Durchführung des
Wesenstests und der Sachkundeprüfung sowie der – bei Redaktionsschluss noch immer nicht
vorliegenden – Verordnung über die Kennzeichnung der Hunde und die Verwendung der Halterdaten (Chippflichtverordnung) insbesondere auch die darüber hinaus notwendigen gesetzesinterpretierenden Erlasse, an deren stetiger Fortentwicklung die o. g. Arbeitsgemeinschaft unter
Mitwirkung des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen arbeitet. In einem intensiven Dialog
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
83
Öffentliche Sicherheit und Ordnung
mit dem Thüringer Innenministerium ist es dem Gemeinde- und Städtebund Thüringen so bereits unter tatkräftiger Unterstützung durch die Praxisberichte seiner Mitglieder gelungen, die
wesentlichen Schwachstellen der Gesetzessystematik und -formulierungen herauszuarbeiten
und gegenüber der Landesregierung Wege zu deren Behebung aufzuzeigen.
Angesichts einer bisher noch unterbliebenen Nachbesserung des Gesetzes besteht insoweit vor
allem zu den nachfolgenden Punkten Nachbesserungsbedarf:
1. Fehlende Ermächtigungsgrundlage für Datenabgleich
Zur Ermöglichung des von kommunaler Seite als notwendig erachteten Datenabgleichs zwischen den verschiedenen beteiligten Behörden und Stellen hatte der Gemeinde- und Städtebund Thüringen frühzeitig angeregt, eine gesetzliche Klarstellung i. S. d. § 20 Abs. 2 Ziffer 1
des Thüringer Datenschutzgesetzes (ThürDSG) zu schaffen, mit der die Behörden ermächtigt
werden könnten, die bei ihren Melde- bzw. Steuerämtern vorliegenden Daten über die im Gemeindegebiet gemeldeten Hunde bzw. die Wohnorte der Halter auch vom Ordnungsamt für die
Anmahnung und ggf. Durchsetzung der Chippflicht bzw. der Versicherungspflicht zu nutzen.
In diesem Zusammenhang hatte der Gemeinde- und Städtebund Thüringen auch die Forderung
nach einer Meldepflicht der im Geschäftsverkehr beteiligten Akteure erhoben.
2. Fehlende Sanktionsmöglichkeit bei Nichtbefolgung von Halterpflichten
Als eklatantes gesetzliches Defizit sehen die Kommunen auch an, dass ein Verstoß gegen die
allgemeine Chippflicht ausschließlich im Falle gefährlicher Hunde mit einer Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann (§ 14 Abs. 1 Ziff. 3). Für alle anderen Hunde muss es danach derzeit dabei bleiben, dass die Chippflicht ausschließlich im Wege der Verwaltungsvollstreckung,
also unter Androhung eines Zwangsgeldes sowie ggf. von Ersatzzwangshaft (§§ 43 ff. ThürVwZVG) durchgesetzt wird. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat hierzu deutlich
darauf hingewiesen, dass das Ordnungswidrigkeitenrecht mit seinem sanktionierenden Charakter neben dem Verwaltungsvollstreckungsrecht und darüber hinaus einen eigenständigen Wert
besitzt, indem die Geldbuße (über die Erzwingung der Handlung selbst hinaus) einen spürbaren
Pflichtenappell an den Betroffenen und die Allgemeinheit richten soll, präventive Ge- und Verbote zu beachten.
3. Unvollständige Informationsgrundlagen
Aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben im Bundeszentralregistergesetz (BZRG) kann derzeit
bei der Prüfung der Zuverlässigkeit eines Halters nur im Falle von gefährlichen Hunden, nicht
aber sonstigen gefährlichen Tieren (§ 41 Abs. 1 Nr. 9 BZRG) eine unbeschränkte Auskunft aus
dem Bundeszentralregister verlangt werden. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat hier
eine bundesgesetzliche Nachbesserung angeregt. Die allgemeine Forderung des Gemeinde- und
Städtebundes Thüringen nach einer möglichst großen Effizienz in der Aufgabenabwicklung hat
diesbezüglich immerhin dazu geführt, dass beim Freistaat entsprechende Anfragen über ein
standardisiertes Verfahren bei einer „Kopfstelle“ des Landes beantragt werden können.
4. Verfahren zur Erlaubniserteilung; Nachweis eines besonderen Bedarfs
Besondere Unsicherheit bestand bei den Kommunen auch hinsichtlich der Frage, wie die gesetzlich vorgesehene ausnahmsweise Zulassung der Neuanschaffung von Tieren der Rasseliste
aufgrund eines besonderen wissenschaftlichen oder beruflichen Bedarfs, der anderweitig nicht
gedeckt werden kann (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 und 6), gehandhabt werden kann.
84
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Öffentliche Sicherheit und Ordnung
In ersten Vorgesprächen mit der Landesregierung konnte insoweit bereits herausgestellt werden, dass der Gesetzgeber hier ausdrücklich eine äußerst restriktive Handhabung bezweckt hat.
In der Folge soll dieser möglichst eng auszulegende Tatbestand die absolute Ausnahme darstellen. In den Gesprächen hat der Gemeinde- und Städtebund Thüringen zudem beim Thüringer
Innenministerium erreichen können, dass das ausnahmsweise Vorliegen dieser Voraussetzung
im Wege eines Runderlasses näher konkretisiert werden soll.
5. Umgang mit bzw. Verbleib von eingezogenen gefährlichen Tieren
Erhebliche Probleme bereitet den vollziehenden Kommunen auch der Verbleib der nach dem
Gesetz eingezogenen Tiere: Fraglich war und ist hier vor allem, wer für eine dauerhafte Unterbringung kostenpflichtig ist sowie die Frage, ob und ggf. unter welchen Umständen entsprechende Tiere von den Tierheimen an Dritte wieder herausgegeben werden können.
6. Finanzierung
Schließlich wurde im Rahmen der Gespräche auch eine erste Bestandsaufnahme dahingehend
unternommen, welche zusätzlichen Kosten durch den Vollzug des Gesetzes anfallen und in
welcher Form diese vom Freistaat ausgeglichen werden sollen. Der Gemeinde- und Städtebund
Thüringen hat im Rahmen der Gespräche darauf bestanden, dass im Interesse seiner Mitglieder
auf der Grundlage des absoluten Konnexitätsprinzips gem. Art. 93 Abs. 1 S. 2 der Thüringer
Verfassung ein vollständiger Ausgleich aller vorstehend genannten und aller weiteren durch die
Neuregelung entstehenden Mehrkosten vorgenommen wird.
Verkehr
Straßenbaufinanzierung
Nach wie vor besteht ein erheblicher Sanierungsstau in Bezug auf die in kommunaler Baulast
befindlichen Straßen. Die fortschreitenden Abstufungen von Bundes-, Landes- und Kreisstraßen auf die Kommunen bedeuten zudem weitere erhebliche finanzielle Lasten, die aus den
kommunalen Haushalten zu tragen sind.
U. a. den intensiven Bemühungen des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen ist es dabei zu
verdanken, dass die bestehende Kofinanzierung kommunaler Straßenbaumaßnahmen aus den
sogenannten „Entflechtungsmitteln“ auch künftig auf absehbare Zeit gesichert sein wird. Wie
berichtet, war im vergangenen Jahr nach den ursprünglichen Ankündigungen der Thüringer
Landesregierung lange Zeit zu befürchten gewesen, dass die bestehende Zuschussförderung
im Rahmen der Förderrichtlinie kommunaler Straßenbau von der Landesregierung vollständig abgeschafft und durch eine bloße Darlehensgewährung ersetzt werden sollte. So lauteten
zumindest im Verlaufe der zurückliegenden Jahre die öffentlich verlautbarten Absichten der
Landesregierung, zu denen der Thüringer Minister für Bau, Landesentwicklung und Verkehr
(TMBLV), Herr Christian Carius, dem Gemeinde- und Städtebund Thüringen noch im Frühjahr
2012 ein Eckpunktepapier für eine Fondslösung überreicht hatte.
Die Landesgeschäftsstelle des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen hatte sich zuvor bereits
seit geraumer Zeit gegenüber der Thüringer Landesregierung für eine Zweckbindung der sog.
Entflechtungsmittel zugunsten der bestehenden Förderpraxis in der Form von Zuschüssen zu
gemeindlichen Verkehrsvorhaben auch nach dem Jahr 2013 ausgesprochen, damit die Kompensationszahlungen des Bundes auch weiterhin für den kommunalen Verkehrsbereich gesichert
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
85
Öffentliche Sicherheit und Ordnung
werden können. Zugleich hatte die Landesgeschäftsstelle darauf hingewiesen, dass sich die
finanzielle Verantwortung des Freistaates Thüringen für den kommunalen Straßen- und Nahverkehr nicht auf die Weiterreichung von Bundeszuweisungen beschränken darf, sondern insbesondere im Hinblick auf die fortschreitende Abschmelzung solcher Bundeszuweisungen Perspektiven für eigene Anstrengungen aus originären Landesmitteln eröffnet werden müssen.
Entgegen den Forderungen des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen hatte das TMBLV aber
zunächst geplant, die Praxis solcher rückzahlungsfreien Zuschüsse ab 2014 abrupt zu beenden
und durch lediglich zinsfreie Darlehen im Rahmen einer Fondslösung zu ersetzen. Der vollständige, vom Bund bisher zur Förderung der gemeindlichen Verkehrsverhältnisse zur Verfügung gestellte Betrag von bis dahin 35 Mio. Euro jährlich hätte danach künftig nicht mehr als
Zuschuss zur Verfügung gestanden und die Haushalte der investierenden Kommunen damit
zusätzlich belastet. Da die als Darlehen ausgereichten Jahresbeträge durch die vollständige
Rückzahlungsverpflichtung der Empfänger im Endeffekt immer wieder dem Fonds zugeflossen wären, hätte bei der Verwirklichung dieses Modells im Ergebnis wohl nicht einmal mehr
von einer mittelbaren Zweckbindung der Mittel gesprochen werden können, da bei den Darlehensempfängern allenfalls ein Zinsvorteil verblieben wäre, während die Entflechtungsmittel in
Summe effektiv im Landeshaushalt verblieben wären.
Eine solche Umstellung der Förderung hätte für die kommunalen Haushalte erhebliche Mehrbelastungen erwarten lassen, die durch die vorgesehenen Tilgungspläne lediglich in die Zukunft
verschoben worden wären. Eine solche Verwendung der Entflechtungsmittel konnte daher
aus Sicht der Landesgeschäftsstelle nicht akzeptiert werden. Der Gemeinde- und Städtebund
Thüringen hatte sich daher stets entschieden gegen die Planungen des TMBLV zur Beendigung der Zuschussförderung gewandt und deren unveränderte Fortführung auf der Grundlage
einer gesetzlichen Zweckbindung der Mittel gefordert. Diesen Forderungen ist der Freistaat
im Berichtsjahr letztlich gefolgt, indem er in Artikel 14 des Thüringer Haushaltsbegleitgesetz
2013/2014 vom 31. Januar 2013 das Thüringer Gemeindeinfrastrukturfördergesetz erließ, das
die landesgesetzliche Fortschreibung der verkehrlichen Zweckbindung der Entflechtungsmittel
enthielt, durch die die bisherige Zuschussförderung fortgeführt wird.
Hierdurch wurde die vom Gemeinde- und Städtebund Thüringen geforderte gesetzliche Fortschreibung der Zweckbindung im Wege einer unveränderten Fortführung der bisherigen Zuschussförderung umgesetzt, die den Kommunen die dringend benötigte Planungssicherheit
gewährt, was als großer Erfolg zu bewerten ist. Des Weiteren ist es den gemeinsamen Bemühungen des Gemeinde- Städtebundes Thüringen mit allen übrigen Landesverbänden sowie den
kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene zu verdanken, dass die unveränderte Fortführung der Zuweisung der Entflechtungsmittel vom Bund an die Länder nunmehr bis zum
Jahre 2019 gesichert scheint, da Bund und Länder nunmehr eine entsprechende Übereinkunft
getroffen haben
Straßenverkehrsrecht
Nach der aktuellen Fassung der Thüringer Verordnung über die Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten sind grundsätzlich alle Gemeinden
befugt, neben der Polizei die Aufgabe der Verfolgung und Ahndung von geringfügigen Ordnungswidrigkeiten, die im ruhenden Verkehr festgestellt werden, zu verfolgen und zu ahnden.
Demgegenüber ist eine entsprechende kommunale Zuständigkeit im fließenden Verkehr einerseits auf die Städte ab 20.000 Einwohner begrenzt; zum anderen beschränkt sich die Zu86
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Öffentliche Sicherheit und Ordnung
ständigkeit dieser Städte derzeit ausschließlich auf Verstöße gegen Vorschriften des Straßenverkehrsrechts, die die zulässige Höchstgeschwindigkeit betreffen. Andere Regelverletzungen
im fließenden Verkehr, wie etwa Verstöße an Lichtzeichenanlagen, sind bisher gänzlich von
der kommunalen Zuständigkeit ausgenommen und damit ausschließlich den entsprechenden
Dienststellen der Polizei zugewiesen.
Seitens der Kommunen besteht z. T. ein erhebliches Interesse an einer deutlichen Ausweitung
dieser Zuständigkeit. Im Interesse dieser Kommunen hat sich der Gemeinde- und Städtebund
Thüringen daher auf der Grundlage einer Abfrage bei seinen Mitgliedern gegenüber dem Thüringer Innenministerium für eine deutliche Erweiterung dieser optionalen Zuständigkeit u. a.
auf Rotlichtverstöße, aber auch auf Kontrollen des Mobiltelefonverbots sowie der Anschnallpflicht, eingesetzt.
Das Thüringer Innenministerium (TIM) hat dem Gemeinde- und Städtebund Thüringen darauf
hin mit Schreiben vom 20. Mai 2013 signalisiert, dass es eine maßvolle und angemessene Novellierung der Zuständigkeitsverordnung für grundsätzlich realisierbar halte und eine entsprechende Prüfung angekündigt. Über den Fortgang der Angelegenheit wird der Gemeinde- und
Städtebund Thüringen berichten.
Umwelt
Abfallrecht
Gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene hat sich der Gemeinde- und Städtebund Thüringen letztlich erfolgreich für eine möglichst weitgehende Berücksichtigung kommunaler Belange beim Erlass des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes vom
24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) eingesetzt. Insbesondere die im Rahmen der Beratungen im
Bundesrat erreichten, aus kommunaler Sicht wesentlichen Verbesserungen am Gesetzentwurf
der Bundesregierung haben letztlich auch im neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz ihren Niederschlag erfahren. Durch das Votum des Bundesrates wurden die Überlassungspflichten in dem
neuen Gesetz weitgehend auf die Basis des zuvor geltenden Rechts zurückgeführt. Auf dieser
bis dahin geltenden Rechtslage hatte vor allem das Bundesverwaltungsgericht mit einer wegweisenden Entscheidung zur Auslegung der Überlassungspflichten im sog. „Altpapierurteil“
vom Juni 2009 hohe Hürden für gewerbliche Sammlungen angelegt und den kommunalen Entsorgungsträgern dadurch mehr Rechtssicherheit im Hinblick auf die überlassungspflichtigen
Abfallmengen gewährt.
Nunmehr ist der Gemeinde- und Städtebund Thüringen in intensiven Gesprächen mit der Thüringer Landesregierung darum bemüht, die durch das neue Gesetz erreichten Fortschritte für die
Planungssicherheit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei den Kommunen auch in
der täglichen Vollzugspraxis der Landesbehörden umzusetzen. So ist es insbesondere das Ziel
des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen, die durch das Gesetz in den §§ 17 u. 18 errichteten hohen Hürden für eine uneingeschränkte Zulassung gewerblicher Wertstoffsammler als
Konkurrenz zu den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern im Rahmen des Anzeigeverfahrens beim zuständigen Landesverwaltungsamt nutzbar zu machen und so vollumfänglich zur
Geltung zu bringen. Über den Fortgang der Angelegenheit werden wir berichten.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
87
Umwelt
EU-Wasserrahmen-Richtlinie
Die „Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000
zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik“ – Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist nach der Phase der Information
und Anhörung der Öffentlichkeit sowie der Beteiligung der Kommunen, der Erstellung der
Bewirtschaftungspläne für den ersten Bewirtschaftungszeitraum 2010-2015 bereits in der Umsetzung.
Nach erheblichen Anlaufproblemen bei der Umsetzung von Maßnahmen im Bereich der Verbesserung der Struktur und Durchgängigkeit an Gewässern erster und zweiter Ordnung sind
unzureichende Umsetzungsstände zu verzeichnen. Bei den Maßnahmen zur Verbesserung der
Gewässerstruktur und -Durchgängigkeit an Gewässern erster Ordnung in Zuständigkeit des
Landes wird von einem Umsetzungsgrad bis 2015 von 60 Prozent ausgegangen. Der Umsetzungsgrad bei den Gewässern zweiter Ordnung weist weiterhin ein großes Umsetzungsdefizit
aus. Einzig die Umsetzung der Abwassermaßnahmen verläuft routiniert, obgleich der Einsatz
der Fördermittel zur Umsetzung von Maßnahmen nach der Wasserrahmenrichtlinie in der Regel nicht Maßnahmen zur Erhöhung des Anschlussgrades umfasst.
Der Freistaat Thüringen hat hierzu auch auf Initiative des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation ergriffen. Nach der Installation von drei
Regionalen Gewässerberater/innen in der Thüringer Aufbaubank konnte beispielsweise die
Anmeldung von kommunalen Maßnahmen um 100 % gesteigert werden. Das Land selbst hat
2 zusätzliche Gewässerbau-Ingenieure zur Umsetzung der komplexen Maßnahmen der WRRL
eingestellt.
Das Thüringer Finanzministerium und der Thüringer Rechnungshof haben die zusätzliche personelle und finanzielle Unterstützung der Kommunen im Bereich der Maßnahmen zur Umsetzung der WRRL abgelehnt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Länge der Gewässer, die
die Kommunen unterhalten, im Vergleich zur Länge der Landesgewässer, mehr als die
10-fache Länge haben. Gleichfalls ist die Finanzierung der Maßnahmen der WRRL in den
Kommunen, über die gesetzlich zugewiesene Aufgabe der Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung hinaus, eine freiwillige Anteilsfinanzierung mit inzwischen überbordenden Anforderungen an Gutachten und Abrechnungs- und Nachweisexzessen. Das Land hingegen hat bei der
Umsetzung bei den relativ großen Einzelmaßnahmen der WRRL an den Gewässern I. Ordnung
eine 100-%-Finanzierung mit überschaubarem Verwaltungsaufwand.
Die Ergebnisse aus dem Controlling der Umsetzung der Maßnahmen in den Gewässern erster
und zweiter Ordnung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie der Thüringer Landesanstalt
für Umwelt und Geologie zeigen auf, dass nach derzeitigem Kenntnisstand die Umsetzung der
Maßnahmenprogramme sowie die Erreichung der Ziele der WRRL bis 2015 unwahrscheinlich
erscheinen und somit in die nächste Bewirtschaftungsperiode übertragen werden müssen.
Die Vorbereitungen für die Aufstellung des zweiten Bewirtschaftungsplans haben in ersten Gewässerwerkstätten im Frühjahr 2013 mit nur geringer kommunaler Beteiligung stattgefunden.
Die Beteilung der Kommunen an diesen Vorbereitungen für die nächste Bewirtschaftungsperiode erscheint aufgrund der Integration der Anforderungen der Hochwasserrisiko-ManagementRichtlinie – nicht nur aus aktuellem Anlass – sinnvoll.
88
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Umwelt
Mit Blick auf die zwingend notwendige Bereitstellung von entsprechenden Finanzmitteln zur
Umsetzung der WRRL und zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger hat sich der Gemeinde- und Städtebund Thüringen stets im Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten,
Umwelt und Naturschutz für eine hinreichende Erhöhung der Finanzmittel eingesetzt.
Änderung der Trinkwasserverordnung
Mit der Änderung der Trinkwasserverordnung sind am 1. November 2011 zahlreiche neue
Verpflichtungen auf die unteren Gesundheitsbehörden der kreisfreien Städte und Landkreise
zugekommen. Ein zentrales Thema ist hierbei die Frage des Aufwandes der Untersuchungsverpflichtungen für Legionellen in gewerblichen, nicht-öffentlichen Anlagen für die Trinkwassererwärmung insbesondere im mehrgeschossigen Wohnungsbau.
Mit der Ersten Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung wurde es Pflicht den
Gesundheitsämtern diese Anlagen anzuzeigen. Nach Mitteilung unserer Mitglieder entstand
allein ein Mehrbedarf durch die Verarbeitung der angezeigten Anlagen. Darüber hinaus führten
die Untersuchungen der Betreiber dieser neu angezeigten Trinkwassererwärmungsanlagen zu
zusätzlich notwendigen Maßnahmen der Gesundheitsämter für die Bereitstellung von gesundheitlich unbedenklichem Trinkwasser.
Mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung vom 14. Dezember
2012 beabsichtigte das Bundesministerium für Gesundheit den Aufwand für die Betreiber von
Trinkwassererwärmungsanlagen sowie für die Gesundheitsämter zu reduzieren.
Das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit ist der Auffassung, dass die
Gesundheitsämter bislang sehr gut ausgestattet sind und möglicher Mehrbedarf durch die Erste
Änderung der Trinkwasserverordnung mit abgedeckt werden kann. Gleichfalls sind vorgeblich
durch die Änderungen des Aufgabenumfangs der Gesundheitsämter mit der Verlagerung von
Verantwortung auf die Betreiber der Anlagen durch die Zweite Änderung der Trinkwasserverordnung auch Aufgaben in ihrem Umfang reduziert worden. Aufgrund von relativen Schätzungen des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit sei bei der Änderung
der Trinkwasserversorgung kein Mehrbedarf für die kreisfreien Städte zu ersehen.
Im Ergebnis einer Beratung mit dem Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit – auf Grundlage der gemeinsamen Stellungnahme des Thüringischen Landkreistages und
des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen vom 12. Februar 2013 – wurde nochmals eine
Überprüfung der Kosten der Änderungen der Trinkwasserverordnung mit den kreisfreien Städten und Landkreisen vereinbart.
Auf der Grundlage dieser Daten werden der Mehrbedarf für die kreisfreien Städte und Landkreise ermittelt und hoffentlich auch im Sinne der Sicherung der Gesundheit der Bürgerinnen
und Bürger in den kreisfreien Städten und Landkreisen im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes erstattet.
Förderung der Abwasserentsorgung
Eine Grundvoraussetzung für eine geordnete Entwicklung des ländlichen Raums ist die angemessene und hinreichende Entwicklung der Abwasserentsorgung. Aufgrund der besonders
schwierigen Ausgangslage im Freistaat Thüringen insbesondere hinsichtlich eines geringen
Anschlussgrades von nur 46 Prozent im Jahr 1990 und derzeit 71 Prozent im Jahr 2011 ist die
Entwicklung der technischen Abwasserentsorgung noch deutlich zu optimieren.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
89
Umwelt
Nach den Abwasserbeseitigungskonzepten der Träger der Abwasserentsorgung für den Freistaat
Thüringen werden nach den Angaben des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten,
Umwelt und Naturschutz zumindest über 3 Milliarden € Investitionen notwendig werden, um
nach den gesetzlichen Vorgaben eine geordnete Abwasserentsorgung herzustellen.
Bei der Aufstellung der Abwasserbeseitigungskonzepte wurden die Träger der Abwasserentsorgung angehalten zumindest von einer Fördermittelbereitstellung in der Höhe von 50 Prozent
auszugehen. Dies bedeutet einen weiteren Bedarf von mindestens 1,5 Milliarden €. Ohne eine
Unterstützung aus den Europäischen Förderungen erscheinen nach Auffassung der Arbeitsgemeinschaft Wasser/Abwasser im Gemeinde- und Städtebund Thüringen auch die Belastungen
unserer Bürgerinnen und Bürger sowie der landwirtschaftlichen Betriebe durch Gebühren und
Beiträge als unverhältnismäßig. Jedoch führen für die Träger der Abwasserentsorgung die derzeit nur noch geringen Fördermöglichkeiten aus den Europäischen Fonds zu einem Erhaltungsund Investitionsstau.
Die Arbeitsgemeinschaft Wasser/Abwasser hat mit Blick auf die Beteiligung in der Programmierung in den Zielen der Europäischen Fonds für die Förderperiode 2014 – 2020 den Aktionsplan Abwasserentsorgung 2040 entwickelt. Der Aktionsplan Abwasserentsorgung 2040 stellt,
neben dem aktuellen Stand sowie den Handlungsdefiziten, die notwendigen Maßnahmen zur
weiteren Umsetzung und Finanzierung für eine zukunftsfähige Abwasserentsorgung im Freistaat Thüringen vor.
In den Beratungen mit der Thüringer Landesregierung und dem Thüringer Landtag zur Programmierung der neuen Ziele der Europäischen Fonds insbesondere im EFRE, ELER und ESF
hat der Gemeinde- und Städtebund Thüringen die Vorstellungen der AGWA insbesondere die
notwendige Unterstützung der Abwasserentsorgung vorgetragen. So sollen im Interesse der
Gemeinden und Städte bis hin in die Ortsteile der kreisfreien Städte sowie der Träger der Abwasserentsorgung, nach der Vorgabe eines Zeitkorridors durch die Thüringer Landesregierung
die entsprechenden Mittel für den ländlichen Raum insbesondere auch zur Umsetzung einer
geordneten Abwasserentsorgung, in allen nur möglichen Europäischen Fonds angemessen programmiert werden.
Hochwasserrisiko-Management-Richtlinie
Das Land erstellt zur Umsetzung der EU-Hochwasserrisiko-Management-Richtlinie (Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 - HWRMRL), die bereits in das Wasserhaushaltsgesetz überführt wurde, Hochwassergefahrenkarten
und Hochwasserrisikokarten. Diese Karten werden auf der Grundlage der Beschreibung vergangener Hochwasser insbesondere zu einer Bewertung der potenziellen nachteiligen Folgen
künftiger Hochwasser und zu einer neuen Qualität der Information der Öffentlichkeit führen.
Als erster Schritt wurde bis zum 22. Dezember 2011 vom Land eine vorläufige Bewertung
des Hochwasserrisikos durchgeführt. Damit wurden die Gebiete ermittelt, bei denen ein signifikantes Hochwasserrisiko besteht oder für wahrscheinlich gehalten werden kann. Bis zum
22. Dezember 2013 werden Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten sowie bis
zum 22. Dezember 2015 davon abgeleitet Hochwasserrisikomanagementpläne erstellt.
Die Hochwassergefahrenkarten erfassen die geografischen Gebiete mit Hochwasser mit niedriger Wahrscheinlichkeit oder Szenarien für Extremereignisse, mit Hochwasser mit mittlerer
Wahrscheinlichkeit (Wiederkehrintervall ≥ 100 Jahre) und gegebenenfalls Hochwasser mit hoher Wahrscheinlichkeit.
90
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Umwelt
Neu sind die künftigen Darstellungen der Hochwasserrisikokarten für potenzielle hochwasserbedingte nachteilige Auswirkungen. Beispielsweise werden die Anzahl der potenziell betroffenen Einwohner (Orientierungswert) aufgeführt. Weiterhin werden mögliche betroffene Industrieanlagen dargestellt. Darüber hinaus werden betroffene Schutzgebiete oder Informationen
über andere bedeutende Verschmutzungsquellen aufgeführt.
Risikogebiete:
Im Rahmen der Umsetzung der EU-Hochwasserrisiko-Management-Richtlinie ist keine hinreichende Beteiligung der betroffenen Kommunen vorgesehen. Auf Initiative des Gemeinde- und
Städtebundes Thüringen hat sich das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Naturschutz und Umwelt bereit erklärt, bereits in einem frühen Stadium Anregungen der Kommunen zur Umsetzung der EU-Hochwasserrisiko-Management-Richtlinie zu berücksichtigen.
Dies ist im bundesweiten Vergleich nur im Freistaat Thüringen erfolgt.
Hierzu wurde die Gebietskulisse der Risikogebiete in Form einer Karte, eine Liste der als Risikogebiete ausgewiesenen Gewässer bzw. Gewässerabschnitte sowie ein Erläuterungsbericht zur
Ableitung der Kriterien zur Festlegung dieser Gebiete als Risikogebiet zur Anhörung im Mitgliederbereich des Internetauftritts des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen eingestellt.
Für die Mitglieder des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen und insbesondere für die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Wasser/Abwasser sowie die Landkreise wurde die Anhörungsphase durch eine zentrale Informationsveranstaltung des Verbandes bereits im Frühjahr 2011
zum Thema der EU-Hochwasserrisiko-Management-Richtlinie begleitet. In der Veranstaltung
mit Unterstützung von Fachreferenten des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz sowie der Thüringer Aufbaubank in der Messe Erfurt konnten
die über 240 Teilnehmer/innen nach einer Einführung ihre Fragen, Bedenken und Anregungen
austauschen.
Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat als Ergebnis der Anhörung mitgeteilt, dass durch die Hinweise der Kommunen wesentliche Änderungen in der Gebietskulisse vorgenommen wurden.
Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten:
Die Erstellung der Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten ist Aufgabe des
Freistaates Thüringen. Eine Beteiligung der Kommunen im Aufstellungsprozess wurde vom
Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz abgelehnt. Auch
eine Versendung der Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten an die Kommunen einen Monat vor dem letztmöglichen Termin nach der EU-Hochwasserrisiko-ManagementRichtlinie am 22. Dezember 2013 wurde mangels Personalkapazitäten des Landes versagt. Damit können sich die Kommunen – als der „Ansprechpartner“ der Bürgerinnen und Bürger für
die Vorgaben des Landes – nicht vorbereiten, weil Sie wohlmöglich zeitgleich über das Internet
über die konkreten örtlichen Belange informiert werden.
Ein Folge der Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten sind die Änderungen
der bisherigen Überschwemmungsgebiete. Der Grund hierfür sind die neuen Höhenangaben für
mögliche Überschwemmungen. Im Zuge der Modellierung der Hochwassergefahrenkarten und
Hochwasserrisikokarten wurden neue Werte für die Grenzen der Überschwemmungsgebiete
ermittelt. In der Praxis bedeutet dies, dass zum Teil Gebiete nicht mehr als ÜberschwemmungsGeschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
91
Umwelt
gebiete gelten oder zum großen Teil zusätzliche Flächen für die Überschwemmungsgebiete dargestellt werden. Das bedeutet auch, dass die bereits in einem förmlichen Verfahren festgesetzten
Überschwemmungsgebiete - nach den neuen Werten - in einem erneuten förmlichen Verfahren
geändert werden. Dies hat zur Folge, dass die Kommunen sich insbesondere im Innenbereich
auf neue Grenzen zur Bebauung einstellen müssen. Diese „Grenzverschiebungen“ lösen auch
einen erheblichen Änderungsbedarf für die Anpassung der kommunalen Bauleitpläne aus.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat das Land bereits in der Anhörung zur Änderung des Thüringer Wassergesetzes auf diesen Mißstand hingewiesen. Dieser Mehrbedarf soll
den Kommunen jedoch auch im Rahmen des Partnerschaftsgedankens des Finanzausgleichsgesetzes nicht ersetzt werden. Angeblich hätten die Kommunen bereits diese „neuen“ Werte, die
zur Änderung der Überschwemmungsgebiete führten oder führen werden, bereits gekannt. Der
Hintergrund für diese Abwehrhaltung ist der Umstand, dass weder das Thüringer Ministerium
für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz noch das Thüringer Bauministerium diesen Mehrbedarf den Kommunen aus ihren Haushalten erstatten wollen. Dies ist eine Umsetzung von EU-Richtlinien auf dem Rücken der Kommunen.
In diesem Zusammenhang ist auch bemerkenswert, dass das Thüringer Landesverwaltungsamt
im nachgeordneten Bereich des Thüringer Innenministeriums die Pflichtaufgabe des Landes
zur förmlichen Festsetzung von abschließend ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten,
mangels Personal, nach über 20 Jahren nur zur Hälfte erledigt hat.
Hochwasserrisikomanagementpläne:
Anfang des Jahres 2013 hat die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie in Regionalworkshops begonnen die Kommunen auf die Aufstellung von Hochwasserrisikomanagementplänen bei Gewässern I. Ordnung für das Jahr 2015 vorzubereiten. Im Vorfeld wurden über Untersuchungen und Befragungen die Möglichkeiten der Beteiligung der Kommunen vorbereitet.
In der Folge sollen die Kommunen über ihre Planaufstellungen zum Hochwasserschutz befragt
werden. Bemerkenswert ist hierbei, das große Teile des Landes insbesondere des ländlichen
Raums als nicht schutzwürdig gelten und von den Prüfungen und Planungen ausgenommen
werden.
Dies erscheint unverständlich, weil die Steuerung, die Minderung von Hochwasserspitzen und
der Rückhalt des Wasserabflusses in den Gewässern II. Ordnung in der Wissenschaft unbestritten sind, jedoch keinen Eingang in das „Landesprogramm Hochwasserschutz 2015“ finden sollen. Diese Aufgabe des Hochwasserschutzes sollen die Kommunen im Oberlauf der Gewässer
II. Ordnung sowie bei den Brauchwasserspeichern für die Gewässer I. Ordnung in Zuständigkeit des Landes wahrnehmen.
Das Thema des Hochwasserschutzes und der Umsetzung der EU-Hochwasserrisiko-Management-Richtlinie hat aufgrund des Jahrhundert-Hochwassers insbesondere in Ostthüringen in
den Kommunen mit Blick auf den angemessenen Schutz der Bevölkerung und der privaten und
öffentlichen Infrastruktur, den Zeichen des Klimawandels durch die Starkregenniederschläge,
insbesondere bei bestehenden und künftigen Planungen sowie Änderungen der Modellierungen
der Hochwasserzonen an aktueller Bedeutung gewonnen.
92
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Umwelt
Erfahrungsaustausch der unteren Wasserbehörden
Nach der Kommunalisierung von Aufgaben der Staatlichen Umweltämter und der Änderungen
der wasserrechtlichen Vorschriften durch die Förderalismusreform wuchs der Aufgabenumfang
der unteren Wasserbehörden. Mit dem Entwurf des Thüringer Vorschaltgesetzes zur Anpassung
an das Wasserhaushaltsgesetz sind Zuständigkeitsänderungen in den unteren Wasserbehörden
in der Diskussion.
Der Erfahrungsaustausch der unteren Wasserbehörden im Gemeinde- und Städtebund Thüringen bestätigte einerseits die Leistungsbereitschaft der kommunalen Verwaltungen und zeigte
andererseits die Leistungsgrenze bei den ständig fortschreitenden Anforderungen und Standards
an die Verwaltungspraxis und den sehr engen personellen und finanziellen Rahmen für diese
Aufgaben auf. Der Erfahrungsaustausch der unteren Wasserbehörden wird mit Blick auf die
anstehenden wasserrechtlichen Änderungen und die neuen zusätzlichen Aufgaben im Bereich
Hochwasser, die vom Freistaat Thüringen nur unzureichend unterstützt werden, fortgesetzt.
Entwurf eines Thüringer Vorschaltgesetzes zur Anpassung
an das Wasserhaushaltsgesetz
Mit der Förderalismusreform hat der Bundesgesetzgeber im Jahr 2009 ein geändertes Wasserrecht des Bundes geschaffen. Das Wasserhaushaltsgesetz bestimmt unmittelbar die wasserrechtlichen Regelungen und den Vollzug im Freistaat Thüringen.
Die Länder haben die Möglichkeit die landesrechtlichen Zuständigkeiten und die Abweichungsregelungen anzupassen. Hiervon hat der Freistaat Thüringen im Gegensatz zu anderen Ländern
bislang keinen Gebrauch gemacht. Die zuständigen Wasserbehörden arbeiten - seit 2010 - mit
„Hinweisen“ zur Anwendung des unmittelbar geltenden Wasserhaushaltsgesetzes.
Dies erschwert den zuständigen Wasserbehörden, den Kommunen als Träger der Bauleitplanung und als Unterhaltungspflichtige der Gewässer II. Ordnung die tägliche Arbeit erheblich.
Hierbei gilt zu berücksichtigen, dass sich die zuständigen kommunalen Behörden nach der
Kommunalisierung der Staatlichen Umweltämter noch in einer „Konsolidierungsphase“ befanden.
Im Jahr 2010 hat das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz mit einem vom Kabinett gebilligten „Entwurf eines Zweiten Thüringer Gesetzes zur
Änderung umweltrechtlicher Vorschriften“ zumindest in einer Teilnovelle versucht die Zuständigkeiten sowie die wichtigsten Vollzugsvorschriften des Thüringer Wassergesetzes und des
Thüringer Naturschutzgesetzes der neuen Rechtslage anzupassen. Im Rahmen einer Verbandsanhörung haben wir hierzu unsere Standpunkte vorgetragen.
Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat uns nicht
schriftlich mitgeteilt, dass das Anhörungsverfahren eingestellt wurde. Nach telefonischen Rückfragen wurde uns ohne Begründung mitgeteilt, dass nunmehr die Änderungen des Thüringer
Wassergesetzes und des Thüringer Naturschutzes getrennt verfolgt werden.
Anfang 2012 hat die Thüringer Landesregierung zumindest für den Wasserbereich das „Thüringer Vorschaltgesetz zur Anpassung an das Wasserhaushaltsgesetz und Gesetz zur Änderung
umweltrechtliche Vorschriften“ in den Landtag eingebracht.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
93
Umwelt
Im Rahmen der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz des Thüringer Landtags am 16. November 2012 hat der Gemeinde- und
Städtebund Thüringen insbesondere in Zusammenarbeit mit den unteren Wasserbehörden der
kreisfreien Städte und Vertretern der Arbeitsgemeinschaft Wasser/Abwasser im Gemeinde- und
Städtebund Thüringen schriftlich als auch mündlich Stellung genommen. Im Wesentlichen wurden die Punkte der Kostenerstattung von zusätzlichen Aufgaben, die Verlagerung der Hochwasservorsorge vom Land auf die Kommunen sowie die zersplitterten Zuständigkeitsregelungen
im Hochwasserschutz erörtert und beraten.
In der öffentlichen Anhörung hat der Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz die Landesregierung gebeten, sich nochmals zu den von den Verbänden inbesondere
dem Gemeinde- und Städtebund Thüringen vorgetragenen Kostenfragen zu äußern.
Der Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat in der folgenden nichtöffentlichen Sitzung am 8. Februar 2013 den Gesetzentwurf beraten. In der Folge wurde in der
vorläufigen Tagesordnung des Thüringer Landtages der Gesetzentwurf „Thüringer Vorschaltgesetz zur Anpassung an das Wasserhaushaltsgesetz und Gesetz zur Änderung umweltrechtliche
Vorschriften“ Drs. 5/4173 nebst Beschlussempfehlungen des Ausschusses angekündigt. Weiterhin wurde ergänzend ein gemeinsamer Entschließungsantrag von CDU/SPD „Belastungen
für die Bürger begrenzen – Thüringer Forderungen in den Bereichen Abwasserentsorgung und
Hochwasserschutz“ Drs. 5/5707, der kommunale Belange stärker als bislang berücksichtigt,
angekündigt. Im Internetauftritt des Thüringer Landtags konnten wir feststellen, dass der Gesetzentwurf von der Tagesordnung genommen wurde, weil keine Beschlussempfehlung des
betreffenden Ausschusses vorliegt.
Aus den Medien konnten wir entnehmen, dass es zu keiner gemeinsamen Beschlussempfehlung
des betreffenden Ausschusses gekommen ist, weil insbesondere zu Fragen von Windkraft im
Wald sowie Kleinwasserkraftanlagen unterschiedliche Auffassungen zwischen Abgeordneten
der CDU und SPD bestehen.
Die für die Praxis der Behörden so wichtige Anpassung der Zuständigkeiten der Wasserbehörden und die Neuordnung der Regelungen für die Hochwasservorsorge nebst Kostenerstattungsregelungen für die Kommunen im Thüringer Wassergesetz ist bislang bedauerlicherweise nicht
erfolgt.
Klimaschutz
Die Kommunen werden zur Umsetzung der anspruchsvollen klimapolitischen Vorgaben der
Bundesregierung und des Freistaates Thüringen landesseitig weder vom Thüringer Ministerium
für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz noch vom Thüringer Ministerium für
Wirtschaft, Arbeit und Technologie hinreichend unterstützt. Unter dem Eindruck der Ereignisse
in Fukushima werden die Kommunen in einer hohen Anzahl von Veranstaltungen, Wettbewerben und Publikationen jedoch aufgefordert, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Für die Umsetzung der überaus anspruchsvollen bundes- und landespolitischen Klimaschutzziele in den Kommunen fehlt weiterhin landesseitig ein klares Konzept mit kommunalen Konturen sowie eine hinreichende kommunale Unterstützung.
94
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Umwelt
Die Entwicklung von Klimaschutzkonzepten, der vorwettbewerbliche Beratungsbedarf zur Vorgabe von angemessenen Zielen in der Bauleitplanung und Planung, Vergabe und Umsetzung
von Klimaschutzmaßnahmen sind weiterhin hoch.
Dies erzeugt in den Kommunen einen zusätzlichen Bedarf an qualifiziertem Personal. Das notwendige zusätzliche qualifizierte Personal und der entsprechende Eigenanteil für die zusätzlichen Klimaschutzinvestitionen fehlen noch in den Kommunen. Dies hat auch der Thüringer
Rechnungshof in seinem Bericht über den Klimaschutz in den Kommunen festgestellt. Gleichwohl kommt der Thüringer Rechnungshof auch auf Nachfrage des Gemeinde- und Städtebundes
Thüringen im Jahr 2013 nicht zu dem Ergebnis, dass das notwendige zusätzliche Fachpersonal
auch einen zusätzlichen Finanzbedarf hervorruft. Die Umsetzung der notwendigen komplexen
Anpassungsmaßnahmen im Bereich Klimaschutz sind jedoch so nicht durchzuführen.
Im Freistaat Thüringen gibt es für den kommunalen Bedarf im Klimaschutz weder im Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz noch vom Thüringer
Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie ein eigenes Förderprogramm. Auch erste
Initiativen des Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz
zum „freiwilligen“ Installieren eines „European Energie Award-Zertifizierungssystem“ in den
thüringischen Kommunen ohne hinreichende finanzielle Unterstützung sind weitgehend leergelaufen. Dieses Programm ist nur für Großstädte geeignet. Die Bitte des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen der Struktur der kommunalen Ebene Rechnung zu tragen und mit einem
vereinfachten kostenextensiven kommunalen Klimaschutzsystem zu beginnen, wurde vom
Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz widersprochen.
Weiterhin ist es bemerkenswert, dass einer weiteren Bitte des Gemeinde- und Städtebundes
Thüringen zur Unterstützung der Inanspruchnahme der Nationalen Klimaschutzinitiative des
Bundes durch die Kommunen durch das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten,
Umwelt und Naturschutz und das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie nicht entsprochen wurde. Beide Ministerien bewerben und unterstützen die Nationale
Klimaschutzinitiative kaum wahrnehmbar durch Internetauftritte, in Veranstaltungen oder in
offiziellen Broschüren.
Die Nationale Klimaschutzinitiative speist sich aus den Einnahmen aus den Erlösen aus dem
Zertifikate-Handel. Das Bundesumweltministerium fördert mit der Nationalen Klimaschutzinitiative eine Vielzahl unterschiedlicher Programme. Diese reichen von Investitionen in stromeffiziente Technologien (Richtlinien für hocheffiziente kleine Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, Kälteanlagen und Stromtechnologien) über Klimaschutzkonzepte, Klimaschutzmanager
und zahlreiche investive Maßnahmen in Kommunen, Straßenbeleuchtung, Abwasseranlagen,
Schulen und Unternehmen bis hin zu Projekten zur Aufklärung, Beratung und Vernetzung bei
Verbrauchern und in der Wirtschaft.
Von 2008 bis August 2012 wurden in Deutschland Klimaschutzprojekte und stromeffiziente
Technologien mit einem Gesamtvolumen von rund 400 Millionen Euro bewilligt. Insgesamt
wurden nach Angabe der Evaluation der Klimaschutz-Initiative über das Programm 5,2 Milliarden Bruttoinvestitionen verursacht. Seit 2008 wurden bundesweit über 3000 Projekte in
1.700 Kommunen unterstützt. Leider ist die Anzahl der thüringischen Anträge und abgeschlossenen Projekte im Rahmen der Klimaschutz-Initiative aufgrund der finanziellen Situation der
Kommunen und fehlenden Unterstützung der Kommunen gering.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
95
Umwelt
Aufgrund einer Initiative des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen für die thüringischen
Antragsteller in der Klimaschutzinitiative haben zumindest die Servicestelle Kommunaler Klimaschutz des Deutschen Instituts für Urbanistik, der Projektträger Jülich und das Bundesumweltministerium erfolgreich eine Informationsveranstaltung zur Umsetzung von konzeptionellen
und investiven Maßnahmen in der Landesgeschäftsstelle des Gemeinde- und Städtebundes
Thüringen durchgeführt.
Darüber hinaus hat der Gemeinde- und Städtebund Thüringen den Deutschen Städte- und Gemeindebund im Bereich des Klimaschutzes im Rahmen der Entwicklung von Positionen zum
Beispiel beim Thema „Fracking“, dem Kohlendioxid-Speichergesetz und anderen Schwerpunkten erfolgreich unterstützt.
Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung
In den letzten Jahren konnten in einigen Gemeinden nicht hinreichend öffentliche und private
Vorhaben im Rahmen der Dorferneuerung umgesetzt werden. Dies belegt auch die geringe
Teilnahme der Kommunen am Wettbewerb des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft,
Naturschutz und Umwelt „Unser Dorf hat Zukunft“. Erstmals nahmen Kommunen am Wettbewerb teil, die keine Fördermittel zur integrierten ländlichen Entwicklung in Anspruch nehmen konnten. Diese Kommunen konnten aufgrund der Vorgaben der Haushaltssicherung keine
Förderungen für wirtschaftliche oder soziale Maßnahmen sowie Aufgaben der Daseinsfürsorge
beantragen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang das außerordentliche ehrenamtliche
Engagement bei den Arbeitseinsätzen der Dorfgemeinschaft um mit geringen investivem Einsatz zur Sanierung von Kirchen, Feuerwehr und Dorfgemeinschaftseinrichtungen beizutragen.
Gleichwohl überzeugen diese Beispiele nicht, weil die in Eigenarbeit umgesetzen Maßnahmen
natürlich nie vollständig von Fachfirmen umgesetzte Projekte ersetzen können.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft,
Forsten, Umwelt und Naturschutz mehrfach auf eine notwendige Änderung der Förderung der
Dorferneuerung und der besonderen Unterstützung von Kommunen in Haushaltssicherungskonzepten hingewiesen. Aufgrunddessen wurde für das Jahr 2013 zumindest die Unterstützung
der Einrichtung von Dienstleistungen in den Dörfern um 1,6 Millionen € erhöht.
Auch die vom Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Naturschutz und auch
von allen anderen Ministerien der Thüringer Landesregierung im Begleitausschuss Förderinitiative Ländliche Entwicklung geplante Streichung von vorbeugenden Maßnahmen des Gewässerbaus und Hochwasserschutzes in der Höhe von 1,6 Millionen wurde auf Initiative des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen zurückgenommen; jedoch leider nicht weiter aufgestockt.
Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz schätzt für
die Förderinitiative Ländliche Entwicklung im ländlichen Raum den Bedarf zum Schutz der
vorhandenen und künftigen Investitionen vor Hochwasser als gering ein.
Insgesamt wurden jedoch aus dem Bereich des Entwicklungsprogramms der Förderinitiative
Ländliche Entwicklung für das Jahr 2013 für Investitionen zusätzlich 2,6 Millionen € zu Gunsten der Investitionen der landwirtschaftlichen Betriebe umgeschichtet. Damit wird die Innenentwicklung der Dörfer zulasten der Außenentwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe begrenzt.
96
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Umwelt
Für die neue Förderperiode der ländlichen Entwicklung 2014 – 2020 sind die Verhandlungen
noch nicht abgeschlossen. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat dem Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz in zahlreichen Beratungen und
Partnerschaftsgesprächen die Situation und die weitere Notwendigkeit der Unterstützung der
Gemeinden, der Kleinstädte und der Stadt-Umland-Funktionen sowie auch von Einrichtungen
der Daseinsvorsorge beispielsweise der Abwasserentsorgung aufgezeigt.
Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Naturschutzrechts
Die Thüringer Landesregierung hat im Jahr 2011 im Rahmen der Anhörung des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz den Entwurf eines Gesetzes
zur Neuordnung des Naturschutzrechts vorgestellt. Dies betrifft insbesondere die Zuständigkeiten, Verfahrensregelungen, die Ausschöpfung von Öffnungsklauseln und in einigen Fällen
erstmals Neuland im Bereich des Abweichungsrechts.
Im Gesetzentwurf wurden insbesondere die Eingriffsregelung, Pflichten zur Bereitstellung von
Daten für ein Fachinformationssystem, Zuständigkeiten, Horstschutz und Erleichterungen für
die Verfahren für Tiergehege behandelt.
In den ersten Beratungen zum Gesetzentwurf hat der Verband Kostenberechnungen für die geplanten neuen Zuständigkeitsregelungen sowie deregulierende und vereinfachende Verfahren
eingefordert. Bislang hat seit über 2 Jahren weder eine Rückmeldung zur Verbandsstellungnahme oder eine Erörterung des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt
und Naturschutz zum Anhörungsverfahren mit den betroffenen kreisfreien Städten und dem
Gemeinde- und Städtebund Thüringen stattgefunden.
Aktionsplan Nachhaltige Flächenpolitik
Auf Aufforderung des Thüringer Landtages hat die Thüringer Landesregierung einen Aktionsplan Nachhaltige Flächenpolitik für den Zeitraum 2012 bis 2013 erstellt, der zur Realisierung
einer ressourcenschonenden und bedarfsgerechten Bodennutzung beitragen soll, um auf der
operationellen Ebene diese Ziele bei der Umsetzung des Landesentwicklungsplans verstärkt zu
berücksichtigen.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen beteiligte sich in der Arbeitsgruppe des Thüringer
Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz um die Ziele des Aktionsplans zur Steigerung der Nutzungsqualität der Flächen im Sinne des weiteren Vorgehens zwischen den staatlichen und kommunalen Ebenen, der Zivilgesellschaft, der Landwirtschaft und
anderen Nutzern ergebnisoffen zu beraten.
Bislang werden der Rückbau von Gebäuden und oder Entsiegelungen von militärischen Flächen nicht in der Statistik berücksichtigt. Die Leistungen der Kommunen und der Landesentwicklungsgesellschaften beim innerörtlichen Rückbau und der Entsiegelung sowie die Revitalisierung von Wismutflächen finden somit keinen Eingang in die Statistik.
Die bestehenden Verzerrungen bei den Werten der Flächeninanspruchnahme und der Entsiegelung konnten nicht ausgeräumt werden. Weitere Vorschläge zur Verbesserung des Kompensationsmanagements zur Schonung von landwirtschaftlichen Flächen sowie die Abgabe von
landeseigenen Flächen zur Kompensation wurden in der Arbeitsgruppe leider nicht beraten.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
97
Umwelt
Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt hat den Beratungsprozess aus
unserer Sicht vorzeitig abgebrochen und mit einzelnen Landesministerien und dem Thüringer
Bauernverband ohne angemessene Beteiligung des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
und anderer Organisationen ein „Thüringer Bündnis für Fläche“ ins Leben gerufen.
Änderung des Thüringer Jagdgesetzes
Der Thüringer Landtag hat eine Änderung des Thüringer Jagdgesetzes am 25. April 2013 beschlossen. Mit der Annahme des Gesetzentwurfes wurden auch die Ausklammerung, Zurückstellung und Fortberatung des Thüringer Waldgesetzes beschlossen.
Der Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Jagdgesetzes der Thüringer Landesregierung
wurde in den Folgeberatungen des Ausschusses für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz des Thüringer Landtages deutlich geändert. Die Jagdzeiten werden nunmehr im Einvernehmen mit dem für das Jagdwesen zuständigen Ausschuss des Landtags abweichend von
§ 22 Abs. 1 BJG festgelegt.
Der § 10 ThJG wurde um folgenden Absatz 5 ergänzt: „Bei einem Zusammenschluss von Gemeinden oder einer Angliederung einer Gemeinde an eine andere können die gemeinschaftlichen Jagdbezirke wie nach einer Teilungsverfügung bestehen bleiben.“
Diese Einfügung durch die Fraktionen CDU/SPD des Thüringer Landtages hat aufgrund der
vorrangigen Regelungen des Bundesjagdgesetzes nur empfehlenden Charakter.
Die Gestaltung der neu gebildeten gemeinschaftlichen Jagdbezirke (Körperschaft des öffentlichen Rechts) und deren mögliche Teilung muss die Regelungen des Bundesjagdgesetzes beachten.
Den Regierungsfraktionen CDU/SPD ist ausdrücklich dafür zu danken, dass der Prozess des
freiwilligen Zusammenschlusses von Gemeinden nicht noch stärker durch die Wahrung von
jagdlichen Einzelinteressen der über 2.300 Jagdbezirke erschwert wird.
Kommunen als Wildschadenbehörde
Die Kommunen sind von der Jagd als Wildschadenbehörde, Flächeneigentümer im Gemeinschaftlichen Jagdbezirk, als Verpächter von kommunalen Eigenjagdbezirken und gegebenenfalls als Notjagdvorstand betroffen.
Zwischen dem Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz,
der Landesforstanstalt, dem „Großprivatwald“, dem privaten Thüringer Waldbesitzerverband,
dem Thüringer Verband der Jagdgenossen und Eigenjagdbezirksinhaber und dem Thüringer
Jagdverband wird weiterhin über die Intensität der Ausübung der Jagd, die Höhe der zu tolerierenden Wildschäden und insbesondere aufgrund der Föderalismusreform über die möglichen
Änderungen des Thüringer Jagdgesetzes eine Diskussion geführt.
Die Kommunen sind vor Ort als „Wildschadenbehörde“ stets zur Neutralität und zur Vermittlung einer Einigung zwischen Landnutzern und Jagdpächtern verpflichtet. Dementsprechend
hat sich die Landesgeschäftstelle des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen in der Auseinandersetzung neutral verhalten oder versucht zu vermitteln.
98
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Umwelt
Die Kommunen werden in ihrer Funktion als Wildschadenbehörde in Anspruch genommen und
sehen sich zunehmend bereits im Verfahren zur Aufnahme der Wildschäden mit Rechtsanwälten zur Vertretung der Interessen der Jagdpächter, Landeigentümer und Landpächter konfrontiert. Dies erschwert zunehmend die notwendigen Kompromisse vor Ort. Weiterhin zeigt das
Thema auch den Fortbildungsbedarf innerhalb der Verwaltungen zur Vermeidung von Verfahrensfehlern auf.
Auf Initiative des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen wurden in Abstimmung mit der
obersten Jagdbehörde im Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz, dem Thüringer Verband der Jagdgenossen und Eigenjagdbezirksinhaber, einem vereidigten Wildschadensschätzer, Vertretern aus den Städten Mühlhausen und Hildburghausen
und der Landesgeschäftsstelle des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen für die kommunalen Verwaltungen einheitliche Formulare, Formbriefe, Vorbescheide, Beispiele und Hinweise
für das Wildschadenverfahren erstellt und zur Anwendung empfohlen.
Änderung des Thüringer Fischereigesetzes
Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat den Gemeinde- und Städtebund Thüringen gebeten, zu dem Entwurf des Gesetzes zur Änderung des
Thüringer Fischereigesetzes entsprechende Hinweise mitzuteilen.
Die geplanten Änderungen des Thüringer Fischereigesetzes im Bereich der Integration Europäischer Rahmenbedingungen, der Stärkung des Fischartenschutzes und insbesondere der Pflicht
des Bürgermeisters zur Gründung von Fischereigenossenschaften belasten die Kommunen mit
zusätzlichen Aufgaben. Im Vorfeld sind eine Aufgaben- und Sachdiskussion zur Entlastung der
Kommunen als Behörde zur Ausstellung der Fischereischeine leider nicht erfolgt. Gleichfalls
fehlen eine entsprechende Kostenprognose und eine Regelung zur Kostenerstattung.
Lediglich die Möglichkeit der Verlagerung der Fischereiprüfung von der unteren Fischereibehörde auf die Angelfischereiverbände zeigt zumindest die Bereitschaft des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz für deregulierende Änderungen
auf.
Der Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Fischereigesetzes – ThürFischG – zeigt
nur in geringem Umfang Lösungen auf um den grundsätzlich notwendigen Anpassungsbedarf
mit Blick auf eine zeitgemäße, bürgerfreundliche und effiziente Funktions- und Verwaltungsstrukturierung im Fischereiwesen herzustellen.
In nachfolgenden Beratungen des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen mit dem Thüringer
Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz sowie den Fischereiverbänden wurden ergänzende Änderungen des Gesetzentwurfes beraten. Derzeit ist noch nicht
bekannt, welche Änderungen der Gesetzentwurf erfahren wird und wann der Gesetzentwurf der
Thüringer Landesregierung in den Thüringer Landtag eingebracht wird.
Keine Änderung des Thüringer Waldgesetzes
Nach der Änderung von über 20 Gesetzen und Verordnungen - ohne Änderung der zentralen
Kostenbeitragsverordnung für die Betreuung des Privat- und Kommunalwaldes - unter zustimmender Mitarbeit des Thüringer Rechnungshofes konnte die staatliche Landesforstanstalt (Thüringen Forst) am 1. Januar 2012 ihre Arbeit aufnehmen.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
99
Umwelt
Bereits 8 Monate später begann im Jahr 2012 ein Gesetzgebungsverfahren, mit dem die Landesforstverwaltung offensichtlich von „unbequemen“ Aufgaben befreit werden, und zusätzliche Einnahmequellen zu Lasten der Kommunen erschlossen werden sollte. Dies bedeutet auch,
dass die Forstreform kein in sich schlüssiges und widerspruchfreies System geschaffen hat.
Im Rahmen des schriftlichen Anhörungsverfahrens des Ausschusses für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz des Thüringer Landtages haben wir im November 2012 den
Gesetzentwurf abgelehnt.
In der Folge wurde in der vorläufigen Tagesordnung des Thüringer Landtages der Gesetzentwurf „Gesetz zur Änderung des Thüringer Wald- und des Thüringer Jagdgesetzes – Drs. 5/5058“
angekündigt und wieder gestrichen.
Im Internetauftritt des Thüringer Landtags konnten wir feststellen, dass der Gesetzentwurf von
der Tagesordnung genommen wurde, weil keine Beschlussempfehlung des betreffenden Ausschusses vorliegt.
Aus den Medien konnten wir entnehmen, dass es zu keiner gemeinsamen Beschlussempfehlung
des betreffenden Ausschusses gekommen ist, weil insbesondere zu unterschiedliche Positionen
zu Windkraft im Wald bestehen.
Gleichfalls hat die Landtagsverwaltung mit unserer Zustimmung die Stellungnahme des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen an Thüringen Forst mit der Bitte um Stellungnahme übersandt. Bislang hat uns der Ausschuss noch nicht mitgeteilt, ob oder wie das Anhörungsverfahren zum Gesetzentwurf fortgesetzt wird.
Weitere Aktivitäten des Verbandes
Kommunaler Waldbesitzerverband
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen ist auch Kommunaler Waldbesitzerverband und
vertritt in dieser Funktion die Interessen der waldbesitzenden Kommunen mit rund 87.000 ha
Wald.
1 Jahr nach Reform der Forstverwaltung
Mit dem Aufbau der neuen Struktur als Landesforstanstalt in der Rechtsform Anstalt öffentlichen Rechts – Thüringen Forst – wurden die Leitungsaufgaben in der Zentrale in Erfurt mit
zusätzlichem Personal ausgebaut. Im ländlichen Raum wurde in den nunmehr unselbstständigen Untergliederungen der Forstämter mit Revieren und Sonderfunktionen und dem Serviceund Kompetenzzentrum der Personalabbau verstärkt. Somit können die vom Land angestrebten
Ziele der Personalreduktion von 1.600 Beschäftigen auf 1.150 Beschäftige bis 2017, die von
allen Parteien und von der Personalvertretung, die im Verwaltungsrat der Landesforstanstalt
vertreten sind, unterstützt werden, möglicherweise erreicht werden.
Der Abbau des Personals im ländlichen Raum wird durch Kürzungen auf der Forstrevierebene
und den Abbau des Gemeinschaftsforstamtes begleitet. Beispielsweise wurden die Betreuungen
der Forstbetriebsgemeinschaften von privaten und kommunalen Waldflächen eingeschränkt, die
Forstamtsausschüsse aufgelöst oder gemeinsame Beratungen mit den anderen Waldbesitzarten
in den rechtlich unselbstständigen Forstämtern nicht mehr fortgeführt. Für diese Leistungen
erhält die Landesforstanstalt jedoch einen festen Zuschuss vom Land.
100
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Weitere Aktivitäten des Verbandes / Landesgeschäftsstelle
Die Landesforstanstalt unterläuft aus unserer Sicht mit Leistungseinschränkungen im Bereich
der Betreuung der kommunalen Wälder, beispielsweise bei der Verkehrssicherung, die vereinbarten Vorgaben der Kostenbeitragsverordnung. Hierdurch tritt eine Zersplitterung der Revierebene ein. Auf der gleichen Fläche sollen der betreuende staatliche Revierförster und ein zweiter
„Verkehrssicherungsförster“ auf Kosten der Kommune tätig werden.
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat sich im Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz für den Erhalt des Gemeinschaftsforstamtes im ländlichen Raum und die Fortführung der bisherigen Aufgaben eingesetzt. Bislang hat sich das
Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz gegenüber der
Landesforstanstalt bei der Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Aufgaben – aufgrund der
gesetzlich vorgegebenen Selbständigkeit - noch nicht durchsetzen können.
Diese Unabhängigkeit der Landesforstanstalt von den Vorgaben der Landespolitik zeigt bei der
Erfüllung von Aufgaben jedoch auch Vorteile bei der Erfüllung von bestimmten forstwirtschaftlichen Maßnahmen im Landeswald auf. Die Wegebau- und Instandhaltungsmaßnahmen wurden
deutlich entbürokratisiert und laufen schneller ab. Auch Erntemaßnahmen oder Waldumweltmaßnahmen wurden optimiert. Innerhalb kürzester Zeit wurden die Jugendwaldheime saniert.
Der Gesamtumsatz der Landesforstanstalt in den klassischen oder in möglichen neuen Geschäftsfeldern hat sich jedoch nicht hinreichend erhöht.
Kostenbeiträge für die staatliche Betreuung des kommunalen Waldes
Nach den Vorgaben des Thüringer Waldgesetzes können die Kommunen im Gemeinschaftsforstamt zwischen der Einstellung von eigenem oder kommunalem Personal wählen. Nach
den Vorgaben der Kostenbeitragsverordnung der 5. DVOThürWaldG werden ca. 60.000 ha der
87.000 ha Kommunalwald auf der Grundlage von Verträgen über Revierförster der Landesforstanstalt betreut.
Der Entwurf der 5. DVOThürWaldG (Stand November 2010) des Thüringer Ministeriums für
Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz wurde nicht in das Artikelgesetz zur Forstreform integriert.
Bislang gibt es noch keine belastbaren Signale aus dem Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz oder der Landesforstanstalt zum Thema der 5. DVOThürWaldG. Damit können auch keine weiteren belastbaren Beratungen über die Betreuung
oder Änderung der Betreuung geführt werden. Auch Beratungen über eine Zusammenarbeit mit
dem Privatwald sind aufgrund dessen nicht belastbar.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Verkehrssicherungspflicht im Wald
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2. Oktober 2012 besteht eine Haftung des
Waldbesitzers wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich nicht für waldtypische Gefahren. Die Verkehrssicherungspflicht des Waldbesitzers ist nicht gänzlich ausgeschlossen, sondern auf die Sicherung gegen solche Gefahren beschränkt, die nicht waldtypisch
sind. Atypische Gefahren sind alle nicht durch die Natur, sondern vom Waldbesitzer geschaffene oder geduldete Gefahren, die ein Waldbesucher nicht rechtzeitig erkennen kann. Hierzu
gehört zum Beispiel ein Holzstapel mitten auf dem Weg.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
101
Weitere Aktivitäten des Verbandes / Landesgeschäftsstelle
Mit der Entscheidung des Bundesgerichthofs ist ein Aufatmen bei den kommunalen Waldbesitzern festzustellen. Die aus dem Bereich der Stadtbäume umfangreiche Rechtsprechung mit
der Folge stark erhöhter Aufwendungen für die Verwaltungen im Bereich der Kontrolle und
Sicherung von Bäumen entlang von Waldwegen wurde deutlich eingegrenzt.
Waldklimafonds
Zur Unterstützung der CO2-speichernden und CO2-mindernden Maßnahmen insbesondere in
den kommunalen Wäldern haben sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund sowie insbesondere Oberbürgermeister Dr. Triebel, Stadt Suhl, im Deutschen Forstwirtschaftsrat eingesetzt.
Gleichfalls ist der Wald auch mit Blick auf die Folgen des Klimawandels als Wasserspeicher
im Freistaat Thüringen insbesondere zur Vermeidung von kurzfristigen Hochwasserereignissen
oder von Trockenextremen von hoher Bedeutung.
Mit dem Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ vom
8. Dezember 2010 wurden die Voraussetzungen geschaffen, die Erlöse aus dem Handel mit
CO2-Zertifikaten in Förderungen des nationalen Klimaschutzes und Energieeffizienz zu lenken. Ein Teil dieser Finanzmittel fließt in den Waldklimafonds und steht auch den waldbesitzenden thüringischen Kommunen für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, für
CO2-Minderung und insbesondere für die Umsetzung der Deutschen Anpassungstrategie an
den Klimawandel zur Verfügung.
Vorbildliche kommunale Waldbetriebe
In einem immer komplexeren Umfeld der Anforderungen der Gesellschaft, der Vorgaben der
EU; des Bundes, des Landes, des Naturschutzes und der Verkehrssicherung sind die eigenen
kommunalen als auch die betreuenden Revierförster/innen sowie der Forstamtsleiter/innen der
Landesforstanstalt mit den Bürgermeistern, Gemeinde- und Stadträten und Mitarbeiter/innen
der kommunalen Verwaltungen in der Lage, nicht nur im bundesweiten Durchschnitt, sondern
auch in der Spitze gute Leistungen in der Waldbewirtschaftung, der Waldökologie und den finanziellen Ergebnissen nachzuweisen.
Ein Beleg dafür ist Verleihung der „Ehrenurkunde für besondere Leistungen bei der nachhaltigen Waldbewirtschaftung“ an die Gemeinde Untermaßfeld und die Stadt Heldburg anlässlich
der Grünen Tage Thüringen 2012.
Darüber hinaus zeigt die Auswertung der Ergebnisse der PEFC-zertifizierten kommunalen
Waldbesitzer im Jahr 2005 – 2011 sowie des einen kommunalen Waldbesitzes mit dem Zertifikat FSC, dass bis auf die Bewirtschaftung der Jagd, insgesamt gute Ergebnisse zu verzeichnen
sind.
Kommunale Dienstleistungs-Gesellschaft
Thüringen mbH (KDGT)
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat Mitte 2002 die Kommunale DienstleistungsGesellschaft Thüringen mbH (KDGT) gegründet. Mit der KDGT wurden sämtliche Aktivitäten
des Verbandes, die eine wirtschaftliche Ausrichtung hatten, in dieser kommunalen Dienstleistungsgesellschaft gebündelt. Dies erfolgte, damit der Gemeinde- und Städtebund Thüringen
sich noch stärker auf seine zentralen Aufgaben als Interessenverband der Gemeinden, Städte
und Verwaltungsgemeinschaften konzentrieren konnte. Zudem sollten hiermit steuerrechtliche
Aspekte berücksichtigt werden.
102
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Weitere Aktivitäten des Verbandes / Landesgeschäftsstelle
Die KDGT ist in unterschiedlichen Bereichen wirtschaftlich tätig, wobei sie Dienstleistungen
für den Gemeinde- und Städtebund Thüringen, für Kommunen und auch für sonstige Dritte
erbringt.
Geschäftsführer
Thomas Lenz
Sekretariat
Marion Finkelmeyer
Telefon: 0361 / 60 206 – 70
Prokuristin
Stefanie Preikschat
Telefon: 0361 / 60 206 – 70
m.finkelmeyer@kdgt.de
Kathleen Romberger
Telefon: 0361 / 60 206 – 74
s.preikschat@kdgt.de
Stefanie Exner
Telefon: 0361 / 60 206 – 81
k.romberger@kdgt.de
Ramona Sever
Sekretariat
Doreen Lange
Telefon: 0361 / 60 206 – 61
r.sever@kdgt.de
Telefon: 0361 / 60 206 – 76
s.exner@kdgt.de
Postanschrift:
Alfred-Hess-Straße 37
99094 Erfurt
Telefon:
0361 / 60 206 – 70
Telefax:
0361 / 60 206 – 75
E-Mail:
info@kdgt.de
Telefon: 0361 / 60 206 – 60
d.lange@kdgt.de
So organisiert und betreut die KDGT das Fortbildungsprogramm des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
mit zahlreichen Seminaren und führt Fortbildungsveranstaltungen für Dritte durch. Seit 2006 plant und organisiert die KDGT auf Anfrage Inhouse-Veranstaltungen.
Eine Vielzahl von Verwaltungen hat dieses zusätzliche
Angebot bereits in Anspruch genommen.
Weiterhin hat die KDGT die Aufgabe übernommen, die Druckerzeugnisse des Verbandes herzustellen und zu vertreiben. Daneben gibt die KDGT eine eigene Schriftenreihe zu kommunalen Themen heraus.
Der kommunale Energie Pool (Kommunale Energie Beteiligungsgesellschaft Thüringen Aktiengesellschaft - KEBT AG) wird von der KDGT betreut. Im Herbst 2012 hat die KDGT die
Dienstleistung für den neu gegründeten Kommunalen Energiezweckverband Thüringen (KET)
übernommen. Weiterhin erledigt die KDGT die Aufgaben der Geschäftsstelle für den Fernwasserzweckverband Nord- und Ostthüringen. Im Frühjahr 2013 wurde die KDGT als Geschäftsstelle des neu gegründeten Vereins BürgerEnergie Thüringen e. V. (BETh) beauftragt.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
103
Weitere Aktivitäten des Verbandes / Landesgeschäftsstelle
KEBT Kommunale Energie Beteiligungsgesellschaft Thüringen Aktiengesellschaft (KEBT AG) – Kommunaler Energiepool (www.kebt.de)
Gegenstand des Unternehmens „KEBT AG“ (kommunaler Energie-Pool)
Die KEBT AG beschäftigt sich mit dem Erwerb sowie mit der Verwaltung von Geschäftsanteilen an der Thüringer Energie AG. Sie befasst sich mit der Wahrnehmung aller Gesellschafterrechte und -pflichten, die sich aus der Beteiligung an der Thüringer Energie AG für die
Kommunen ergeben. Die KEBT kümmert sich um alle unmittelbar damit im Zusammenhang
stehenden Geschäfte, insbesondere um die Wahrnehmung und Sicherung der kommunal- und
gesellschaftsrechtlich zulässigen Interessenvertretung der kommunalen Aktionäre bei der Beteiligungsgesellschaft.
Wert der Aktien der KEBT AG
Im Zuge des Erwerbes von Anteils an der damaligen E.ON Thüringer Energie AG (ETE) durch
die kommunale Seite wurde eine Unternehmensbewertung der ETE durchgeführt. Diese Bewertung hat zum 31. Dezember 2012 einen Wert von 400,47 Euro / ETE-Aktie und somit
200,23 Euro / KEBT-Aktie ergeben. Allerdings wurde bei der Unternehmensbewertung der
Gewinn des Geschäftsjahres 2012 mit einberechnet. Somit ergibt sich nunmehr ein aktueller
Wert von rd. 370,00 Euro / ETE-Aktie bzw. rd. 185,00 Euro / KEBT-Aktie.
Neben dem aktuellen Geldwert einer KEBT-Aktie ist besonders zu berücksichtigen, dass die
kommunale Beteiligung am Unternehmen die Arbeitsplätze in Thüringen, die Investitionen in
die Infrastruktur in Thüringen sowie die überwiegende Auftragsvergabe an Thüringer Unternehmen absichert.
Der aktuelle Anteil einer KEBT-Aktie am Grundkapital der KEBT Kommunale Energie Beteiligungsgesellschaft Thüringen AG beträgt unverändert 1,00 Euro.
Aufsichtsrat der KEBT AG
Der Aufsichtsrat der KEBT AG besteht aus sechs Mitgliedern (§ 6 Abs. 1 der Satzung der
KEBT AG). Dies waren im Geschäftsjahr 2012/2013:
Herr Horst Brandt (Vorsitzender), Bürgermeister der Stadt Langwiesen,
Herr Frank Rostek (stellvertr. Vorsitzender), Bürgermeister der Stadt Bleicherode,
Herr Steffen Harzer, Bürgermeister der Stadt Hildburghausen.
Herr Johannes Hertwig, Bürgermeister der Stadt Bad Sulza,
Herr Ralf Rusch, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen,
Herr Stefan Wolf, Oberbürgermeister der Stadt Weimar.
Der Aufsichtsrat ist bis zur Hauptversammlung der KEBT AG im Herbst 2013 bestellt.
Im Geschäftsjahr 2012/2013 hat der Aufsichtsrat zehn Sitzungen durchgeführt. Im aktuellen
Geschäftsjahr 2013/2014 hat bisher eine Sitzung stattgefunden. In der 57. Aufsichtsratssitzung
hat der Aufsichtsrat der KEBT AG, Herrn Dr. Herbert Rüben zum Vorstand der Gesellschaft
bestellt.
104
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Weitere Aktivitäten des Verbandes / Landesgeschäftsstelle
Dividendenausschüttung
Für das Geschäftsjahr 2012/2013 wird die KEBT AG Ende Oktober 2013 voraussichtlich wieder eine Dividende in Höhe von 4,25 €/KEBT-Aktie abzüglich Steuern an die kommunalen
Aktionäre des Energie-Pools ausschütten.
Konzessionsverträge
Die Mehrzahl der Gemeinden und Städte in Thüringen - wie auch in den übrigen jungen Bundesländern - haben die ersten Konzessionsverträge im Zeitraum 1991 – 1993 abgeschlossen,
so dass bei einer Laufzeit von genau 20 Jahren, diese Konzessionsverträge im Zeitraum 2011 2013 enden. Von den ursprünglich rd. 1.400 Konzessionsverträgen sind nach Gemeindezusammenschlüssen nunmehr 841 Strom-Konzessionsverträge, die bisher mit der E.ON Thüringer
Energie AG bestanden, in Thüringen neu abzuschließen. Das Auslaufen dieser Strom-Konzessionsverträge ist in der Mehrzahl bereits bekannt gemacht worden. Bis Ende des Jahres 2012
wurden mit 762 Kommunen die Konzessionsverträge neu abgeschlossen. Fast alle neu abgeschlossenen Konzessionsverträge wurden wieder mit dem bisherigen Konzessionsvertragspartner, der E.ON Thüringer Energie AG, abgeschlossen.
KET Kommunaler Energiezweckverband Thüringen
Gegenstand des Unternehmens
Im Frühjahr 2012 hat E.ON Düsseldorf mitgeteilt, dass man sich von seinen Mehrheits-Anteilen an der damaligen E.ON Thüringer Energie AG trennen möchte und den Thüringer Kommunen als zweitgrößtem Anteilseigner ein Vorkaufsrecht einräumt. Dies versetzte die Kommunalen Aktionäre der KEBT AG in die wohl einmalige Lage, durch eine Rekommunalisierung
des größten Energieversorgers im Freistaat Thüringen zukünftig die Energiewende im Freistaat
selbst aktiv zu gestalten, Arbeitsplätze in Thüringen dauerhaft zu sichern und neu zu schaffen.
In der Hauptversammlung der KEBT AG am 18. Juli 2012 haben sich die kommunalen Aktionäre der KEBT AG mehrheitlich dafür ausgesprochen, diese historische Chance zu nutzen und
die Verkaufsverhandlungen aufzunehmen. Diese Verhandlungen wurden über einen Zeitraum
von mehreren Monaten intensiv und mit Unterstützung einer interministeriellen Arbeitsgruppe
sowie einer Projektgruppe des Thüringer Innenministeriums geführt.
Aus finanzierungstechnischen Gründen (Aktienerwerb über Kredite) haben die Städte Langewiesen, Weimar, Hildburghausen, Bad Sulza und Bleicherode beschlossen, den Kommunalen
Energiezweckverband Thüringen (KET) zu gründen, dem in der Folge zahlreiche Kommunen
beigetreten sind.
Der neue kommunale Energiezweckverband Thüringen (KET) hat nunmehr die Übernahme der
von E.ON zum Verkauf angebotenen Aktien an der ETE realisiert und hält jetzt 46% Prozent
der Aktien. Unter dem neuen Namen „Thüringer Energie“ und einem neuen Erscheinungsbild
ab Sommer 2013 wird das Unternehmen auch weiterhin für die Erzeugung, die Verteilung und
den Vertrieb von Energie im Freistaat Thüringen sorgen.
Der KET beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Erwerb sowie mit der Verwaltung von Geschäftsanteilen an der Thüringer Energie AG. Er befasst sich mit der Wahrnehmung aller Gesellschafterrechte und -pflichten, die sich aus der Beteiligung an der Thüringer Energie AG für
die Kommunen ergeben. Der KET kümmert sich um alle unmittelbar damit im Zusammenhang
stehenden Geschäfte, insbesondere um die Wahrnehmung und Sicherung der kommunal- und
gesellschaftsrechtlich zulässigen Interessenvertretung seiner Mitgliedskommunen.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
105
Weitere Aktivitäten des Verbandes / Landesgeschäftsstelle
Anzahl der Mitglieder
Die aktuelle Zahl der stimmberechtigten Mitgliedskommunen beträgt 393 (rund 50 % der Kommunen der KEBT und 52,93 % der Aktien der KEBT). Bereits 47 weitere Kommunen haben
einen positiven Beitrittsbeschluss gefasst, sodass diese in der der kommenden Verbandsversammlung des KET als stimmberechtigte Mitglieder aufgenommen werden können.
Verbandsausschuss
Der KET-Verbandsausschuss besteht derzeit aus elf Mitgliedern. Dies waren im Jahr 2012:
Herr Frank Rostek (Verbandsvorsitzender), Bürgermeister der Stadt Bleicherode,
Herr Horst Brandt (stellv. Verbandsvorsitzender), Bürgermeister der Stadt Langwiesen,
Herr Steffen Harzer (stellv. Verbandsvorsitzender), Bürgermeister der Stadt Hildburghausen,
Herr Johannes Hertwig, Bürgermeister der Stadt Bad Sulza,
Herr Christian Endter, Bürgermeister der Stadt Steinbach-Hallenberg,
Herr Jörg Klupak, Bürgermeister der Stadt Bad Tennstedt,
Herr Klaus Möller, Bürgermeister der Gemeinde Meuselbach-Schwarzmühle,
Herr Thomas Weigelt, Bürgermeister der Stadt Bad Lobenstein,
Herr Stefan Wolf, Oberbürgermeister der Stadt Weimar,
Herr Marco Seidel, Bürgermeister der Stadt Tanna,
Herr Uwe Möller, Bürgermeister der Gemeinde Amt Wachsenburg.
Gewinnausschüttung
Wie bei der KEBT AG werden die Kommunen des KET im Herbst 2013 eine Gewinnausschüttung in Höhe von 4,25 € je in den KET eingelegter KEBT-Aktie erhalten.
Aufgaben des Kommunalen Energiezweckverbandes Thüringen
Aufgabe des Zweckverbandes ist die Teilaufgabe der kommunalen Versorgung mit Strom, Gas
und Fernwärme, soweit es die Beteiligung an der KEBT AG und der Thüringer Energie AG
betrifft. Die Aufgabe umfasst neben dem Besitz auch den Erwerb von Beteiligungen sowie die
entsprechende Ausübung der mit den Beteiligungen verbundenen Rechte.
Zudem fördert der Zweckverband die regenerative Energieerzeugung. Der Zweckverband kann
sowohl eigene Anlagen betreiben als auch seine Aufgaben mittelbar durch den Erwerb und
das Halten bzw. die Finanzierung von Beteiligungen an Energieversorgungsunternehmen, die
als Regionalversorger in Thüringen seinen satzungsmäßigen Zwecken dienen, erfüllen. Hierin
eingeschlossen ist auch eine Beteiligung des Zweckverbandes an überörtlich tätigen Energieversorgungsunternehmen.
Im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung kann sich der Zweckverband unter Beachtung der vergaberechtlichen Vorschriften Dritter bedienen und alle notwendig werdenden oder in einem
unmittelbaren Zusammenhang stehenden Handlungen und Rechtsgeschäfte vornehmen.
Jedes Verbandsmitglied überträgt dem Zweckverband seine Anteile an der KEBT AG.
106
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Weitere Aktivitäten des Verbandes / Landesgeschäftsstelle
Kommunale Informationsverarbeitung Thüringen GmbH
- KIV Thüringen Die Kommunale Informationsverarbeitung Thüringen (KIV Thüringen) wurde im Frühjahr
1993 gemeinsam vom Gemeinde- und Städtebund Thüringen und vom damaligen Kommunalen
Gebietsrechenzentrum Gießen (heute: eKom21-KGRZ) gegründet und feierte am 01.07.2013
ihr 20-jähriges Bestehen.
Die KIV Thüringen GmbH liefert Komplettlösungen rund um die kommunale Informationsund Kommunikationstechnik. Der Kundenstamm ist auf mittlerweile über 250 Kunden angewachsen.
Auch beim Umsatz hat sich die positive Entwicklung fortgesetzt: 2012 wurden 2,7 Millionen
Euro erwirtschaftet. Möglich ist dies nur mit versiertem und motiviertem Personal; heute sind
22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der KIV Thüringen GmbH beschäftigt.
Der Tätigkeitsschwerpunkt der Firma liegt auf der individuellen Beratung und Betreuung der
Verwaltungen. Von den Kunden wird das umfangreiche Serviceangebot gerne angenommen
und ist seit Jahren Basis für eine vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit.
Besondere Erfahrung besteht in der Konzeption, Realisierung und Betreuung von komplexen
IT-Netzen. Rund 80 solcher umfangreichen Netzwerke betreut die KIV Thüringen GmbH mittlerweile bei ihren Kunden.
Als neue Dienstleistung bietet die KIV Thüringen GmbH ihren Kunden die Erarbeitung von ITSicherheitskonzepten und Notfallkonzepten entsprechend dem Thüringer Datenschutzgesetz
an. Diese Dienstleistung wird bisher von 40 Thüringer Kommunen in Anspruch genommen.
Bereits für 6 Verwaltungen übernimmt eine DEKRA-zertifizierte Fachkraft der KIV Thüringen
die Aufgabe eines externen Sicherheitsbeauftragten.
Das Softwareangebot des Unternehmens umfasst heute Werkzeuge für alle wichtigen Bereiche
einer Kommunalverwaltung, wie zum Beispiel Haushalts-, Kassen-, und Rechnungswesen,
kaufmännische Buchführung (auch Doppik), Vollstreckung, Standesamtsverwaltung, Einwohnermeldewesen, kommunales Beitragswesen, Liegenschaftsmanagement, Friedhofsverwaltung,
grafische Datenverarbeitung, Sitzungsdienst sowie Dokumentenmanagement und notwendige
Tools zur Thematik Datenschutz und Datensicherheit.
Die Abwicklung von Ordnungswidrigkeiten erfolgt mit Unterstützung des hessischen Rechenzentrums ekom21-KGRZ, dem Rechtsnachfolger eines der Gründungsgesellschafter der KIV
Thüringen GmbH.
Aufgaben der Lohnabrechnung im Bereich des Personalwesens werden in Kooperation mit
dem Thüringer Landesrechenzentrum (TLRZ) bzw. mit der ekom21 realisiert.
Das Fachverfahren AutiSta wird zuverlässig und stabil als Rechenzentrumslösung betrieben.
140 Standesämter nutzen das Rechenzentrum der KIV Thüringen GmbH und verfügen ihre
Personenstandsfälle darüber erfolgreich in das zentrale elektronische Personenstandsregister
des Freistaates Thüringen.
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
107
Weitere Aktivitäten des Verbandes / Landesgeschäftsstelle
Die Leistungsfähigkeit des Rechenzentrums wurde kontinuierlich erweitert; so bieten sich den
Thüringer Kommunen jetzt auch Möglichkeiten, weitere Fachverfahren im Rechenzentrumsbetrieb zu nutzen.
Die Fachverfahren MESO, webFLUR, webFRIED, HKR, KKG und PolyGIS sind bereits im
Rechenzentrum installiert und werden immer häufiger von Kommunalverwaltungen im Hostingbetrieb genutzt.
Im Juni 2013 wurde zwischen der T-Systems International GmbH und der KIV Thüringen
GmbH ein De-Mail Rahmenvertrag abgeschlossen. Diesem Rahmenvertrag ist bereits eine Verwaltung beigetreten und nutzt ab September 2013 das Gateway im Rechenzentrum der KIV für
die Bereitstellung entsprechender De-Mail Postfächer.
Dem Aufsichtsrat der KIV Thüringen gehören Bürgermeister Michael Brychcy, Waltershausen,
(Vorsitzender des Aufsichtsrates), und Bürgermeister Horst Brandt, Langewiesen, an.
Anzeige KIV
108
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Weitere Aktivitäten des Verbandes / Landesgeschäftsstelle
Landesgeschäftsstelle
Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen unterhält eine Landesgeschäftsstelle, die vom hauptamtlichen Geschäftsführenden Vorstandsmitglied Ralf Rusch geleitet wird.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Organisation der Landesgeschäftsstelle kann
dem Geschäftsverteilungsplan entnommen werden. Dieser ist auf den letzten Seiten dieses Geschäftsberichtes abgedruckt.
Alfred-Hess-Haus in Erfurt
Nachdem der Verband und damit auch die Landesgeschäftsstelle zunächst 1990 seinen Sitz
in Weimar und dann später ab 1991 in Gotha gefunden hatte, erfolgte 1994 der Umzug in das
Alfred-Hess-Haus in Erfurt. Am 01. März 1995 wurde die Landesgeschäftsstelle offiziell unter
der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten a. D. Dr. Bernhard Vogel eingeweiht.
Erbaut wurde das Gebäude der Landesgeschäftsstelle von Alfred Hess, einem Kunstmäzen, in den
zwanziger Jahren.
Alfred Hess wurde am 10. Mai 1879 in Erfurt geboren und wuchs in einer jüdischen Kaufmannsfamilie auf. Er wurde auch Kaufmann und war
Inhaber einer größeren Schuhfabrik in Erfurt.
Mit großem Interesse wandte er sich der zeitgenössischen Kunst zu, sammelte diese gemeinsam
mit seiner Frau und unterstützte zahlreiche Maler.
Alfred Hess verlor seine Firma während der Weltwirtschaftskrise und verstarb 1931. Beigesetzt ist
Alfred Hess auf dem jüdischen Friedhof von Erfurt.
Die Straße, die an seinem ehemaligen Wohnhaus,
dem heutigen Sitz der Landesgeschäftsstelle des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen vorbeiführt, wurde nach ihm in Alfred-Hess-Straße umbenannt.
Erfurt, im Oktober 2013
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Ralf Rusch
Geschäftsführendes
Vorstandsmitglied
109
Weitere Aktivitäten des Verbandes / Landesgeschäftsstelle
Geschäftsverteilungsplan der Landesgeschäftsstelle
des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
Stellvertretender Geschäftsführer
Finanzverfassungsrecht, Steuern,
Gebühren und Beiträge, HKR,
AG Wasser/Abwasser, Sparkassenwesen
Ralf Rusch
Bernhard Schäfer
Tel.: 22050-10
Tel.: 22050-10
Sekretariat
Sekretariat
Sekretariat
Sekretariat
Janet Notter
Diana Winkler
Kerstin Ehrhardt
Sandra RuschHaubenschild
z. Zt. in Elternzeit
Tel.: 22050-10
Fax: 22050-51
Tel.: 22050-23
Fax: 22050-50
Tel.: 22050-22
Fax: 22050-50
Tel.: 22050-30
Fax: 22050-50
E-Mail: j.notter@gstb-th.de
E-Mail: d.winkler@gstb-th.de
E-Mail: k.ehrhardt@gstb-th.de
E-Mail: s.ruschhaubenschild@gstb-th.de
Büroleitung, Organisation,
Informationssysteme
Energieversorgung, Telekommunikation,
Neue Medien, wirtschaftliche Betätigung
Joachim Born
Frauke Etzrodt
Tel.: 22050-20
E-Mail: j.born@gstb-th.de
110
Tel.: 22050-27
E-Mail: f.etzrodt@gstb-th.de
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
Weitere Aktivitäten des Verbandes / Landesgeschäftsstelle
Kommunalrecht, Beamtenrecht,
Öffentliches Dienstrecht, Wahlen
Abfallentsorgung, Altlasten,
Immissionsschutz, Europa,
Öffentliche Sicherheit, Verkehr
Dr. Carsten Rieder
Axel Kunze
Tel.: 22050-26
E-Mail: c.rieder@gstb-th.de
Tel.: 22050-35
E-Mail: a.kunze@gstb-th.de
Ländlicher Raum, Naturschutz,
Landwirtschaft, Forsten, Wasserwirtschaft
Einigungsvertragsrecht,
Bau- und Planungsrecht, Raumordnung
Martin Weigand
Alex Peter
Tel.: 22050-34
E-Mail: m.weigand@gstb-th.de
Tel.: 22050-24
E-Mail: a.peter@gstb-th.de
Jugend, Soziales,
Gesundheit und Schulen
Sachbearbeiterin
Stephen Krumrey
Silke Völlmeke
Tel.: 22050-33
E-Mail: s.krumrey@gstb-th.de
Sachbearbeiter, AG Wasser / Abwasser
Tel.: 22050-32
E-Mail: s.voellmeke@gstb-th.de
Postanschrift:
Richard-Breslau-Str. 14
99094 Erfurt
Telefon:
0361/ 22050-0
Fax:
0361/ 22050-50
E-Mail:
gstb-thueringen@t-online.de
Internet:
www.gstb-thueringen.de
Robert Scherf
Tel.: 22050-25
E-Mail: r.scherf@gstb-th.de
Geschäftsbericht 2012/2013 des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen
111
Impressum
Herausgeber:
Gemeinde- und Städtebund Thüringen
Postfach 80 03 51, 99029 Erfurt
Schriftleitung:
Ralf Rusch,
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
Bernhard Schäfer,
Stellvertretender Geschäftsführer
Herstellung:
Kommunale Dienstleistungs-Gesellschaft
Thüringen mbH
Alfred-Hess-Straße 37, 99094 Erfurt
Druck:
Offsetdruckerei Schroeter,
Inh. I. Schroeter
Marktstraße 6, 99894 Friedrichroda