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1 | 12 Das Innovationsmagazin April 2012, € 2,50 hi!tech www.hitech.at von Siemens Österreich Komplexität beherrschen Lernende Systeme sammeln Wissen, entscheiden und liefern Prognosen Die Riesen kommen Windenergie entwickelt sich in eine neue Dimension Die neue Stadt Vernetzung und intelligente IT sind der Schlüssel zu lebenswerten Metropolen der Zukunft Die Stadt der Zukunft ist eine, die nichts auf morgen verschiebt. Wir gehen neue Wege. Mit Antworten für nachhaltige Stadtentwicklung. Städte sind die Impulsgeber unserer Gesellschaft. Doch auch beim Klimawandel liegen sie vorn: Auf Städte entfallen heute 75 % des weltweiten Energieverbrauchs und mehr als 80 % der CO 2 -Emissionen. Und die urbanen Zentren wachsen. Geht der Klimawandel heute vielfach von Städten aus, bieten sich genau hier auch zahlreiche Möglichkeiten, ihn zu bekämpfen. So lassen sich CO 2 -Emissionen von Gebäuden mit energieeffizienter Technik um bis zu 50 % senken. Aber nicht nur die Zukunft des Klimas entscheidet sich in den Städten: Als Wirtschafts- und Lebenszentren, deren Bruttosozialprodukt dem ganzer Länder entsprechen kann, sind Städte auch Ausgangspunkt für nachhaltige Entwicklung überhaupt. Wien, Bratislava, Istanbul: Städte bringen Menschen, Wirtschaft und Klimaschutz gewinnbringend zusammen, indem sie konsequent auf zukunftsweisende Technologien setzen. Wien, zum Beispiel, wird nicht nur regelmäßig zur Stadt mit einer der höchsten Lebensqualität weltweit gekürt, Wien belegt auch beim „European Green City Index“ Platz 4 und zeigt damit, wie grün und nachhaltig eine Metropole sein kann. Überall in Österreich und im zentraleuropäischen Raum arbeiten Planer und Entscheider daran, Konzepte für die Stadt von morgen in die Tat umzusetzen. Die Antworten für die Stadt der Zukunft sind da. Und die Zeit für neue Wege ist jetzt. Denn die Welt von morgen braucht unsere Antworten schon heute. siemens.at/klimawandel hi!tech Editorial Liebe Leserin, lieber Leser! Impressum IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIllllllllllllllllllllllllllllllllll hi!tech – Das Innovationsmagazin von Siemens Österreich Herausgeber und Medieninhaber Siemens AG Österreich, Siemensstraße 90, 1210 Wien Mit der Herausgabe beauftragt Mag. Gerald Oberlik, Communications (CC) Chefredaktion Dkfm. Elisabeth Dokaupil CC Redaktion Ursula Grablechner, Daniel Hautmann, Markus Honsig, Günther Schweitzer Online- und CEE-Versionen, Produktionsleitung Sabine Nebenführ Anzeigen Gabriele Groulik Fotoredaktion, Vertrieb Sieglinde Hofstätter, Eva Zwanzinger Telefon 05 17 07-222 07 Fax 05 17 07-53000 Litho Repro Zwölf Druck Druckerei Berger, Horn Mitglied im Verband für integrierte Kommunikation. hitech.at@siemens.com www.hitech.at Adressänderungen bitte direkt an: sieglinde.hofstaetter@siemens.com Online-Version: dpworx, primart Bereits heute lebt rund die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten. Im Jahr 2050 werden es rund 70 Prozent sein. Das massive Wachstum stellt eine enorme Herausforderung für die Metropolen dar. Die vorhandene Infrastruktur stößt an ihre Grenzen, und die Finanzierung des Ausbaus bereitet angesichts der aktuellen Lage der Staatsfinanzen Schwierigkeiten. Es geht darum Verkehrsprobleme zu lösen, die Energie- und Wasserversorgung sicherzustellen, dabei die Umweltbelastungen niedrig zu halten und die Lebensqualität der Bewohner zu verbessern. Zwischen diesen Themen bestehen Zusammenhänge. Experten sind daher überzeugt, dass Vernetzung, Informationsaustausch und intelligente Datenverarbeitung der Schlüssel zur lebenswerten Stadt der Zukunft sind. Öffentliche Verkehrsmittel, Verkehrsmanagement und Informationen über gute Verbindungen entschärfen den Stau und verbessern die Luft. Die Nut- zung von Alternativenergie in perfekt gesteuerten Netzen sowie Gebäude, die Energie sparen und selbst erzeugen, sind wichtige Eckpunkte einer erfolgreichen Energie- und Klimastrategie. Siemens kann für die Stadtentwicklung im neuen Sektor Infrastructure and Cities ein einmalig breites Produktportfolio anbieten und die Stadtverantwortlichen bei der Finanzierung von Projekten unterstützen. Eine neue Software sorgt für einen optimalen Start. Sie bietet Informationen, welche Investitionen sich wann für den Umstieg auf eine nachhaltige Stadt eignen. Weitere Beiträge in diesem Heft beschäftigen sich mit Energieeffizienz in der Industrie, Rohstoffreserven im Abfall, lernenden IT-Systemen, automatisch fahrenden Autos und Möglichkeiten der CO₂-Nutzung. Wolfgang Hesoun Vorstandsvorsitzender von Siemens Österreich hi!tech 01|12 03 1|12 hi!tech – das Innovations-Magazin von Siemens Inhalt Foto | Petra Meisel Das Modell der Stadt wurde von Anutorn Polphong im Rahmen seines Diplomstudiums der Architektur in Wien im 3-D-Printverfahren hergestellt. Der Entwurf zeigt Polphongs Ideen für eine Neugestaltung der Flaktürme im Arenbergpark in Wien. Die Flaktürme sollen zu einem Mittelpunkt öffentlichen Lebens werden – mit einem Museum und einem Kulturzentrum. hi!biz Kompromisslos effizient ............. 6 Die letzten Prozente .................. 20 Maximale Energieeffizienz und Prozesssicherheit für den Glasspezialisten f | glass. Die Lenzing AG will ihre hohe Energieeffizienz noch weiter steigern. News............................................ 7 Die Post holt auf ........................ 22 Energiesparer .............................. 8 Analoge und digitale Post werden immer enger miteinander verknüpft. Neuer Lichtbogenofen macht Stahlproduktion umweltfreundlicher und produktiver. Effizient und sicher ..................... 9 Abschalten können ................... 26 Moderne Zugsicherung für Pinzgauer Bahn. Im Stromnetz der Zukunft muss die Industrie ein gutes Energiemanagement haben. Coverstory Die Stadt denkt mit ................... 10 Rückgrat der Energiewende ......28 Vernetzung, Informationsaustausch und intelligente Datenverarbeitung sind der Schlüssel zur lebenswerten Stadt der Zukunft. Interview mit DI Reinhard Brehmer, Wien Energie Stromnetz GmbH, über die Stromversorgung der Zukunft. Lebenswerte Metropolen .......... 16 Abhängigkeit teuer bezahlt ...... 30 Interview mit dem Chef des neuen SiemensSektors Infrastructure and Cities Arnulf Wolfram über die Chancen der Städte, attraktive Lebensräume zu werden. Wachstum in Grün..................... 18 Klimaschutz gibt der Wirtschaft Impulse und schafft neue Arbeitsplätze. Wichtige Metalle für immer mehr elektronische Produkte, die unseren Alltag dominieren, werden knapp und immer teurer. hi!tech 40 46 hi!school Prozesse fest im Griff ................ 34 Innovatives Verfahren liefert Informationen über biotechnische Produkte in Prozessen bis zur Echtzeitfreigabe. News.......................................... 35 Komplexität wird beherrschbar .. 36 Lernende Maschinen können riesige Datenmengen verarbeiten, erkennen darin Muster, entwickeln ihr Wissen weiter und geben äußerst korrekte Prognosen ab. hi!life Den Körper verstehen lernen ....40 Lernende Software trainiert laufend, um den Menschen bis ins Detail abzubilden, und erleichtert Diagnose und Behandlung. Die Riesen kommen .................. 42 Schon bald könnten Windenergieanlagen mit bis zu 20 Megawatt Leistung und 200 Meter Rotordurchmesser errichtet werden. 58 Zero Emission Bus ..................... 54 Antikes Großstadtleben ............62 Neue Elektrobusse punkten mit ausreichender Laufleistung, günstigen Betriebskosten und guter Luft für die City. Interview mit Dr. Sabine Ladstätter über die Ausgrabungen in Ephesos, wo neben der Grundlagenforschung auch die Möglichkeiten moderner Technik getestet werden. News.......................................... 55 Hände weg vom Steuer ............. 46 Ein Standard für Qualität .......... 56 Wenn wir die Hände vom Steuer und die Füße von den Pedalen nehmen können, werden wir im Auto sicherer, komfortabler und umweltfreundlicher unterwegs sein. Am Radiology Teaching Center der MedUni Wien lernen Radiologen, neue Medizintechnik in hohe Befundqualität umzusetzen. Wie sich CO₂ nützlich macht ..... 50 Neue Biomarkertests. Kohlendioxid muss kein Schadstoff sein. Im Kraftwerk abgetrennt, kann es auch Algen ernähren, die Basis für Biodiesel sind. Schneller als der Wind............... 58 CO₂-Sparen in großem Stil ......... 52 Jigar Shah, CEO der US-Stiftung Carbon War Room, ist überzeugt, dass sich die Hälfte der CO₂-Emissionen einsparen ließe. Leberfibrose erkennen .............. 57 Im Vorfeld des America’s Cup 2013 matchen sich schon jetzt die Anwärter auf die begehrte „Kanne“ und basteln an der Optimierung ihrer Rennmaschinen. Kampf der Giganten .................. 66 Die großen vier des Internet – Amazon, Apple, Facebook und Google – eint das Ziel, verwertbare Daten zu sammeln. hi!tech Leseraum....................... 69 Smart Senior .............................. 70 Gut vernetzt, aktiv und mobil – so können Senioren leben, wenn sie via Internet medizinisch versorgt werden. Die dritte Dimension ................. 72 Neue Wege zum 3-D-Erlebnis auf Handy und TV-Gerät. hi!toys........................................ 74 hi!tech 01|12 04 ■ 05 Dank exakt ablaufender Prozesse kann kurzfristig auf verschiedene Glasqualitäten umgestellt werden. Kompromisslos effizient Der deutsche Glasspezialist f | glass baute eine auf maximale Energieeffizienz und Prozesssicherheit ausgelegte Fabrik. Energiesparen rentiert sich Glas ist einer der ältesten und gleichzeitig innovativsten Werkstoffe der Welt. Seine Herstellung für die Bau-, Auto- oder Solarindustrie ist technologisch anspruchsvoll – und sie verschlingt Unmengen an Energie. Investitionen in eine energiesparende Produktion zahlen sich deshalb aus. Das beweist der deutsche Glasspezialist f | glass mit seiner auf maximale Energieeffizienz und Prozesssicherheit ausgelegten Fabrik, in deren Planung viele innovative Details berücksichtigt wurden. Dabei spielt der Schmelzofen eine zentrale Rolle. Ein weltweit einzigartiges System zur Wärmerückhaltung sorgt dafür, dass der Ofen von außen nur handwarm wird, während im Inneren 2.000 Grad Celsius Industry Journal, Ursula Grablechner herrschen. Er braucht um 20 Prozent weniger Energie als herkömmliche Modelle. Auch in anderen Bereichen wird Energie gespart. Die Zuluftlamellen der Gebäudelüftung in der Außenwand neben dem Kühlofen tragen dazu bei, die Raumluft ohne zusätzlichen Energieeinsatz zu temperieren. Auch die Abgaswärme wird genutzt. Den größten Einfluss auf den nachhaltigen Betrieb der Anlage besitzt jedoch eine Dampfturbine, die die Abluft des Schmelzofens zur Stromerzeugung nutzt und das Herz eines komplexen Systems zur Energierückgewinnung ist – weltweit eines der ersten in der Glasindustrie. Ob Anlieferung und Mischung der Rohstoffe, Schmelzprozess, Verarbeitung und Veredelung der Glasflächen Siemens oder die Kommissionierung – bei f | glass verläuft der gesamte Herstellungs- und Vertriebsprozess automatisiert. Gefordert wird dabei höchste Präzision. Die Regie über Gemenge, Produktion, Energiewerte, Überwachung der Qualität und Abgaskontrolle führt ein Prozessleitsystem von Siemens. Dank der exakt ablaufenden Prozesse lässt sich die Produktion im laufenden Betrieb umstellen – etwa auf dickere, dünnere Gläser oder solche mit anderer Rezeptur und Spezifikation. So können die unterschiedlichen Wünsche der internationalen Kunden ohne lange Wartezeiten erfüllt werden. i www.f-glass.de siemens.de/glas hi!biz News Wie E-Autos weiter kommen Ein Modul aus Verbrennungsmotor und Generator soll die Reichweite vergrößern. Wissenschaftler arbeiten daran, die größte Schwäche von Elektroautos zu beseitigen: die geringe Reichweite. Effizienz, Bauraum und Gewicht der einzelnen Komponenten spielen dabei eine entscheidende Rolle. So untersucht das Pro- jekt Plug&Play Range Extender die Möglichkeiten, die ein Modul aus einem kleinen, verbrauchsarmen Verbrennungsmotor und einem Generator bietet. Ein Konsortium aus FEV, Siemens und Daimler sowie der Universität RWTH Aachen definiert Anforderungen und erstellt marktfähige Konzepte. Im Rahmen des Projekts PELiKAn (Power Electronics in Kraftfahrzeugen und Aeronautik) arbeiten Siemens, Daimler, EADS, Infineon, ZF Electronics und das FraunhoferInstitut für Integrierte Systeme an einer Leistungselektronik mit erhöhtem Wirkungsgrad für Flug- und Kraftfahrzeuge. Leistungselektronische Wandler sind dabei Schlüsselkomponenten, für die immer höhere Schaltfrequenzen gefordert werden. Die Energie, die für die Ansteuerung eines Leistungsschalters benötigt wird, geht heute verloren, sodass der maximale Wirkungsgrad bei 95 Prozent liegt. PELiKAn will diesen Wert auf bis zu 99 Prozent erhöhen. i siemens.com/emobility Maximal verdichtet In China wird mit einer neuen Form von Verdichtern Propylen hergestellt. Damit soll der steigende Bedarf dieses Ausgangsstoffs für Kunststoffe gedeckt werden. Der Produktionsprozess mit der höchsten Selektivität von über 85 Prozent basiert auf der Catofin-Technologie. Hier wird Propylen durch Dehydrierung, also die Reduktion des Wasserstoffanteils von Propan, in einem Katalysatorprozess hergestellt. Im Wechsel mit der Dehydrierungsreaktion muss der Katalysator immer wieder mit komprimierter, erwärmter Luft aufgeheizt und regeneriert werden. Neue Verdichterstränge können je 700.000 m³ Luft pro Stunde auf 2,4 Bar verdichten. Diese Luft stellen in einer neuen Anlage in Bohai zwei Siemens-Verdichterstränge zur Verfügung. Die dabei erreichte Durchflussrate von 700.000 Kubikmeter Luft pro Stunde ist die höchste weltweit. i siemens.com/industry Airport-Expo Bei der Passenger Terminal EXPO 2012 vom 18. bis 20. April in Wien tauscht die Branche ihre Ideen über die Zukunft der Airportbranche aus. Siemens zeigt Lösungen, die Airports umweltfreundlich, sicher und effizient machen. Neben Sicherheitsthemen geht es um Passagierund Gepäckshandling, Informationssysteme, IT-Integration und Energiemanagement. ■ siemens.com/airports Stromnetz managen In den USA ermöglicht eine neue Integrationsplattform für Stromnetze die Einbindung herkömmlicher Anwendungen in Smart Grids. Die gemeinsam mit Siemens entwickelte Shared-Architecture-Integrationsplattform, über die das SpectrumPower-Energiemanagementsystem von Siemens ins Netzmanagement integriert wurde, bringt dem Stromnetzbetreiber PJM Interconnection mehr Sicherheit, Skalierbarkeit und Flexibilität des Netzes. ■ siemens.com/energy hi!tech 01|12 06 ■ 07 Mit dem neuen Lichtbogenofen können Schmelzfolgezeiten von 36 Minuten erreicht werden. Energiesparer Ein neuer Lichtbogenofen ermöglicht umweltfreundliche Stahlproduktion mit hoher Produktivität und geringeren Kosten. Deutlich geringerer Energiebedarf Bei Neuinvestitionen sind Stahlproduzenten auf der Suche nach innovativen, energiesparenden und sauberen Produktionsmethoden. Um das zu erreichen, setzt Siemens VAI bei seinem neu entwickelten Elektrolichtbogenofen Simetal EAF Quantum an verschiedenen Stellen an. Der Ofen kombiniert bewährte Elemente aus der Schachtofentechnologie mit einem neuen Schrottbeschickungsverfahren, einem effizienten Vorwärmsystem, einem neuen Kippkonzept Siemens Siemens, Pinzgauer Lokalbahn für das Untergefäß sowie einem optimierten Abstichsystem. Damit können in der Stahlproduktion Schmelzfolgezeiten von 36 Minuten erreicht werden. Der Energiebedarf liegt mit 280 KWh pro Tonne deutlich niedriger als bei einem konventionellen Elektrolichtbogenofen. In Verbindung mit dem ebenfalls geringeren Elektroden-, Erdgas- und Sauerstoffverbrauch ergibt sich für die spezifischen Umwandlungskosten ein Vorteil von rund 20 Prozent. Die CO₂-Emissionen können im Vergleich zu herkömmlichen Lichtbogenöfen pro Tonne Rohstahl um bis zu 30 Prozent reduziert werden. Bei der Schachtofentechnologie wird der Schrott nicht durch den geöffneten Deckel in das Ofengefäß befördert, sondern durch einen fest auf dem Deckel installierten Schacht. Dort liegt er zunächst auf einer Rückhaltevorrichtung und wird vom heißen Ofenabgas auf 600 bis 800 °C vorgewärmt. Auf diesem Weg kann die Abwärme direkt zurückgewonnen werden. Ist die vorangegangene Charge abgestochen, öffnen sich die sogenannten hi!biz News Finger des Rückhaltesystems, und der vorgewärmte Schrott fällt ins Stahlbad, wo er sofort einzuschmelzen beginnt. Im Gegensatz zu konventionellen Öfen, die das Kippen des Gefäßes zum Abstechen des Flüssigstahls mithilfe einer Abrollbahn realisieren, kommt beim neu entwickelten Modell ein Zylinderkonzept zum Einsatz. Es ermöglicht sehr exakte Kippbewegungen und vereinfacht die Wartung und den Gefäßwechsel. Mit dem FAST (Furnace Advanced Slag-Free Tapping) genannten Abstichsystem lässt sich der Flüssigstahl ohne die obenschwimmende Schlacke, die hauptsächlich aus Verunreinigungen besteht, aus dem Ofen abstechen. Als erster Stahlproduzent der Welt wird das mexikanische Unternehmen Talleres y Aceros S.A. de C.V. (Tyasa) das neue Ofenkonzept einsetzen. Emissionen reduzieren Um die Emissionen des Stahlwerks zu minimieren, werden zusätzlich eine Trockenentstaubung mit Verdampfungskühler, Schlauchfilter mit automatischer Impulsreinigung und Saugzuggebläse installiert. Das Entstaubungssystem reinigt die Abgase des Lichtbogen- und des Pfannenofens sowie des Legierungsmittelsystems. Die Anlage verfügt über eine Reinigungskapazität von rund einer Million Kubikmeter pro Stunde und reduziert den Staubgehalt der Abgase auf weniger als zehn Milligramm pro Kubikmeter. Zum Projekt gehört auch eine Zweikreiswasserkühlung für den Elektrolichtbogenofen, die sekundärmetallurgischen Anlagen und die Gießanlage. Für Trink-, Brauch- und Löschwasser werden Kreisläufe installiert. Dazu kommt eine Wasseraufbereitungsanlage mit mechanischen und chemischen Stufen. Dies ermöglicht es, den Gesamtwasserbedarf des Stahlwerks zu optimieren. i Effizient und sicher Moderne Zugsicherung für die Pinzgauer Bahn. Seit die Pinzgauer Lokalbahn von der Salzburger Lokalbahn betrieben wird, wurde das Verkehrsangebot deutlich ausgeweitet. Die Einführung eines attraktiven Taktverkehrs, ergänzt um zahlreiche Sonderverkehre, führte dazu, dass sich die Fahrgastzahlen verdoppelt haben. Aufgrund der Übernahme und der Leistungssteigerung der Pinzgauer Lokalbahn war die Errichtung eines modernen Zugsicherungssystems erforderlich. Von Anfang an war klar, dass eine technische Sicherung mit Eingriffsmöglichkeit in die Bremsanlage der Fahrzeuge vorgesehen sein muss. Außerdem sollte die Grundlage für eine effiziente Betriebsführung geschaffen werden. Damit waren die technischen Anforderungen definiert: ■ technische Zugbeeinflussung ■ zentralisierte Betriebsführung der gesamten Strecke ■ aktuelle Zugverfolgung mit hinterlegtem Fahrplan ■ funkbasierte Kommunikation zwischen Zentrale und Zügen Pinzgauer Lokalbahn: Visualisierung der Streckenbelegung auf Basis der kontinuierlichen Zugortung am Bildschirm. ■F ührstandssignalisierung für den Trieb- fahrzeugführer ■g leisselektive, fahrzeugeigene Ortung In funktionaler Anlehnung an das ETCS L3 (European Train Control System) wurde mit dem Rechnergestützten Zugleitsystem von Siemens ein Sicherungssystem errichtet, das durch GPSgestützte Ortung und Führerstandsignalisierung auf herkömmliche Signale verzichten kann. Damit fällt auch die kostenintensive Verkabelung der Strecke weg. Für die Visualisierung der Streckenbelegung auf Basis der kontinuierlichen Zugortung wurde ein moderner Bildschirmarbeitsplatz geschaffen. Die Zugpositionen und -bewegungen werden gleisselektiv dargestellt und auf einem eigenen Bildschirm die Zugfahrten im Belegtblatt (Bildfahrplan) protokolliert. Im Vergleich zu herkömmlichen Sicherungssystemen betragen die Investitionskosten nur rund 20 Prozent. Sie sind stark abhängig von der Anzahl der auszurüstenden Fahrzeuge und in geringerem Ausmaß von der Topologie der Strecke. Das neue System für die Pinzgauer Lokalbahn zeigt die großen Potenziale einer solchen Lösung auf: mit einem signifikant kleineren Investitionsvolumen lässt sich die Betriebsführung von Regionalstrecken deutlich effizienter und sicherer machen. ■ www.mobility.siemens.com ■ www.pinzgauer-lokalbahn.at www.siemens.com/metals hi!tech 01|12 08 ■ 09 Die Stadt denkt mit Vernetzung, Informationsaustausch und intelligente Datenverarbeitung sind der Schlüssel zur lebenswerten Stadt der Zukunft. Mehr Chancen auf ein gutes Leben Die Stadt ist der Wohnort der Zukunft. Heute lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten. Die UN prognostiziert, dass es im Jahr 2050 rund 70 Prozent sein werden. Menschen zieht es in die Städte, weil sie dort mehr Chancen auf Arbeitsplätze, bessere Gesundheitsversorgung sowie attraktivere Freizeitund Kulturangebote erwarten. Wird ihr Traum vom besseren Leben in der Stadt wahr werden? Der Leiter des UN-Siedlungsprogramms Habitat, Dr. Joan Clos, ist optimistisch für die Zukunft, Elisabeth Dokaupil Petra Meisel denn er sieht den aufrichtigen Willen, Verstädterung positiv zu gestalten: „Nachdem Urbanisierung jahrelang als etwas Schlechtes betrachtet wurde, was gestoppt werden sollte, beginnen die Menschen jetzt die Stadt als positive Macht für Veränderung zu begreifen, auch um den Klimawandel in den Griff zu bekommen und die sozioökonomische Entwicklung voranzutreiben.“ Genau diese hohen Ansprüche bringen die Städte aber auch unter einen enormen Entwicklungsdruck, betont Pablo Vaggione, früherer Generalsekretär der Internationalen Gesellschaft der Stadt- und Regionalplaner (IGSRP), der heute überall auf der Welt Städte berät: „Das enorme Bevölkerungswachstum überlastet die urbanen Infrastrukturen. Gleichzeitig engen begrenzte finanzielle Ressourcen den Spielraum der Städte stark ein.“ Aber auch er sieht große Chancen im Urbanisierungstrend, wenn Städte es schaffen, eine Balance zwischen dem Wirtschaftswachstum, den Umweltbelastungen und der Lebensqualität der Menschen herzustellen. „Diese drei Pfeiler der Nachhaltigkeit gelten auch in der hi!biz Coverstory Stadt und können nicht isoliert voneinander betrachtet werden.“ Nachhaltige Stadtentwicklung ist eine höchst komplexe Aufgabe. „Wir werden die Energie- und Wasserversorgung, aber auch den Verkehr neu organisieren müssen“, betont Dr. Klaus J. Beckmann, Professor für kommunale Infrastrukturplanung an der Universität Karlsruhe. Gefragt sind dezentrale Modelle, Kreislaufwirtschaften und deren sinnvolle Verknüpfung. „Voraussetzung dafür sind intelligente, leistungsfähige Kommunikationsnetze für fast alle Bereiche der Ver- und Entsorgung“, betont Beckmann. Die Herausforderungen beginnen bereits bei der Planung. Wo soll zuerst investiert werden, welche Potenziale und Konsequenzen haben die Investments? Wie wirken sich Maßnahmen auf die soziale Situation und generell auf die Nachhaltigkeit der Stadt aus? Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein Projekt der Siemens Forschungseinheit, das von Dr. Bernd Wachmann geleitet wird. Das global verteilte Projektteam arbeitet an einem integrierten System für multidisziplinäre Stadtmodellierung und Simulation. Mit diesem System wird aufgezeigt, wie sich Veränderungen der Infrastruktur auf die Nachhaltigkeit einer Stadt auswirken können. Es ermöglicht, die verschiedenen Optionen für neue Infrastrukturprojekte in Bezug auf ihre Kosten und ihre Nachhaltigkeit abzuschätzen und die optimale zeitliche Abfolge der Projekte zu planen. Öffentlich zugängliche Daten liefern die Basis für Investitionsentscheidungen der Städte. Verglichen werden kann mit Daten aus der Vergangenheit oder denen anderer Städte. Wachmann: „Das System analysiert die gegenseitigen Abhängig- hi!tech 01|12 10 ■ 11 Die neue Siemens-Zentrale in München soll eines der energieeffizientesten und offensten Unternehmensgebäude der Welt werden. Die Öffentlichkeit ist in den Innenhöfen und der Gastronomie gerne gesehen. Photovoltaik auf dem Dach und in der Fassade liefert Strom. keiten, prognostiziert wahrscheinliche Szenarien und Veränderungen und bezieht auch Expertenmeinungen ein.“ Damit wird auch die Grundlage geschaffen, um auf Basis dynamischer Echtzeitdaten völlig neue Dienstleistungen anzubieten. Wie Gebäude Energie sparen können Wenn es um den Energieverbrauch der Städte geht, spielen die Gebäude eine entscheidende Rolle. Sie sind für 40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich. Eine Ursache dafür ist die immer noch übliche Trennung der Haustechnik von der Sicherheitstechnik. „Die Zukunft gehört integrierten Lösungen. Auf Plattformen werden dabei Echtzeitinformationen gesammelt, die eine Basis für eine präzise Steuerung bilden“, beschreibt Josef Stadlinger, Siemens Building Technologies, den aktuellen Trend. Auf diese Weise werden Gebäude immer sicherer, komfortabler und energieeffizienter. So wird es möglich, die Aufheizzeiten eines Gebäudes nach der Wettervorhersage zu variieren oder Pumpen für Wasser oder Kühlmedien nur dann in Betrieb zu nehmen, wenn es nötig ist, statt nach fixen Routinen. „Diese Optimierungen schaffen wir nur auf Basis unserer Erfahrungen aus der Vergangenheit. Siemens weiß, wie Heizkreise gesteuert oder der Wärmebedarf ermittelt werden muss“, unterstreicht Stadlinger die Bedeutung Elisabeth Dokaupil umfassenden Know-hows für die Funktionsfähigkeit moderner Systeme. Intelligente Gebäudeautomation senkt auch den Energieverbrauch in alten, denkmalgeschützten Bauten, die oft das charakteristische Erscheinungsbild europäischer Städte prägen. Auch wenn es nicht möglich ist, eine entsprechende Wärmedämmung anzubringen. In Zukunft wird die Qualität der Informationen über den jeweils aktuellen Zustand von Gebäuden und damit die Optimierung der Steuerung noch weiter verbessert, denn die Zahl der eingesetzten Sensoren, die Temperatur, Helligkeit oder Luftqualität messen, nimmt zu. „Sensoren werden selbstorganisierende Netze formen, indem sie den Abstand zum Nachbarsensor messen, sich regelmäßig synchronisieren und Daten interpretieren“, berichtet Dr. Rudolf Sollacher, der bei Siemens zum Thema Sensornetzwerke forscht. „Sie können ihre Messwerte abgleichen und daraus sehr präzise einen Durchschnittswert für das Gesamtsystem errechnen.“ Das Netz kann einfache Muster identifizieren, etwa dass unter bestimmten Umständen geltende Werte unter- oder überschritten werden dürfen. Das haben moderne Brandmelder ebenfalls gelernt und vermeiden so Täuschungsalarme. Nicht nur aufgrund ihrer zunehmenden Energieeffizienz, sondern auch als Siemens, Petra Meisel Energieproduzenten werden Gebäude zu einem entscheidenden Faktor für den Energiehaushalt einer nachhaltigen Stadt. Die neue Siemens-Zentrale im Herzen Münchens wird sich trotz ihrer mehr als 45.000 Quadratmeter Nutzfläche energetisch selbst versorgen. Fassaden in V-Form und Innenhöfe werden die Tageslichtversorgung in den Büros optimieren, Photovoltaikanlagen auf dem Dach und in der Fassade sowie Grundund Regenwassernutzung tragen dazu bei, dass die neue Zentrale CO₂-neutral betrieben werden kann. Aktivgebäude liefern Strom In Zukunft werden auch in dicht gebauten Stadtgebieten immer mehr Aktivgebäude errichtet werden, die mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen. Photovoltaik, Wind und Erdwärme sind in diesem Fall nicht die einzigen nutzbaren alternativen Energiequellen. Ein Bürohaus neben dem Hauptbahnhof in Stockholm wird beispielsweise mit der absorbierten Wärme jener bis zu 250.000 Pendler geheizt, die täglich die Bahnhofshalle durchqueren. Gebäude können Energie auch speichern – etwa durch das Aufheizen von Warmwasser, da die Verluste vergleichsweise gering sind, oder durch das Laden von Elektroautos. Zunehmende, aber auch schwankende Einspeisung von erneuerbarer Energie hi!biz Coverstory aus großen Windparks, Solarkraftwerken, Gebäuden oder Haushalten stellen Netzbetreiber vor völlig neue Herausforderungen. In diesem Umfeld wird es deutlich schwieriger, die Netze in Balance zu halten und abzusichern. Das geht nur, wenn die Verteilnetze deutlich intelligenter (Smart Grids) werden als bisher. Um aktuelle Informationen über den Verbrauch und die Einspeisung zu erhalten, werden derzeit bereits in ganz Europa Haushalte mit Smart Metern, intelligenten Zählern, ausgestattet. Strom im Netz optimal steuern Mehr als 40 Millionen Smart Meter sind in Europa bereits installiert. Eine hohe Flächendeckungsquote gilt als Voraussetzung dafür, dass die größtmögliche Energieeffizienz erreicht wird und dezentral erzeugter Ökostrom komplett genutzt werden kann. Bisher wurde der Stromverbrauch der Haushalte nur jährlich einmal am Zähler abgelesen. „Beim Einsatz von Smart Metern erhalten wir Werte über den Stromverbrauch in Echtzeit. In Wien werden wir dann 180 Millionen Daten pro Tag zu verarbeiten haben“, berichtet DI Brehmer, Geschäftsführer der Wien Energie Stromnetz GmbH. „Damit können wir den Strom im Netz sinnvoll steuern.“ Ein Competence Center des neuen Siemens-Sektors Infrastructure & Cities in Wien errichtet komplette Smart-MeteringInfrastrukturen zur Verarbeitung solcher gewaltigen Datenmengen. Gesteuert werden die neuen intelligenten Netze, in die neben Zähler auch intelligente Trafos und Komponenten integriert sein werden, sowohl lokal als auch über Leitsysteme, die „Nervenzentralen“ der Smart Grids bilden. Trotzdem wird das Netz der Zukunft mehr als bisher darauf angewiesen sein, dass Verbraucher verstärkt dann Energie einsparen, wenn die Sonne einmal nicht so intensiv scheint, oder genau dann Energie beziehen, wenn der Wind an der Nordsee bläst. Für die Steuerung dieser notwendigen Flexibilität benötigt man eigene Softwareapplikationen. Konsumenten müssen, um ihre Rolle zu spielen, über ihren Verbrauch und natürlich die jeweils aktuellen Strompreise, die in Zukunft viel stärker schwanken werden, genau informiert werden. Smart Meter geben ihnen die Möglichkeit, durch ihr Verhalten zur Stabilität der Stromnetze beizutragen und selbst Kosten zu sparen, indem sie auf teuren Strom zu Spitzenlastzeiten verzichten. Zusätzliche Vorteile für die Netzsteuerung und Konsumenten wird der Zusammenschluss einzelner Haushalte in einem Gebäude oder die Formierung von Gebäudegruppen bieten, die ein gemeinsames Energiemanagement betreiben. Sie nehmen als partnerschaftlicher Verbund aktiv am Energiehandel teil. Damit das alles funktioniert, muss sich das bisher schon aufgrund der eingesetzten Techniken streng abgeschottete Stromnetz öffnen. Damit wächst auch die Angst vor Angriffen auf die Strominfrastruktur. „Für die zukünftigen Anwen- Ob Autos, Straßenbahnen, Busse oder Züge: Mit einem Multitouchtisch und der Mobility-App von Siemens sollen Verkehrsmittel zu integrierten Systemen verschmelzen. Das Elektroauto spielt auch eine wichtige Rolle als Energiespeicher. hi!tech 01|12 12 ■ 13 hi!biz Coverstory Singapur als reales Experimentierfeld einer City of the Future. Das City Cockpit fasst die jeweils aktuellen Daten der Stadt auf einem PC-Bildschirm zusammen. dungen muss mit der Gebäudeautomatisierung kommuniziert werden, Kunden wollen mit Smart Metern auch ihre eigene Photovoltaikanlage steuern und die Zähler am besten direkt mit ihrem hauseigenen Netzwerk verbinden, um Transparenz über ihren Stromverbrauch zu gewinnen“, zeigt Alexander Schenk, Siemens, auf, wie wichtig in Zukunft ein hoher Sicherheitslevel auch bei der privaten IT wird. Offenheit und Sicherheit für Netze „Als Sicherung kommen für das Stromnetz Methoden wie Verschlüsselung, Authentifizierung, Firewalls, Monitoring von Traffic in Frage“, so Schenk. Letztlich muss aber ein sinnvoller Mix zu vertretbaren Kosten gefunden werden. Energieversorger tendieren dazu, niemanden an die Stromschalthebel zu lassen und die Daten den Dienstleistern, die den Stromkunden Zusatzservices anbieten wollen, über eine Plattform zur Verfügung zu stellen. Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen. Die Energie AG Oberösterreich geht das Thema derzeit wis- Elisabeth Dokaupil senschaftlich an: der Ist-Stand wird genau erfasst und ein zukunftssicheres Gesamtkonzept erarbeitet. Eng verbunden mit der Energiefrage ist der Themenkomplex Verkehr. So könnte der Einsatz von Elektroautos in größerem Umfang das Problem des Speicherns von nicht gebrauchtem Strom aus erneuerbaren Quellen erleichtern. Ihre Batterien eignen sich als Zwischenspeicher. Elektroautos und eine intensivere Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel würden die CO₂-Emissionen verringern und die Luft verbessern – entscheidende Punkte für eine nachhaltige Stadt. Akut ist allerdings für die Stadtverantwortlichen derzeit meist eine andere Frage: Wie löse ich den täglichen Stau auf? Das wird auch mittelfristig so bleiben, denn das Bedürfnis nach persönlicher Mobilität wird weiter ansteigen. Lebenswert werden jene Städte sein, denen es gelingt, einen Mix aus öffentlichem und privatem Verkehr zu organisieren. Der Umstieg auf eine Nutzung aller möglichen Verkehrsmittel erfordert ein gut funktionierendes Zusammenspiel Siemens, Foster + Partners der öffentlichen Verkehrsmittel und Informationen in Echtzeit auf allen Geräten potenzieller Kunden. Auf „Wann kommt die nächste ...?“ muss es immer sofort eine Antwort geben. Und um Tickets sollte man sich auch nicht mehr kümmern müssen. Das könnte mit der Einführung des elektronischen E-Tickets gelingen. Mit dem E-Ticket in der Tasche öffnet sich ein mietbares E-Bike genauso wie eine Garage. Von diesem Ticket werden Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln abgebucht und man wird damit auch Strom fürs Elektroauto tanken können. Parallel dazu muss der Individualverkehr gut gesteuert werden. Dazu gibt es völlig neue Ansätze. So können die Verkehrsentwicklung auf Basis anonymer Livedaten aus der Autosensorik prognostiziert und die Informationen direkt an die Navigationsgeräte anderer Fahrer weitergegeben werden, womit sich Staus in vielen Fällen im Ansatz verhindern lassen. Die Basis für die Vernetzung zwischen den Autos ist die von der EU und der Automobilindustrie vorangetriebene Extended-Floating-Car-Data-Technik. Doch es gibt auch Zukunftsmodelle von Städten, die es ohne Auto versuchen. Masdar City, 30 Kilometer östlich der Hauptstadt Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wird die weltweit erste autofreie Stadt sein: Ein unterirdisches Personal-Rapid-Transit-Netz mit automatischen Einzelkabinen, eine Hochbahn und eine U-Regionalbahn sorgen für Mobilität, die Straßenebene ist Fußgängern und Radfahrern vorbehalten. Geplant von Foster + Partners, soll die „Wissenschaftsstadt“, in der auch Siemens mit seinem Forschungszentrum Naher Osten aktiv ist, CO₂-neutral mit Energie versorgt werden. Für die Wasserversorgung sind solarbetriebene Entsalzungsanlagen vorgesehen. Masdar City in den Vereinigten Arabischen Emiraten wird die weltweit erste autofreie Stadt sein. The Crystal in London: Siemens Zentrum für nachhaltige Städte und Teil eines Projekts für intelligente Stromnetze. Zustand der Stadt auf einen Blick Die Bewohner werden bei der Umsetzung neuer Modelle ein gewichtiges Wort mitzureden haben. Social Media und Smartphones haben sie daran gewöhnt, an politischen Prozessen teilzunehmen. Darum ist es für die Stadtverwaltung auch besonders wichtig, mit den Bürgern ständig in Kontakt zu bleiben und über wesentliche Parameter der Stadt Bescheid zu wissen. Dabei hilft das City Cockpit, das Siemens mit Singapur entwickelt. Bürgermeister und Beamte werden damit auf einen Blick sehen, ob der Verkehr, die Energie- und Wasserversorgung funktionieren. Auch Polizei, Feuerwehr oder Abfallentsorgung können in das System integriert werden. Eigene Daten müssen dafür nicht gesammelt werden. Es geht darum, vorhandene richtig zu verknüpfen. Vernetzung, Informationsaustausch und intelligente Datenverarbeitung sind der Schlüssel zur lebenswerten Stadt der Zukunft. i siemens.com/ic siemens.de/pof siemens.com/innovation hi!tech 01|12 14 ■ 15 hi!biz Citys Lebenswerte Metropolen Arnulf Wolfram, Chef des neuen Siemens-Sektors Infrastructure and Cities, ist davon überzeugt, dass die weltweit wachsenden Städte ein attraktiver Lebensraum sein können. Immer mehr Menschen zieht es in die Städte. Geht diese Entwicklung weiter? Die Weltbevölkerung wächst und wächst, und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen. Seit Oktober 2011 leben offiziell sieben Milliarden Menschen auf der Erde, und seit 2009 erstmals mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in urbanen Regionen. Diese Zahl wird kontinuierlich steigen. 70 Prozent aller Menschen werden zur Mitte dieses Jahrhunderts in der Stadt leben. Welche Folgen hat der Städteboom? Die Auswirkungen sind vielfältig, und jeder kann davon etwas spüren: Smog, Staus, Stromausfälle, zu wenig Trinkwasser. Die Einwohnerzahl steigt, aber die Infrastruktur wächst in vielen Fällen nicht mit. Im Gegenteil, oft ist sie komplett überfordert. Städte sind bereits heute für zwei Drittel des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich und produzieren rund 70 Prozent der CO₂-Emissionen. Es ist daher nicht übertrieben zu behaupten, dass die Zukunft unseres Planeten in den Städten entschieden wird. Übernehmen die neuen Großstädte Verantwortung für Umwelt und Klima? Bereitschaft dazu besteht in vielen Metropolen. Von Toronto bis London, von Wuhan bis New York und von München bis Jakarta gibt es zahlreiche Beispiele für zum Teil sehr ambitionierte Ziele zur Elisabeth Dokaupil Petra Meisel CO₂-Reduktion. Es ist aber nicht allein eine Frage der „grünen“ Verantwortung. Lebensqualität ist ein zunehmender Wettbewerbsfaktor für Städte. Sie stehen miteinander im Konkurrenzkampf um die Ansiedlung von Unternehmen und deren MitarbeiterInnen. Gewinner ist, wer Menschen und Güter rasch transportieren kann, wer saubere Luft und insgesamt ein lebenswertes Umfeld bietet. Wo müssen Stadtregierungen ansetzen, um die Herausforderungen zu bewältigen? Jede Stadt hat ihre ganz eigenen Herausforderungen, daher sind die Ansatzpunkte sehr unterschiedlich. Eines aber ist sicher: Technik kann heute die wichtigsten Herausforderungen der Städte bewältigen, den Verkehrsinfarkt behandeln, den Smog verringern, die Trinkwasser- und die Energieversorgung so- »Technik kann heute die wichtigsten Herausforderungen der Städte bewältigen, beim Verkehr genauso wie bei der Energie- und Trinkwasserversorgung.« wie das Abfallmanagement organisieren und die Sicherheit ausweiten. Oft wissen Städte jedoch nicht, wo sie ansetzen sollen, welche Schritte in welcher Reihenfolge zu tun sind und welche technischen Möglichkeiten es überhaupt gibt. Hier kommt Siemens mit Spezialisten vor Ort ins Spiel. Sie kennen die Stadt und ihre Probleme und sie erörtern gemeinsam mit den Stadtverantwortlichen, welche technischen Möglichkeiten bestehen und wo die Prioritäten gesetzt werden müssen. Welche konkreten Lösungen bieten sich an? Moderne Technologien sind der Schlüsselfaktor für ein erfolgreiches Management von Städten. Intelligente IT und vernetzte, aufeinander abgestimmte Systeme geben Antworten auf komplexe Anforderungen. Siemens bietet eine einmalig breite Palette von Produkten und Lösungen, die Städte bei der Bewältigung aller Herausforderungen unterstützen. Sie wurden im Sektor Infrastructure and Cities zusammengefasst. Unsere Lösungen beginnen bereits bei der Analyse der Probleme, dem Aufzeigen von Zusammenhängen und dem Setzen von Prioritäten für Investitionen. Wie lässt sich der Energieverbrauch in den Städten in den Griff bekommen? Gebäude sind derzeit für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich. Hier lässt sich viel Energie sparen. Wie animiert man Stadtbewohner zum Umstieg in die neue Verkehrswelt? Sie müssen schneller und umweltschonender zum Ziel kommen als bisher. Und das ist mit heutiger Technik möglich. Auch der Aufwand für den Kauf von Karten lässt sich stark reduzieren: Mit elektronischen Tickets werden im Vorübergehen U-Bahn, Zug, Elektroauto, Citybike oder der Parkplatz bezahlt. Das Smartphone weist den Weg und informiert in Echtzeit über Abfahrt und Ankunft. Intelligente Vernetzung, Steuerung und automatisierte Regelung der Gebäudetechnik sind hier die Schlagworte. Thermische Sanierung ist dafür nicht notwendig. Auch bei den Neubauten gibt es massive Änderungsmöglichkeiten, sie werden nicht nur Passiv-, sondern auch Aktivhäuser sein. Mit Photovoltaik auf dem Dach und der Möglichkeit, den eigenen Verbrauch zu steuern, werden sie zu intelligenten und vor allem aktiven Bausteinen des Energiesystems. Diese Entwicklung, verbunden mit dem Ausbau der erneuerbaren Energiequellen, bedeutet eine enorme Herausforderung für den Betrieb unserer Stromnetze. Daher müssen sie zukünftig intelligenter sein, also Smart Grids, und in zwei Richtungen arbeiten. Eine Voraussetzung dafür sind intelligente Messgeräte. Netzintelligenz wird zu einem zentralen Zukunftsthema. Kann man ohne Einschränkung der Mobilität die Verkehrslawine stoppen? Stoppen wohl nicht, aber man kann Mobilität so intelligent steuern, dass es echte Alternativen zum eigenen Auto gibt. Auch hier spielt Vernetzung wieder eine Rolle. Die Zukunft gehört Lösungen auf Basis intelligenter, intermodaler Vernetzung und perfekter Information über verschiedene Verkehrsträger hinweg. Genügen die neuen Mobilitätslösungen, um Verkehrsstaus zu reduzieren? Die neuen Lösungen müssen um modernes Verkehrsmanagement ergänzt werden. Die intelligente Verknüpfung und Verarbeitung von Daten aus den unterschiedlichsten Quellen lenkt den Verkehr in die richtigen Bahnen und macht die Straßen frei für verbleibende private Autofahrten und die Lieferlogistik. So lässt sich der Energieverbrauch für den Verkehr um 40 Prozent senken, die Luft sauber halten und eine Reduktion des Lärms erreichen. Allerdings wird dieses Zukunftsbild nur dann funktionieren, wenn wir liebgewonnene Gewohnheiten, insbesondere rund um das Auto, ändern. Elektroautos, die im Stau stehen, sind keine zielführende Lösung. Sehen Sie persönlich die Zukunft der Städte positiv? Wir haben die Chance, das Städtewachstum so zu begleiten, dass ein lebenswerter Alltag kein Widerspruch dazu ist. Wenn moderne Technologien und intelligente IT genutzt werden, können Städte in Zukunft genau das bieten, was Menschen von ihnen erhoffen: Arbeit, eine intakte Umwelt, Bildung, Kultur sowie Gesundheits- und Altersversorgung. i siemens.com/ic hi!tech 01|12 16 ■ 17 Wachstum in Grün Klimaschutz gibt der Wirtschaft Impulse und schafft Green Jobs. Die Entwicklung neuer Technologien steigert Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Nachhaltige Impulse für die europäische Wirtschaft durch hohe CO₂-Reduktionsziele: Bis zu sechs Millionen neue Arbeitsplätze können geschaffen werden. A New Growth Path for Europe Ehrgeizige Klimaschutzziele für europäische Länder – hält das die Wirtschaft aus? Manche Experten fürchten Mehrkosten und eine Verlagerung von Produktionen und damit Emissionen in Regionen, wo es kaum Auflagen für die Industrie gibt. Doch das muss nicht sein. Eine aktuelle, vom deutschen Bundesumweltministerium in Auftrag gegebene Studie, „A New Industry Journal Christina Lehner Growth Path for Europe“, behauptet das Gegenteil. An ihrer Neutralität besteht kein Zweifel. Sie wurde von einer Gruppe internationaler Wissenschaftler erstellt. Und sie zeigt auf, dass Zielvorgaben zur Reduzierung des CO₂-Ausstoßes um 30 statt 20 Prozent bis zum Jahr 2020 der europäischen Wirtschaft nachhaltige Impulse geben würden: Der Anteil der Investitionen am BIP könnte von 18 auf 22 Prozent steigen. Die Schaffung von sechs Millionen neuen Arbeitsplätzen wäre möglich. Die Wirtschaftsleistung würde sich um 620 Milliarden Euro erhöhen. Die bisher angewandten Modelle zum Zusammenhang zwischen Klimaschutzmaßnahmen und Wirtschaftswachstum haben vor allem zwei Aspekte betrachtet: den Ersatz fossiler durch regenerative Energieträger und die Senkung des Ener- hi!biz Green Jobs gieverbrauchs. Beide Maßnahmen verursachen – so die gängige Annahme – zusätzliche Kosten. Diese müssten in Kauf genommen werden, um die langfristig noch höheren Kosten eines ungebremsten Klimawandels zu vermeiden. Daraus ergibt sich die Gleichung: Je stärker die Emissionen gesenkt werden, desto höher sind die Wachstumseinbußen. Lernprozesse und Innovationen „A New Growth Path for Europe“ bricht mit dieser Logik. Denn die bisher üblichen Simulationen ignorieren nach Meinung der Autoren wesentliche ökonomische Effekte, die zum Teil als zwangsläufige positive Begleiterscheinungen entstehen. Dazu zählen sie etwa Lernprozesse, die sich durch Investitionen im Umweltbereich ergeben. Oder Auswirkungen durch den allgemeinen und spezifischen technologischen Fortschritt. Zudem würden Investoren eine akzeptable Rendite erwarten und so zusätzlichen wirtschaftlichen Druck und Innovationswillen erzeugen. Die Verfasser der Studie beziehen diese Aspekte in ihr Modell ein und gehen von einem sich selbst verstärkenden positiven Regelkreis aus, der die Volkswirtschaft auf einen nachhaltig grünen Wachstumspfad führt. Die Kräfte, die dieses ökonomische Perpetuum mobile in Schwung bringen sollen, entfalten sich durch folgenden Mechanismus: Durch die Lernprozesse in der Wirtschaft und die Entwicklung und Verbreitung neuer Technologien nehmen Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu, das Wachstum wird stimuliert, was sich günstig auf die Erwartungen der Investoren auswirkt. Damit dieser Mechanismus funktioniert, müssen allerdings noch einige Voraussetzungen erfüllt werden, so die Auto- ren. Glaubwürdigkeit spiele dabei eine Schlüsselrolle. Die EU müsse sich zu konsistenten klimapolitischen Programmen und Maßnahmen durchringen. Beispielsweise sollten die Erlöse aus dem europäischen Emissionshandel gezielt für Maßnahmen zur Emissionsminderung in Osteuropa eingesetzt werden. Steuererleichterungen sollen die Bereitschaft zu klimafreundlichen Investitionen fördern. Für die Wissenschaftler und die EUKommission spielen dabei eine höhere Energieeffizienz und der Ausbau erneuerbarer Energien eine zentrale Rolle. Beides erfordert erhebliche Investitionen, etwa für die Sanierung von Gebäuden, die Modernisierung der Energieinfra- Klimaschutz und Wirtschaft Um die Kosten und wirtschaftlichen Folgen von Klimaschutz besser bewerten zu können, wurde das Projekt AMPERE (Assessment of Climate Change Mitigation Pathways and Evaluation of the Robustness of Mitigation Cost Estimates) ins Leben gerufen. Es vereint Forscherteams aus zwölf Ländern mit ihren Computermodellen unter Führung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Die Studie „A New Growth Path for Europe“ wurde von Wissenschaftlern der Oxford University, der National Technical University of Athens, der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne und dem European Climate Forum unter Federführung von Carlo Jaeger vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) erstellt. struktur und klimaschonende Mobilität. Unabhängig von den Studienergebnissen schätzt die EU-Kommission selbst, dass die angestrebte Emissionsminderung von mindestens 80 Prozent bis 2050 (bezogen auf das Jahr 1990) Investitionen von 270 Milliarden Euro pro Jahr erfordert. Dieser hohe Preis werde teilweise ausgeglichen, führe eventuell sogar zu Gewinnen. Denn zum einen würden die durch Umweltschäden verursachten Kosten sinken. Zum anderen betrage das Einsparpotenzial beim Ölund Gasverbrauch bis zu 320 Milliarden Euro pro Jahr. Die Simulationen im Rahmen der Studie zeigen, dass dieser Investitionsschub allen Sektoren der europäischen Wirtschaft zugute käme, von der Landwirtschaft über die Industrie bis zur Dienstleistungsbranche. Vor allem der Bausektor würde profitieren, denn das Erreichen der Klimaziele steht und fällt mit der Optimierung der Energieeffizienz von Gebäuden. Auch Alleingang rentiert sich Die ökonomischen Vorteile eines 30-Prozent-Ziels bei der Emissionsminderung seien völlig unabhängig davon, ob nach dem Auslaufen der ersten Phase des Kyoto-Protokolls 2012 ein internationales Klimaabkommen zustande komme, meinen die Studienautoren. Insofern sei selbst ein europäischer Alleingang wirtschaftlich lohnenswert. Sollten die nächsten Runden der Weltklimakonferenz die Messlatte für Emissionsziele höher legen, könnte die Wachstumskurve der europäischen Wirtschaft noch steiler ausfallen als in der Studie skizziert. i www.newgrowthpath.eu siemens.com/sustainability hi!tech 01|12 18 ■ 19 hi!biz Energie Die letzten Prozente Mit innovativem Energiemanagement will der Zellulosefaserspezialist Lenzing AG seine hohe Energieeffizienz noch weiter steigern. DI Gottfried Rosenauer, Vice President der Lenzing AG: „Noch detaillierterer Einblick in die Produktionsabläufe.“ Lenzing AG Mit einem Umsatz von über 1,7 Milliarden Euro und einem Exportanteil von mehr als 90 Prozent gehört der weltweit agierende Hersteller von Zellulosefasern Lenzing AG zu den Innovations- und T Technologieführern am Markt. Etwa 2.900 Beschäftigte arbeiten allein am oberösterreichischen Standort Lenzing, nach Angaben des Unternehmens der größte integrierte Zellulosefaserstandort der Welt. Die Lenzing Gruppe verfügt über Produktionsstätten in allen wichtigen Märkten sowie über ein weltweites Netz an Verkaufs- und Marketingbüros. Elisabeth Dokaupil Faserherstellung ist energieintensiv Hemden, Blusen, Unterwäsche, Bettwäsche oder Feuchttücher, Wundauflagen, OP-Abdeckungen und vieles mehr: Unser Alltag ist geprägt von unzähligen Produkten, die aus Fasern der Lenzing-Gruppe hergestellt oder mit ihnen veredelt wurden. Auch im technischen und im BauUmfeld sind sie zu finden. Alle diese Fasern stammen aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz. „Die Faserherstellung aus Zellulose ist allerdings so energieintensiv, dass wir unsere Energieversorgung selbst übernehmen und den Energieverbrauch seit Jahrzehnten optimieren“, berichtet DI Gottfried Rosenauer, Leiter der Business Unit Energy der österreichischen Lenzing AG (LAG). Mit rund 3.600 GWh pro Jahr versorgt die LAG die Produktion des oberösterreichischen Werkes mit Wärme und Strom. Allein der Strombedarf liegt bei rund 648 GWh im Jahr. Der Anteil der fossilen Brennstoffe konnte dabei zwischen 1995 und 2009 systematisch von 35 auf 13,5 Prozent reduziert werden. Stattdessen nutzt man biogenes Material wie Rinde oder Sägespäne, Reststoffe und Klärschlamm sowie Schwarzlauge aus der Zelluloseherstellung als Energiequelle. Die Lenzing AG betreibt auf ihrem Gelände die größte Reststoffverbrennungsanlage Österreichs mit einer Leistung von 110 MW. „Durch die jahrzehntelange Optimierung unserer Energieversorgung ist nahezu jedes Verbesserungspotenzial ausgeschöpft“, erklärt Gottfried Rosenauer und ergänzt: „Nun arbeiten wir systema- tisch daran, mit einem Energiemanagementsystem auf Basis von B.Data von Siemens einen noch detaillierteren Einblick in die Produktionsabläufe zu bekommen und so die letzten paar Prozent zu nutzen.“ Mit diesem System werden die Energieströme Strom, Dampf, Wasser, Heißwasser, Druckluft, Kälte, Schutzgas und Vakuum mengenmäßig erfasst und den Prozessen und Anlagen zugeordnet. Rund 2.200 Variablen werden dafür im Werk Lenzing standardisiert eingelesen. „Rund 95 Prozent der Daten gelangen über ein vorhandenes Echtzeitdatenerfassungssystem automatisch in B.Data, lediglich fünf Prozent der Werte erfordern eine manuelle Eingabe“, berichtet Ing. Karl Eder, Leiter der Abteilung Abrechung und Optimierung der Lenzing Energie. Alle Messstellen in Echtzeit auswerten Während bisher für die monatliche Energiebilanz eigene Energiemanagementlösungen, basierend auf Tabellen und Listen, genutzt wurden, lassen sich nun sämtliche Messstellen in Echtzeit in einem 15-Minuten-Raster beobachten und auswerten. „Damit können wir auch den für Optimierungen wichtigen Aspekt Zeit berücksichtigen“, betont Wolfgang Hemetsberger, Energiespezialist in der Abteilung Energieoptimierung & Qualitätsmanagement. Durch die Darstellung der 15-Minuten-Stromverbrauchswerte, wie sie bei Energieversorgern üblich ist, können Hüllkurven gezeichnet werden, die den Bedarf eindeutig wiedergeben. „Ein wichtiger Aspekt der Entscheidung für B.Data war, dass das System mit Siemens, Lenzing AG/Alois Humer, Lenzing AG/Markus Renner/Electric Arts Durch das systematische Energiemanagement kann auf Bedarfsänderungen vorausschauend reagiert und so ein Einsparungspotenzial von zwei bis drei Prozent herausgeholt werden. Wolfgang Hemetsberger, Energieoptimierung: „Können mit B.Data auch den für Optimierungen wichtigen Faktor Zeit berücksichtigen.“ seiner vergleichsweise offenen Systemarchitektur einfaches Modellieren, flexible Variablenzuweisung und somit eine praxisgerechte Applikationserstellung bietet“, erklärt Karl Eder. Für den Informationsaustausch mit den Anlagenbetreibern am Standort Lenzing sowie für einen globalen Einsatz wurde ein Webservermodul eingeführt, mit dem sich der B.Data-Viewer über einen StandardInternetbrowser im werksübergreifenden Intranet nutzen lässt. Das neue System schafft eine unternehmensweite Transparenz auf Kosten- stellenbasis. Der Energieverbrauch lässt sich damit den vorhandenen 540 Verrechnungspositionen eindeutig zuordnen. „Dadurch wird es möglich, Optimierungspotenziale schneller zu erkennen und neue Kennzahlen zu bilden“, betont Wolfgang Hemetsberger. Ziel der B.DataEinführung ist letztlich die Erhöhung der Datenqualität sowie die Verifizierung der Datenintegrität, was angesichts der hohen Komplexität der Prozessabläufe ein schwieriges Unterfangen ist. Durch den Chargenbetrieb einiger Verfahrensschritte entstehen nicht sel- ten Schwankungen von bis zu 30 Tonnen Dampf pro Stunde und 10 MW elektrischer Leistung. Auf diese Bedarfsänderungen kann durch die Betrachtung der Energieflüsse auf EnergiemanagementEbene vorausschauend reagiert und die Energieerzeugung noch effizienter gesteuert werden. Insgesamt können durch das systematische Energiemanagement noch zwei bis drei Prozent Einsparungspotenzial herausgeholt werden – bei rund 12 Millionen Gigajoule Jahresbrennstoffeinsatz kein kleiner Betrag. Die neue Software mit offener Systemarchitektur ist standardisiert und erfüllte auch die Forderungen des Faserherstellers in Bezug auf Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit. Aufgrund der Mehrsprachigkeit und der Webfähigkeit lässt sie sich in der gesamten Lenzing-Gruppe etablieren. Über die geplanten weiteren Schritte berichtet Gottfried Rosenauer: „Als Nächstes wollen wir unsere Werke in Indonesien und China damit ausstatten und dann weltweit Standorte, wo weitere Rationalisierungspotenziale vorhanden sind.“ i www.lenzing.com siemens.com/bdata hi!tech 01|12 20 ■ 21 Post auf dem Weg in die Identifikationsstrecke, wo guttrainierte Maschinen 95 Prozent der Adressen entziffern. Die Post holt auf Analoge und digitale Post werden immer enger miteinander verknüpft. Automatisierung in der Logistik beschleunigt die Zustellung der Sendungen. Mehr als eine Milliarde Briefe Natürlich werden heute weniger Briefe verschickt als noch vor zehn oder fünf Jahren, aber im Jahr 2010 waren es immer noch mehr als eine Milliarde. Gleichzeitig stieg die Zahl der Paketsendungen auf stolze 56 Millionen Stück – vor allem auch durch die Einkäufe im Internet. Dazu kamen 4,5 Milliarden Werbesendungen und 770 Millionen Zeitungen und Zeitschriften. Genug Arbeit für die Post, besonders wenn man berücksichtigt, dass mehr als 95 Prozent aller Briefe am Tag nach ihrer Aufgabe ihren rechtmäßigen Empfänger erreichen. Da gibt es wenig Zeit zu verlieren am Weg vom Eugen Juen Siemens Postkasten zum Brieffach, denn seit der Marktöffnung wartet auch noch die Konkurrenz ständig auf ihre Chance. Neue Sortiermaschinen, die ab Sommer in fünf großen Sortierzentren der Österreichischen Post in Betrieb genommen werden, sollen das grundsätzlich knapp bemessene Zeitfenster noch besser nutzen. Die neuen Anlagen von Siemens sind extrem flexibel, verarbeiten Standardbriefe ebenso wie Großbriefe und gehören mit einem Durchsatz von 50.000 Sendungen pro Stunde dank des hohen Automatisierungsgrads zu den schnellsten ihrer Art. Sie sind mit der kamerabasierten Fingerprinttechnologie Christina Lehner ausgestattet, die einen aufgedruckten Barcode – inklusive aller Peripheriegeräte wie Barcodedrucker, Labelapplikator oder Barcodeleser samt ihren Verschleiß- und Verbrauchsteilen – überflüssig machen. Die Fingerprinttechnologie identifiziert einen Brief anhand seines spezifischen und einmaligen Gesamtbilds – der Briefmarke, des Absenders, der Adresse –, das ihn auf Basis eines Fotos während des gesamten Prozesses begleitet. Ein gewaltiger Fortschritt auch deshalb, weil es für Barcodes bis heute keine internationalen Standards gibt, was beispielsweise den Grenzübertritt oder einen Wechsel in der hi!biz Post Logistikkette unter Beibehaltung desselben Barcodes schwierig bis unmöglich macht. Das gilt natürlich für Postsendungen aller Größen: Jeder Brief, jedes Paket besitzt einen unverwechselbaren Fingerabdruck. Vollautomatisch bis zum Großformat Die Automatisierung im Postbetrieb nimmt über die gesamte Prozesskette kontinuierlich zu, beginnend bei der Vorbereitung des Postguts aus dem Briefkasten zur anschließenden Sortierung. Diese Maschinen, Culler Facer Canceller (CFC) genannt, können inzwischen Briefe bis zum Großformat C4 vollautomatisch verarbeiten, womit eine weitere Lücke im Prozess geschlossen wurde. Bisher mussten solche Großformate händisch aussortiert werden. Automatisiertes Sortieren funktioniert auch im noch wesentlich größeren Maßstab, für – im Vergleich zu Briefsendungen – unterschiedlich große, unterschiedlich schwere Pakete. Eine besonders eindrucksvolle Anlage zur Paketsortierung entsteht derzeit in Nanjing im Hinterland von Shanghai: Bei der Fertigstellung werden die Wagen der Siemens-Anlage auf mehreren Ebenen rund fünf Kilometer im Umlauf unterwegs sein und Paket um Paket entsprechend verteilen. Nachholbedarf in der Automatisierung des Gesamtprozesses gibt es noch in der vorletzten und letzten Station. Zur vorletzten Station: Bevor sich der Postbote auf den Weg macht, muss er seine Briefe in die richtige Reihenfolge bringen, meist noch händisch. Auch diese Vorbereitung, die einen guten Teil der Arbeitszeit ausmacht, könnte von der Maschine erledigt werden. Tag für Tag eine wertvolle Zeitersparnis, im Postamt selbst, aber auch am Weg, wenn etwa Urlaubsvertretungen auf ihren mehr oder weniger unbekannten Routen unterwegs &MFLUSPOJTDIF1PTU 7FSBSCFJUVOH &NQG¼OHFS #JMEÔCFSUSBHVOH &OUTDIFJEVOH %JHJUBMJTJFSVOH &JOHFIFOEF1PTU ®GGOFO 4DBOOFO 3FDIUMJDIWFSCJOEMJDIF 4QFJDIFSVOH #SJFG #JMEBVGOBINF &NQG¼OHFS &OUTDIFJEVOHT ÙMUFS ;VTUFMMVOH ;VTUFMMFO 4JDIFSFT 3FDZDMJOH 6OFSXÔOTDIUF 1PTU sind. Die perfekt zusammengestellte Posttasche könnte in diesen Fällen ein verlässlicher Wegweiser von Haustür zu Haustür sein. Durch Entwicklungen wie die Fingerprinttechnologie kann der gesamte Prozess gesteuert werden, weil sich für jede einzelne Sendung von Beginn an die nächsten Stationen bis zum konkreten Zusteller voraussagen und so Die Trust-Ebox verknüpft den klassischen Brief und die elektronische Post. Der Empfänger erhält den digitalen Briefumschlag und kann entscheiden, ob er den Brief zugestellt bekommen will, die Post weggeworfen werden soll oder eingescannt und elektronisch übermittelt wird. hi!tech 01|12 22 ■ 23 hi!biz Post Das Open Mail Handling System verarbeitet auch Großbriefe, Magazine, Zeitungen, Kataloge und Flyer. Die Kunst des Lesens Das maschinelle Lesen handschriftlicher Adressen ist eine Art Königsdisziplin moderner Postlogistik. Was in gar nicht wenigen Fällen dem erfahrenen Menschenauge schon schwer genug fällt, ist für eine Maschine eine besondere Herausforderung. Aber die Maschinen lernen dazu. Die dahinterstehende Technologie heißt „Optical Character Recognition“ (OCR). Der Trick: die Systeme darauf zu trainieren, Tausende von handgeschriebenen Ziffern oder Buchstaben aus unterschiedlichen Quellen zu vergleichen und diese im Zuge eines Lernprozesses eindeutig zu klassifizieren. Maschinen wie ARTread von Siemens sind heute in der Lage, bis zu 95 Prozent der handgeschriebenen Anschriften zu entziffern. Automatisch erkannt werden auch der Adresse zugeordnete Nachsendeaufträge, die korrekte Frankierung oder handschriftliche Vermerke des Zustellers. Auch russische, chinesische und arabische Schriftzeichen sind von den Maschinen bereits gut lesbar – eine entscheidende Qualität am Weltmarkt, der derzeit eine Milliarde Euro umfasst. Eugen Juen Siemens die beste Routenzusammenstellung sowie die daraus abgeleiteten Sortierstrategien vorausplanen lassen. Bleibt die letzte Meile zum Briefkasten. Ein Weg, könnte man glauben, der in jedem Fall zu Fuß erledigt werden muss. Die Schweizer Post und Siemens haben nun gemeinsam ein neues Produkt entwickelt, das die Zukunft des Postwesens nachhaltig verändern könnte: die Trust-Ebox, die durch das sogenannte Reverse-HybridMail-Verfahren den klassischen Brief und die elektronische Post miteinander neu verknüpft. Der Kern des Verfahrens ist die digitale Erfassung des Briefumschlags, von dem per Mail eine Bilddatei an den Empfänger verschickt wird. Die neue Wahlfreiheit Der Empfänger hat nun – von überall auf der Welt und zu jeder Zeit, sofern eine Internetverbindung verfügbar ist – drei Wahlmöglichkeiten: ■ den Brief ungelesen direkt von der Post vernichten lassen. So lassen sich überfüllte Postfächer bei den Empfängern ebenso vermeiden wie leere Kilometer der Zusteller. ■ den Brief ganz klassisch zustellen lassen, freilich mit dem feinen Unterschied, dass die Zustelladresse jederzeit frei wählbar ist, besonders praktisch für Urlaubszeiten oder für Geschäftsreisende. ■ den Brief von der Post öffnen, scannen und sich per PDF mailen lassen. Für die Trust-Ebox wird ein sogenannter Compact Reader Sorter (CRS) der neuesten Generation eingesetzt, der Briefe bis zum Format C4 verarbeiten kann und jeweils Scans der Briefvorderseite herstellt. Darüber hinaus erhält jede Sendung einen Code, über den sie im weiteren Bearbeitungsprozess identifiziert wird. Die Lesesoftware der Maschine erkennt die Adresse und weist sie automatisch nach dem ersten Maschinendurchlauf dem richtigen Empfänger und der im System hinterlegten Mailadresse zu. Nachdem der Adressat entschieden hat, was mit der jeweiligen Sendung passieren soll, sortiert die Anlage die Sendungen in die entsprechenden Fächer. Der Kreis schließt sich. Diese enge Verzahnung analoger und digitaler Post bringt Vorteile für alle Beteiligten: Die Zusteller brauchen jene Post nicht auszutragen, die ohnehin ungelesen in den Papierkorb wandern würde. Und die Kunden habe jederzeit die Kontrolle über ihre Post und bekommen nur jene Briefe zugestellt, die sie auch tatsächlich lesen wollen. i siemens.com/logistics www.post.at hi!tech 01|12 24 Ich vertraue der ersten Autoversicherung, die Leben retten kann. Gewählt zur vertrauenswürdigsten Versicherung Österreichs. 45.000 Kunden vertrauen bereits UNIQA SafeLine. www.uniqa.at Eine Analyse in der Automobilindustrie ergab, dass in Pausen noch immer halb so viel Energie verbraucht wird wie während der Produktion. Abschalten können Im Stromnetz der Zukunftt muss die Industrie ein flexibler Player sein. Dafür ist ein intelligentes Energiemanagement nötig – und die Fähigkeit, Pausen zu machen. Teure Wissenslücke Selbst in modernen Industrieanlagen ist häufig nicht bekannt, wie sich die Gesamtmenge an benötigter Energie auf einzelne Produktionslinien, Maschinen und die darin enthaltenen Verbraucher verteilt. Das kann eine teure Wissenslücke sein: Nur wer den Energieverbrauch von Pumpen, Pressen oder Kompressoren im zeitlichen Verlauf kennt, kann die Effizienz von Anlagen steigern, Kosten sparen und CO₂-Emissionen vermeiden. Bessere Informationen über den Einsatz der Energie sind also aus ökonomischen und ökologischen Gründen wichtig. Professor Frithjof Klasen, Fachhochschule Köln, versuchte anhand von Werken der Automobilindustrie Einblicke in die Energieflüsse zu gewinnen. Als ein Industry Journal, Elisabeth Dokaupil zentrales Problem entpuppten sich die Stillstandszeiten der Anlagen, in denen sie immerhin noch halb so viel Energie benötigten wie während der Produktion. Der Grund: Anlagen können derzeit in vielen Fällen nicht einfach abgeschaltet werden, weil das komplexe Zusammenspiel zahlreicher Komponenten berücksichtigt werden muss. Die Automatisierungs-Initiative deutscher Automobilhersteller (AIDA) hat daher gemeinsam mit der Profibus-Nutzerorganisation einen Standard für ein verbessertes Energiemanagement entwickelt, ein Energieeffizienzprofil, das auf dem Kommunikationsprotokoll Profinet aufbaut und bei dem Anlagensteuerung, Kommunikationsnetzwerk und Stromverbraucher zusammenspielen. Siemens Christina Lehner Nach den Messungen der Kölner Effizienzexperten spart der neue Standard in Stillstandszeiten etwa 70 Prozent der Energie und kann dadurch den gesamten Energieverbrauch um Rund ein Drittel reduzieren. „Weil an der Fertigung eines Fahrzeugs viele Anlagen beteiligt sind, können die Energiekosten jährlich um einen Betrag im mittleren sechsstelligen Bereich gesenkt werden“, so Klasen. Das individuelle Abschalten von Maschinen und Komponenten ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, Fertigungsanlagen zu Micro Grids zu machen. Sie sind die kleinen Geschwister der intelligenten Stromnetze der Zukunft, der Smart Grids. In diesen intelligenten Netzen sind Energieerzeuger und -verbraucher sowie Stromspeicher und -netze mit- hi!biz Energieeffizienz Mit den neuen Profienergy-Kommunikationsfunktionen kann der Motorstarter in Produktionspausen Anlagen abschalten. einander verbunden, um Angebot und Nachfrage auszugleichen. „Unternehmen müssen in Zukunft ein intelligentes Management von Energie betreiben“, weiß Engelbert Lang, Siemens. „Denn mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien werden Angebot und Preise viel stärker fluktuieren als heute. Ein ökonomisch sinnvoller Energiemix ist also unverzichtbar.“ Dazu gehöre in Zukunft auch, Teile der Anlagen abzuschalten, wenn der Strom zu teuer ist. Vereinzelt wird das heute bereits gemacht, um Lastspitzen zu vermeiden. Das stellt die Automatisierungsexperten vor eine komplexe Optimierungsaufgabe. „Heute sind die Anlagen für maximale Produktivität optimiert. In Zukunft müssen Unternehmen die Produktion aber auch an die Verfügbarkeit von Energie anpassen“, so Lang. „Manche Einsparmaßnahmen sind relativ simpel: Ist der Strom teuer, kann das System, beispielsweise die Belüftung und die Klimaanlage, Beleuchtung Druckluft eine Zeit lang abschalten.“ Auch Teile der Fertigung können Pause machen, wenn Zwischenprodukte aus einem Lager nicht zur Verfügung stehen. Voraussetzung für solche Szenarien ist aber, dass Automatisierungstechnik und Energieversorgung künftig zusammenwachsen. Wer entscheidet über Pausen? Aber wer entscheidet darüber, wann welche Maschine eine Pause machen kann, ohne dass die Produktion leidet? Dafür wäre die übergeordnete Ebene, das Manufacturing Execution System (MES), zuständig, das die Schichtpläne und Pausenzeiten kennt und die gegenseitigen Abhängigkeiten innerhalb der gesamten Produktionslinie berücksichtigt. Zur intelligenten Fabriksteuerung gehört auch die ständige Kommunikation mit dem Stromversorger. Die Steuerung vergleicht das aktuelle Stromangebot mit der Produktionsplanung. Wenn die Ener- bis zu 70% bis zu 50% Pumpsysteme bis zu 30% Kälte- und Kühlwasseranlagen bis zu 30% Wärmeversorgung bis zu 30% Lüftungsanlagen bis zu 25% Energie sparen Bei Mittelbetrieben wird vor allem bei Beleuchtung und Druckluft viel Energie verschwendet. Je rund ein Drittel sicher nicht kleiner Energiemengen sind zusätzlich rund um Heizung, Kühlung, Lüftung und bei Pumpen zu holen. gie günstig ist, kann sie zum Beispiel Vorbehandlungsprozesse wie Ätzen oder Schneiden anstoßen oder bestimmte Lager auf Vorrat mit Zwischenprodukten füllen. Die Herausforderung für die Entwickler besteht darin, Algorithmen zu entwickeln, die Energiepreis- und -bedarfsprofile sowie den notwendigen Energieeinsatz und die Möglichkeit zur Zwischenspeicherung berücksichtigen. Außerdem wird der Strom in Zukunft auch nicht mehr nur in eine einzige Richtung fließen. Viele Unternehmen besitzen Notstromaggregate, die sich regional zu virtuellen Kraftwerken mit einigen zehn Megawatt Leistung zusammenschalten lassen. Sie können bei hoher Nachfrage hochgefahren werden. Bei diesem Modell würden spezielle Zwischenhändler die virtuellen Kraftwerke fernsteuern und den Strom an die Energieversorger liefern. Funktionieren kann das heute schon. Auch Stromspeicher zahlen sich für Firmen aus, und zwar primär Lithium-Ionen- oder Redox-Flow-Batterien, bei denen zwei flüssige Elektrolyte in Tanks die Energie speichern. Die Zukunft der energieeffizienten Produktion hat bereits begonnen. Es gibt Produkte, die Energieströme transparent machen und ein effektives Energiemanagement ermöglichen. „Powerrate“ ist ein Add-on für das Siemens-Automatisierungssystem Simatic, das den Energieverbrauch im Detail erfasst und Lastmanagement durch „Abschalten“ ermöglicht. Das Energiemanagementsystem b.data von Siemens liefert einen unternehmensweiten Überblick über die Energiekosten und ermöglicht eine direkte Anbindung an die Unternehmenssoftware, zum Beispiel SAP. Damit lassen sich die Verträge mit den Energielieferanten schon jetzt optimieren. i siemens.com/automation siemens.com/bdata hi!tech 01|12 26 ■ 27 hi!biz Verteilnetz Rückgrat der Energiewende Die Verteilnetze sind von entscheidender Bedeutung für die Stromversorgung der Zukunft mit einem deutlich höheren Anteil an erneuerbarer Energie, betont DI Reinhard Brehmer, Geschäftsführer der Wien Energie Stromnetz GmbH. Wie gut stehen die Chancen, dass Europa die angestrebte Energiewende erreicht? Der geplante Anstieg bei erneuerbarer Energie ist aus europäischer Sicht angesichts der Möglichkeiten der Windenergie und des Ausbaus der Photovoltaik schaffbar. Bei der CO₂-Reduktion hilft derzeit die Wirtschaftskrise. Ein entscheidender Punkt ist dabei aber auch die Erhöhung der Energieeffizienz, die das Thema der Zukunft sein wird. Bei der Energieeffizienz wird die Schlacht in den Städten entschieden, die für 80 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich sind. Welche Rolle spielen die Stromnetze im neuen Energiezeitalter? Entscheidend für das Erreichen der Energiewende sind die Verteilnetze. Sie stellen das Rückgrat der Energiewende dar, denn um Energie effizient einzusetzen, müssen wir den Verbrauch messen und steuern. Derzeit wird z. B. der Stromverbrauch aber nur einmal jährlich am Zähler abgelesen; was während des Jahres passiert, wissen wir nicht. Wenn wir den Strom im Netz sinnvoll steuern wollen, Elisabeth Dokaupil Petra Meisel benötigen wir intelligente Zähler: Smart Meter, die Realtime-Werte liefern können. Wie gehen Sie mit dezentraler Energieerzeugung von privaten Photovoltaikanlagen um? Und welche Konsequenzen hat diese Art der Stromproduktion für die Netze? Auch über die dezentrale Stromerzeugung haben wir bisher keine Detailinformationen. In Deutschland gab es bereits Netzausfälle wegen zu großer unerfasster Einspeisungsmengen. In Österreich ist das Risiko derzeit nicht so hoch, weil die Photovoltaik nicht so stark gefördert wird. Wenn es allerdings an manchen Tagen zu viel Wind im Burgenland gibt, bleibt nur die Möglichkeit, Speicherkraftwerke wie Kaprun zu nutzen und die Verluste durch die Übertragung in Kauf zu nehmen. Am effizientesten ist es natürlich, wenn in Zukunft die lokal erzeugte Energie vor Ort verbraucht oder gespeichert wird. Bei der Erzeugung und Speicherung von Warmwasser zum Beispiel liegen die Verluste im niedrigen einstelligen Bereich. Benötigen neben dem Zähler auch die anderen Teile des Verteilnetzes, etwa Trafos, mehr Intelligenz? Sie brauchen mehr Datenerfassung, aber auch Steuereinrichtungen – z. B. Spannungsregelung mit Netztrafos –, um auch bei starker dezentraler Einspeisung die bisher gewohnte Qualität der Versorgung sicherzustellen. In Wien gab es den letzten großen Stromausfall 1986. Wegen des steigenden Einsatzes von alternativer Stromerzeugung ist ein europaweiter volatiler Ausfall leichter möglich als bisher. Mit intelligenten Netzen können wir Vorkehrungen gegen dieses Risiko treffen. Was bringen Smart Meter den Verbrauchern? Dienstleister können den Konsumenten mit Smart-Meter-Daten Home-Automation-Services anbieten. Außerdem wird mit Smart Metern die Idee verbunden, dass normale Stromkonsumenten zu aktiven Teilnehmern am Strommarkt zu Tagespreisen werden. In den USA werden Konsumenten von stundenweisen Strompreisanstiegen informiert und reagieren »Wenn wir Strom im Netz sinnvoll steuern wollen, benötigen wir intelligente Zähler: Smart Meter, die Realtime-Werte liefern.« mit dem automatischen zeitweisen Abschalten von Klimaanlagen oder Poolpumpen. Dadurch ergibt sich eine Spitzenlastverschiebung. In Europa haben wir damit wenig Erfahrung, weil das bei wesentlich niedrigeren Durchschnittsstromverbräuchen im Haushalt derzeit kein Thema ist. mit Smart Metern ausgestattet sein? Nach dem derzeitigen Verordnungsentwurf sollen in Österreich 2014 etwa 15 Prozent der Smart Meter installiert sein. Das geht sich allerdings nicht einmal legal aus, weil die Standards erst Ende 2012 stehen werden und dann erst sinnvoll ausgeschrieben werden kann. Welche Risiken ergeben sich durch die neuen Services für die Stromnetze? Wir sind als Netzbetreiber für die Qualität und Sicherheit der Stromversorgung verantwortlich und müssen daher Schalteingriffe von externen Dienstleistern vermeiden. Die notwendigen Informationen für ihre Services werden ihnen vom Verteilnetz auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden zur Verfügung gestellt. Wie viele Zähler müssen in Österreich ausgetauscht werden? Der Zähleraustausch ist das größte IKTProjekt, das wir je hatten. Es geht in Österreich um 5,5 Millionen und in Wien um 1,5 Millionen Zähler und die Verarbeitung einer gigantischen Datenmenge. Bisher mussten wir jeden Zähler einmal pro Jahr ablesen, in Zukunft werden wir in Wien 180 Millionen Daten pro Tag zu verarbeiten haben. Dazu kommt die intensivere Kundenbetreuung und der zu- Wann werden die europäischen Haushalte sätzliche Sicherheitsaufwand. Die Umstellung läuft in Wien parallel zu einer notwendigen Erneuerung von Teilen der Netzinfrastruktur, die schon ca. 50 Jahre alt ist. Wie kann das finanziert werden? Die Finanzierung ist auch deshalb schwierig, weil uns seit 1999 eine laufende Reduktion der Netztarife verordnet wird. Durch die steigende Energieeffizienz und die private Stromproduktion sinkt der Verbrauch und mit ihm auch die regulierten Netzerlöse. Immerhin steigt aber das Bewusstsein dafür, dass die Energiewende und eine langfristig sichere Stromversorgung mit einem höheren Anteil an erneuerbarer Energie Investitionen erfordert. In Deutschland liegt die Belastung pro Haushalt für die Förderung der Erneuerbaren bei 165 Euro pro Jahr, in Österreich auch schon über 50 Euro. Für die Einbindung der Erneuerbaren und all die vielen neuen Aufgaben wird man um eine moderate Netztariferhöhung nicht herumkommen. i www.wienenergie.at www.siemens.com/ic hi!tech 01|12 28 ■ 29 Handys, Leiterplatten und Autos landen am Müll, obwohl sie wertvolle Rohstoffe, vor allem seltene Metalle, enthalten. Pictures of the Future, Industry Journal Getty Images/ULTRA.F, Caro/Caro/picturedesk.com, Getty Images/Pete Ryan hi!biz Rohstoffe Abhängigkeit teuer bezahlt Wichtige Metalle für immer mehr elektronische Produkte, die unseren Alltag dominieren, werden knapp und immer teurer. Daher werden Alternativen gesucht und Recyclingmethoden entwickelt. Vom Handy bis zur Windturbine Handys und LCD-Fernseher kommen ohne sie nicht aus, Elektromotoren ebenso, aber auch Energiesparlampen und jene Dauermagnete, die für die neue Generation effizienter Windturbinen benötigt werden: Die Rede ist von Seltenen Erden. Wegen der guten Eigenschaften dieser Stoffe werden immer wieder neue Produkte entwickelt, die den Markt noch weiter anheizen. Zu den Seltenen Erden zählen Metalle wie Neodym, Praseodym und Dysprosium. Wenn sie optimal kombiniert werden, erreicht ihr Energieprodukt, das Maß für die speicherbare magnetische Energie, über 400 Kilojoule pro Kubikmeter (kJ/m³). Das ist ein so hoher Wert, dass Magnetsysteme mit diesen Metallen wesentlich kleiner sein können als mit herkömmlichen Materialien oder Recycling-Quoten in Europa Verwertungs- und Recyclingquote in % 80 79 82 Deutschland 83 Spanien 60 65 82 Schweden 76 86 75 Großbritannien 78 76 85 Frankreich 72 80 63 Polen 23 39 Unterhaltungselektronik Monitore und Steuerungen Quelle: Eurostat 2011 IT und Telekommunikation mit erheblich höheren magnetischen Energien ausgestattet werden können. Der Name Seltene Erden ist eigentlich irreführend, denn etliche der Metalle, wie etwa Neodym, sind nicht wirklich selten. Sie kommen in der Erdkruste sogar häufiger vor als etwa Blei, doch sind erst wenige größere Lagerstätten entdeckt worden. So gibt es in der Inneren Mongolei, in Westaustralien, Grönland, Kanada und den USA Vorkommen. Derzeit wird allerdings die Weltproduktion der Seltenen Erden zu 97 Prozent von China dominiert. „Da droht ein Ressourcenproblem“, warnt Dr. Thomas Scheiter, Leiter des globalen Technologiefeldes „Materialsubstitution und Recycling“ bei Siemens CT. Denn alternative Vorkommen werden erst in fünf oder mehr Jahren erschlossen werden. Erhebliche Gewichtseinsparung Seltene Erden ermöglichen es, Windturbinen mit nur einer Spule statt mit zwei und mit einem Dauermagneten zu betreiben. Im Vergleich zum Einsatz herkömmlicher Werkstoffe wie Eisen und Kupfer kann daher erheblich Gewicht eingespart werden. Doch nicht nur in den westlichen Industrienationen nimmt die Abhängigkeit von Seltenen Erden zu. Weil auch China bei Windturbinen und Elektrofahrzeugen eine immer größere Rolle spielt, wird es künftig verstärkt auf die eigenen Ressourcen zurückgreifen. Grund genug, hi!tech 01|12 30 ■ 31 Elektromotoren sollen von Anfang an so konstruiert werden, dass man beim Recycling ohne große Probleme die Permanentmagnete aus dem Motor separieren kann. dass sich Siemens-Materialwissenschaftler auf die Spurensuche nach technologischen Alternativen begeben. Eine weitere Möglichkeit des nachhaltigen Umgangs mit Seltenen Erden ist das Recycling dieser Materialien aus Elektromotoren. Allerdings muss dafür erst ein Verfahren entwickelt werden. Motoren landen im Schmelzofen, und Seltene Erden vermischen sich mit dem Rest. Nun werden unterschiedliche Möglichkeiten getestet, um an die wertvollen, oft nur in kleinen Mengen enthaltenen Inhaltsstoffe heranzukommen. Man arbeitet auch daran, die Produkte von Anfang an so zu konstruieren, dass man die Permanentmagnete aus dem Motor separieren kann. Gleichzeitig werden Verfahren entwickelt, um Magnetmaterialien aus Schmelzen in einer Schlacke gezielt anzureichern und daraus Seltene Erden zurückzugewinnen. Engpässe vorprogrammiert Auch wenn Seltene Erden unter den kritischen Rohstoffen derzeit die höchste Priorität haben, geben noch weitere Materialien Anlass zur Sorge. Die besonders widerstandsfähigen Refraktärmetalle sind wegen möglicher Lieferengpässe problematisch. Dazu gehörten etwa Niob, Wolfram und Molybdän, die in Röntgenröhren oder Schaltern enthalten sind. Bei diesen Metallen ist eine hohe Hitzebeständigkeit gefordert, gleichzeitig wird ihnen aber noch eine gewisse Formbarkeit und Leitfähigkeit abverlangt. Zu Engpässen könnte es auch bei Platin, Palladium, Indium, Gallium und Germanium kommen. Gold, Silber und Kupfer sind nicht so knapp, mit weiterem Preisanstieg ist aber zu rechnen. Pictures of the Future; Industry Journal Sammelquote erhöhen Die Umweltminister der 27 EUStaaten haben sich auf strengere Auflagen für die Entsorgung von Elektroschrott geeinigt. Danach soll die Sammelquote innerhalb von acht Jahren von heute 30 auf dann 65 Prozent steigen. EU-Umweltkommissar Janez Potočnik betont: „Es ist wichtig, dass wir Elektromüll als wertvolle Ressource betrachten. Knapp vier Milliarden Euro pro Jahr beträgt europaweit der Verlust durch die nichtrecycelten Metalle.“ Bereits jetzt locken die hohen Preise Diebe an. Immer wieder stehen Züge auf der Strecke, weil Kabel gestohlen wurden. Auch jenseits krimineller Aktivitäten steckt in der Schrottverwertung Geld. Auf einer gewöhnlichen Mülldeponie warten Metalle im Wert von knapp 30 Millionen Euro. 1,5 Milliarden Tonnen verwertbare Materialien entsorgen die Europäer pro Jahr. Und in China wandern jährlich vier Tonnen Gold, 28 Tonnen Silber und 6.000 Tonnen Kupfer in den Müll. Werden Mülldeponien in Zukunft als hochinteressante Lagerstätten wichtiger Rohstoffe aufgewertet? Ganz sicher. Und dieser Trend hat auch schon einen Namen: Urban Mining. Die „Bergwerke“ in den Städten bringen sogar bessere Ergebnisse als die Ausbeute primärer Lagerstätten. Die auf Edelmetalle spezialisierte internationale Umicore Group macht mehr als 60 Prozent ihres Umsatzes von knapp zehn Milliarden Euro mit Recycling – bei einer jährlichen Steige- Siemens rungsrate von zuletzt knapp 42 Prozent. Und diese Erzgewinnung ist auch bei weitem umweltfreundlicher als zum Beispiel der Abbau von Seltenen Erden in China. Eine zentrale Herausforderung für die Recyclingspezialisten ist der komplexe Materialmix im Elektronikschrott. Neben den Edel-, Basis- und Sondermetallen finden sich Schadstoffe, Halogene, Kunststoffe, Glas und vieles mehr. In der ITHardware sind heute 60 verschiedene Elemente enthalten. Hohe Metallausbeute Doch Umicore beweist, dass die Verwertung derartiger Altmaterialien funktioniert. Das Unternehmen erzielt aus Leiterplatten, Katalysatoren oder LithiumIonen-Batterien eine Metallausbeute von mehr als 95 Prozent. Bezogen auf das gesamte Recyclingmaterial werden hier jährlich aus rund 300.000 Tonnen weitgehend sekundärem Einsatzmaterial mehr als 70.000 Tonnen Metall gewonnen. Und das moderne Recycling erfordert nur einen Bruchteil der Energie, die eine Gewinnung im Bergbau benötigt. „Verglichen mit den Erzgehalten der Primärlagerstätten stellen Computerleitplatten oder Mobiltelefone eine wahre Bonanza dar“, sagt Christian Hagelüken von Umicore Precious Metals Refining. Es ist Zeit für einen fundamentalen Wandel. „Es geht um sinnvolles Ressourcenmanagement, die komplette Erfassung von Altgeräten, um den Stopp zweifelhafter Exporte und den Aufbau einer globalen Kreislaufwirtschaft“, betont Hagelüken. i siemens.com/innovation www.umicore.de siemens.de/pof hi!tech 01|12 32 NUR BIS 27 . 4. 2012: KlimaKre d EUR 600,– it mit bis zu UmweltBo nus. Bei heiklen biotechnischen Prozessen sollte man immer wissen, wie es dem Produkt geht. Prozesse fest im Griff Innovatives Verfahren liefert Informationen über Produkt und Prozess bis zur Echtzeitfreigabe. Produktqualität sicherstellen In den meisten biotechnischen Produktionen wird während des Herstellungsprozesses nicht erfasst, was mit dem Produkt passiert. Das gilt auch für die Gefriertrocknung, ein wichtiger Schritt bei der Herstellung vieler Arzneimittel. Beeinträchtigungen des Produkts während der Gefriertrocknung können erst durch eine nachträgliche Probenentnahme und -analyse erkannt werden. Werden die Veränderungen des Produkts bereits während der Gefriertrocknung kontinuierlich überwacht, lässt sich das Prozessmanagement optimieren und eine konstante Produktqualität sicherstellen. Ein umfassendes Bild der Prozesse im Produkt ergeben innovative Metho- Elisabeth Dokaupil, Ursula Grablechner den wie die Raman- und Nah-Infrarot(NIR-)Spektroskopie, die ein Team von Wissenschaftlern von der Universität Gent und Siemens einsetzt. Sie liefern die notwendigen Informationen über Produktverhalten und -eigenschaften. Das neu entwickelte Verfahren wertet auch verschiedene Methoden der Chargenmodellierung aus, die helfen, ungewollte Prozessabweichungen frühzeitig zu erkennen – ein Frühwarnsystem, das für die kontinuierliche Prozesssteuerung und die Echtzeitfreigabe des Produkts entscheidend ist. Der Einsatz der Spektroskopie ergab zunächst keine Ergebnisse in Echtzeit. Um dieses Problem zu lösen, wurden die Analysegeräte mit der Softwarelösung SIPAT Andi Bruckner, Siemens (Siemens Process Analytic Technology) verbunden. SIPAT ermöglicht die Erfassung von Echtzeitanalysedaten und verarbeitet sie mit zusätzlichen Prozessdaten in einem Modell, das kontinuierlich Vorhersagen über die Chargenqualität trifft. Statt nachträglicher Produkttests, die zur Folge haben, dass Chargen mit mangelhafter Qualität ganz oder teilweise entsorgt werden müssen, beweist der Prozess unmittelbar, dass das Produkt durch die Gefriertrocknung nicht beeinträchtigt wurde. Einige Unternehmen planen bereits, ihre PAT-Lösung mit SIPAT zu kombinieren, um eine Echtzeitfreigabe möglich zu machen. i siemens.com/pharma www.ugent.be hi!school News Intelligente Fahrzeuge Neuer Rekord mit Photovoltaik Mit einem neuen Modulprototypen schaffte es Semprius mit Sitz in Durham im US-Bundesstaat North Carolina erstmals, mehr als ein Drittel der Sonnenenergie direkt in Strom umzuwandeln. Das stellt einen Meilenstein in der Photovoltaikbranche dar, denn selbst führende Modulhersteller erreichten bisher nicht mehr als 20 Prozent mit monokristallinen und etwa 16 Prozent mit polykristallinen Photovoltaikmodulen. Unter gleichen Installationsbedingungen können die neuen hochkonzentrierenden PV-Module also doppelt so viel Leistung pro Quadratmeter liefern wie herkömmliche polykristalline Module. Der Rekordwirkungsgrad wurde in einem Gemeinschaftsprojekt mit dem spanischen Instituto de Sistemas Fotovoltaicos de Concentración und der Universität Testsystem mit 40 hochkonzentrierenden PV-Modulen holt mehr Energie aus Sonne. Madrid vom Instituto de Energía Solar gemessen. Die hochkonzentrierenden Photovoltaiksysteme bündeln das Sonnenlicht mithilfe integrierter Speziallinsen auf sehr kleinflächige Hochleistungszellen. i siemens.com/industry Fahrassistenz-, Sicherheits- und Infotainmentfunktionen sollen nicht mehr in Steuergeräten, sondern überwiegend nur noch als Software in Fahrzeugen installiert werden. Damit wird die Komplexität der IKT-Architektur verringert und die Leistungsfähigkeit erhöht. Siemens ist mit Partnern am Projekt RACE (Robust and Reliant Automotive Computing Environment for Future eCars) beteiligt, das sich mit diesem Thema beschäftigt. ■ siemens.com/innovation Ultraleistungsschalter Smarte Displays selektieren Infos Mit einer neuen Entwicklung des Instituts für Pervasive Computing könnte die allgegenwärtige Reizüberflutung eingedämmt werden. Die intelligenten Displays „SmartLight“ leiten nur genau Aus Körperhaltung oder Gesichtsausdruck erkennt das System die Aufmerksamkeit. jene Informationen weiter, die der User auch tatsächlich haben will. Mit integrierten Sensoren wie einem Ultraschalldistanzmesser und Tiefenbildsensoren macht sich das digitale Displaysystem quasi ein Bild von seinem Betrachter. „So können ihm die Displays jene Inhalte anzeigen, die sowohl zur Situation als auch zum seinem Interessens- und Aufmerksamkeitseindruck passen“, erklärt Prof. Alois Ferscha von der JKU. Umgekehrt können auch eigene Inhalte wie am Smartphone aufgenommene Videos, Audionotizen oder Fotos ins Netz hochgeladen werden. i www.jku.at Bei Spannungen von 1,2 Millionen Volt arbeitet ein neuer Leistungsschalter, den Siemens entwickelt hat. Dieser Wert ist weltweit einmalig. Ultrahochspannungen erhöhen die Übertragungskapazität von Stromleitungen und bieten die Möglichkeit, auf relativ wenigen Trassen große Mengen elektrischer Energie zu transportieren. ■ siemens.com/energy hi!tech 01|12 34 ■ 35 Pictures of the Future, Elisabeth Dokaupil Christina Lehner hi!school Lernende Systeme hi!tech 01|12 36 ■ 37 Pictures of the Future, Elisabeth Dokaupil Christina Lehner hi!school Lernende Systeme In Zukunft werden wir vielleicht Apps herunterladen, um die Funktionen unserer Häuser, Fahrzeuge, Unternehmen oder Lieferketten zu optimieren. i hi!tech 01|12 38 39 hi!school Medizin Den Körper verstehen lernen Lernende Software trainiert laufend, um den Menschen bis ins letzte Detail abzubilden und so Diagnose und Behandlung zu erleichtern. Alle Infos auf einem Schirm Medico, ein computerbasiertes Assistenzsystem, könnte Ärzte künftig bei der Diagnose und Therapiefindung unterstützen. Es verknüpft medizinisches Wissen, Bildverarbeitung, wissensbasierte Informationsverarbeitung und maschinelles Lernen. Ärzte können so effizienter auf unterschiedlichste Arten medizinischer Informationen zugreifen, die heute in sehr heterogenen Formaten vorliegen, stark verteilt und nicht verknüpft sind. Es handelt sich um Daten aus bildgebenden medizinischen Verfahren, Berichte oder Labordaten. Die Software erkennt Auffälligkeiten in den Bildern, katalogisiert die Daten automatisch, trägt Vergleichsbilder zusammen und verarbeitet sie. Medico ist ein Anwendungsszenario des deutschen Forschungsprogramms Theseus, an dem Siemens mit Partnern der Universitätsklinik Erlangen, des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), der Münchner Ludwig-MaximiliansUniversität und der Fraunhofer Gesellschaft zusammenarbeitet. Pictures of the Future, Elisabeth Dokaupil Organe aus jedem Blickwinkel Ein Scan, der Ort und Funktion jeder Körperzelle speichert, eröffnet völlig neue medizinische Möglichkeiten. So könnten damit alle Herz- oder Prostatazellen visualisiert und ein 3-D-Bild des jeweiligen Organs erzeugt werden, aus jedem Blickwinkel, per Joystick. Forscher kommen dieser Idee schon recht nahe, zumindest in bestimmten Körperregionen und auf der Ebene von Voxeln – also 3-D-Pixeln –, von denen jeder rund 100.000 Zellen repräsentiert. „Wir arbeiten darauf hin, dass letztlich jeder einzelne Voxel eines Scans automatisch gekennzeichnet werden kann“, erklärt Dr. Shaohua Kevin Zhou, Leiter eines Programms zur Analyse von Ganzkörperaufnahmen bei Siemens in Princeton, USA. „Im Rahmen einer semantischen Suche könnten Ärzte sich damit durch bloßes Erwähnen eines Lebertumors Bilder des Tumors zeigen lassen. Das System würde die Tumorgröße auf jeder Aufnahme automatisch messen und damit belegen, wie der Tumor auf die Behandlung reagiert hat.“ Aufgrund ihrer Lernfähigkeit erkennen Systeme nun auch Herzklappen und -kammern, Katheter oder Stents automatisch und schaffen die Voraussetzungen für schonende Eingriffe mit minimalinvasiven Katheterverfahren. Mithilfe von Siemens Algorithmen für maschinelles Lernen, die gleiche anatomische Orientierungspunkte in Aufnahmen aus verschiedenen Bildgebungsverfahren automatisch identifizieren, werden Behandlungen wie der Ersatz von Aortenklappen immer präziser. „Die neue Technik bezeichnen wir als modellbasierte Fusion“, erklärt Dr. Razvan Ionasec, Siemens. Die dreidimensionale Angiographie auf Röntgenbasis eignet sich zwar hervorragend, um die Position des Katheters zu sehen, aber nicht für die Visualisierung von Gewebe. Das kann allerdings der Ultraschall. Daher wurde eine lernbasierte Erkennungs- und Verfolgungstechnologie entwickelt, die das Erfassen von Bildern aus Angiographie und Intravaskulärem Ultraschall (IVUS) optimiert. Solche Geräte werden oft eingesetzt, um die Menge von Plaques in den Herzkranzarterien – also Ablagerungen in den Herzschlagadern – zu bestimmen. Auch zum Training von Computertomographiesystemen, die verkalktes Gewebe auf Herzaufnahmen identifizieren sollen, wird maschinelles Lernen genutzt. Die Software soll dabei helfen, das Ausmaß von Kalkablagerungen auf Herzklappen und in der Aorta zu quantifizieren. Die Wissenschaftler hoffen, dass sich mithilfe maschinellen Lernens langfristig die Unterschiede zwischen normalen Plaques, die auf der Oberfläche Dr. Shaohua Kevin Zhou, Leiter eines Programms zur Analyse von Ganzkörperaufnahmen bei Siemens in Princeton, USA. verankert sind, und den instabilen Plaques, die sich ablösen und Herzinfarkte oder Schlaganfälle auslösen können, erkennen lassen. Im Fokus der Forscher steht grundsätzlich das ganze Herz. Unter dem Titel Semantic Heart soll maschinelles Lernen eingesetzt werden, um alle vier Klappen automatisch zu identifizieren. Diese Informationen werden dann in die Modelle der Herzkammern integriert, um ein Gesamtmodell des Herzes zu erhalten. Ärzte sollen vor der Behandlung die Auswirkungen verschiedener interventioneller Verfahren auf die Dynamik des gesamten Herzes eines Patienten simulieren und analysieren können. Mehr Details über die Herzklappen Auch die Mitralklappe, die den Blutfluss zwischen dem linken Vorhof und der linken Herzkammer regelt, soll immer besser modelliert werden. Die Mitralklappe ist viel komplexer als die Aortenklappe und wird von einem Netz von Sehnenfäden gehalten, die die beiden Mitralsegel davon abhalten, in den linken Vorhof umzuschlagen. Bei Überanstrengung oder Erkrankungen können diese Sehnenfäden jedoch reißen – die Folgen können lebensbedrohlich sein. Als Behandlung kann das lose Mitralsegel über ein kathetergestütztes Verfahren am zweiten, gesunden Segel befestigt werden. „Zurzeit können wir uns allerdings nur über Fluoroskopiebilder orientieren. Das macht es nicht einfach, einen winzigen Clip an zwei sich bewegenden Segeln über einen Katheter zu befestigen“, erklärt Ionasec. Sein Team arbeitet deshalb an einem Ansatz, der die Submillimeterauflösung von präoperativen Ultraschallaufnahmen, die von einem Wandler in der Speiseröhre erzeugt werden, mit intraoperativen Röntgenbildern kombiniert. Auch hier wurden die Algorithmen wieder anhand von Tausenden von Patientenbildern trainiert. Gearbeitet wird auch an einem digitalen pathologischen Diagnosescanner. Er soll genau und kostengünstig Tausende Objektträger pro Stunde analysieren, auf denen jeweils papierdünne Gewebeschichten aufgebracht sind, bei denen »Im Rahmen einer semantischen Suche könnten sich Ärzte durch Erwähnen eines Lebertumors Bilder des Tumors zeigen lassen.« ein Verdacht auf krankhafte Veränderung vorliegt. Die Resultate werden dann mit anderen Untersuchungsergebnissen der Patienten kombiniert. Bereits jetzt arbeiten die Siemens-Spezialisten für biomedizinische Bildanalyse aus Princeton daran, Krebsstadien von Proben aus Prostatabiopsien vorherzusagen. Und die lernenden Systeme fanden heraus, dass die Länge der schleifenförmigen Anordnungen von Krebszellen und die Anzahl der darin enthaltenen Zellen ausreichen, um das Stadium zu erkennen. Von intelligenter IT ist noch viel zu erwarten. i siemens.com/healthcare siemens.de/pof hi!tech 01|12 40 ■ 41 Die Riesen kommen Schon bald könnten Windenergieanlagen mit bis zu 20 Megawatt Leistung und 200 Meter Rotordurchmesser errichtet werden. Sie könnten den Stromertrag erhöhen und die Logistikkette vereinfachen. Erfolgsstory Offshore-Windkraft Das Staunen war groß. Mitten im Wasser errichteten die Arbeiter erst einen 35 Meter hohen Turm. Obendrauf montierten sie dann ein riesiges Maschinenhaus. Schließlich befestigten sie noch drei 17 Meter lange Flügel daran. Fertig war das Windrad. Elf Anlagen, jede 450 Kilowatt (kW) stark, bauten die Männer auf und schufen einen Rekord: „Vindeby“ war 1991 die erste kommerzielle und die größte Offshore-Windfarm der Welt. Gefertigt und installiert wurde sie vom dänischen Unternehmen Bonus Energy, das 2004 von Siemens übernommen wurde. Vor mehr als 20 Jahren wurde so der Grundstein für die Offshore-Windenergie gelegt, eines der nun am schnellsten wachsenden Geschäfte im Energiesektor von Siemens. Inzwischen ist das Unternehmen mit mehr als 700 installierten Anlagen Marktführer im Offshore-Bereich. Dass eines Tages noch größere Anlagen als die 450-kW-Maschinen in Vindeby ge- Daniel Hautmann Siemens baut werden, hielten viele damals für unwahrscheinlich. Heute gibt es Windenergieanlagen mit fünf, sechs, ja sogar 7,5 Megawatt (MW) Nennleistung. Ihre Türme sind bis zu 150 Meter hoch, Rotordurchmesser von 120 Metern sind gängig. Eine einzelne Siemens-6-MW-Anlage erzeugt heute mehr Strom als der gesamte Vindeby-Park, der damals vor Dänemarks Küste für Aufsehen sorgte. Doch selbst mit den 6-MW-Giganten ist die Evolution der Windkraft noch nicht abgeschlossen. Größe zählt. Denn je größer und leistungsstärker eine Anlage, desto höher sind Stromausbeute und die Profitabilität. Im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts UpWind haben rund 120 Windkraftspezialisten einen Blick in die Zukunft gewagt und das technisch Machbare ausgelotet. Fazit: Riesenräder mit Rotoren von über 200 Meter Durchmesser und mit bis zu 20 MW starken Generatoren sind realistisch. Die enormen Dimensionen der Wind- energieanlagen der nächsten Generation haben einen simplen Hintergrund: Viele Regierungen dieser Welt wollen mit erneuerbaren Energien ihren CO₂-Ausstoß und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern. Nur in der EU sollen 2020 rund 20 Prozent der Energie aus regenerativen Quellen sprudeln. OffshoreWind spielt dabei eine zentrale Rolle. Geht es nach der European Wind Energy Association, dann stehen im Jahr 2030 europaweit 200 Gigawatt Windkraftleistung im Meer. Im Klartext heißt das: 40.000 Anlagen, je fünf MW stark. Oder 10.000 Maschinen, jeweils 20 MW stark. Statt wie bislang vieler kleiner Turbinen möchte man in Zukunft lieber wenige Großanlagen aufstellen. „Think big!“ heißt die Devise, denn: ■ Große Anlagen sparen Platz. Statt vier kleiner Windräder mit entsprechend nötigen Abständen zueinander verbraucht die neue Klasse bei gleicher Leistung weniger Grundfläche. hi!school Windenergie ■ Das Wetterfenster, einer der kritischsten Faktoren bei der Aufstellung von Offshore-Windrädern, wird besser genutzt. ■ Statt vier Anlagen muss nur eine aufgebaut und verkabelt werden. Die Geschichte der Offshore-Windkraft begann vor etwas mehr als 20 Jahren. Heute boomt das Geschäft. Ist der Traum von Riesen realisierbar? Sind Windenergieanlagen dieser Leistungsklasse sinnvoll? Können 100 Meter lange Flügel wirtschaftlich gefertigt werden? Und alle anderen Komponenten wie Getriebe und Generatoren, die die massive Beanspruchung aushalten? Ja, ist Peter Hjuler Jensen, Leiter Windenergie im dänischen Nationalforschungsinstitut Risø DTU und Koordinator des UpWindProjekts, überzeugt. Doch mit dem einfachen Upscalen à la „Wir bauen Turm, Generator und die Flügel viermal so groß“ ist es nicht getan. Aus 60 Meter langen Flügeln würden 240-Meter-Monster, ihr Gewicht würde von derzeit rund 30 Tonnen auf 120 Tonnen anschwellen. Aus der rund 350 Ton- hi!tech 01|12 42 ■ 43 nen schweren Gondel würde ein Schwergewicht von 1.400 Tonnen. Auch Turm und Fundament müssten viermal stabiler sein. „Das Upscalen der heutigen Designs mit der verfügbaren Technik hat Grenzen. Wir brauchen neue Entwürfe und/oder Materialien“, schreibt Bert Janssen vom Energy Research Centre of the Netherlands (ECN) im UpWind-Abschlussbericht. Analysiert haben die Wissenschaftler die gesamte Anlage – vom Fundament bis in die Blattspitzen. Ihr Resultat: Die Fundamente müssen einfacher und günstiger werden. Kompliziert geformte Stahlbleche, die anschließend zu riesigen Stativen verschweißt werden, sind zu teuer. Eine Lösung könnten Jacket-Konstruktionen sein, große, vierbeinige Stahlrohrskelette. Vielleicht werden sogar schwimmende Plattformen nötig sein. Dringlicher scheint ohnehin die Beantwortung der Frage nach dem perfekten Antriebsstrang: Mit oder ohne Getriebe? Die Zahnradkisten sind nicht nur schwer, sondern gelten noch immer als Achillesferse. Siemens und einige andere Hersteller favorisieren daher getriebelose Großanlagen. In den vergangenen Jahren kamen interessante Turbi- Daniel Hautmann Siemens nenkonzepte auf den Markt, meist mit permanent erregten Generatoren. Die erlauben eine kompakte Bauform bei geringem Gewicht. Die Abspeckkur des Generators und das Wegfallen des Getriebes haben Einfluss auf das gesamte Anlagendesign. So können Fundament und Turm leichter gebaut werden, da sie weniger Gewicht tragen müssen. Das wiederum hat Einfluss auf die Errichtung der Anlagen und auf deren Preis. Technische Wunderwerke werden vor allem die Rotorblätter der neuen Anlagengeneration. Bis zu 135 Meter Länge, zehn Meter Profiltiefe, 6,5 Meter Blattwurzel- durchmesser und eine Durchbiegung im Wind von bis zu 35 Metern sind enorme Werte. Dazu kommt das immense Eigengewicht der Flügel von bis zu 50 Tonnen. Ohne teure Kohlenstofffasern ließen sich solche Blätter kaum bauen, meinen die UpWind-Forscher. Auf jeden Fall müssen sie schlau werden. Smart Blades heißen Blätter, die mit kabellosen Sensoren, Piezoelementen oder Formgedächtniswerkstoffen gespickt sind, pausenlos Auskunft über ihre Belastungen geben und auch sofort auf die Messwerte reagieren. Eingebaute Flaps, also Steuerklappen, wie sie Flugzeuge haben, könnten die Für den Ausbau der OffshoreWindkraft werden große Montageschiffe benötigt, die mehrere Anlagen gleichzeitig transportieren können. Siemens liefert dafür Antriebs- und Automatisierungstechnik. hi!school Windenergie Erster Prototyp der neuen Windenergieanlage SWT-6.0 120 von Siemens: mit 6 MW Leistung, 120 Meter Rotordurchmesser, basierend auf der innovativen Direktantriebstechnik. Sie wird neue Standards im OffshoreWindgeschäft setzen. Blätter so bewegen, dass sie Lastspitzen aktiv reduzieren. Auf den Windrädern sollen sogar optische Messgeräte wie Lidar installiert werden, die mit Laserstrahlen ständig den Wind bis an die Blattspitzen analysieren. Kommen Böen auf die Anlagen zu, könnten sich die Maschinen darauf einstellen und rechtzeitig die Flügel aus dem Wind nehmen. Durch diese Maßnahmen könnten auch die Rotorblätter leichter gebaut werden, da Sicherheitszuschläge entfallen würden. Alles Vision? Nein! „Die ersten Großanlagen könnten 2020 stehen“, schätzt Andreas Reuter, Leiter des Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) in Bremerhaven. Weg führt über kleinere Modelle Doch der Weg zu den Riesenrädern führt über kleinere Modelle. In den vergangenen Jahren wurden Offshore meist 5-MW-Anlagen errichtet. Zahlreiche Hersteller haben so Erfahrung in dieser Klasse gesammelt. Diese Erkenntnisse fließen jetzt in die Entwicklung der nächsten Evolutionsstufe ein. Um im Meer wirtschaftlich Wind zu ernten und daraus Strom zu gewinnen, braucht es spezielle Offshore-Windräder – große Anlagen, die leicht sind und eine hohe Verfügbarkeit erreichen. Die ersten Maschinen dieser Generation, meist mit sechs bis sieben MW, kommen jetzt aus den Fabriken. Derzeit testet Siemens im dänischen Høvsøre seine neueste Entwicklung: die SWT-6.0. Diese sechs MW starke Windenergieanlage ist eine spezielle OffshoreEntwicklung – mit zahlreichen Innovationen an Bord. Auf dem Maschinenhaus bietet sie eine Helikopterlandeplattform und im Innern reichlich Platz für Reparaturarbeiten – falls welche nötig sind. Der Antriebsstrang ist getriebelos und hat einen permanent erregten Generator. Bei dessen Konstruktion bedienten sich die Ingenieure eines einfachen, aber wirkungsvollen Tricks: Statt wie üblich den Rotor im Innern des Stators rotieren zu lassen, bewegt sich dieser außen um den Stator herum. So wurde der Durchmesser des „Außenläufers“ auf vergleichsweise geringe 4,2 Meter reduziert und kann noch gut auf Europas Autobahnen transportiert werden. Auch dem Gewicht kommt das neue Design zugute: Die Turmkopfmasse beträgt rekordverdächtige 350 Tonnen. „In die Entwicklung der neuen OffshoreWindenergieanlage ist unser technisches Know-how aus drei Jahrzehnten eingeflossen. Bisher sind Windturbinen mit höherer MW-Leistung überproportional schwerer als kleinere Maschinen. Die SWT-6.0 bricht diese Regel und wiegt nur so viel wie konventionelle Windturbinen in der 2- bis 3-MW-Klasse“, sagt Henrik Stiesdal, CTO der Division Wind Power von Siemens Energy im dänischen Brande. Doch jetzt müssen Taten folgen. Und das werden sie auch: Siemens wird in den kommenden Monaten eine Vorabserie von bis zu 50 SWT-6.0-Maschinen an Offshore-Standorten in Deutschland, Dänemark, Großbritannien und den Niederlanden installieren. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden dann wiederum in die nachfolgende Anlagengeneration einfließen. Die 20-MW-Windräder sieht Henrik Stiesdsal aber noch in weiter Ferne: „Wir erwarten, dass die größten kommerziellen Anlagen im Jahr 2020 rund zehn MW leisten und einen Rotordurchmesser von 200 Metern haben werden.“ i siemens.com/windpower www.ewea.org hi!tech 01|12 44 ■ 45 e d n ä H g e w Wenn wir die Hände vom Steuer und die Füße von den Pedalen nehmen können, werden wir im Auto sicherer, komfortabler und umweltfreundlicher unterwegs sein. Markus Honsig BMW, Mercedes m o v r e u e t S Viel fehlt nicht mehr Wer in einem modernen, mit den gängigen Assistenzsystemen ausgestatteten Auto auf der Autobahn unterwegs ist, dem drängt sich der Gedanke ganz von alleine auf: Viel fehlt nicht mehr, bis das Auto die Strecke ebensogut ohne Zutun des Fahrers bewältigen könnte. Die Geschwindigkeits- und Abstandsregelung bremst dosiert und wenn nötig bis zum Stillstand, beschleunigt zügig und theoretisch bis 250 km/h, wenn die Strecke wieder frei ist. Den natürlichen Reflex, bremsen zu wollen, legt man schnell ab. Der Spurhalteassistent hält das Auto auf dem richtigen Fahrstreifen, lenkt in langgezogenen Autobahnkurven fast unbemerkt mit – oder auch dagegen, falls man aus Unachtsamkeit die Spur verlieren sollte. Nimmt man aber die Hände vom Lenkrad, schaltet sich das System augenblicklich aus, nicht ohne Ermahnung am Display, das Steuer wieder selbst zu übernehmen. Schade eigentlich. Denn diese Systeme können – durch die fortschreitende Vernetzung untereinander – auch komplexere Situationen auf der Straße beurteilen: Mit den immer genaueren Informationen des Navigationssystems sind sie etwa in der Lage abzuschätzen, ob das vorausfahrende Auto nur deshalb langsamer wird, weil es von der Autobahn abfährt – und bremsen daher selbst entsprechend sanft. Andererseits leiten sie Voll- und Notbremsungen ein, wenn eine Kollision nicht mehr zu verhindern, aber abzumildern ist. Außerdem lesen moderne Autos Verkehrsschilder, parken fast vollautomatisch ein und beherrschen auch die Steuerung von Fern- und Abblendlicht. Die Liste ließe sich noch beliebig lang fortsetzen. Um es abzukürzen: Das selbstfahrende Auto muss nicht neu erfunden, sondern nur fertig entwickelt werden. Unsere Autos werden immer intelligenter, und es kann nur noch eine Frage der Zeit und der gesetzlichen beziehungsweise versicherungstechnischen Voraussetzungen sein, bis sie mehr oder weniger autonom unterwegs sein werden. Zwei ausgewählte Beispiele aus jüngerer Zeit demonstrieren die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz auf der Straße: hi!school Auto Mercedes: Advanced Driving Assist ermöglicht selbständigen gefahrlosen Spurwechsel auf mehrspurigen Straßen. Überholen folgt als Nächstes. Auf Autobahnen könnten sich Fahrer bereits entspannt zurücklehnen: Das Auto fährt mit ihnen. Audi schickte einen unbemannten TT auf den legendären Pikes Peak in Colorado – zwanzig Kilometer und 156 Kurven auf wechselndem Untergrund. Der Sportwagen hat nicht nur unfallfrei den Gipfel der abgesperrten Rennstrecke erreicht, sondern auch noch in einer durchaus achtbaren Zeit. Dazu, so Audi, brauchte es keine wesentlich kompliziertere Hardware, als in einem Laptop verbaut ist. Durch den Berliner Stadtverkehr Im Herbst vergangenen Jahres steuerte ein von Forschern der Freien Universität Berlin präparierter Passat Variant im Rahmen des Projekts Autonomos selbständig durch den Berliner Stadtverkehr, bewältigte ampelgeregelte Kreuzungen, Spurwechsel und Kreisverkehre weitgehend alleine. Zwar sitzt während solcher Testfahrten auf öffentlichen Straßen immer ein Mensch im Auto, um notfalls eingreifen zu können. Aber auch in diesem Bereich beginnen sich die Vorzeichen zu ändern: Im US-amerikanischen Bundesstaat Nevada wurde im letzten Sommer ein Gesetz verabschiedet, das den Betrieb von autonomen Autos auch auf öffentlichen Straßen erlaubt. „It’s a bug that cars were invented before computers“, meinte Google-Chef Eric Schmidt auf der Techcrunch Disrupt Conference 2010: Es sei ein Fehler, dass Autos vor den Computern erfunden wurden. Ein Fehler, an dessen Korrektur die Automobilhersteller schon lange arbeiten. Volkswagen zeigte Mitte vergangenen Jahres den „Temporary Auto Pilot“, die logische Weiterentwicklung gegenwärtiger Assistenzsysteme, die Autobahnfahrten bis 130 km/h tatsächlich automatisch erledigen kann und auf einer vergleichsweise seriennahen Sensorplattform aufbaut: Radar- und Ultraschallsensoren für die Abstandsmessung, Videosensoren zur Bilderfassung, Radsensoren. Dazu kommen ein Laserscanner und ein sogenannter Elektronischer Horizont, also detaillierte Navigationsdaten, die neben dem Streckenverlauf auch Kurvenradien, Steigungen oder Geschwindigkeitslimits im System hinterlegt haben. Noch einen Schritt weiter geht BMW mit dem Prototypen eines BMW 5er, der auf der Autobahn nicht nur selbständig beschleunigt oder bremst, sondern auch Überholmanöver beherrscht. Der bayerische Technologieträger ist ein ebenso kluges wie höfliches Auto: Auf die Autobahn auffahrende Autos lässt er einfädeln, wenn möglich macht er die rechte Spur frei. hi!tech 01|12 46 ■ 47 Kameras und Sensoren sorgen dafür, dass der Audi fast rundum „sieht“ und den Fahrer umfassend unterstützen kann. Mercedes hat in seinem jüngsten Forschungsfahrzeug F 125 ein ähnliches System vorgestellt, das auf Anweisung des Fahrers Spurwechsel und Überholvorgänge übernimmt. Auf Kommando soll auch das Forschungsfahrzeug eT! von Volkswagen seinem Besitzer unauffällig folgen, konzipiert für die speziellen Anforderungen von Zustellern, um auf dem Weg von Haustür zu Haustür Zeit zu sparen. Die Richtung ist vorgezeichnet: Nachdem moderne Assistenzsysteme die Längsführung eines Autos – das Bremsen und Gasgeben – bereits ziemlich gut beherrschen, soll in naher Zukunft also auch sei- ne Querführung – das Lenken – immer stärker vom Computer kontrolliert und gesteuert werden. Die technischen Voraussetzungen dafür sind mit Einführung der elektromechanischen Lenkung längst gegeben, jüngere ESP-Generationen beispielsweise stabilisieren ein Auto nicht mehr nur durch Bremseingriffe an den einzelnen Rädern, sondern können auch dezent gegenlenken. Die teil- oder vollautomatische Querführung ist freilich eine noch einmal größere Herausforderung an die Datenerfassung und -verarbeitung, verlangt nach neuen Sensoren, neuer Steuerungs- Wie Google fährt Schon im Oktober 2010 gab Google bekannt, dass man intensiv an der Entwicklung eines autonomen Fahrzeugs arbeite und dass die Prototypen, sechs Toyota Prius und ein Audi TT, bereits mehr als 200.000 Kilometer unterwegs gewesen seien. Äußeres Erkennungszeichen: der große, am Dach montierte Laserscanner. Es ginge darum, die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen, erklärt Google selbst sein Engagement. Aber natürlich sind vom Computer gesteuerte Autos auch das ideale Anwendungsfeld für die klassischen Produkte wie Google Maps und Google Street View, die im Gegenzug wieder neue Daten generieren können. So weit bekannt, war ein Google Car auch das erste automatisch fahrende Auto, das einen Auffahrunfall verursachte. Verletzte gab es keine, und, keine Überraschung: Zum Zeitpunkt des Unfalls wurde der Prius von einem Menschen gesteuert. ■ maps.google.com/intl/en/help/maps/streetview/ Markus Honsig Audi, VW software, noch mehr Informationen und Rechnerleistung. Denn der Straßenverkehr ist ein hochkomplexer Vorgang, der von allen Teilnehmern – ob Radfahrer, Fußgänger oder Autofahrer – ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Erfahrung, Verständnis und Abschätzungsvermögen verlangt. Mercedes hat für die nächste S-Klasse unter dem Titel „6D-Vision“ einen neuen Videosensor angekündigt, der die Verkehrslage mithilfe einer Stereokamera permanent analysiert, auch Fußgänger und Radfahrer eindeutig identifizieren und ihre Bewegungsrichtung abschätzen kann. Das kommt den menschlichen Reaktionsmustern schon sehr nahe. Mit einem feinen Unterschied: Die Reaktionszeit von „6D-Vision“ beträgt 200 Millisekunden, um ein Vielfaches schneller, als irgendein Mensch jemals die Bremse erreichen kann. Bleibt die Frage: Wozu der gewaltige Aufwand? Erste Antwort: Der Mensch ist grundsätzlich ein schlechter Autofahrer, auch wenn sich das im Einzelfall unterschiedlich zeigt. Er reagiert zu langsam oder zu hektisch, er wird müde und lässt sich ablenken, er bremst oft zu zaghaft, wenn es darauf ankommt, und lenkt nicht weniger selten zu heftig, wenn eine ruhige Hand am Lenkrad nötig wäre. hi!school Auto Will man die Sicherheit auf den Straßen erhöhen und die Unfallzahlen reduzieren, kommt man an fahrdynamischen Systemen, die schneller und präziser reagieren als jeder Mensch, nicht vorbei. Bestes Beispiel: Die inzwischen fast durchgängige Einführung des Elektronischen Stabilitätsprogramms ESP zur Stabilisierung von schleudernden Autos hat die Unfallzahlen merkbar gesenkt. Zweitens: Mehr oder weniger automatisch fahrende Autos bringen nicht nur einen Gewinn an Komfort – erst recht auf der Langstrecke –, sondern fahren auch harmonischer und gleichmäßiger. Sie verursachen daher weniger Staus, weniger Abgase, weniger Verbrauch. Das ideale Auto wird also erst das automatisch fahrende Auto sein. i autonomos.inf.fu-berlin.de www.autonomes-fahren.de Spritsparen mit EU-Hilfe grammiert, mit einer systematischen Kooperation zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur will die EU im Rahmen des Projekts eCoMove die Emissionen im gesamten Straßenverkehr aber zusätzlich um bis zu 20 Prozent reduzieren. Neben dem Verhalten der Fahrer sollen die Routenwahl, die Verkehrssteuerung und das Verkehrsmanagement optimiert werden. Das technologische Fundament dafür bilden ■ eine erweiterte Kommunikation zwischen Fahrzeugen und zur Infrastruktur ■ lokale Modelle für Kurzfristprognosen, die im Fahrzeug die wahrscheinlichste Bewegung bestimmen ■ Emissions- und Netzmodelle, die verlässliche Schätzungen des augenblicklichen Verbrauchs aller Fahrzeuge pro Straßenabschnitt berechnen und die im Hinblick auf den Verbrauch die optimale Verteilung von Verkehrsströmen im Netz bestimmen können. Basierend auf diesem Fundament, wird es in unseren Autos unter dem Begriff ecoSmartDriving zusätzliche Fahrerassistenzsysteme geben, die den Fahrer auch mit umfassenden Informationen über die Verkehrssituation der Umgebung versorgen. Damit ist das Auto in der Lage, Kurzfristprognosen über den weiteren Fahrtenverlauf zu berechnen und daraus die jeweils optimalen Geschwindigkeitsprofile und Fahrmanöver abzuleiten. ■ www.ecomove-project.eu Der Volkswagen eT! könnte das Zustellfahrzeug der Zukunft sein. Er folgt dem Zusteller halbautomatisch und lässt sich auch von der Beifahrerseite aus steuern. hi!tech 01|12 48 ■ 49 Wie sich CO₂ nützlich macht Pilotanlage zur CO₂-Abscheidung aus Kohlekraftwerken im Kraftwerk Staudinger bei Hanau, Deutschland. Kohlendioxid muss kein Schadstoff sein. Es eignet sich als Futter für Algen – die einzigen Pflanzen für Biotreibstofferzeugung, die kein Ackerland brauchen. CO₂ abscheiden und nutzen Trotz der zunehmenden Nutzung erneuerbarer Energien gibt es eine schlechte Nachricht: Der globale Anstieg des Kohlendioxidanteils in der Erdatmosphäre konnte auch 2011 nicht gebremst werden. Nach wie vor müssen also alle Register gezogen werden, um die CO₂-Emissionen zu reduzieren. Eine interessante Perspektive bietet die CO₂-Abscheidung, vor allem in jenen Bereichen, wo CO₂Emissionen auch mittelfristig nicht vermeidbar sein werden. Etwa bei der Nutzung der Kohlekraft: Aus Kohle Energie zu gewinnen verursacht – auch im Vergleich zu Erdöl und Erdgas – hohe CO₂Emissionen. Aber: Kohle ist billig, Kohlevorkommen sind außerdem geografisch gut verteilt und für noch mindestens 150 Jahre gesichert. CO₂-Abscheidung kann ein Ausweg aus diesem Dilemma sein. Mit dem PostCombustion-Carbon-Capture-Verfahren von Siemens könnte der CO₂-Ausstoß von Kohlekraftwerken um mehr als 90 Prozent verringert werden. Bei dem Verfahren wird CO₂ aus dem Rauchgas fossil Eugen Juen befeuerter Kraftwerke ausgewaschen. Als Lösungsmittel wird eine Aminosäure eingesetzt. Eine erste, 2009 in Betrieb genommene Pilotanlage am E.ON-Kohlekraftwerk Staudinger in Deutschland brachte durchwegs positive Ergebnisse: Die hohe Stabilität des Waschmittels und der äußerst geringe Waschmittelverlust wirkten sich positiv auf die Betriebskosten der CO₂-Abscheidungsanlagen aus. Da die Aminosäuresalzlösung nicht flüchtig ist, treten nahezu keine Waschmittelemissionen auf. Im Gegensatz zu bisher bekannten Verfahren kommt der PostCap-Prozess ohne aufwendige Nachreinigung des Rauchgases nach der CO₂Abscheidung aus. Außer dem CO₂ entfernt das Waschmittel auch weitere im Rauchgas enthaltene Schadstoffe. Zurzeit wird in Florida eine zweite Pilotanlage für das Kohlekraftwerk Tampa Electric aufgebaut, die nächstes Jahr in Betrieb gehen soll. Ziel ist, die Effizienz des Verfahrens weiter zu erhöhen und die Kosten weiter zu reduzieren. Ein zusätzlicher Vorteil der Technologie: Sie kann sowohl bei neuerrichteten Kohlekraftwerken integriert Siemens, Patrick Pleul/dpa/picturedesk.com als auch bei alten nachgerüstet werden. Bleibt die Frage, was mit dem auf diese Weise gewonnenen CO₂ anschließend passieren soll. Sinnvoller als eine Lagerung ist es, das CO₂ weiterzuverwerten, etwa in der Energieproduktion selbst. Dazu kann man sich an der Natur, an der Photosynthese, ein Beispiel nehmen. An Pflanzen ein Beispiel nehmen Pflanzen wandeln mithilfe der Sonnenenergie das in der Umgebung vorhandene Kohlendioxid und Wasser in Kohlenwasserstoffe und Sauerstoff um. Die Kohlenwasserstoffe versorgen die Pflanzen mit jener Energie, die sie für ihr Wachstum brauchen. Treibstoffe, wie wir sie kennen, sind Kohlenwasserstoffverbindungen. Deshalb lässt sich aus Biomasse Treibstoff erzeugen: Biodiesel oder Ethanol. Bei der Verbrennung solcher Treibstoffe wird dann nur jenes CO₂ freigesetzt, das man der Natur zuvor entnommen hat. Herkömmliche Biotreibstoffe sind allerdings umstritten, weil ihre Erzeugung potenzielle Flächen für den hi!school Kohlendioxid Anbau von Nahrungsmitteln blockiert. Algen aber könnten sich als perfekte Energiepflanzen erweisen. Sie sind ideale Rohstofflieferanten für die Erzeugung von Biomasse, Biogas oder Biodiesel. Weil im Unterschied zu Landpflanzen der gesamte Organismus Photosynthese betreibt, sind sie fünf- bis zehnmal effizienter in der Umwandlung von Sonnenlicht in Biomasse. Sie brauchen nur Sonne, Salzwasser, Dünger und Kohlendioxid, um zu wachsen. Entsprechende Anlagen können praktisch überall aufgebaut werden. Der deutsche Energieversorger RWE hat in Niederaußem eine Pilotanlage aufgebaut, in der pro Jahr bis zu 6.000 Kilogramm Algen produziert und 12.000 Kilogramm CO₂ eingebunden werden können. Inzwischen wird auch schon daran gearbeitet, Algen zu züchten, berichtet das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, die nicht geerntet werden müssen, sondern den Treibstoff direkt herstellen. Biotreibstoffe wollte ursprünglich auch Gregor Waldstein mit seinem deutsch-österreichischen Unternehmen Solarfuel erzeugen. Tatsächlich kann die von ihm – gemeinsam mit den renommierten Forschungsinstituten Fraunhofer IWES und dem Stuttgarter Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoffforschung – entwickelte Technologie wesentlich mehr leisten. Erdgas synthetisch erzeugt Solarfuel produziert vereinfacht gesagt aus regenerativ erzeugtem Strom Methan, synthetisch erzeugtes Erdgas, das sich als klimaneutraler Kraftstoff direkt im Auto einsetzen, aber auch in das Erdgasnetz einspeisen oder in bestehenden Erdgaslagern speichern lässt. Methan eignet sich daher auch, um überschüssige Wind- oder Sonnenenergie langfristig zu speichern. Erneuerbare Energie soll genutzt werden, um durch Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu trennen. Dann wird der Wasserstoff durch Reaktion mit Kohlendioxid methanisiert, also in CH₄ umgewandelt. Einen Schritt weiter geht Profactor mit seinem Projekt Reg-Store. Mikroorganismen in einer Elektrolytflüssigkeit sollen unter elektrischer Spannung Kohlendioxid direkt über die Wasserstofferzeugung in Ethanol oder Methan umwandeln. Die Symbiose von Elektrochemie und Biologie ermöglicht effiziente dezentrale Anlagen zur CO₂-Verwertung V und Energiespeicherung. i siemens.com/energy www.solar-fuel.net www.profactor.at hi!tech 01|12 50 ■ 51 hi!school Carbon War Room CO₂-Sparen in großem Stil Jigar Shah, CEO der US-Stiftung Carbon War Room, ist überzeugt, dass sich die Hälfte der CO₂-Emissionen einsparen ließe. Die vom britischen Milliardär Sir Richard Branson gegründete Organisation kämpft für die drastische Reduzierung von CO₂-Emissionen weltweit. Ihre Organisation nennt sich Carbon War Room. Was hat die Klimaerwärmung mit einem Krieg zu tun? Sie ist so gefährlich wie der Erste und der Zweite Weltkrieg zusammen. Heutzutage sterben mehr Menschen durch Naturkatastrophen als durch Kriege. Anders als in einer militärischen Auseinandersetzung konzentrieren wir uns mit dem Carbon War Room allerdings auf positive und konstruktive Wege, um dieses Problem zu lösen. Wir haben berechnet, dass bereits heute 50 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen durch vorhandene Technologien kosteneffizient ausgeglichen werden könnten. Warum funktioniert die CO₂-Reduktion nicht? Diese Frage versuchen wir gerade zu beantworten – um anschließend die Ursachen dafür zu beseitigen. Wir analysieren aktuell 25 Branchen – von der Energiewirtschaft über die Industrie bis zur Forstwirtschaft – und suchen dabei nach Möglichkeiten, den CO₂-Ausstoß zu reduzieren. Dabei denken wir in großen Maßstäben und verfolgen nur solche Projekte, mit denen wir mindestens eine Gigatonne CO₂-Emissionen vermeiden können. Versagt die Marktwirtschaft, wenn es um CO₂-Emissionen geht? Das sehe ich tatsächlich so. Man könnte denken, dass sich der Markt stets für die kostengünstigste Variante entscheidet. Das ist aber leider nicht so. Wir alle lieben niedrige Anfangskosten. Leider muss man für viele grüne Projekte anfangs eine Menge Geld auf den Tisch legen. Die Einsparungen ergeben sich erst deutlich später – dieser Vorgang widerspricht der Intuition. Die Finanzkrise hat viele Finanzierungen sehr schwierig gemacht. Und so platzen häufig interessante Deals. Wir analysieren daher, was man hier tun kann. Der Carbon War Room will kein Think Tank sein, sondern ein Do Tank. Der Drehund Angelpunkt unserer Arbeit besteht in kreativen Projektfinanzierungen. Wie wollen Sie es schaffen, grüne Technologie rentabel einzusetzen? Nehmen Sie als Beispiel UPS. Das Logistikunternehmen weiß, dass es mit Autopiloten im Cockpit effizienter fliegen kann. Um diese Technik in alle Flugzeuge einzubauen, wären enorme Investitionen nötig. Damit sich eine Kreditfinanzierung nach herkömmlicher Berechnung rentiert, müssten die Investitionen zu unmittelbaren Einsparungen von mindestens 15 Prozent der Investitionssumme führen. Tatsächlich liegen sie darunter. Zur Finanzierung wäre daher eine Off-BalanceSheet-Transaktion nötig. Dabei werden die Kreditkosten und die Tilgungsraten im Laufe vieler Jahre durch die Kerosineinsparungen gedeckt. In diesen Fällen können wir mit unserer Expertise helfen. Was hat der Carbon War Room schon erreicht? Unsere ersten großen Erfolge liegen im Bereich der Schifffahrt. Sie verursacht weltweit drei Prozent aller CO₂-Emissio- »Wir haben ein Effizienzranking für Schiffe eingeführt. Die Kunden, die eigentlich die Energierechnungen bezahlen, haben nun die Wahl.« Nele Husmann Siemens Jigar Shah, Carbon War Room: „Der Dreh- und Angelpunkt unserer Arbeit sind kreative Projektfinanzierungen.“ nen. Schon in den 70er und 80er Jahren wurden Technologien entwickelt, die den CO₂-Ausstoß von Schiffen um 30 Prozent reduzieren können. Doch die Reeder haben diese Technologien nicht eingeführt, weil sie die Treibstoffrechnungen zu 70 Prozent problemlos an ihre Kunden durchreichen konnten. Denn diese hatten bislang kaum eine Möglichkeit, zwischen effizienten und weniger effizienten Schiffen zu unterscheiden. Bei 60.000 Schiffen weltweit sind 30 Prozent Energiekosteneinsparung erheblich. Wir haben daher ein Effizienzranking für Schiffe eingeführt, das den Verbrauch der Fahrzeuge für Kunden transparent macht. Diese Transparenz wird dazu beitragen, dass sich effiziente Schiffe durchsetzen. Hier hatte die Marktwirtschaft versagt – es brauchte eine gemeinnützige Organisation wie den Carbon War Room, um etwas zu bewegen. An welchen Projekten arbeiten Sie derzeit? Derzeit beschäftigen wir uns intensiv mit der Energieeffizienz von Bürogebäuden. Auch hier gibt es bereits fantastische Technologien. Doch seit der Finanzkrise ist der Wert vieler Immobilien gesunken, was Finanzierungen erschwert, obwohl Modernisierungsmaßnahmen langfristig auch finanziell sinnvoll wären. Für solche Fälle existieren Pay-as-you-saveFinanzierungen, die bilanzextern verbucht werden. Insgesamt geht es da um die gewaltige Investitionssumme von einer Billion US-Dollar. Die Rückzahlung der Kredite erfolgt aus den Energiekosteneinsparungen. Das ist der Kerngedanke unserer Philosophie: Jeder Ansatz, Kohlendioxid einzusparen, muss sich wirtschaftlich rechnen. Sonst lassen sich die enormen Veränderungen, die wir anstoßen wollen, nicht durchsetzen. Was verbirgt sich hinter Ihrem Programm für CO₂-neutrale Städte? Die „Green Capital Global Challenge“ haben wir aus unseren Gesprächen mit Vancouvers Bürgermeister Gregor Robertson entwickelt. Vancouver hatte im Februar 2010 die Olympischen Winterspiele ausgerichtet und es erstmals geschafft, Olympia dank Wasserkraft und grüner Gebäudestandards CO₂-neutral zu veranstalten. Jetzt wollen wir einen Anreiz geben, dass sich Städte in einer Art Wettbewerb bemühen, als Erste wirklich grün zu sein. Wo sollen Städte ansetzen, um grün zu werden? Der Fokus liegt auf der Energieeffizienz kommerzieller Gebäude. Dabei bringen wir lokale Banken, die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) und auch Pensionsfonds an einen Tisch. Bislang beteiligen sich Vancouver, Toronto, Kopenhagen, London, Birmingham, New York City, Washington und Chicago. In Deutschland suchen wir noch nach interessierten Städten. i www.carbonwarroom.com hi!tech 01|12 52 ■ 53 Neu entwickelter Elektrobus: umweltfreundlich, leise und mit niedrigen Betriebskosten unterwegs. Zero Emission Bus Eine neue Generation von Elektrobussen punktet mit ausreichender Laufleistung, günstigen Betriebskosten und guter Luft für die City. Elektrobus ohne Kompromisse Leise und absolut emissionsfrei ist eine neue Generation von Elektrobussen, deren Einsatz die Wiener Linien für den Verkehr in der Wiener City planen. Siemens hat für die Fahrten durch die engen Gassen der Wiener Altstadt Zero Emission Elektrobusse entwickelt. „Die Technologie der Batterien ist erst jetzt so weit ausgereift, dass die Laufleistung ohne Nachladen groß genug ist“, berichtet Franz Proksch, Siemens. Nun ist eine Laufleistung von 120 bis 150 Kilometer möglich. Wien könnte aber ein Modell mit einer Zwischenladestation einführen, gespeist von der Straßenbahnoberleitung, wodurch ein ununterbrochener Betrieb erreicht wird. Proksch: Elisabeth Dokaupil, Ursula Grablechner „Bei einem derartigen routengeführten Einsatz lässt sich die Batteriegröße erheblich reduzieren, was eine weitere Gewichtsreduktion und Kostenersparnis ermöglicht und zusätzlich die Batterielebensdauer erhöht.“ Die Anschaffungskosten von Elektrobussen sind zwar rund doppelt so hoch wie die von Dieselbussen. „Die Investition rentiert sich aber, weil die Betriebskosten mehr als 28 Prozent unter jenen der Dieselmodelle liegen“, betont Proksch. Besonders eindrucksvoll ist der Wirkungsgradvergleich der beiden Antriebssysteme. Der Dieselmotor nutzt bescheidene 25 Prozent der eingesetzten Energie, der Elektromotor stolze 90 Prozent. Der Elektromotor erreicht bis zu Siemens 50 Prozent Rückspeisung der Traktionsenergie. Die neuen Elektrobusse zeichnen sich durch eine innovative Ladetechnologie aus und können über Stecker oder Stromabnehmer geladen werden. Die Ladezeit der Lithium-Ferrit-Batterien liegt bei 10 bis 15 Minuten pro Stunde. Hohe Wendigkeit ist ein weiterer Vorteil der neu entwickelten Elektrobusse. Personen mit reduzierter Mobilität werden ihre „Kneeling“-Funktion schätzen. Natürlich verursachen die elektrischen Busse keinen CO2-Ausstoß, zusätzlich aber auch keinen störenden Geruch. Das tut der City gut. i siemens.com/mobility www.wienerlinien.at hi!life News OP-Monitor mit Gesten steuern Bei einer Operation könnten Chirurgen künftig mit einer Handbewegung in den Röntgenaufnahmen ihres Patienten blättern. Basis ist die Kinect-Technik der Xbox. Eine Weiterentwicklung der Spielkonsole von Siemens ermöglicht, dass die Ärzte per Hand- und Armbewegung Aufnahmen wechseln, Details heranzoomen oder dreidimensionale Bilder drehen können. ■ siemens.com/innovation Neue flexible OLED liefern pro Watt elektrischer Leistung 32 Lumen Licht. OLED auf dem Vormarsch Effizienter als eine Halogenlampe ist eine etwa elf mal drei Zentimeter große, weiß leuchtende flexible OLED, die Forscher von Osram entwickelt haben. Erreicht wurde die hohe Effizienz unter anderem durch ein spezielles Design der aufgedampften elektrischen Kontakte. Eine Herausforderung beim Design flexibler OLED ist der Schutz der empfindlichen Leuchtschicht vor Sauerstoff und Feuchtigkeit. Statt mit einer Glasabdeckung wird die flexible OLED mit einem speziellen Dünnschichtverfahren versiegelt. Eine Stahlfolie, die dünn wie ein Blatt Papier und biegsam ist, ersetzt die Glasscheibe auf der Rückseite. i www.osram.com Kochen mit Öl statt mit Holz Nachhaltig angebautes Jatrophaöl ersetzt Holz als Brennstoff beim Kochen. Rund 50 Millionen Menschen kochen in Indonesien mit Holz. Das zerstört wertvolle Wälder. Nun erproben indonesische Bauern einen von BSH entwickelten Pflanzenölkocher, der mit Jatrophaöl funktioniert. Die Brechnüsse für diesen Brennstoff bauen sie in nachhaltig bewirtschaftetem Agrarwald selbst an. Das ist gewinnbringend für die Bauern und schont außerdem die Wälder. Das Projekt wird vom Pflanzenölhersteller Waterland, BSH und der nationalen Forstbehörde gefördert. i www.bshg.com siemens.de/pof Trinkwasser aus Schmutzwasser Weltweit haben rund 900 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Mit dem Skyhydranten von Siemens können Laien praktisch überall verschmutztes Wasser in sauberes Trinkwasser verwandeln. Der Skyhydrant braucht weder Strom noch Chemikalien und ist einfach zu bedienen. Das Gerät kostet 3.500 USDollar und reinigt jeden Tag 10.000 Liter Wasser. ■ siemens.com/water hi!tech 01|12 54 ■ 55 Modernes Radiology Teaching Center im AKH mit innovativer Software. Ein Standard für Qualität Am Radiology Teaching Center der MedUni Wien lernen Radiologen, die Möglichkeiten neuer Medizintechnik effizient in hohe Befundqualität umzusetzen. Präzise Diagnosen Moderne Medizintechnik liefert immer präzisere Bilder. Um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und die neuen Methoden rasch und effizient für präzise Diagnosen und Therapien verwenden zu können, müssen Radiologen stets über die neuesten Trends Bescheid wissen. Optimale Ergebnisse in möglichst kurzer Zeit sind nicht nur in Notfällen wie zum Beispiel bei akuten Herzbeschwerden notwendig. Auch im Routinebetrieb, bei dem eine große Zahl von Fällen im Laufe eines Tages abgewickelt wird, ist eine zügige und trotzdem hochqualitative Befundung gefragt. „Radiologen benötigen daher Ausbildungsmöglichkeiten, die sie mit den neuesten Entwicklungen der Medizintechnik vertraut machen“, betont Universitätsprofessor Dr. Christian Herold, Vorstand der Universitätsklinik für Radiodiagnostik an der MedUni Wien. „Im Mittelpunkt stehen die Möglichkeiten moderner Technik. Beispiele sind neue Sequenzen beim MR, Elisabeth Dokaupil Siemens neue CT-Untersuchungsprotokolle, die dosissparende Computertomographie erlauben, Änderungen in der Untersuchungstechnik und vor allem auch die Auswertung und Darstellung der enorm großen Datenvolumina mit innovativsten Softwareprogrammen und modernsten Workstations.“ In Zusammenarbeit von MedUni Wien, AKH und Siemens wurde »Radiologen benötigen Ausbildungsmöglichkeiten, die sie mit den neuesten Entwicklungen der Medizintechnik vertraut machen.« Universitätsprofessor Dr. Christian Herold am AKH ein Radiology Teaching Center errichtet, das, so Herold, „eine problemorientierte Wissensvermittlung ermöglicht“. „Die Themen der Kurse orientieren sich an Fragestellungen, die im klinischen Alltag künftig aufgeworfen werden, und denjenigen Problemen in der Visualisierung und Befundung, die am meisten Kopfzerbrechen machen“, be- hi!life News richtet Professor Herold. „Wir haben ein sehr breites Kursprogramm quer über alle Organe des menschlichen Körpers und können aufgrund der Zusammenarbeit mit dem klinischen Bereich auf ein breites Spektrum auch komplexer Fälle zurückgreifen.“ Mit syngo.via wird auch die modernste Server-Client-basierte Software und Arbeitsoberfläche der Siemens-Radiologiesysteme für das Radiology Teaching Center eingesetzt. Anwender haben damit Zugriff auf Visualisierungswerkzeuge, mit denen sich die Befundungszeiten deutlich verkürzen lassen. Die Software ist in der Lage, Daten von bildgebenden Systemen wie MR und CT und von Bildarchivierungs- und Kommunikationssystemen via Internet auf einer integrierten Plattform zusammenzuführen. Automatisch 3-D-Bilder erzeugt Für die Workshops, bei denen mit maximal zwölf Teilnehmern die Gruppen bewusst klein gehalten werden, hat die neue Software zahlreiche Vorteile. „Als Demonstrator kann ich auf jeden Bildschirm der Workshopteilnehmer zugrei- Universitätsprofessor Dr. Christian Loewe: „Das System unterstützt besonders interaktives Lernen.“ fen, beobachten, woran gearbeitet wird, jeden Monitor auf den Beamer holen und mich in die Rekonstruktionen einschalten“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Christian Loewe. Das System unterstützt besonders interaktives Lernen. Alle teilnehmenden Radiologen erhalten die Möglichkeit, ihre Ergebnisse zu präsentieren. Die neue Software unterstützt die Radiologen, indem sie zum Beispiel automatisch ein 3-D-Bild erzeugt und die Bilder in der vorgegebenen Reihenfolge für die einzelnen Analyseschritte lädt. Im Rahmen der rund 70 Fälle, die in einem Herz-CT-Workshop behandelt werden, wird ein auf jahrelanger Erfahrung basierender Analysegang mit vordefinierten Algorithmen vermittelt. „Das Ziel ist, zeiteffizient zu arbeiten, ohne etwas zu übersehen“, betont Professor Loewe. „Es geht um eine Arbeitsstruktur für die Zukunft.“ Aussagekraft erhöht Bei Herz-CT-Untersuchungen werden neben den Herzkranzgefäßen zum Beispiel auch der Herzmuskel und die Herzklappen überprüft. „Das erhöht entscheidend die Aussagekraft und den Wert der HerzCT-Untersuchungen“, weiß Loewe. Der Herzkurs hat bereits 15 Mal stattgefunden. Zehn Prozent der österreichischen Radiologen haben die Ausbildung gemacht und arbeiten daher auf einem besonders hohen Qualitätslevel. Das Radiology Teaching Center ist international angesehen. „Wir haben zahlreiche Gäste aus dem Ausland und arbeiten auch mit der Vetmeduni Vienna zusammen“, berichtet Professor Herold. „Das Feedback war bisher sehr gut.“ i www.siemens.com/healthcare www.meduniwien.ac.at Leberfibrose erkennen Biomarkertests zur Diagnose und Beurteilung. Eine Leberfibrose kann zum Beispiel die Folge einer chronischen Leberschädigung (durch eine Virushepatitis), einer alkoholischen Lebererkrankung oder einer Fettlebererkrankung sein. Dabei vernarbt das Lebergewebe mit der langfristigen Prognose Leberzirrhose oder Leberkrebs – eine häufige Todesursache. Mit dem automatisierten ADVIA Centaur ELF-Test von Siemens lassen sich nun in standardisierter Weise sowohl der Schweregrad als auch das Risiko des weiteren Fortschreitens einer Leberfibrose schnell und schonend erkennen. Er untersucht drei direkte Blutserumbiomarker. Die Ergebnisse werden mit einem speziellen Algorithmus in den ELF-Score umgerechnet, der den Grad der Fibrose angibt. Der Test dauert nur eine Stunde. Wie mehrere internationale Studien ergaben, können mit dem ELF-Test geringe und schwere Fibrosen erkannt werden. Bei einer geringen Fibrose haben die Patienten normalerweise keine Symptome. So können Ärzte schon vor einer deutlichen Schädigung der Leber eingreifen und zusätzlich den Fortschritt der Therapie verfolgen. ■ siemens.com/innovation ■ siemens.com/healthcare hi!tech 01|12 56 ■ 57 Schneller als der Wind Im Vorfeld des America’s Cup 2013 matchen sich schon jetzt die Anwärter auf den Gewinn der traditionsreichen "Kanne" und arbeiten an der Optimierung der Boote für die Endausscheidung. Die Formel 1 der Segler Sie jagen auf zwei messerscharfen Rümpfen mit bis zu 60 km/h über das Wasser. Und wenn sie kentern und sich überschlagen, dann kann es schon vorkommen, dass die Besatzungsmitglieder aus der Höhe eines dreistöckigen Hauses aufs Wasser knallen. So geschehen bei Regatten der AC 45-Katamarane, die sich derzeit auf den Weltmeeren in Küsten- und Großstadtnähe spektakuläre Rennen im Vorfeld des America’s Cup liefern. Die Fans sind davon fasziniert. Auf YouTube waren laut Russell Coutts vom US-Team Oracle die wildesten Überschläge dieser Günther Schweitzer 13,5 Meter langen und 6,50 Meter breiten Rennmaschinen mit rund 5,8 Millionen Zusehern ein absoluter Hit. Die Formel 1 hat nun damit auch bei den Seglern Einzug gehalten. Insgesamt acht dieser in Neuseelands Hightech-Jachtschmiede nahe Auckland von Tim Smyth produzierten Katamarane, die die dreifache Windgeschwindigkeit erreichen können, üben in medienwirksam platzierten Übungsregatten für den Ernstfall im kommenden Jahr. Vom 7. bis 22. September 2013 wird dann auf noch größeren Katamaranen um eine der ältesten Sporttrophäen der Welt, die sogenannte Kanne, gesegelt. Guilain GRENIER/ORACLE Racing Vorher jedoch müssen all jene, die das US-Oracle Racing Team zum Kampf um den 160 Jahre alten Pokal herausgefordert haben, gegeneinander beim Louis Vuitton Cup vor San Francisco antreten. Und zwar mit AC 72-Kats, die 22 Meter lang, 14 Meter breit und noch ein paar Knoten schneller sind als die kleineren AC 45er. Insgesamt fünf Teams aus den USA, Frankreich, Neuseeland, Italien und Korea lassen derzeit schon ihre 72-Fuß-Giganten bauen. Aber nur einer davon, der Beste, darf gegen die Oracle Crew antreten. Im Gegensatz zu den AC 45-Racern ist es bei den 72-Fuß-Booten erlaubt, alle verfügbaren Designtricks bei Rumpf und hi!life Segeln Das Oracle Team beim Training in San Francisco – mit einem Katamaran AC 45. hi!tech 01|12 58 ■ 59 hi!life Segeln Wie im Flug Dipl.-Ing. Richard Anzböck k von der Schiffsbautechnischen Versuchsanstalt Wien berichtet, wie Segler von den Ideen der Flugzeugbauer profitieren können. Ihr Schwerpunkt ist die Großschifffahrt, Sie arbeiten aber auch an Segelbooten – woran genau? Wir haben mit zahlreichen Schlepptankversuchen den hydrodynamischen Auftrieb für Segelboote optimiert. Der Auftraggeber konnte immerhin weltweit Patente dafür anmelden. Im Prinzip geht es dabei um ein Unterwasserschiff, das ähnlich wie die Tragfläche eines Nurflügelflugzeugs geformt ist. Dadurch erreicht man mit weniger Energie höhere Geschwindigkeiten. Das gilt natürlich auch für Katamarane. Warum verwenden die Teilnehmer am America’s Cup diese Technik nicht? Gute Frage. Wir haben bei Motorfahrzeugen schon bewiesen, dass dieses Unterwasserdesign auch bei Wellengang funktioniert. Die Bootsbauer glauben ganz einfach nicht daran. Wie ist man auf die Idee gekommen, das Flügelprofil eines Flugzeugs auf das Wasser umzulegen? Die Schwimmer der Wasserflugzeuge waren dafür ausschlaggebend. Die Günther Schweitzer Flugzeugindustrie hat überhaupt einen großen Einfluss auf die Konstruktion von Segelbooten und Segeln. Ein Beispiel sind die Profilflügel bei den America‘s-Cuppern. Ist diese Entwicklung auch für die große Masse der Freizeitsegler interessant? Derzeit noch nicht, da ein starres Flügelprofil nicht gerefft werden kann. Außerdem erzeugt so ein Flügelprofil so viel Auftrieb, dass es demontiert werden muss, wenn das Schiff im Hafen steht. Wie werden Segelboote optimiert, um schnell zu sein? Die Abrisskante, das Heck des Boots, muss möglichst gerade sein. Früher hat man geglaubt, dass das Heck eines Schiffes gerundet sein muss. Heute gilt das nicht mehr. Heute baut man auch Einrumpfbote mit Knicken in der Bordwand. Dadurch erreicht man bei Schräglage einen guten Wellenabriss und verringert den Wasserwiderstand. Außerdem werden Leichtbaumaterialien wie Kevlar und Karbon verwendet. 1 schwerer als ein konventioneller Mast mit Segel. 2 Abgeschrägte Rümpfe erleichtern das Aufstellen nach dem Untertauchen. 3 Drei Seile kontrollieren den Profilflügel. 4 GPS-Anlage – jedes Boot ist genau zu orten. 5 Neben dem Profilflügel hat der Kat auch normale Segel. stofffolie gespannt und dann erhitzt, damit das Material sich an das Gerippe aus Karbon passgenau anlegt. So filigran dieses Flügelprofil auch aussieht, es ist enorm widerstandsfähig. Bei Kenterungen während der AC 45-Races ist an den Booten und dem 21,5 Meter hohen Flügel bisher noch kein gröberer Schaden aufgetreten. Einer der Gründe dafür ist, dass – trotz der hohen Geschwindigkeit – der Kat sofort stoppt, wenn das Flügelprofil vom Wind nicht mehr angeströmt wird. Mast und Flügel tauchen daher recht sanft ins Wasser ein – was für Crewmitglieder auf den AC 72-Kats bei einem Überschlag nicht gilt. Bei den großen Booten geht es dann gleich 20 Meter bergab – fünf statt Herbert Schlosser, Guilain GRENIER/ORACLE Racing, Gilles Martin-Raget/ORACLE Racing Christina Lehner Die Kats des siegreichen Oracle-Teams beim Training für den America’s Cup. Der Bau der Boote muss laut Reglement in dem Land erfolgen, aus dem das Team stammt. wie bei den kleineren drei Stockwerke. Nach den Regeln der Ausrichter des Americaʼs Cup darf der AC 72 nicht weniger als 5.900 Kilogramm wiegen. Will man an dieses Limit gehen, muss auch der Katamaran aus Hightechmaterialien gefertigt werden. Die Kiwis bei Auckland zeigten bereits mit den AC 45ern, wie das geht. Das Mindestgewicht dieses SerienRenn-Kats beträgt nur 1.400 Kilogramm. Rümpfe und Mast wurden unter der Leitung von Tim Smyth quasi in Kühlhäusern produziert. Der Grund dafür: Das verwendete Epoxidharz härtet unter diesen Bedingungen langsamer aus. Dadurch ist man in der Lage, die Kohlefasern exakt nach der zu erwartenden Belastung auszurichten. Um den Rumpf noch steifer zu machen, werden auch Nomex-Honeycomb, sehr leichtes und stabiles Wabenmaterial, und Längsversteifungen mit eingelegt. Erst wenn alles auf den Millimeter genau passt, wird die Temperatur erhöht und dann das überschüssige Harz im Vakuum abgesaugt. Bootskonstrukteure gesucht Die AC 72-Katamarane müssen dem Reglement des America’s Cup entsprechend im jeweiligen Herausfordererland konstruiert und gebaut werden. Was sicher einige der Teams vor Probleme stellen wird. Die US-Amerikaner haben dieses Problem gelöst, sie werden ihren AC 72 noch im Juni dieses Jahres vorstellen. Die Neuseeländer können ihre Erfahrungen aus der Serienproduktion von AC 45-Kats in den Bau des AC 72 einfließen lassen. Davon profitieren auch die Italiener, die eine Trainingsgemeinschaft mit den Neuseeländern eingegangen sind. Die Franzosen werden ihre Wettkampf-72er vermutlich in jenen Werften fertigen lassen, die bereits die Weltrekordmehrrumpfboote in Zusammenarbeit mit der Luftfahrtindustrie gebaut haben. Wer keine geeigneten Konstrukteure im Land hat, wird sie für den America’s Cup kurzerhand einbürgern lassen, erzählt Andreas Hagara, der bis vor kurzem Steuermann für ein chinesisches Team und somit der erste Österreicher war, der beim America’s Cup mitmachte. Er meint, dass die Herangehensweise der US-Amerikaner an dieses Event und ihre absolut hervorragende Medienarbeit die Zukunft des Segelsports schlechthin ist. Deshalb bedauert es auch der österreichische America’s-Cupper, dass sich das Seglerteam rund um die chinesischen Herausforderer aufgelöst hat. „An Bord waren so viele Segelsportler der Spitzenklasse – wir hätten Chancen gehabt. Leider war das derzeitige Management nicht in der Lage, uns genügend Trainingszeit zur Verfügung zu stellen.“ Vielleicht hat auch das Geld nicht gereicht. Denn der America’s Cup verschlingt jede Menge davon. Allein das Meldegeld für die Regattaserie 2011 betrug 100.000 Dollar, für 2012 sind weitere 200.000 Dollar fällig. Ein in Neuseeland produzierter AC 45-Übungs-Kat kostet nicht weniger als 700.000 Dollar. Um dann am echten America’s Cup teilnehmen zu können, sind nach Coutts von Oracle für Entwurf und Bau eines AC 72ers etwas mehr als fünf Millionen Euro und für die Flügelprofile 1,5 Millionen Euro notwendig. Für die gesamte Campagne rechnet Coutts pro Team mit 40 bis 50 Millionen Euro. i www.americascup.com www.oracleracing.com hi!tech 01|12 60 ■ 61 Antikes Großstadtleben erforschen Dr. Sabine Ladstätter, Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts, setzt als Grabungsleiterin in Ephesos erfolgreich auf moderne Technik, kombiniert mit klassischer archäologischer Forschung. Sie leiten die international bekannten österreichischen Ausgrabungen in Ephesos. Welche Bedeutung hatte Ephesos in der Antike? Im zweiten Jahrhundert nach Christus war Ephesos eine antike Metropole mit rund 200.000 Einwohnern, die anders als etwa Rom nicht überbaut wurde. Später war die Stadt ein christliches Zentrum. Es gibt eine lange Liste von Heiligen, die angeblich oder tatsächlich in Ephesos waren. Hier können wir antike Großstadtphänomene erforschen. Das ist der Reiz für mich als Archäologin. Was macht Ephesos für die Wissenschaft besonders interessant? Elisabeth Dokaupil Bisher sind erst 15 Prozent der Stadt ausgegraben. Wir können hier archäologische Grundlagenforschung und Methodenentwicklung an einem Ort betreiben. Ich selbst forsche vier Monate im Sommer in Ephesos, wo mehr als 200 Wissenschaftler aus 17 Ländern aktiv sind. Zusätzlich beschäftigen wir 60 MitarbeiterInnen aus Ephesos, wo wir der größte Arbeitgeber sind. Welche Techniken benützen Sie für Ihre Untersuchungen? Zur großflächigen Erfassung der Stadtstruktur wird Geomagnetik eingesetzt. Details sind allerdings schwieriger abzugrenzen, wenn mit Ziegeln gebaut wird. Orhan Durgut, Astrid Bartl Und das ist auch in Ephesos der Fall. Wir setzen daher in Zusammenarbeit mit der österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) auf Bodenradar. Damit kann man in verschiedenen Tiefen Reste von Mauern oder Mosaiken erkennen und virtuelle Schnitte durch den Untergrund machen, die Zeithorizonten entsprechen. Archäologen nützen eine Technologie, die unter anderem im Tunnelbau oder für Gletscheranalysen eingesetzt wird. Wir sind damit Nutznießer anderer Bereiche. Wo und mit welchem Erfolg wurden die geophysikalischen Methoden eingesetzt? Seit dem Jahr 2000 wurden etwa 53 Hektar mit Geomagnetik und 22 Hektar mit Bodenradar untersucht. Gemessen wurde an unterschiedlichen Stellen in der Stadt, in der bronzezeitlichen Siedlung am Çukuriçi Höyük und in Teilen des Artemisions. Südlich des Domitianstempels konnte auf einer Terrasse ein öffentliches Zentrum mit mehreren Monumentalbauten erschlossen werden. Am hi!life Ephesos „Bisher sind erst 15 Prozent der Stadt Ephesos ausgegraben. Wir können hier archäologische Grundlagenforschung und Methodenentwicklung an einem Ort betreiben“, erklärt Ladstätter. Domitianstempel selbst lieferten Radarmessungen die Basis für die Ausgrabung eines spätantiken Großbaus mit Bodenmosaiken. Derzeit beschäftigen wir uns mit den Nekropolen, dem Friedhof, wo es noch intakte Grabhäuser geben sollte. Welche Folgen hat der Einsatz geophysikalischer Techniken für die Arbeit der ArchäologInnen? Die Arbeit der Archäologen hat sich durch die neuen Techniken fundamental geändert. Früher mussten wir Suchgrabungen durchführen, um historische Gebäude zu finden, nun können wir zerstörungsfrei großflächige Lagepläne historischer Städte am Computer erfassen. Wir ersparen uns Leerläufe und minimieren die Kosten. Die neuen Techniken machen es auch einfacher, wichtige archäologische Lagerstätten, etwa bei Straßenbauprojekten, zu schützen. Eine großflächige archäologische Analyse ist in kürzester Zeit möglich. Welche Aufgaben übernehmen nach dem Einsatz geophysikalischer Techniken die ArchäologInnen? Bei der Arbeit der Archäologen geht es um zeitliche Einordnung, beginnend bei der Bauzeit über die Zeit der Nutzung bis zu einer eventuellen Zerstörung. Sie müssen herausfinden, welche Funktion die einzelnen Gebäude hatten. Spezialanalysen informieren über den Speiseplan der Menschen, Keramik- und Glasfunde über die Lebensumstände. Im vergangenen Jahr konnte in Ephesos eindeutig geklärt werden, dass das Odeion ein Theater war und die Tribüne als Austragungsort für musische Wettstreite zu Ehren der Göttin Artemis diente. Wissen Sie bereits, wie die Bevölkerung in Ephesos gelebt hat? Einen guten Einblick in das Leben der obersten Gesellschaftsschichten gibt das Hanghaus mit umfangreichen Malereien und Mosaiken, das inzwischen durch ein modernes Dach geschützt ist. Im Rahmen eines weiteren Projekts sollen die Lebensbedingungen der normalen Bevölkerung Wissenschafterin des Jahres Vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten Österreichs wurde Dr. Sabine Ladstätter zur Wissenschafterin des Jahres 2011 gekürt. Neben einer herausragenden wissenschaftlichen Leistung müssen die Ausgezeichneten auch in der Lage sein, ihr Fachgebiet in der Öffentlichkeit erfolgreich zu präsentieren. hi!tech 01|12 62 ■ 63 Zur großflächigen Erfassung der Stadt wird Geomagnetik eingesetzt, Details liefert das Bodenradar, das virtuelle Schnitte durch den Untergrund macht. Links: Der Domitianstempel. Unten: Die Verulanushallen. erforscht werden, die am Stadtrand in verschachtelten Häusern lebte. Fest steht, dass Wohnen und Arbeiten nicht getrennt waren. Anhand dieser Stadtteile lässt sich auch nachvollziehen, wie eine Großstadt in der Antike funktioniert hat. Es geht um Fragen wie Wasserversorgung oder Müllentsorgung. Interessant ist auch, wie die Stadt mit den Erdbeben im dritten Jahrhundert n. Chr. umgegangen ist. Wir wissen zum Beispiel bereits, dass in den Häusern einzelne Räume mit Schutt gefüllt wurden, um sich den mühsamen Abtransport zu ersparen. Lässt sich auch rekonstruieren, wie die Landschaft rund um Ephesos ausgesehen hat? Bei der Beantwortung dieser Frage hilft uns die Paläogeographie. Aus Bohrungen unter Luftabschluss erhalten wir geschlossene Biotope aus verschiedenen Perioden, in denen sogar noch Pollen vorhanden sind. Daraus können wir auf die Vegetation der Region zu bestimmten Zeiten schließen. Elisabeth Dokaupil Niki Gail, ZAMG Was sagen die Untersuchungen über die Umgebung von Ephesos aus? Ephesos hat über die Jahrhunderte gegen Erdbeben und die Verlandung des Hafens gekämpft. Bereits die Römer bauten einen künstlichen Hafen und einen Kanal zum Meer. Durch die Abholzung und Besiedlung des Berghanges, der eine massive Erosion zur Folge hatte, haben sie, ohne es zu wissen, an der weiteren Verlandung des Hafens gearbeitet. Das Hinterland wurde mit den Römern kultiviert. Hier wurden Oliven, Wein und Getreide angebaut. Die Umgebung von Ephesos war reich an Bodenschätzen, vor allem an Metallen. Welches aktuelle Projekt läuft derzeit in Ephesos? Wir arbeiten am Thema Kult und Herrschaft. Wir wissen, dass der Artemiskult hi!life Ephesos als staatlich verordnete Religion dominiert hat. Gleichzeitig finden sich in Häusern Altäre mit ägyptischen Gottheiten, die als Überwinder des Todes und als Heilsgötter galten. Eine Jenseitsvorstellung scheint ein Grundbedürfnis der Menschen zu sein, auf die zwar das Christentum, aber die eigene Kultur damals keine Antwort geben konnte. Highlight CelsusBibliothek: Pro Jahr besuchen zwei Millionen Menschen Ephesos. Wie gehen Sie als Archäologin damit um, dass das große Theater in Ephesos für Veranstaltungen genutzt werden soll? Natürlich wird kein Denkmalschützer Ausgrabungen gerne zur Nutzung freigeben. Doch für Politiker und Tourismusfachleute ist eine solche Nutzung sehr attraktiv und mittlerweile international ein gängiges Phänomen. Wir werden das Theater so sichern, dass es eine größere Menge an Besuchern verträgt, gleichzeitig aber auch dafür sorgen, dass die Besucher sicher sind. Eine Voraussetzung für die Nutzung ist, dass keine Verstärker eingesetzt werden, weil Vibrationen das Gestein lockern können. Die Maximalzahl der Besucher wird mit 2.500 auf ein Zehntel des Fassungsraumes des antiken Theaters begrenzt. Archäologie wird wie andere Geisteswissenschaften immer wieder als Orchideenfach bezeichnet. Was sagen Sie dazu? Die Geisteswissenschafter sind derzeit extrem verunsichert. Darum finde ich es auch so wichtig, dass ich als Wissenschafterin des Jahres ausgewählt wurde. Pro Jahr besuchen zwei Millionen Menschen die Ausgrabungen von Ephesos. Unsere Erkenntnisse beruhen auf einer interdisziplinären Zusammenarbeit von Technik, Natur- und Geisteswissenschaften. Sie sind für die Menschen sehr wichtig. So wie die Kinder wissen wollen, wer ihre Eltern sind, will der Mensch seine eigene Historie kennen. i www.oeai.at ephesos@oeai.at Freunde von Ephesos Seit über 100 Jahren forscht das Österreichische Archäologische Institut in Ephesos, einer einstigen Großstadt der Antike in der heutigen Türkei. Die Gesellschaft der Freunde von Ephesos hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Arbeit der ArchäologInnen zu unterstützen und mitzuhelfen, das wertvolle Kulturerbe für die Nachwelt zu erhalten und zu schützen. Wollen auch Sie sich dafür einsetzen? Dann treten Sie der Gesellschaft der Freunde von Ephesos bei. ■ www.ephesos.at ■ ephesos.at@siemens.com hi!tech 01|12 64 ■ 65 hi!life Internet Kampf der Giganten Die großen vier des Internet, Amazon, Apple, Facebook und Google, eint das Ziel, verwertbare Daten zu sammeln – auf unterschiedlichen Wegen. Jeder will die Märkte der anderen Über mangelnden Erfolg können sich Amazon, Apple, Facebook und Google wohl nicht beschweren. Apple feiert fast mit jedem Produkt neue Umsatzrekorde, Google ist mit Android auf der Überholspur, der Internethandel über Amazon boomt, und Facebook dominiert die Social-Media-Szene. Bestimmte Geschäftsfelder möchte man aber den anderen nicht überlassen: Google und Amazon versuchen den iPad-Bann zu brechen, Facebook will die wichtigere Suchmaschine als Google werden. Apple wiederum schielt schon auf den nächsten Markt: Steve Jobs persönlich soll noch den Startschuss zur Eroberung der TV-Welt gegeben haben. Der Apple-Fernseher wird vermutlich ein weiteres Produkt sein, das einschlägt wie iPhone, iPad und Co. Schickes Design, einfache Bedienung und perfektes Marketing sind längst nicht mehr die einzigen Erfolgsgaranten. Mit der Sprachsteuerung Siri versucht Apple ein neues Geschäftsfeld aufzutun, das auch für die Konkurrenz interessant sein wird. Wie genau machen diese Unternehmen ihre Milliardenumsätze? Die Antwort ist einfach: mit den Daten der Benutzer. Die Sprachsteuerung Siri etwa merkt sich, welche Programme ihr Meister bevorzugt, und steuert einen schneller ans Ziel. Das ist ein Service für den User – und die per- Christian Pressler fekte Zielgruppenanalyse für Apple. Siri ist aber nicht der Anfang des Datensammelns: Über die beliebten Apps werden schon lang Daten aller Art gesammelt. Standortanalysen mit integrierten Suchabfragen protokollieren auch fleißig das Nutzerverhalten mit. Der Werbewelt ist das Millionen wert, weil Streuverluste immer besser reduziert werden können. Bei den Konkurrenten läuft das Geschäft nicht anders: Benutzerdaten werden von allen gesammelt. Bei Google werden aus aller Welt täglich eine Milliarde Suchanfragen deponiert. Das Gesuchte verrät viel über den Benutzer – und prompt bekommt er auch passende Werbung angezeigt. Die Ergebnisse sind dabei längst auf den Benutzer zugeschnitten, auch wenn wir es nicht unbedingt merken. Bei der Google-Tochter YouTube verhält es sich ähnlich. Wer sich drei ElvisVideos am selben Notebook ansieht, bekommt beim nächsten Öffnen gleich die neuen Uploads des Unsterblichen präsentiert. Und die Treffer werden mit Werbeseiten durchmischt. Die Botschaft kommt an, ob wir sie wollen oder nicht. Die beliebte Suchmaschine ist Standard bei der Suche im Netz, und auf Geräten wie iPhone oder iPad ist eine YouTube App vorinstalliert. Facebook hat es noch einfacher. Dort müssen die Strategen weniger spekulativ vorgehen, weil die Kunden ihre Daten freiwillig eingeben. Firmengründer Mark Zuckerberg ließ deshalb auch wissen, dass es ihm in Zukunft weniger um das Anwerben neuer Nutzer gehe. Wichtiger sei ihm jetzt, das Engagement der bestehenden Klientel zu vertiefen. Die oft zitierte Timeline ist der erste Versuch, das ganze Leben der User auf einen Blick sichtbar zu machen. Vom Babyfoto bis zur ersten Liebe, vom Uni-Abschluss bis zum 40. Geburtstag. Millionen füttern Facebook mit Daten Natürlich gibt es immer stärkere Widerstände gegen diesen Trend. Trotzdem werden Millionen in aller Welt die Timeline mit ihren Daten füttern. „Und es wird zumindest in der jungen Generation die Art und Weise, wie Menschen miteinander umgehen, verändern“, schreibt das Magazin „Der Spiegel“. Je zielgenauer die angegebenen Daten sind, desto mehr sind sie wert. Das wohl genialste Tool der Zuckerberg-Welt ist aber sicher der „Like“-Button. Während Google über die Suchintentionen seiner Surfer nur spekulieren kann, weiß Facebook ganz genau, was wem gefällt: Weil es die User per Mausklick selbst bestätigen. Bei Amazon ist es ähnlich. Wer dort einkauft, deklariert, was ihm gefällt. Und Amazon speichert die Daten, um die Kunden nach jedem Abschluss noch gezielter zu bewerben. Telefonbuchdicke Versand- Facebook, Amazon, picturedesk.com: Markham Johnson/AFP, Ryan Anson/AFP, LOIC VENANCE/AFP, Google Die Mächtigsten im Netz Jim Bezos, Mark Zuckerberg, Steve Jobs, Larry Page und Sergey Brin haben aus kleinen Projekten Großes geschaffen: Amazon gilt als erfolgreichster Überlebender der Internet-Bubble-Zeit, Facebook wurde von einem Campus-Verzeichnis in nur sieben Jahren zu einem millionenschweren Unternehmen. Von der Garage bis zu einer der wertvollsten Marken der Welt war es ein weiter Weg für Steve Jobs. Nun liegt es an Tim Cook, Apple unter den mächtigen vier zu halten. Eine innovative Suchmaschine war der Anfang von Google, mittlerweile bietet das Unternehmen zahllose Services im Netz an. hi!tech 01|12 66 ■ 67 Berührungspunkte Angriffe Wechselwirkungen Amazon vs. Apple Mit dem Kindle Fire will Amazon die Herrschaft des iPad brechen. Amazon wetteifert bei Mediendownloads mit iTunes. Längst zählen etwa MP3-Downloads zu den konstanten Umsatzbringern. Mit iBooks und iTunes steigt Apple wiederum ins Kerngeschäft (Vertrieb von Büchern und Filmen) von Amazon ein. Amazon verdient inzwischen selbst Millionen durch den Verkauf von iPads und der dazupassenden Accessoires. Amazon wird für iPad- und iPhone-User zum mobilen Shoppingtempel. Apple vs. Google Die größte Schlacht zwischen Apple und Google tobt um die Vorherrschaft in der Smartphone- und Tablet-Welt. Geräte mit Googles Android holen laufend gegenüber iPhone und iPad auf. Google kontert Apple-TV mit Google-TV, der Verschmelzung von Fernsehen und Internet. Google ist auch auf den AppleGeräten die mit Abstand beliebteste Suchmaschine. Auf iPhone und iPad ist YouTube als optimierte App bereits vorinstalliert. Apple vs. Facebook HTC soll für Facebook an einem Social Network-Smartphone basteln. Facebook macht Apple auch das Geschäft mit Games aus dem iTunes-Store streitig (durch die Onlinespiele-Firma Zynga). Apple torperdierte in sämtlichen seiner Foren die neue FacebookTimeline. Offizieller Tenor: Hier wird Datenschutz mit Füßen getreten. Die Facebook-App ist eine der beliebtesten am iPhone. Die App für das iPad ließ zwar auf sich warten, ist aber seit letztem Oktober ebenfalls höchst erfolgreich. Apple-Gruppen gehören wiederum zu den beliebtesten auf Facebook. Hier diskutieren Tausende User über neue Produkte, bewerten sie und tauschen Tipps aus. Amazon vs. Facebook Der „Like“-Button auf Facebook verrät dem Unternehmen im Detail die individuellen Vorlieben seiner Nutzer. Das könnte Amazon im Onlinehandel gefährlich werden. Amazon forciert Rezensionen seiner User, um eigene soziale Netzwerke und Chatrooms aufzubauen (für Bücher, Musik etc.). Aus Protest gegen die „Stop Online Piracy Act“ (SOPA) genannte Gesetzesinitiative der US-Regierung drohten Amazon und Facebook (gemeinsam mit Google übrigens), gleichzeitig ihre Internetangebote abzuschalten. Facebook vs. Google Google will Facebook mit seinem sozialen Netzwerk Google+ Mitglieder abjagen. Gleichzeitig integrierte der Konzern zu Jahresbeginn Google+-Daten seiner User, um Suchmaschinentreffer zu optimieren. Facebook liebäugelt laut Insidern schon seit längerem mit einer „sozialen Suche“. Durch den „Like“-Button und die Informationen in den Nutzerprofilen besitzt Facebook überdies Daten, die auf die Werbeindustrie verlockender wirken als jene von Google. Das soziale Netzwerk und der Suchmaschinengigant sind die größten Kräfte und Regulatoren im Netz. Sie stellten sich gemeinsam gegen das in den USA geplante SOPA-Gesetz und arbeiten an einem Standard gegen die Phishing-Umtriebe im Netz. Google könnte seine Produktsuche schon bald mit einem Lieferdienst verbinden. Erklärtes Ziel: Zustellung innerhalb von 24 Stunden. Auslöser für die Idee war der Erfolg von Amazons Lieferservice „Prime“: Viele Kunden suchten ihre Artikel nur noch bei Amazon direkt und umgingen so Google als Suchmaschine. Google arbeitet auch an einem Tablet-PC mit Sieben-Zoll-Display für unter 200 US-Dollar. So will man das Amazon-Lesegerät Kindle angreifen. Bei der Digitalisierung von Büchern hätten die beiden Konzerne enorme Kooperationsmöglichkeiten. Derzeit digitalisiert Google urheberrechtsfreie Bücher, um sie abrufbar zu machen. Amazon dagegen bietet gescannte Bücher im Volltext an und will damit den Verkauf gedruckter Werke fördern. Google vs. Amazon Christian Pressler, Sabine Nebenführ hauskataloge haben keine Chance gegen den schnellen Klick. Das Internet ist für Amazon eine Verkaufsmaschinerie, die man noch gewaltig ausreizen kann. Etwa mit dem Kindle: Das mausgraue Stück mit dem Charme eines klobigen Taschenrechners verkaufte sich bisher sieben Millionen Mal. Nicht weil es so chic wie AppleSpielzeug ist, sondern weil es schlicht praktisch ist. Nicht weniger als 1.400 Bücher speichert die Letztversion. Wer am Kindle liest, kann Stellen markieren, Anmerkungen anderer Leser abrufen oder sich unverständliche Worte erklären lassen. Amazon kann aber noch mehr. Unternehmensboss Jeff Bezos hat sein Sortiment in den letzten Jahren so aufgemotzt, dass der Umsatz von 2,7 Milliarden Dollar im Jahr 2000 auf 34 Milliarden im Jahr 2010 explodierte und selbst Handelsriesen wie MediaMarkt erschauern lässt. Ihre einzigartigen Machtpositionen stacheln die Chefs der vier Giganten aber nur weiter an. Ständig präsentiert einer aus dem Quartett neue Ideen, die die anderen drei beflügeln und letztlich erfolgreiche Unternehmen aus der digitalen Vorzeit die Existenz kosten. Facebook plant eine eigene Währung Facebook plant derzeit eine eigene Währung, die das ganze Netz erobern soll. Vielleicht kann man damit ja bald bei Amazon ein Apple iPad kaufen. In jedem Fall werden die großen Kreditkartenfirmen jeden weiteren Entwicklungsschritt ängstlich verfolgen. Zu wichtig ist das Webgeschäft inzwischen auch für sie. Aufhalten wird Apple, Google, Facebook und Amazon aber niemand. Die größte Konkurrenz befindet sich innerhalb dieser Gruppe der vier Giganten. Welcher Gigant sich letztlich durchsetzen wird, wird von der Gunst der Nutzer bestimmt. i amazon.com apple.com facebook.com google.com Amazon, Apple, CANADIAN PRESS LTD./Action Press/picturedesk.com hi!life Bücher hi!tech Leseraum Bücher. Von der Energiewende, der Irrationalität von Zahlen, Future Jobs, den Möglichkeiten der Spieltheorie und Gerechtigkeit. JOHANNES WINTERHAGEN Abgeschaltet Wird die Energiewende gelingen? Johannes Winterhagen macht in diesem Buch klar, dass sie ein Mammutprojekt ist, das erst ganz am Anfang steht. Es geht um einen Umstieg auf eine völlig klimaneutrale Energiewirtschaft. Der Autor analysiert die derzeit genutzten Formen erneubarer Energie von Wind- über Wasserkraft bis zu Geothermie und Solarenergie und macht klar, dass sie nicht ausreichen werden. Sein Resümee: Es geht nicht ohne große, zentrale Kraftwerke. Neue fossile Kraftwerke sollten Vorfahrt erhalten. Die Energieforschung muss intensiviert werden und Energiesparen rettet die Welt nicht. Basiswissen zum Thema Energiewende, das viele Zusammenhänge verständlich erklärt. ■ Hanser, 18,40 Euro FRIEBE / ALBERS L LYNDA GRAT TON PIERRE BASIEUX RUDOLF TAS T CHNER Was Sie über 6 wissen wollten Job Future – Future Jobs Die Welt als Spiel Gerechtigkeit siegt (nicht) Über ihren mathematischen Wert hinaus haben Zahlen, Mengen und Größenverhältnisse auch eine ästhetische und psychologische Wirkung. Die Kenntnis dieser oft unbewussten Mechanismen ist wichtig, in Design und Architektur genauso wie in der Kunst. Sie hilft uns außerdem, beim Einkaufen Lockangeboten zu widerstehen. Denn das Buch liefert auch die Gründe für unseren häufig irrationalen Umgang mit Zahlen. ■ Hanser, 18,40 Euro Megatrends wie Klimawandel, Globalisierung und Vernetzung verändern die Welt. Auch die Arbeitsformen sind betroffen. Volle Stellen werden seltener, hochspezialisierte Experten arbeiten überall in der Welt. Für die nächsten Jahre ortet die Autorin folgende Trends: Vom Generalisten zum Meister in Serie, vom Einzelkämpfer zum innovativen Brückenbauer, vom unersättlichen Konsumenten zum Produzenten. ■ Hanser, 25,60 Euro Spieltheoretiker haben erstaunlich präzise gesellschaftliche Entwicklungen, etwa den Arabischen Frühling, vorhergesagt. Zunehmend werden wirklichkeitsnahe Modelle und Strategien für Konflikt- und Spielsituationen entwickelt, die sich auf Kriegsführung und -vermeidung ebenso anwenden lassen wie auf Firmenmanagement und Konkurrenzsituationen. Grund genug, sich damit zu beschäftigen. ■ rororo science, 9,20 Euro Bisher ist Professor Rudolf Taschner vor allem durch seine Marketingaktivitäten für die Mathematik bekannt geworden. In diesem Buch beschäftigt er sich mit einem philosophischen Thema, das sich auch der beste Mathematiker nicht schönrechnen kann. Der Buchtitel sagt es bereits – Gerechtigkeit siegt, aber nur im Film. Und die im Buch sporadisch eingesetzte Mathematik unterstreicht, dass das stimmt. ■ ecowin, 19,90 Euro hi!tech 01|12 68 ■ 69 hi!life Senioren SmartSenior Gut vernetzt, aktiv und mobil – so können Senioren leben, wenn sie via Internet mit Freunden in Kontakt bleiben und medizinisch versorgt werden. Sicher und selbstbestimmt Unsere Lebenserwartung steigt. Die Menschen werden aber nicht nur immer älter, sie wollen auch möglichst lange mit hoher Lebensqualität, selbstbestimmt, sicher und mobil leben. Mit Unterstützung durch altersgerechte Assistenzsysteme, kurz Ambient Assisted Living (AAL), ist das möglich. Im Rahmen des Forschungsprojekts SmartSenior werden Informations- und Kommunikationstechnologien entwickelt, die die notwendigen Dienstleistungen organisieren können. Es geht unter anderem um Notfallassistenz, Sicherheitslösungen für den Haushalt, Systeme zur sozialen Vernetzung und eine telemedizinische Servicezentrale. Die Herausforderung liegt vor allem in der Standardisierung und Integration verschiedener Systeme, vom Fernseher über Smartphone und Hausgeräte bis zum Auto. In neun Teilprojekten arbeiten 28 Partnerfirmen und -organisati- onen aus Forschung und Industrie, darunter auch Siemens, unter Leitung der Deutschen Telekom Laboratories (T-Labs) zusammen. Ein Feldtest soll nun zeigen, ob die Technik zusammenpasst und wie die Nutzer sie annehmen. 35 bestehende Wohnungen in Potsdam werden mit einer schnellen Internetverbindung, dem AAL Home Gateway als Datendrehkreuz und Raumsensoren ausgerüstet. „Innerhalb einer Woche erlernt das System anhand der Sensordaten den regulären Tagesablauf des Bewohners“, erklärt Karsten Raddatz von der TU Berlin. Hat der Senior das Haus verlassen und dabei ein Fenster, das normalerweise geschlossen ist, offengelassen, bekommt er eine Meldung auf sein Smartphone. Wertvoll sind auch Bewegungsdaten. Ein Beispiel: Der Bewohner geht nachts wie immer zwischen zwei und drei Uhr zur Toilette, kommt aber nicht innert zehn Minuten wie im Allgemeinen üblich zu- rück ins Schlafzimmer. Das System stellt eine Anomalie fest und sendet ein Signal an ein Assistenzzentrum, das dann versucht, den Senior telefonisch zu erreichen. Scheitert dies, würde die Rettungsleitstelle alarmiert. Individuell auf den Senior abgestimmt Die Möglichkeit zur individuellen Einstellung und die Modularität der Lösungen ist wichtig, betont Michael Balasch, Research & Innovation Director bei den TLabs und Gesamtkoordinator des SmartSenior-Konsortiums, denn: „Es gibt nicht ‚den‘ Senior.“ Manche ältere Menschen sind mobil und können die Plattform beispielsweise nutzen, um mit Familie und Freunden Kontakt zu halten und sich mit Komfortdienstleistungen das Leben zu erleichtern. Andere sind sturz- oder schlaganfallgefährdet und benötigen vor allem Sicherheitsfunktionen. Im Feldtest soll auch ein interaktiver Trainer zur SturzAlle Komponenten müssen zusammenspielen, um den Senior smart zu machen – Infos gibt es auch auf einem Webpad und natürlich am Smartphone. Pictures of the Future Siemens Blutdruck, Medikamenteneinnahme. Telemedizin könnte nicht nur für Senioren in Städten, sondern auch für ländliche Regionen mit Ärztemangel ein Ausweg sein. Im Notfall kann der Arzt über Telemedizin Anleitung zur Eigenhilfe geben, bis professionelle Helfer eintreffen. Elektronischer Arztbesuch: Daten vom Blutdruckmesser werden über die Med-I-Box direkt zur Ordination übertragen. Bei Bedarf meldet sich der Arzt persönlich. prävention erprobt werden. Möglich wäre auch, dass sich im Notfall der Pflege- oder Rettungsdienst über die Videofunktion bereits vor Eintreffen ein Bild über die Situation macht – falls der Nutzer diese Funktion vorab freigegeben hat. Siemens entwickelt derzeit eine Armbanduhr, die die Bewegungen und bestimmte Vitaldaten des Trägers misst und per Funkchip an das AAL Home Gateway überträgt. Telemedizin wird in Zukunft vielen Senioren den Weg zum Arzt ersparen. „Eine telemedizinische Visite läuft ab wie ein normaler Besuch beim Arzt oder wie ein Hausbesuch“, sagt Dr. Martin Schultz, Leiter des Telemedizincentrums Charité (TMCC) in Berlin-Mitte. Der Arzt fragt nach Beschwerden und Symptomen. Die bisherigen Befunde und aktuell erhobene Vitaldaten wie Puls, Körpertemperatur, Blutdruck, Herz- und Atemfrequenz sind auf dem SmartSenior-Portal sichtbar: „Die Daten werden für den Arzt und für den Patienten unterschiedlich aufbereitet“, so Schultz. In der elektronischen Patientenakte sind alle Daten zu sehen, etwa EKG, Autounfälle vermeiden Die Erfassung medizinischer Daten wie Sauerstoffsättigung, Bewegung, Herzund Atemfrequenz und ihre Übertragung hat noch weitere Vorteile. Sie kann helfen, Autounfälle zu vermeiden. BMW entwickelt im Rahmen des SmartSeniorProjekts einen Nothalteassistenten, der zum Beispiel in Aktion tritt, wenn der Fahrer durch eine Herzattacke das Bewusstsein verliert. Die Forschungsgruppe beschäftigt sich auch mit der Prävention und Rehabilitation von Sturz- und Schlaganfallpatienten. Jeder dritte über 65-Jährige stürzt mindestens einmal pro Jahr, bei den über 80-Jährigen sind es mehr als 80 Prozent. Problematisch ist oft der Übergang aus der Rehabilitation nach Hause: Motivation und Regelmäßigkeit des Trainings schwinden. „Menschen müssen lange und intensiv trainieren“, weiß Michael Balasch. „Mit einem interaktiven Trainingssystem kann die Therapie zu Hause weitergeführt werden, unterstützt durch den Therapeuten.“ Neben einer Erhöhung der Lebensqualität der Senioren und dem Erhalt ihrer Eigenständigkeit bringt AAL auch eine Senkung der Kosten für Krankenhausaufenthalte – und damit eine Entlastung unseres Gesundheitssystems. Das Publikum auf der CeBIT im vergangenen Jahr war begeistert, vor allem die Senioren. Ältere Menschen sind nämlich keineswegs technophob, ganz im Gegenteil. i www1.smart-senior.de siemens.de/pof hi!tech 01|12 70 ■ 71 Optimus D3 von LG: Das erste Smartphone mit einem räumlichen Screen nutzt vorgelagerte Linsen. Die dritte Dimension Der Weg zum Filmerlebnis in 3D auf allen Geräten, vom Fernseher bis zum Handy, ist ohne Brille noch schwer zu schaffen. Nur Lichtfeldaufnahmen könnten eine Revolution einleiten. Prismenlinsen bringen 3D ins TV Nach den ersten Erfolgen im Kino wurde 3D auch fürs Heimkino zum Hype erklärt. Doch dann stellte sich heraus, dass niemand bereit war, sich mit Brille vor den Fernsehschirm zu setzen. Inzwischen wurde auch TV-Dreidimensionalität ohne Brille präsentiert: Der Apparat hat eine spezielle Oberfläche aus winzigen Prismenlinsen, die jeden einzelnen Bildpunkt bündeln, und überträgt dadurch gleichzeitig getrennte Perspektiven für das linke und das rechte Auge, die dann im Gehirn des Betrachters zu einem Bild verschmelzen und den dreidimensionalen Eindruck entstehen lassen. Die Nachteile dieser „autostereoskopischen“ Bildschirme: Die Zuschauer sind an sehr eng begrenzte Blickwinkel gebunden. Der japanische Hersteller Toshiba hat aber auch dafür bereits eine Lösung. Die Cevo Engine, eine Multiprozessorplattform, auf der die Bildtechnik basiert, erzeugt neun unterschiedliche Perspektiven, die durch speziell angefertigte Miniaturlinsen auf diverse Sitzpositionen im Raum gerichtet werden. Dadurch können mehrere Personen gleichzeitig 3D sehen. Christian Pressler Da es bisher kaum dreidimensionale TVSendungen gibt, kann man mit der integrierten Resolution+-Technik zweidimensionale Programme in 3D umwandeln. Die Konkurrenz betont allerdings, dass Kopfbewegungen zu störenden Bildeffekten führen können. „Bis die Technik für Fernseher über 40 Zoll soweit ist, werden sicher noch fünf bis sechs Jahre vergehen“, schätzt LG-Experte Kenneth Hong. Die Idee mit den vorgelagerten Linsen hält er für massentauglich – allerdings auf Handys. Hong: „Für die kleinen Displays ist die Beschränkung auf einen engen Betrachtungswinkel kein Problem. Benutzer schauen bei Handys fast immer im gleichen Winkel auf die Anzeige.“ LG brachte daher mit dem Optimus 3D das erste Smartphone mit einem räumlichen Screen auf den Markt. Die integrierte Dual-Sens-Kamera schießt auch Fotos in 3D und dreht dreidimensionale Filme, die über den HDMI-Anschluss sofort auf einen 3-D-Fernseher übertragen werden können. Einziger Nachteil: der 3-D-Modus verringert die Auflösung und lässt Bilder mitunter etwas unscharf aussehen. An einer Verbesserung wird bereits gearbei- LG, OSRAM-Pressebild, Stanford Light Field Archive/Andrew Adams tet. Beim HTC-Rivalen Evo 3D legt sich, so betonen Tester unisono, sogar ein kleiner Grauschleier über das Bild, durch den die Farben matt wirken. Das schärfste Smartphone im 3-D-Trio ist das Sharp Aquos Phone SH-12C, das aber nur in Japan vertrieben wird. Warum es mit Brille besser geht Doch kehren wir zum Fernsehen zurück. Selbst wenn die Toshiba-Idee tatsächlich noch ein einige Zeit bis zur Massentauglichkeit braucht, kann man 3D inzwischen anspruchsvoll genießen. Zugegeben: mit Brille. Doch auch hier tut sich einiges. 3-D-Fernseher mit Shutterbrillen geben die zwei für 3D notwendigen Perspektiven im schnellen Wechsel nacheinander wieder – mindestens 60 Mal pro Sekunde ein Bild für das rechte Auge im Wechsel mit ebenso vielen Bildern für das linke. So sorgen sie dafür, dass jedes Auge nur die jeweils passenden Bilder sieht. Dazu schalten sie im Wechsel immer ein Brillenglas undurchsichtig, während das andere das Bild vom Fernseher durchlässt. Ein Infrarotsender sorgt für den Gleichschritt mit dem Bildwechsel. hi!life 3D Shutterbrillen kommunizieren mit dem 3D-TVGerät auf Basis von Infrarotlicht, das von IR-LEDs im TV-Monitor erzeugt wird. Leistungsstarke IR-Komponenten für Shutterbrillen werden von Osram erzeugt. Schach mit digitaler Lichtfeldfotografie: Sie macht dreidimensionale Sicht ohne Hilfsmittel möglich. 3-D-Fernseher mit Polarisationstechnik wiederum machen sich die zwei unterschiedlichen Schwingungsrichtungen von Lichtwellen zunutze. Die Brillen lassen auf der einen Seite nur horizontal polarisiertes Licht durch, auf der anderen vertikal polarisiertes. Der 3-D-Fernseher strahlt dabei gleichzeitig die zwei verschiedenen Bilder aus, nicht im schnellen Wechsel wie bei der Shuttertechnik. Der Nachteil: Die Auflösung des Bildes halbiert sich, da die eine Hälfte der Pixel für das Bild des linken Auges zuständig ist und die andere für das Bild des rechten. Dafür sind Polbrillen billiger. Während LG und Philips auf Letzteres setzen, haben sich auf Shutterseite Panasonic, Sony, Samsung und Xpand zur „Full HD 3D Brillen“-Initiative vereint. Ziel ist es, bis 2012 eine einheitliche 3DShutterbrille auf den Markt zu bringen, bei der die Funk- und Infrarotübertragungsprotokolle normiert sind. Mit diesem Anlauf zu einem Standard könnte 3D für daheim doch noch zum angesagten Hype werden. Ersatz für Brillen Bleibt also doch nur die bebrillte Zukunft für den 3D-Spaß? Nicht ganz, ist man an der Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz überzeugt. Dort haben Informatiker eine Methode zur Bearbeitung von Lichtfeldern entwickelt. Zunächst mal zur Begriffsklärung: Wer mit einer herkömmlichen Digitalkamera fotografiert, erhält bekanntermaßen ein zweidimensionales Bild. Neuartige Lichtfeldkameras nutzen dagegen spezielle optische Elemente (wie Mikrolinsenfelder), um Richtungsinformationen des Lichtes zu erhalten. Zu den zweidimensionalen Bildkoordi- naten kommen also zweidimensionale Richtungskoordinaten dazu. Daraus entstehen vierdimensionale Abbildungen. Und genau die nennt man Lichtfelder. Lichtfelder haben nun den Vorteil, dass sie weit mehr Informationen enthalten als herkömmliche Bilder. So kann man im Nachhinein Fokus und Perspektive einer Aufnahme ändern oder Tiefeninformationen und Abbildungen mit sehr hoher Tiefenschärfe errechnen. „Und das Potenzial ist beträchtlich“, sagt Manfred Rathmoser, Sprecher der JKU. Das gilt nicht nur für bildgebende Systeme und die Verarbeitung digitaler Bildinformationen, sondern auch für Displaysysteme. Für zukünftige Displaytechnologien ermöglichen Lichtfelder die Darstellung dreidimensionaler Inhalte für beliebig viele Betrachter und ohne Hilfsmittel wie 3D-Brillen. Lichtfelder digital nachbearbeiten Bevor es aber so weit ist, müssen Lichtfelder genauso digital nachbearbeitet werden können, wie es heute für zweidimensionale Abbildungen, also für Bilder und Videos, möglich ist. Und hier kommen die JKU-Forscher ins Spiel: Unter der Leitung von Professor Oliver Bimber gelang es ihnen, Softwarealgorithmen zu entwickeln, die es ermöglichen, Lichtfelder entsprechend zu analysieren und zu bearbeiten. Zur im Mai stattfindenden Fachtagung Eurographics präsentieren die JKUForscher erstmals ein Verfahren, das das nichtlineare Strecken und Stauchen von Lichtfeldern ermöglicht. Dabei können Aufnahmen aus einer Lichtfeldkamera bequem auf eine beliebige Größe und ein gewünschtes Seitenverhältnis angepasst werden – ohne dass wichtige Inhalte unnatürlich verzerrt werden. Und das ist der erste Schritt zur gezielten Veränderung der Tiefeninformation. i www.jku.at/cg www.osram.com hi!tech 01|12 72 ■ 73 hi!life Toys Ein Blickfang von Logitech: Ohne Tasten und Scrollrad steuert man mit der Multitouch-Oberfläche der Maus. ■ www.logitech.de hi!toys Ein Minicomputer versteckt sich in diesem USB-Stick. Der Mikrorechner lässt sich an beliebige Bildschirme anschließen und ist über eine SmartphoneApp steuerbar. Als Betriebssystem steht Android 4.0 oder Ubuntu zur Auswahl. ■ www.fxtech.com 41 Megapixel – Rekord für ein Smartphone! Das Nokia 808 Pure View sorgt mit Carl-ZeissOptik für scharfe Erinnerungen. www.nokia.at Fast zur Gänze recyclebar ist dieses Kartonradio. Außerdem verfügt es auch über einen Anschluss für den MP3-Player. ■ www.sowaswillichauch.de Die schrillen Ghettoblaster aus den 80er Jahren sind wieder in – heute werden sie allerdings mit MP3s statt mit Kassetten gefüttert. Diese Dockingstation für das iPhone kann mehr: Apps downloaden und zocken, während das Smartphone lädt! ■ www.sowaswillichauch.de ■ www.sowaswillichauch.de Sabine Nebenführ Logitech, Nokia, FXI, sowaswillichauch.de hi!tech 01|12 74 %).%3%%,)3#(% %2+2!.+5.' )343/./2-!, 7)%%).%'2)00% .52.)#(4).4!'%.!53+52)%24 %3)34:%)4'!.:./2-!,$!2b"%2:52%$%. Ecmgd^cfhkao`di?mdoo`g\gg`mH`in^c`idino`mm`d^chdoknt^cdn^c`iKmj]g`h`ipi_ Øi_`of\phb`n`ggn^c\aogd^c`<fu`ko\iu)?`nc\g]rjgg`irdm_d`?dnfpnndji]`mknt^cd( n^c`@mfm\ifpib`iaa`iogd^ch\^c`i)H`cmDiajmh\odji`i\parrr)b\iuijmh\g)\o Nr. 02 | Februar 2012 | Euro 4,40 Retouren an Postfach 555, 1008 Wien P.b.b. 02Z030115 M Ö S T E R R E I C H I S C H E INDUSTRIE MAGAZIN Das Magazin für Ihren unternehmerischen Erfolg Rohstoffe Was auf die Industrie im Jahr 2012 zukommt Seite 18 Standort der Alle Bundeslän im Wachstums vergleich Österreichs beste Seminaranbieter 80 Dienstleister im Qualitätscheck. Seite 68 Firmenfuhrpark Alle neuen Kompakt- und Mittelklassemodelle 2012. Seite 34 Schwerindustrie Wie schlanke, hocheffiziente Prozesse Einzug halten. Seite 44 Software as a Service Was Auslagern der heimischen Industrie bringt. Seite 54 C_FOTOLIOA.COM INDUSTRIEMAGAZIN D A S