Das Bild der Geliebten in Goethes Versen an Lida

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Das Bild der Geliebten in Goethes Versen an Lida
ANNA AMALIA UND GOETHE AKADEMIE ZU WEIMAR
WILHELM SOLMS
Das Bild der Geliebten in
Goethes Versen an Lida
1
Vortragsreihe der Anna Amalia und Goethe Akademie zu Weimar
Herausgegeben von
PROF. DR. ILSE NAGELSCHMIDT und DR.GABRIELE VON TRAUCHBURG
Festvortrag gehalten anläßlich von Goethes Geburtstag
am 28. August 2012 in Weimar
Mit freundlicher Unterstützung von:
Anna Amalia und Goethe Freundeskreis e.V.
Ingeborg und Dr. Albrecht Schultz, Wuppertal
Karin und Joachim König, Burgau/Schwaben
Harald Giersch, Deißlingen
Gerlinde Steube, Berlin
VideoBlog vom Vortrag und PDF-Version unter:
www.AnnaAmalia-Goethe.de
Anna Amalia und Goethe Akademie zu Weimar
post@AnnaAmalia-Goethe.de
www.AnnaAmalia-Goethe.de
Umschlagszeichnung:
Angelika Kauffmann (1741-1807)
»Amor und Psyche«, 1792
Öl auf Leinwand, 215,5 x 164,5 cm
Kunsthaus Zürich
.
Alle Rechte vorbehalten.
www.denkena-verlag.de
1. Auflage, Weimar 2012
Printed in Germany, esf-print.de/Berlin
ISBN 978-3-936177-63-3
DR. A. J. DENKENA VERLAG
W2EIMAR
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Das Bild der Geliebten in
Goethes Versen an Lida
3
4
Heute an Goethes Geburtstag möchte ich die Kenner, Liebhaber und Freunde des Dichters zu einem Spiel einladen, das Jurek
Becker1 erfunden hat: Das Selbstverständliche kurz unterbrechen.
Eine Stunde ohne die bewährten Argumente auskommen. Die Rolle
des Gegners übernehmen. Bis die Furcht, sich als der eigene Gegner überzeugend zu finden, sich nach und nach verliert. Das Spiel
erst dann beenden, wenn die Rolle leergespielt ist. Geduldig auf
diesen Augenblick warten. Kommt er nicht, dann immer weiterspielen bis ans Ende.
Wenn Sie die Einladung annehmen, werden Sie am Ende von
der Rolle des Gegners noch nicht restlos überzeugt sein, aber
vielleicht zu den kleinen, bisher kaum beachteten Versen an Lida
Zugang gefunden haben. Unser Interesse gilt ja dem Dichter und
nicht dem Liebhaber.
Goethe hat im Alter von 71 in einem Gedicht bekannt, er habe
„Einer einzigen“ angehört, die er „Lida“ nennt. Wen hat er hinter
diesem Namen verborgen? Ist es Charlotte von Stein, was für die
Goetheforschung, allerdings erst seit der Veröffentlichung von
Goethes an sie adressierten Briefen, selbstverständlich ist, oder
Herzogin Anna Amalia, wie Ettore Ghibellino vermutet. Diese Frage ist noch immer nicht geklärt.
Ghibellinos Buch2, das erstmals 2003 erschienen ist, wurde
damals von der sensationslüsternen Presse gefeiert, von den
Goetheforschern jedoch bis heute fast durchwegs ignoriert. Da er
für seine These eine Vielzahl von Belegen vorgelegt hat, kann man
sein Buch nicht einfach wie Albert Meier als „ingeniöse Schwindelei“3 abtun. Ich hatte deshalb im März in einem offenen Brief die
beiden Kontrahenten, die Goethe-Gesellschaft und die Anna Amalia
und Goethe Akademie, zu einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung aufgefordert4. Nachdem Jochen Golz im Namen des Vor5
stands der Goethe Gesellschaft einen Dialog über diese
„Verschwörungstheorie“ abgelehnt hat, um „abseitige Spekulationen“ nicht „über Gebühr aufzuwerten“ 5, und nachdem die von mir
angeschriebenen Goetheforscher abgesagt haben, muss ich mich
nun selbst in die Pflicht nehmen.
Auch ich kann Ihnen nur eine Annahme anbieten. Welche von
beiden Frauen Goethes Geliebte gewesen ist, lässt sich, wenn
überhaupt, nur durch eine gründliche Untersuchung der an Frau
von Stein adressierten Briefe und ihrer Kontexte beantworten. Die
Akademie möchte diese Arbeit leisten, kann es aber nicht, da sie
über keine Ressourcen verfügt; die Klassik Stiftung Weimar könnte sie leisten, möchte es aber nicht.
Können uns ausgerechnet Gedichte hier weiterhelfen, die doch
Produkte der Einbildungskraft sind und nicht reale Dokumente wie
Tagebuchnotizen oder Briefe? Wem sonst hätte Goethe seine geheimsten Gedanken und Gefühle anvertraut als seinen Gedichten6?
Goethe stimmte im Jahr 1818 dem Urteil eines Lesers zu, „dass
meine kleinen Gedichte an Lida die zartesten unter allen seien“7.
Dieser hatte nur die Gedichte gelesen, die bis dahin erschienen
waren. Zu ihnen kommen noch die vielen, meist noch kleineren
und meist undatierten Gedichte hinzu, die unter Goethes Briefen an
Frau von Stein gelegen haben und erst um 1850 bekannt geworden sind8.
Zunächst habe ich aus allen Gedichten aus dem ersten Weimarer
Jahrzehnt, die in den meisten Ausgaben auf verschiedene Rubriken
verteilt wurden, fünfzig ausgewählt, die sich direkt oder indirekt
auf die Geliebte beziehen, und sie chronologisch geordnet9. Dabei
ergaben sich drei Gruppen: 17 Gedichte aus dem ersten Weimarer
Jahr (November 1775 bis November 1776), dann - nach nur 5
Gedichten aus den nächsten zweieinhalb Jahren - 5 Gedichte vom
Herbst 1780 und 4 vom Herbst 1781 und als dritte Gruppe die
Gedichte in strenger Form: 9 Epigramme in Distichen aus dem Jahr
6
1782 sowie 5 weitere Epigramme und 5 Stanzen aus dem Jahr
178410.
Danach habe ich diese Gedichte wie einen Zyklus von Anfang
bis Ende gelesen und die offenen und versteckten Hinweise auf die
Geliebte miteinander verknüpft, bis ich das Drama, das sich zwischen den Liebenden abgespielt haben könnte, vor mir sah.
1. »Glück ohne Ruh« im ersten Weimarer Jahr
Anna Amalia war Goethe vielleicht schon 1772 oder 1773 begegnet11. Dann hatte Carl Ludwig von Knebel, höchst wahrscheinlich in ihrem Auftrag, Goethe in Frankfurt besucht und in Mannheim mit Erbprinz Carl August zusammengebracht. Dieser hatte
sofort Gefallen an ihm gefunden, ihn ein Jahr später in Frankfurt
getroffen und erneut zu einem Besuch in Weimar eingeladen. Goethe,
der nach der endgültigen Trennung von Lili Schönemann und den
geringen Erfolgen als Rechtsanwalt ohnehin von Frankfurt wegstrebte, nahm die Einladung an und traf am 7. November 1775 in
Weimar ein.
Das Mond-Symbol
Zwei der ersten dort verfassten Gedichte dokumentieren noch
immer seine Liebe zu Lili, das dritte, „Jägers Nachtlied“12, wurde
in der Forschung teils auf Lili, teils auf Charlotte von Stein bezogen, hinter der sich für Ghibellino Herzogin Anna Amalia verbirgt.
Goethe hat Eckermann erzählt, er sei in Weimar „sehr bald in leidenschaftliche Zustände geraten“13. Vielleicht hat die neue Liebe,
ob zu Charlotte oder zu Anna Amalia, die Erinnerung an die Liebe
zu Lili in ihm geweckt. Oder er hatte die „angenehme Empfindung“,
dass „sich eine neue Leidenschaft in uns zu regen anfängt, ehe die
alte noch ganz verklungen ist.“14
7
Jägers Nachtlied
Im Felde schleich ich still und wild,
Lausch mit dem Feuerrohr,
Da schwebt so licht dein liebes Bild
Dein süßes Bild mir vor.
Du wandelst jetzt wohl still und mild
Durch Feld und liebes Tal
Und ach mein schnell verrauschend Bild,
Stellt sich dirs nicht einmal?
Des Menschen der in aller Welt
Nie findet Ruh noch Rast;
Dem wie zu Hause, so im Feld
Sein Herze schwillt zur Last.
Mir ist es denk ich nur an dich
Als säh den Mond ich an;
Ein süßer Friede kommt auf mich
Weiß nicht wie mir getan.
Das liebe und süße Bild, das der Dichter auf seinem abendlichen
Streifgang vor sich sieht, ist das Bild der Geliebten. Wen dieses
Bild darstellt, ist nicht zu erkennen. Er stellt sich vor, dass auch sie
jetzt durch Feld und Tal wandelt, und fragt sich, ob ihr auch einmal
sein Bild vor Augen steht oder ob es schnell verrauscht ist: das Bild
eines Menschen, der nirgends und niemals Ruhe oder Rast findet.
„Zu Hause“ dürfte der Ort sein, von dem er losgezogen ist, also
nicht Frankfurt, sondern Weimar. Wenn er nur an „dich“, die Geliebte, denkt, ist ihm, als würde er den Mond ansehen. Und weil
das Bild der Geliebten mit dem Bild des Mondes in seiner Vorstellung verschmilzt, erfüllt ihn, ohne dass er sich dies erklären kann,
ein süßer Friede 15.
8
In „Jägers Abendlied“, der Fassung von 1789, lautet die dritte
Strophe:
Des Menschen der die Welt durchstreift
Voll Unmut und Verdruß,
Nach Osten und nach Westen schweift,
Weil er dich lassen muß.
Hier streift der Dichter voll Unmut und Verdruss durch die Welt,
weil er „dich“, die Geliebte, „lassen muss“16. Würde er auch sie
verlassen, so würde er weiterhin unmutig herumziehen, wenn er
dagegen bleibt, so scheint der Dichter zu hoffen, wird er endlich
„Friede“ finden.
Wandrers Nachtlied
Der du von dem Himmel bist,
Alle Freud und Schmerzen stillest,
Den, der doppelt elend ist,
Doppelt mit Erquickung füllest,
- Ach, ich bin des Treibens müde,
Was soll all die Qual und Lust? –
Süßer Friede,
Komm, ach komm in meine Brust!
Das himmlische „du“ ist nicht, wie ein „Nachtlied“ erwarten lässt,
der Mond, auch „nicht Gott“17, sondern, wie erst im 7. Vers deutlich wird, der „süße Friede“. Den aber scheint wie in „Jägers Nachtlied“ der Mond bewirkt zu haben. Während dieser Friede dort
tatsächlich kommt, bittet der Dichter hier darum, dass er zu ihm
kommen möge.
9
An den Mond (Erste Fassung)
Füllest wieder ‘s liebe Tal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz.
Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick
Wie der Liebsten Auge, mild
Über mein Geschick.
Das du so beweglich kennst,
Dieses Herz im Brand,
Haltet ihr wie ein Gespenst
An den Fluß gebannt,
Wenn in öder Winternacht
Er vom Tode schwillt
Und bei Frühlingslebens Pracht
An den Knospen quillt.
Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Haß verschließt,
Einen Mann am Busen hält
Und mit dem genießt,
Was den Menschen unbewußt
Oder wohl veracht’
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.
Die erste Fassung, die zwischen den Briefen an die Geliebte gelegen hat, dürfte aufgrund der Nähe zu „Jägers Nachtlied“ schon
im Frühjahr 1776 entstanden sein18. Der Mond bescheint das „lie10
be Tal“ wie in „Jägers Nachtlied“ und löst zugleich seine Seele, so
wie ihn dort ein „süßer Friede“ erfüllt. In der zweiten Strophe fließt
der milde Schein des Mondes mit dem Blick der Liebsten zusammen. Erinnerte ihn in „Jägers Nachtlied“ das Bild der Geliebten an
den Mond, so erinnert ihn hier das Bild des Mondes an die Geliebte19. In dem „ihr“ der dritten Strophe sind dann der Mond und
die Liebste in eins gesetzt. Durch beide wird er nachts an den Fluss
(die Ilm) wie ein Gespenst gebannt. Das „er“ in der vierten Strophe ist wieder der Fluss, der, wenn er über das Ufer schwillt, im
Winter den Tod und im Frühling das Leben bringt. Das „wer“ in
der fünften Strophe ist nicht mehr „er“, der Dichter oder der Fluss,
sondern sie, die Geliebte. „Selig ist“: das ist wie die Seligpreisungen20 ein Versprechen und natürlich auch ein Wunsch. Selig wird
sie sein, wenn sie sich ohne Hass aus der Welt zurückziehen und
mit ihrem Geliebten das Leben genießen wird. In der letzten Strophe spricht der Dichter bewusst rätselhaft. Was den Menschen
nicht bewusst ist und was, wenn sie es wüssten, von ihnen verachtet würde und wofür er wie in einem Labyrinth keinen Ausweg
findet, bedrückt ihn auf seiner Wanderung durch die Nacht.
Nach Ghibellino ist es Anna Amalia, die sich hinter der Figur der
„Liebsten“ verbirgt. Denn sie hatte sich nach der Übergabe der
Regentschaft von der Welt zurückgezogen, während sich die gesellschaftliche Position von Charlotte von Stein kaum verändert
hatte. Als Antezedenzien zur vorletzten Strophe, „Selig, wer sich
vor der Welt/ Ohne Haß verschließt“, hat er sowohl einen Brief
Anna Amalias vom Dezember 1773 als auch einen Brief Charlotte
von Steins zitiert21. Anna Amalia bekannte dem Minister von Fritsch
bei der Übergabe der Regentschaft: „ich bin des Lebens müde“,
Charlotte gestand Goethe in einem Brief, den er in dem Stück „Die
Geschwister“ vom Oktober 1776 wiedergegeben hat: „Die Welt
wird mir wieder lieb (…), wieder lieb durch Sie. (…) Vor einem
halben Jahr war ich bereit zu sterben.“Das lag nicht drei Jahre
zurück, sondern war, bevor Goethe in ihr Leben getreten ist.
11
Für die Annahme, dass das Mondgedicht an Charlotte von Stein
gerichtet ist, spricht auch ihre nach Goethes Aufbruch nach Italien
verfasste Umdichtung, in der sie klagt:
Lösch das Bild aus meinem Herz
Vom geschiednen Freund,
Dem unausgesprochner Schmerz
Stille Träne weint.
Dagegen lässt ein weiteres von Ghibellino angeführtes Indiz eher
an Anna Amalia denken: Goethe hat im Weimarer Tagebuch, das
er seit Mai 1776 führte, für Personen der Weimarer Hofgesellschaft, mit denen er häufig verkehrte, zu ihrer Tarnung Zeichen aus
dem Planetensystem verwendet. So steht das Sonnenzeichen für
Charlotte von Stein, das Mondzeichen für Anna Amalia22. Goethe
hat neben dem Mondzeichen mehrmals „Abends“ und einmal
„Nachts“ 23 notiert und sich auch in den Briefen an die Geliebte
mehrfach für den Abend angesagt24.
In dem vier Jahre später, am 15. Oktober 1780, entstandenen
Gedicht „Um Mitternacht wenn die Menschen erst schlafen / Dann
scheinet uns der Mond“ scheint der Mond nicht mehr die Sehnsucht nach der Geliebten, sondern die erfüllte Liebe, eine „Nachtliebe“25, zu symbolisieren.
Die Entscheidung zu bleiben
Goethe wusste zunächst nicht, wie lange er in Weimar bleiben
würde. Während Wieland schon am 26. Januar konstatierte:
„Goethe kömmt nicht wieder von hier los. Carl August kann nicht
mehr ohne ihn schwimmen noch waten. ’s ist aber doch noch nichts
Entschiedenes“, schrieb Goethe drei Tage später an „Frau von
Stein“: „Es geht mir verflucht durch Kopf und Herz, ob ich bleibe
oder gehe.“ Warum ist er geblieben?
12
In dem oft interpretierten Gedicht „Warum gabst du uns die tiefen Blicke“, das Goethe der Geliebten am 24. April 1776 schickte, fragt der Dichter das „Schicksal“, warum sie und er fähig seien,
„einander in das Herz zu sehen“. Während viele Menschen sich
lieben, ohne sich zu verstehen, dürfen sie sich nicht lieben, können
aber einander verstehen. Obwohl der Dichter überzeugt ist, ihr
„wahr Verhältnis“ ausspähen zu können, will er von ihr hören:
Sag’, was will das Schicksal uns bereiten?
Sag’, wie band es uns so rein genau
Ach, du warst in abgelebten Zeiten
Meine Schwester oder meine Frau;
Wem hat er diese Frage gestellt? Darauf hat Goethe Jahre später, um den 20. September 1780, im Brief an Lavater eine eindeutige Antwort gegeben: „Auch thut der Talisman iener schönen Liebe womit die St[ein] mein Leben würzt sehr viel. Sie hat meine
Mutter, Schwester und Geliebten nach und nach geerbt“. Wollte
Goethe ihn in sein Geheimnis einweihen oder irreführen?
Goethes Geliebte antwortete auf diese verfängliche Frage bereits
am nächsten Tag: „Eher kann’s sein, dass ich Ihre Schwester einmal
gewesen bin.“ Darauf schrieb er ihr am 27. April zurück: „Adieu
liebe Schwester, weil’s denn so sein soll.“ Will er ihr damit Adieu
sagen und weggehen? Die Antwort ergibt sich aus der letzten Strophe:
Und von allem dem schwebt ein Erinnern
Nur noch um das ungewisse Herz,
Fühlt die alte Wahrheit ewig gleich im Innern,
Und der neue Zustand wird ihm Schmerz.
Und wir scheinen uns nur halb beseelet,
Dämmernd ist um uns der hellste Tag.
Glücklich, dass das Schicksal, das uns quälet,
Uns doch nicht verändern mag.
13
Die „alte Wahrheit“ ist die Erinnerung daran, dass sie in einem
früheren Leben vereint gewesen seien, der neue Zustand ist, dass
sie sich nicht lieben dürfen. Dass ihre Liebe sich nicht am Tag,
sondern nur in der Nacht abspielt, wie Ghibellino meint26, geht aus
diesen Versen nicht hervor. Auch wenn das Schicksal, dass sie
nicht wie Mann und Frau zusammenleben dürfen, sie quält, können auch sie sich glücklich fühlen. Da es sie nicht verändern kann,
wird ihre Liebe Bestand haben.
Und deshalb ist es ihm unmöglich, wegzugehen, wie das folgende Gedicht vom 6. Mai bestätigt.
Rastlose Liebe
Dem Schnee dem Regen,
Dem Wind entgegen
Im Dampf der Klüfte
Durch Nebeldüfte
Immer zu! Immer zu!
Ohne Rast und Ruh!
Lieber durch Leiden
Möcht ich mich schlagen
Als soviel Freuden
Des Lebens ertragen.
Alle das Neigen
Von Herzen zu Herzen,
Ach wie so eigen
Schaffet das Schmerzen!
Wie soll ich fliehen?
Wälderwärts ziehen
Alles vergebens!
Krone des Lebens
Glück ohne Ruh
Liebe bist du!
14
Was den Dichter in Schnee und Regen herumtreibt, ist die Liebe.
Und es ist die gegenseitige Zuneigung, die ihm, aber auch ihr,
Schmerzen bereitet. Die Liebe ist zwar ein „Glück ohne Ruh“, doch
wenn er wegginge, würde er das Glück, das für ihn die „Krone des
Lebens“ ist, verlieren. Seine Unruhe kommt in dem „rastlosen“,
mit vielen Zeilensprüngen vorwärts drängenden Rhythmus zum
Ausdruck, der gegen Ende der ersten Strophe durch eine dichte
Folge betonter Silben unterbrochen wird („Ímmer zú! Ímmer zú!“),
und in den beiden auf vier Silben verkürzten Schlussversen mit
ihrem markanten Pendelrhythmus „Líebe bíst dú“ zum Stillstand
kommt.
Kurz darauf, am 25. Juni, wurde Goethe dank der Fürsprache
von Anna Amalia Mitglied im „Conseil“, dem Geheimen Rat.
In dem ursprünglich „Dem Schicksal“, später „Einschränkung“
betitelten Gedicht vom 3. August 1776 fragt sich der Dichter:
Was weiß ich, was mir hier gefällt,
In dieser engen kleinen Welt
Mit leisem Zauberband mich hält!
Was Goethe in Weimar gefallen hat, war offenbar die Geliebte.
Und das „leise Zauberband“, das ihn hält, war diesem Wort zufolge noch stärker als das „Zauberfädchen“, mit dem ihn Lili in
ihrer von ihm ebenfalls als eng empfundenen Welt festgehalten hatte27. Während er sich damals losgerissen hatte, will er diesmal bleiben, mit Geduld abwarten, wie ihn das Schicksal leiten wird, und
„In holder Gegenwart der lieben Zukunft hoffen“. Es ist also die
Liebe, die ihn diesmal nicht zur Flucht, sondern zum Bleiben bewogen hat. Dass Goethe vor allem ihretwegen geblieben ist, hat er
acht Jahre später in der Stanze „Gewiß ich wäre schon so ferne
ferne“ bestätigt.
15
Verbotene Liebe
Damit scheint Goethe seine innere Unruhe aber noch nicht überwunden zu haben. Das Hin- und Hergerissensein zwischen Unruhe
und „Frieden“, „Freud und Schmerzen“, „Qual und Lust“, „Leiden“ und „Freuden“, „Sorgen“ und „Liebe“, „erhoffen“ und „verzweifeln“ 28 zieht sich wie ein roter Faden durch die Gedichte vom
Sommer 1776. Die Ursache für diesen Zwiespalt wird vom Dichter in zwei mit dem Klagelaut „Ach“ beginnenden Gedichten vom
22. Juli und 8. August angedeutet:
Ach so drückt mein Schicksal mich
Daß ich nach dem unmöglichen strebe.
Lieber Engel für den ich nicht lebe
Zwischen den Gebürgen leb ich für dich.
Wenn er in den Bergen herumwandert, lebt er in seinen Träumen
für sie, wenn er in ihrer Nähe ist, aber nicht. Warum strebt er mit
dem Wunsch, für sie und mit ihr zu leben, „nach dem Unmöglichen“?
Ach wie bist du mir,
Wie bin ich dir geblieben!
Nein an der Wahrheit
Verzweifl ich nicht mehr.
Ach wenn du da bist
Fühl ich, ich soll dich nicht lieben,
Ach wenn du fern bist,
Fühl ich, ich lieb dich so sehr.
Welche Wahrheit ist hier gemeint? Eine, wegen der er verzweifelt war, nun aber nicht mehr verzweifelt. Die Wahrheit, dass er sie
liebt, kann kein Grund zur Verzweiflung gewesen sein. Und an dem
Konflikt, dass er sie nicht lieben darf, obwohl er sie so sehr liebt,
würde er nach wie vor verzweifeln. Offenbar hat Goethe inzwischen
16
die Wahrheit akzeptiert, dass er seine Liebe zu ihr, wenn sie da ist,
nicht zeigen darf.
Hätte er bei Charlotte von Stein seine Liebe verbergen müssen,
weil sie eine verheiratete Frau war? Goethe hat sie schon im ersten
Jahr oft gesehen und oft bei ihr zu Mittag gegessen29, während ihr
Ehemann an der Tafel des Herzogs speiste. „Um die Meinung der
Weimarer Gesellschaft hat sich Goethe aber überhaupt nicht gekümmert“.30 Diese Feststellung von Richard Friedenthal würde bei
einer Beziehung zu Frau von Stein zutreffen, bei einer Beziehung zu
Anna Amalia jedoch nicht. Wäre sie bekannt geworden, so hätte
dies einen Staatsskandal ausgelöst.
»Liebe Sünde«: in Gedanken oder in Werken?
Auf der Rückseite des Briefs vom 7. Oktober 1776, in dem er
darüber klagt, dass die Geliebte verreist, hat Charlotte von Stein
die Verse notiert:
Obs unrecht ist was ich empfinde –
Und ob ich büßen muß die mir so liebe Sünde
Will mein Gewissen mir nicht sagen;
„Obs unrecht ist“: diese Frage enthält zugleich die Antwort.
Charlotte empfindet Liebe und hält dies für unrecht, ja für eine
Sünde, scheint aber zu dieser „mir so lieben Sünde“ bereit zu sein.31
Die erste Anspielung auf leidenschaftliche Küsse findet sich im
Gedicht „An den Geist des Johannes Sekundus“. Goethe notierte
am 31. Oktober in seinem Tagebuch: „Stein. Angekommen mit ihr
zu Nacht gessen Nachts Tanz bis früh 3.“ Charlotte von Stein war
damals zusammen mit dem Sturm-und-Drang-Dichter Lenz aus
Kochberg zurückgekommen. „Nur Tanz?“ So fragt an dieser Stelle auch Helmut Koopmann32, der sonst eine körperliche Beziehung zwischen Goethe und Charlotte ausschließt. Am 1. November vermerkte Goethe: „Dann [am Abend] nach Tiefurt. Johannes
17
Sekundus“, und am 2. November: „ich in Garten. Ad Manes J. S.
[An die Manen = den Geist von Johannes Sekundus]. Dann zu
Herdern dann zu H. M. [Herzogin Mutter] wo Punsch getruncken
gelesen und gesungen wurde. Nachts gebadet.“33 Goethe hat demnach am 1. November den „erotischen Gedichtzyklus (…) mit dem
Titel ‚Basia’ (= Küsse)“ dieses humanistischen Dichters und Gelehrten34 gelesen oder der Herzogin vorgelesen und am 2. November sein Gedicht geschrieben34a.
Der Dichter klagt dem Geist seines Vorgängers, den er als „Lieber, heiliger, großer Küsser“ anruft, dass seine Lippe blutet.
Gesprungen ist sie! Nicht vom Biß der Holden,
Die, in voller ringsumfangender Liebe,
Mehr mögt haben von mir, und mögte mich Ganzen
Ganz erküssen, und fressen, und was sie könnte!
Sondern vom kalten Herbstwind. Trauben- und Bienensaft würden ihm nicht helfen. „Denn von der Liebe alles heilendem / Gift
Balsam [vom Balsam der Liebe, der alles Gift heilt] ist kein Tröpfgen
drunter.“
Am 3. November schickte er das Gedicht an Charlotte von Stein
mit den Zeilen: „Ich bitte Sie um das Mittel gegen die wunde Lippe“, das heißt: um den Balsam der Liebe.“ Koopmann urteilt hier:
„Aber das Gedicht verrät selbst den wahren Grund und sollte es
wohl auch Charlotte gegenüber.“34b Gewiss, die Lippen wären wohl
kaum wegen des kaltes Windes aufgesprungen. Das Gedicht verrät aber nicht, welche von beiden Frauen Goethe damals geküsst
hat und ob es überhaupt zu einem Kuss gekommen ist. Denn es
dokumentiert nicht den beiderseitigen Liebesgenuss, sondern des
Dichters „Liebebedürfnis“ – so der Titel der überarbeiteten Fassung – und sucht zugleich ihr Liebesverlangen zu wecken. Ob
Goethe Charlotte von Stein in der gemeinsam verbrachten Nacht
bedrängt hat, ob sie seinem Drängen nachgegeben oder wider18
standen hat oder ob mit der „Holden“ die Herzogin gemeint ist,
bleibt völlig offen.
Goethes erstes Jahr in Weimar stellt auch den Interpreten, der
die Rolle von Ghibellino übernommen hat, vor Probleme. Nicht
nur in den zitierten Versen, auch in Goethes Tagebuch und in seinen Briefen an Frau von Stein und ihrem Briefwechsel mit Zimmermann finden sich deutliche Hinweise darauf, dass sie Goethes
Geliebte gewesen sein könnte. Oder musste sie schon damals seine Geliebte spielen? Enthüllung oder Verschleierung: das ist hier
die Frage, die eine unvoreingenommene Untersuchung sämtlicher
Zeugnisse erfordert.
2. Ein kaum getrübtes Glück zu
Anfang der achtziger Jahre
Die Anfang der achtziger Jahre entstandenen Gedichte sind Zeugnisse einer erfüllten, aber geheimgehaltenen und dadurch belasteten Liebe. Weil der Dichter sie über alle Maßen liebt, möchte er,
dass die ganze Welt dies erfährt. Zugleich ist er sich bewusst, dass
ihm über das „was ich im Herzen verwahre / Ewige Stille geziemt“,
und er versichert „seiner Geliebten“, dass er ihrer nur „still“ gedenken darf35. Deshalb hat er sich Mittel und Wege ausgedacht, wie
er seine Liebe offenbaren, seine Geliebte aber verbergen kann.
Himmelsband
Am 15. September 1780 schickte er der Geliebten ein Gedicht,
das er ein Jahr später im Tiefurter Journal unter dem Titel „Ode“
und in den „Schriften“ von 1789 unter dem Titel „Meine Göttin“
veröffentlicht hat. Des Dichters Göttin ist die seltsamste Tochter
Jupiters, die „Phantasie“. Denkt er auch in diesem Gedicht, in welchem er der Göttin Phantasie den „höchsten Preis“ gibt, an seine
Geliebte?
19
Er preist Jupiter,
der solch eine schöne
Unverwelkliche Gattin
Dem sterblichen Menschen
Gesellen mögen.
Denn uns allein
Hat er sie verbunden
Mit Himmelsband,
Und ihr geboten
In Freud und Elend
Als treue Gattin
Nicht zu entweichen.
Nicht allen Menschen hat Jupiter sie zugesellen mögen, sondern
„uns allein“, den Poeten. Oder ihm allein? Steht „meine Göttin“ für
die Geliebte, der er sich durch eine himmlische Macht verbunden
fühlte36?
Das folgende Gedicht schickte er der Geliebten drei Monate
später, am 8. Dezember 1780:
Zum Tanze schick’ ich dir den Strauß
Mit himmelfarbnem Band,
Und siehst du andern freundlich aus,
Reichst andern deine Hand,
So denk’ auch an ein einsam Haus
Und an ein schöner Band.
Indem er mit dem himmelfarbnen Band an das Himmelsband
anknüpft, verbindet er seine Göttin mit der Geliebten. Zugleich erinnert er diese an ein noch schöneres Band, das Band der Ehe.
Wieder drei Monate später, am 8. März 1781, schreibt er ihr:
„Ich habe das liebe Band im Schreiben um die Hand gebunden“,
und am 12. März klagt er: „Ich wollte daß es irgendein Gelübde
oder Sakrament gäbe, das mich dir auch sichtlich und gesezlich zu
20
eigen machte, wie werth sollte es mir seyn.“ Er möchte mit ihr auch
gesetzlich verbunden werden, ist sich aber bewusst, dass dies nicht
sein kann37. Deshalb will er wenigstens vor Gott mit ihr verbunden
sein: „Die Juden haben Schnüre mit denen sie die Arme beym Gebet umwickeln, so wickle ich dein holdes Band um den Arm wenn
ich an dich mein Gebet richte“.
Vermutlich hatte er ihr kurz davor das Gedicht „Von mehr als
einer Seite verwaist“ geschickt38, das mit den Versen endet:
Mein Schutzgeist, eil’, es ihr zu sagen,
(…)
Und bitte sie zur Lindrung meiner Plagen
Um das geheimnißvolle Band;
Sie trägt’s, und oft hat mir’s ihr Blick versprochen.
Und vermutlich hat er daraufhin das Band erhalten, das seine
Sorgen aber nicht gelindert hat. Denn er schreibt ihr am 8. Juli:
„Wir sind wohl verheurathet, das heist: durch ein Band verbunden,
wovon der Zettel aus Liebe und Freude, der Eintrag aus Kreuz
Kummer und Elend besteht.“
„Eine Scheidung von Frau von Stein und eine Heirat mit Goethe
wäre rechtlich wohl möglich gewesen. Aber sie hätte frontal gegen
die Konventionen verstoßen“, worüber Goethe sich vermutlich hinweggesetzt hätte, sie aber wohl kaum. Eine Heirat von Goethe mit
Anna Amalia wäre jedoch „vermutlich ausgeschlossen gewesen.“
Sie hätte diesen Verstoß gegen die Standesgesetze „mit dem Verlust aller Vorrechte und der Apanage bezahlen müssen“, und „er
hätte seine Ministerstellung verloren“39 und wäre von allen, die ihn
um seinen märchenhaften Aufstieg beneideten, verspottet worden.
Versteckte Huldigung im Tiefurter Journal
Goethe kündigte der Geliebten im Brief vom 22. September 1781
an, dass „ich an einigen Gedichten mich sinnend ergötze, die ich in
21
das Tiefurter Journal schicke, von da aus sie meiner Besten die
Cour machen sollen“. Worüber er beim Dichten gesonnen und was
ihn ergötzt hat, dürfte das Anliegen gewesen sein, die Geliebte öffentlich zu preisen, ohne sie bloßzustellen.
Das Tiefurter Journal war die in elf handschriftlichen Exemplaren
verbreitete Zeitschrift von Anna Amalia, in der damals Mitglieder
des Weimarer Musenhofes kleine Werke anonym veröffentlichten40.
Im „sechsten Stück“ dieses Journals erschien anonym unter der
Überschrift „Nach dem Griechischen“ das später „Nachtgedanken“
betitelte Gedicht. Goethe hatte es seinem Brief vom 20. September 1781 beigelegt, in dem er schreibt: „Was beiliegt ist dein. Wenn
du willst so geb ich’s in’s Tiefurter Journal und sage es sei nach
dem Griechischen.“
Euch bedaur‘ ich, unglückselge Sterne,
Die ihr schön seid und so herrlich scheinet,
Dem bedrängten Schiffer gerne leuchtet
Unbelohnt von Göttern und von Menschen.
Denn ihr liebt nicht, kanntet nie die Liebe!
Unaufhaltsam führen ewge Stunden
Eure Reihen durch den weiten Himmel.
Welche Reise habt ihr schon vollendet
Seit ich weilend in dem Arm der Liebsten
Euer und der Mitternacht vergessen!
Unglückselig ist nun nicht mehr der Dichter, der nachts voller
Sehnsucht im Mondschein herumgelaufen war, sondern das sind
die Sterne. So schön sie sind und so herrlich sie scheinen, sie werden dafür nicht belohnt, während er liebt und die Liebe kennt. Sie
ziehen ewige Stunden durch den Himmel, seitdem er in den Armen
der Liebsten weilt, ohne an die Sterne und die Mitternacht zu denken. Ein kaum verhülltes Bekenntnis einer Liebesnacht.
22
Im Brief vom 1. Oktober, in dem er die Veröffentlichung dieses
Gedichts ankündigte, berichtete er: „In Leipzig habe ich das Offenbare Geheimnis gesehen und mein Gewissen hat mich gewarnt.“
Sein Gewissen dürfte ihm geraten haben, in den für die Veröffentlichung bestimmten Gedichten an die Geliebte ebenfalls eine poetische Geheimsprache zu verwenden.
Im „neunten Stück“ sind weitere Gedichte erschienen. Das erste, „An die Heuschrecke aus dem Griechischen“, späterer Titel:
„An die Zykade von Anakreon“, ist tatsächlich eine Übersetzung
eines Liebesgedichts von Anakreon, dient aber ebenfalls der Huldigung der Geliebten. Wenn die als selig gepriesene „liebe Kleine“,
die „alle Musen“ lieben, eine „Dichterfreundin“ genannt wird, die
zwar eine „Erdentochter“, aber „fast den Göttern zu vergleichen“
ist, dann lässt sich dies als eine versteckte Huldigung der von allen
Musen geliebten Leiterin des Weimarer Musenhofes verstehen.
Darauf folgt im Tiefurter Journal das später „Der Becher“ betitelte Gedicht vom 22. September 1781, wiederum unter der Überschrift „Aus dem Griechischen“, die wiederum der Tarnung der
Geliebten dient.
Einen wohlgeschnitzten vollen Becher
Hielt ich drückend in den beiden Händen,
Sog begierig süßen Wein vom Rande.
Gram und Sorg’ auf einmal zu vertrinken.
Amor trat herein und fand mich sitzen,
Und er lächelte bescheidenweise
Als den unverständigen bedauernd.
„Freund, ich kenn ein schöneres Gefäße
Wert die ganze Seele drein zu senken;
Was gelobst du, wenn ich dir es gönne,
Es mit anderm Nektar dir erfülle?“
23
„Gram und Sorg’“ dürfte ihm damals vor allem seine prekäre
Liebesbeziehung bereitet haben. „Sorge“, schrieb er der Geliebten
am 18. Februar 1782, das seien die „Vorstellungen, die aus meiner
Liebe aufsteigen.“ Amor bedauert den Dichter für den Unverstand,
sich von der Sorge durch übermäßigen Weingenuss befreien zu
können, und verspricht ihm ein schöneres Gefäß mit einem besser
schmeckenden Inhalt.
O wie freundlich hat er Wort gehalten
Da er, Lida, dich mit sanfter Neigung
Mir, dem lange sehnenden, geeignet.
Wenn ich deinen lieben Leib umfasse,
Und von deinen einzig treuen Lippen
Langbewahrter Liebe Balsam koste,
Selig sprech ich dann zu meinem Geiste:
Der Dichter dankt Amor, dass er ihm Lida, die lang ersehnte,
zugeführt hat. Wenn er anstelle des Bechers Lidas „liebe Hüften“
hält oder, so die spätere Fassung, ihren „lieben Leib“ umfasst und
anstelle des Weins den Balsam ihrer Lippen kostet, spricht er „zu
meinem Geiste“. Mit dieser „homerischen Wendung“ und mit den
anschließenden Vergleichen von Lidas Körper mit den Skulpturen
von Vulcanus und des Balsams ihrer Lippen mit dem Wein von
Lyäus verstärkt er die Fiktion einer griechischen Vorlage. Zugleich
wendet er sich an den Geist Amors, dem er den folgenden Lobpreis widmet.
Nein ein solch Gefäß hat außer Amorn
Nie ein Gott gebildet noch besessen!
(…)
Solchen Trank verschafft ihm keine Sorgfalt!
Sondern allein die Liebe! Indem Amor dem Dichter verheißt, er
könne in dieses schöne Gefäß „die ganze Seele“ versenken, und
24
der Dichter Amor dafür preist, dass von allen Göttern nur er „ein
solch Gefäß (…) besessen“ habe, vergleicht er Lida mit Psyche,
der Geliebten von Amor, deren Name, der erst in späteren Gedichten genannt wird, „Seele“ bedeutet. Und indem er mit dem Bild
des Bechers zeigt, wie er Lida umarmt, küsst und dabei selig ist, offenbart er seine „Herz, Leib und Seele“41 erfassende Liebe zu ihr.
Die Namen Lida und Psyche
Bis zum Jahr 1781 ist die Geliebte in den Gedichten wie in den
Briefen namenlos geblieben. Seit dem 1. Mai 1781 hat Goethe in
den Briefen den Namen Lotte verwendet, obwohl er diesen Namen in zwei früheren Briefen, die deshalb kaum für Charlotte von
Stein bestimmt waren, als „ominös“ und sogar als „verwünscht“
bezeichnet hat42. Wenn er zwei Tage später der Geliebten schreibt:
„Es häuft sich alles um gewisse Begriffe bei mir festzusetzen und
mich zu gewissen Entschlüssen zu treiben“, dann dürfte ihn die
Sorge um die Geheimhaltung ihrer Beziehung dazu getrieben haben.
In den von ihm publizierten Gedichten hat Goethe die Geliebte
jedoch niemals Lotte genannt43. Warum nicht? Auch wenn Goethes
Gedichte nicht die Wirklichkeit, sondern seine Sicht der Wirklichkeit widerspiegeln, Lügen enthalten sie nicht.
In fünf Gedichten hat er die Geliebte mit dem Namen Lida angesprochen. Goethe hatte diesen Namen im Gedicht „Der Becher“
als Decknamen eingeführt, weil sein Gewissen ihm dazu geraten
hatte. Am 9. Oktober 1781 schickte er der Geliebten ein Gedicht,
dessen erster Vers ursprünglich lautete: „Den einzigen Lotte welchen du lieben kannst“. In Reichardts „Deutsche Gesänge“ von
1788 erscheint statt Lotte der Name Psyche, und in der handschriftlichen Vorlage für die „Schriften“ von 1789 hat Goethe den
Namen Lotte durchgestrichen und durch Lida ersetzt und dem
Gedicht den Titel „An Lida“ gegeben.
25
An Lida
Den Einzigen, Lida, welchen du lieben kannst,
Forderst du ganz für dich, und mit Recht.
Auch ist er einzig dein.
Denn seit ich von dir bin,
Scheint mir des schnellsten Lebens
Lärmende Bewegung
Nur ein leichter Flor, durch den ich deine Gestalt
Immerfort wie in Wolken erblicke:
Sie leuchtet mir freundlich und treu,
Wie durch des Nordlichts bewegliche Strahlen
Ewige Sterne schimmern.
Dieses Gedicht könnte den Versen an Lida als Motto voranstehen. Denn hier offenbart der Dichter, dass sie sich gegenseitig
und ausschließlich lieben. Dabei ist es sie, die ihn für sich fordert,
und er, der ihre Forderung akzeptiert, was auf ihren Rangunterschied hinweist. Erneut vergleicht der Dichter das Bild der fernen
Geliebten mit dem Bild nächtlicher Gestirne, wobei er den Glanz
der Sterne durch die Strahlen des Nordlichts verstärkt.
In dem Gedicht, das später den Titel „Versuchung“ erhielt, wird
die Geliebte nicht Lida, sondern Lidia genannt44. Da dieses Gedicht den fehlerfreien Distichen zufolge wohl erst 1782 entstanden
ist, dürfte Lidia nicht eine Vorform45, sondern eine dem Maß des
Pentameters gemäße Umformung von Lida sein.
Versuchung
Eine schädliche Frucht reicht unsre Mutter dem Gatten
Und vom törichten Biß kränkelt das ganze Geschlecht.
Von dem heiligen Leibe, der Seelen speiset und heilet,
Kostest du, Lidia, fromm, liebliches büßendes Kind,
26
Darum schick ich dir gleich die Früchte voll irdischer Süße,
Daß der Himmel dich nicht deinem Geliebten entzieh.
Der Dichter stellt der Seelenspeise eine Speise „voll irdischer
Süße“ gegenüber. „Unsre Mutter“ ist für ihn nicht die Gottesmutter
Maria, sondern Eva. Weil sie Adam die Frucht vom Baum der
Erkenntnis reichte, leidet nach christlichem Glaube das ganze
menschliche Geschlecht an der Erbsünde. Um von dieser Krankheit geheilt zu werden, hat des Dichters Geliebte das Abendmahl
empfangen. Damit die Kirche sie ihm nicht entzieht, schickt er ihr
„Früchte voll irdischer Süße“. Mit der Anspielung auf den Sündenfall im Paradies führt er auch Lidia in Versuchung. Und mit der
spöttischen Beschreibung des Abendmahls, die gläubige Christen
damals wie heute als Blasphemie empfinden dürften, zeigt er, dass
er sie für einen aufgeklärten Geist hält. Beides, die Bereitschaft
zum Genuss der Liebe und die Aufgeschlossenheit gegenüber kritischen Worten, dürfte eher zu Anna Amalia passen als zu Charlotte
von Stein.
Goethe hat zur Maskierung seiner Geliebten auch den Namen
Psyche benutzt, der sich in zwei Gedichten und in mehreren Briefen findet. Er hat sie dadurch mit Prinzessin Psyche, der Geliebten
von Amor, verglichen und zugleich seine „Seele“ genannt46. Das
Märchen „Amor und Psyche“ von Apuleus war am Hof von Anna
Amalia bekannt. Knebel hatte es am 10. Februar 1780 in Tiefurt
vorgelesen, worauf Anna Amalia es aus dem Italienischen übersetzte und im Tiefurter Journal ab dem neunten „Stück“, in dem
auch „Der Becher“ erschienen ist, veröffentlichte47. Wenn er die
Geliebte in den später „An Lida“ und „Ferne“ betitelten Gedichten
erst „Psyche“ und dann „Lida“ nennt, zeigt er erneut, dass er hinter
dem Märchen von Amor und Psyche die eigene Liebesgeschichte
versteckt hat.
27
Ungleiche Verbindung
In drei Epigrammen und einem früheren Vierzeiler hat Goethe
den Standesunterschied zwischen der Geliebten und ihm zum Thema gemacht. Am 12. April 1782 schrieb er ihr aus Meiningen: „Hier
beste ein Epigramm, davon die Dichtung dein ist“. Dieses Epigramm hat später den Titel „Ferne“ erhalten.
Königen sagt man gab die Natur vor andern Gebornen
Einen längren Arm und eine stärkre Faust,
Doch auch mir geringen verlieh sie das fürstliche Vorrecht
Denn ich fasse von fern halte dich, Lida, mir fest.
Könige, sagt der Dichter, verdanken das fürstliche Vorrecht nicht
der Natur, sondern, so deutet er an, der Monarchie. Ihm aber
verlieh die Natur dieses Vorrecht, obwohl er geringen Standes ist.
Auch wenn er in der Öffentlichkeit auf Distanz achten muss, hält er
Lida dennoch fest. Das „fürstliche Vorrecht“ ist auch das Vorrecht
auf eine Fürstin. Und da Goethe in seinem Brief bezeugt, dass die
Idee zu diesem Gedicht von der Geliebten stammt, dürfte sich hinter Lida eine Fürstin verbergen, für die der Standesunterschied
nicht zählt. Hätte der Dichter seine Geliebte, um sie zu preisen, zu
einer Fürstin und „Göttin“ erhöht48, wäre er an keine Standesgrenzen gestoßen.
In einem anderen Epigramm aus dieser Zeit setzt er den Vergleich mit Amor und Psyche fort. Hier ist nicht sie höheren Standes, sondern er.
Ungleiche Heirat
Selbst das himmlische Paar fand doch sich ungleich zusammen,
Psyche ward älter und klug, Amor bleibt immer ein Kind.
Selbst Amor und Psyche fanden zusammen, obwohl Amor als
Gott ungleich höheren Standes war als die sterbliche Prinzessin
28
Psyche. Da Psyche sich entwickelte, während Amor immer ein
Kind blieb, wurde diese Ungleichheit aufgehoben. Wenn aber selbst
Amor und Psyche ein Musterpaar wurden, warum darf dann nicht
auch er seine Geliebte heiraten? Weil eine „ungleiche Heirat“, eine
Mesalliance mit einer Herzogin, gegen die damaligen Standesgesetze verstoßen hätte.
Goethe hat auch ein lateinisches Epigramm übersetzt, das eine
Anekdote über die schwedische Königin Christina zum Inhalt hat,
und am 22. November 1784 der Geliebten „nicht ohne Anzüglichkeit“49 geschickt.
Du verachtest den Armen, er lehne sich überall nieder,
Schöne Königin, wohl lieg ich bald hier und bald dort;
Aber fändest du ihn erwachend einst in dem Arme:
Du beriefst ihn mit Recht: Lehnt er doch überall an.
In einer englischen Version dieser Anekdote sagt die Königin zu
einem armen Poeten, der an der St. Pauls Cathedral bettelte: „Ein
Armer liegt überall herum“, worauf er antwortet: „Wenn dies wahr
wäre, würde ich heute Nacht in deinem Bett liegen.“50 Mit dem
extrem ungleichen Paar Bettler und Königin dürfte Goethe erneut
auf sein Verhältnis zur Herzogin anspielen.
Das Epigramm erinnert an die nicht weniger anzüglichen Verse,
die Goethe der Geliebten bereits Ende Dezember 1778 geschickt
hatte:
Warnung
So wie Titania im Feen- und Zauberland
Klaus Zetteln in dem Arme fand,
So wirst du bald zur Strafe deiner Sünden
Titanien in deinen Armen finden.
Zur Strafe für seine verbotene Liebe wird er eines Tages aus
seinem schönen Traum aufwachen und feststellen, dass er nur eine
Phantasiegestalt in seinen Armen hält.
29
Den Armen und den eselsohrigen Handwerker hat er auf sich
selbst bezogen, mit der Königin und der Feenkönigin dürfte er die
Herzogin, aber wohl kaum ihre Hofdame verglichen haben.
Inschriften auf Felsen
Goethe schrieb am 17. April 1782 an Knebel: „Ich bin nun auch
in den Geschmack der Inschriften – Epigramme – gekommen, und
es werden bald die Steine zu reden anfangen.“51 Er verfasste damals
als erster deutscher Dichter Epigramme in der klassischen Form
des Distichons. Bereits am 5. Mai schickte er Knebel drei Epigramme: „Einsamkeit“, „Erwählter Fels“ und „Ländliches Glück“,
von denen die ersten beiden auf Felsen im Weimarer Park und das
dritte auf einer Steinbank in Goethes Garten angebracht wurden
und dort noch heute zu sehen sind.
In mehreren Epigrammen ruft der Dichter die „Felsen und Bäume“ als stumme Zeugen seiner Liebe an. Nachdem er ihnen seine
Stimme verliehen hat, werden sie von „Geistern“ und „Nymphen“
bewohnt, „Grazien“ und „Musen“ gesellen sich dazu, und selbst
„Amor“, der „himmlische Knabe“, steigt vom Olymp herab52.
Der geweihte Platz
Wenn zu den Reihen der Nymphen die eine Mondnacht versammelt
Sich die Grazien heimlich von dem Olympus gesellen;
Hier belauscht sie der Dichter und hört die schönen Gespräche
Sieht dem reizenden Tanz ihrer Bewegungen zu.
Was der Himmel Herrliches hat was glücklich die Erde
Reizendes hervorbringt erscheint dem wachenden Träumer
Dann erzählt ers den Musen und dass die Götter nicht zürnen
Lehren ihn die Musen bescheiden Geheimnisse sprechen.
Das Gedicht entstand „als Sockelinschrift für eine Büste Wielands, die Anna Amalia (…) im Park von Tiefurt aufstellen ließ“. Es
greift Motive aus Wielands Versepos „Oberon“ von 1780 auf, von
30
dem Goethe beeindruckt war53. Wenn die Grazien „heimlich“, ohne
dass die anderen Götter dies merken, vom Himmel herabsteigen
und sich zu den im Mondschein tanzenden Nymphen gesellen, sieht
der Dichter ihrem Tanz zu und belauscht ihre Gespräche. Wenn er
dann den Musen erzählt, was er als wachender Träumer gesehen
und gehört hat, lehren sie ihn, damit die Götter nicht zürnen, „bescheiden Geheimnisse sprechen“. Welche Geheimnisse? Was sich
hinter diesem Traumbild verbirgt, bleibt wie im Gedicht „Um Mitternacht“, in dem beide „einen Traum“ tanzen, verborgen.
Erwählter Fels
Hier gedachte still ein Liebender seiner Geliebten,
Heiter sprach er zu mir: werde mir Zeuge du Stein!
Doch erhebe dich nicht, du hast noch viele Gesellen,
Jedem Felsen der Flur die mich den Glücklichen nährt,
Jedem Baume des Walds, um den ich wandernd mich schlinge,
Ruf ich weihend und froh: bleibe mir Denkmal des Glücks!
Dir allein verleih ich die Stimme, wie unter der Menge
Einen die Muse sich wählt, freundlich die Lippen ihm küsst.
Auch wenn der Liebende „still“ seiner Geliebten gedachte, sprach
er zu einem Felsen und zwar, anders als in den Gedichten des ersten Jahres, „heiter“. Und dieser scheinbar tote „Stein“ hat ihn vernommen und ist zum Zeugen seiner Liebe geworden. Ist „Stein“
ein Hinweis auf Frau von Stein? Wohl kaum, denn damit hätte er
sein Geheimnis verraten. Der erwählte Fels darf sich nicht über die
anderen Felsen erheben, da der Liebende jeden Fels und jeden
Baum seiner Umgebung zum Denkmal seines Glücks geweiht hat.
Die Stimme aber hat er nur ihm verliehen. Der Fels kann deshalb
bezeugen, dass hier „ein Liebender seiner Geliebten“ gedacht hat,
doch wer sie gewesen ist, muss er verschweigen.
31
3. Geheimnisse in Form von Epigrammen
und Stanzen aus dem Jahr 1784
Am 28. August 1782, seinem 33. Geburtstag, schrieb Goethe
der Geliebten: „Ungern trete ich aus einem Jahr meines Lebens,
das mir so viel Glück gegeben hat, und das mir durch die Versicherung deiner Liebe unvergesslich werden wird.“ Warum befürchtete er, dass sein Glück nicht anhalten würde? Friedenthal meint,
„dass dies Verhältnis ihm eben nicht genügte“, wobei er an Charlotte
von Stein denkt. Dagegen spricht Goethes Brief vom 29. November 1782, in dem er der Geliebten versichert, dass „ich mit Herz
Leib und Seele dein eigen bin“. Warum hat er schon ab Juli 1782
sein Tagebuch nicht weitergeführt und zwischen September 1782
und Juni 1784 kein einziges Gedicht über sie verfasst? Goethe
schrieb ihr schon am 19. Februar 1782 und nochmals am 4. Mai
1783, dass ihre Liebe ihm Sorge mache, und fügte im zweiten Brief
hinzu, dass „der Menschen ganz schweeres Glück an so einem
einzigen Faden hängt“. Diese Furcht ist nur im Bezug auf Anna
Amalia begründet. Würde ihre Liebe entdeckt, würde der Faden
reißen, und sie müssten sich trennen54
Im Juni 1784 dichtete Goethe nochmals zwei Epigramme, die als
Felsinschriften gedacht waren. Im ersten ist zusammengefasst, was
ihn in den letzten Jahren zum Dichten motiviert und was er beim
Dichten bedacht hatte:
Was ich leugnend gestehe und offenbarend verberge
Ist mir das einzige Wohl, bleibt mir ein reichlicher Schatz
Ich vertrau es dem Felsen, damit der Einsame rate
Was in der Einsamkeit mich was in der Welt mich beglückt.
Ob er seine Liebe stummen Zeugen anvertraut, ob er einen Decknamen für die Geliebte wählt oder sie mit Psyche, einer Königin
oder einer Feenkönigin vergleicht, ob er griechische oder lateini32
sche Epigramme umdichtet, mythologischen Figuren wie Nymphen,
Grazien oder Musen von seiner Liebe erzählt oder Felsen zu Denkmalen des Glücks formt, er gesteht seine Liebe und leugnet sie
zugleich, er offenbart die Gestalt seiner Geliebten und versteckt sie
zugleich. Und weil er dies in seinen Gedichten tut, bleibt ihm in der
Erinnerung ein reichlicher Schatz und kann jemand, der einsam ist
wie er, erraten, was ihn in der Einsamkeit wie in der Welt beglückt
hat.
Goethe dichtete im Jahr 1784 vier weitere Epigramme und fünf
Stanzen, die ursprünglich für das Fragment gebliebene Epos „Die
Geheimnisse“ bestimmt waren. Und er versicherte der Geliebten
in den zugehörigen Briefen, dass er diese Stanzen nur durch sie
und für sie geschrieben habe.
Er schickte den Herders am 24. Juli 1784 die ersten drei Stanzen und schrieb der Geliebten einen Tag später: „wenn ich das
Gedicht anfange, so geschieht es nur um deinetwillen.“
Der Anfang der ersten Stanze und des ganzen Epos lautet:
Doch denke niemand dass mit vielem Sinnen
Das ganze Lied er je enträtseln werde.
So haben die Goetheforscher bis heute nicht zweifelsfrei geklärt,
wer sich hinter der Gestalt der Geliebten verbirgt.
In der zweiten Stanze zählt der Dichter auf, was der Mensch als
„hohes Glück“ bezeichnet, nämlich Treue, Freundschaft und das
Licht, das Weise zu Gedanken und Dichter zu „schönen Bildern“
inspiriert, und bekennt:
Das hatt ich all in meinen besten Stunden
In ihr entdeckt und es für mich gefunden.
Glück ist freilich kein Dauerzustand. In anderen Stunden hat er
durch seine Liebe zu ihr Gram und Sorgen erlebt.
33
Als Goethe am 8. August den Herzog auf einer Reise nach
Braunschweig begleitete und ein Achsenbruch sie den ganzen Tag
über in Dingelstedt festhielt, dichtete Goethe den „Eingang“ zu dem
geplanten Epos, der den späteren Ausgaben seiner Werke als „Zueignung“ vorangestellt ist. Er schickte dieses Gedicht wiederum
dem Ehepaar Herder mit der Bitte, es „aufs baldigste“ „Frau von
Stein“ weiterzuleiten. Drei Tage später schrieb er der Geliebten:
„Du wirst dir daraus nehmen was für dich ist, es war mir gar angenehm dir auf diese Weise zu sagen wie lieb ich dich habe.“
Dieses Gedicht ist vielleicht das schönste Bild, das dieses Licht
in ihm gezündet hat. Der Dichter wandert an einem frühen
Spätsommermorgen auf einen Hügel und sieht sich bald von aufsteigendem Nebel umhüllt. Als die Sonne den Nebel durchdringt
und er einen Blick auf die im Glanz der Sonne glühende Landschaft wagt, sieht er, wie ein „göttlich Weib“ auf den Wolken zu
ihm herabschwebt. Ihre Frage, ob er sie erkennt, bejaht er, weigert sich aber, ihren Namen zu nennen, weil jeder sie zu besitzen
meint. Als er ihr sagt, dass er deshalb ihr Licht vor anderen versteckt habe, schilt sie seinen Egoismus und mahnt ihn, die „Pflicht
des Mannes“ zu erfüllen. Nachdem er ihr gelobt hat, die ihm verliehenen Gaben auch „für andere“ zu verwenden, kann er ihr näher
treten. Da sieht er, wie sich die Nebelstreifen in den „reinsten Schleier“ verwandeln, den sie ihm mit den Worten schenkt:
Aus Morgenduft gewebt und Sonnenklarheit,
Der Dichtung Schleier aus der Hand der Wahrheit.
Das „göttlich Weib“ ist eine Personifikation der Wahrheit. Sie
verleiht dem Dichter nicht nur die Gabe, die blanke Wahrheit, die
die Menschen blendet und oft auch verblendet, in schöne Bilder zu
fassen, sie legt ihm auch die Pflicht auf, „mit der Welt in Frieden“
zu leben, den Weg zur Wahrheit auch „den Brüdern“55 oder „Freunden“ zu zeigen und mit ihnen „gemeinsam“ zu gehen.
34
Was aus diesem Gedicht ist „für dich“, die Geliebte? Diese lässt
sich mit der Göttin der Wahrheit nicht gleichsetzen, aber in einem
Punkt vergleichen. „Mit der Welt in Frieden“ zu leben und sich für
Gleichgesinnte einzusetzen, dazu dürfte Anna Amalia ihn und die
anderen Mitglieder des Weimarer Fürstenhofes angehalten haben.
Am 24. August schickte er ihr aus Braunschweig die folgende
Stanze und schrieb dazu auf französisch: „Ich schließe mit einem
deutschen Vers (= Strophe), der in das Gedicht kommen soll, das
ich so sehr liebe, weil ich darin von dir und meiner Liebe zu dir in
tausend Formen sprechen kann, ohne dass es jemand außer dir
allein versteht.“
Gewiß ich wäre schon so ferne ferne
Soweit die Welt nur offen liegt gegangen
Bezwängen mich nicht übermächt’ge Sterne
Die mein Geschick an deines angehangen
Daß ich in dir nun erst mich kennen lerne.
Mein Dichten, Trachten, Hoffen und Verlangen
Allein nach dir und deinem Wesen drängt
Mein Leben nur an deinem Leben hängt.
Er wäre längst weitergezogen, aber „übermächt’ge Sterne“ – in
Gedichten vom Sommer 1776 hatte er von „Schicksal“ gesprochen - haben ihn bezwungen, indem sie ihrer beider Geschick verbunden haben. Er hat unter diesem Zwang aber nicht gelitten, da
er erst in ihr sich selbst kennengelernt hat. Wenn man die Aussage
ernst nimmt, dass sein Leben nur an ihrem Leben hängt, dann wird
Goethe sie zwei Jahre später kaum freiwillig verlassen haben.
*
Was hat der Dichter hinter dem Schleier der Poesie über seine
Liebe offenbart? Er hat im ersten Weimarer Jahrzehnt eine einzige
Frau geliebt und ist ihretwegen in Weimar geblieben. Sie hat seine
35
Liebe schon nach kurzer Zeit erwidert, ihn aber in seine Schranken verwiesen. Er durfte sie nur selten sehen und musste seine
Zuneigung zu ihr verbergen. Deshalb war seine Liebe zunächst
durch Unruhe, Leid, Schmerzen und Sorgen getrübt.
Seit 1780 dokumentieren die Gedichte eine gegenseitige und monogame, eine geistige, seelische und körperliche Beziehung. Sie
lieben sich in der Nacht, beim Schein des Mondes und der Sterne.
Wenn er in den letzten Versen an Lida immer wieder betont, dass
er seine Liebe offenbaren möchte, aber verbergen muss, dass sie
ein Geheimnis bleiben muss und dass ihm ewige Stille ziemt, muss
es dafür eine Notwendigkeit gegeben haben. Weil ihre Beziehung
nicht standesgemäß ist, müssen sie sie streng geheim halten. Dies
bereitet ihm zunehmend Sorgen und Verdruss, weshalb er ab Herbst
1782 vorübergehend und ab Herbst 1784 für lange Zeit verstummt.
Und was hat er über seine Geliebte verraten? Sie ist eine Fürstin,
die er mit der Prinzessin Psyche und einer Königin vergleicht, aber
ohne Standesdünkel. Wenn sie unter sich sind, spielt der Standesunterschied keine Rolle. Sie ist nicht prüde und bigott, sie beweist
ihm Treue und Freundschaft, sie inspiriert ihn, sie verbindet die
Künstler und Gelehrten, die sie um sich versammelt hat, zu einem
Freundeskreis und stellt für ihn das Idealbild einer aufgeklärten
Herrscherin dar.
Dieses Bild passt auf die Herzogin Anna Amalia, die zentrale
Figur des Weimarer Musenhofs, aber nicht auf ihre Hofdame und
Vertraute Charlotte von Stein. Es zeigt zumindest, wie Goethe die
Herzogin gesehen hat oder sehen wollte56. Ich kann, wie anfangs
betont, nicht beweisen, dass Goethe seine „Verse an Lida“ in Wahrheit an Anna Amalia gerichtet hat. Aber vielleicht konnte ich Sie,
meine sehr geduldigen Zuhörerinnen und Zuhörer, die Sie die Rolle
des Gegners bis hierhin mitgespielt haben, davon überzeugen, dass
dies in der Goetheforschung nicht länger ein verbotenes Thema
sein darf.
36
ANMERKUNGEN
1
Jurek Becker: Anstiftung zum Verrat, in: J. B.: Nach der ersten Zukunft,
1980.
2
Ettore Ghibellino: Goethe und Anna Amalia. Eine verbotene Liebe? Weimar 2003, 3. veränderte Auflage 2007.
3
Rezension von Albert Meier im Goethe Jahrbuch 2007, S. 320.
4
Wilhelm Solms: Alles um Goethe? ALG Umschau Nr. 47, März 2012.
5
Jochen Golz: Gewiss: Alles um Goethe. ALG Umschau Nr. 48, September
2012.
6
Dem stimmt selbst Helmut Koopmann (Goethe und Frau von Stein. Geschichte einer Liebe, München 2001, S. 126) zu, obwohl er seinen Einblick
in diese Liebesbeziehung aus den Briefen gewonnen hat: „Erstaunlicherweise geben nicht die Briefe, sondern die Gedichte wohl den deutlichsten
Einblick in diese Liebesbeziehung.“
7
An C. E. Schubarth, 2. 4. 1818. Zitiert von Erich Trunz, HA 1, S. 466.
8
Goethe’s Briefe an Frau von Stein aus den Jahren 1776 bis 1826. Zum
erstenmal hg. Durch Adolf Schöll. 3 Bde. Weimar 1848-1851.
9
In Übereinstimmung mit der Münchner Ausgabe (Bd. 2. 1), von der ich
nur bei der Datierung von „An den Mond“, „Versuchung“ und „Jugendlich kommt sie vom Himmel“ abweiche (s. u. ).
10
Von diesen fünfzig Gedichten sind 8 kurz nach ihrer Entstehung, 13 in
den Schriften von 1789 und 3 in späteren Ausgaben erstmals erschienen,
während 25 erst nach Goethes Tod durch die Edition seiner Briefe an Frau
von Stein bekannt geworden sind.
11
Hermann Rollet: Die Goethe-Bildnisse, 1883, zitiert und kommentiert von
Ghibellino, S. 158f.
12
Die ursprüngliche Fassung von „Jägers Abendlied“ entstand im Dezember 1775 oder im Januar 1776 und wurde im Januar 1776 in „Der Teutsche
Merkur“ veröffentlicht.
13
Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe, 7. Oktober 1827, Berlin
u. Weimar 1982. S. 564.
14
So Goethe über die beiden Vorbilder von Werthers Lotte in „Dichtung
und Wahrheit“, 13. Buch.
37
15
Goethe hat „Ein süßer Friede“ (Teutscher Merkur, Januar 1776) später in
„Ein stiller Friede“ geändert, vermutlich weil er die ursprüngliche Formulierung auch in „Wandrers Nachtlied“ vom 12. Februar 1776 verwendet
hat.
16
Für Emil Staiger (Goethe, Bd. 1, Zürich 1952, S. 329) ist das Gedicht „noch
Lili gewidmet“, weil er sie in Frankfurt „lassen“ musste). Diese Deutung
wird aber nur durch die Fassung von 1789 gestützt, als ihm Lili nicht mehr
nahestand.
17
Karl Eibl, FA I. 1, S. 958.
18
Das Gedicht ist auf eine Melodie von Philipp Christoph Kayser geschrieben, die Goethe bereits Anfang 1776 vorlag. Siehe Bernhard Witte:
Johann Wolfgang Goethe Gedichte, Studienausgabe, Stuttgart 2008, S.
573.
Dem Herausgeber der Münchner Ausgabe zufolge könnte das Gedicht
dem Brief vom 11. 8. 1777 beigelegen haben (MA 2.1, S. 559).
19
Vgl. Erich Trunz, HA 1, S. 470.
20
Vgl. FA 1.2, S. 968.
21
Ghibellino, S. 46f.
22
Ebenda, S. 37.
23
Tagebuch vom 21. Aug. und 21. Dez. 1776, 18. Jan. 1777, 3. Jan., 14. Febr.
und 14. Dez. 1778 bzw. vom 13. Nov. 1776.
24
So in den Briefen vom 6. Aug. 1778 , vom 12. und 28. März, vom 16. und
18. Juli 1781 und später.
25
Ghibellino, S. 177.
26
Ebenda, S. 172.
27
„Neue Liebe, neues Leben“.
28
„Jägers Nachtlied“, „Wandrers Nachtlied“, „Rastlose Liebe“, „Ich bin
eben nirgend geborgen“.
29
Vgl. a. Nicholas Boyle (Goethe – Der Dichter in seiner Zeit, Bd. I, 17491790, übersetzt von Holger Fliessbach, München 1995, S. 301): „Von Anfang an war die Freundschaft der beiden bei Hofe kein Geheimnis.“
30
Richard Friedenthal: Goethe. Sein Leben und seine Zeit, Stuttgart/
Hamburg 1963, S. 247.
31
Ghibellino geht auf den Hinweis der Klassik Stiftung Weimar auf
Charlottes Verse von 1776 nicht ein, sondern verweist stattdessen auf
eine Erinnerung von Henriette von Egloffstein aus dem Jahr 1787.
32
Koopmann (Anm. 6), S. 95.
33
Vgl. den Kommentar von Jochen Golz zu Goethes Tagebüchern Band I.
2, S. 408f.
38
34
Bernd Witte, in: Johann Wolfgang Goethe, Gedichte, Stuttgart 2008, S.
579.
34a
Die erhaltene Abschrift von Charlottes Hand ist auf diesen Tag datiert.
34b
Koopmann (Anm. 6), S. 96.
35
„Frage nicht nach mir“ und „Erwählter Fels“ (MA 2.1, S. 76 u. 77).
36
„Gewiß ich wäre schon so ferne, ferne“ (MA 2.1, S. 97).
37
Friedenthal (Anm. 30, S. 259) ist der gegenteiligen Ansicht, wobei er
Charlotte von Stein vor Augen hat: „Goethe zögert von vornherein – und
immer wieder vor allem vor dem ,Letzten‘, einer dauernden, festen Bindung.“
38
Die ersten vier Verse hatte Goethe schon im Oktober 1778 an die Geliebte
geschickt. Die nächsten Strophen mit längeren Versen und zwei durchgehenden Reimklängen sind erst später entstanden. „Die Zeit nach Februar
1781 wird gesichert durch das ß“ [„geheimnißvolle“] in Vers 19 (WA IV. 6,
431). Demnach könnte Goethe das Band vor dem 8. März erhalten haben.
Beide haben das Band aber „öfter ausgetauscht“ (MA 2.1, S. 592).
39
Briefliche Auskunft des Rechtshistorikers Michael Stolleis, vgl. a. den
Artikel „Missheirat von Dieter Schwab in: Handwörterbuch zur Deutschen
Rechtsgeschichte, Bd. 3, Berlin 1984, Sp. 603-607.
40
Vgl. Ursula Salentin: Anna Amalia. Wegbereiterin der Weimarer Klassik,
1996. Tb. München: 4. Aufl. 2008, S. 139f.
41
Goethes Brief vom 29. 11. 1782 ist unterschrieben: „der ich mit Herz Leib
und Seele dein eigen bin.“
42
Briefe vom 4. Juli 1779 und vom 1. Jan. 1780.
43
Das Gedicht „An Lotten“ von 1774 ist Lotte Buff, die inzwischen Kestner
hieß, gewidmet.
44
Bei der chronologischen Ordnung der Briefe wurde das Gedicht hinter
dem Brief vom 1. Juni 1781 eingereiht, der eine Sendung der ersten Erdbeeren des Jahres begleitete. Das Gedicht ist aber kaum „Goethes erster Versuch in Distichen“ aus dem Jahr 1781 (MA 2.1, S. 583), da Goethe dieses
Versmaß hier bereits beherrscht, sondern entstand vermutlich im Frühsommer 1782 (vgl. a. FA I.1, S. 947).
45
Siehe Ghibellino, S. 185.
46
Am 1. Oktober 1781 schrieb er ihr: „Es ist als wenn ich dich immer meine
Liebe Seele nennte“, und am 29. Januar 1782: „Ich (…) fand dein liebliches
Wort wofür ich dir dancke. Psyche war nicht stumm, du Liebe!“
47
Ghibellino S. 178f.
48
Wie in „An Annetten“: „Die Du mir Gottheit, Muse und Freund mir bist“
und in Sonette „V. Wachstum“: nun muß ich dich als Fürstin denken“ (HA
1, S. 14 u. 296).
39
49
MA 2.1, S. 601.
Ebenda.
51
Herder hatte Anfang 1782 begonnen, griechische Epigramme zu übersetzen.
52
„Einsamkeit“, „Ländliches Glück“, „Der geweihte Platz“.
53
FA I. 1, 588. Da Goethe den Pentameter offensichtlich noch nicht beherrscht, dürfte das Gedicht noch vor dem ersten datierten Distichon,
„Königen sagt man“, d. h. vor dem 12. April 1782, entstanden sein.
54
Vgl. Ghibellino, S. 187. Er verweist als weiteren Beleg auf den Besuch der
Gräfin Görtz in Weimar im Oktober 1782, bei dem sie ihrem Mann über
Goethes Beziehung zur Herzogin berichtete (S. 74).
55
Ein Hinweis auf die Freimaurer-Loge Anna Amalia, der Goethe seit 1780
angehörte?
56
Leider tragen die beiden jüngsten Biographien, „Anna Amalia. Wegbereiterin der Weimarer Klassik“ von Ursula Salentin (Köln 1996) und
„Anna Amalia von Weimar“ von Leonie und Joachim Berger (München
2006) zu einem objektiven Bild der Herzogin, ihrer Rolle für den „Weimarer
Musenhof“ und ihrer Beziehung zu Goethe wenig bei, da die erste dieses
Bild verklärt, die zweite dagegen verzerrt. In Bergers Kapiteln über die
Jahre 1775 bis 1786 kommt keine einzige Begegnung von Anna Amalia und
Goethe zur Sprache.
50
40
GEDICHTE AN LIDA
Entstehung
Erstdruck Schriften Briefe
1789
1848-51
Jägers Nachtlied
Winter
75/76
1776
Eislebens Lied
Winter
75/76
1776
•
12.2.76
1780
•
•
76?
•
•
6.5.76
•
Wandrers Nachtlied
Warum gabst du uns die tiefen Blicke
An den Mond
•
14.4.76
Frühjahr
Rastlose Liebe
Hier bildend nach der reinen stillen
•
29.6.76
•
7.7.76
•
Und ich geh meinen alten Gang
Alles geben die Götter, die unendlichen 17.7.76
Zwischen Felsen wuchsen hier
21.7.76
Ach so drückt mein Schicksal mich
22.7.76
Was weiß ich, was mir hier gefällt
3.8.76
•
•
•
•
Ach, wie bist du mir,
7.8.76
•
Hierhergetrabt die Brust voll tiefem
2.9.76
•
Kehre nicht in diesem Kreise
76
Ich bin eben nirgend geborgen
16.10.76
An den Geist des Johannes Secundus
•
2.11.76
•
•
Was mir im Kopf und Herzen stritt
28.4.77
•
Mit einer Hiazynthe
25.4.78
•
Von mehr als einer Seite verwaist v 1-4
17.6.78
•
So wie Titania
12.78
Deine Grüsse hab ich wohl erhalten
19.4.79
Meine Göttin
15.9.80
1815
•
•
1781
•
Um Mitternacht, wenn die Menschen 15.10.80
•
Zum Tanze schick ich
9.12.80
•
16.12.80
•
Denn ach bald wird in dumpfes Unbehagen 12.80?
•
Sag ich’s euch, geliebte Bäume
An die Heuschrecke
9.81
41
1781
•
Entstehung
Erstdruck Schriften Briefe
Nachtgedanken
20.9.81
1781
•
Der Becher
22.9.81
1781
•
Den einzigen Lotte welchen du lieben
9.10.81
1788
•
Arm an Geiste kommt heut spät
Der geweihte Platz
3.82?
3./4.82
Königen sagt man hat die Natur
•
•
•
12.4.82
•
•
•
(•)
vor 5.5.82
•
(•)
vor 5.5.82
•
(•)
Einsamkeit
vor 5.5.82
Erwählter Fels
Ländliches Glück
1782
Frage nicht nach mir und was ich
82?
Ungleiche Heirat
82?
•
Eine schädliche Frucht
82?
•
•
Was ich leugnend gestehe und offenbarend 23.6.84
Felsen sollten nicht Felsen und Wüsten
24.6.84
Doch denke niemand dass mit vielen
25.7.84
1820
Wohin er auch die Blicke kehrt und wendet 25.7.84
1827
Jugendlich kommt sie vom Himmel Sommer 84?
1856
•
•
•
•
zw. 1782 u. 84
Zueignung
8.8.84
Gewiss ich waere schon so ferne ferne
•
•
Denn was der Mensch in seinen Erdeschr. 25.7.84
Als der Undankbare floh
•
•
•
24.8.84
•
Du verachtest den Armen, er lehne
22.11.84
•
Wecke nicht den Amor, es schläft der
22.11.84
•
28.6.86
•
Woher sind wir geboren
(•) = Briefe an Knebel
42
Weiterführende Informationen:
Ettore Ghibellino: Goethe und Anna
Amalia Eine verbotene Liebe
4. veränderte und erweiterte Auflage,
Weimar 2012, 336 Seiten, 41 überw.
farb. Abb., Broschur, 19,90 Euro
ISBN 978-3-936177-66-4
Dr. A. J. Denkena Verlag
Ettore Ghibellino: Goethe and Anna
Amalia. A Forbidden Love?, transl. Dan
Farrelly, Carysfort Press, Dublin 2007
360pp., Paperback 25,- Euro ISBN
978-1-904505-24-2
www.carysfortpress.com
Ilse Nagelschmidt (Hrsg.) Alles um
Liebe Anna Amalia und Goethe 1.
Interdisziplinäres Symposium
Tagungsband Weimar 2008, 284 Seiten,
Broschur, 24,90 Euro ISBN 978-3936177-10-7, Dr. A. J. Denkena Verlag
Ilse Nagelschmidt, Stefan Weiß,
Jochanan Trilse-Finkelstein (Hrsg.)
Anna Amalia und Goethe, 2. Interdisziplinäres Symposium Tagungsband
Weimar 2010, 464 Seiten, Broschur,
24,90 Euro ISBN 978-3-936177-152, Dr. A. J. Denkena Verlag
43
Prof. Dr. Wilhelm Solms
Geboren 1937 in Lich/Oberhessen, Studium der Neueren deutschen Literatur
und der Musik an der Universität München und der Musik-Hochschule Wien.
Dissertation über Goethes West-östlichen Divan, Assistent und Leiter des Planungsteams Hochschuldidaktik an der Universität München, ab 1977 Professor für
Neuere deutsche Literatur und Medien an der Universität Marburg, seit 2001 im
Ruhestand.
Vorstandssprecher der Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und
Gedenkstätten in Berlin (1986-2004), Vorsitzender des Marburger Literaturforums
(1988-2002), Vizepräsident der Europäischen Märchengesellschaft (19891993), Vorsitzender der Gesellschaft
für Antiziganismusforschung (seit
2002).
Leitung von Literaturforen mit Autoren und Autorinnen über österreichische, deutsch-schweizerische,
rumäniendeutsche und deutsch-orientalische Literatur, komische Literatur,
erotische Literatur von Frauen sowie Märchentagungen und Tagungen zum
Antiziganismus.
Forschungsschwerpunkte: Goethe, neueste deutsche Literatur, Grimms Märchen, Zigeunerbilder deutscher Dichter, Antiziganismus.
Letzte Buchveröffentlichungen: Die Moral von Grimms Märchen (1999), »Kulturloses Volk«? Berichte über »Zigeuner« und Selbstzeugnisse von Sinti und Roma
(2007), »Zigeunerbilder«. Ein dunkles Kapitel der deutschen Literaturgeschichte.
Von der Frühen Neuzeit bis zur Romantik (2008). Vorträge bei der Goethe-Gesellschaft in Weimar, Beiträge in den Goethe-Jahrbüchern 1982 und 2003.
ISBN 978-3-936177-63-3
DR. A. J. DENKENA VERLAG
WEIMAR
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