Gehen, um bei sich anzukommen - Natur-gegen

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Gehen, um bei sich anzukommen - Natur-gegen
R EISE & URLAUB
S a m s t a g , 2 4 . A p r i l 2 0 1 0 – N r. 9 4
WÜS - Seite 58
Gehen, um bei
sich anzukommen
Meditatives Wandern: In den Ammergauer Alpen in Oberbayern
weist ein brennendes Herz einen besonderen Weg
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Von unserem Redaktionsmitglied
SUSANNE VANKEIRSBILCK
W
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as packt man ein, wenn man
auf Meditationsreise geht? Bequeme Schlappen, Schlamperhose, Sitzkissen, Lammfellmatte, ätherische Öle? Falsch! Feste Wanderschuhe, Wind- und Regenjacke, Fleece,
Rucksack und Sonnenschutz. Denn wer sich
auf den Meditationsweg Ammergauer Alpen
begibt, setzt sich nicht im Schneidersitz auf
den Boden, sondern eingebettet in die Natur
in Bewegung.
„Wenn der Körper zur Ruhe kommt, spürt
man die Unruhe des Geistes“, zitiert Norbert
Parucha den Heiligen Benedikt und hält mit
seiner eigenen Überzeugung dagegen:
„Wenn der Körper sich bewegt, hat der Geist
die Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen.“ Parucha ist Körpertherapeut und Wanderführer und hat mit beidem Erfahrung, mit Körper und Geist. Er wirkte maßgeblich am Konzept des in Oberbayern liegenden Meditationsweges Ammergauer Alpen mit. Eröffnet
im Juni 2009 erstreckt sich der Wanderweg
über 85 Kilometer durch wildromantische
Natur. 15 Teilstrecken sind es insgesamt, die
auch als Tagestouren gegangen werden können – von der Wieskirche in Steingaden bis
zu Schloss Linderhof im Graswangtal bei
Ettal. Die Strecke führt unter anderem vorbei
am mystischen Moor bei Bad Kohlgrub, an
der Kreuzigungsgruppe über Oberammergau
und an Kloster Ettal.
Meditatives Wandern: „Das ist für mich,
wenn ich während des Gehens mich selbst
spüre, immer mehr“, ein „sich auf den Weg
Machen und bei sich Ankommen“. „Unterwegssein im Abseits“ nennt der 55-Jährige es
im 84 Seiten starken Begleitheft zum Meditationsweg Ammergauer Alpen und hofft, dass
„in Momenten der Stille, wo alle akustische
Umweltverschmutzung und alle Störgeräusche der Welt verstummen, das Ohr geschärft wird für die Klopftöne des Herzens“ –
und für die Töne am Wegesrand, möchte
man ergänzen. Für Kuhglocken, Pferdeschnauben, Wind in den Baumwipfeln und
das Plätschern eines Baches. Oder auch das
mächtige Rauschen eines Wasserfalls. Wie an
den Schleierfällen, wo das Wasser über moosige Felsen, im Sonnenlicht grüngolden
glänzend, herabstürzt und dabei einen feinen Tröpfchenschleier spinnt.
Verweilen und lauschen, wahrnehmen
was ist, im Jetzt, um einen herum, in einem
selbst, entlanggehen am wilden Flussabschnitt an der Scheibum, wo die Ammer
durch den Felsen bricht. Den eigenen Atem
beobachten, das eigene Sein, innere Verspannungen behutsam lösen durch Bewegung.
Sich gehend erholen, sagt Parucha, „um sich
selbst neu zu begegnen“. „Bergwelt statt
Burnout“ eben – das Motto, mit dem die Tourismusämter im Schatten der Zugspitze Gestresste umwerben.
Auf dem Meditationsweg weist dabei das
Symbol des brennenden Herzens die Richtung – ein Attribut, das meist mit dem Heiligen Augustinus verbunden wird. „Das Tal
hier ist seit Jahrhunderten von den Augustinern und den Benediktinern geprägt“, erklärt Parucha und dass auch das den Medita-
Unterwegs: über Stock, Stein und Wurzeln.
tionsweg trägt: kulturelle Schätze und Naturdenkmäler. Schlösser, Klöster, Kirchen und
Kapellen, die den Weg säumen und die dem
Wanderer ihre Geschichte erzählen von tiefem Glauben, gelebten Traditionen und
menschlichen Hoffnungen.
Die Route verknüpft bereits vorhandene
Wanderstrecken mit neu erschlossenen Teilstücken. Gegangen wird zumeist auf Pfaden,
selten nur muss man auf Forstwege ausweichen. Meist bewegt man sich auf schmalen
Wegen, die auf Schritt und Tritt Berührung
anbieten, gestreift von Blättern, berührt von
Tautropfen, die Seele entlastend, Sinne und
Körper fordernd. Denn der Weg kostet den
Wanderer auch Schweiß. Schließlich ist er in
der Region Ammergauer Alpen, da geht es
auf und ab, auf naturbelassenen Waldpfaden, über Tannennadeln und Baumwurzeln,
vorbei an moosbewachsenen Baumstämmen
und grünem Blätterwald – wunderschön,
aber eben auch auf und ab.
So kann man Wandern, Pilgern und Meditieren verbinden, im Gehen zur inneren Ruhe finden. Und wenn man dann so richtig
entspannt geht, umgeben von bewaldeten
Berghängen, wundert es einen fast nicht
mehr, wenn man plötzlich auf eine Gruppe
von Menschen stößt, die, den Rücken gegen
Schatten spendende Bäume gelehnt, versunken auf Wurzeln und Aststöckchen schaut.
Oder rücklings auf einem Kiesstrand an der
Gabelung eines Baches liegt und scheinbar
nichts tut als in den blauen Himmel zu starren. Sie gehören zu Entspannungscoach Joachim Renz, der es sich zur Aufgabe gemacht
hat, in Seminaren Menschen mit BurnoutSyndrom zu innerer Ruhe zu führen und zu
Gelassenheit. Dafür muss man aber erst einmal den Kopf freibekommen und frei sein
von Emotionen; ein Zustand, der sich durch
verschiedene Meditationstechniken erreichen lässt – am besten in und mit der Natur,
sagt Renz. „Natur gegen Stress“ nennt der
47-Jährige das. Und hält sich darum besonders gerne in der Region des Meditationsweges auf – fernab vom reizüberfluteten Alltag,
in der besinnlichen Natur der Ammergauer
Alpen.
ONLINE-TIPP
Mehr Bilder aus den Ammergauer Alpen finden
Sie im Internet: www.mainpost.de/reise
Tipps zum Trip
Informationen: Tourismusgemeinschaft
Zugspitz-Region, Richard-Strauss-Platz 1a,
82467 Garmisch-Patenkirchen; ü (08 821)
18 04 84, Fax 18 04 85.
Internet: www.zugspitz-region.de
Malerische Pause: an den Schleierfällen.
FOTOS: SUSANNE VANKEIRSBILCK
Der Meditationsweg: Infos telefonisch unter
ü (08 822) 92 27 40 (Ammergauer Alpen
GmbH), im Internet: www.brennendes-herz.de
Den Weg kann man natürlich alleine gehen,
man kann aber auch ein Pauschalangebot nutzen. „Auf stillen Pfaden von der Wieskirche zum
Schloss Linderhof“ zum Beispiel ist eine geführte, meditative Fünf-Tage-Wanderung über eine
Gesamtstrecke von 57 Kilometern (pro Person im
Doppelzimmer: 540 Euro mit unter anderem drei
Übernachtungen im Mittelklassehotel und einer
Übernachtung auf einer Berghütte, Abendessen
und Mittagspicknick, Führungen, Eintrittsgeldern
und Transfers). Die siebentägige Variante dazu
heißt „In sich gehen“ (pro Person 850 Euro).
Beide Termine sind geführt und finden im Oktober statt.
Natur gegen Stress: Das Drei-Tage-Seminar
„Natur gegen Stress“ unter Leitung von Joachim
Renz kostet 450 Euro ohne Unterkunft. Infos
telefonisch unter ü (08 822) 93 51 93, im Internet: www.natur-stress.de
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