Neuerscheinungen Frühjahr 2008 mit psychoanalytischer
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Neuerscheinungen Frühjahr 2008 mit psychoanalytischer
Buchhandlung Brigitte Salanda Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: + 43 1 532 85 14 Di: 11 – 20 Uhr, Mi – Fr: 11 – 18.30 Uhr, Sa: 10 – 17 Uhr www.apunktbuch.at, salanda@apunktbuch.at Liebe Leserinnen, liebe Leser, willkommen bei treff.punkt a.punkt! Ich kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur! In diesem treff.punkt stelle ich Ihnen einige meiner Begleiter im Urlaub, zu Hause oder bei Freunden vor. Wir bemühen uns jede Saison, Interessantes, Vergnügliches und Unverzichtbares aus der Menge der Neuerscheinungen auszusuchen, zu kommentieren, vorrätig zu haben und auch selber zu lesen. Wir laden Sie ein: besuchen Sie uns und genehmigen Sie sich bei einer Tasse Kaffee und einer Zigarette (bei uns d a r f geraucht werden) Einsichten in unser vielfältiges Angebot. Gerne nehmen ich und meine Mitarbeiter Josef Mittendorfer und Eva Ribarits Ihre Bestellungen persönlich, telefonisch und per eMail entgegen. Fast alle Bücher können innerhalb weniger Tage besorgt werden, Wunder dauern etwas länger. Mit freundlichen Grüßen Ihre Brigitte Salanda LESE-LUST André Aciman Ruf mich bei deinem Namen Roman. Aus d. Amerikan. v. R. OrthGuttmann Kein & Aber, 320 S., € 18,90 In einem kurzen Sommer zwischen Obsession und Angst, Verlangen und Verzweiflung suchen zwei Menschen nach dem Augenblick der absoluten Erfüllung: dass jeder sich in den Andern verwandle ... – Aciman („Damals in Alexandria“, „Hauptstädte der Erinnerung“) wurde 1951 in Alexandria geboren. Er lebt heute in New York, ist Romanautor, Essayist und Dozent für Vergleichende Literaturwissenschaft. Er gehört zu den führenden ProustSpezialisten. Alaa al Aswani Chicago Roman. Aus d. Arab. v. H. Fähndrich Lenos, 512 S., € 22,70 Ort der Handlung ist die Universität von Chicago (wo Aswani selbst den Dr. med.dent. erworben hat). Es ist ein buntes Volk, das sich dort trifft: Männer und Frauen, Amerikaner und Ägypter, Studierende und Dozierende. Sie lieben Ägypten und verabscheuen die USA oder umgekehrt. Doch der Schatten des ägyptischen Staates folgt ihnen in Form des Geheimdienstapparats ... – Aswani ist für Roman Weidner (NZZ) ein arabischer Bestsellerautor, der auch Okzident-kompatibel ist, der hohen literarischen Ansprüchen genügt und dessen Bücher trotzdem unterhaltsam sind. Zudem lasse der Roman kaum ein Tabu aus: Von der Liebe eines Ägypters zu einer jüdischen Studentin, über Abtreibung, bis hin zum Sex mit dem Vibrator. Auch al-Aswanis „schonungslose Abrechnung mit dem Islam“ ringt dem Rezensenten einige Bewunderung ab. Angriffsziel des Buches bleibe Ägypten – meint die NZZ (Angela Schader). a. a punkt Frühjahr 2008 treff.punkt Edward St. Aubyn Nette Aussichten Roman. Aus d. Engl. v. D. v. Gunsteren DuMont, 200 S., € 18,40 „Schöne Verhältnisse“ beschreibt den strahlenden Sommermorgen in einer Villa in Südfrankreich. Erzählt wird mit Ironie und Scharfsicht über eine Hölle, der der Autor selbst nur knapp entkommen ist: die Lebensverhältnisse des englischen Adels ... – „Schlechte Neuigkeiten“ ist eine Art Fortsetzung: Der mittlerweile 21-Jährige fliegt mit sehr gemischten Gefühlen nach New York, um die Asche seines Vaters zu überführen ... „Nette Aussichten“ ist der dritte Roman von St. Aubyn zum fortgesetzten Thema: Adel vergiftet: Eine englische Gartenparty im Februar, bei der degenerierte Herzöge, adelsgeile Emporkömmlinge, abgehalfterte Popstars und heiratswütige Pfarrerstöchter aufeinanderprallen ... – Kein „großer Roman“, resümiert Ingendaay in der FAZ, aber allemal das Werk eines „begabten Schriftstellers“. Alessandro Baricco Diese Geschichte Roman. Aus d. Italien. v. A. Kopetzki Hanser, 312 S., € 20,50 „Wir antworten auf die Absurdität des Lebens, indem wir in die Utopie fliehen.“ 1903 beginnt in diesem Roman die Utopie, die Moderne in Italien. Als der Bauer Libero Parri 1903 seine Kühe verkauft, um eine Garage im Piemont einzurichten, halten ihn alle für verrückt. Auch dann noch, als sich tatsächlich ein Rennfahrer, Graf D'Ambrosio, in die gottverlassene Gegend verirrt und das Schicksal seinen Lauf nimmt. Ultimo Parri, der Held des Romans, wächst in einer Autowerkstatt auf, wird Soldat im Ersten Weltkrieg, verliebt sich in eine Prinzessin ... Über den Anbruch der Moderne in Italien, das Trauma des Ersten Weltkriegs, nationale Fragen, die Schlacht von Caporetto von 1917. – Baricco versucht in seinem Buch die Geschichte Italiens mit der Geschichte des Protagonisten zu verbinden. a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at Ulla Berkéwicz Überlebnis Suhrkamp, 130 S., € 15,30 Wir wissen, daß wir sterben müssen. Wie aber leben wir mit diesem Wissen? Wie leben wir eingedenk des Todes? Wie leben wir mit dem Tod der nahen Menschen? „Überlebnis“ ist ein Buch, das die Trauer durchquert, subjektiv und radikal. „Die einzige Angst, die ich jetzt noch habe, ist die, zu vergessen.“ – „Sie war“, so Benjamin Henrichs über Ulla Berkéwicz, heute Leiterin des Suhrkamp Verlages, „wann immer ich sie (...) auf der Bühne sah, eine Schauspielerin, die stets bedingungslos aufs Ganze ging (...) als agierte sie für ein Theater, das es nicht mehr (oder noch nicht) gab.“ – Stark und schwach, ungewöhnlich, beeindruckend und peinlich – also ziemlich widersprüchlich, manchmal unerträglich, aber trotz allem insgesamt nicht uninteressant, findet Zeit-Rezensentin Iris Radisch das Buch. Marcel Beyer Kaltenburg Roman. Suhrkamp, 400 S., € 20,40 Kein „Erinnerungsoptimismus“, der den Anschein erwecke, „das Vergangene würde verständlich, wenn man es nur als Geschichte noch einmal neu erfinde“. Als Buch, das „mit dem Zauber der Sprache“ den Bann des Schweigens über der Geschichte zu lösen verspreche, feiert Rezensent Roman Bucheli in der NZZ den Roman von Marcel Beyer. Der Autor will deutsche Geschichte aus DDR-Perspektive aufarbeiten. – Inhalt: Ludwig Kaltenburg, geboren 1903, Biologe, arbeitet Ende der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts in Posen. Dort begegnet er zum ersten Mal dem Ich-Erzähler, zu diesem Zeitpunkt noch ein Kind. Wie erfahren die beiden Protagonisten des Romans die Zeit des „Dritten Reiches“ bis zur Bombardierung Dresdens im Februar 1945, dann die Zeit von 1945 bis zum Ende der DDR? Am Ende spürt Bucheli gar den Hauch von Walter Benjamins Engel der Geschichte. Roberto Bolano Exil im Niemandsland Fragmente einer Autobiographie Übers. v. K. Brandt u. H. v. Berenberg Berenberg, 140 S., € 19,60 Als „Schatzkammer vollgestopft mit Sachen, die verführbare Leser glücklich machen können“ feiert Katharina Döbler in der ZEIT diesen Essayband des chilenischen Schriftstellers. Roberto Bolano, in Chile geboren (1953), in Mexiko aufgewachsen, in Spanien zu literarischem Weltruhm gelangt und früh gestorben 2 (2003), ist so etwas wie der Fliegende Holländer Lateinamerikas: Wie wenige hat er das Exil kennengelernt – und sich dazu unsentimentale Gedanken gemacht. Sie bilden den roten Faden dieses Buches, dieser „Fragmente zur Autobiographie eines Umhergetriebenen“. – Bolanos Ruhm begann mit den Romanen „Die Nazi-Literatur in Amerika“ und „Stern in der Ferne“. Für den Roman „Die wilden Detektive“ erhielt er den höchsten lateinamerikanischen Literaturpreis Premio Romulo Gallegos. T.C. Boyle Zähne und Klauen Erzählungen. Aus d. Amerikan. v. A. Grube u. D. v. Gunsteren Hanser, 320 S., € 20,50 Ein Rentner sucht sich ein gemütliches Plätzchen in Florida aus, muss aber bald feststellen, dass sich dort wilde Kreaturen herumtreiben. Anderswo brausen Winde, wüten Schneestürme, fallen Meteoriten vom Himmel – der Mensch macht dabei stets eine traurige Figur. Eigentlich hat Boyle nur ein großes Thema: Die Verfallenheit des Menschen an die, insbesondere eigene, Natur. Das Unglück, das beinahe alle Figuren in diesen Erzählungen heimsucht, ist den Versuchen gedankt, sich von der Welt, der Natur durch Beobachtung und Intellekt zu distanzieren. Mario Calabresi Der blaue Cinquecento Geschichte meiner Familie im Schatten des Terrorismus. SchirmerGraf, 174 S., € 18,30 Mario Calabresi (1970 geboren) ist der New-York-Korrespondent von La Repubblica. Als er zwei Jahre alt war, wurde sein Vater, Kommissar Luigi Calabresi, von Anhängern der linksextremen Lotta Continua ermordet. Sein Buch beschreibt nicht nur, was dieser Mord für ihn und seine Familie bedeutet hat – Marios Mutter hatte zwei kleine Kinder und war mit dem dritten schwanger –, sondern auch, wie die italienische Linke diesen Mord unbehelligt angekündigt und systematisch vorbereitet hat. Mircea Cartarescu Warum wir die Frauen lieben Geschichten Aus d. Rumän. v. E. Wichner Suhrkamp, 180 S., € 18,30 „... weil sie außergewöhnliche Leserinnen sind“, so die Antwort des Autors. Mircea Cartarescu, dessen Roman „Die Wissenden“ als „Meisterwerk des literarischen Manierismus“ (NZZ) gefeiert wird, umkreist in diesen Geschichten die Liebe: Da ist Irina, Literaturstudentin aus Brasov, die dem jungen Dichter Nabokov und D.H. Lawrence nahebrachte und sich von der Securitate anwerben ließ. Oder die Hermannstädter Rumänin in Paris, die mit einem Algerier zusammenlebt und ihn zu einer Nacht zu dritt verführen will. Mircea selbst ist ein hochsensitives, schönheitstrunkenes Subjekt, das mal als blasser, traumverlorener, offenbar recht unscheinbarer junger Mann im Bukarest der siebziger Jahre die Szene betritt, mal als langhaariger Jüngling in Lederjacke auf den Spuren Ferlinghettis und Kerouacs durch San Francisco läuft. Blaise Cendrars Rhapsodie der Nacht Aus d. Franz. v. G. Waeckerlin Induni Lenos, 500 S., € 25,70 „Als Luftfahrt, auch Aviatik, von lat. avis = Vogel bezeichnet man Reisen und Gütertransport durch die Erdatmosphäre“ klärt uns die Wikipedia auf. – Im Mittelpunkt dieses Romans stehen Cendrars’ Begeisterung für die Aviatik und seine Reisen nach Brasilien, wo er sich in den Jahren zwischen 1924 und 1928 längere Zeit aufhielt. Die brasilianischen Erfahrungen prägen denn den Roman auf vielfältige Weise. So glaubt er als überzeugter Frankophiler am Himmel eine Sternkonstellation beobachten zu können, die in ihren Umrissen dem Eiffelturm gleicht. Auf seine Schreiben an wissenschaftliche Gremien in Paris hat er aber nie eine Antwort erhalten. So wie der Eiffelturm plötzlich am Himmel auftauchen kann, scheint in diesem Roman alles in Bewegung. Wer immer es kann, hebt sich nämlich in die Lüfte, am eindrücklichsten tun dies die Heiligen der Kirchengeschichte. Michael Chabon Die Vereinigung jiddischer Polizisten Roman Kiepenheuer&Witsch, 384 S., € 20,50 Detektiv Meyer Landsman ermittelt in einem Mordfall. In dem schäbigen Hotel, in dem er wohnt, wurde sein Zimmernachbar erschossen, und gemeinsam mit seinem Partner Berko beginnt er die Untersuchungen, die ihn zu den Gründungsvätern der Stadt, Schachmeistern und in religiöse Randbezirke führen. J.M. Coetzee Tagebuch eines schlimmen Jahres Roman. Aus d. Engl. v. R. Böhnke Fischer, 288 S., € 20,50 J.C., ehemals bekannter Autor aus Südafrika, jetzt in Sydney lebend, ist die Hauptfigur in „Tagebuch eines schlim- a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at men Jahres“, dem neuen Roman von John Coetzee, Literaturnobelpreisträger aus Südafrika. J.C. schreibt bittere Kurzessays über den gegenwärtigen Zustand der Welt als Beiträge für einen Sammelband; Anya, seine Bekanntschaft aus der Waschküche, tippt sie für ihn in den PC; Alan, ihr Freund, ein schlitzohriger kleiner Broker, denkt über einen Zinsbetrug an J.C. nach. Mehrere parallel laufende Handlungsstränge bilden ein Erzählkonstrukt um J.C. auf dem scharfen Grat zwischen Distanzierung und Selbstbetrachtung. Bora Cosic Die Vogelklasse Prosa. Aus d. Serb. v. K. Wolf-Grieshaber folio, 96 S., € 19,50 Gymnasialschüler füllen die Bänke eines imaginären Klassenzimmers, das in der Provinz zu liegen scheint. Vier Schüler dieser Klasse müssen das Schuljahr wiederholen, sie sitzen wider Erwarten im Zentrum des Raumes, erhöht, und blik- ken auf den Rest der Klasse hinunter. Dem Ich-Erzähler kommt das Leben in der Vogelklasse eingeschränkt vor, wie in der Verbannung. Für ihn ist die Klasse eine Zwangsgemeinschaft, es gibt weder Grund noch Sinn für die Zusammenkunft, sie ist zufällig und doch künstlich herbeigeführt. Cosic schält mit einer Fülle an plastischen Bildern den Zustand der Klasse heraus und erzeugt damit eine absurde Wirklichkeit des Menschen. H. D. Madrigal Aus d. Engl. v. A. Lazarowicz Engeler, 224 S., € 19,60 Bei Sigmund Freud machte sie eine Psychoanalyse; ihr Bericht darüber, „Tribut an Freud“, erscheint im Herbst 2008 bei Engeler. „Madrigal“ ist H.D.s „Porträt der Künstlerin als junge Frau“. Das Buch erzählt die wahre Geschichte zwischen H.D. und D.H. Lawrence, des Lebens einer jungen Generation zwischen Büchern, Bomben, Bettgeschichten: Julia (H.D., Hilda Doolittle, 1886–1961) ist mit ihrem Mann Rafe Ashton (Richard Aldington) Teil der Londoner Bohème vor dem Ersten Weltkrieg. Doch diese Welt ist gefährdet: durch den Krieg und durch die inneren Spannungen einer Generation, in der sich neue Lebensentwürfe abzeichnen, neue Experimente im künstlerischen Ausdruck und in der Sexualität. Der Krieg löst die alten Verbindungen, er lässt die Menschen zu Verlorenen werden. Als Rafe auf Kriegsurlaub von der Front in Frankreich nach London zurückkehrt, nimmt er sich die junge Amerikanerin Bella als Geliebte, und Julia wendet sich dem Schriftsteller Frederico (D.H. Lawrence) zu ... György Dragomán Der weiße König Roman. Aus d. Ungar. v. L. Kornitzer Suhrkamp, 293 S., € 20,40 Erzählt aus der Perspektive eines Buben vom inneren Kampf gegen den Totalitarismus. „Der Roman des 1973 in Siebenbürgen geborenen und seit 1988 in Budapest lebenden Autors zählt zu den besten literarischen Neuerscheinungen der letzten Jahre. Ohne auch nur ein einziges Mal unglaubwürdig zu werden, schreibt Dragomán aus der Sicht eines elf- und zwölfjährigen Buben, der sich im Rumänien des Jahres 1986 gegenüber einer brutalen Umwelt behaupten muss.“ (Bernhard Fetz, FALTER) Auch Andreas Breitenstein (NZZ) feiert das literarische Debüt als herausragendes Meisterwerk. In unerhört dichter Sprache und mit genauem Blick wird die düstere Wirklichkeit in Ceausescus Rumänien mit ihren alltäglichen Grausamkeiten und „Gemeinheiten“, die man nicht zuletzt den Kindern angedeihen ließ, geschildert und bildet ein Szenario, das in seiner feinen Überzeichnung einem Bruno Schulz gleichkommt. Clemens Eich Gesammelte Werke Hrsgg. v. Elisabeth Eich u. Ulrich Greiner Fischer, 768 S., 2 Bde.i.Sch., € 30,80 Am 22.2.1998 kam Clemens Eich, der Sohn von Ilse Aichinger und Günter Eich, bei einem Unfall ums Leben. Er hinterließ ein schmales, in seiner traumwandlerischen Klarheit erstaunliches Werk: Gedichte, Prosaerzählungen, ein Theaterstück, den Roman „Das steinerne Meer“ und die unvollendet gebliebenen „Aufzeichnungen aus Georgien“, die ein Jahr nach seinem Tod erschienen. Dejan Enev Zirkus Bulgarien Geschichten für eine Zigarettenlänge Aus d. Bulgar. v. K. Zemmrich u. N. Randow Deuticke, 240 S., € 18,40 Der Boxer Shoro heuert bei einem Geldprotz als Schuldeneintreiber an, doch einer seiner ersten Aufträge betrifft seinen eigenen Bruder. Freundliche Hochstapler, verträumte Bettler und kampfbereite Omas bevölkern die wunderbar tragikomischen Kurzgeschichten. Dimitré Dinev hat die Erzählungen für diesen Band zusammengestellt (und auch ein Nachwort geschrieben). Dass der hier inszenierte Aufmarsch einsamer, gescheiterter Helden seinen besonderen Reiz hat, daran lässt Sabine Berking in der FAZ keinen Zweifel. Durch die deutsche Auswahl der „wunderbaren Kurzgeschichten“ können wir die Träume vom Rande Europas kennenlernen. Nathan Englander Das Ministerium für besondere Fälle Roman. Aus d. Engl. v. M. Mundhenk Luchterhand, 448 S., € 20,60 Kaddisch Poznan, Jude und Sohn einer Hure, hat es im Leben zu nichts Rechtem gebracht. Sein Sohn Pato verachtet ihn, und seine Frau Lillian verdient das Geld für die Familie. Eines Tages wird Kaddischs Sohn verhaftet, und binnen kürzester Zeit verliert sich Patos Spur in der anonymen Apparatur der argentinischen Militärdiktatur, im „Ministerium für besondere Fälle“. – „Wer ist dieser Nathan Englander, 37 Jahre jung, und 3 a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at doch schon mit der Stimme eines alten Meisters ausgestattet? ... Wunderbar geschrieben!“ (The New York Times Book Review) – Nathan Englander wurde 1970 in New York geboren und wuchs in einer jüdischen Gemeinde in Long Island auf. Er lebte einige Zeit in Argentinien und in Israel. Seine Kurzgeschichten erschienen in „The Atlantic Monthly“, „The New Yorker“. Nathan Englander lebt in New York City. „Das Ministerium für besondere Fälle“ ist sein erster Roman. – „Was kommt dabei heraus, wenn man einen Hurensohn mit einem Rabbi zusammenbringt? Ein verdammt gutes Buch.“ (Esquire) Hans Magnus Enzensberger Hammerstein oder Der Eigensinn Eine deutsche Geschichte Suhrkamp, 375 S., € 23,60 „Angst ist keine Weltanschauung!“ Das ist der Spruch eines, der bei den Nazis nicht mitmachen wollte, der 1934 als Chef der Heeresleitung der Wehrmacht zurücktritt. – „Hammerstein“ ist nach „Der kurze Sommer der Anarchie“ und „Requiem für eine romantische Frau“ Enzensbergers dritter dokumentarischer Roman. Für dieses Buch hat der Autor die Archive von Moskau bis Berlin, von München bis Toronto befragt. – Für die TAZ (Alexander Cammann) ist Enzensbergers Buch ein genau recherchierter, „kunstvoller Abenteuer- und Familienroman des 20. Jahrhunderts“ mit „hochspannendem Plot“. Jörg Lau (ZEIT) ist begeistert. „Ein sehr lesenswertes Buch“ ist es für die NZZ (Ulrich M. Schmid), als „gelungenen Coup“ lobt Ina Hartwig die faktensichere Recherche in der FR. Keinerlei Gnade findet Enzensberger in der SZ bei Götz Aly. 4 Sherko Fatah Das dunkle Schiff Roman. Jung und Jung, 420 S., € 22,Im Mittelpunkt des Romans steht Kerim, der im kriegsgeschüttelten Grenzgebiet des Nordirak aufwächst, sich islamistischen Gotteskriegern anschließt und schließlich auf einer riskanten Flucht nach Berlin gerät. So die Geschichte. – In diesem Roman geht es nicht um den Islam, sondern um den Extremismus, der viele Erscheinungsformen haben kann, um seine Verführungsmacht und die Folgen. Extremismus entsteht nicht in einem Kopf, sondern unter realen Lebensbedingungen. So ist Kerims Geschichte die eines kleinen, konkreten Lebens inmitten großer Umwälzungen, und sein spirituelles wie auch seine realen Abenteuer sind nicht so außergewöhnlich, wie sie aus europäischer Sicht scheinen mögen. – Wolfgang Schneider in der FAZ, Meike Fessmann in der SZ und Sabine Peters in der FR sind über das Buch des 1964 in Berlin geborenen Autors sehr beeindruckt. Raymond Federman Mein Körper in neun Teilen Aus d. Amerikan. v. P. Torberg Matthes & Seitz, 128 S., € 28,30 In seinem autobiografischen Text thematisiert Federman Teile seines Körpers und hebt hervor, wie sich die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts in sie eingeschrieben hat: Er lässt seine Nase, seine Geschlechtsteile, seine Haare sprechen ... – „Wer das notwendige poetologische Vorwissen nicht mitbringt“, warnt TAZ-Rezensent Frank Schäfer, „dem könnte Federmans oft abschweifende und nicht-lineare, witzige und bisweilen alberne Prosa womöglich ein wenig seicht vorkommen“. Catalin Dorian Florescu Zaira Roman Beck, 476 S., € 20,50 Erzählt die Geschichte einer Frau, die in einem Jahrhundert der Kriege und der Gewalt gegen alle Widerstände ihrer inneren Stimme folgt. Zaira wächst auf einem rumänischen Gutshof auf. Der Krieg, der Faschismus, dann der Kommunismus verändern dramatisch die Lage der Familie. Eine gefährliche Flucht über Prag bringt Zaira mit Mann und Tochter nach Amerika. Kämpferisch und zäh gelingt es ihr, in der Fremde eine Existenz aufzubauen. Als alte Frau fasst sie den Mut, wieder in ihre Heimat zurückzukehren. ... Barbara Frischmuth Vergiss Ägypten Ein Reiseroman Aufbau, 200 S., € 19,50 „Vergiss Ägypten, wenn du etwas über Ägypten schreiben willst“, rät ihr die Freundin Lamis, „denk lieber an Ägypter.“ Sie meint die unbekannte Vielfalt von orientalischen Lebensentwürfen, der man von Alexandria bis Luxor begegnet. Valerie denkt auf ihren Erkundungsfahrten auch an Abbas, den einstigen Geliebten. Wenn sie Europäerinnen trifft, die Ägypter geheiratet haben, beginnt sie sich zu fragen, wie ihr eigenes Leben ausgesehen hätte, wäre sie Abbas damals gefolgt. ... Assaf Gavron Ein schönes Attentat Roman. Aus d. Hebr. v. B. Linner Luchterhand, 352 S., € 20,60 „Als beklemmend und sehr beeindrukkend rühmt Stefana Sabin in der NZZ den dritten Roman des israelischen Autors Assaf Gavron. Er erzählt darin vom israelischen Computerspezialisten Eitan Einoch und dem palästinensischen Attentäter Fahmi, deren Geschichten zunächst nebeneinander herlaufen und sich dann gewaltsam kreuzen. Sehr eindrucksvoll und mit Einfühlungsvermögen für beide Seiten schildere der Autor aus jeweiliger palästinensischer und israelischer Perspektive die familiären und gesellschaftlichen Hintergründe, vor denen sich diese beiden Biografien entfalten, und so gelinge es ihm, gleichermaßen die Realität in den palästinensischen besetzten Gebieten und im modernen Tel Aviv anschaulich vor Augen zu führen“ (perlentaucher.de) „Näher kann ein Israeli einem Palästinenser nicht kommen“, urteilt die ZEIT-Rezensentin Annabel Wahba beeindruckt über dieses Buch, ein Bestseller in Israel. a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at Martha Gellhorn Muntere Geschichten für müde Menschen Novellen. Aus d. Engl. v. M. Mandelkow Dörlemann, 260 S., € 22,50 „Die Rezensentin der NZZ (Angela Schader) ist äußerst angetan von der hektisch-fiebrigen, also ungesunden Munterkeit dieser gleichzeitig eiskalten Erzählungen, in denen eheliche Geschlechterbeziehungen verhandelt werden. Nicht nur weil es die Geschichten insgesamt in sich haben, sondern weil Martha Gellhorn es stets versteht, dann noch zusätzlich recht perfide „Klingen“ im Erzählgeschehen zu platzieren, um die Gemengelage der Geschichte psychologisch noch weiter aufzumischen. Aber auch sprachliche Brillanz und intime Beobachtungsgabe zählt die Rezensentin zu den Sensationen der Gellhornschen Prosa, die sich ihrem Eindruck zufolge mitunter haarscharf an die Ränder dessen wagt, was man heute Political Correctness nennt.“ (perlentaucher.de) – Zuletzt: „Paare. Ein Reigen in vier Novellen“, 260 S., € 22,50. Peter Handke Die morawische Nacht Erzählung Suhrkamp, 550 S., € 28,80 Iris Hanika Treffen sich zwei Roman. Droschl, 240 S., € 19,„Treffen sich zwei“ ist ein Liebesroman für Erwachsene und ein Heimatroman aus Berlin-Kreuzberg. Er handelt vom Begehren und von den Ängsten, vom Berufsleben eines Systemberaters und den Zuständen einer begnadeten Hysterikerin ... – „Iris Hanika ist sowohl eine politische und realistische Erählerin, gleichzeitig aber auch eine Kunstschriftstellerin, wobei die Kunstschriftstellerin so geschickt getarnt ist, dass man sie beim schnellen Lesen der Texte sogar übersehen kann.“ (Wilhelm Genazino) TAZ (Wiebke Porombka), SZ (Jörg Drews), FAZ (Ingeborg Harms) sind voll Bewunderung. Wolfgang Hermann Herr Faustini und der Mann im Hund Deuticke, 192 S., € 18,40 Herr Faustini begibt sich diesmal auf eine Reise ins Übersinnliche. Alles beginnt damit, dass Frau Gigele, Herrn Faustinis Nachbarin, ihm von seiner Großtante Fini aus dem Jenseits bestellt, er möge seine Gedärme reinigen lassen. Herr Faustini schreitet zur Tat, was ihn, in mehrfacher Hinsicht, erleichtert. Nun schwebt er tatsächlich ein wenig über dem Boden und kann Dinge wahrnehmen, die andere nicht sehen ... – „Ja, Wolfgang Hermann entwickelt sein Erzählen aus dem Flanieren, aber das Fantasieren ergänzt und erweitert das, was auf den Wegen so anfällt. Die Wege beginnen spätestens auf der Schwelle der Haustür, und die erste Station ist oft schon beim Nachbarn oder im Garten, ehe es zu weiteren Entdeckungen kommt: Entdeckungen von Dingen, die alle kennen, aber nicht so; oder von Dingen, die zwar naheliegen, auf die aber sonst niemand achtet.“ (Leopold Federmair im FALTER, Buchbeilage) Klaus Hoffer Die Nähe des Fremden Droschl, 200 S., 30 Abb., € 24,Die Nähe des Fremden versammelt Essays und Vorträge zu autobiographischen Themen, zur Bildenden Kunst (John Baldessari, Fritz Panzer, Peter Pongratz, Peter Weibel) und zur Literatur, genauer: zu Elias Canetti, Heinrich Heine, Franz Kafka, Kurt Vonnegut und Urs Widmer. Und Kafka, Freud und zentrale Gedanken der Systemtheorie liefern auch die wichtigsten Instrumente zum Verständnis und zur Analyse der Werke. Siri Hustvedt Die Leiden eines Amerikaners Roman. Aus d. Amerikan. v. U. Aumüller u. G. Krueger Rowohlt, 416 S., € 20,50 „Meine Schwester nannte es Das Jahr der Geheimnisse“, lautet der erste Satz dieses Romans. Und Geheimnisse haben hier alle, die Toten wie die Lebenden. Etwa der Erzähler Erik Davidsen, ein geschiedener Psychiater, der einsam in einer Stadtvilla in Brooklyn lebt und seine Neurosen pflegt. Uzodinma Iweala Du sollst Bestie sein! Roman. Aus d. Engl. v. M. Ingendaay Ammann, 200 S., € 19,50 Als der Krieg in Agus Dorf kommt, befiehlt ihm sein Vater, „Lauf! Lauf! Agu lauf!“ Und Agu läuft – geradewegs in den Weg der Rebellen und ihres Führers, des Kommandanten ... – „Wer dieses Buch zuklappt, muß kein anderes mehr zum Thema lesen. All die Versuche von ehemaligen Kindersoldaten, ihren Leidensweg authentisch zu schildern, verblassen neben diesem grandiosen und furchterregenden Roman.“ (Bartholomäus Grill, Die Zeit) Philippe Jaccottet Die Lyrik der Romandie Eine zweisprachige Anthologie Nagel & Kimche, 264 S., € 22,10 In der „Kollektion“, herausgegeben von Peter von Matt, legt der berühmteste Dichter der Romandie, Philippe Jaccottet, seine persönliche Sammlung der wichtigsten Gedichte des 20. Jahrhunderts aus der Westschweiz vor. Die zweisprachige Anthologie in Deutsch und Französisch wird ergänzt durch Einführungen zu den Verfassern und mit einem Nachwort. Sie enthält Poesie von Charles Ferdinand Ramuz, Blaise Cendrars, Nicolas Bouvier, Frédéric Wandelère und José-Flore Tappy u.v.a. Miranda July Zehn Wahrheiten Stories. Aus d. Amerikan. v. C. Drechsler u. H. Hellmann Diogenes, 272 S., € 19,50 „Zugegeben. Die Menschen in Miranda Julys Geschichten sind sonderbar. Sie haben merkwürdige Obsessionen, verlieben sich möglichst hoffnungslos, wohnen gern in Luftschlössern, sind einsam und stoßen das Glück von sich, wenn es einmal anklopft, aber Sie etwa nicht?“ (Der Verlag) – Angela Schader beschwört in ihrer NZZ-Rezension die Erzählkunst der Autorin, die als wiederkehrendes Motiv in ihren Erzählungen die vergebliche Hoffnung auf das endlich anbrechende „wahre Leben“ im falschen aufgreift, als ein „Wunder“. Ein an „Inspiration und Irritation“ reicher Band. Auch TAZ, FAZ und ZEIT finden sehr lobende Worte. Imre Kertész / P. Esterházy / I. Schulze Drei Geschichten. Eine, zwei, noch eine Geschichte/n Aus d. Ungar. v. H. Skirecki Berlin, 96 S., € 12,40 Imre Kertész‘ Erzählung „Protokoll“ handelt von einer Zugfahrt BUDAPESTWIEN. Peter Esterházys Erzählung „Leben und Literatur“ beschreibt die gleiche Zugfahrt ein Jahr später. Und Ingo Schulze nimmt auch diesen Zug ... Rolf Lappert Nach Hause schwimmen Roman Hanser, 544 S., € 22,10 „Wenn man schon ungefragt geboren wird, meint Wilbur, dann sollte man das schnellstens wieder ändern.“ – Rolf Lappert hat einen Roman über das Erwachsenwerden eines kleinen, an der Welt verzweifelnden Jungen geschrieben, der durch seine bezwingende Komik mitreißt. 5 a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at Jonathan Littell Die Wohlgesinnten Roman. Aus d. Franz. v. H. Kober Berlin, 1383 S., € 37,10 „Der fiktive Lebensbericht eines hohen SS-Offiziers, ein Epos, das ein detailgenaues Bild des Zweiten Weltkriegs und der Verfolgung und Vernichtung der Juden durch die Nationalsozialisten zeichnet.“ (Der Verlag) – Jonathan Littell, 1967 in New York geboren, lebt in Barcelona. Für seinen Roman erhielt er 2006 den Grand Prix du Roman der Académie Française. 800.000 verkaufte Exemplare allein in Frankreich. Jorge Semprun: „Ich war wie erschlagen von diesem Buch. Es ist DAS Ereignis unseres Jahrhunderts.“ In Frankreich Begeisterung! In Deutschland? Au contraire! Warum? Sämtliche Kritiken total vernichtend. E.g.: DIE ZEIT (Harald Welzer): „Ein Roman werde ja nicht dadurch besser, dass mehr drin steht. (...) Was Littell hier zusammenrühre aus gewaltpornografischen Fantasien und Völkermord, das laufe, so Rezensent Welzer erschüttert, auf die „pure Affirmation des Grauens“ hinaus. Auch den Holocaust als „Panoptikum von Verrücktheiten“ darzustellen, werfe das Geschichtsbild weit zurück, (...).“ (perlentaucher.de) Cobb, in a review published in the Houston Chronicle (July 15, 2005), characterizes McCarthy as „our greatest living writer“ and describes the book as „a heated story that brands the reader's mind as if seared by a knife heated upon campfire flames.“ Friederike Mayröcker Paloma Suhrkamp, 200 S., € 17,30 In ihrem neuen Buch hat Friederike Mayröcker dem Eindruck von Rezensent Paul Jandl (NZZ) zufolge ihre noch tiefe „erdschwere Trauer“ um ihren verstorbenen Gefährten Ernst Jandl in „flügelschlagende Poesie“ verwandelt. Es handelt sich um neunundneunzig im Verlauf von elf Monaten verfasste Briefe, die die Dichterin an einen nicht näher bezeichneten „lieben Freund“ adressiert habe. Margriet de Moor Der Jongleur Roman. Aus d. Niederländ. v. H.v. Beuningen Hanser, 160 S., € 17,40 Die Geschichte spielt im Amsterdam der fünfziger Jahre in einer Künstlerpension: Ein Magier liebt einen Jongleur, der eine Tänzerin liebt, die ihrerseits dem Magier verfallen ist. Die an sich schlichte Geschichte werde aber von der Autorin mit großer Raffinesse und Diskretion erzählt, zeuge von enormer „Menschenkenntnis“ und beweise wunderbaren Humor, schwärmt Martin Krumbholz (NZZ), der insbesondere von der Darstellung der subtilen Erotik, die sich zwischen den Protagonisten entspinnt, fasziniert ist. Cormac McCarthy Kein Land für alte Männer Roman. Deutsch v. N. Stingl Rowohlt, 288 S., € 20,50 Radikaler Kulturpessimismus, der in die Abgründe menschlicher Bosheit führt und einen das Zittern lehrt. Die Handlung spielt im Jahr 1980 in der wüstenhaften Landschaft in Texas, nördlich der Grenze von den USA und Mexiko. Sie besteht zunächst aus zwei Handlungssträngen: Zum einen wird gezeigt, wie Llewelyn Moss Drogengeld in Höhe von zwei Millionen Dollar findet und aufgrund dessen um sein Leben bangen muss, zum anderen wird der Killer Anton Chigurh eingeführt, der beauftragt wird, das Geld wiederzufinden. Kritik zur engl. Ausg.: William J. 6 Clemens Meyer Die Nacht, die Lichter Stories. Fischer, 272 S., € 19,50 Er setzt alles auf eine Karte, der Hundebesitzer, der auf der Rennbahn sein Geld verwettet, um eine teure OP zahlen zu können. Sie will es allen zeigen, die junge Frau, und sich vom Flüchtlingsschiff in die erste Liga hochboxen. Clemens Meyers Geschichten spielen in der stillen Wohnung, in der Lagerhalle und am Fluss. Seine Helden sind dem Leben ausgesetzt, es sind die Heimatlosen und Träumer, die die nächtliche Stadt durchstreifen. In seinen rauen, präzisen und zarten Sätzen erzählt er von großen Illusionen, von Sehnsucht und Einsamkeit. „Bitte mehr davon!“ ruft begeistert Kolja Mensing (TAZ) aus, der Clemens Meyer für seine sechzehn in diesem Band versammelten Kurzgeschichten handwerkliches Können und Sinn für Pathos bescheinigt. Vladimir Nabokov Fahles Feuer Ges. Werke, Bd. 10. Hgg. v. D.E. Zimmer. Dt. v. U. Friesel Rowohlt, 416 S., € 28,80 Amoz Oz Verse auf Leben und Tod Roman. Suhrkamp, 150 S., € 17,30 Tel Aviv, ein stickiger Sommerabend: Ein bekannter Schriftsteller ist zu einer Lesung eingeladen. Was werden seine Leser, was wird sein Publikum ihn fragen? Das Übliche? Warum schreiben Sie? Sind Ihre Bücher autobiographisch? Was wollten Sie uns mit Ihrem letzten Roman sagen? Was wird er antworten? Das Übliche? Oder wird er sich den Erwartungen widersetzen? Amos Oz erzählt in seinem neuen Roman von einem bekannten Schriftsteller an einem stickigen Sommerabend in Tel Aviv, von der Liebesnacht danach, von den Menschen, die ihm begegnen, bis die Geschichten, die sie alle haben oder haben könnten, sich entfalten und miteinander verknüpfen, bis das, was sich ereignet, und das, was sich hätte ereignen können, ununterscheidbar werden. Verse auf Leben und Tod ist die unkonventionelle Antwort des großen Erzählers Amos Oz auf die Frage nach dem subversiven Wechselspiel von Leben und Literatur. Connie Palmen Luzifer Roman. Aus d. Niederländ. v. H. Ehlers Diogenes, 416 S., € 22,60 „Ehedrama, Auseinandersetzung mit dem megalomanen Idealismus der 68er, Porträt eines Künstlers als junger und alter Mann, die Amsterdamer Boheme ... Genial bedacht und umgesetzt!“ (Xandra Schütte, Trouw, Amsterdam) – 'Luzifer' ist von einer wahren Begebenheit inspiriert. Connie Palmen analysiert einen von Fragen und Geschichten umgebenen Tod, indem sie Tatsachen und Fiktion subtil miteinander verwebt. Ein Roman über das Wesen der Kunst – der Musik und der Literatur. Gergely Péterfy Baggersee Roman. Aus d. Ungar. v. A. Relle Zsolnay, 144 S., € 16,40 Der Autor hat mit seinem Buch eine Parabel über das verworrene Beziehungsgeflecht der Gesellschaft der Postmoderne geschaffen. Klappentext: „Eine verbotene Zone, ein paradoxer, künstlicher Ort? – Sonderbar ist dieser Baggersee, der die Menschen mit magischer Kraft anzuziehen scheint. Merkwürdige Existenzen kommen mit allerlei Gepäck und voller Tatendrang an den See, um dort, wie es der selbsternannte und selbstverständlich alleswissende Aufseher formuliert, zu ertrinken“. Thomas Pynchon Gegen den Tag Roman. Aus d. Amerikan. v. N. Stingl u. D. v. Gunsteren Rowohlt, 1760 S., € 30,80 „Against the Day“ erzählt von den vier Kindern des amerikanischen Anarchisten Webb Traverse, der im Wilden Westen mit Dynamit für gerechtere Verteilung a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at und Eigentumsverhältnisse sorgen möchte und von einem Auftragskiller beseitigt wird. „Against the Day“ ist unter anderem eine kurze Geschichte der Genreliteratur, also von ScienceFiction und Fantasy, dem Abenteuer-, Horror-, Western- und Detektivroman. Pynchon imitiert und persifliert die Großmeister dieser Genres von Jules Verne über H.P. Lovecraft, Edgar Rice Burroughs, Jack Williamson, Isaac Asimov und Robert A. Heinlein bis zu Zane Grey, überbietet und übertrumpft sie an phantastischen Einfällen und in „Exit Ghost“ seinen schon aus früheren Romanen bekannten Nathan Zuckerman eine flammende Leidenschaft für eine junge Frau erleben und nicht zuletzt an den körperlichen Einschränkungen des Alters – Zuckerman ist seit einer Prostata-Operation inkontinent und impotent – scheitern. Doch geht es um mehr: Roth verhandelt gleichzeitig die Ängste seines Protagonisten, was von seinem literarischen Vermächtnis und von seiner Person als Autor in der Nachwelt übrig bleibe. von Doreen Daume Hanser, 232 S., € 22,10 „Dem polnisch-jüdischen Autor Bruno Schulz, 1892 in der galizischen Kleinstadt Drohobycz geboren und dort 1942 von den Nazis erschossen, blieb nur Zeit für zwei Bücher – die aber waren von allererstem Rang. Im Grunde schrieb er nur an einem einzigen Buch, ‘dem Buch’, dem ‘Original’. Er wollte schreibend den mythischen Urgrund der Kindheit rekonstruieren, und es gelang ihm auf Anhieb. ‘Die Zimtläden’ (1934), jetzt fulminant neu übersetzt von unterläuft so souverän alle Erwartungshaltungen, wie denn ein historischer Roman, dessen Handlung im wesentlichen zwischen der Weltausstellung von Chicago 1893 und 1914 spielt, heute aussehen könnte. Tobias Rapp, TAZ: „Thomas Pynchon gilt als ein schwieriger Autor. Lassen Sie sich nicht abschrecken! Und schenken Sie den Kritikern keinen Glauben!“ Franz Schuh Memoiren Ein Interview gegen mich selbst Zsolnay, 288 S., € 22,10 „Dieses Buch verdankt seine Existenz dem Umstand, dass ich gefragt bin. Naja, hin und wieder werde ich halt gefragt. Und das Gefragtwerden ist eine Übung, die mich verändert hat. Manchmal denke ich mir – wie ein ‘Jeopardy’ – zu einer Antwort die Frage aus. Manchmal gebe ich Antworten, die sogar auf die gestellte Frage passen (...). Ich hatte plötzlich die Idee, einige der Fragen, die mir im Laufe der Zeit gestellt wurden, zu sammeln, um sie neu zu beantworten. Außerdem nehme ich die Chance wahr, mir selbst Fragen zu stellen, die nun zusammen mit den Fragen der anderen einen Dialog ergeben. Ich spiele mit dem Prinzip von Frage und Antwort – das heißt, ich nehme alle Fragen so, als ob ich sie selbst gestellt hätte, und alle Antworten so, als ob ein Fremder sie gegeben hätte“. Doreen Daume, sind eine unerhörte Prosa, die mit so ziemlich allen erzählerischen Gesetzen bricht.“ (Maja Rettig in literaturkritik) „Doreen Daume hat eine neue Sprache gefunden (...); mit der Verbindung von Werktreue und musikalischem Gehör hat sie eine Neuübersetzung von Rang geschaffen“ (Hanser) – NZZ, Ulrich M. Schmid: Seiner Ansicht nach ermöglicht Daumes Übersetzung nicht nur die fällige Wiederentdeckung dieses Meisterwerks der Moderne, sondern bietet überhaupt die erste Übersetzung in die deutsche Sprache, die Schulz’ innovativer Ausdruckskraft wirklich gerecht wird. – FAZ: Stephanie Peter akzentuiert die Modernität dieses Schriftstellers, würdigt ihn als „Riesen der literarischen Moderne“ und stellt ihn in den Kontext Benjamins und Kracauers. Philip Roth Exit Ghost Roman. Aus d. Amerikan. v. D. v. Gunsteren Hanser, 304 S., € 20,50 „Diese alten Männer. Weit jenseits der siebzig, müssen sie sich wohl alle in junge Mädchen verlieben. Warum muss das sein? Das weiß man nicht. Aber die alten Männer der Literatur schwelgen darin.“ (Georg Patzer in literaturkritik) Aber so einfach ist das nicht. Die Rezensentin der TAZ, Wiebke Porombka, hat die Romane von Roth und Walser über alternde Schriftsteller gelesen und dabei nicht wenig gelitten. Doch gerade wegen der schonungslosen, mitunter quälenden Darstellung hält sie die literarischen Projekte für gelungen. Roth lässt Bruno Schulz Die Zimtläden Aus d. Poln. neu übersetzt und mit Nachwort und Anmerkungen versehen Jerzy Ficowski Bruno Schulz. 1892–1942 Ein Künstlerleben in Galizien Übersetzt v. F. Griese Hanser, 192 S. m. Fotos, € 20,50 Jerzy Ficowski erzählt von den Nöten, Obsessionen und Bedrohungen, die die Biographie des Zeichners und Kunstlehrers Bruno Schulz prägten. 7 a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at Annemarie Schwarzenbach Sonderedition in sechs Bänden Lenos, € 12,90 Zum 100. Geburtstag von Annemarie Schwarzenbach (1908–1942) bietet der Verlag eine preisgünstige Jubiläumsausgabe an. Diese Sonderedition ist gebunden, kostet pro Band € 12,90, und umfasst folgende Werke: „Winter in Vorderasien“, „Tod in Persien“, „Bei diesem Regen“, „Freunde um Bernhard“, „Lyrische Novelle“, „Alle Wege sind offen“. Dominique Laure Miermont Annemarie Schwarzenbach Eine beflügelte Ungeduld Biographie. Aus d. Franz. v. S. Wittek Ammann, 500 S., € 35,90 Annemarie Schwarzenbach (1908– 1942), Schriftstellerin, Journalistin, Fotografin aus reicher Industriellenfamilie, „vereint in sich viele Momente, die sie 1987, im Jahr ihrer Wiederentdeckung, zur Kultfigur prädestinierten: die Androgynie ihrer Erscheinung, ihr Leben zwischen Männern, aber vor allem Frauen, ihre nomadische Existenz, die unbedingte Verausgabung, mit der sie liebte, schrieb, reiste und fotografierte.“ (Bettina Spoerri, NZZ) Ihre Existenz war von Drogen und Klinikaufenthalten geprägt, von einem erbitterten schriftstellerischen Kampf gegen den Nationalsozialismus und von ihrer stürmischen Freundschaft zu Klaus und Erika, den Enfants terribles von Thomas Mann. – Zum 100. Geburtstag diese Biographie. Miermont übersetzte für den französischen Verlag Payot mehrere Werke von Schwarzenbach; sie ist zugleich KlausMann-Kennerin. Reiner Stach Kafka Die Jahre der Erkenntnis Fischer, 650 S., € 30,80 Der erste Band erschien 2002 unter dem Titel „Kafka. Die Jahre der Entscheidungen“ (Fischer, 672 S., € 30,80). Dies sind die Jahre 1910 bis 1915, in denen sich der junge, ungebundene, beeinflussbare Kafka verwandelt in den verantwortungsbewussten Beamten und zugleich in den Meister des präzisen Alptraums und des „kafkaesken“ Humors. – Rechtzeitig zum Kafka-Jubiläum 2008 kann nun der Fortsetzungsband „Kafka. Die Jahre der Erkenntnis“ erscheinen, der die Jahre von 1916 bis zu Kafkas Tod 1924 behandelt – eine Zeit, in der Kafkas vertraute Welt unterging, politisch ebenso wie physisch. Er war nun deutscher Jude mit tschechischem Pass, und er litt an einer Krankheit, welche die seit Jahren 8 erträumte literarische Existenz unmöglich machte. Beides steigerte seine Hellsicht: Für Kafka wurden es die Jahre der Erkenntnis. Abdourahman A. Waberi In den Vereinigten Staaten von Afrika Roman Nautilus, 160 S., € 16,50 Ilija Trojanow: „Eine ungewöhnliche Satire, die der Welt den Spiegel vorhält, indem sie diese auf den Kopf stellt.“ – Umkehrungen der historisch-politischen Verhältnisse haben eine literarische Tradition, in der Waberi die afrikanische Note setzt. In einem märchenartigen Stil, mit Ironie und bösem Spott hält er Europa den Spiegel vor: Die Vereinigten Staaten von Afrika beherrschen die Welt, in Europa und Nordamerika dagegen herrschen Hunger und Krieg, und die Adoptivtochter eritreischer Entwicklungshelfer spürt ihren Wurzeln in den Slums der Normandie nach ... – „Gut amüsiert“ hat sich Martin Zähringer (FR) bei der Lektüre dieser Satire Waberis, den er als „kritischen und subtilen Kenner“ vor allem des frankophonen Afrika schätzt. Gao Xingjian Die Angel meines Großvaters Erzählungen. Aus d. Chines. v. N. Vittinghoff Fischer, 208 S., € 20,50 Kindheitserinnerungen, das Glück der Liebe und der Freundschaft, das alte China, aber auch die Tragödie politischer Verfolgung stehen im Mittelpunkt der Erzählungen des Nobelpreisträgers. „Gao ist ein sinnlicher, starker Erzähler.“ (TAZ) Feridun Zaimoglu Liebesbrand Roman Kiepenheuer, 352 S., € 20,50 „Feridun Zaimoglu sitzt beim Frühstück im Hotel Alpenrose“ in Feldkirch, „plaudert auf Türkisch mit dem Personal und ist entzückt, dass man in Österreich noch rauchen kann, genehmigt sich zahlreiche Frühstückszigaretten und muss das folgende Interview auch kurz zum Zigarettenholen unterbrechen ...“ Klaus Nüchtern, FALTER). „Wessen Herz noch schlage, der werde sich in dieses Buch verlieben“ schreibt Alexander Cammann in der TAZ. – Inhalt: Der deutschtürkische Autor erzählt von David, der bei einem beinahe tödlich für ihn ausgehenden Busunfall in Liebe zu einer ihm Wasser reichenden Unbekannten entbrennt. Fortan ist der Erzähler in Liebe entflammt und macht sich auf die Suche nach der Frau seines Lebens ... – Für Ulrich Greiner in der ZEIT gehört Zaimoglu mit diesem Buch – letztlich die Geschichte des Begehrens – zu den besten deutschen Schriftstellern. „Überzeugend“ findet Kristina MaidtZinke in der SZ die Dramaturgie des Romans. Auch seine „melancholische Komik“ hat ihr bestens gefallen. Dieter E. Zimmer Wirbelsturm Lolita Auskünfte zu einem epochalen Roman Rowohlt, 192 S., € 20,50 Ein literarisches Phänomen des 20. Jahrhunderts unter der Lupe seines besten Kenners: Dieter E. Zimmer hat 1959 zum ersten Mal über „Lolita“ geschrieben, später den Anmerkungsteil verfasst und die deutsche Übersetzung bearbeitet. a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at K U LT U R - GE S C HI CH T E Irini Athanassakis Die Aktie als Bild Zur Kulturgeschichte von Wertpapieren Springer, Edition Transfer, 448 S., € 41,10 Über 400 Jahre Aktiengeschichte werden exemplarisch anhand von sechs Geschichten zu konkreten Aktien und Aktiengesellschaften vorgestellt und erzählen analytisch von Eckpunkten der Kultur- und Finanzgeschichte: Florenz, das frühe Bankwesen und die Medici, der Indienhandel der Niederländer, die spanischen Kolonien in Südamerika, die industrielle Revolution ausgehend von England, der Zweite Weltkrieg und die internationale Konsumgesellschaft, aber auch die elektronische Dematerialisierung des aktuellen Aktienhandels, eröffnen Blickpunkte auf aktuelle Debatten zum internationalen Finanzwesen. Die Kommentierung der Bilder verbindet Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Ästhetik. Verborgenes wird zugänglich gemacht, denn die Illustrationen auf Aktien – antike Gottheiten, Arbeiter und weibliche Gestalten – verraten Hoffnungen und Wünsche jener, für die Aktien mehr sind als zirkulierende Geldscheine. und Bewältigung der Gefahr als Zentrum der Gesellschaftsbildung erkannt: Tabu und Gefahr erlauben es einer Gesellschaft zuallererst, ihre Werte zu formulieren. Naturbeherrschung als Ziel des „Prozesses der Zivilisierung“ hielt Steiner nach dem Krieg für einen Mythos: Nur von Macht über Menschen lasse sich reden, von Ausbeutung und Vernichtung. Dirk Baecker u.a. Kontroverse über China Merve, 116 S., € 9,30 Im Juni 2007 fand im Hebbeltheater Berlin das Festival „Umweg über China“ statt. Auf dem Kolloquium mit und über François Jullien referierten Wissenschaftler verschiedenster Fachrichtungen aus Deutschland, Frankreich, Italien und China. – Mit Beiträgen von Jullien, François / Baecker, Dirk / Fabbri, Paolo / Jousset, Philippe / Kubin, Wolfgang / Pörtner, Peter / Minan, Wang u.a. Ruth Beckermann (Hg.) Leben! Juden in Wien nach 1945 fotographiert von Margit Dobronyi Mandelbaum, 304 S., 274 Abb., € 24,90 Die Fotografin Margit Dobronyi kam 1956 als Flüchtling aus Budapest nach Wien. Vierzig Jahre lang arbeitete sie als „Haus- und Hoffotografin“ in der jüdischen Gemeinde. Das so entstandene riesige Fotoarchiv der heute 95-Jährigen wurde zur wichtigsten und unmittelbarsten Bildquelle der Geschichte jüdischen Lebens in Wien nach 1945. – Das Buch „Leben!“ erscheint als Begleitbuch zur von Ruth Beckermann konzipierten Ausstellung im Jüdischen Museum. Franz Baermann Steiner Zivilisation und Gefahr Wissenschaftliche Schriften Wallstein, 768 S., € 69,90 Theodor W. Adorno: „Es ist ein Symptom des Weltzustandes, daß man von einem solchen Mann, dem man sich wirklich bis ins Innerste verbunden fühlt, erst nach seinem Tode etwas erfährt [...]. Selbstverständlich muß alles geschehen, damit Steiners Nachlaß an die Öffentlichkeit kommt.“ – Der Ruf von Franz Baermann Steiner (1909–1952) steht heute außer Zweifel. Sein postum erschienenes Buch „Taboo“ ist zu einem Standardwerk geworden. Mit dem Begriff des Tabus hatte Steiner die Distribution Hans Belting Florenz und Bagdad Eine westöstliche Geschichte des Blicks Beck, 336 S., 100 Abb., € 30,80 Wie und was wir sehen, ist in hohem Grade von der Kultur geprägt, in der wir leben. Eine Geschichte des Bildes ist daher unvollständig ohne eine Kulturgeschichte des Blicks. Hans Belting vergleicht in seinem neuen Buch den Blick der westlichen Welt, der im Florenz der Renaissance geboren wurde und völlig neuartige Bilder hervorbrachte, mit dem der islamischen Welt. „Ein spannendes Buch“, findet der ZEIT-Rezensent Martin Warnke; Willibald Sauerländer feiert in der SZ Hans Beltings jüngstes Buch, in dem er nachzuweisen sucht, dass die Entwicklung der westlichen Zentralperspektive in der Kunst einen Wegbereiter in der arabischen Mathematik und Philosophie gehabt hat, als furiosen „Geniestreich“. John Berger Mit Hoffnung zwischen den Zähnen Berichte von Überleben und Widerstand. Aus d. Engl. v. R. Seuß Wagenbach, 144 S., € 16,40 Mit dem scharfen Blick des Künstlers und zugleich Kunsttheoretikers schaut John Berger auf die heutige globale wirtschaftliche und militärische Tyrannei. Der Bildbetrachter Berger sieht genau hin: Wie spiegelt sich das Leben in beengten Verhältnissen in der Haltung palästinensischer Jungen beim Murmelspielen wider? Wie führte der Hurrikan Katrina die wachsende Armut in den Vereinigten Staaten vor Augen? Wie korrespondieren die Bilder des 11. September 2001 mit denen der Bombardierung Hiroshimas am 6. August 1945? Élise Blanchard Karawanen des Orients Unterwegs auf legendären Handelsrouten Frederking & Thaler, 253 S., € 41,10 Warum Menschen reisen. 2500 Jahre Geschichte von Orient und Okzident. Auf den Karawanenstraßen China, Birma, Mongolei, Seidenstraße, Indien und Tibet, die Goldstraße nach Samarkand, Persien, Kaukasus, Byzanz, von Bagdad zum Mittelmeer. Elisabeth Bronfen Tiefer als der Tag gedacht Eine Kulturgeschichte der Nacht Hanser, 632 S., € 30,80 „Die Psychoanalyse ist die erste Wissenschaft, die von der nächtlichen Logik systematisch Gebrauch macht.“ – Im Großen und Ganzen findet es Rezensent Wilhelm Trapp (ZEIT) überzeugend, was die Kultur- und Literaturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen aus Theater, Film, Kunst, Oper, Philosophie und Psychoanalyse zu einer Kulturgeschichte der Nacht zusammengetragen hat. Der Überblick über die Nacht im neueren amerikanischen Film, die Nacht bei Novalis und Hegel oder Shakespeare seien durchaus „kenntnisreich“ dargestellt – so Kurt Flasch in der SZ. Flasch vermisst jedoch tiefer gehende Ausführungen zur Antike und zum Mittelalter, zur italien., franz. und dt. Literatur. 9 a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at Alain Caillé Anthropologie der Gabe Hgg. u. übers. v. F. Adolff u. Chr. Papilloud Campus, 240 S., € 30,80 Der Band versammelt zentrale Beiträge Caillés zur Auseinandersetzung mit Mauss, zur Sozialtheorie der Gabe und der politischen Dimension dieses Paradigmas sowie zur Theorie des Opfers und des Symbols. Alain Caillé ist Professor für Soziologie an der Universität Paris. 1981 gründete er die M.A.U.S.S. (Mouvement Anti-Utilitariste dans les Sciences Sociales), die sich gegen den Utilitarismus in den Sozialwissenschaften wendet. Winston S. Churchill Kreuzzug gegen das Reich des Mahdi Aus d. Engl. v. G. Brunold Eichborn, 440 S, € 30,Erstmals auf deutsch: Winston Churchill über die Geburtsstunde des modernen politischen Islam und den Wüstenkrieg gegen das Reich des Mahdi. – Im Aufstand des Mahdi (1881–1885) zeigt der Islam erstmals das moderne Gesicht einer radikalen politischen Kraft. Julia Danielczyk/Isabella Wasner-Peter (Hg.) Heut‘ muß der Tisch sich völlig bieg‘n Wiener Küche und ihre Kochbücher Mandelbaum, 264 S., € 24,90 „Traditionelle regionale Gerichte und Speisen aus zumindest vierzehn Staaten“: Die Wienbibliothek im Rathaus besitzt einen außergewöhnlichen und umfangreichen Bestand an Kochbüchern und Rezeptsammlungen, darunter wertvolle und legendäre Stücke wie Anna Dorns „Großes Wiener Kochbuch“, Adolf und Olga Hess' „Wiener Küche“ sowie Katharina Pratos „Süddeutsche Küche“. Die Kochbücher dokumentieren nicht nur historische Essgewohnheiten, sondern vermitteln auch Wiener Alltags- und Mentalitätsgeschichte. Vorliegender Band präsentiert eine auf die Wiener Küche fokussierte Auswahl an Meilensteinen, Höhepunkten und Kuriosa der Sammlung. Walter Dostal Von Mohammed bis al-Qaida Einblicke in die Welt des Islam Passagen, 248 S., € 28,90 In einer Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse der Qureisch – jenes Stammverbands, dem der Prophet angehörte – erklärt der Professor für Ethnologie und Präsident der Österreichischen Orient-Gesellschaft HammerPurgstall die Spaltung der frühislami10 schen Gesellschaft in Omajaden und Abbasiden und die Gründe für das Aufkommen der Schi´a. Anhand einer Rekonstruktion des Weltbilds der aktiven islamistischen Terroristen analysiert Dostal die Kriegserklärung an den nichtmuslimischen Westen. Dass es aber auch eine innerislamische Ablehnung des Terrors gibt, beweisen Qadi al-Hitars Bemühungen um eine Wiedereingliederung ehemaliger jemenitischer Qaída-Kämpfer. Ekkehard Eickhoff Venedig, Wien und die Osmanen Umbruch in Südosteuropa 1645–1700 Klett, 440 S., Abb., € 30,40 „... Eickhoff beleuchtet die Widersprüche dieser Barockwelt mit einer an klassischen Vorbildern, an Ranke, Mommsen und Droysen geschulten Diktion. Der einzige Fehler seines Buchs besteht darin, dass es nach vierhundertfünfzig Seiten aufhört ...“ (Andreas Kilb, FAZ) Das Buch (3. überarbeitete Auflage) vergegenwärtigt den Aufstieg Wiens zur europäischen Großmacht im Kampf gegen das vor dem Niedergang stehende Osmanische Reich und zeigt, welche Bedeutung dem 24-jährigen Seekrieg Venedigs gegen das türkische Reich zukam. – Ekkehard Eickhoff, geboren 1927 in Berlin, habilitierte sich 1973 für mittelalterliche und neuere Geschichte an der Universität Stuttgart. Seit 1953 gehörte er dem Auswärtigen Dienst an, arbeitete an den Botschaften in Kairo, Bern und Ankara. Philipp Felsch / Beat Gugger u.a. Berge, eine unverständliche Leidenschaft folio, 180 S., Abb., € 17,80 Begleitend zur gleichnamigen Ausstellung (www.alpenverein.at/leidenschaft) sichtet der illustrierte und interdisziplinär angelegte Band das Wesen des Alpinismus von seinen physischen und psychischen Komponenten her. – Mit Beiträgen von Paul Veyne, Gabriel Finkelstein, Martin Scharfe, Harry Walter, Ingeborg Schmid-Mummert u.a. Georg Franck Architektonische Qualität Edition Hanser Akzente Hanser, 336 S., € 22,10 Für Georg und Dorothea Franck gibt es Kriterien, nach denen die Qualität eines Bauwerks beurteilt werden kann: sein Verhältnis zur Umgebung, seine Funktionalität, seine sinnliche Ausstrahlung. Es ist keine Sache der Beliebigkeit, welche Entwürfe diesen Anforderungen entsprechen. Die Kenntnis der kanonischen Vorbilder spielt dabei mindestens die gleiche Rolle wie ein wacher Sinn für die Spielregeln der modernen Gesellschaft. Peter Gorsen Das Nachleben des Wiener Aktionismus Essays, Huldigungen, Expertisen, Kritiken 1969–2007 Ritter, 160 S., zahlr. Abb., € 29,Das Buch vereint eine Selektion jener schriftlich vorliegenden Äußerungen zu den 4 Hauptkünstlern Brus, Mühl, Nitsch und Schwarzkogler unter den verschiedensten Gesichtspunkten und historischen Entwicklungen. Thomas Hauschild Ritual und Gewalt Suhrkamp, 250 S., € 25,50 Jenseits von Idealisierung und Dämonisierung, von „aufgeklärtem Westen“ und „rückständigem Orient“, von postkolonialem Denken und Wissenschaftsgläubigkeit! Hauschild setzt dagegen auf die Mikroanalyse lokaler ritueller Praktiken und präsentiert anschauliche ethnologische Studien. Die „Kultur“ von Al Qaida wird ebenso untersucht wie die der sizilianischen Mafia, der „Ehrenmord“, der „böse Blick“ sowie andere magische und religiöse Riten und Fetischismen. Rituale erweisen sich dabei als wertvolle Kulturgüter, die nicht per se Nährboden für Fundamentalismen und Sektierertum sind, sondern aus denen sich wie aus anderen Kulturformen auch gleichermaßen gewalttätige wie friedfertige Konsequen-zen ziehen lassen. – Der Autor („Hexen“, „Der böse Blick“, „Europäische Ethno-logie“ u.v.a.), Professor für Ethnologie in Tübingen, forscht über kulturelle und körperliche Reserven gegen die Globali-sierung und spirituelle Bewegungen im euromediterranen Raum. Ronald Hitzler / A. Honer u.a. (Hg.) Posttraditionale Gesellschaften Theoretische und ethnographische Bestimmungen VS, 256 S., € 25,60 Der Band diskutiert neue Formen sozialer Vergemeinschaftung: Posttraditionale Gemeinschaften können den Einzelnen zur Mitgliedschaft nicht verpflichten, sondern ihn in aller Regel lediglich zur Mitgliedschaft verführen. Diese „Verführung“ geschieht wesentlich durch die Option zur Teilhabe an von den dadurch Angesprochenen als „erlebenswert“ angesehenen sozialen Ereignissen. Derartige Ereignisse treten üblicherweise nicht zufällig ein, sondern sind in der Regel (kalkulierte) kollektive Ausbrüche aus der Banalität des Alltags. a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at Arnold Hottinger Die Länder des Islam Geschichte, Traditionen und der Einbruch der Moderne Schöningh, 336 S., € 35,90 „Kann eine Religionsgemeinschaft von einer Milliarde Menschen mit unterschiedlichem historischem und nationalem Hintergrund so homogen sein, wie sie allgemein vom Westen wahrgenommen wird?“ – Unter dieser Leitfrage betrachtet Hottinger die islamischen Länder von Ägypten bis zur Türkei, von Nordafrika bis zum Iran, vom Irak bis Afghanistan und Pakistan. – Arnold Hottinger, langjähriger Nahostkorrespondent der Neuen Zürcher Zeitung, berichtet seit Jahrzehnten über die islamische Welt. Nach seinem Buch „Islamische Welt“ legt er nun ein neues Werk vor. Skeptisch ist Eberhard Rathgeb in der FAZ. Er hält dem Autor vor, von dem „Kinderglauben“ auszugehen, alles werde letztlich gut, solange es noch wahre Kunst und wahre Künstler gebe. Lamya Kaddor / Rabeya Müller (Hg.) Der Koran für Kinder und Erwachsene Zweisprachig, mit Illustrationen von Karl Schlamminger Beck, 250 S., Ill., € 20,50 Die Erschaffung der Welt, Abraham, Moses, Jesus ... Die zentralen Stellen, in 2 Sprachen, für Kinder und Erwachsene, ausgewählt, erläutert und übersetzt von den Herausgeberinnen. Leander Kaiser / Michael Ley (Hg.) Die ästhetische Gnosis der Moderne Passagen, 248 S., € 27,90 Jean-Claude Kaufmann Was sich liebt, das nervt sich Aus d. Franz. v. A. Beck UVK, 280 S., € 22,30 Für sein neues Buch hat Jean-Claude Kaufmann zahlreiche ebenso verzweifelte wie unwiderstehlich komische Aussagen von Frauen und Männern über ihren Beziehungsärger gesammelt und ausgewertet. Durch die Infragestellung der traditionell vorgeschriebenen Rollen und das Streben nach Gleichberechtigung und Selbstverwirklichung scheint das Ärgerpotenzial seit den 1960erJahren kontinuierlich anzusteigen. Thomas W. Laqueur Die einsame Lust Eine Kulturgeschichte der Selbstbefriedigung Aus d. Amerikan. v. C. Brunn Osburg, 500 S., € 27,70 Klaus Dieter Lehmann Bild, Buch und Arche Bibliothek und Museum im 21. Jahrhundert BerlinUniversityPress, 220 S., € 28,70 Zehn Jahre leitete Lehmann die Deutsche Nationalbibliothek. Im zehnten Jahr steht er als Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin der größten Kulturorganisation in Europa vor. Und vom Frühjahr 2008 an wird er die Präsidentschaft des GoetheInstituts in München übernehmen. Von Kultur und Identität, von Weltkunst, vom kulturellen Erbe, von Beutekunst, Raubkunst und Restitution, von Renovierung und Rekonstruktion, von Politik und Geld handelt dieses Buch. Lewis Hyde Die Gabe Wie Kreativität die Welt bereichert Aus d. Engl. v. H.G. Holl Fischer, 416 S., € 23,60 Die These des Buches: Kreativität und Kunst sind Geschenke und keine Waren! Anhand zahlreicher Beispiele aus der Anthropologie, der Literatur, der Wirtschaft und der Psychologie zeigt Lewis Hyde zugleich, dass die „Kommerzialisierung des kreativen Geistes“ voranschreitet. Ob Hyde das Tauschsystem der Trobriand-Inseln heranzieht, die Kreisläufe des Kula-Ringes, ob die Hau-Zeremonie der Maori, das indianische Potlatschritual, schottische Märchen oder Whitmans Dichtung: Immer versucht er darzulegen, welche Grundeinsichten in die Natur des Schöpferischen bei sonst noch so großen Unterschieden allen Kulturen gemeinsam sind. Ob das stimmt? Dass im 20. Jahrhundert Künstler ihre Werke nicht nur in den Dienst religiöser und politischer Heilslehren gestellt haben, sondern sich selbst als Propheten und Heilsbringer verstanden haben, ist bekannt. Mit der Fragestellung, inwieweit die ästhetische Bewegung der Moderne selbst als eine religiöse oder, genauer, als eine gnostisch-häretische Bewegung zu betrachten ist, geht der vorliegende Band über die bekannten Befunde hinaus. Er verbindet diese Fragestellung mit neuen Untersuchungen zur Wiener Moderne um 1900. Im Werk und Denken von vier Protagonisten – Klimt, Schiele, Schönberg, Riegl – zeigt sich die religiöse Krise der Zeit und die Tendenz zu gnostischen, esoterischen und rassistischen Ideen. Mit Beiträgen von Brigitte Borchhardt-Birbaumer, Bazon Brock, Christian Demandt, Ruth Heidrich-Blaha, Leander Kaiser, Vera Koubowetz, Michael Ley, Franz Smola und Werner Telesko. Brigitte Lion Dilemma im universitären Alltag Irritationen und Widersprüche im Spiegel von Gesellschaft und Organisation Hamp 213 S., € 24,80 Oliver Marchart Cultural Studies UTB, 272 S., € 18,40 Kulturwissenschaft politisch verstanden. Der Autor legt die historischen Hintergründe dieses Theorieansatzes frei und fasst den Stand der gegenwärtigen Diskussion zusammen. Dabei arbeitet er systematisch das ursprüngliche Interesse der britischen Cultural Studies an einer politisch verstandenen Gesellschaftsund Kulturwissenschaft heraus. Kultur ist danach ein Feld von Machtbeziehungen, auf dem soziale Identitäten wie Klasse, Rasse, Geschlecht oder sexuelle Orientierung konstruiert werden. 11 a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at Christoph Markschies Antike ohne Ende BerlinUniversityPress, 220 S., € 25,60 Die Antworten des Berliner Universitätspräsidenten dokumentieren, wie stark Transformationen der Antike bis auf den heutigen Tag verschiedene Zweige von Wissenschaft prägen. Antike kann schon deswegen nicht an ein Ende gekommen sein, weil sie im gegenwärtigen Wissensbetrieb pausenlos neu konstruiert wird und dies natürlich nicht nur in den Altertumswissenschaften oder der Theologie. Matthias Marschik Sportdiktatur Bewegungskulturen im nationalsozialistischen Österreich Turia + Kant, 680 S., € 40,Dieser Band bietet eine umfassende Darstellung des Sports in der „Ostmark“: Breiten- und Spitzensport, Massen- und Minderheitensport, Vereinsund Jugendsport sowie der Sport der Formationen. Zum Vergleich dienen drei konkrete Zeitpunkte: die Monate nach dem „Anschluss“, die Zeit rund um den Kriegsbeginn und schließlich die Endphase des Regimes nach Stalingrad. wenigen Jahren als mondän galt, wie z.B. das Rauchen, wird in unserer heutigen Kultur als schmutziges, gesundheitsgefährdendes Ärgernis thematisiert. Früher wurden solche Praktiken kulturell aufgehoben, indem man sie in einen Rahmen des „Heiligen“ stellte. Gegen dieses „Heilige“ macht nun eine Vernunft Front, die sich als „rein“ versteht und die Welt entzaubern möchte. – Robert Pfaller studierte Philosophie in Wien und Berlin und lehrt nach Gastprofessuren nun Kulturwissenschaft und Kulturtheorie an der Kunstuniversität Linz. Zuletzt ist von ihm erschienen „Die Illusionen der anderen. Über das Lustprinzip in der Kultur“. Erich Lessing berichtet vom Ungarnaufstand, von Tito und von Chruschtschow. Friedrich Achleitner beschreibt Bogdan Bogdanovichs subtile Beiträge zur Erinnerungskultur. Jacques Le Rider resümiert Spätfolgen der Balkangeschichte. Burghart Schmidt und Anatoli Achutin diskutieren über Verschiebungen von Links-Rechts-Relationen. Die Situation der Krimtataren beschreibt ihr Repräsentant Mustapha Djamiljow. Zahlreiche weitere Stimmen – und die Visualisierungen mitwirkender Künstler und Künstlerinnen – machen das Werk zu einem Kompendium für überraschende Zugänge zum europäischen Südosten. Landesgalerie Linz (Hg.) Lisl Ponger Foto- und Filmarbeiten. Photos and Films Wieser, 174 S., zahlr. Abb., € 20,Mit Texten von Martin Hochleitner, Christiane Mennicke, Shaheen Merali, Bert Rebhandl. Tom Reiss Der Orientalist Auf den Spuren von Essad Bey Aus d. Amerikan. v. J. Bretthauer Osburg, 472 S., Abb., € 26,70 „Vater: Ölmillionär. Mutter: radikale Revolutionärin. So begann mein Dasein.“ – Und es sollte ein Leben voller Spannungen und unerwarteter Wendungen werden, das den jungen Juden Lev Nussimbaum – 1905 in Baku geboren – in den Jahren der russischen Revolution über Zentralasien, Persien und die Türkei schließlich bis ins Berlin der Wilden Zwanziger Jahre führte. Dort machte er sich – inzwischen zum Islam konvertiert – als Essad Bey (alias Kurban Said) einen Namen als international anerkannter Autor, unter anderem des noch heute verlegten Bestsellers „Ali und Nino“. Nach einem Intermezzo in New York zog er nach Wien, floh vor den Nazis nach Italien und starb 1942 in Positano. – Tom Reiss zeichnet das Porträt einer schillernden Persönlichkeit und ihrer turbulenten Zeit. Iris Meder (Hg.) Josef Frank Eine Moderne der Unordnung Patmos 144 S., Abb., € 32,Robert Muchembled Die Verwandlung der Lust Aus d. Franz. v. U. Schäfer DVA, 400 S., € 25,70 „Muchembled schreibt eine Geschichte der Sexualität und stürzt Foucault damit vom Thron.“ (Pascal Bruckner) – Der Pariser Kulturhistoriker erzählt die Geschichte der Sexualität vom 16. Jahrhundert bis zur sexuellen Revolution der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. These: Die Geschichte der Sexualität ist eine Geschichte ihrer Unterdrückung und Sublimierung. Nach Muchembled wurde die körperliche Lust verwandelt und machte die Menschen kreativ und innovativ. Cora von Pape Kunstkleider Die Präsenz des Körpers in textilen Kunst-Objekten des 20. Jahrhunderts transcript, 232 S., zahlr. Abb., € 27,60 Robert Pfaller Das schmutzige Heilige und die reine Vernunft Untersuchungen zur Gegenwartskultur Fischer, 224 S., € 13,40 „Magie ist etwas für Leute, die nicht daran glauben.“ – Vieles, was noch vor 12 Christian Reder / Erich Klein (Hg.) Graue Donau, Schwarzes Meer Wien Sulina Odessa Jalta Istanbul Springer, Edition Transfer, 588 S., € 41,10 Die Donau und das Schwarze Meer – Sulina, Odessa, Jalta, Istanbul – repräsentieren in diesem Essaybuch die Osterweiterung der EU und deren ebenso problematisiertes Vorfeld. Als vielfältig zusammenhängender Raum aufgefasst, kommen Sichtweisen zur Sprache, die einen Austausch von Einschätzungen zu Geschichte, Kultur und aktuellen Positionen konkretisieren. Wolfgang Petritsch, Chefverhandler der EU im Jugoslawienkonflikt, und Dragan Velikic, Schriftsteller und serbischer Botschafter in Wien, nehmen Stellung. Der Fotograf a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at Ute Röschenthaler / Mamadou Diawara (Hg.) Im Blick der Anderen Brandes & Apsel, 160 S., € 15,40 „Der Fremde hat große Augen, aber er sieht nicht viel“, sagt ein malisches Sprichwort. Um dem entgegen zu wirken haben deutsche Ethnologen und Malier gemeinsam geforscht und sich gegenseitig ergänzt. Dietmar Rothermund Indien Aufstieg einer asiatischen Weltmacht Beck, 336 S., Abb., € 25,60 Dietmar Rothermund, Professor em. für Geschichte Südasiens an der Universität Heidelberg, ist international einer der renommiertesten Indien-Kenner. Bei C.H. Beck erschienen von ihm u.a. „Geschichte Indiens“ (mit Hermann Kulke, 2006), „Mahatma Gandhi“ (2003) und „Krisenherd Kaschmir“ (2002). Michail Ryklin Kommunismus als Religion Die Intellektuellen und die Oktoberrevolution. Aus d. Russ. v. D. Uffelmann Weltreligionen, 120 S., € 18,30 Keine weltliche Religion des 20. Jahrhunderts kann sich in ihrer Anziehungskraft für die Intellektuellen mit der kommunistischen (Raymond Aron nannte sie das Opium für die Intellektuellen) vergleichen. Die Gründe dieser Verzauberung zu klären ist die wichtigste Aufgabe des Buches. Was am ursprünglichen revolutionären Glauben und seiner Kultur erschien Walter Benjamin, André Gide, Lion Feuchtwanger, Bertolt Brecht und vielen anderen als ungewöhnlich wertvoll und sogar einzigartig? Helwig Schmidt-Glintzer Kleine Geschichte Chinas Beck, 304 S., 100 Abb., € 20,50 Der Sinologe Helwig Schmidt-Glintzer war Ordinarius für Ostasiatische Kulturund Sprachwissenschaft an der Universität München und ist seither Direktor der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Von ihm erschienen: „China. Vielvölkerreich und Einheitsstaat“ (1997); „Geschichte der chinesischen Literatur“ (1999); „Das alte China“ (2005); „Das neue China“ (2006); „Der Buddhismus“ (2007). Raoul Schrott Homers Heimat Der Kampf um Troia und seine realen Hintergründe Hanser, 416 S., € 25,60 Kurt Schubert Geschichte der österreichischen Juden Bearbeitet von Bernhard Dolna Böhlau, 256 S., € 29,90 Kurt Schubert, am 4. März 1923 in Wien geboren, baute an der Universität Wien, an der er 60 Jahre unterrichtete, die erste Judaistik im deutschen Sprachraum auf. „Meine Verwurzelung im Christentum und meine Liebe zum Judentum sind wie Zahnräder, die ineinander greifen und einander ergänzen“ war Kurt Schuberts Leitsatz, der sein Leben und Wirken prägte. Prof. Schubert ist am 4. Februar 2007 gestorben. Lee Seldes Das Vermächtnis Mark Rothkos Aus d. Amerikan. v. M. Mohr parthas, 420 S., € 30,70 Als Mark Rothko sich am 25. Februar 1970 das Leben nahm, war er längst ein international gefeierter Superstar der zeitgenössischen Kunst. Was am Tag seines Todes beginnt, ist beispiellos: Korrumpierte Nachlassverwalter lassen zu, dass zahlreiche Gemälde außer Landes gebracht und unter Preis veräußert werden, Galerien organisieren Ringverkäufe und Insidergeschäfte, um die Preise hochzutreiben und Museen der öffentlichen Hand beteiligen sich an Geldwäsche. Dem Treiben wird erst ein Ende gesetzt, als Rothkos minderjährige Tochter eine Klage gegen die Stiftung ihres Vaters einreicht. – Lee Seldes schrieb für Newsweek, Barron's, The Village Voice und Esquire. Sie war die einzige Journalistin, die den Rothko-Prozess offiziell beobachtete. Richard Sennett Handwerk Aus d. Amerikan. v. M. Bischoff Berlin, 432 S., € 22,70 Wenn Richard Sennett von Handwerk oder handwerklichem Können spricht, so meint er mehr als nur technische Praxis. Er beschreibt damit einen fundamentalen menschlichen Impuls, das Bestreben, eine Tätigkeit um ihrer selbst willen gut zu machen. Sennett will aufzeigen, dass die Geschichte, insbesondere die Geistesgeschichte, eine markante Trennlinie zwischen Praxis und Theorie, Technik und Ausdruck, Macher und Nutzer gezogen hat. – Thomas Macho in der NZZ: „Nicht immer ist Sennetts Essay in allen Schlussfolgerungen und Beobachtungen völlig konsistent: doch allemal so gut geschrieben, so gut gemacht (im Sinn der eigenen Maxime), dass ihm die Leser gern folgen werden.“ Martin Bauer in der SZ kann sich dagegen nicht erwärmen für den „herzerwärmenden, modischen Wertkonservatismus“ Sennetts. Zwar anregend, materialreich und umfassend, aber in seinen Thesen sehr anfechtbar findet das Buch der ZEIT-Rezensent Mathias Greffrath. Natan Sznaider Gedächtnisraum Europa Die Visionen des europäischen Kosmopolitismus. Eine jüdische Perspektive transcript, 150 S., € 17,30 „Unter Bezug auf die Schriften von Hannah Arendt zeigt der Essay, wie sich zurzeit besonders in Europa eine neue kosmopolitische Sprache und Wirklichkeit herausbildet, die sich ohne Rückgriff auf das jüdische Gedächtnis über den Judenmord definieren will. Als jüdische Weltbürgerin wollte sich Arendt weder nach nationalstaatlicher Manier integrieren noch blindes Vertrauen in die politische Souveränität der Nationalstaaten setzen. In ihren „jüdischen Schriften“ artikulierte sie den Raum, der zwischen dem Dazugehören zu einer partikularen politischen Gemeinschaft und der Universalität der Menschenrechte liegt.“ Ilija Trojanow Der entfesselte Globus Reportagen Hanser, 200 S., € 18,40 Kelims – Teppiche – Textilien Töpferwaren – Schmuck Renate Anna Menzel 1090 Wien, Währingerstr. 55 Tel/Fax + 43-1- 409 309 8 berber@menzelgalerie.com Di – Fr 11–19 Uhr, Sa 11–13 Uhr Ausstellung Schmuck /Objekte Afrika /Asien bis 28. Juni 2008 13 a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at INNEN-WELTEN Rose Ahlheim Gitter vor den Augen Brandes & Apsel, 240 S., € 25,60 Thema: Innere und äußere Realität in der psychoanalytischen Therapie von Kindern und Jugendlichen. „Gitter vor den Augen“ – mit diesem Bild versucht ein Achtjähriger das psychische Hindernis zu benennen, das ihn in einem pathologischen Binnenraum gefangen hält und ihm den altersgerechten Weg in die äußere Realität versperrt. Die Frage nach dem dialektischen Verhältnis von „innerer“ und „äußerer“ Welt bildet den theoretischen Rahmen für zehn lebendig erzählte Fallgeschichten. Heide Anger / Peter Schultheiss (Hg.) Gestalt-Traumatherapie EHP, 260 S., € 28,80 Der Band vermittelt den State of the Art der gestalttherapeutischen Arbeit mit traumatisierten Menschen: Grundlagen, Methoden, Praxis der Traumatherapie, u.a. Kriegstraumatisierung, Armut und Trauma, Traumafolgestörungen, Dissoziative Fugue, Traumabehandlung von Kindern und Jugendlichen, Albträume, Genderperspektiven. – Es schreiben Wolfgang Wirth, Anja Jossen, Almut Ladisch-Raine, Irena Bezic, Colette Jansen Estermann, Rotraud Kerner, Heide Anger, Thomas Schön, Brigitte Holzinger, Beatrix Wimmer. Hermann Beland Die Angst vor Denken und Tun Psychoanalytische Aufsätze zu Theorie, Klinik und Gesellschaft Psychosozial, 450 S., € 51,30 Beeinflusst von Wilfred Bions, will sein eigener theoretischer Beitrag ein zentrales klinisches Problem lösen: das der Fixierung, der Einsetzung wie der Aufhebung wahnhafter Überzeugungen. Das Spektrum der untersuchten Themen ist breit und reicht von den psychoanalytischen Grundsätzen der Ethik bis zur Ersetzung des destruktiv allwissenden Über-Ichs; von der Übertragung als sozialem Grundmuster bis zur Verifizierung psychoanalytischer Erkenntnisse; von der Klärung des Allmachtsbegriffs bis zur Rolle der Projektion bei individueller und kollektiver Gewalt. – Hermann Beland hat die „Nazarethkonferenzen“ deutscher und israelischer Analytiker mitgegründet, die kollektive Identitätsstörungen nach dem größten Trauma durch die Gegenwart der anderen Gruppe erfahrbar machen. 14 Karl Heinz Brisch / Theodor Hellbrügge (Hg.) Der Säugling – Bindung, Neurobiologie und Gene Grundlagen für Prävention, Beratung und Therapie Klett, 349 S., € 37,„Alle, die mit Eltern und Säuglingen arbeiten und diese auf ihrem Entwicklungsweg begleiten, bringt dieses Buch auf den neuesten Forschungsstand. Zusätzlich gibt es zahlreiche gut umsetzbare Anregungen für die tägliche Arbeit.“ (Dr. med. Mabuse, 03/2008) Jean-Gérard Bursztein Die Struktur der Andersheit Mann–Frau Aus d. Franz. v. D. Sträuli Turia + Kant, 108 S., € 15,Mit einem forcierten Einsatz der Lacan'schen Algebra analysiert der Autor – Bursztein ist Psychoanalytiker, lebt in Paris, Unterrichtstätigkeit u.a. am Institut des Hautes Études en Psychanalyse – die Entwicklung der Geschlechterdifferenz. Er greift zurück auf Freuds Ansatz der ursprünglichen Bisexualität und verfolgt die Differenzierung der Geschlechter in einer eigenständigen Analyse bis hin zur Frage der Anerkennung des „Mangels im Anderen“. Auf der Grundlage der Struktur der Andersheit Mann–Frau ordnen sich zahlreiche Phänomene der Klinik neu: Neurosen bei Heterosexuellen wie bei Homosexuellen, die Psychosen, die Transsexualität, Konflikte in der Beziehung von Mann und Frau, gesellschaftliche Fragen usw. Petra Christian-Widmaier Nonverbale Dialoge in der psychoanalytischen Therapie Eine Einzelfallstudie. Mit e. Vorw. v. Stavros Mentzos Psychosozial, 380 S., € 41,10 In psychoanalytischen Behandlungen wird fortlaufend auch ohne Worte in Handlungsdialogen, Inszenierungen und Enactments kommuniziert. Die Autorin geht dem subtilen Blickaustausch, dem Handkontakt von Patient und Analytiker, den Toilettengängen des Patienten sowie dem beiderseitigen Umgang mit der Tür bei der Begrüßung und Verabschiedung nach. Der Verlauf der Enactments ließ eine Verschränkung der nonverbalen Dialoge mit den Veränderungsprozessen in der Behandlung und ein bestimmtes Verlaufsmuster erkennen. Marcus Coelen (Hg.) Die andere Urszene diaphanes, 140 S., € 18,50 Die Seele des Wolfsmanns zersprang in tausend Stücke, als ein Traum ihm den einst erblickten Akt der Eltern wiederholte. Ein Kind wird angesichts des bloßen Himmels der Abwesenheit Gottes gewahr ... Alle hier versammelten Texte bezeugen einen Entzug: Entzug des Erlebens einer Erfahrung, die dennoch insistiert, indem sie dem Leben ihre Schriftzüge verleiht. – Inhalt: Marcus Coelen: Die unerlebte Erfahrung / Maurice Blanchot: Eine Urszene / Philippe Lacoue-Labarthe: Zerregung / Maurice Blanchot: ... absolute Leere des Himmels ... (Aus einem Brief an Roger Laporte) / Maurice Blanchot: Eine Urszene [Narziß] / Maurice Blanchot: Ein Kind wird getötet / Philippe LacoueLabarthe: Agonie: beendet, nicht zu beenden / Donald Winnicott: Die Angst vor dem Zusammenbruch / Serge Leclaire: Pierre-Marie oder Das Kind / Michael Turnheim: Kommen und Gehen des Todes / Philippe Lacoue-Labarthe: Nachwort. Susanne Döll-Hentschker Die Veränderung von Träumen in psychoanalytischen Behandlungen Affekttheorie, Affektregulierung und Traumkodierung Brandes & Apsel, 440 S., € 41,10 Aus dem Vorwort von Marianne Leuzinger-Bohleber: „So liegt nun ein einzigartiges, präzises, auf psychoanalytischen Konzepten beruhendes Forschungsinstrument vor, das u.a. in vergleichenden Therapiestudien [...] eingesetzt werden kann. Nicht zuletzt dank der sprachlichen Qualitäten vermittelt Döll-Hentschker trotz des anspruchsvollen Gehalts Vergnügen und intellektuelle Befriedigung, sodass wir diesem Buch eine breite Leserschaft wünschen.“ Achim Geisenhanslüke Das Schibboleth der Psychoanalyse Freuds Passagen der Schrift transcript, 158 S., € 19,40 Der vorliegende Band fragt unter dem titelgebenden Stichwort des „Schibboleths“ nach den Zugangsmöglichkeiten zur Psychoanalyse im Zeichen der Literatur. Im Mittelpunkt des Interesses steht Freuds Auseinandersetzung mit mythologischen und literarischen Traditionen von den Anfängen der Psychoanalyse (Studien über Hysterie und Traumdeutung) über die metapsychologischen Schriften (Jenseits des Lustprinzips, Das Ich und das Es u.a.) bis zum testamentarischen Roman Der Mann Moses. Die Auf- a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at merksamkeit gilt weniger der psychoanalytischen Interpretation literarischer Texte als vielmehr der Literarizität von Freuds eigenen Schriften. Neben Freud berücksichtigt der Band u.a. Hesiod, Sophokles, Ovid, Shakespeare und Hölderlin, um der inneren Verflechtung von Psychoanalyse und Literatur nachzugehen. Robert Heim / Emilio Modena (Hg.) Unterwegs in der vaterlosen Gesellschaft Zur Sozialpsychologie A. Mitscherlichs Psychosozial, 260 S., € 30,80 Zum 100. Geburtstag von Alexander Mitscherlich im Jahre 2008 reflektieren Autoren über sein 1963 erschienenes sozialpsychologisches Hauptwerk „Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft“; mit Beiträgen von H.-J. Busch, A. Ebrecht, R. Haubl, R. Heim, T. Hoyer, E. Modena, J. A. Schülein und H.-J. Wirth. Andreas Hill / P. Briken / W. Berner (Hg.) Lust-voller Schmerz Sadomasochistische Perspektiven Psychosozial, 270 S., € 30,80 Dieses Buch nähert sich dem Phänomen Sadomasochismus aus theologischkunsthistorischen, kulturtheoretischsubkulturellen und psychologisch-psychiatrischen Perspektiven. Die Autoren aus sehr unterschiedlichen Disziplinen gehen u.a. der Frage nach, wann Sadomasochismus eine Lebensform, wann eine Störung ist und welche Beiträge er zum Selbstverständnis einer Kultur und eines Individuums leistet. – Beiträge von N. Becker, S. Becker, W. Berner, U. Brandenburg, P. Briken, N. Elb, P. Gorsen, A. Hill, J. Hoyer, S. Krege, K. Passig, J. Rathbone, V. Sigusch, H. Tiedemann, E. Welldon und V. Woltersdorff Matthias Hirsch (Hg.) Die Gruppe als Container Mentalisierung und Symbolisierung in der analytischen Gruppenpsychotherapie Vandenhoeck, 272 S., € 31,70 Die psychoanalytische Gruppentherapie ist auf dem Weg, die Theorien Fonagys und Targets zu integrieren. Die Beiträge der praxiserfahrenen Autoren belegen diese Entwicklung. Inhalt: Mathias Hirsch: Einleitung / Paula Teresa Carvalho: Die Container-Funktion der Gruppenanalyse. / Mathias Hirsch: Mentalisierung und Symbolisierung in der analytischen Gruppenpsychotherapie traumatisierter Patienten / Peter Potthoff: Mentalisierung und gruppenanalytische Behandlungstechnik / Angelika Staehle: Sehen und Gesehen werden / Thomas Bolm: Mentalization-based treatment in der stationären und ambulanten Gruppenarbeit / Fernanda Pedrina: Konflikte der frühen Elternschaft. / Sabine Trautmann-Voigt und Bernd Voigt: Gruppenpsychotherapie im Rhythmisch-Dynamischen Handlungsdialog. / Mathias Hirsch: Marthas Gruppenanalyse – das erste Jahr. Juliet Hopkins Bindung und das Unbewusste Hgg. v. übers. v. H. Lorenz Brandes & Apsel, 272 S., € 30,80 Ein undogmatischer Blick in die kinderpsychoanalytische Praxis. – Juliet Hopkins: psychoanalytische Ausbildung an der Tavistock-Klinik und am Anna Freud Centre in London, Supervision bei D. W. Winnicott, langjährige Tätigkeit an der Tavistock-Klinik und in eigener Praxis. – Das Bestechende an den Schriften von Juliet Hopkins besteht in der Mischung ihrer umfangreichen und genauen Sachkenntnis, die die theoretischen Ansätze von Melanie Klein, Donald W. Winnicott, John Bowlby und Mary Main sowie Mary Ainsworth ebenso umfasst wie die Anna Freuds, Selma Fraibergs und Daniel Sterns. Hinzu kommen der weitreichende Einblick, den sie in ihre psychoanalytische Praxis gewährt, sowie ihre detaillierten, differenzierten und klaren Analysen. Galina Hristeva Georg Groddeck Präsentationsformen des Wissens Königshausen, 480 S., € 70,Die Untersuchung widmet sich den Entstehungsbedingungen des Alternativkonzepts Groddecks, stellt in mehreren Analysen die Stationen der „diffizilen“ Beziehung zu Freud und seinen Kreisen dar und arbeitet Groddecks Rollen und Masken als Heiler, Weiser und Narr heraus, mit denen die Wissensansprüche des Autors glaubwürdig gemacht und durchgesetzt werden. Somit wirft Hristevas interdisziplinär ausgerichtete Untersuchung über den wohl „wildesten Analytiker“ ein neues Licht auf ein Kapitel der Geschichte der Psychoanalyse und der Psychosomatik. Sudhir Kakar Freud lesen in Goa Spiritualität in einer aufgeklärten Welt Aus d. Engl. v. K. Poggendorf-Kakar Beck, 192 S., € 20,50 Sudhir Kakar, der bekannteste Psycho- analytiker Indiens, untersucht ein Phänomen, das lange Zeit in der Psychoanalyse vernachlässigt wurde: das Zusammenspiel von Psyche und Geist. Er betrachtet dieses Zusammenspiel in unterschiedlichen Kontexten: durch Heilung emotionaler Störungen, in religiösen Ritualen und in den Leben von drei bekannten spirituellen Meistern – dem im 16. Jh. lebenden tibetisch-buddhistischen Drukpa Kunley, dem indischen Guru Bhagwan oder Osho und Mahatma Gandhi. Worin lag Bhagwans unglaubliche Anziehungskraft vor allem für Teile der westlichen Eliten? Welche Rolle spielten Narzissmus und Egozentrismus in seiner Lehre? Und wie sieht es mit der praktischen Spiritualität eines Mahatma Gandhi aus? – Sudhir Kakar lebt als Psychoanalytiker und Schriftsteller in Goa, Indien. Er gehört, wie der „Nouvel Observateur“ schrieb, zu den 25 renommiertesten Intellektuellen unserer Zeit. Julia Kristeva Das weibliche Genie – Melanie Klein Das Leben, der Wahn, die Wörter. Psychosozial, 266 S., € 37,10 15 a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at Peter Kutter / Thomas Müller Psychoanalyse Ein Einführung in die Psychologie unbewusster Prozesse Klett, 410 S., € 35,Das Buch gibt einen systematischen Überblick über die Theorie und Praxis der zeitgenössischen Psychoanalyse. Ihre geschichtlichen Wurzeln werden ebenso dargestellt wie die aktuellen Weiterentwicklungen und der lebendige Dialog mit den Nachbarwissenschaften. Jacques Lacan Meine Lehre Aus d. Franz. v. H.-D. Gondek Turia + Kant, 100 S., € 15,1. Was ist das „Unbewusste“, und wie kann man es wissen? 2. Wie hat man sich ein „Subjekt“ des Unbewussten vorzustellen? 3. Gibt es eine spezifische Logik der Psychoanalyse? – Drei Vorträge von Lacan, gehalten zwischen Juni 1967 und April 1968 in der „Provinz“, vor einem offenen Publikum, das nicht nur aus Psychoanalytikern besteht: kein „Heimspiel“ also, sondern eher, wie Jacques-Alain Miller sagt, ein „Himmelfahrtskommando“. sen historische Bezüge, intellektuelle Traditionen und Verflechtungen reflektieren, um die wissens- und denkhistorische Bedeutung angemessen auszuloten. Hans-Geert Metzger (Hg.) Psychoanalyse des Vaters Brandes & Apsel, 200 S., € 25,60 Thema: Klinische Erfahrungen mit realen, symbolischen und phantasierten Vätern. Psychoanalytiker erkunden die unbewussten Spuren des Vaters. Sie schildern in exemplarischen Einzelfallstudien ihre Erfahrungen mit Patienten, in deren Leben der Vater eine besondere Bedeutung angenommen hat und in denen sich die Krise der Vaterschaft spiegelt. Die Erarbeitung unbewusster Konflikte geht aber darüber hinaus: Sie entwickelt ein vertieftes Verständnis für die strukturbildende Bedeutung des Vaters. Jacques Lacan Die Übertragung Das Seminar, Buch 8 Passagen, 490 S., € 70.Dies ist keine Einführung in die Technik der Psychoanalyse, sondern eine Reflexion ihrer Grundlagen, die bis zu Platons Gastmahl zurückverfolgt werden. Was Freud als „Übertragungsliebe behandelt, hat dort seine „Urszene“, die zudem generell das Verhältnis von Philosophie und Psychoanalyse bestimmt. Fritz Lackinger Psychodynamische Psychotherapie bei Delinquenz Praxis der Übertragungsfocussierten Psychotherapie Mit einen Geleitw. Otto F. Kernberg Schattauer, 492 S., € 91,50 Eveline List (Hg.) Der Mann Moses und die Stimme des Intellekts Geschichte, Gesetz und Denken in Sigmund Freuds historischem Roman Studienverlag, 230 S., € 26,90 Im Jahr 1939 erschien in Holland Sigmund Freuds großes Alterswerk „Der Mann Moses und die Monotheistische Religion: Drei Abhandlungen“. Der vorliegende Band versammelt erstmals Beiträge von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern unterschiedlicher für das Werk relevanter Disziplinen, die des16 Diana Pflichthofer Spielräume des Erlebens Performanz und Verwandlung in der Psychoanalyse Psychosozial, 245 S., € 30,80 Sinnliches Erleben und Präsenzeffekte führen in der Theorie der Psychoanalyse eher ein Schattendasein, wenngleich sie in jeder Behandlungsstunde von Bedeutung sind. Wie kann die Psychoanalyse helfen, wenn ein Mensch den Kontakt zur sinnlichen Welt, zum sinnlich-emotionalen Erleben verloren hat? Ein zentrales Anliegen dieses Buches ist es, die Zusammenhänge von sprachlicher und leiblicher Dimension der Psychoanalyse in einer breiteren theoretischen Untersuchung zu erhellen. Ilka Quindeau Verführung und Begehren Die psychoanalytische Sexualtheorie nach Freud Klett, 320 S., € 35,Systematische Darstellung des aktuellen Theoriestandes und Entwicklung eines geschlechtsübergreifenden Modelles menschlicher Sexualität: Während der bisherige psychoanalytische Diskurs von einer starren Zweiteilung des Geschlechterverhältnisses ausgeht und die Unterschiede zwischen Männern und Frauen betont, entwickelt Quindeau ein geschlechtsübergreifendes Modell menschlicher Sexualität, das die „männlich“-phallischen und die „weiblich“rezeptiven Anteile integriert und Raum lässt für die Vielfalt geschlechtlicher Identifizierungen und sexueller Spielarten. Sie zeigt strukturelle Gemeinsamkeiten von Hetero-, Homosexualität und Perversion auf und plädiert für eine allgemein menschliche Sexualität, bei der sich Männer und Frauen weniger voneinander als vielmehr untereinander unterscheiden. Der von Freud postulierte Primat der Genitalität wird dabei ebenso in Frage gestellt wie der kulturelle Primat der Heterosexualität. Jochen Raue Aggressionen verstehen Psychoanalytische Fallstudien von Kindern und Jugendlichen Brandes & Apsel, 184 S., € 25,60 Jochen Raue untersucht in seinen Fallstudien die jeweils individuellen, unbewussten Ursachen für das Misslingen der Integration der Aggression in der persönlichen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. – Jochen Raue ist u.a. Analytischer Kinder- und JugendlichenPsychotherapeut in eigener Praxis, Dozent am Institut für analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie in Frankfurt. Veröffentlichungen zu Jugendlichen und Neonazismus sowie psychoanalytischen Themen. David Rosenfeld Die Seele, die Psyche und der Analytiker Zur Bedeutung des psychoanalytischen Settings Psychosozial, 270 S., € 37,10 Dieses Buch, das aus einer Sammlung von Aufsätzen von David Rosenfeld besteht, stützt sich auf verschiedene Fälle, deren Gemeinsamkeit die Schaffung des psychoanalytischen Settings ist: Die Internalisierungen und Realisierungen im Kopf des Patienten bei dem Gefühl zeitlich festgelegter Sitzungen und der Übertragungsbezie- a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at hung mit dem Psychoanalytiker. Rosenfeld bezieht sich auf die großen Meister der Psychoanalyse und führt den Leser Schritt für Schritt durch das geheimnisvolle Terrain der Psyche, besonders ihre regressivsten, primitivsten und psychotischsten Seiten. – Thomas Ogden sagt über die beiden von ihm in seinem Vorwort näher beleuchteten Fälle, sie seien „zwei der wichtigsten Beiträge zum Verständnis der psychoanalytischen Behandlung psychotischer Patienten des vergangenen Jahrzehnts“. Wolfgang Martin Roth / Josef Shaked (Hg.) Affekte in therapeutischen Gruppen Österr. Jahrbuch für Gruppenanalyse 2 WUV, 150 S., € 20,50 In dem Band werden folgende Problemstellungen behandelt: Die affektive Regression als therapeutisches Instrument / Die Dialektik von strukturiertem Arbeiten und der affektiven Regression / Neid und Neidbewältigung in Gruppen / Bewusste und unbewusste Affektdynamik / Was genau ist der unbewusste Anteil an affektiven Prozessen? Wolfgang Martin Roth / Josef Shaked (Hg.) Transkulturelles Zusammenleben im Zeitalter der Globalisierung Österr. Jahrbuch für Gruppenanalyse 1 WUV, 150 S., € 20,50 Der Band ist dem gleichnamigen Symposium im Dezember 2006 gewidmet. Die darin enthaltenen Beiträge behandeln das transkulturelle Zusammenleben in Zeiten der Globalisierung unter gruppenanalytischen Gesichtspunkten. Elisabeth Roudinesco Die Familie ist tot – Es lebe die Familie Aus d. Franz. v. S. Mehl Klett, 240 S., € 20,10 Elisabeth Roudinesco ist Historikerin der Psychoanalyse in Frankreich. Sie ist „directeur de recherches“ an der Universität Paris und Vizepräsidentin der Société internationale d’histoire de la psychiatrie et de la psychanalyse. International bekannt wurde sie durch ihre „Geschichte der Psychoanalyse in Frankreich“ (dt. bei Beltz) und ihre Biographie über Jacques Lacan (Fischer Verlag). – Hier schreibt sie ein Plädoyer für die neue Familie. Das traditionelle Familienbild wird von gesellschaftlichen Entwicklungen überrollt. Alte Werte lösen sich auf, traditionelle Autoritäten wie das Patriarchalische schwinden, das Mütterliche gewinnt an Bedeutung. Die Familie bleibt bestehen, aber sie wird eine andere sein. Oliver Sacks Der einarmige Pianist Über Musik und Gehirn Rowohlt, 352 S., € 20,50 In seinem neuesten Buch erzählt Sacks von Menschen, die nach einer Hirnverletzung ihre Musikalität verlieren, und von anderen, die durch eine solche Verletzung erst Musikalität entwickeln, ja von Musik geradezu besessen sind. Er entdeckt an scheinbaren Defekten die besonderen Qualitäten der Menschen wie beim einarmigen Pianisten Paul Wittgenstein. Musik, so zeigt Sacks, hat die einzigartige Kraft, das Gehirn in ganz bemerkenswerter und komplexer Weise zu verändern. Angelika Schett Was die Seele bewegt Züricher Psychoanalytiker NZZ, 224 S., Abb., € 30,90 „Warum hassen Menschen, wenn sie lieben?“, „Warum macht Angst menschlich?“, „Warum fühlen sich viele Menschen so unlebendig, obwohl das äussere Leben keinen Anlass zur Klage gibt?“ usw. – Bedeutende Psychoanalytiker, befragt von Angelika Schett und porträtiert von Loretta Curschellas, sprechen über Glück und seelisches Leid. Monika Schiffer Arno Gruen. Jenseits des Wahnsinns der Normalität Biografie Klett, 250 S., € 20,10 Monika Schiffer, geb. 1950, ist seit 20 Jahren freiberufliche Autorin, Redakteurin, Übersetzerin und lektorierte wichtige Publikationen von Arno Gruen. Ihr Buch ist die erste Biografie. Kein Psychoanalytiker hat seine tiefenpsychologischen Untersuchungen so unbeirrbar mit einer grundsätzlichen Zivilisationskritik verbunden wie Arno Gruen. Die Autorin zeichnet das Leben dieses Außenseiters und streitbaren Geistes, der unbeirrbar für mehr Mitmenschlichkeit in Familie und Gesellschaft eintritt. Volkmar Sigusch Geschichte der Sexualwissenschaft Campus, 650 S., 100 Abb., € 41,10 Vor 150 Jahren begann die wissenschaftliche Erforschung der menschlichen Sexualität. Erstmals erzählt Volkmar Sigusch, einer der angesehensten Sexualforscher der Gegenwart, wie seitdem die intimsten Wünsche, Praktiken, aber auch körperliche und seelische Nöte der Menschen entdeckt wurden. Manuela Torelli Psychoanalyse lesbischer Sexualität Vorw. v. Christa Rohde-Dachser Psychosozial, 350 S., € 41,10 Weibliche und lesbische Sexualität wird vor dem Hintergrund psychoanalytischer, feministischer und sozialpsychologischer Theorien detailliert dargestellt. Die Autorin entlarvt Vorurteile, die in der lesbischen Szene lange gepflegt wurden. Diese sind aus der erfahrenen Diskriminierung entstanden und dienen als Abwehrstrategien. Frances Tustin Der autistische Rückzug Aus d. Engl. v. E. Vorspohl diskord, 250 S., € 22,70 Die schützende Schale bei Kindern und Erwachsenen. Frances Tustin (1913–1994) war eine international anerkannte Autorität auf dem Gebiet des Autismus. Sie arbeitete mehr als dreißig Jahre lang als Kinderpsychotherapeutin mit autistischen Kindern. – Dieses Buch vereint klinische Untersuchungen der Autorin über die schützenden und bewahrenden Aspekte jener Form des Autismus, die in erster Linie psychogen zu sein scheint. Sie erklärt ihre Funktionen und deren Entstehung aus den Störungen der Säuglingsphase und deren Einfluss auf den weiteren Verlauf der psychischen Entwicklung. Léon Wurmser Das Rätsel des Masochismus Psychoanalytische Untersuchungen von Gewissenszwang und Leidenssucht Psychosozial, 583 S., € 82,20 Da ist einerseits das „relativ leicht“ zu beantwortende Rätsel, warum jemand Befriedigung und sogar sexuelle Lust aus Schmerz und Leid, aus Erniedrigung und Scham ziehen kann und deshalb dieses Leiden aufsucht. Noch schwieriger zu beantworten ist die Frage: Wie kann der Schmerzsüchtige sich selbst achten? – Dieses Buch richtet sich vornehmlich an Therapeuten und zeigt Wege auf, derart Schmerzsüchtigen helfen zu können. Slavoj Zizek Lacan Eine Einführung. Fischer, 170 S., € 12,30 Der Psychoanalytiker Jacques Lacan gilt als ein so einflussreicher wie schwieriger Denker. Der bekannte Kulturkritiker Slavoj Zizek hat sich daher die Aufgabe gestellt, Lacan einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Dies gelingt ihm, indem er die zentralen Begriffe anschaulich und amüsant mit Hilfe von bekannten Hollywood-Filmen erklärt. Eine Zeittafel sowie eine kommentierte Bibliographie zur weiterführenden Lektüre runden den Band ab. 17 a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at DENK-BEWEGUNG Giorgio Agamben Was ist ein Dispositiv? diaphanes, 48 S., € 6,30 In seinem kurzen, programmatischen Text entwickelt Agamben eine erhebliche Erweiterung des Dispositivbegriffs, wie er insbesondere von Foucault geprägt wurde. „Wenn Dispositive dem Menschen nicht als neutrale Konsumgegenstände gegenüber stehen, sondern im Gegenteil selbst die Persönlichkeit dessen schaffen, der sie verwendet – wie vermögen wir dann dieser Situation zu begegnen?“ Alain Badiou Wofür steht der Name Sarkozy? Aus d. Franz. v. H. Jatho diaphanes, 160 S., € 10,30 In seinem neuesten Buch widmet sich Alain Badiou in einem Stil zwischen Pamphlet und Manifest einem aktuellen politischen Anlass. In scharfen Worten beschreibt Badiou den „kleinen Sarko“ als mediokren Vorstadtkarrieristen und übereifrigen Polizeibeamten. Doch beunruhigend ist für Badiou weniger die Person Sarkozy als vielmehr dasjenige, wofür er steht: die Angst. Die primitive Angst vor dem jeweils anderen und die Angst vor dieser Angst, welche die Linke in ihrem Handeln lähmt. Alain Badiou Wittgensteins Antiphilosophie diaphanes, 64 S., € 13,20 „Es ist klar, dass Wittgenstein zu jener mächtigen Strömung gehört, die in diesem Jahrhundert die Wahrheit zugunsten des Sinns verabschieden wollte. Eine Strömung, von der wir feststellen müssen, dass der Akt, der sie beseelt, sich als Antiphilosophie artikuliert.“ In enger Parallelführung zum Denken Friedrich Nietzsches, aber auch in deutlichem Kontrast zu diesem, verfolgt Badiou die Figur der Antiphilosophie bei Ludwig Wittgenstein. Als eine Geste, die ununterbrochen als „existenzielle Singularität“, in absoluter Einsamkeit und als solche exhibiert werden muss, erweist sich die Antiphilosophie als Gegenfigur zur geregelten Anonymität der Wissenschaft. Dirk Baecker Nie wieder Vernunft Kleinere Beiträge zur Sozialkunde Auer, 640 S., € 40,10 18 Thomas Ballhausen Delirium und Extase Die Aktualität des Monströsen Milena, 220 S., € 16,50 Behandelt werden u.v.a. Arbeiten von Susan Sontag, Michael Haneke und Christoph Schlingensief. – Das Monströse, Schaurige, Ekelhafte: Inwiefern beeinflussen Fragen der Ästhetik unsere Politik und unseren Alltag? Das Buch versammelt Essays und Aufsätze von Thomas Ballhausen, die die Aktualität des Monster-Begriffs in den Mittelpunkt stellen und ästhetische Fragen mit politischen Themen verquicken und eröffnet die neue Reihe „exquisite corpse – Schriften zu Ästhetik, Intermedialität und Moderne“. Roland Barthes Die Vorbereitung des Romans Vorlesungen am Collège de France 1978–1979 u. 1979–1980 Suhrkamp, 567 S., € 18,50 Jean Baudrillard Warum ist nicht alles schon verschwunden? Aus d. Franz. v. M. Sedlaczek Matthes & Seitz, 96 S., € 10,30 Der letzte Text Jean Baudrillards, der am 6. März 2007 verstarb. Darin unterzieht er nicht nur seine Theorie einer Revision, sondern entwirft ebenso eine neue Bildtheorie wie die Möglichkeit einer kritischen Sicht auf die Digitalisierung des Denkens. Er führt den Leser von den Modi des Verschwindens bei Mensch und Maschine über den Nachweis des geheimen Fortlebens scheinbar verschwundener Ideologien, Werte und Verbote hin zur Unmöglichkeit der Repräsentation von Realität im Digitalen. Bazon Brock Lustmarsch durchs Theoriegelände Eine Kampfschrift DuMont, 300 S., Abb., € 20,50 „Wer's nicht glaubt, wird dran glauben.“ Brock zieht Bilanz: Wie sieht die Zukunft der Europäer angesichts der Totalglobalisierung aus? Seine These: Wir haben viel zu lernen, um demnächst Millionen chinesischer Touristen als interessantes Ferienerlebnis dienen zu können. Europas Errungenschaften wie Demokratie, Rechtsstaat, Sozialstaat, Säkularisierung, Würde des Einzelnen und Freiheit von Wissenschaft und Kunst werden künftig kaum eine Rolle spielen. Müssen wir sogar fürchten, aus der Geschichte zu verschwinden? Brock empfiehlt gegen den Schrecken dieser Einsicht eine kleine Einübung ins etruskische Lächeln ... Hélène Cixous Benjamin nach Montaigne Was man nicht sagen darf Aus d. Franz. v. H. Müller-Sievers Passagen, 216 S., € 24,90 Anfang der 90er werden die Mutter und die Tante der Erzählerin – beide über 80 – von der Stadtverwaltung Osnabrück in ihre Geburtsstadt eingeladen. Sie gehören zu den letzten Überlebenden der ehemals florierenden jüdischen Gemeinde der Stadt, die nun einen Versuch der Wiedergutmachung unternimmt. In dieser „Autobiografiktion“ erzählt Cixous die unmögliche Rückkehr der beiden Alten im Spiegel ihrer eigenen Erinnerung an die Jugend in Algerien und ihrer Lektüre der Reisebeschreibungen Michel de Montaignes. Simon Critchley Der Katechismus des Bürgers diaphanes, 80 S., € 8,30 „Was benötigt wird, ist eine Fiktion, derer wir uns als solcher bewußt sind und an die wir dennoch glauben.“ Simon Critchley analysiert die unauflösliche Verstrickung zwischen Politik, Gesetz und Religion als Grundkonstante – und wirft der Linken vor, diese Verstrickung ignoriert zu haben, denn jede Konzeption von Politik und Gesetz erfordert auch eine Konzeption des Religiösen an seiner Basis selbst. Es gilt letzten Endes, so Critchley, das Terrain des Religiösen von Fundamentalisten jeglicher Couleur zurückgewinnen. Welcher Art dieses Religiöse auch sein kann, zeichnet Critchley an einer detaillierten Lektüre des Rousseauschen „Gesellschaftsvertrags“ und dessen Entwurf einer bürgerlichen Religion nach. Carl Djerassi Vier Juden auf dem Parnass Ein Gespräch Aus d. Amerikan. v. U.-M. Mössner Haymon, 240 S., Abb., € 24,90 „Bemerkenswert“ scheint Karl-Markus Gauß in der NZZ dieses Buch des Naturwissenschaftlers und Erfinders der Antibabypille. Dabei geht der Autor und Klee-Liebhaber seines Erachtens recht originell vor, wenn er in vorliegendem Buch Adorno, Benjamin, Scholem und Schönberg zusammenführt, um sie über die Bedeutung des Jüdischseins disputieren zu lassen. Sein Fazit: „Ein anregendes, in der Dialogführung zuweilen papierenes Spiel der Möglichkeiten, an a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at dem die Dogmatiker unter den Adepten der vier Genies manches auszusetzen haben werden.“ – Carl Djerassi, geboren 1923 in Wien, 1938 nach Amerika ausgewandert, wo er sich als Naturwissenschaftler und Kunstsammler einen Namen machte. Bernhard J. Dotzler / H. Schmidgen (Hg.) Parasiten und Sirenen Materielle Kulturen der Produktion von Wissen transcript, 220 S., € 22,40 „ZwischenRäume“ sind jene Schnittstellen, Intervalle, Abstände und Differenzen, an denen sich elementare Prozesse der Wissensproduktion ansiedeln. „ZwischenRäume“ widersprechen dem gewohnten Bild geordneter, theoriegeleiteter Wissenschaftlichkeit. In der Topologie, die so entsteht, trifft der Hirnforscher auf den Schriftsteller, der Ingenieur auf den Archivar, der Musiker auf den Soldaten. Mit Blick auf solche Vorfälle in den materiellen Kulturen der Medien- und Wissenschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts wird hier ein Bild des Wissens und der Wissenschaft gezeichnet, das die Zufälle, die Kontingenzen und Arbitraritäten, stärker hervorhebt als das Geplante und Erwartete. Es sind die Leerstellen, die Lücken in der medialen Praxis der Wissenschaft, die wesentlich zur Entstehung des Neuen beitragen. Günter Dux Warum denn Gerechtigkeit Velbrück, 380 S., € 41,10 Die Politik im Widerstreit mit der Ökonomie. Die Logik des Kapitals. – Im Postulat der Gerechtigkeit wird, so Günter Dux, die Inklusion aller in das ökonomische System eingefordert – und damit eine Integration in die Gesellschaft, die alle an den ökonomischen und kulturellen Errungenschaften der Gesellschaft teilhaben lässt und ihnen dadurch ein sinnvoll geführtes Leben ermöglicht. Doch eben dies leistet das ökonomische System nicht, da es keiner anderen Logik folgen kann als der der Kapitalakkumulation. Wer nicht gebraucht wird, ist ausgeschlossen. Wenn Gerechtigkeit sein soll, muss die Politik wollen und bewirken, was die Ökonomie nicht kann: der Gerechtigkeit zur Geltung zu verhelfen. Emmanuel Faye Heidegger und die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie Aus d. Franz. v. T. Trzaskalik Matthes & Seitz, 576 S., € 39,90 László F. Földényi Dostojewski liest Hegel in Sibirien und bricht in Tränen aus Aus d. Ungar. v. H. Skirecki Matthes & Seitz, 64 S., € 10,30 Owen Gingerich Gottes Universum. Nachdenken über offene Fragen Aus d. Amerikan. v. W. Rhiel BerlinUniversityPress, 160 S., € 20,50 „Angenehm aufgefallen ist dem Rezensenten der FAZ Helmut Mayer dieses Buch des Astrophysikers und bekennenden Gläubigen Owen Gingerich. Was es Mayers Meinung nach von der aktuellen Fülle atheistischer und religiöser Streitschriften unterscheidet, ist, dass es nicht die Grenzen zwischen Wissenschaft und Glauben einzureißen versucht, sondern aufrecht erhält, also Raum lasse, bei aller Wissenschaftlichkeit Intelligenz und Schönheit der Schöpfung zu bewundern.“ (perlentaucher.de) Ernst von Glasersfeld Unverbindliche Erinnerungen Skizzen aus einem fernen Leben folio, 208 S., € 22,50 Mit feiner Ironie und der Weisheit eines langen Lebens erzählt Glasersfeld persönliche Geschichten seines Jahrhunderts: Geboren 1917 in München als Sohn eines Diplomaten der österreichisch-ungarischen Monarchie, Kindheit in Meran, Internate in der Schweiz, Studium in Zürich und Wien, 1939–46 Irland, danach Rückkehr nach Südtirol als Kulturjournalist und Korrespondent der „Weltwoche“, ab 1959 am Zentrum für Kybernetik in Mailand, seine Forschungen finden ihre Fortsetzung in den USA. – Bücher u.a.: „Wissen, Sprache und Wirklichkeit“ (1987); „Radikaler Konstruktivismus. Ideen, Ergebnisse, Probleme“ (1997); „Konstruktivismus statt Erkenntnistheorie“ (1998); mit Heinz von Foerster: „Wie wir uns erfinden“ (1999). Béla Hamvas Die Melancholie der Spätwerke Aus dem Ungar. v. Akro Doma Matthes & Seitz, 61 S., € 10,30 Werke aus den späten Lebensphasen strahlen eine eigenartige Schönheit aus. Béla Hamvas sieht die Ursache für diese Schönheit in einer besonderen Form der Melancholie, die er als den „letzten Segen im Leben eines Menschen“ bezeichnet. Béla Hamvas, der heute in Ungarn meist gelesene Autor, öffnet in diesem Essay die Augen für die „rätselhafte Analogie der Spätwerke“: „In den Alterswerken erzählen Metaphysik und Malerei, Dichtung, Drama und Musik unabhängig von Sprache, Epoche, Nation und Zeit von ein und derselben Welt.“ Daniel Heller-Roazen Echolalien. Über das Vergessen von Sprache Aus d. Amerikan. v. M. Bischoff Suhrkamp, 280 S., € 27,60 Ludwig Wittgenstein schrieb über die Sprache, sie gleiche einer „alten Stadt“, einem „Gewinkel von Gäßchen und Plätzen“ in deren Räumen wir uns ganz selbstverständlich bewegen, während unmerklich neue Vororte entstehen und alte Viertel renoviert oder abgerissen werden. – Um die Historizität der Sprache, die Geburt und das Sterben von Lauten, Worten und Idiomen geht es in Daniel Heller-Roazens 21 Essays. Sprachtheoretische Betrachtungen Benjamins, Jakobsons und Freuds schließt er kurz mit poetischen Anekdoten aus der Geschichte der Linguistik: über die Nymphe Io, die – von Jupiter in eine Kuh 19 a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at verwandelt – ihren Namen mit dem Huf in den Sand schrieb, den Turm von Babel und das Geplapper der Kinder (der Begriff Echolalie bezeichnet das Wiederholen vorgesagter Phrasen), Menschen ohne Zunge, einen Schizophrenen, der systematisch seine Muttersprache vergaß ... ganze Bibliotheken nur schwer zugänglicher Literatur.“ – „Der Bahnhof von Finnentrop“ ist ein intimes Porträt Carl Schmitts, aus dem das „Ungeheuer“ mit einer der abenteuerlichsten intellektuellen Biographien des 20. Jahrhunderts in all seinen Klarheiten und Unklarheiten plastisch hervortritt. Anke Hennig / B. Obermayr u.a. (Hg.) Bewegte Erfahrungen Zwischen Emotionalität und Ästhetik diaphanes, 300 S., € 30,80 Wo sich das ästhetische Objekt im Akt der Wahrnehmung ebenso verändert wie das betrachtende Subjekt, wird ästhetische Erfahrung nicht nur zum Schlüssel eines neuen Selbstbezugs. Vielmehr realisiert sich in der Wechselbeziehung zwischen Subjekt und Objekt die spezifische Qualität ästhetischer Erfahrung als einer bewegten Erfahrung. Diese Prozesse in Kunst und ästhetischer Theorie diskutiert der Band. W.J.T. Mitchell Bildtheorie Aus d. Amerikan. v. H. Jatho Suhrkamp, 400 S., € 33,80 Was sind Bilder? Wie unterscheiden sie sich von Worten? Was genau sind Bilder heute, in einer Zeit, in der die Macht des Sichtbaren größer scheint als je zuvor und in der der „pictorial turn“ den „linguistic turn“ abgelöst hat? W.J.T. Mitchell, einer der Pioniere der „Visual Culture Studies“, stellt diese Fragen in einer Reihe von bahnbrechenden Aufsätzen, die bereits als Klassiker der bildwissenschaftlichen Forschung gelten. Sie untersuchen das Zusammenspiel des Sichtbaren und des Sagbaren in allen kulturellen Bereichen, von der Literatur über die bildende Kunst bis zu den Massenmedien. Dabei werden grundlegende theoretische Texte von Plinius bis Foucault ebenso eingehend analysiert wie zahlreiche Produkte der Hoch- und Alltagskultur. Vladimir Jankélévitch / B. Berlowitz Irgendwo im Unvollendeten Aus d. Franz. v. J. Brankel Turia + Kant, 236 S., € 29,Dieser Interviewband war eine der letzten Veröffentlichungen zu Lebzeiten Jankélévitchs. Geführt von Béatrice Berlowitz greift der Philosoph und Musikhistoriker hier im Gespräch viele der Themen auf, die er zuvor schon, etwa in der „Ersten Philosophie“, auf theoretischer Ebene behandelt hatte. Marc Jongen (Hg.) Philosophie des Raumes Fink, 280 S., € 35,90 Seit Michel Foucault 1967 die „Epoche des Raumes“ ausrief, ist das Thema Raum zunehmend ins Blickfeld der Philosophie und der Kulturwissenschaften getreten. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts nimmt der Raum eine ähnlich dominante Stellung im Diskurs ein, wie die Zeit im 20. Jahrhundert. Eine Standortbestimmung ästhetischer und politischer Theorie. Mit Beiträgen von Boris Groys, Peter Sloterdijk u.a. Christian Linder Der Bahnhof von Finnentrop Eine Reise ins Carl Schmitt Land Matthes & Seitz, 448 S., Abb., € 35,90 Micha Brumlik in Literaturen 04/08: „Linder ist eben auch ein erfahrener Autor von Hörspielen, und so zeugt die Weise, wie er die Vielfalt widerstrebender Stimmen von und über Schmitt zu einem spannenden Dialog fügt, von hohem technischen Können. Sein Buch ersetzt 20 Jean Luc Nancy / René Schérer Ouvertüren Texte zu Gilles Deleuze diaphanes, 92 S., € 15,40 Nancy und Schérer widmen sich dem Motiv der Ouvertüre in Form der Auflösung des Identischen, eines Gedankens, der von ihrer und auch Deleuzes philosophischer Zeitgenossenschaft im desas- trösen 20. Jahrhundert herrührt. Während Schérer die Öffnung und Auflösung der Person als Leitmotiv Deleuzes analysiert, richtet sich Nancys Augenmerk auf die Differenz, die unauflösbare Differenz zwischen ihm selbst, Jacques Derrida und Gilles Deleuze, vor allem aber auf die Differenz im Selben und das Selbe der Differenz. Mario Perniola Vom Fühlen Aus d. Italien. v. S. Schneider Merve, 168 S., € 14,70 Bürokratie (M. Weber), Leben (Simmel), Form (Worringer), Ideologie (Marx), Pathos (Hegel), Herz (Kleist), Markt (A. Smith), Gefühl (Kant), Sinn (Vico), Politik (Hobbes), Leidenschaft (Descartes), Überschwänglichkeit (Gracián) – Der Autor, Mario Perniola, Professor für Ästhetik an der Università di Roma: „Es geht hier um eine Fragestellung, in der Ästhetik und Politik unlösbar miteinander verflochten sind und die sich ihrem Grundsatz nach und vereinfacht folgendermaßen formulieren lässt: wie löst sich der Konflikt zwischen dem Fühlen des individuellen Subjekts und der äußeren Welt?“ Doron Rabinovici Der ewige Widerstand Über einen strittigen Begriff Styria, 152 S., € 19,90 „Die Wahl der Wörter ist Teil des Kampfes. Widerstand ist zur Tugend geworden, wie es einst Gehorsam war. Sogar einstige Wegbereiter der Tyrannei wie Carl Schmitt wussten sich für Partisanen zu begeistern. Die Mode des Radical Chic feiert die Rebellion. Die nationalsozialistische Vergangenheit gebietet, den Anfängen zu wehren, ehe jegliches Aufbegehren einem Todesurteil gleichkommt. Was aber bleibt vom Kampf gegen den Nationalsozialismus, wenn er zum Slogan für jeden Protest absinkt? Welcher Arten von Widerstand wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gedacht? Was bedeutete etwa „jüdischer Widerstand“, wenn der Feind nicht die Unterwerfung, sondern die Vernichtung anstrebte? Doron Rabinovici geht den Debatten nach, die in Österreich, in Deutschland und in Israel über diese Fragen geführt wurden. ‘Der ewige Widerstand’ zeigt auf, welche Mythen und Traditionen das Wort ‘Widerstand’ prägen, untersucht aber ebenso moderne Erscheinungen wie zivilen Ungehorsam oder Terrorismus.“ (Aus der Verlagsvorschau) a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at Jacques Rancière Ist Kunst widerständig? Aus d. Franz. v. F. Ruda u. J. Völker Merve, 109 S., € 8,30 Jacques Rancière identifiziert drei große historische Formationen der Ordnungen des Sinnlichen: das ethische Regime, das Repräsentations-Regime und das ästhetische Regime der Kunst. Den Einsatz des ästhetischen Regimes, das unser Denken bis heute fundiert, markiert Rancière mit Schiller. Geprägt ist es von einer Ambivalenz, die Kunst zum einen als eigenen Erfahrungsraum denkbar macht wie auch zum anderen als einen Erfahrungsraum beschreibt, der ein allgemeiner Erfahrungsraum aller werden könnte und somit dem Ästhetischen ein revolutionäres Potential einschreibt. dem Autor. – Harry Nutt / FR: Würdigt Reemtsma als einen methodisch keiner Schule verpflichteten „Experten der Gewalt“, der die Phänomene der Gewalt nüchtern analysiere und deute. – Jens Bisky / SZ: Bewundert die ungeheure Fülle von beleuchteten Aspekten, den Reichtum an Gedanken und vor allem die „kühne“ Verbindung von soziologischer Begriffsbildung und literaturwissenschaftlichen Deutungen. – Uwe Justus Wenzel / NZZ: Der gängigen Interpretation der Gewalt als „instrumentell“, „pathologisch“ und „sinnlos“ setze der Autor das Konzept der selbstzweckhaften Gewalt entgegen, die auf die Zerstörung des Körpers des Opfers aus sei und in der sich der Wunsch nach absoluter Macht erfülle. Jacques Rancière Zehn Thesen zur Politik diaphanes, 48 S., € 5,20 „Die wesentliche Arbeit der Politik ist die Gestaltung ihres eigenen Raumes. Es gilt, die Welt ihrer Subjekte und ihrer Operationen sichtbar zu machen. Das Wesen der Politik ist die Manifestation des Dissenses.“ In Gestalt von zehn prägnanten Thesen fragt Rancière nach dem Spezifischen, dem Eigentlichen von Politik. Sowohl von der Kategorie der Ökonomie als auch von jener der Staatlichkeit klar zu unterscheiden, ist das Eigentliche der Politik vielmehr in einer Beziehung zweier das Subjekt kontradiktorisch festlegender Termini zu suchen. Politik erscheint somit als eine im Kern paradoxale Handlung, die sich durch die Existenz eines Subjekts bestimmt, welches sich durch seine Partizipation an Gegensätzen definiert. Alexander Roesler / Bernd Stiegler (Hg.) Philosophie in der Medientheorie Von Adorno bis Zizek Fink, 224 S., € 25,60 Aufsätze von / über: Adorno (Detlev Schöttker), Benjamin (Nicolas Pethes), Cassirer (Jörg Brauns), Deleuze (Lorenz Engell), Derrida (Alexander Roesler), Descartes (Bernd Stiegler), Foucault (Bernhard Dotzler), Habermas (Stefan Müller-Doohm), Heidegger (Friedrich Kittler), Husserl (Lambert Wiesing), Lacan (Anne von der Heiden), Luhmann (Niels Werber), Merleau-Ponty (Christian Bermes), Nietzsche (Martin Stingelin), Peirce (Uwe Wirth), Platon (Josef Rauscher), Wittgenstein (Stefan Münker), Zizek (Slavoj Zizek). Michael Reder / Josef Schmidt Ein Bewußtsein von dem, was fehlt Eine Diskussion mit Jürgen Habermas Suhrkamp, 150 S., € 8,30 Jan Philipp Reemtsma Vertrauen und Gewalt Versuch über eine besondere Konstellation der Moderne Hamburger, 500 S., € 30,90 Warum sich die Soziologie mit den Phänomenen der Gewalt so schwer tut, ist eine der zentralen Fragen, mit denen sich das vorliegende Buch beschäftigt. In seiner Studie analysiert Jan Philipp Reemtsma, Begründer und Leiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung, zunächst, was Vertrauen und vor allem Vertrauen in die Moderne heißt. – Dass man bei der Lektüre von Reemtsma Teil hat an „the joy of thinking“ bescheinigt Rolf-Bernhard Essig in „literaturkritik.de“ Richard Rorty Philosophie als Kulturpolitik Aus d. Amerikan. v. J. Schulte Suhrkamp, 350 S., € 29,70 Mit Richard Rorty verstarb 2007 einer der einflussreichsten Intellektuellen des 20. Jahrhunderts. „Philosophie als Kulturpolitik“, der letzte von Rorty selbst zusammengestellte Band mit zum Teil bislang unveröffentlichten Essays kann als sein Vermächtnis gelesen werden: Religion und Moralphilosophie, Wittgenstein und Kant, Naturalismus, romantischer Polytheismus und immer wieder die analytische Philosophie und ihre „Heilung“ durch den Pragmatismus sind die scheinbar disparaten Themen, die gleichwohl durch ein starkes Band zusammengehalten werden, nämlich die Frage nach der Rolle der Philosophie in der westlichen Kultur, genauer: Wie muss man philosophieren, um als Philosoph einen sinnvollen Beitrag zur menschlichen Kultur leisten zu können? Rortys Antwort: Man muss sich entscheiden, und zwar gegen den Elfenbeinturm. Michael J. Sandel Plädoyer gegen die Perfektion im Zeitalter der genetischen Technik Aus d. Amerikan. v. R. Teuwsen. Mit e. Vorw. v. Jürgen Habermas BerlinUniversityPress, 180 S., € 20,50 Sehr eingenommen ist Christian Geyer in der FAZ von Michael J. Sandels „Plädoyer gegen die Perfektion“. Es geht dem Professor für Politische Philosophie an der Harvard University um eine philosophisch einleuchtende Erklärung des Gebots, nicht alles, was technisch machbar ist, in marktgängige Technologien umzusetzen. Aber sollte nicht in einer liberalen Gesellschaft die Nachfrage der Konsumenten darüber entscheiden, was angeboten wird? Wer darf sich zum Richter über die Präferenzen der Bürger aufspielen? – „Wir stecken in der verzwickten Lage, dass uns das neue genetische Wissen ermöglicht, unsere eigene Natur zu manipulieren. Obwohl die meisten Menschen das beunruhigend finden, lässt sich nicht so leicht sagen, warum.“ René Scheu Das schwache Subjekt Zum Denken von Pier Aldo Rovatti Turia + Kant, 334 S., € 29,Mit dieser Arbeit legt René Scheu die erste umfassende Darstellung des Denkens von Pier Aldo Rovatti vor. Zusammen mit Gianni Vattimo hat Rovatti 1983 in Italien den Sammelband „Das schwache Denken“ (Il pensiero debole) publiziert, der zu einem Grundlagenwerk der zeitgenössischen Philosophie wurde. – Sein Denken nimmt Ausgang von einer Neudeutung der Husserlschen Epoché und mündet in die Schwächung eines starken, in der 21 a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at Philosophie bis heute vorherrschenden Subjektbegriffs. – Bei aller Präzision in der Sache bleiben Rovattis Analysen nie abstrakt, sondern müssen sich in bester phänomenologischer Manier an der subjektiven Erfahrung des Spiels und des Wahnsinns bewähren. Carl Schmitt Gespräch über die Macht und den Zugang zum Machthaber Hgg. u. m. e. Nachwort v. Gerd Giesler Klett, 96 S., € 16,50 „Kurz gesagt, ich glaube, man muss Schmitt, wie Heidegger, neu lesen.“ (Jacques Derrida) – Im Jahr 1954, neun Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, verfasste Carl Schmitt diesen Radioessay. Dieses „Gespräch“ gehört bis heute zu den wirkungsvollsten Werken von Carl Schmitt. Florian Schneider (Hg.) Imaginäres Eigentum Merve, 176 S., € 15,50 Mit Beiträgen von Étienne Balibar, Brion Gysin, Lawrence Liang, Sebastian Lütgert u.a. – „Waren Anonymität und Sachlichkeit prägend für den bürgerlichen Eigentumsbegriff, geht es heute offenbar um das Gegenteil: Im Zeitalter immaterieller Produktion, digitaler Reproduzierbarkeit und vernetzter Vervielfältigung müssen Eigentumsverhältnisse sichtbar gemacht werden, um sich überhaupt durchsetzen zu lassen. Eigentum existiert vor allem in seiner Bildhaftigkeit und wird in rasanter Geschwindigkeit zu einer Frage der Einbildungskraft. Was aber bedeutet es, ein Bild zu besitzen?“ Michel Serres Aufklärungen Aus d. Franz. v. G. Roßler Merve, 290 S., € 24,70 Bruno Latour unterhält sich in fünf Gesprächen mit Michel Serres über dessen Zugang zur Wissenschaft, die Geschichte der exakten Wissenschaften, die Literatur, die Philosophie, das Ende der Kritik und die Weisheit. Sie behandeln die maßgeblichen Themen der Arbeiten Serres, der sich zu seinem Leitbild die Figur des Hermes ausgewählt hat und sein Denken an den Begriffen Kommunikation, Interferenz, Übersetzung und Distribution entlang entwickelt hat. Susan Sontag Zur gleichen Zeit Essays und Reden Aus d. Engl. v. R. Kaiser Hanser, 304 S., € 22,10 Sontag (1933–2004) beschäftigt sich 22 hier mit Dostojewski, Pasternak und Rilke, aber sie engagiert sich auch für weniger bekannte Schriftsteller wie Anna Banti, Victor Serge oder Halldór Laxness. Ihrem Text zum 11. September, der in den USA einen Skandal auslöste, folgen zwei weitere Aufsätze zum selben Thema. Schließlich folgen Ansprachen zu Themen wie Literatur und Freiheit, Mut und Widerstand, gehalten anlässlich der Verleihung wichtiger Preise. Gayatri Chakravorty Spivak Righting Wrongs Über die Zuteilung von Menschenrechten diaphanes, 120 S., € 10,30 Thema dieses Essays ist die Festschreibung ungerechter Verhältnisse gerade vermittels der Menschenrechte. Am Grund von Spivaks Überlegungen steht die Frage: Wer tritt, im Verhältnis von globalem Norden und globalem Süden, als Anwalt der Menschenrechte auf? Es geht bei den Menschenrechten offenkundig nicht nur darum, eines oder mehrere Rechte zu besitzen oder einfordern zu können; es geht vielmehr darum, diese Rechte zu vergeben – und darum, wer in der Position des Gebenden bzw. des Nehmers dieser Rechte ist. Isabelle Stengers Spekulativer Konstruktivismus Mit e. Vorw. v. Bruno Latour Merve, 144 S., € 12,40 „Würden Sie sagen, daß sie die philosophische rechte Hand des ChemieNobelpreistägers Ilja Prigogine ist? – Ja, denn mit ihm hat sie mehrere Bücher geschrieben, und doch hat sie den Rest ihres Lebens damit verbracht, der Unmenge von Verrückten zu entkommen, die sich durch den Dialog mit der Natur angezogen fühlten, durch jene 'Neue Allianz' zwischen Wissenschaft und Kultur, die die beiden geschaffen haben.“ (Bruno Latour) – Auf der einen Seite die Auseinandersetzung mit dem Spätwerk von Deleuze und Guattari (Was ist Philosophie?) und eine profunde Neulektüre der Prozessphilosophie von Alfred N. Whitehead, auf der anderen der historische und politische Blick auf die Wissenschaften: von der Alchemie über Galilei bis hin zur neueren Biologie und Physik. – Isabelle Stengers, Philosophin, hat eine Professur an der Université Libre von Brüssel inne. Bernhard Waldenfels Philosophisches Tagebuch Aus der Werkstatt des Denkens 1980–1995. Hgg. v. Regula Giuliani Fink, 200 S., € 30,80 Die Aufzeichnungen, die den Denkweg des Autors über 25 Jahre hin begleiten, enthalten Splitter aus der Werkstatt, Gespräche mit Philosophen der Gegenwart und Reaktionen auf Zeitereignisse. Gesa Ziemer Verletzbare Orte Entwurf einer praktischen Ästhetik diaphanes, 200 S., € 25,60 Wie kann man das Verhältnis von Kunst und Philosophie heute denken? Gesa Ziemer verfolgt eine Spur durch die jüngere Geschichte der Ästhetik und zeigt, dass sich eine Auffassung herauskristallisiert hat, die nicht über, sondern mit Kunst reflektiert. Die Pointe im „Mit“ liegt darin, dass diese Art der Ästhetik dazu aufruft, nicht nur vor-, sondern vielfältig darstellerisch tätig zu sein. Im Anschluss an Gilles Deleuze und Hans Blumenberg zeigt die Autorin, wie das Moment der Darstellung nicht nur in der Kunst, sondern auch im philosophischen Text selbst bestimmend wird. a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at WELT-BETRACHTUNG Jacques Attali Die Welt von morgen Eine kleine Geschichte der Zukunft Aus d. Franz. v. C. Gutberlet parthas, 200 S., € 20,40 Jacques Attali, geboren 1943 in Algier, Ökonom, langjähriger Berater von François Mitterrand kennt angeblich die „Gesetze des Marktes“: „Auf der Basis eines aktuellen, historischen und wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnisstandes projiziert er jene Gesetze des Marktes, die von der Steinzeit bis in die Gegenwart das Wirtschaften der Menschen bestimmen, in unsere nahe Zukunft und zeigt auf, wie sich unter den Bedingungen eines entfesselten globalen Kapitalismus die Beziehungen zwischen den Nationen entwickeln und umgestalten werden. Er prognostiziert präzise, wie demografische Umwälzungen, Völkerwanderungen, Veränderungen in der Arbeitswelt, neue Marktformen, Terrorismus, Gewalt, Klimawandel und der wachsende Einfluss des Religiösen unseren Alltag drastisch verändern werden.“ (Verlagszettel) Benjamin Barber Consumed Aus d. Engl. v. F. Griese Beck, 400 S., € 25,60 Untertitel: Wie der Markt Kinder verführt, Erwachsene infantilisiert und die Demokratie untergräbt. – Benjamin R. Barber ist Professor of Civil Society an der University of Maryland. Er war Berater der Clinton-Regierung. Jagdish Bhagwati Verteidigung der Globalisierung Aus d. Amerikan. v. W. Roller. Mit e. Vorw. v. Joschka Fischer Pantheon, 448 S., € 17,50 Jagdish Bhagwati, geboren 1934 in Bombay, ist einer der renommiertesten Wirtschaftswissenschaftler. Er lehrt an der Columbia University in New York. Bhagwati schreibt regelmäßig für die „New York Times“, das „Wall Street Journal“ und die „Financial Times“ und gilt seit Jahren als heißer Anwärter auf den Wirtschaftsnobelpreis. – Steigender Wohlstand und eine immer höhere Schulbildung in vielen Ländern Asiens und Afrikas sind schlagende Beweise dafür, dass die Globalisierung Teil der Lösung weltweiter Probleme und nicht der Auslöser für Armut und Unterdrückung in der Welt ist. Gerhard Botz Nationalsozialismus in Wien Machtübernahme, Herrschaftssicherung, Radikalisierung Mandelbaum, 650 S., € 29,80 Neuauflage des 1978 verlegten Standardwerkes zum „Anschluss“. Angelika Ebbinghaus (Hg.) Die 68er Schlüsseltexte der globalen Revolte Promedia, 208 S., € 12,90 Ein Band der „Edition Linke Klassiker“. Mit Texten u.a. von Lin Biao (1965), Simone de Beauvoir (1951), Régis Debray (1967), Rudi Dutschke (1967), Frantz Fanon (1963), Andre Gunder Frank (1966), Hans-Jürgen Krahl (1966), Ho Chi Minh (1965), Ernesto „Che“ Guevera (1967), Herbert Marcuse (1967), Karol Modzelewski (1967), Antonio Negri (1967), Helke Sanders (1967), JeanPaul Sartre (1960) und Ota Sik (1968). Paul Ginsborg Wie Demokratie leben Aus d. Italien. v. F. Hausmann Wagenbach, 128 S., € 10,20 Ausgehend von einem fiktiven Dialog zwischen John Stuart Mill und Karl Marx, stellt sich Ginsborg den notwendigsten Fragen der Demokratie heute. Max Haller Die österreichische Gesellschaft Sozialstruktur und sozialer Wandel Campus, 450 S., € 20,50 Zeigt die sozialhistorischen Voraussetzungen und Tendenzen der demografischen Entwicklung Österreichs seit Anfang des 20. Jahrhunderts und liefert eine empirische Analyse der Sozialstruktur sowie der Bildungs-, Berufsund Einkommenschancen im heutigen Österreich. Max Haller habilitierte sich an der Universität Mannheim und ist seit 1985 Professor am Institut für Soziologie der Universität Graz. Robert Kagan Die Demokratie und ihre Feinde Wer gestaltet die neue Weltordnung. Siedler, 128 S., € 17,50 „Ein brillantes Buch, provozierend – ein Buch, dem gegenüber man nicht neutral bleiben kann.“ (Rüdiger Safranski über „Macht und Ohnmacht“) – Eindringlich ruft Robert Kagan in seinem neuen Buch die demokratischen Staaten dazu auf, sich zusammenzuschließen und gemein- sam für Demokratie und liberale Werte einzustehen. Die Geschichte ist zurückgekehrt, die hochfliegenden optimistischen Träume, die man nach dem Mauerfall und dem Zusammenbruch des Ostblocks gehegt hatte, sind ausgeträumt. Die Demokraten dürfen die Welt nicht den Despoten und Autokraten überlassen, sondern müssen aktiv an der Gestaltung einer neuen Weltordnung mitwirken. Philip Manow Im Schatten des Königs Suhrkamp, 172 S., € 10,30 Zum Ausgangspunkt für seinen Essay über die politische Anatomie der Demokratie wählt Manow die Gestaltung moderner Plenarsäle. Anhand von weiteren Überlegungen zur Immunität von Abgeordneten, zur Öffentlichkeit parlamentarischer Verhandlungen und zur Frage, warum in George W. Bushs Wagenkolonne stets mehrere baugleiche Cadillacs fahren, kommt er zu dem Ergebnis: in der modernen Demokratie überlebt das staatstheoretische Gedankengut des Mittelalters! Warum? Weil ein Teil der symbolischen Bedeutung, die ihren Sitz einst im Körper des Königs hatte, in der Demokratie nachlebt, nicht nur im Herrscherkörper, sondern auch im zentralen politischen Körper der repräsentativen Demokratie: dem Parlament. Sari Nusseibeh / Anthony David Es war einmal ein Land Ein Leben in Palästina Aus d. Engl. v. G. Gockel, K. Förs u. Th. Wollermann Kunstmann, 528 S., Abb., € 25,60 Nusseibehs Buch ist vielleicht das „Gegenleben“ zu Amos Oz’ autobiografischem Roman „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“. – Und Amos Oz selbst sagt über dieses Buch, es sei ein „feinsinniges, trauriges und humorvolles Erinnerungsbuch, das neues Licht auf die Tragödie des Israel-PalästinaKonflikts wirft, zugleich ein lebendiges Bild der palästinensischen Gesellschaft“. Serge Paugam Die elementaren Formen der Armut Aus d. Franz. v. A. Pfeuffer Hamburger, 350 S., € 30,90 Serge Paugam hat zehn Jahre lang eigene, empirisch vergleichende Daten in Europa erhoben, relevante Theorien und existierendes Datenmaterial verarbeitet und daraus drei elementare Grundformen der Armut entwickelt. Er unterscheidet „integrierte Armut“, „marginale Armut“ und „diskreditierende Armut“ und schafft damit ein analytisches Instrumentarium, mit dem regionalspe23 a.punkt – Buchhandlung Brigitte Salanda, Fischerstiege 1–7, 1010 Wien, Tel.: +43 1 532 85 14, E-Mail: salanda@apunktbuch.at zifische Einflüsse und die Bedeutung sozialer Bindungen ebenso differenziert erfasst werden können, wie die Effekte staatlicher Politik. – Serge Paugam ist Soziologe, Studienleiter an der École des hautes études en sciences sociales und Forschungsdirektor am CNRS (Paris). Martin Pollack Warum wurden die Stanislaws erschossen? Reportagen. Zsolnay, 220 S., € 20,50 „Die Texte in diesem Band umfassen einen großen Zeitraum, die frühesten hier abgedruckten Reportagen erschienen erstmals vor 26 Jahren in der von Enzensberger begründeten und herausgegebenen Zeitschrift „TransAtlantik“, die es nicht mehr gibt. Einige Geschichten stammen aus den 90er Jahren ...“ (Aus d. Vorwort) Friedrich Rothe Harry Graf Kessler Biographie Siedler, 350 S., zahlr. Abb., € 23,60 Saskia Sassen Das Paradox des Nationalen Aus d. Amerikan. v. N. Gramm Suhrkamp, 580 S., € 37,90 Der Nationalstaat ist die komplexeste Institution, die die Menschheit je hervorgebracht hat, wie Sassen in ihrer neuen historisch-theoretischen Studie darlegt. Er ist das (Zwischen-)Ergebnis einer Jahrhunderte dauernden Entwicklung von Feudalismus, Kirche und Reich. Doch seine größte Transformation steht gerade erst am Anfang – wir bezeichnen sie als Globalisierung. Sassens These: Globalisierung findet in einem weit größeren Maße, als gewöhnlich anerkannt wird, innerhalb des Nationalen statt. Gerade das Nationale ist eine der Schlüsselinstanzen, die eine Entwicklung des globalen Rahmens erst möglich machen. Zugleich besteht ein Großteil der Globalisierung aus enorm vielfältigen Mikroprozessen, die zu entnationalisieren beginnen, was national konstruiert worden war: Politik, Kapital, städtische Räume, zeitliche Strukturen und vieles mehr. Annette Schäfer Die Kraft der schöpferischen Zerstörung Joseph A. Schumpeter. Biographie Campus, 280 S., € 25,60 Annette Schäfer untersucht anhand privater Briefe, einer unveröffentlichten Autobiografie und eines ebenfalls Fragment gebliebenen Romans eher die Persönlichkeit des Ökonomen. Ihr Schluss ist klar: Schumpeter war schwer depressiv. Die 24 Verbindungen, die Schäfer zwischen Schumpeters charakterlicher Disposition und seinen Theorien erkennt, hält Nikolaus Piper in der SZ für ziemlich plausibel. Ebenso wie das Bild einer durch mehrere Schläge privater und beruflicher Art „gebrochenen Persönlichkeit“. Fazit der Rezension in der SZ: eine „wichtige“ Ergänzung der Literatur über den österreichischen Ökonomen, als Erstbuch aber nicht unbedingt zu empfehlen. viduellen Perspektiven zusammenführt, beschreibt Segev das Bild einer jungen israelischen Gesellschaft, die einerseits eine Notgemeinschaft und zugleich tief gespalten war: Immigrierte HolocaustÜberlebende trafen auf Siedler der ersten Stunde, Juden trafen auf Palästinenser, zionistische Mythen wurden von der harten politischen Realität infrage gestellt. – Tom Segev ist Historiker und einer der profiliertesten Journalisten Israels. Werner Schiffauer Parallelgesellschaften Wie viel Wertekonsens braucht unsere Gesellschaft? transcript, 140 S., € 17,30 Die Beschwörung gemeinsamer Werte sowie der Notwendigkeit einer Leitkultur und der ständige Hinweis auf Gefahren der Parallelgesellschaft verringert eher die Chancen der Ausbildung von Gemeinwohlorientierung bei Migranten, als dass sie sie fördert. Dies ist die These, die in diesem Buch, ausgehend von ethnografischen Untersuchungen zur Lebensrealität in Einwanderervierteln und islamischen Gemeinden, entwickelt wird. Tessa Szyszkowitz Trauma und Terror Zum palästinensischen und tschetschenischen Nationalismus Böhlau, 168 S., 29,90 Im Februar 1944 deportierte Josef Stalin die Tschetschenen nach Kasachstan, Kirgisien und Sibirien. 13 Jahre blieben sie im erzwungenen Exil. Nach Stalins Tod erkämpften die Tschetschenen ihre Rückkehr, in den Dörfern aber lebten längst andere ... – In der „Nakbah“ verloren 750.000 palästinensische Araber 1948 bei Errichtung Israels ihre Heimat. Die Hälfte des palästinensischen Volkes lebte fortan als Flüchtlinge in den umliegenden arabischen Staaten. – Als Korrespondentin des „profil“ lebte Tessa Szyszkowitz 1994 bis 1998 in Jerusalem, seit 2002 schreibt sie von Moskau aus. Die Analyse historischer Fakten in Kombination mit den Erkenntnissen der Psychiatrie hinsichtlich der Behandlung von kollektiven Traumata könnte helfen, eine politische Lösung im Nahen Osten und im Kaukasus zu finden. Peter Schneider Rebellion und Wahn Mein 68 Kiepenheuer, 256 S., € 20,50 Schneider blättert in seinen TagebuchAufzeichnungen und setzt sich mit den Hoffnungen, Utopien und Verstiegenheiten dieser Zeit auseinander. – Stephan Hebel / FR, hält Schneider zugute, sich selbst in dieser Geschichte zu sehen, und zwar als „großmäuligen“ Kämpfer und „kleinmütiges Würmchen“ zugleich, und damit sowohl der Idealisierung als auch der Pauschal-Verdammung dieser Zeit zu entgehen. – Die detaillierte Erörterung des Liebeslebens des jungen Schneider hätte TAZ-Rezensent Stefan Reinecke lieber nicht gelesen. Aber in dem Band finden sich auch interessante Anekdoten und Schneiders Urteil über die 68er sei vergleichsweise ausgewogen. Tom Segev Die ersten Israelis Aus d. Amerikan. v. H. Dierlamm u. H. Freundl Siedler, 500 S., € 25,70 Am 14. Mai 1948 verkündete David BenGurion die Gründung des Staates Israel. Noch in derselben Nacht aber erklärte eine Allianz aus arabischen Staaten Israel den Krieg ... – Tom Segev entwirft ein Zeitgemälde der ersten Generation der Israelis mit all ihren Widersprüchen. Indem er gleichermaßen die großen politischen Zusammenhänge und die indi- Immanuel Wallerstein Utopistik Historische Alternativen des 21. Jahrh. Promedia, 120 S., € 9,90 „Utopistik“ statt „Utopie“, fordert der Professor für Soziologie und Direktor des Fernand Braudel Center an der Binghamton University (New York) und distanziert sich gleich zu Beginn seines Textes vom Begriff der Utopie, in deren Namen das gesamte 20. Jahrhundert hindurch Verbrechen und Unrecht geschehen sind. Wallersteins These lautet: die Welt befindet sich im Zeitalter des Übergangs. Eine strukturelle Krise hat zu Beginn des 21. Jahrhunderts die Zentren der Weltwirtschaft erreicht. Radikalismen und Fundamentalismen beherrschen zur Zeit das gesellschaftliche Bild im Norden wie im Süden und tragen zur Demontage der staatlichen Strukturen bei. Impressum: Buchauswahl: Brigitte Salanda Fotos: privat, Druck: REMAprint Preise freibleibend, Stand: Mai 2008