Dokumentation Lernraum 3 (6. November 2009)
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Dokumentation Lernraum 3 (6. November 2009)
Lernraum Dokumentation III „Lernraum Drei“ 06. November 2009 10.00-14.00 Uhr Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung Inhaltsverzeichnis Einleitung Veranstalterinnen Teilnehmende Tagesablauf Begrüßung & Einführung Aktuelle Ansätze zu Theorien des Lernens Übung zu Teamarbeit und Kooperation Übungs-Ergebnisse Reflexion der Lernräume Evaluation Verabschiedung und Dank Einleitung Diese Lernraumdokumentation bietet Ihnen einen Rückblick auf den dritten Lernraum im Rahmen des TheoriePraxis-Transfer-Projektes Veranstalterinnen Prof. Dr. Heide von Felden Uni.-Prof. AG Erwachsenenbildung Universität Mainz Karola Büchel Geschäftsführerin ELAG Tina Wittmeier Mitarbeiterin AG Erwachsenenbildung Universität Mainz Nadine Meder Mitarbeiterin ELAG Teilnehmende VertreterInnen der Einrichtungen Name / Funktion Einrichtung/ Träger/ Organisation Michael Grunewald Mitarbeiter Jugend und Gesellschaft Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung Rudi Imhof Mitarbeiter Jugend und Gesellschaft Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung – entschuldigt - Johannes Kohl Katholische Erwachsenenbildung Mainz – Stadt Isa Mann Evangelische Erwachsenenbildung Mainz Thomas Scheffler Geschäftsführer KREML Kulturhaus Andrea Schwahn Bildungsreferentin Landwirtschaftskammer RLP AG Landfrauen – entschuldigt - Petra Szablikowski Päd. Mitarbeitern Landessportbund Bildungswerk Sport Karola Büchel Geschäftsführerin ELAG Projektteam Prof. Dr. Heide von Felden Uni.-Prof. AG Erwachsenenbildung Universität Mainz Claudia Hochdörffer Geschäftsführerin AWW Landau Projektteam Nadine Meder Mitarbeiterin ELAG Projektteam Tina Wittmeier Mitarbeiterin AG Erwachsenenbildung Universität Mainz Projektteam Projektteam Teilnehmende PraktikantInnen Lilian von Hoff Landwirtschaftskammer RLP AG Landfrauen Fabian Lindner Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung Markus Stier Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung Weitere Studierende Marie Blechschmidt Stephanie Borgmann Joanna Czembor Inga Dick Marion Klinger Natalie Köhler Dariya Mykhaylenko Anja Walter Tagesablauf 06. November 2009 Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung 10-14 Uhr „Lernraum Drei“ 10.00 Begrüßung, Vorstellungsrunde Karola Büchel 10.30 Informationen zum Projektstand Informationen aus den Praktikumsstellen Input: „Aktuelle Ansätze zu Theorien des Lernens“ Tina Wittmeier 12.00 Diskussion 12.15 Übung in Kleingruppen Moderation: Univ.- Prof. Dr. Heide von Felden Leitung: Karola Büchel 12.45h Pause 13.10 Reflexion Tina Wittmeier 13.45 Verabschiedung und Evaluation Karola Büchel & Claudia Hochdörffer 11.00 Univ.- Prof. Dr. Heide von Felden Begrüßung und Einführung (Karola Büchel) Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Studierende, ich begrüße Sie alle herzlich zu unserem 3. und – leider - letzten Lernraum im Rahmen unseres Projektes! Unter Ihnen sehe ich bekannte und auch einige neue Gesichter. Die Studierenden des neuen Uni-Seminares sind erstmalig dabei; auch zwei KollegInnen haben an keinem der vorangegangenen Lernräumen teilgenommen. Die meisten von Ihnen aber sind bereits mit unserem Lernraumkonzept vertraut und können an unsere bisherigen Diskussionen anknüpfen. Nach den ersten beiden Lernräumen haben wir überwiegend bestärkende Rückmeldungen erhalten. Besonders positiv wurden der Austausch zwischen Studierenden und Praktikern wie die Mischung aus Theorie-Input und die Berichte zur Praxis bewertet. Nach diesem Konzept wollen wir auch heute wieder vorgehen. Als zusätzliches Element fügen wir eine gemeinsame Auswertung der Lernräume an, die für eine Bewertung des Projekterfolges wichtig ist. Es gibt auch erste spannende Ergebnisse: Heute können wir – und Sie – Erfahrungen aus den laufenden und abgeschlossenen Praktika zusammenfassen; mit einem Teil von Ihnen haben wir Experteninterviews durchgeführt; das Handbuch zum Praktikum wird zunehmend vollständiger. Die Experteninterviews haben mir besonders viel Freude bereitet, da sie die einmalige Gelegenheit boten, im Gespräch die Berufsbiografien von ErwachsenenbildnerInnen kennenzulernen. Jede Biografie ist anders, hat auf anderen Wegen zur Erwachsenenbildung geführt, hat verschiedene Kompetenzen hervorgebracht. Sie werden die Aufzeichnungen über diese Gespräche mit unserer Dokumentation erhalten und damit interessante Einblicke in Werdegänge und Einschätzungen zu unserem Berufsfeld. Weitere Informationen zum aktuellen Projektstand werden wir Ihnen gleich nach der Vorstellungsrunde geben. Last not least möchte ich Sie noch auf die Abschlußtagung zu unserem Projekt am 4.12.09 hinweisen und freue mich darauf, viele von Ihnen an diesem Tag wieder zu sehen. Aktuelle Ansätze zu Theorien des Lernens (Heide von Felden) Unser heutiger dritter Lernraum befasst sich mit dem Thema „Lernen“. Vermutlich haben die PraxisvertreterInnen von Ihnen alle einen Begriff vom Lernen, den Sie in Ihrer pädagogischen Arbeit anwenden und Sie haben sich in Ihrem Studium mit Lerntheorien beschäftigt. Die Frage ist, was ich Ihnen da Neues anbieten kann. Ich habe aus den neuesten Diskursen über das Lernen für diesen kurzen Input ein paar Ansätze herausgesucht und hoffe, dass ich damit nicht „Eulen nach Athen trage“. Seit die UNESCO-Kommission in den 1990er Jahren Lernen als „the treasure within“ bezeichnet hat und in ihren Darlegungen einen weiten Lernbegriff favorisiert, der Lernen als Wissenserwerb, als Handlungskompetenz, als Fähigkeit zusammenzuleben und Lernen für das Leben ausweist (vgl. UNESCO-Commission, 1996), spätestens seitdem ist allgemein anerkannt, dass der Lernbegriff den vorrangigen Bezug auf Unterrichtssituationen verlassen hat und in die Unbestimmtheit des lebenslangen und lebensweltlichen Lernens gelangt ist. Lebenslanges Lernen wird biographisch gerahmt, darauf weist schon die Bezeichnung „lebenslang“ hin. Dennoch ist eine Lerntheorie in biographietheoretischer Perspektive, d.h. eine konzise Verbindung eines theoretisch fundierten Lernbegriffs mit Methoden der Biographieforschung in methodologischer Rahmung bisher nicht entwickelt. An einer solchen Lerntheorie arbeiten wir in unserer AG Erwachsenenbildung / Weiterbildung an der Universität Mainz. Ich möchte heute einige Ansätze darstellen, die zu einem solchen theoretisch fundierten Lernbegriff beitragen. Konstruktivistische Lerntheorie Konstruktivistische Ansätze gehen davon aus, dass Menschen keinen unmittelbaren Zugang zu der sie umgebenden Wirklichkeit haben. Das Gehirn erhält über die Sinnesorgane zwar Reize von außen, aber „keine bedeutungshaften und verlässlichen Informationen über die Umwelt“ (Roth, 1997, S. 21). Der Mensch konstruiert vielmehr auf der Basis unspezifischer Reize von außen und eigener neuronaler Aktivitäten das, was er als Information über die Welt und als Bedeutung versteht. Bedeutungen sind also Konstrukte des kognitiven Systems und Lernen findet unter diesen Annahmen immer als aktive Aneignung statt. Wahrnehmungen und Lernprozesse werden in diesem System in folgender Weise gesehen: „Die Abläufe dieses Systems funktionieren ‚selbstorganisiert’ (autopoietisch). Eine von außen an das System ‚Kognition’ herantretende Störung (Perturbation) kann zwar Veränderungen im System auslösen, doch weder den Ablauf noch das Ergebnis dieser Veränderungen determinieren. Diese sind ‚kontingent’ (zufällig), weil sie in ihrer tatsächlichen Qualität nicht nur von dem an das System herangetragenen Input abhängen, sondern vielmehr auch von den im System bereits vorhandenen und autopoietisch zusammenwirkenden Elementen, Strukturen und Kräften. Ob das, was dabei herauskommt (z.B. Wahrnehmung) ‚adäquat’ ist, bemisst sich dabei nach zweierlei Gesichtspunkten: a) nach der Integrierbarkeit des ‚Neuen’ in das ‚Vorhandene’, b) nach der ‚Viabilität’ (Gangbarkeit) der Sicht- und Handlungsweisen, die dabei entstehen“ (Arnold, 2001, S. 176f). Das kognitive System arbeitet selbstorganisiert und selbstreferenziell (auf sich selbst bezogen). Das bedeutet, dass die biologisch gegebenen und lebensgeschichtlich entwickelten Strukturen bewirken, was und wie jemand wahrnimmt, was jemand weiß und was und wie er denkt. Die Ausformung der Selbstorganisation folgt dem Prinzip der Funktionalität und zielt auf Passung oder auf Viabilität. Viabel bedeutet begehbar, tauglich, möglich, es wird also die Bedeutung konstruiert, die am ehesten das mentale Gleichgewicht nicht gefährdet. Die sozialen Konstruktivisten legen Wert auf die kulturelle Einbindung und damit die Intersubjektivität und fokussieren auch die Interaktionen zwischen Menschen als soziale Konstruktionen, die Perturbationen auslösen. Diese erkenntnistheoretische Grundlage hat deutliche Auswirkungen auf didaktische Ansätze in Hinsicht auf die Auffassung vom Lernen. Wenn Lernende im Prinzip die Bedeutungen von Gegenständen selbst konstruieren, ist eine Belehrung von außen, also durch Lehrende in der Konsequenz nicht mehr möglich. Unter didaktischen Gesichtspunkten tritt die Ermöglichungsdidaktik an die Stelle der Vermittlungsdidaktik. Eine pädagogische Theorie des Lernens Michael Göhlich und Jörg Zirfas haben 2007 zwei Bücher verfasst bzw. herausgegeben (zusammen mit Christoph Wulf), die die pädagogischen Grundlagen des Lernens „revitalisieren“ und damit den Begriff „Lernen“ wieder in sein angestammtes Terrain, die Pädagogik, zurückführen. Sie definieren Lernen wie folgt: „Lernen bezeichnet die Veränderungen von Selbst- und Weltverhältnissen sowie von Verhältnissen zu anderen, die nicht aufgrund von angeborenen Dispositionen, Erfahrungen sondern erfolgen aufgrund und die von als zumindest basal dementsprechend reflektierten begründbare Veränderungen von Handlungs- und Verhaltensmöglichkeiten, von Deutungsund Interpretationsmustern und von Geschmacks- und Wertstrukturen vom Lernenden in seiner leiblichen Gesamtheit erlebbar sind; kurz gesagt: Lernen ist die erfahrungsreflexive, auf den Lernenden sich auswirkende Gewinnung von spezifischem Wissen und Können“ (Göhlich / Zirfas, 2007, S. 17). Göhlich /Zirfas heben auf die Veränderungen von Selbst- und Weltverhältnissen im sozialen Rahmen und auf den Begriff der Erfahrung ab als Medium der Weltwahrnehmung. Sie konzipieren Lernen als individuelle Handlung in seiner leiblichen Gesamtheit und unterscheiden Handlungs-, Deutungs- und Wertstrukturen. In ihre Definition gehen damit hermeneutische und phänomenologische Ansätze ein. Im Rahmen einer pädagogischen Theorie des Lernens unterscheiden sie in Anlehnung an die Delors-Kommission der UNESCO (UNESCO-Commission, 1996) vier Dimensionen: Wissen-Lernen, Können-Lernen, Leben-Lernen, Lernen-Lernen (vgl. ebd., S. 181-195). Während mit Wissen im Wesentlichen der zu lernende Gegenstand und mit Können die angestrebte Handlungsfähigkeit benannt werden, liegen die Dimensionen Leben-Lernen und Lernen-Lernen auf anderen Ebenen. Leben lernen ist der zentrale Bezugspunkt einer Lerntheorie in biographietheoretischer Perspektive. Die Autoren unterscheiden Lebensbefähigung-, hier Biographisches-, „Überleben-, Lebenskunst Lebensbewältigung-, und Sterben-Lernen“ (ebd., S. 187) und betonen damit die wichtige Bedeutung, die der Biographie in der Erziehungswissenschaft einzuräumen ist. Lernen-Lernen, so die Autoren selbst, zieht sich als Kategorie quer durch die anderen Aspekte und thematisiert vor allem den Modus des Lernens. Modal verlaufe Lernen – so die Autoren - „erfahrungsbezogen, dialogisch, sinnvoll und ganzheitlich“ (ebd. S. 180). Lernen sei immer an die Erfahrungen der Personen geknüpft, geschehe in Auseinandersetzung mit Anderen und auch in Konfrontation mit einem Fremden, unterliege der Zusammenhangs- und Sinnbildung und umfasse aufgrund der Kontingenz von Sinn Transformationen nicht nur der gesamten Person, sondern auch des Umfeldes und des Themas. Das „Lerndreieck“ nach Knut Illeris Die allgemeine Lerntheorie nach Knut Illeris (2006) bietet Anregungen, die Aspekte Subjekt, soziale Struktur und Prozess, die das Lernen grundsätzlich kennzeichnet, inhaltlich zu füllen. Illeris legt eine breite und offene Definition von Lernen zugrunde, „die alle Prozesse einbezieht, welche zu relativ dauerhaften Veränderungen im Bereich der Fähigkeiten führen, seien sie motorischer, kognitiver, psychodynamischer (z.B. emotional, motivational oder einstellungsbezogen) oder sozialer Art, und die nicht auf einem genetisch- biologisch bestimmten Reifungsprozess beruhen“ (Illeris, 2006, S. 30). Illeris geht davon aus, dass „jedes Lernen zwei sehr unterschiedliche Prozesse beinhaltet, nämlich einen externen Interaktionsprozess zwischen dem/der Lernenden und seinem/ihrem sozialen, kulturellen oder materiellen Umfeld und einen internen psychologischen Prozess der Aneignung und Verarbeitung“ (ebd., S. 31). Für ihn können Lernprozesse in einer Matrix mit drei Dimensionen dargestellt werden: Funktionalität, Sensibilität, Sozialität. (vgl. Illeris, 2006, S. 32) Die kognitive Dimension ist die Dimension des Lerninhalts, die durch das Verständnis der Lernenden Bedeutungszuschreibung eine herausgebildet persönliche wird Funktionalität und durch der Lernenden entwickelt. Die emotionale Dimension umfasst die mentale Energie, Gefühle und Emotionen, durch die eine persönliche Sensibilität der Lernenden herausgebildet wird. Verarbeitungsprozess Mit diesen ausgedrückt. beiden Die soziale Polen ist Dimension der ist interne die der externen Interaktion der Teilnahme, Kommunikation und Kooperation. Sie bildet die persönliche Integration in die Gemeinschaft und damit die Sozialität der Lernenden heraus. Illeris beschreibt darüber hinaus vier Arten des Lernens: Kumulatives Lernen: Es begründet Schemata und Muster und tritt als Lernen vor allem in den ersten Lebensjahren in Erscheinung. Es ist gekennzeichnet durch den Aufbau von Strukturen und verhaftet in den jeweiligen Lernkontexten. Assimilatives Lernen: Hier wird ein neues Element durch Hinzufügen mit einem bereits bestehenden Schema verbunden. Dieses Lernen tritt am häufigsten auf (Beispiel Lernen im Rahmen von Schulfächern). Akkomodatives Lernen: In diesem Lernen werden bestehende Schemata oder Teile davon verändert, so dass das Neue eingepasst werden kann. Typisch ist zunächst ein Unverständnis, das mit einem gewissen Aufwand in ein Verständnis umgewandelt wird. Transformatives Lernen: Dieses lernen bedeutet eine Art Persönlichkeitsveränderung oder Änderungen in der Organisation des Selbst. Dabei findet ein Orientierungswechsel statt, der üblicherweise Ergebnis einer krisenhaften Situation ist. Das Lernen Erwachsener ist prinzipiell selektiv und selbstgesteuert: „Erwachsene lernen, was sie lernen wollen und was für sie sinnvoll ist zu lernen, Erwachsene greifen beim Lernen auf die Ressourcen zurück, über die sie bereits verfügen, Erwachsene übernehmen soviel Verantwortung für ihr Lernen, wie sie übernehmen wollen […] und Erwachsene sind nicht sehr geneigt, etwas zu lernen, das […] für sie keine Bedeutung oder Wichtigkeit hat“ (ebd., S. 37). Nichtlernen In neuerer Zeit wird in Verbindung mit dem Lernen auch über das so genannte „Nicht-Lernen“ gearbeitet. Im Rahmen des Projektes „Lernprozesse über die Lebenszeit“ haben wir Lern- und Bildungsprozesse aus den biographischen Erzählungen von Menschen herausgearbeitet, die der Generation der in den 1940er Jahren in Deutschland Geborenen angehören. Die Interviews weisen unterschiedliche Lernhabitūs auf: es finden sich Bildungsprozesse als Veränderung der Selbst- und Welthaltung, Ausdrucksformen ungelebten Lebens als Formen von Stagnation, Festhalten an eigenen Grundsätzen als Haltungen der Nichtveränderung und Beispiele von individuellen Weltanschauungen Konstruktionen sowie die zur Aufrechterhaltung Gleichzeitigkeit von bisheriger Lernprozessen auf bestimmten Ebenen und Lernabwehrmechanismen auf anderen Ebenen. In den Interviews zeigen sich insofern eher bewahrende als offene, auf Veränderung abzielende Haltungen. Daneben aber lassen sich vereinzelt auch Reflexionsformate finden, in denen aufgrund von weltanschaulichen Dispositionen neue Haltungen zur Welt und zu sich selbst eingenommen werden (vgl. von Felden, 2009). Knut Illeris beschreibt ebenfalls Formen des Nicht-Lernens, der Abwehr, des Alltagsbewusstseins und der Lernwiderstände (vgl. Illeris, 2006, S. 34ff). Er weist beispielsweise auf die Notwendigkeit für Menschen hin, angesichts der Fülle an Einflüssen und Informationen Mechanismen der Auswahl zu aktivieren, so dass die Informationen im Rahmen des Alltagsbewusstseins im Sinne des jeweiligen Vorverständnisses selektiert werden, d. h. entweder abgewehrt oder „zurechtgebogen“ werden. Diese Abwehrmechanismen haben die Funktion, ein bereits aufgebautes Verständnis und letztlich die eigene Identität zu verteidigen. Zudem benennt er das Phänomen des Widerstandes, das auf einen Eigensinn des Lernenden hinweist, der gerade durch den entwickelt. Widerstand gegenüber Lernangeboten neue Lernpotentiale Bernd Dewe, der sich verschiedentlich mit dem Verhältnis von wissenschaftlichem Wissen und Alltagswissen auseinandergesetzt hat, macht u.a. darauf aufmerksam, Erwachsenenbildung, die dass ihr es vonseiten Erfahrungswissen der Lernenden mobilisieren in der „offenbar bleibende Resistenzen gegenüber wissenschaftlichem Wissen gibt. Hier stellt sich nun die Frage, ob die Resistenzen regressiven Charakter haben oder die Bemühungen zur Rehabilitierung lebensweltlicher Erfahrungsweisen vielmehr eine kulturkritische Funktion erfüllen?“ (Dewe, 1999, S. 189). Dewe weist damit auf die Ambivalenz in der Beurteilung von Lernwiderständen hin, die sowohl als Veränderungsresistenz als auch als Eigensinn wahrgenommen werden können. Ich hoffe, ich habe Ihnen mit diesen Ausführungen eine Fülle von Anregungen für die Diskussion geliefert, die letztlich auch das Lernen in unserem Projekt betreffen. Was lernen wir aus dem Projekt? Wie schließt das Lernen an vorhergehende Erfahrungen an? Was kann übernommen werden in zukünftige Strukturen? Literatur: Arnold, Rolf: Konstruktivismus. In: Arnold, R., Nolda, S., Nuissl, E.: Wörterbuch Erwachsenenpädagogik. Darmstadt, 2001, S. 176-177 Dewe, Bernd (1999): Lernen zwischen Vergewisserung und Ungewissheit. Reflexives Handeln in der Erwachsenenbildung. Opladen Von Felden, Heide (2009): Überlegungen zum theoretischen Konzept des Lebenslangen Lernens und zur empirischen Rekonstruktion selbstbestimmten Lernens. In: Alheit, Peter / Von Felden, Heide (Hrsg.): Lebenslanges Lernen und erziehungswissenschaftliche Biographieforschung im europäischen Diskurs. Wiesbaden: VS-Verlag, S. 157-174 Göhlich, Michael / Zirfas, Jörg (2007): Lernen. Ein pädagogischer Grundbegriff. Stuttgart Göhlich, Michael /Wulf, Christoph / Zirfas, Jörg (Hrsg.): Pädagogische Theorien des Lernens. Weinheim und Basel Illeris, Knut (2006): Das „Lerndreieck“. In: Nuissl, Ekkehard (Hrsg.) Vom Lernen zum Lehren. Bielefeld, S. 29-41 Roth, Günther: Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen. Frankfurt, 1997 UNESCO Commission on Education for the Twenty-first Century (1996): Learning – the treasure from within. Paris. (Deutsche Ausgabe: Deutsche UNESCOKommission (Hrsg.) / Delors, Jacques u.a. (1997): Lernfähigkeit: unser verborgener Reichtum. UNESCO-Bericht zur Bildung für das 21. Jahrhundert. Neuwied, Kriftel, Berlin) Übung zu Teamarbeit und Kooperation als praktisches Beispiel zum Thema "Lernen" (Karola Büchel) Übung: Bauen Sie gemeinsam Papierflieger 2- 3 Gruppen a 6-8 TN 1. Anleitung Bauen Sie in Ihrer Gruppe gemeinsam so viele Flieger wie möglich. Seien Sie dabei kreativ und vor allem: arbeiten Sie zusammen! Auch wenn der Wettbewerb Teil der Übung ist, ist er nicht die Hauptsache. Es geht um Ihre Teamarbeit. Das Ergebnis werden Sie im Anschluss mit all seinen Vorzügen der Gesamtgruppe vorstellen. Das Auge Wählen Sie eine Person aus, die den Gruppenprozess beobachtet. Zeitvorgabe: 15 Min. Material: Papier, Stifte, Kleber, Scheren liegen bereit Beobachtungsaufgaben für das Auge (wird nur dem mitgeteilt) - Wie einigt sich die Gruppe auf ein gemeinsames Vorgehen? - Wie wird mit Vorschlägen umgegangen - Wie wird Leitung – Anleitung geregelt? - Wer führt – wer folgt? 2. Präsentation im Plenum Wer die meisten Flieger hergestellt hat, beginnt. Stellen Sie die Vorzüge Ihrer Produkte heraus. Auswertung des jeweiligen Gruppenprozesses (jeweils 5 Minuten) 1. Bericht des Auges 2. gemeinsame Reflexion der Gruppenteilnehmenden: - Was war schwierig – leicht? - Wie ist die Gruppe mit unterschiedlichem Wissens-/ Erfahrungsstand umgegangen? - Zusammenarbeit – Eigeninitiative - Leiten – Anleiten - …. Übungs-Ergebnisse (Nadine Meder) Gruppe I Einige Teilnehmender der Gruppe I ließen einen Teil des Auftrages außer acht – nämlich sich möglichst so zusammenzufinden, dass sie sich noch nicht so gut kennen und auch sonst noch nicht miteinander arbeiten: Drei Mitglieder der Gruppe waren ein „Tandem“. Zu Beginn diskutierte Gruppe I über verschiedene Vorgehensweisen: Nach einer Schablone Papierflieger in Reihe zu bauen, oder auch sie auf Papier zu zeichnen und auszuschneiden. Unter Zeitdruck und im Ausschlussverfahren und unter dem Einfluss des Tandems, die sich untereinander schnell einig waren, wurde die Idee die Idee des Knüllens von Gruppe I übernommen und rasch umgesetzt. Alle fertigten dann geknüllte Flugobjekte, auch wenn einige für sich nicht ganz mit der Lösung einverstanden waren. Angemerkt wurde das unterschiedliche Erleben von Zeit in der Gruppe. „Während ich noch am Basteln, Überlegen und Ausprobieren war, hatte man schon entschieden es so zu machen“. Gruppe II Hier wurde direkt ein paritätischer Austausch gesucht: „Wer kennt denn ein Modell, wie´s geht?“. Alle gaben ihre Erfahrung mit Papierfliegern preis und fertigten verschiedene Modelle an. Die verbindende Idee kam spontan von einer Teilnehmerin – man könne auf die unterschiedlichen Modelltypen, die jede/r nach Gutdünken herstellt, das Augensymbol aufzumalen. Beobachterin: „Da hat jemand ein Modell gemacht, und das wurde ein paar Mal reproduziert, dann hatte eine Teilnehmerin die Idee mit dem Symbol des Auges, die von der Gruppe akzeptiert worden ist.“ Die „humorvolle Ecke“ hat derweil für Stimmung gesorgt. Ein Gruppenmitglied – Vertreter einer Einrichtung – empfand, dass diese Arbeitsweise dem entsprach, wie er auch in seiner Einrichtung arbeitet. Ein anderes Gruppenmitglied widersprach hier: in seiner Einrichtung wurde nur selten im Team arbeitsteilig gearbeitet. Reflexion der Lernräume (Nadine Meder & Tina Wittmeier) Blaue Karten: Was nehmen Sie mit? Aus der Kartenabfrage wurde deutlich, dass viele Teilnehmende der Lernräume die unterschiedlichen Kontakte zu PraxisvertreterInnen und Studierenden wertschätzen. Hier wurde die positive Stimmung und der entspannte und gleichberechtigte Umgang miteinander hervorgehoben. Für viele VertreterInnen der Einrichtungen war es interessant und hilfreich zu hören, wie Praktika in anderen Einrichtungen organisiert und durchgeführt werden. Die Lernräume selbst boten einigen Teilnehmenden gute inhaltliche Anregungen zu Methodik und wissenschaftlichen Inhalten. Es wurde deutlich, wie unerlässlich praktische Erfahrungen im Studium sind. Hierfür bietet das Studium Instrumente zur Praxisreflexion. Die Analyse der Praxis trägt zur Schulung des Wissenstransfers bei. Rote Karten: was lässt / ließ sich umsetzten: Den Teilnehmenden wurde anhand der Inhalte der Lernräume die Möglichkeit eröffnet, pädagogische Praxis zu reflektieren. Es wurde geäußert, dass der Einstieg in die Berufswelt über Praktika mit dem Hintergrund des TheoriePraxis-Seminars und der Lernräume besser gelingen kann. VertreterInnen der Einrichtungen erhielten Ideen für die Aufgabenstellungen und Einsatzmöglichkeiten der Studierenden im Arbeitsfeld. Die im Projekt entstandenen sowie bereits bestehende Kontakte wurden vertieft und neue Netzwerke geschaffen. Es gibt das Vorhaben, Praktika in Zukunft stärker zu planen und Absprachen mit Mitarbeitenden und PraktikantInnen schriftlich festzuhalten. Zudem wird das Handbuch mit Spannung erwartet um darin weitere Anregungen zu finden. Grüne Karten: Haben Sie Anregungen/ Vorschläge für die Zukunft? Es gab viele Vorschläge zur Organisation von Praktika. So wurde angeregt, einen Pool an Praktikumsstellen in der Erwachsenenbildung einzupflegen. Außerdem wurde vorgeschlagen, dass Praxisvertreter an der Universität, etwa im Studium Generale, über ihre Arbeit und Praktika in ihrem Haus berichten. Die Kontakte zwischen Universität und Einrichtungen könnten auch durch Exkursionen gepflegt werden. Ein weiterer Vorschlag von Seiten der Teilnehmenden war es, die Definitionen von Praktikumsverpflichtungen zu ändern, also Umfänge von Hospitanzzeiten, Seminararbeiten, Veranstaltungen, dem Kennenlernen von GeschäftsführerInnen und Institutionen festzulegen. Es besteht der Wunsch den Theorie-Praxis-Dialog fortzuführen. Einige Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Lernräume: - Pausen nach 60 Minuten einplanen - Kaffee sollte es von Anfang an geben - Mehr Zeit für Diskussionen einplanen - Thesenblätter nach dem theoretischen Input - Aktive Zeiten zwischen den Sitzzeiten einplanen, ansprechend sind. die für alle Inhaltlich wäre es auch von Interesse gewesen, die Studierenden nach ihren eigenen Kulturen zu befragen und sich mit den Studierenden über ihre Beweggründe und Ziele im Bezug auf das Studium zu unterhalten. Außerdem sei es sinnvoll, das Projekt in die Fläche zu transferieren: d. h. auf andere Fach- und Hochschulstandorte mit Fachbereich Pädagogik. Das geplante Handbuch sollte in einer offenen Form herausgegeben werden, damit Ergänzungen und Erweiterungen erfolgen können. Evaluation (Claudia Hochdörffer) Verabschiedung und Dank Liebe VertreterInnen der Einrichtungen, liebe Studierende, der letzte Lernraum ist nun vorüber und wir hoffen, diese gemeinsam gestaltete Zeit hat Ihnen viele Anregungen für Ihre Arbeit gegeben. Wir möchten uns bei allen am Projekt Beteiligten bedanken – für Ihr Interesse, Engagement und Ihre rege Mitarbeit. Dank Ihrer Hilfe konnte das Projekt zu einem vollen Erfolg werden! Auch zukünftig würden wir uns freuen, die Zusammenarbeit im Bereich der Professionalisierung und des Wissenstransfers zwischen Einrichtungen und Universität mit Ihnen gemeinsam weiter entwickeln zu können. Mit diesem Projekt ist uns ein Schritt in die richtige Richtung gelungen; nun ist es an uns allen, diesen Weg weiter zu gehen. Viel Erfolg dabei und eine besinnliche Weihnachtszeit wünscht Ihnen Das Projektteam „Theorie-Praxis-Transfer“ Ende Abschlusstagung 04. Dezember 2009