Dokumentation Lernraum 3 (6. November 2009)

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Dokumentation Lernraum 3 (6. November 2009)
Lernraum
Dokumentation III
„Lernraum Drei“
06. November 2009
10.00-14.00 Uhr
Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Veranstalterinnen
Teilnehmende
Tagesablauf
Begrüßung & Einführung
Aktuelle Ansätze zu Theorien des Lernens
Übung zu Teamarbeit und Kooperation
Übungs-Ergebnisse
Reflexion der Lernräume
Evaluation
Verabschiedung und Dank
Einleitung
Diese Lernraumdokumentation bietet
Ihnen einen Rückblick auf
den dritten Lernraum im
Rahmen des TheoriePraxis-Transfer-Projektes
Veranstalterinnen
Prof. Dr. Heide von
Felden
Uni.-Prof. AG
Erwachsenenbildung
Universität Mainz
Karola Büchel
Geschäftsführerin
ELAG
Tina Wittmeier
Mitarbeiterin AG
Erwachsenenbildung
Universität Mainz
Nadine Meder
Mitarbeiterin ELAG
Teilnehmende
VertreterInnen der Einrichtungen
Name / Funktion
Einrichtung/ Träger/
Organisation
Michael Grunewald
Mitarbeiter Jugend und Gesellschaft
Zentrum Gesellschaftliche
Verantwortung
Rudi Imhof
Mitarbeiter Jugend und Gesellschaft
Zentrum Gesellschaftliche
Verantwortung – entschuldigt -
Johannes Kohl
Katholische Erwachsenenbildung
Mainz – Stadt
Isa Mann
Evangelische
Erwachsenenbildung Mainz
Thomas Scheffler
Geschäftsführer
KREML Kulturhaus
Andrea Schwahn
Bildungsreferentin
Landwirtschaftskammer RLP
AG Landfrauen – entschuldigt -
Petra Szablikowski
Päd. Mitarbeitern
Landessportbund
Bildungswerk Sport
Karola Büchel
Geschäftsführerin ELAG
Projektteam
Prof. Dr. Heide von Felden
Uni.-Prof. AG Erwachsenenbildung
Universität Mainz
Claudia Hochdörffer
Geschäftsführerin AWW Landau
Projektteam
Nadine Meder
Mitarbeiterin ELAG
Projektteam
Tina Wittmeier
Mitarbeiterin AG Erwachsenenbildung
Universität Mainz
Projektteam
Projektteam
Teilnehmende
PraktikantInnen
Lilian von Hoff
Landwirtschaftskammer RLP
AG Landfrauen
Fabian Lindner
Zentrum Gesellschaftliche
Verantwortung
Markus Stier
Zentrum Gesellschaftliche
Verantwortung
Weitere Studierende
Marie Blechschmidt
Stephanie Borgmann
Joanna Czembor
Inga Dick
Marion Klinger
Natalie Köhler
Dariya Mykhaylenko
Anja Walter
Tagesablauf
06. November 2009
Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung
10-14 Uhr „Lernraum Drei“
10.00
Begrüßung, Vorstellungsrunde
Karola Büchel
10.30
Informationen zum Projektstand
Informationen aus den
Praktikumsstellen
Input: „Aktuelle Ansätze zu
Theorien des Lernens“
Tina Wittmeier
12.00
Diskussion
12.15
Übung in Kleingruppen
Moderation:
Univ.- Prof. Dr.
Heide von Felden
Leitung: Karola
Büchel
12.45h
Pause
13.10
Reflexion
Tina Wittmeier
13.45
Verabschiedung und Evaluation
Karola Büchel &
Claudia Hochdörffer
11.00
Univ.- Prof. Dr.
Heide von Felden
Begrüßung und Einführung
(Karola Büchel)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Studierende,
ich begrüße Sie alle herzlich zu unserem 3. und – leider - letzten Lernraum
im Rahmen unseres Projektes!
Unter Ihnen sehe ich bekannte und auch einige neue Gesichter. Die
Studierenden des neuen Uni-Seminares sind erstmalig dabei; auch zwei
KollegInnen haben an keinem der vorangegangenen Lernräumen
teilgenommen. Die meisten von Ihnen aber sind bereits mit unserem
Lernraumkonzept vertraut und können an unsere bisherigen Diskussionen
anknüpfen.
Nach den ersten beiden Lernräumen haben wir überwiegend bestärkende
Rückmeldungen erhalten. Besonders positiv wurden der Austausch zwischen
Studierenden und Praktikern wie die Mischung aus Theorie-Input und die
Berichte zur Praxis bewertet. Nach diesem Konzept wollen wir auch heute
wieder vorgehen. Als zusätzliches Element fügen wir eine gemeinsame
Auswertung der Lernräume an, die für eine Bewertung des Projekterfolges
wichtig ist.
Es gibt auch erste spannende Ergebnisse: Heute können wir – und Sie –
Erfahrungen
aus
den
laufenden
und
abgeschlossenen
Praktika
zusammenfassen; mit einem Teil von Ihnen haben wir Experteninterviews
durchgeführt; das Handbuch zum Praktikum wird zunehmend vollständiger.
Die Experteninterviews haben mir besonders viel Freude bereitet, da sie die
einmalige Gelegenheit boten, im Gespräch die Berufsbiografien von
ErwachsenenbildnerInnen kennenzulernen. Jede Biografie ist anders, hat auf
anderen Wegen zur Erwachsenenbildung geführt, hat verschiedene
Kompetenzen hervorgebracht. Sie werden die Aufzeichnungen über diese
Gespräche mit unserer Dokumentation erhalten und damit interessante
Einblicke in Werdegänge und Einschätzungen zu unserem Berufsfeld.
Weitere Informationen zum aktuellen Projektstand werden wir Ihnen gleich
nach der Vorstellungsrunde geben. Last not least möchte ich Sie noch auf die
Abschlußtagung zu unserem Projekt am 4.12.09 hinweisen und freue mich
darauf, viele von Ihnen an diesem Tag wieder zu sehen.
Aktuelle Ansätze zu Theorien des Lernens
(Heide von Felden)
Unser heutiger dritter Lernraum befasst sich mit dem Thema „Lernen“.
Vermutlich haben die PraxisvertreterInnen von Ihnen alle einen Begriff vom
Lernen, den Sie in Ihrer pädagogischen Arbeit anwenden und Sie haben sich
in Ihrem Studium mit Lerntheorien beschäftigt. Die Frage ist, was ich Ihnen
da Neues anbieten kann. Ich habe aus den neuesten Diskursen über das
Lernen für diesen kurzen Input ein paar Ansätze herausgesucht und hoffe,
dass ich damit nicht „Eulen nach Athen trage“.
Seit die UNESCO-Kommission in den 1990er Jahren Lernen als „the treasure
within“ bezeichnet hat und in ihren Darlegungen einen weiten Lernbegriff
favorisiert, der Lernen als Wissenserwerb, als Handlungskompetenz, als
Fähigkeit zusammenzuleben und Lernen für das Leben ausweist (vgl.
UNESCO-Commission, 1996), spätestens seitdem ist allgemein anerkannt,
dass der Lernbegriff den vorrangigen Bezug auf Unterrichtssituationen
verlassen
hat
und
in
die
Unbestimmtheit
des
lebenslangen
und
lebensweltlichen Lernens gelangt ist. Lebenslanges Lernen wird biographisch
gerahmt, darauf weist schon die Bezeichnung „lebenslang“ hin.
Dennoch ist eine Lerntheorie in biographietheoretischer Perspektive, d.h.
eine konzise Verbindung eines theoretisch
fundierten Lernbegriffs mit
Methoden der Biographieforschung in methodologischer Rahmung bisher
nicht entwickelt. An einer solchen Lerntheorie arbeiten wir in unserer AG
Erwachsenenbildung / Weiterbildung an der Universität Mainz. Ich möchte
heute einige Ansätze darstellen, die zu einem solchen theoretisch fundierten
Lernbegriff beitragen.
Konstruktivistische Lerntheorie
Konstruktivistische Ansätze gehen davon aus, dass Menschen keinen
unmittelbaren Zugang zu der sie umgebenden Wirklichkeit haben. Das
Gehirn erhält über die Sinnesorgane zwar Reize von außen, aber „keine
bedeutungshaften und verlässlichen Informationen über die Umwelt“ (Roth,
1997, S. 21). Der Mensch konstruiert vielmehr auf der Basis unspezifischer
Reize von außen und eigener neuronaler Aktivitäten das, was er als
Information über die Welt und als Bedeutung versteht. Bedeutungen sind
also Konstrukte des kognitiven Systems und Lernen findet unter diesen
Annahmen
immer
als
aktive
Aneignung
statt.
Wahrnehmungen
und
Lernprozesse werden in diesem System in folgender Weise gesehen:
„Die Abläufe dieses Systems funktionieren ‚selbstorganisiert’ (autopoietisch).
Eine
von
außen
an
das
System
‚Kognition’
herantretende
Störung
(Perturbation) kann zwar Veränderungen im System auslösen, doch weder
den Ablauf noch das Ergebnis dieser Veränderungen determinieren. Diese
sind ‚kontingent’ (zufällig), weil sie in ihrer tatsächlichen Qualität nicht nur
von dem an das System herangetragenen Input abhängen, sondern vielmehr
auch
von
den
im
System
bereits
vorhandenen
und
autopoietisch
zusammenwirkenden Elementen, Strukturen und Kräften. Ob das, was dabei
herauskommt (z.B. Wahrnehmung) ‚adäquat’ ist, bemisst sich dabei nach
zweierlei Gesichtspunkten: a) nach der Integrierbarkeit des ‚Neuen’ in das
‚Vorhandene’,
b)
nach
der
‚Viabilität’
(Gangbarkeit)
der
Sicht-
und
Handlungsweisen, die dabei entstehen“ (Arnold, 2001, S. 176f).
Das kognitive System arbeitet selbstorganisiert und selbstreferenziell (auf
sich selbst bezogen). Das bedeutet, dass die biologisch gegebenen und
lebensgeschichtlich entwickelten Strukturen bewirken, was und wie jemand
wahrnimmt, was jemand weiß und was und wie er denkt. Die Ausformung
der Selbstorganisation folgt dem Prinzip der Funktionalität und zielt auf
Passung oder auf Viabilität. Viabel bedeutet begehbar, tauglich, möglich, es
wird
also
die
Bedeutung
konstruiert,
die
am
ehesten
das
mentale
Gleichgewicht nicht gefährdet. Die sozialen Konstruktivisten legen Wert auf
die kulturelle Einbindung und damit die Intersubjektivität und fokussieren
auch die Interaktionen zwischen Menschen als soziale Konstruktionen, die
Perturbationen auslösen.
Diese erkenntnistheoretische Grundlage hat deutliche Auswirkungen auf
didaktische Ansätze in Hinsicht auf die Auffassung vom Lernen. Wenn
Lernende im Prinzip die Bedeutungen von Gegenständen selbst konstruieren,
ist eine Belehrung von außen, also durch Lehrende in der Konsequenz nicht
mehr
möglich.
Unter
didaktischen
Gesichtspunkten
tritt
die
Ermöglichungsdidaktik an die Stelle der Vermittlungsdidaktik.
Eine pädagogische Theorie des Lernens
Michael Göhlich und Jörg Zirfas haben 2007 zwei Bücher verfasst bzw.
herausgegeben (zusammen mit Christoph Wulf), die die pädagogischen
Grundlagen des Lernens „revitalisieren“ und damit den Begriff „Lernen“
wieder in sein angestammtes Terrain, die Pädagogik, zurückführen. Sie
definieren Lernen wie folgt:
„Lernen bezeichnet die Veränderungen von Selbst- und Weltverhältnissen
sowie von Verhältnissen zu anderen, die nicht aufgrund von angeborenen
Dispositionen,
Erfahrungen
sondern
erfolgen
aufgrund
und
die
von
als
zumindest
basal
dementsprechend
reflektierten
begründbare
Veränderungen von Handlungs- und Verhaltensmöglichkeiten, von Deutungsund Interpretationsmustern und von Geschmacks- und Wertstrukturen vom
Lernenden in seiner leiblichen Gesamtheit erlebbar sind; kurz gesagt: Lernen
ist die erfahrungsreflexive, auf den Lernenden sich auswirkende Gewinnung
von spezifischem Wissen und Können“ (Göhlich / Zirfas, 2007, S. 17).
Göhlich
/Zirfas
heben
auf
die
Veränderungen
von
Selbst-
und
Weltverhältnissen im sozialen Rahmen und auf den Begriff der Erfahrung ab
als Medium der Weltwahrnehmung. Sie konzipieren Lernen als individuelle
Handlung in seiner leiblichen Gesamtheit und unterscheiden Handlungs-,
Deutungs-
und
Wertstrukturen.
In
ihre
Definition
gehen
damit
hermeneutische und phänomenologische Ansätze ein.
Im Rahmen einer pädagogischen Theorie des Lernens unterscheiden sie in
Anlehnung an die Delors-Kommission der UNESCO (UNESCO-Commission,
1996) vier Dimensionen: Wissen-Lernen, Können-Lernen, Leben-Lernen,
Lernen-Lernen (vgl. ebd., S. 181-195). Während mit Wissen im Wesentlichen
der
zu
lernende
Gegenstand
und
mit
Können
die
angestrebte
Handlungsfähigkeit benannt werden, liegen die Dimensionen Leben-Lernen
und Lernen-Lernen auf anderen Ebenen. Leben lernen ist der zentrale
Bezugspunkt einer Lerntheorie in biographietheoretischer Perspektive. Die
Autoren
unterscheiden
Lebensbefähigung-,
hier
Biographisches-,
„Überleben-,
Lebenskunst
Lebensbewältigung-,
und
Sterben-Lernen“
(ebd., S. 187) und betonen damit die wichtige Bedeutung, die der Biographie
in der Erziehungswissenschaft einzuräumen ist. Lernen-Lernen, so die
Autoren selbst, zieht sich als Kategorie quer durch die anderen Aspekte und
thematisiert vor allem den Modus des Lernens. Modal verlaufe Lernen – so
die Autoren - „erfahrungsbezogen, dialogisch, sinnvoll und ganzheitlich“
(ebd. S. 180). Lernen sei immer an die Erfahrungen der Personen geknüpft,
geschehe in Auseinandersetzung mit Anderen und auch in Konfrontation mit
einem Fremden, unterliege der Zusammenhangs- und Sinnbildung und
umfasse aufgrund der Kontingenz von Sinn Transformationen nicht nur der
gesamten Person, sondern auch des Umfeldes und des Themas.
Das „Lerndreieck“ nach Knut Illeris
Die allgemeine Lerntheorie nach Knut Illeris (2006) bietet Anregungen, die
Aspekte Subjekt, soziale Struktur und Prozess, die das Lernen grundsätzlich
kennzeichnet, inhaltlich zu füllen. Illeris legt eine breite und offene Definition
von Lernen zugrunde, „die alle Prozesse einbezieht, welche zu relativ
dauerhaften Veränderungen im Bereich der Fähigkeiten führen, seien sie
motorischer, kognitiver, psychodynamischer (z.B. emotional, motivational
oder einstellungsbezogen) oder sozialer Art, und die nicht auf einem
genetisch- biologisch bestimmten Reifungsprozess beruhen“ (Illeris, 2006, S.
30). Illeris geht davon aus, dass „jedes Lernen zwei sehr unterschiedliche
Prozesse beinhaltet, nämlich einen externen Interaktionsprozess zwischen
dem/der Lernenden und seinem/ihrem sozialen, kulturellen oder materiellen
Umfeld und einen internen psychologischen Prozess der Aneignung und
Verarbeitung“ (ebd., S. 31). Für ihn können Lernprozesse in einer Matrix mit
drei Dimensionen dargestellt werden: Funktionalität, Sensibilität, Sozialität.
(vgl. Illeris, 2006, S. 32)
Die kognitive Dimension ist die Dimension des Lerninhalts, die durch das
Verständnis
der
Lernenden
Bedeutungszuschreibung eine
herausgebildet
persönliche
wird
Funktionalität
und
durch
der Lernenden
entwickelt. Die emotionale Dimension umfasst die mentale Energie, Gefühle
und Emotionen, durch die eine persönliche Sensibilität der Lernenden
herausgebildet
wird.
Verarbeitungsprozess
Mit
diesen
ausgedrückt.
beiden
Die
soziale
Polen
ist
Dimension
der
ist
interne
die
der
externen Interaktion der Teilnahme, Kommunikation und Kooperation. Sie
bildet die persönliche Integration in die Gemeinschaft und damit die
Sozialität der Lernenden heraus.
Illeris beschreibt darüber hinaus vier Arten des Lernens:
Kumulatives Lernen: Es begründet Schemata und Muster und tritt als Lernen
vor allem in den ersten Lebensjahren in Erscheinung. Es ist gekennzeichnet
durch
den
Aufbau
von
Strukturen
und
verhaftet
in
den
jeweiligen
Lernkontexten.
Assimilatives Lernen: Hier wird ein neues Element durch Hinzufügen mit
einem bereits bestehenden Schema verbunden. Dieses Lernen tritt am
häufigsten auf (Beispiel Lernen im Rahmen von Schulfächern).
Akkomodatives Lernen: In diesem Lernen werden bestehende Schemata
oder Teile davon verändert, so dass das Neue eingepasst werden kann.
Typisch ist zunächst ein Unverständnis, das mit einem gewissen Aufwand in
ein Verständnis umgewandelt wird.
Transformatives
Lernen:
Dieses
lernen
bedeutet
eine
Art
Persönlichkeitsveränderung oder Änderungen in der Organisation des Selbst.
Dabei findet ein Orientierungswechsel statt, der üblicherweise Ergebnis einer
krisenhaften Situation ist.
Das Lernen Erwachsener ist prinzipiell selektiv und selbstgesteuert:
„Erwachsene lernen, was sie lernen wollen und was für sie sinnvoll ist zu
lernen,
Erwachsene greifen beim Lernen auf die Ressourcen zurück, über die sie
bereits verfügen,
Erwachsene übernehmen soviel Verantwortung für ihr Lernen, wie sie
übernehmen wollen […] und
Erwachsene sind nicht sehr geneigt, etwas zu lernen, das […] für sie keine
Bedeutung oder Wichtigkeit hat“ (ebd., S. 37).
Nichtlernen
In neuerer Zeit wird in Verbindung mit dem Lernen auch über das so
genannte „Nicht-Lernen“ gearbeitet. Im Rahmen des Projektes „Lernprozesse
über die Lebenszeit“ haben wir Lern- und Bildungsprozesse aus den
biographischen
Erzählungen
von
Menschen
herausgearbeitet,
die
der
Generation der in den 1940er Jahren in Deutschland Geborenen angehören.
Die Interviews weisen unterschiedliche Lernhabitūs auf: es finden sich
Bildungsprozesse
als
Veränderung
der
Selbst-
und
Welthaltung,
Ausdrucksformen ungelebten Lebens als Formen von Stagnation, Festhalten
an eigenen Grundsätzen als Haltungen der Nichtveränderung und Beispiele
von
individuellen
Weltanschauungen
Konstruktionen
sowie
die
zur
Aufrechterhaltung
Gleichzeitigkeit
von
bisheriger
Lernprozessen
auf
bestimmten Ebenen und Lernabwehrmechanismen auf anderen Ebenen. In
den Interviews zeigen sich insofern eher bewahrende als offene, auf
Veränderung abzielende Haltungen. Daneben aber lassen sich vereinzelt
auch Reflexionsformate finden, in denen aufgrund von weltanschaulichen
Dispositionen neue Haltungen zur Welt und zu sich selbst eingenommen
werden (vgl. von Felden, 2009).
Knut Illeris beschreibt ebenfalls Formen des Nicht-Lernens, der Abwehr, des
Alltagsbewusstseins und der Lernwiderstände (vgl. Illeris, 2006, S. 34ff). Er
weist beispielsweise auf die Notwendigkeit für Menschen hin, angesichts der
Fülle an Einflüssen und Informationen Mechanismen der Auswahl zu
aktivieren, so dass die Informationen im Rahmen des Alltagsbewusstseins im
Sinne des jeweiligen Vorverständnisses selektiert werden, d. h. entweder
abgewehrt
oder
„zurechtgebogen“
werden.
Diese
Abwehrmechanismen
haben die Funktion, ein bereits aufgebautes Verständnis und letztlich die
eigene Identität zu verteidigen. Zudem benennt er das Phänomen des
Widerstandes, das auf einen Eigensinn des Lernenden hinweist, der gerade
durch
den
entwickelt.
Widerstand
gegenüber
Lernangeboten
neue
Lernpotentiale
Bernd
Dewe,
der
sich
verschiedentlich
mit
dem
Verhältnis
von
wissenschaftlichem Wissen und Alltagswissen auseinandergesetzt hat, macht
u.a.
darauf
aufmerksam,
Erwachsenenbildung,
die
dass
ihr
es
vonseiten
Erfahrungswissen
der
Lernenden
mobilisieren
in
der
„offenbar
bleibende Resistenzen gegenüber wissenschaftlichem Wissen gibt. Hier stellt
sich nun die Frage, ob die Resistenzen regressiven Charakter haben oder die
Bemühungen zur Rehabilitierung lebensweltlicher Erfahrungsweisen vielmehr
eine kulturkritische Funktion erfüllen?“ (Dewe, 1999, S. 189). Dewe weist
damit auf die Ambivalenz in der Beurteilung von Lernwiderständen hin, die
sowohl als Veränderungsresistenz als auch als Eigensinn wahrgenommen
werden können.
Ich hoffe, ich habe Ihnen mit diesen Ausführungen eine Fülle von
Anregungen für die Diskussion geliefert, die letztlich auch das Lernen in
unserem Projekt betreffen. Was lernen wir aus dem Projekt? Wie schließt das
Lernen an vorhergehende Erfahrungen an? Was kann übernommen werden
in zukünftige Strukturen?
Literatur:
Arnold, Rolf: Konstruktivismus. In: Arnold, R., Nolda, S., Nuissl, E.: Wörterbuch
Erwachsenenpädagogik. Darmstadt, 2001, S. 176-177
Dewe, Bernd (1999): Lernen zwischen Vergewisserung und Ungewissheit. Reflexives
Handeln in der Erwachsenenbildung. Opladen
Von Felden, Heide (2009): Überlegungen zum theoretischen Konzept des
Lebenslangen Lernens und zur empirischen Rekonstruktion selbstbestimmten
Lernens. In: Alheit, Peter / Von Felden, Heide (Hrsg.): Lebenslanges Lernen und
erziehungswissenschaftliche Biographieforschung im europäischen Diskurs.
Wiesbaden: VS-Verlag, S. 157-174
Göhlich, Michael / Zirfas, Jörg (2007): Lernen. Ein pädagogischer Grundbegriff.
Stuttgart
Göhlich, Michael /Wulf, Christoph / Zirfas, Jörg (Hrsg.): Pädagogische Theorien des
Lernens. Weinheim und Basel
Illeris, Knut (2006): Das „Lerndreieck“. In: Nuissl, Ekkehard (Hrsg.) Vom Lernen
zum Lehren. Bielefeld, S. 29-41
Roth, Günther: Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Kognitive Neurobiologie und ihre
philosophischen Konsequenzen. Frankfurt, 1997
UNESCO Commission on Education for the Twenty-first Century (1996): Learning –
the treasure from within. Paris. (Deutsche Ausgabe: Deutsche UNESCOKommission (Hrsg.) / Delors, Jacques u.a. (1997): Lernfähigkeit: unser
verborgener Reichtum. UNESCO-Bericht zur Bildung für das 21. Jahrhundert.
Neuwied, Kriftel, Berlin)
Übung zu Teamarbeit und
Kooperation als praktisches Beispiel
zum Thema "Lernen"
(Karola Büchel)
Übung: Bauen Sie gemeinsam Papierflieger
2- 3 Gruppen a 6-8 TN
1. Anleitung
Bauen Sie in Ihrer Gruppe gemeinsam so viele Flieger wie möglich. Seien Sie
dabei kreativ und vor allem: arbeiten Sie zusammen! Auch wenn der
Wettbewerb Teil der Übung ist, ist er nicht die Hauptsache. Es geht um Ihre
Teamarbeit.
Das Ergebnis werden Sie im Anschluss mit all seinen Vorzügen der
Gesamtgruppe vorstellen.
Das Auge
Wählen Sie eine Person aus, die den Gruppenprozess beobachtet.
Zeitvorgabe: 15 Min.
Material: Papier, Stifte, Kleber, Scheren liegen bereit
Beobachtungsaufgaben für das Auge (wird nur dem mitgeteilt)
- Wie einigt sich die Gruppe auf ein gemeinsames Vorgehen?
- Wie wird mit Vorschlägen umgegangen
- Wie wird Leitung – Anleitung geregelt?
- Wer führt – wer folgt?
2. Präsentation im Plenum
Wer die meisten Flieger hergestellt hat, beginnt.
Stellen Sie die Vorzüge Ihrer Produkte heraus.
Auswertung des jeweiligen Gruppenprozesses (jeweils 5 Minuten)
1. Bericht des Auges
2. gemeinsame Reflexion der Gruppenteilnehmenden:
- Was war schwierig – leicht?
- Wie ist die Gruppe mit unterschiedlichem Wissens-/ Erfahrungsstand
umgegangen?
- Zusammenarbeit – Eigeninitiative
- Leiten – Anleiten
- ….
Übungs-Ergebnisse
(Nadine Meder)
Gruppe I
Einige Teilnehmender der Gruppe I ließen einen Teil des Auftrages außer acht
– nämlich sich möglichst so zusammenzufinden, dass sie sich noch nicht so
gut kennen und auch sonst noch nicht miteinander arbeiten: Drei Mitglieder
der Gruppe waren ein „Tandem“.
Zu Beginn diskutierte Gruppe I über verschiedene Vorgehensweisen:
Nach einer Schablone Papierflieger in Reihe zu bauen, oder auch sie auf
Papier zu zeichnen und auszuschneiden.
Unter Zeitdruck und im Ausschlussverfahren und unter dem Einfluss des
Tandems, die sich untereinander schnell einig waren, wurde die Idee die Idee
des Knüllens von Gruppe I übernommen und rasch umgesetzt. Alle fertigten
dann geknüllte Flugobjekte, auch wenn einige für sich nicht ganz mit der
Lösung einverstanden waren. Angemerkt wurde das unterschiedliche Erleben
von Zeit in der Gruppe. „Während ich noch am Basteln, Überlegen und
Ausprobieren war, hatte man schon entschieden es so zu machen“.
Gruppe II
Hier wurde direkt ein paritätischer Austausch gesucht: „Wer kennt denn ein
Modell, wie´s geht?“. Alle gaben ihre Erfahrung mit Papierfliegern preis und
fertigten verschiedene Modelle an. Die verbindende Idee kam spontan von
einer Teilnehmerin – man könne auf die unterschiedlichen Modelltypen, die
jede/r
nach
Gutdünken
herstellt,
das
Augensymbol
aufzumalen.
Beobachterin: „Da hat jemand ein Modell gemacht, und das wurde ein paar
Mal reproduziert, dann hatte eine Teilnehmerin die Idee mit dem Symbol des
Auges, die von der Gruppe akzeptiert worden ist.“ Die „humorvolle Ecke“ hat
derweil für Stimmung gesorgt.
Ein Gruppenmitglied – Vertreter einer Einrichtung – empfand, dass diese
Arbeitsweise dem entsprach, wie er auch in seiner Einrichtung arbeitet. Ein
anderes Gruppenmitglied widersprach hier: in seiner Einrichtung wurde nur
selten im Team arbeitsteilig gearbeitet.
Reflexion der Lernräume
(Nadine Meder & Tina Wittmeier)
Blaue Karten: Was nehmen Sie mit?
Aus der Kartenabfrage wurde deutlich, dass viele Teilnehmende der
Lernräume die unterschiedlichen Kontakte zu PraxisvertreterInnen und
Studierenden wertschätzen. Hier wurde die positive Stimmung und der
entspannte und gleichberechtigte Umgang miteinander hervorgehoben.
Für viele VertreterInnen der Einrichtungen war es interessant und hilfreich zu
hören, wie Praktika in anderen Einrichtungen organisiert und durchgeführt
werden. Die Lernräume selbst boten einigen Teilnehmenden gute inhaltliche
Anregungen zu Methodik und wissenschaftlichen Inhalten. Es wurde deutlich,
wie unerlässlich praktische Erfahrungen im Studium sind. Hierfür bietet das
Studium Instrumente zur Praxisreflexion. Die Analyse der Praxis trägt zur
Schulung des Wissenstransfers bei.
Rote Karten: was lässt / ließ sich umsetzten:
Den Teilnehmenden wurde anhand der Inhalte der Lernräume die Möglichkeit
eröffnet, pädagogische Praxis zu reflektieren. Es wurde geäußert, dass der
Einstieg in die Berufswelt über Praktika mit dem Hintergrund des TheoriePraxis-Seminars und der Lernräume besser gelingen kann.
VertreterInnen der Einrichtungen erhielten Ideen für die Aufgabenstellungen
und Einsatzmöglichkeiten der Studierenden im Arbeitsfeld.
Die im Projekt entstandenen sowie bereits bestehende Kontakte wurden
vertieft und neue Netzwerke geschaffen. Es gibt das Vorhaben, Praktika in
Zukunft stärker zu planen und Absprachen mit Mitarbeitenden und
PraktikantInnen schriftlich festzuhalten. Zudem wird das Handbuch mit
Spannung erwartet um darin weitere Anregungen zu finden.
Grüne Karten: Haben Sie Anregungen/ Vorschläge für die Zukunft?
Es gab viele Vorschläge zur Organisation von Praktika. So wurde angeregt,
einen Pool an Praktikumsstellen in der Erwachsenenbildung einzupflegen.
Außerdem wurde vorgeschlagen, dass Praxisvertreter an der Universität,
etwa im Studium Generale, über ihre Arbeit und Praktika in ihrem Haus
berichten. Die Kontakte zwischen Universität und Einrichtungen könnten
auch durch Exkursionen gepflegt werden.
Ein weiterer Vorschlag von Seiten der Teilnehmenden war es, die
Definitionen von Praktikumsverpflichtungen zu ändern, also Umfänge von
Hospitanzzeiten, Seminararbeiten, Veranstaltungen, dem Kennenlernen von
GeschäftsführerInnen und Institutionen festzulegen.
Es besteht der Wunsch den Theorie-Praxis-Dialog fortzuführen.
Einige Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Lernräume:
- Pausen nach 60 Minuten einplanen
- Kaffee sollte es von Anfang an geben
- Mehr Zeit für Diskussionen einplanen
- Thesenblätter nach dem theoretischen Input
- Aktive Zeiten zwischen den Sitzzeiten einplanen,
ansprechend sind.
die
für
alle
Inhaltlich wäre es auch von Interesse gewesen, die Studierenden nach ihren
eigenen Kulturen zu befragen und sich mit den Studierenden über ihre
Beweggründe und Ziele im Bezug auf das Studium zu unterhalten.
Außerdem sei es sinnvoll, das Projekt in die Fläche zu transferieren: d. h. auf
andere Fach- und Hochschulstandorte mit Fachbereich Pädagogik.
Das geplante Handbuch sollte in einer offenen Form herausgegeben werden,
damit Ergänzungen und Erweiterungen erfolgen können.
Evaluation
(Claudia Hochdörffer)
Verabschiedung und Dank
Liebe VertreterInnen der Einrichtungen, liebe Studierende,
der letzte Lernraum ist nun vorüber und wir hoffen, diese gemeinsam
gestaltete Zeit hat Ihnen viele Anregungen für Ihre Arbeit gegeben.
Wir möchten uns bei allen am Projekt Beteiligten bedanken – für Ihr
Interesse, Engagement und Ihre rege Mitarbeit. Dank Ihrer Hilfe konnte das
Projekt zu einem vollen Erfolg werden!
Auch zukünftig würden wir uns freuen, die Zusammenarbeit im Bereich der
Professionalisierung und des Wissenstransfers zwischen Einrichtungen und
Universität mit Ihnen gemeinsam weiter entwickeln zu können. Mit diesem
Projekt ist uns ein Schritt in die richtige Richtung gelungen; nun ist es an uns
allen, diesen Weg weiter zu gehen.
Viel Erfolg dabei und eine besinnliche Weihnachtszeit
wünscht Ihnen
Das Projektteam „Theorie-Praxis-Transfer“
Ende
Abschlusstagung
04. Dezember 2009