Ausgabe 01/2013 als Leseprobe

Transcription

Ausgabe 01/2013 als Leseprobe
1/2013
DIVI
Mitgliederzeitschrift der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)
März 2013 – www.divi-org.de
Schluckstörungen
auf der Intensivstation
Einsatzbereitschaft von
Klinik-Mitarbeitern unter Eigenrisiko
Palliativmedizin und Sterben auf
der Intensivstation
Postpylorische Ernährungssonden zur
enteralen Ernährung
DIVI
© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
DP AG Postvertriebsstück – Entgelt bezahlt – 18226 – Heft 1/2013
Deutscher Ärzte-Verlag GmbH – Postfach 40 02 65 – 50832 Köln
This Journal is regularly listed in CCMED/MEDPILOT.
Neonatologie
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■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
1
EDITORIAL / EDITORIAL
DIVI bietet das Forum für
die Intensivmedizin
Unsere vierteljährlich erscheinende Zeitschrift DIVI soll das
Forum sein für alle, denen die Intensivmedizin wichtig ist: Ärzte, Pflegekräfte, Physiotherapeuten und viele andere.
In diesem Forum soll man sich begegnen, sich austauschen, Meinungen und Argumente vortragen und vertreten.
Und zwar mit allen, die an der Intensivmedizin interessiert
sind!
Bei der Komplexität der Intensivbehandlung erscheint es
mir eminent wichtig, dass alle an der Behandlung Beteiligten
die grundsätzlichen Strategien der jeweils anderen Behandlungsgruppen verstehen und einschätzen können. Ohne dieses
gegenseitige Verständnis für die Tätigkeiten der Anderen bleibt
die Behandlung das Stückwerk einzelner Arbeitsgruppen. Erst
mit dem Verständnis für das Ganze kann die Intensivbehandlung nach einem Gesamtkonzept aufgebaut werden. Der beste
Weg für guten Erfolg!
Und diesem Ziel sind wir jetzt etwas näher gekommen:
Künftig werden wir unsere Zeitschrift auf allen Intensivstationen in deutschen Krankenhäusern mit jeweils einem Belegexemplar kostenfrei anbieten. Wir hoffen, dass diese Belegexemplare gut und fleißig genutzt werden. Sie sind Ausdruck
dieser Idee eines gemeinsamen Forums! Sie sollen alle anregen,
sich am intensivmedizinischen Leben zu beteiligen, sollen neue
Erkenntnisse verbreiten und sollen Diskussionen anstoßen.
Wir hoffen jetzt alle, dass dieser doch erhebliche Aufwand
auf fruchtbaren Boden fällt.
Der Stellenwert relevanter Fragen unserer Intensivpflegekräfte für uns wird auch dadurch unterstrichen, dass diesem
Heft ein Fragebogen zur Weiterbildung der Fachkrankenpflege
beigefügt ist. Wir bitten alle Pflegekräfte auf den Intensivstationen diesen Fragebogen auszufüllen und damit ein möglichst
breites Meinungsbild zur Bereitschaft für fachliche Weiterbildung und zur Weiterentwicklung der beruflicher Qualifikation
zu liefern.
Um den Wirkungsbereich der Zeitschrift zu verbreitern, haben wir noch weitere Mit-Herausgeber gewinnen können; sie
werden in diesem Heft einzeln vorgestellt.
Die für die Intensivmedizin so wichtige Physiotherapie war
bislang nicht vertreten. Wir haben jetzt mit Frau Filipovic aus
Marburg eine in Intensivmedizin erfahrene Physiotherapeutin
gewinnen können. Wir hoffen, dass damit der Beitrag der Physiotherapie für die Intensivmedizin allen augenscheinlich gemacht werden kann.
Zusätzlich haben wir den Neurologen, Herrn Dr. Rainer
Kollmar, als weiteren neurologischen Mitherausgeber gewinnen können. Hiermit soll die besondere Bedeutung der NeuroFächer in der Intensivmedizin unterstrichen werden.
Herr Prof. Dr. Martin Krause aus der Pädiatrischen Universitätsklinik in Kiel musste leider aus Gründen der AufgabenÜberlastung seine Mit-Herausgeberschaft abgeben. Wir danken ihm für seine bisherige erfolgreiche Arbeit. Für ihn kommt
Herr Dr. Christoph Härtl aus Lübeck, den wir in unserem Kreis
herzlich begrüßen.
Ich danke allen Mit-Herausgebern für ihre Mitwirkung an
dem vergangenen Jahrgang der Zeitschrift.
Wir alle wünschen uns, dass der neue Jahrgang mit den
wichtigen Innovationen, von den Lesern – den bisherigen wie
den neuen – mit Freude aufgenommen wird.
Hilmar Burchardi
Hauptherausgeber
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2
INHALTSANGABE / TABLE OF CONTENTS
EDITORIAL / EDITORIAL............................................... 1
H. C. Müller-Busch
GESELLSCHAFT / SOCIETY
Palliativmedizin und Sterben auf der Intensivstation
– kein Widerspruch
Palliative care and dying in intensive care
– no contradiction............................................................ 22
S. Schröder, O. Schroeder, A. Hohn
MITTEILUNGEN AUS DER GESELLSCHAFT /
NEWS OF THE SOCIETY
A. Markewitz
Postpylorische Ernähurngssonden zur enteralen Ernährung
bei Intensivpatienten mit erhöhtem gastralen Reflux
Post-pyloric nutritional tubes for enteral nutrition in
intensive care patients with increased gastric reflux.......... 28
Nachrichten aus der Gesellschaft........................................ 3
R. Röhrig, Ch. Wrede
Die Verbindung von Medizinprodukten mit IT-Netzen
– Nutzen und Risiken sollten bedacht werden.................... 6
PRAXIS / PRACTICE
Interdisziplinarität zum Wohle des Patienten .................. 36
DAS TEAM UNTER DER LUPE / FOCUS TEAMWORK
Zuwachs in der Mitherausgeberschaft
der DIVI-Zeitschrift............................................................ 38
W. Fleischer
Intensivierung der Zusammenarbeit gibt Sicherheit
und senkt die Kosten......................................................... 34
TAGUNGSKALENDER / MEETINGS.............................. 21
MEDIEN / MEDIA
Buchbesprechungen / Book Reviews..........................27, 35
WISSENSCHAFT / RESEARCH
Buchneuzugänge / New Publications............................... 37
ÜBERSICHT / REVIEW
INDUSTRIE UND HANDEL /
INDUSTRY AND TRADE................................................ 37
R. Nusser-Müller-Busch
Schluckstörungen auf der Intensivstation: Atmen
und Schlucken – eine vitale Beziehung
Swallowing disorders in the ICU: Breathing
and swallowing – a vital relationship.................................. 7
IMPRESSUM / IMPRINT................................................ 40
P. Gretenkort, P. Thomas
Einsatzbereitschaft von Klinik-Mitarbeitern unter
Eigenrisiko
Willigness of hospital staff to report to work
in personal risk situations................................................. 15
Befragung von Intensivpflegekräften zur
Weiterentwicklung der Fachkrankenpflege in Deutschland
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
im Innenteil der DIVI finden Sie einen Fragebogen, in dem Ihre Vorstellungen und
Wünschen zur beruflichen Qualifizierung für die Intensivpflege abgefragt werden.
Ziel der Umfrage ist es, ein Meinungsbild aus der Intensivpflege darüber zu erhalten, ob und wie die Weiterbildung in der Intensivpflege verändert werden sollte
und ob und welche anderen Gesundheitsberufe und Spezialisierungen neben der
Fachpflegekraft für Intensivmedizin sinnvoll sein könnten.
Wir freuen uns auf Ihren ausgefüllten Fragebogen!
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Titelbild: Dominik Pietsch
GESELLSCHAFT / SOCIETY
DIVI / DIVI
3
Nachrichten aus der Gesellschaft
1. Aktuelles
1.1 Wahlen zum Präsidium
Auf der Mitgliederversammlung der
DIVI am 06.12.2012 wurden Wahlen
mit dem folgenden Ergebnissen durchgeführt:
• Wahl zum Präsident Elect (Präsident für die Amtsperiode 2015/16):
Herr Prof. Dr. Gerhard Jorch aus
Magdeburg
• Wahl zum Kongresspräsidenten
2014:
Herr Prof. Dr. Andreas Unterberg, Heidelberg
Der aktuelle Vorstand hat damit folgende Zusammensetzung:
Präsidentin: Frau Prof. Dr. Elke Muhl
Past Präsident: Herr Prof. Dr. Michael
Quintel
Präsident elect: Herr Prof. Dr. Gerhard
Jorch
1.2 Satzungsänderung
Weiter wurde auf der Mitgliederversammlung eine Satzungsänderung verabschiedet, die den englischen Namen
der DIVI betrifft. Dieser lautet nunmehr:
„German Interdisciplinary Association of Critical Care and Emergency Medicine”
1.3 Änderung der Mitgliedsbeiträge
Schließlich verabschiedete die Mitgliederversammlung eine neue Beitragsordnung.
Die neuen Beiträge wurden im einzelnen wie folgt beschlossen:
• Division – MG – Ärzte
• Für ordentliche Mitglieder beträgt der
Beitrag 150,00 € im Jahr, bei Mitgliedschaft in einer DIVI-FB Fachgesellschaft 100,00 €, außerordentliche
Mitglieder zahlen 75,00 € im Jahr, bei
Mitgliedschaft in einer DIVI-FB Fachgesellschaft 50,00 €.
• Division – MG – Nichtärzte
• Der Beitrag für Mitglieder der Division-MG-Nichtärzte beträgt 25,00 € im
Jahr. Mitglieder der Division – MG –
Nichtärzte erhalten ab dem Jahr 2009
auf die Kongressregistrierung eine Ermäßigung.
• Fördernde Mitglieder
• Der Jahresbeitrag für Fördernde Mitglieder beträgt mindestens 800,00 €
pro Jahr.
• Pensionierte oder berentete Mitglieder werden auf Antrag vom Beitrag
freigestellt. Die Zusendung der Zeitschrift sowie die Rabattierung auf die
Kongressgebühr entfallen dann. Die
Zeitschrift kann weiter Online gelesen
werden.
In diesem Zusammenhang sei auf
das neue Verfahren der Rechnungsstellung hingewiesen: Im Rahmen der Neustrukturierung der Mitglieder-Datenbank auf ein DIVI-eigenes System wird
auch das Rechnungssystem neu gestaltet. Alle Mitglieder erhalten im März eine Rechnung der DIVI. Der Rechnung
wird ein Mitgliedsausweis beigefügt
sein.
•
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•
1.4 DIVI Kongress 2012
1.4.1 Allgemeines
Der Kongress war mit über 4.500 Teilnehmern gut besucht. Neben zahlreichen positiven Rückmeldungen wurden
die teilweise sehr kurzfristigen Absagen
und damit die ersatzlose Streichung von
im Programm ausgedruckten Vorträgen
bemängelt.
Der letztgenannte Punkt war bereits
im Vorjahr Anlass zur Kritik. Das DIVIPräsidium hat daher beschlossen, bei
kurzfristigen Absagen die jeweiligen
Redner für den Ablauf von 3 Jahren
nicht mehr anzufragen.
•
•
•
1.4.2 Preise und Stipendien
• Else Kröner Memorial Award
• Dieser mit 25.000 € dotierte Preis wurde im Jahre 2012 geteilt und an Herrn
Dr. Dirk Schädler aus Kiel für seine Arbeit „Automatic control of pressure
•
support for ventilator weaning in surgical intensive care patients“ sowie an
Herrn PD Dr. Alexander Zarbock für
seine Arbeit „Crucial role of SLP-76
and ADAP for neutrophil recruitment
in mouse kidney ischemia-reperfusion injury“ verliehen.
Best Teacher Award
Dieser Preis in Höhe von 1.000 € für
den am besten bewerteten Fortbildungsvortrag ging an Frau Dr. Geraldine de Heer aus Hamburg für ihren
Vortrag zur Ulcusprophylaxe.
Forschungspreise DIVI 2012
Der 1. Preis in Höhe von 2.000,00 €
ging an Herrn Dr. Julian Bösel aus Heidelberg für seine Arbeit „Frühtracheotomie beim zerebrovaskulären Intensivpatienten ist machbar, sicher und
reduziert den Analgosedierungsbedarf: Ergebnisse der randomisierten
Pilotstudie SETPOINT (Stroke-related
Early Tracheostomy vs. Prolonged
Orotracheal Intubation in Neurocritical care Trial)“.
Der 2. Preis in Höhe von 1.500,00 €
wurde Frau Marlena Messer aus München für ihre Arbeit „Welche Patienten wünschen lebensverlängernde
Maßnahmen und Intensivmedizin?
Eine prospektive Studie mit 1021 Patienten“ verliehen.
Den 3. Preis in Höhe von 1.000,00 €
erhielt Herr PD Dr. Christoph Härtel
aus Lübeck für seine Arbeit „Nosokomiale Sepsis bei sehr kleinen Frühgeborenen: Risikofaktoren, epidemische Mikrocluster und aktuelle Diskussion um präventive Maßnahmen“.
Der 4.–8. Preis in Höhe von jeweils
500,00 € ging an die folgenden Kollegen:
Herrn Dr. Klemens König aus Tübingen für seine Arbeit „Die funktionelle
Blockade des Plexin C1 Rezeptors beeinflusst den hepatischen IschämieReperfusionsschaden“
Herrn Dr. Björn Hußmann aus Essen
für seine Arbeit „Einfluss der präklinischen Volumengabe bei schwerstverletzten Kindern mit - hämorrhagischen Schock – eine matched pairs
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4
•
•
•
•
DIVI / DIVI
Analyse von 62 Patienten des TraumaRegisters der DGU“
Herrn Dr. Matthias Weuster aus Kiel
für seine Arbeit „Effects of Therapeutic Hypothermia on Hemodynamics
in a New Porcine Polytrauma Model –
Combination of Severe Chest and Abdominal Trauma with Hemorrhagic
Shock“
Herrn Dr. Stephan Braune aus Hamburg für seine Arbeit „Extrakorporale
CO -Elimination zur Intubationsver2
meidung bei hyperkapnischen Patienten mit NIV-Versagen“
Herrn Falko Harm aus Basel für seine
Arbeit „In-hospital Cardiac Arrest after Leaving a Monitored Bed – Do we
Transfer Patients Too Early?“
Das Förderstipendium der DIVIStiftung in Höhe von 3.000,00 €
wurde Herrn Dr. Christian Jung aus Jena für seine Arbeit „Pathophysiologische Relevanz des Enzyms Arginase
für die Veränderung der Mikrozirkulation im kardiogenen Schock: Evaluation eines potenziellen therapeutischen Ansatzes“ zuerkannt.
1.5 DIVI Mitglieder aus der
Industrie
Das DIVI-Präsidium hat auf seiner Sitzung vom 24.11.2012 vor dem Hintergrund von vereinzelten Missverständnissen durch und zwischen DIVI-Mitgliedern folgendes beschlossen:
Vertreter aus der Industrie können
• jederzeit Mitglied von DIVI Sektionen
werden, sein oder bleiben, sofern sie
DIVI-Mitglied sind
• keine Ämter oder Funktionen in der
DIVI wahrnehmen
• keinen Vorsitz oder Vortrag im wissenschaftlichen Teil eines DIVI-Kongresses übernehmen
1.6 Interessenkonflikt
Das DIVI-Präsidium hat auf seiner Sitzung vom 24.11.2012 zur Verbesserung der Transparenz bei wissenschaftlichen Präsentationen folgendes
beschlossen:
• ein evtl. vorhandener bzw. ein
nicht vorhandener Interessenkonflikt wird von jedem Vortragenden
auf einem DIVI-Kongress in einer
einleitenden Folie dargelegt. Dies
Vorgehen ist ab dem DIVI 2013 verpflichtend.
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
2. Mitglieder
Ende des Jahres 2012 hatte die DIVI insgesamt 1.876 Mitglieder.
Im Einzelnen handelt es sich neben
den 11 Ehrenmitgliedern der DIVI um
• 1.069 ordentliche und
• 504 außerordentliche ärztliche Mitglieder sowie um
• 291 nicht-ärztliche Mitglieder
Bei den ärztlichen Mitgliedern stellen die Anästhesisten mit 1.142 die
größte Gruppe, gefolgt von den Internisten mit 434, den Chirurgen mit 291,
den Neuromedizinern mit 130 und den
Kinder- und Jugendmedizinern mit 87.
(aufgrund der Möglichkeit von Mehrfachnennungen entsprechen diese Zahlen in der
Summe nicht der Mitgliederzahl).
Fünf Institutionen sind bislang als
fördernde Mitglieder der DIVI aufgenommen (Details unter: http://www.
divi-org.de/Foerdernde-Mitglieder.
170.0.html).
GESELLSCHAFT / SOCIETY
• 7. Pädiatrische Intensivmedizin
• 8. Sepsis
• 9. Technik und Monitoring
10. Pflegeforschung und Pflegequa•
lität in der Intensivmedizin
3.2 Neuaufgenommene Sektionen
Es wurden zwei neue IAG unter der Sektion Notfallmedizin aufgenommen:
• Hyberbare-O Therapie
2
• Angewandte Pharmakologie in der
Notfall- und Intensivmedizin
3.3 Themen ohne Bearbeitung von
Sektionen oder einer ihrer
Gruppen
•
•
•
•
Endokrinologie
Nephrologie
Infektiologie
Perioperative Intensivmedizin
4. Aktuelle Projekte
3. Sektionen
4.1 Fort- und Weiterbildung
Details zur Zusammensetzung und Führung der einzelnen Sektionen sind dem
Interessierten
jederzeit
unter
http://www.divi-org.de/Sektionen.13.0.
html zugänglich.
4.1.1 Fortbildungssitzungen auf
dem DIVI Kongress 2013
3.1 Änderungen der Struktur bei
den Sektionen
Um die Struktur der Sektionen an die europäischen Vorbilder (ESICM) anzugleichen, wurde auf dem DIVI-Kongress mit
den Sektionssprechern eine neue Struktur konsentiert, die die Zusammenfassung der momentan 21 Sektionen in 10
Sektionen mit zahlenmäßig unterschiedlichen Teileinheiten beinhaltet.
Die bisherigen Sektionen bleiben
auf Arbeitsebene bestehen, weitere Details sowie die neue Geschäftsordnung
für Sektionen und ihrer Teileinheiten
werden derzeit von einer ad-hoc-Gruppe geklärt.
Die 10 Sektionen der neuen Struktur
sind:
1. Ethik
•
2. Hirn und Nervensystem
•
3. Kreislauf
•
4. Lunge
•
5. Notfallmedizin
•
6. Organversagen – Ersatztherapie
•
– Transplantation
Auf dem DIVI 2013 werden erneut 24
Themen aus dem Fortbildungscurriculum Gegenstand von Fortbildungssitzungen sein. Die Kerninhalte der einzelnen
Fortbildungsvorträge werden zudem als
Übersichtarbeiten in Buchform veröffentlicht werden, wobei das Buch zum
Zeitpunkt des Kongresses vorliegen wird.
4.2 Qualitätsmanagement auf der
Intensivstation
4.2.1 Peer Review auf Intensivstationen
Bei diesem Verfahren geht es darum,
dass Teams aus Intensivmedizinern und
intensivmedizinischen Fachpflegekräfte
sich auf ihren jeweiligen Intensivstationen gegenseitig visitieren, um anhand
definierter Kriterien zu evaluieren, ob
und wenn ja, was noch besser gemacht
werden kann. Details hierzu sind im Internet verfügbar (http://www.anaesthe
sieintensivmedizin-charite.de/nequi/
index.php).
Für das Verfahren werden ausgebildete Peer Reviewer benötigt, so dass an
GESELLSCHAFT / SOCIETY
dieser Stelle zur aktiven Mitarbeit konkret zur Ausbildung zum Peer Reviewer
aufgerufen wird.
DIVI / DIVI
unserer Gesellschaft demnächst unter
folgender web-Adresse: www.DIVI.de.
6. Termine
5. Sonstiges
5.1 Neue Homepage
Die neue DIVI-Homepage ist kurz vor
der Fertigstellung. Sie finden alle Inhalte
Die Veranstaltungen, auf die wir Ihr Augenmerk richten wollen, finden Sie unter
http://www.divi.de/veranstaltungendritte.html
5
Korrespondenzadresse
OTA Prof. Dr. Andreas Markewitz
Generalsekretär der DIVI
Direktor der Abt. XVII – Klinik für Herzund Gefäßchirurgie
Bundeswehrzentralkrankenhaus
Rübenacher Str. 170
56072 Koblenz
Tel.: 0261 2813701
Fax: 0261 2813702
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6
DIVI / DIVI
GESELLSCHAFT / SOCIETY
Die Verbindung von Medizinprodukten
mit IT-Netzen – Nutzen und Risiken
sollten bedacht werden
Ein gemeinsames Positionspapier von DIVI, DGBMT und VDE zu einer Norm zum
Risikomanagement von Medizinischen IT-Netzen (DIN EN 80001–1 / IEC 80001–1)
erschienen
Ob Vitaldatenmonitor, Beatmungsgerät, Spritzenpumpe, Hämofiltration,
Endoskopie oder Ultraschall: Heute gibt
es kaum noch ein aktives Medizinprodukt, welches nicht über eine Schnittstelle verfügt, um an ein Computernetzwerk angeschlossen zu werden. Die
Mehrwerte einer solchen Anbindung
sind meist offensichtlich: Eine bessere
Verfügbarkeit von Informationen, eine
verbesserte Dokumentation, um Therapieentscheidungen und Behandlungsverlauf nachvollziehbar zu machen, einen Leistungsnachweis bei Prüfungen
durch den MDK oder im Schadensfall,
Effizienz in der Wartung der Medizinprodukte oder die Möglichkeit einer
späteren Auswertung für wissenschaftliche Fragestellungen (Sekundärdatenanalyse, Versorgungsforschung, klinische Studien).
Doch die Verbindung von Medizinprodukten mit IT-Netzwerken bringt eine neue Komplexität und damit verbunden neue Risiken in die Krankenhäuser:
Was passiert, wenn das Netzwerk aus-
fällt oder Fehlfunktionen aufweist? Was
passiert, wenn der Virenscanner wichtige Informationen „schluckt“? Was passiert, wenn eine Schadsoftware (Viren,
Trojaner, etc.) ein Medzinprodukt (Endoskopieturm, Monitoringzentrale) befällt?
Die Krankenhäuser müssen lernen,
diese Risiken zu erkennen, zu bewerten
und zu beherrschen. Dies setzt eine enge
Zusammenarbeit von Herstellern, Krankenhaus-IT, Medizintechnik und vor allem den klinisch tätigen Anwendern voraus. Eine „Best-Practice-Lösung“ bietet
die Norm DIN EN 80001–1 (bzw. IEC
80001–1) „Anwendung des Risikomanagements für IT-Netzwerke mit Medizinprodukten“. Basierend auf einem Expertenworkshop hat die DIVI-Sektion
IT&MT und die Deutsche Gesellschaft
für Biomedizinische Technik (DGBMT)
im Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) ein
Positionspapier zur Umsetzung der IEC
80001–1 in der Intensiv- und Notfallmedizin erarbeitet [1]. Das Positions-
papier soll die Motivation der Norm, ihre Ziele und Inhalte, sowie Möglichkeiten zur Umsetzung in den Kliniken
aufzeigen.
Korrespondenzadressen
Dr. med. Rainer Röhrig
Leiter der Sektion Medizinische
Informatik
Universitätsklinikum Standort Gießen
Anästhesie und operative
Intensivmedizin
Rudolf-Buchheim-Str. 7
35392 Gießen
Tel.: 0641 985 44494
Fax: 0641 985 44499
Rainer.Roehrig@chiru.med.uni-giessen.de
PD Dr. med. Christian Wrede
Chefarzt des Notfallzentrums mit
Rettungsstelle
Helios-Kliniken Berlin
Schwanebecker Chaussee 50
13125 Berlin
Tel.: 030 9401 54700
christian.wrede@helios-kliniken.de
Literatur
1.
Ahlbrandt J, Dehm J, Röhrig R, Imhoff
M, Wrede C: Risikomanagement für medizinische Netzwerke in der Intensivund Notfallmedizin – Gemeinsames
Postitionspapier zur Norm ISO 80001–1
von der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (DGBMT) im
VDE e.V. und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und
Notfallmedizin e.V. (DIVI) unter Beteiligung des Bundesverbandes Gesund-
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
heits-IT (BVITG), der Deutschen Gesellschaft für Fachkrankenpflege (DGF) und
der Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik
(DKE) im DIN und VDE. VDE Frankfurt.
2012. ISBN 978–3–925512–33–9. Online Verfügbar unter https://www.vde.
com/de/InfoCenter/Studien-Reports/
Seiten/Positionspapiere.aspx
Reprint (leicht verändert): Ahlbrandt J,
Röhrig R, Dehm J, Wrede C., Imhoff M,
DIVI, Deutsche Gesellschaft für Biomedizinische Technik (DGBMT) im VDE
e.V.. Risikomanagement für medizinische Netzwerke in der Intensiv- und
Notfallmedizin. Gemeinsames Positionspapier zur Norm IEC 80001–1.
GMS Med Inform Biom Epidemiol.
2013;9(1) –online Verfügbar unter:
http://www.egms.de/dynamic/en/
journals/mibe/volume9.htm
8
R. Nusser-Müller-Busch:
Schluckstörungen auf der Intensivstation: Atmen und Schlucken – eine vitale Beziehung
Swallowing disorders in the ICU: Breathing and swallowing – a vital relationship
Einleitung
Eine Dysphagie ist keine Erkrankung,
sondern ein Symptomkomplex, aus
dem Dehydratation, Mangelernährung
und Aspirationsrisiken resultieren können. Während Hydratation und Ernährung heutzutage gesichert werden können, muss das Augenmerk auf Aspirationen (von Speichel, Sekret oder Nahrung) gelenkt werden, die auch „still“
ablaufen können, d. h. ohne rechtzeitigen Einsatz oder bei Fehlen von Schutzreaktionen.
Schluckstörungen –
allgemeine Aspekte
Zahlreiche Erkrankungen verschiedener Genese sind mit Dysphagien assoziiert (Tab. 1). Um das Schluckvermögen wieder herzustellen und durch
eine Dysphagie hervorgerufene Komplikationen zu vermeiden, kommen
therapeutisch restituierende, kompensatorische und / oder adaptive Verfahren zum Einsatz [1, 2, 3]. Dysphagien erfordern je nach Ätiologie die
Expertise und die Zusammenarbeit
mehrerer Berufsgruppen, u. a. der Logopäden, Physio- und Ergotherapeuten, Neurologen, HNO-Ärzte sowie
Gastroenterologen.
Zur Identifizierung von Schluckstörungen existieren verschiedene Screeningverfahren, v. a. als Wasserschlucktests, deren Zuverlässigkeit aber unbefriedigend ist [4]. Selten können
schluckgestörte
Patienten
Wasser
schluckweise oder gar 90 ml Wasser aus
einem Glas [5] „auf ex“ austrinken. Oft
kommt es zu Verschluckszenarien, zum
Abbruch des Tests mit der Folge der Anordnung einer oralen Nahrungskarenz,
obwohl der Patient andere, im Screening nicht geprüfte Nahrungskonsistenzen (wie etwa passierte Kost) eventuell
bewältigen könnte.
Besonders verlangsamt reagierende
Patienten versagen häufig im Wasserschlucktest. Wasser mit seiner hohen
Fließgeschwindigkeit
läuft
schnell
durch den Schlucktrakt und die Luftwege müssen dabei prompt verschlossen
werden. Breiige, pürierte Konsistenz
fließt langsamer. Das verbessert die
Chance, dass die Atem-Schluck-Koordination (s. u.) gelingt und der Bolus sicher geschluckt wird.
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
Ätiologie der Dysphagie (Beispielhaft)
strukturell
bedingt
Erkrankungen / Traumen / Operationen / Bestrahlungen im HalsKopfbereich, der HWS, im oberen Aerodigestivtrakt, Thoraxbereich.
Entzündungen, Nekrosen, Verätzungen im Mund- Rachenraum,
Trachea, Ösophagus
neurogen
bedingt
Insulte, Schädel-Hirn-Traumen, ALS, Parkinson, Demenzerkrankungen,
MS, Enzephalitis, Poliomyelitis, Tumore, Intoxikationen, Medikamentennebenwirkungen, Guillain-Barré-Syndrom, Neuropathien
muskulär
bedingt
Dermatomyositis, Polymyositis, endokrine / metabolische Myopathien,
Myotonien, Muskeldystrophien
psychogen
bedingt
Phagophobie, Essstörungen
Tabelle 1 Beispielhafte Ätiologien der Dysphagie
Erst seit 5 Jahren sind klinische Tests
verfügbar, die zuerst das Schlucken von
Speichel und im Anschluss das Schlucken breiiger Konsistenz prüfen. Ihnen
liegt die Idee zugrunde, nicht nur die
Störung zu diagnostizieren, sondern
auch Ansatzpunkte für das therapeutische Vorgehen und für eine diätetisch
veränderte Ernährung zu erhalten. Hierzu gehören insbesondere das Gugging
Swallow Screen (GUSS) [6], das für StrokePatienten entwickelt wurde, sowie der
Berliner Schlucktest (BST) [7]. Zur Aktivierung von Schluckreaktionen, Aufmerksamkeit und Wachheit wird beim BST
die taktile Mundstimulation nach der
Facio-Orale Trakt Therapie (F.O.T.T.) eingesetzt [8]. Dabei werden strukturiert
Reize in der Mundhöhle, an Zahnfleisch, Zunge und Gaumen gesetzt,
wenn die Zunge nicht aktiv sein kann.
Ziel ist es, reaktiv orale – und Schluckbewegungen auszulösen und therapeutisch zu nutzen.
Die entstehenden Fragen und Hypothesen zum Störungsmechanismus der
Dysphagie müssen ggf. durch bildgebende Verfahren geklärt werden. Auf
der Intensivstation eignet sich die „fiberoptic endoscopic evaluation of swallowing“
(FEES), da sie im Gegensatz zur Röntgenuntersuchung mit dem transportablen
Equipment vor Ort erfolgen kann und
auch Patienten mit eingeschränkter Vigilanz untersucht werden können [9,
10, 11, 12]. Von außen nicht sichtbare
Paresen, der Aufstau und Umgang mit
Speichel im Pharynx oder Kehlkopf sowie die Bewegung des Kehlkopfes beim
Schlucken können beurteilt werden.
Sekundär erworbene
Schluckstörungen
Intensivmedizinische Maßnahmen und
Begleitumstände, die die Vigilanz, das
Schlucken von Speichel / Nahrung und
die pharyngeale / tracheale Schutzreaktionen beeinträchtigen, können nosokomial sekundäre Dysphagien erzeugen. Im Vordergrund stehen hierbei insbesondere der invasive Atemwegszugang, eine liegende Ernährungssonde,
Medikamentennebenwirkungen, ein reduzierter Allgemeinzustand
mit evtl. Multimorbidität, gastroösophageale Probleme oder ein Delir. Es bedarf einer erhöhten Aufmerksamkeit bei
allen Beteiligten des intensivmedizinischen Teams, entstehende sekundäre
Probleme frühzeitig zu erkennen. Einige
Problemstellungen werden in diesem
Abschnitt besprochen.
Fremdkörper
Nasogastrale Magensonden, Endotrachealtuben, Trachealkanülen und / oder
Cervikalorthesen sind therapeutisch
notwendige Medizinprodukte, die – jedes für sich – einen normalen Schluckablauf mechanisch beeinträchtigen
können.
Fallbeispiel
Herr F., 78 Jahre, Z. n. operativen Abdominaleingriff und Langzeitbeatmung, ist mit
einer Magensonde versorgt. Beim Kostaufbau treten zunehmend Schluckprobleme
R. Nusser-Müller-Busch:
Schluckstörungen auf der Intensivstation: Atmen und Schlucken – eine vitale Beziehung
Swallowing disorders in the ICU: Breathing and swallowing – a vital relationship
auf, er nimmt kaum Nahrung zu sich. In der
logopädischen Eingangsuntersuchung des
wachen, geschwächten Patienten zeigen
sich verlangsamte, nicht komplette Kehlkopfbewegungen. Die Schluckfrequenz ist
reduziert. Herr F. bejaht die Frage der Logopädin, ob er Schmerzen beim Schlucken habe. Sie vermutet eine mechanische Irritation
durch die Magensonde. Im Schluckkonsil
mit dem HNO-Arzt wird diese Hypothese
endoskopisch bestätigt. Die Magensonde
reibt beim Schlucken am rechten Aryknorpel, dieser ist gerötet und ödematös.
Schmerzbedingt vermeidet Herr F. das
Schlucken. Der Speichel läuft an der Magensonde entlang direkt in den Kehlkopf.
Damit Schlucken wieder möglich wird,
muss aus Sicht der Untersucher die Magensonde entfernt werden, um die fortgesetzte mechanische Reizung an den
laryngealen Strukturen zu unterbinden
und deren Abschwellen zu ermöglichen.
Dies erfordert eine alternative Ernährungsform für die nächsten Tage, da
Herr F. aufgrund der Kraftminderung
und noch bestehender Vigilanzschwankungen nicht sofort vollständig oral ernährt werden kann.
Wie so oft besteht beim symptomorientierten Lösen von Problemen (hier:
Ernährung via Magensonde) die Gefahr,
dass sich neue bzw. zusätzliche Probleme entwickeln (Schwellung des Aryknorpels). Einen Ausweg gibt es erst
dann, wenn es gelingt, kausale Zusammenhänge zu identifizieren und sie an
einer Stelle zu durchbrechen. Nach einer
ersten Reaktion („Aber er braucht die
Magensonde noch …“) ergibt die Beratung aller Beteiligten folgende kreative
Zwischenlösung: Vorübergehende parenterale Ernährung, parallel dazu
Schlucktraining und das häufige Anreichen kleiner Mengen hochkalorischer
passierter Kost.
Sind mehrere dieser therapeutischen Hilfsmittel gleichzeitig im Einsatz, entsteht ein hohes Problempotenzial für eine suffiziente Schluckfähigkeit. So wird z. B. bei Halsmarkverletzungen die HWS operativ in einer Position stabilisiert, in der der Bewegungsspielraum für die zum Schlucken notwendige hochzervikale Flexion der
Kopfgelenke eingeschränkt oder unmöglich wird. In Kombination mit einer
Cervikalorthese (Miami J Collar), einer
Magensonde und u. U. einer geblockten
Trachealkanüle kann das Schlucken und
somit der Transport durch den Rachenraum in seiner Geschwindigkeit gestört
werden. Schafft es der Patient nicht, sich
an die Situation zu adaptieren und entsprechend zu kompensieren, landet das
Fehlgeleitete in den Luftwegen statt in
der Speiseröhre.
9
Pharynx sichtbar werden. Sedativa und
Neuroleptika können Einfluss auf die
Reaktionsfähigkeit und die Bewegungsfähigkeit (auch) der am Schlucken beteiligten Muskulatur haben.
Folgen erschwerter
Mundhygiene
Intubation und
Trachealkanülen
Skoretz et al. [13] fanden in ihrem Review eine große Variationsbreite der Inzidenz für Dysphagien nach endotrachealer Intubation (3–83 %). El Solh et
al. [14] konnten mit einer FEES-Untersuchungen (2, 5, 9, und 14 Tage danach)
zeigen, dass Patienten aller Altersstufen
in diesem Zeitraum Speichel aspirierten
(52 % der Patientengruppe > 65 Jahre vs.
36 % der unter 65-Jährigen). Bei 13 %
der älteren Patientengruppe persistieren
die Schluckprobleme über 2 Wochen.
Nur der funktionelle Status vor Beginn
der Intensivbehandlung bei den untersuchten Patienten war die einzig signifikante Determinante, die die Rückbildung der Schluckstörungen nach Intubation zu beeinflussen schien. Die Autoren empfehlen daher die FEES-Untersuchung besonders für ältere Intensivpatienten.
Durch Endotrachealtuben und /
oder Trachealkanülen verursachte Schäden an der Trachea (Knorpeleinbrüche,
tracheo-laryngeale Fisteln etc.) können
zu schwerwiegenden respiratorischen
Komplikationen, zum Scheitern einer
Extubation und permanenter stiller
Aspiration führen [15, 16]. Das Verständnis für den Umgang mit Trachealkanülen in Kombination mit Schluckstörungen, die dadurch bedingten funktionellen Auswirkungen und Einschränkungen sind nach Ansicht von Seidl et
al. [17] noch nicht weit verbreitet.
Medikamentennebenwirkungen
Medikamente können den Speichelfluss
minimieren (z. B. Psychopharmaka)
oder erhöhen (z. B. Haloperidol). Bei Delir schränken therapeutisch eingesetzte
Medikamente, wie Haloperidol, die Vigilanz und somit die Schluckfähigkeit und
-frequenz weiter ein. Endoskopisch können dabei massive Speichelmengen im
Bei geschwächten, hospitalisierten Patienten mit neurogenen und stressbedingten Störungen der Kieferöffnung,
Beißreaktionen oder Störungen des
Mundschlusses ist die Mundhygiene erschwert und wird täglich zu einer
Herausforderung [8, 18]. Liegt eine
Schluckstörung vor, können pathogene
orale Mikroorganismen und Zungenbelag mit Speichel vermengt in die unteren Atemwege aspiriert werden und pulmonale Komplikationen auslösen.
Teambasiertes Vorgehen auf
der ITS
Herkömmliche logopädische Untersuchungs- und Therapieansätze [1], die die
kognitive und aktive Mitarbeit des Patienten erfordern, sind auf der Intensivstation nur bedingt einsatzfähig. Strukturen in der Mundhöhle und Bewegungsabläufe können oft nicht beurteilt
werden, wenn z. B. der Patient nicht
wach genug ist und / oder auf Aufforderung den Mund nicht öffnen kann.
Für ITS-Patienten bietet sich die Therapie des Facio-Oralen Trakts (F.O.T.T. ) an,
ein ursprünglich für neurologische Patienten entwickelter alltagsorientierte
Ansatz, bei dem die Patienten nicht
wach sein und / oder verstehen können
müssen. Die F.O.T.T. ist nicht nur auf die
Behandlung der Dysphagie, sondern auf
die fazio-oralen Funktionsstörungen
ausgerichtet. Diese werden durch Faktoren wie Vigilanz, gesamtkörperliche Bewegungsfähigkeit, Atmung, Stellung des
Schultergürtels, der Nacken- und Kopfstellung beeinflusst und verursachen
Probleme beim Kauen, Essen, Trinken,
Schlucken, Sprechen und bei der Mundhygiene.
Das Vorgehen wird an den Bedürfnissen des Patienten ausgerichtet. Die
mit ihm arbeitenden Berufsgruppen,
wie Pflege, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden etc., steuern ihre Expertise zur Verbesserung seiner Aktivitäten
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R. Nusser-Müller-Busch:
Schluckstörungen auf der Intensivstation: Atmen und Schlucken – eine vitale Beziehung
Swallowing disorders in the ICU: Breathing and swallowing – a vital relationship
des täglichen Lebens bei. Auch ein Trachealkanülen-Management (TKM) wird
hier einbezogen. Der therapeutisch begleitete Prozess der Entwöhnung von
der Kanüle ist nicht nur auf die Anpassung der Atmung ausgerichtet, sondern
auch auf die Verbesserung der Schluckund Sprechfähigkeit [19, 20, 21, 22].
Der klinischen, alltagsorientierten
Untersuchung im Rahmen der F.O.T.T.
geht immer ein Gespräch mit den Pflegenden voraus, die aufgrund des kontinuierlichen Kontakts zum Patienten
für die Therapie zielführende Informationen weitergeben können. In der klinischen Befunderhebung werden mit
„hands on“ nicht nur die Probleme, sondern auch die Fähigkeiten und das Potenzial des Patienten ermittelt. Die Hände des Therapeuten werden gezielt eingesetzt, um Stabilität z. B. für den Rumpf
oder den Kiefer zu geben und / oder
Arm- und Handbewegungen zu führen.
Aufgrund des reduzierten Allgemeinzustandes und der oft multiplen
medizinischen Probleme der Intensivund Akutpatienten ist das Schlucken
von Nahrung oft noch gar nicht möglich, obwohl diese Fragestellung sehr
häufig an die Schlucktherapeuten herangetragen wird. Bevor das Schlucken
von Nahrung geprüft werden kann,
muss die dringlichste Frage geklärt werden: Wie sicher ist das Schlucken von
Speichel (Qualität) und über welchen
Zeitraum (Quantität)? Aspirationen
können „still“ ablaufen. Sie werden
nicht von Hustenreaktionen begleitet
und sind klinisch nur an den Atemirritationen zu bemerken.
Das Augenmerk richtet sich immer
auch auf die Beurteilung der Qualität
(Vollständigkeit und zeitliches Zusammenspiel) der von außen sichtbaren Bewegungen beim Schluckvorgang, auf die
Quantität (Frequenz / Minute) und auf
die Atem-Schluck-Koordination (s. u.).
Verändern sich Atmung und Stimme
nach dem Schlucken? Klingt die Stimme
feucht / gurgelig, weil Speichel, Sekret
oder Nahrung auf den Stimmbändern
liegt?
Um diese Fragen beim Patienten beurteilen zu können, müssen die Teammitglieder sich differenziert mit dem
Schluck- und Atemvorgang auseinandersetzen und sich selbst und andere
beobachten (Selbsterfahrung als Methode).
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
Das Normale kennen
Wir schlucken in ruhigen, wachen Phasen 1–2mal / Minute automatisiert unseren Speichel. Bei Nahrungsaufnahme
steigt die Frequenz. Die Angaben in der
Literatur
schwanken
zwischen
580–2000mal / 24 Stunden [1]. Im Schlaf
sind schluckfreie Phasen von 20 Minuten
bekannt [23]. Ohne Speichel ist Schlucken kaum möglich. Voraussetzung ist,
dass das zentrale Nervensystem intakt ist
und keine schwerwiegenden organischen Probleme, wie Paresen oder Resektionen an der Zunge, im Pharynx oder
Larynx vorliegen. Ein Mindestmaß an Situationsverständnis, an Bewegung und
Koordination im Schlucktrakt müssen
für die willentliche Steuerung der präoralen und oralen Phase gegeben sein. Im Alter kann unter anderem durch den Elastizitätsverlust der Strukturen die Schluckfähigkeit nachlassen (Presbyphagie) [24].
„Schlucken ist das Ergebnis kombinierter Kräfte, die den Bolus in den Magen befördern und ihn dabei aus den Luftwegen heraushalten.“ [9]
Dieses Schluckmodell betont das Zusammenspiel von Atmung und Schlucken.
Schlucken ist bei intakten Strukturen nur
dann erfolgreich, wenn Bewegung und
Atmung zeitlich sowie ausreichend
schnell koordiniert werden können.
Schlucken ist nicht alleine die Bewegung,
die den Bolus in den Magen befördert.
Erst mittels des dabei auftretenden Atemstopps, bei dem sich die Stimmbänder
annähern oder schließen, und der dadurch entstehenden Druckveränderungen im Mund- und laryngo-pharyngealen Raum wird der Bolus über den gesenkten Kehldeckel, der sich schützend
über den Kehlkopfeingang legt, in Richtung Ösophagus gelenkt.
Im Rahmen der Dysphagietherapie
können daher auch atemtherapeutische
Maßnahmen (z. B. die Elastizitätsförderung des Diaphragmas und der Atemhilfsmuskulatur [25]) dazu beitragen, die
Ausatmung zu verlängern und Pausen zu
ermöglichen, in denen das Schlucken
suffizient ablaufen kann.
steuerte
Atem-Schluck-Koordination
wird flankiert von körpereigenen Schutzmechanismen, die bei Verschlucken z. B.
von Nahrung durch Husten und Räuspern die oberen Atemwege reinigen. Das
Expektorat wird danach geschluckt oder
ausgespuckt [26].
Der Organismus muss also in der Lage
sein, die Atmung während des Schluckens
ausreichend lang unterbrechen zu können.
Ist dies nicht möglich, kommt es zu Dyspnoen, zu einer Vernachlässigung des Schluckens zugunsten der wichtigsten Vitalfunktion, dem Atmen. Speichel kann dabei unkontrolliert in die geöffneten Atemwege laufen
und aspiriert werden.
Störungen der
Atem-Schluck-Koordination
Patienten mit neurogenen Schluckstörungen zeigen häufig eine Störung der
Atem-Schluck-Koordination mit einem
Einatmen nach dem Schlucken [27]. Der
dabei entstehende Sog zieht fehlgeleitete
Nahrungsreste und v. a. Speichel in die
unteren Atemwege. Bei (langzeit)beatmeten Patienten wird die Atmung unter
Ausschaltung des Rachens und des Kehlkopfes über die Trachealkanüle umgeleitet. Die von der Medulla oblongata gesteuerte Atem-Schluck-Koordination ist
dadurch verändert. Die künstliche Atemluft nimmt einen anderen als den physiologischen Weg; die Beatmungsdrücke und
Rhythmen sind nicht körpereigen angepasst, sondern von außen vorgegeben. Es
kommt zu einer Beeinträchtigung der
Sensibilität im Larynx, der Schluckauslösung und der Schutzmechanismen [28].
Patienten nach tumorbedingten Resektionen im Pharynx oder Larynx, z. B.
nach horizontalen Teilresektionen mit
Entfernung der Epiglottis, zeigen postoperativ ebenfalls zum Teil ein ausgeprägtes Aspirationsrisiko. Hier ist der
Grund nicht in der zentralen Koordinationsstörung zu suchen, sondern vielmehr
in der operativen Entfernung eines Teils
des Zungengrundes, der normalerweise
den Bolus in Richtung Speiseröhre drückt
und die Epiglottis über den Larynx kippt.
Atem-Schluck-Koordination
Schlucken unterbricht die Atmung. Der
Atempause folgt bei den meisten gesunden Menschen reflektorisch ein Ausatmen. Die in der Medulla oblongata ge-
Fazio-orale Sequenzen
beobachten lernen
In der Beobachtung und Beurteilung des
Schluckvermögens ist es sinnvoll, nicht
R. Nusser-Müller-Busch:
Schluckstörungen auf der Intensivstation: Atmen und Schlucken – eine vitale Beziehung
Swallowing disorders in the ICU: Breathing and swallowing – a vital relationship
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vom „Schluckakt“ auszugehen, sondern
vielmehr die fazio-oralen Aktivitäten als
Sequenzen zu analysieren, die sich im
Laufe eines Tages hinweg abwechseln.
Diese Aktivitäten werden unterbrochen
durch die vitalen Funktionen Atmen
und Speichelschlucken (Abb. 1).
Viele Sequenzen können beobachtet
werden:
Schlucken nach Husten / Räuspern,
Niesen, Gähnen, Ausspucken, in Sprechund Singpausen und beim Zähneputzen,
beim Gehen, etc. ….
Es gilt herauszufinden, wann der Patient in seinem aktuellen Alltag schluckt
oder versucht zu schlucken. Nach diesen
zu erwartenden Bewegungsreaktionen
(oder ihrem Ausbleiben) kann gezielt gesucht werden, um sie zu analysieren und
zu fördern.
Weiteres Vorgehen
Die eingeschränkten Möglichkeiten des
Patienten zur physiologischen „Selbststimulation“ können zu sensorischer
Deprivation im fazio-oralen Trakt und
zu einer Reduktion von Bewegungen
oder aber zu Überreaktionen wie festem
Kieferschluss und Beißreaktionen führen. In basalen Alltagssituationen werden mit Stimulationstechniken fazioorale Bewegungen angebahnt, gefördert
und Schluckhilfen eingesetzt, die Bewegungsantworten des Patienten elizitieren (= hervorlocken) und fazilitieren (=
erleichtern) können.
Umlagern, Drehen, Aufsetzen eines
Patienten bieten hervorragende Möglichkeiten, orale Reaktionen auszulösen
und sie therapeutisch zu nutzen. Während der Bewegungen verändert auch
der in der Wange gesammelte, nicht geschluckte und inzwischen nicht mehr
gespürte Speichel seine Position. Er wird
dadurch wieder wahrgenommen und
löst orale Reaktionen aus, die therapeutisch mit einer manuellen Hilfe in ein
Schlucken überführt werden können.
Diverse internationale Studien weisen
auf die Notwendigkeit einer adäquaten
Mundhygiene zur Pneumonieprophylaxe hin [29, 30]. In der F.O.T.T. dient die
Mundhygiene auch zur Problemanalyse
und zur Anbahnung physiologischer Bewegungsabläufe, wie Schlucken und
Ausspucken von Wasser etc. [8].
Im weiteren Verlauf werden zur Anbahnung und Verbesserung von Kiefer-,
Abbildung 1 Die fazio-oralen Funktionen: Die fazio-oralen Funktionen wechseln sich koordiniert ab (Pfeile). Sie passen sich kontextabhängig an die jeweilige Aktivität und an. (Entnommen aus [26], mit freundlicher Genehmigung des Springer-Verlages GmbH)
Zungen- und Schluckbewegungen vorerst kleine Nahrungsmengen, z. B.
kleinste Mengen Obstmus (1/3 Teelöffel
/ Tag) angereicht. Kauen kann zu gegebener Zeit mit Apfelstückchen in feuchter Gaze angebahnt werden. In Gaze
deshalb, damit die zerbissenen Teile wieder kontrolliert aus dem Mund geholt
werden können anstatt verschluckt zu
werden. Das Wegschlucken des im
Mund verbliebenen Saftes kann dann
mit einer taktilen Schluckhilfe, z. B. am
Mundboden, unterstützt werden.
Kann der Patient die Transport- und
Schluckbewegungen in der Therapie
wieder abrufen, wird im Team geklärt,
wie oft im Tagesverlauf kleine Nahrungsmengen mit nun sicher zu bewältigenden passierter Konsistenz freigegeben werden. Das mehrmalige Anbieten
kleiner Mengen im Laufe des Tages fußt
auf therapeutischen Überlegungen: Die
einsetzenden Schluckbewegungen werden dabei in Bewegungsausmaß und
Ausdauer wiederholt trainiert. Dadurch
kann auch mehrmals am Tag die Aufmerksamkeit und die Motivation des Patienten gefördert werden.
Eine FEES sollte bei Bedarf und im
Idealfall gemeinsam von einem HNOArzt, einem Schlucktherapeuten und im
Beisein eines zuständigen Pflegenden
durchgeführt werden. Strukturelle Schädigungen und Funktionsstörungen im
Oropharynx, Larynx und besonders der
intrapharyngeale Umgang mit Speichel
und Residuen können elektronisch aufgezeichnet und ausgewertet werden. Die
Schlussfolgerungen werden dann gemeinsam diskutiert. Ziel der Untersuchung ist es, Aspirationen (oder Tumore) auszuschließen und den Pathomechanismus der Schluckstörung zu
verstehen. Dann kann das Ernährungsmanagement eingeleitet und das weitere therapeutische Vorgehen (auch
über den Intensivaufenthalt hinaus) beschlossen werden.
Im Anschluss müssen die Frage „orale Nahrungszufuhr vs. orale Nahrungskarenz“ (nihil per os [NPO]) oder eine
vorläufige, diätetisch angepasste Ernährungsform gemeinsam mit den Ärzten
und Pflegenden der Intensivstation besprochen werden, damit die Empfehlung des Konsiliardienstes nicht mit an© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
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R. Nusser-Müller-Busch:
Schluckstörungen auf der Intensivstation: Atmen und Schlucken – eine vitale Beziehung
Swallowing disorders in the ICU: Breathing and swallowing – a vital relationship
deren aktuellen medizinischen / pflegerischen Konstellationen kollidieren.
Zwischen den Polen „oral“ und „NPO“
sind Zwischenstufen hilfreich:
• Welche Konsistenzen können – in welcher Menge, wie oft am Tag – sicher bewältigt werden?
Ein diätetisch angepasstes Kostangebot kann initial einen Einstieg ermöglichen [31]. Erfahrungsgemäß ist bei Intensivpatienten zu Beginn breiige Kost
oft das Mittel der Wahl. Passierte Kost
fließt langsamer als Flüssigkeiten und ist
leichter zu bewältigen. Im Gegensatz
zum Kauen mit seinem komplexen Zusammenspiel rotierender Kiefer- und
Zungenbewegungen
erfordert
das
Schlucken passierter Kost „nur“ die
Rückwärtsbewegung der Zunge (ähnlich
der Zungenbewegung beim Speichelschlucken oder wenn wir „n-ga“ sagen).
Flüssigkeiten können mit Geliermitteln angedickt werden, die auf der Intensivstation vorrätig sein sollten ebenso wie
verschiedene breiige Speisen z. B. Joghurts, Obstmus, Pudding und Götterspeise, so dass unterschiedliche Vorlieben
bedient werden können. Oft bringen Angehörige zu gegebener Zeit auch gerne
Suppen oder Lieblingsspeisen mit; gibt es
ihnen doch das Gefühl, einen aktiven
Beitrag zur Genesung beitragen zu können. Schluckprotokolle ermöglichen eine
Einschätzung über einen zurückliegenden Zeitraum, die dann zu Änderungen
im Therapieregime führen können [32].
Voraussetzungen für orale Nahrungsgaben werden in Tabelle 2 dargestellt.
Trachealkanülen – Schlucken
und Schutz
Der Ausatem ist Wächter und Initiator der
Schluckreaktion. Mit dem Ausatmen werden Residuen und Essensreste im Rachen
oder Kehlkopf aufgespürt und anschließend
weggeschluckt oder ausgespuckt.
Damit der Patient wieder Alltagsund Kommunikationskompetenz aufbauen kann, werden in der F.O.T.T. als
wichtigste Ziele in den Phase A und B
(Frührehabilitation) das Anbahnen und
Wiederherstellen des sicheren Speichelschluckens als Voraussetzung für die Dekanülierung bei stabiler Atemsituation
gesehen.
In der Langzeit- und Dauerbeatmung erleichtern Trachealkanülen das
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Voraussetzungen für orale Nahrungsgaben
Wachheit
Situationsverständnis
orale – und Kehlkopfbewegungen (von außen sichtbar)
Speichel wird sicher geschluckt
vorhandene Stimmproduktion / klarer Stimmklang
vorhandene Reinigungsmechanismen (Husten / Räuspern) mit produktivem
Sekrettransport und Nachschlucken
möglichst aufrechte Sitzposition (ggf. unterstützt)
Tabelle 2 Voraussetzungen für orale Nahrungsgaben
Weaning und die Bronchialtoilette; sie
sind notwendig bei Dysphagien mit
fortgesetzter Aspiration. Die Auswahl
des Tracheotomieverfahrens (chirurgisch oder dilatativ) kann das weitere
Atemwegsmanagement
und
die
Schluckrehabilitation maßgeblich beeinflussen [16]. Bei vorliegender oder
vermuteter Schluckstörung, aber auch
bei prognostisch langwierigen Verläufen, ist die Anlage einer Dilatationstracheotomie nicht sinnvoll [17].
Inwieweit die Blockung einer Trachealkanüle Einfluss auf die Schluckfrequenz hat, wird kontrovers diskutiert. In
der F.O.T.T. wird durch das Entblocken
und den Einsatz eines Sprechaufsatzes
die Exspiration wieder physiologisch
über den Larynx und Rachen geleitet.
Dadurch wird u. a. die Sensibilität wieder hergestellt, die Schluckantworten ermöglicht und somit die Kontrolle beim
Schlucken verbessert. Eine Erhöhung
der Schluckfrequenz kann die Folge sein
[33].
Das erste Entblocken sollte von erfahrenen Teammitgliedern übernommen werden. Bei Patienten mit qualitativ und quantitativ eingeschränkten
Schluckbewegungen sollte dies gemeinsam mit einem Schlucktherapeuten erfolgen. Mit einem Sprechaufsatz wird
der Ausatemweg wieder physiologisch
über Kehlkopf und Rachen geleitet und
kann Fehlgeleitetes aufspüren und eine
Schluck- oder Hustenreaktion einleiten,
die therapeutisch unterstützt werden
können. Ziel ist, dass sich das Speichelschlucken automatisiert und sich
gleichzeitig die Atemmechanik an den
nun wieder physiologischen, aber längeren Atemweg langsam adaptieren
kann.
CAVE:
Bei Einsatz des Sprechaufsatzes
muss immer sichergestellt werden,
dass die Ausatmung über den Rachen, Mund (und Nase) nicht behindert ist!
• Es kann zu einem lebensbedrohlichen Ausatemstau kommen, wenn
Sekret, Granulationen oder eine zu
große Kanüle die Trachea und den
Ausatemweg verlegen.
• Das Auftreten von Schluckreaktionen heißt per se nicht, dass das
Schlucken sicher abläuft! Diverse
Störungen, wie Zungen-, Pharynxoder Stimmbandparesen oder eine
Störung der Atem-Schluck-Koordination, können zu Aspirationen
führen.
• Treten während des Entblockens
keine Schluckreaktionen auf, sind
die Atemwege ungeschützt. Es besteht Aspirationsgefahr.
•
Erst wenn Schluckreaktionen regelmäßig und anhaltend beobachtet werden, können die Intervalle einer entblockten Trachealkanüle ausgedehnt
werden. Frank et al. [34] konnten zeigen,
dass seit der Einführung des interdisziplinären F.O.T.T.-Trachealkanülen-Management im Rehab Basel (Zentrum für
Querschnittgelähmte und Hirnverletzte, Schweizerisches Paraplegikerzentrum Basel) die schwer schädelhirnverletzten
Frührehabilitations-Patienten
R. Nusser-Müller-Busch:
Schluckstörungen auf der Intensivstation: Atmen und Schlucken – eine vitale Beziehung
Swallowing disorders in the ICU: Breathing and swallowing – a vital relationship
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signifikant schneller von den Kanülen
entwöhnt werden konnten als im Zeitraum vor deren Einführung.
Essen mit geblockter /
ungeblockter Kanüle – eine
ewige Streitfrage?
Aspiration bezeichnet das Eindringen
von Fremdmaterial (Speichel, Nahrung,
Magensaft, Kontrastmittel oder Fremdkörper) unterhalb der Stimmbänder in
die unteren Atemwege. Auf dem Cuff
liegendes Sekret oder Nahrungsreste
sind also bereits fehlgeleitet und aspiriert! Damit der Patient wieder das Normale einüben kann, sollten nach dem
F.O.T.T.-Verständnis erste orale Gaben
bei nicht geblockter Trachealkanüle mit
Sprechaufsatz durchgeführt werden
(vgl. Tab. 2); nur so können Aspirationen und Atemturbulenzen sofort vom
Therapeuten oder Essensgeber bemerkt
werden. Er kann aufhören, Essen zu reichen, die Situation analysieren und seine Hilfen anpassen: z. B. die Lagerung
des Patienten oder die Konsistenz der
Nahrung ändern und / oder längere Pausen zwischen den einzelnen Anreichungen einhalten.
Dekanülierung – überlegt
und strukturiert
Eine Dekanülierung wird nicht erfolgreich sein, solange die Schluck- und
Schutzreaktionen, die Atem-SchluckKoordination und die Atemzugmechanik noch nicht suffizient sind. Das Modell „Schutz der unteren Atemwege“ ermöglicht dem Team, die notwendigen
Faktoren und ihr Zusammenspiel gemeinsam abzuwägen (Abb. 2).
Die Schluckfähigkeit setzt sich zusammen aus einer zeitgerechten Auslösung des Schluckens und dem erfolgreichen Ankommen des Bolus im Magen. Die Abwehrmaßnahmen wie Husten, Räuspern und der Sekrettransport
Abbildung 2 Modell: Schutz der unteren Atemwege (Modifiziert nach [17], mit freundlicher
Genehmigung des Springer-Verlages GmbH)
aus den unteren Atemwegen müssen effizient sein. Ein erfolgreiches Zusammenspiel erfolgt nur auf der Basis eines
suffizienten Allgemeinzustandes, bei
ausreichender Vigilanz, Koordinationsfähigkeit und situativer Anpassungsfähigkeit der Atmung, des Tonus und
der Haltung.
Besonders bewährt hat sich das Modell für Entscheidungsprozesse zur Dekanülierung bei Patienten mit Hirnschädigungen und hohen Querschnittverletzungen [35, 36]. Bei Patienten mit kompletten Halsmarklähmungen sind das
produktive Abhusten und die zum Husten notwendige Bauchpresse aufgrund
der Thoraxlähmung nicht ausreichend.
Viele Tetraplegiker brauchen deshalb lebenslang einen Zugang zum Absaugen,
der zwar nur gelegentlich, dann aber umso dringender gebraucht wird, wenn die
manuelle Sekretmobilisation versagt [37].
nagement und die Bereitschaft, Neues
zu lernen.
In Bezug auf die fazio-oralen Sequenzen ergeben sich im Laufe des Tages
viele interdisziplinäre Schnittstellen. In
gemeinsamen Schulungen und im gemeinsamen Tun können individuelle
atem- und schluckfördernde Lagerungen und Alltagshilfen für den Patienten
entwickelt werden. Diese sollten dann
zu jeder Zeit therapeutisch von allen Beteiligten (ggf. auch von den Angehörigen) eingesetzt werden, bis die Patienten sie im Laufe der Zeit wieder selbstständig mit der nötigen Kraft, Ausdauer
und Frequenz ausführen können.
Auch das von Nydahl et al. [39] ausgegebene Motto „Wake up, breath, mobilize“ könnte kreativ um einen wichtigen
Punkt ergänzt werden: „Wake up, breath,
mobilise and swallow”! Denn auch beim
Gehen muss man schlucken!
Gemeinsam vorgehen
Interessenkonflikt: Die Autorin Frau
Nusser-Müller-Busch erklärt, dass keine
Interessenkonflikte bestehen.
Da standardisierte Vorgehensweisen zur
Dysphagie bei Intensivpatienten fehlen,
schlägt Heffner [38] ein teambasiertes
Vorgehen vor (Plan-Do-Study-Act), ein
projektbezogenes, reflektiertes Lernen
aus Erfahrung. Das erfordert den Willen
zur Kommunikation, Planung, Zeitma-
Weitere Informationen zum Thema
finden Sie auf den Internetseiten
www.formatt.org,
www.schlucksprechstunde.de,
www.manuelle-schlucktherapie.de
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Schluckstörungen. Diagnostik und Rehabilitation. München: Elsevier/Urban
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WISSENSCHAFT / RESEARCH
1
Übersicht / Review
15
2
P. Gretenkort , P. Thomas
Einsatzbereitschaft von
Klinik-Mitarbeitern unter
Eigenrisiko
Willingness of hospital staff to report to
work in personal risk situations
Dr. med. Peter Gretenkort ist Facharzt für
Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und spezielle Schmerztherapie.
Er ist Chefarzt am Allgemeinen Krankenhaus
Viersen und Mitglied der Sektion Ethik der
DIVI.
In Katastrophensituationen mit angenommenem oder
tatsächlich bestehendem Eigenrisiko gibt es ernst zu
nehmende Beweggründe, welche Klinik-Mitarbeiter aller Berufsgruppen potenziell vom Dienst abhalten. Die differenzierte Bewertung von Einflussgrößen und Motiven eröffnet
Potenziale, die Bereitschaft der Mitarbeiter zu steigern, um
im Einsatzfall mit einer breiten Personaldecke arbeiten zu
können. Zu den möglichen Schritten zählen Sicherheitsmaßnahmen für Mitarbeiter und deren Angehörige, aber vor allem auch die Verbesserung von Ausbildungs- und Trainingsstand und die Entwicklung der ethischen Grundhaltung von
Mitarbeitern und Führungskräften. Eine frühzeitige und nach
verschiedenen möglichen Szenarien differenzierte Vorbereitung ist erforderlich.
Foto: Privat
Hospital staff may have serious reasons for not reporting to
work under personal risk conditions during a catastrophe.
The assessment of the determining factors of staff motivations can lead to measures that will increase willingness to
report into work. This is vital in order to provide full staffing
in a critical situation. One such measure would be the improvement of personal security for employees and their
relatives. But on the front line, the development of issue-related education, skills training and strong ethics in coworkers and executives is key. Robust preparations which are
differentiated for a variety of different scenarios should be
implemented at an early stage.
Keywords: pandemic preparedness; duty to care; willingness
to report; ethical issues
Schlüsselwörter: Pandemieplanung; Behandlungspflicht;
Arbeitsbereitschaft; ethische Aspekte
Zitierweise
Gretenkort P, Thomas P: Einsatzbereitschaft von Klinik-Mitarbeitern unter Eigenrisiko. DIVI 2013;4:15-20.
DOI 10.3238/DIVI.2013.0015-0020
“If I can’t work in such situations, what am I here for? Answering e-mails,
going to cocktail parties and pushing paper?”
(Carlo Urbani 1956–2003)3
1
2
3
Institut für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Allgemeines Krankenhaus Viersen GmbH
Klinik für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin, Medizinisches Zentrum Städteregion Aachen GmbH
Dr. Urbani arbeitete als Epidemiologe für die WHO in Vietnam, von wo aus er im Februar 2003 die WHO über ein neuartiges Krankheitsbild mit noch unbekanntem Erreger
und schweren Verläufen informierte. Nur einen Monat später starb er selbst an dieser Erkrankung, die inzwischen den Namen SARS erhalten hatte.
© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
16
Einleitung
Zu den besonderen Herausforderungen
für die Gesundheitsversorgung einer Region gehören saisonal typische Umweltereignisse wie tropische Wirbelstürme,
Schneestürme und Überschwemmungen, aber auch technische Großschadenslagen und die Auswirkungen terroristischer Anschläge oder militärischer
Übergriffe. Diesen unterschiedlichen
Szenarien ist gemeinsam, dass die Infrastruktur der stationären und ambulanten Versorgung beeinträchtigt sowie die
Sicherheit der Mitarbeiter gefährdet sein
kann.
Die Gesundheitssysteme Mitteleuropas haben in den letzten Jahrzehnten nur punktuelle und umschriebene
Erfahrungen in Krisensituationen machen müssen. Meist war die Gesundheitsversorgung der direkt Betroffenen
wie auch der Gesamtbevölkerung nicht
über längere Zeit in Frage gestellt. Erst in
jüngerer Zeit wird anhand von vorhergesagten Epidemie- und Pandemie-Szenarien deutlich, dass auch hier die Auseinandersetzung mit Situationen stattfinden muss, in denen lokale und regionale Behandlungsressourcen wie auch
ethische Auffassungen an ihre Grenzen
geführt werden können.
In Planungen für Großschadenslagen und Katastrophen wird angenommen, dass es möglich sei, die personelle Besetzung von Krankenhäusern kurzfristig zu erweitern. Es gibt jedoch seit langem Hinweise darauf,
dass in Abhängigkeit vom angenommenen oder tatsächlichen persönlichen Risiko des eingesetzten Personals
eine Rekrutierung im Krisenfall nicht
selbstverständlich ist. Die Beweggründe, welche Mitarbeiter potenziell vom
Dienst abhalten, sind durchaus ernst
zu nehmen. Für die Krankenhäuser ergibt sich die Aufgabe, mögliche Hinderungsgründe zu erkennen und womöglich zu beseitigen, damit im Einsatzfall mit voller Belegschaft gearbeitet werden kann.
Erkenntnisse über die Bereitschaft
von Mitarbeitern des Krankenhauses zur
Arbeit unter Eigenrisiko wurden in den
vergangenen Jahrzehnten durch Befragungen von potenziell betroffenen Mitarbeitern des Gesundheitswesens im
zeitlichen Kontext von realen Bedrohungen gewonnen. Es lassen sich dabei
verschiedene Phasen unterscheiden.
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
P. Gretenkort, P. Thomas:
Einsatzbereitschaft von Klinik-Mitarbeitern unter Eigenrisiko
Willingness of hospital staff to report to work in personal risk situations
Episodische Erkenntnisse vor
„9–11“
Bereits im Jahr 1991 wurde in Israel eine
landesweite Befragung von Krankenhaus-Mitarbeitern durchgeführt, in deren Fokus die Dienstbereitschaft bei einem Raketenangriff stand. Das Land lag
während des zweiten Golfkriegs mehrere
Wochen unter Raketenbeschuss. Es zeigte sich, dass unter dem vorgestellten Szenario ohne weitere Vorkehrungen nur
weniger als die Hälfte der Antwortenden
ihren Dienst aufnehmen würden, während unter der Gewährleistung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen diese Rate
auf fast 90 % hätte gesteigert werden können. Als dienstbereit beschrieben sich
überwiegend Männer, Personen mit Führungsaufgaben sowie Eltern von Kindern
über 14 Jahren. Zwischen den zehn befragten Krankenhäusern wurden erhebliche Unterschiede deutlich, woraus die
Notwendigkeit abgleitet wurde, die Mitarbeiterbereitschaft in jedem Haus vor
der Erstellung von Alarmplänen differenziert zu erfassen [1].
Eine amerikanische Untersuchung,
durchgeführt unter dem Eindruck von
Hurricane „Floyd“ (1999), einem der folgenreichsten Wirbelstürme der letzten
Jahrzehnte, zeigte auf, dass die Mitarbeiter sich neben der eigenen Sicherheit am
Arbeitsplatz vor allem auch um die Sicherheit ihrer Familien und ihrer Haustiere sorgten. Auch hier gab es große Unterschiede innerhalb der Belegschaft bei
der Bereitschaft, in einer Katastrophensituation zur Arbeit zu kommen. Die
Teilnehmer der Befragung erwarteten
neben einer arbeitsvertraglichen Berücksichtigung des erhöhten Risikos vor
allem auch direkte Unterstützung für
Versorgung und Sicherheit der Familie
durch das Krankenhaus [2].
Systematische
Untersuchungen nach „9–11“
Nach dem 11. September 2001 zielten
Untersuchungen zur Mitarbeiterbereitschaft zunächst auf den Vergleich verschiedener Katastrophenszenarien. Die
angegebene Einsatzbereitschaft der Befragten war deutlich größer bei einer Naturkatastrophe als bei einem terroristischen Anschlag [3]. 90 % der Befragten
gaben mindestens einen Hinderungsgrund an. Am häufigsten genannt wur-
den die häusliche Verantwortung für
Kinder bzw. Eltern, fehlende Transportmöglichkeiten sowie persönliche gesundheitliche Gründe [4].
Individuelle Motivation und Einschränkungen wurden deutlicher, als in
weiteren Befragungen zwischen der objektiven Möglichkeit sowie der subjektiven Bereitschaft der Mitarbeiter bei verschiedenen Katastrophen-Szenarien differenziert wurde, darunter Großschadens- und Anschlagszenarien, Umweltereignisse sowie Epidemien übertragbarer Erkrankungen. Die objektiven
Möglichkeiten wurden durch die bereits
genannten Kriterien eingeschränkt,
während die subjektive Bereitschaft zusätzlich durch eigene Ängste sowie Sorgen um die Familie beeinträchtigt war.
Die Relation von objektiver Möglichkeit und subjektiver Bereitschaft war von
Szenario zu Szenario unterschiedlich,
wobei die subjektive Bereitschaft mit
zunehmender Ungewissheit über die
Sicherheitslage abnahm. Bei einem angenommenen SARS-Ausbruch betrug die
Bereitschaft lediglich 48 %. Demgegenüber war die objektive Möglichkeit am
deutlichsten bei einem angenommenen
Schneesturm eingeschränkt: Nur 49 %
der befragten Krankenhausmitarbeiter
wären überhaupt in der Lage gewesen, in
einer solchen Situation zur Arbeit zu
kommen. Bei einem Massenanfall von
Verletzten lagen dagegen sowohl subjektive Bereitschaft als auch objektive Möglichkeit deutlich über 80 % [5].
Die Ergebnisse wurden sinngemäß
in einer weiteren Befragung reproduziert. Die Bereitschaft zur Arbeit bei
Umweltkatastrophen reichte je nach
vorgestelltem Szenario von 75 bis 83 %,
während sie bei biologisch-chemisch-radiologischen Einsatzlagen unter 60 %
lag. Ein bemerkenswertes Teilergebnis
war in dieser Befragung, dass 21 % der
Mitarbeiter eine gleichzeitige weitere
Verpflichtung im Rahmen des Katastrophenschutzes angaben [6].
In einer jüngeren, an frühere Untersuchungen angelehnten Befragung war
die subjektive Bereitschaft bei einer radiologischen Gefahrenlage am geringsten, während wiederum die objektiven
Möglichkeiten bei einer angenommenen Naturkatastrophe am meisten
eingeschränkt waren. Je nach Szenario
waren Bereitschaft und / oder Möglichkeit bei bis zu 30 % der Mitarbeiter
nicht gegeben [7].
P. Gretenkort, P. Thomas:
Einsatzbereitschaft von Klinik-Mitarbeitern unter Eigenrisiko
Willingness of hospital staff to report to work in personal risk situations
Unter dem Eindruck einer Serie von
Milzbrand-Anschlägen im Jahre 2001
fokussierten einzelne Untersuchungen
zur Mitarbeiterbereitschaft auf bioterroristische Bedrohungslagen. Unter Mitarbeitern im Bereich der ambulanten
Versorgung wurde für diese Sondersituation übereinstimmend ein schlechter
Ausbildungs- und Kenntnisstand festgestellt, der sich neben anderen Faktoren
negativ auf die Arbeitsbereitschaft im
Einsatzfall auswirkte [8, 9].
An dem weiteren Spezialfall eines
angenommenen „dirty bomb“-Szenarios wurden Haltungen und Überzeugungen der Mitarbeiter mit der individuellen Dienstbereitschaft korreliert.
Mehrere Aspekte wurden deutlich: Mitarbeiter, die auch im Regelfall keine
Überstunden leisten (können), wiesen
geringere Dienstbereitschaft im Einsatzfall auf, ebenso wie Mitarbeiter, die davon ausgingen, dass auch ihre Kollegen
keine Einsatzbereitschaft zeigen, sowie
diejenigen Mitarbeiter, die nicht von der
Wichtigkeit ihrer persönlichen Funktion im Einsatz überzeugt waren [10].
Erkenntnisse vor dem
Hintergrund von Epidemien
und Pandemien
Im zurückliegenden Jahrzehnt prägten
der SARS-Ausbruch 2003 sowie Ausbrüche der Vogelgrippe A/H5N1 in 1997
und 2003 / 2004 und die weltweit mit
höchster Warnstufe der WHO belegte
„Neue Grippe“-Pandemie A/H1N1 in
2009 / 2010 die Diskussion zur Vorbereitung der Krankenhäuser auf hochvirulente übertragbare Erkrankungen. Mehrere Arbeitsgruppen beschäftigten sich
unter quantitativen Aspekten mit der
Frage der Dienstbereitschaft unter dem
Risiko einer Übertragung gefährlicher
Infektionen.
Zwischen 20 und 50 % der Beschäftigten würden womöglich in einer Pandemie-Situation nicht zum Dienst kommen [11, 12, 13, 14]. Auch hier zeigen
Mitarbeiter, die bereits unter Regelbedingungen keine außerplanmäßigen
Dienste übernehmen (können), eine um
den Faktor 17 geringere Bereitschaft in
der Risikosituation gegenüber der Vergleichsgruppe [14].
Die Bereitschaft war insgesamt bei
Ärzten höher als bei Pflegepersonal sowie bei Männern größer als bei Frauen.
Ein wichtiger Aspekt für Mitarbeiter, die
sich bei der Entscheidung unsicher sind,
ist die Frage, ob das Krankenhaus in der
Lage ist, seine Mitarbeiter ausreichend
zu schützen, während eine höhere Entlohnung offenbar nur für wenige Mitarbeiter einen Anreiz darstellen würde
[12].
In einer neueren Untersuchung
zeigten sich 16 % der Mitarbeiter nicht
bereit, bei einer Influenza-Pandemie
den Dienst aufzunehmen, unabhängig
vom Schweregrad der Erkrankung. Je
nach Überzeugung vom Ernst der Lage
einerseits und vom Wirkungsgrad der eigenen Möglichkeiten andererseits variierte die Rate der Dienstbereiten innerhalb der auf diese Weise darstellbaren
Untergruppen um den Faktor 30 [15].
Auch in einer japanischen Befragung, die einen Monat nach dem Gipfel
eines regionalen A/H1N1-Ausbruchs abgeschlossen wurde, fand sich ein Anteil
von 15 % der Mitarbeiter mit ausgeprägter Zurückhaltung gegenüber einer Arbeitsaufnahme unter Pandemiebedingungen. Zu den Faktoren, bei denen sich
die nach ihrer Antwort gruppierten Mitarbeiter bezüglich Motivation bzw. Zurückhaltung am deutlichsten unterschieden, zählte die Einschätzung, wie
effektiv sie von der Politik bzw. vom
Krankenhaus geschützt werden. Bemerkenswert ist, dass eine positive Einschätzung zu diesem Aspekt nur bei 5,7 bzw.
20 % der Mitarbeiter vorlag [16].
Ein Viertel der Ärzte und Pflegekräfte eines deutschen Universitätsklinikums zeigten Verständnis dafür, dass
Mitarbeiter in Gesundheitsberufen ihren Arbeitsplatz verlassen, um sich und
ihre Familien zu schützen. Ein ähnlicher
Anteil vertrat die Ansicht, dass die Mitarbeiter selbst darüber entscheiden sollten, ob sie zur Arbeit kommen oder
nicht. Jedoch waren fast 80 % dagegen,
dass Mitarbeiter, die der Arbeit fern bleiben, entlassen werden sollten. Nur ein
kleiner Teil der Befragten stimmte dem
Vorschlag zu, dass während einer Pandemie in erster Linie Mitarbeiter ohne Kinder zum Dienst herangezogen werden
sollten [17].
In einem anderen deutschen Universitätsklinikum lehnten 14,3 % der
Mitarbeiter (6,1 % der Ärzte, 17,2 % der
Pflegekräfte und 23,7 % der Verwaltungsmitarbeiter) den Arbeitseinsatz
während einer Pandemie ab. Hinzugerechnet diejenigen Mitarbeiter, die
17
aufgrund versorgungspflichtiger Angehöriger oder fehlender Transportmöglichkeiten (bei angenommenem Ausfall
öffentlicher Verkehrsmittel) nicht in der
Lage wären zu kommen, würden 36,2 %
der Mitarbeiter womöglich nicht zum
Dienst erscheinen. Eine ethische Verpflichtung zum Einsatz auch unter Inkaufnahme eines persönlichen Risikos
empfanden 55,5 % aller Befragten und
66,6 % der befragten Ärzte [18].
Aussagekraft bisheriger
Untersuchungen
Episodische Presseberichte belegen, dass
Krankenhaus-Mitarbeiter in Risikosituationen den Dienst verweigern und die
Organisation der Patientenversorgung
dadurch beeinträchtigt wird (New York
Times, 21.03.2003: „Asian Medics Stay
Home, Imperiling Respiratory Patients“;
Associated Press, 09.09.2004: „Nurses Fired for Not Working Hurricane“). Ob es
möglich ist, das tatsächliche Verhalten
von Mitarbeitern des Gesundheitswesens in einer zukünftig zu erwartenden, mit individueller Gefährdung verbundenen Krisensituation durch einen
Fragebogen quantitativ zu erfassen,
muss zunächst offen bleiben. Nicht zu
bestreiten sind jedoch objektive Hinderungsgründe und vielfache Faktoren,
die die Entscheidung von Mitarbeitern
in die eine oder andere Richtung beeinflussen können. Viele der bisher durchgeführten Befragungen beanspruchen
Repräsentativität aufgrund multizentrischer Anordnung und großer Zahl der
befragten Mitarbeiter. Statistische Aufarbeitung und Analyse gehen in neueren Arbeiten über die rein deskriptive
Darstellung der Ergebnisse hinaus. Bei
der Erstellung der Fragenprofile wie
auch bei der Auswertung wurden entwickelte verhaltenspsychologische Modelle berücksichtigt [10, 19].
Die subjektive Perspektive
der Mitarbeiter
Die Untersuchungen zu den Motiven
von
Krankenhausmitarbeitern
zur
Dienstaufnahme bzw. Dienstverweigerung in Risikosituationen zeigen ein
breites Spektrum unterschiedlicher Einflussfaktoren. Es wird deutlich, dass es
auch bei ausgeprägtem moralischen
© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
18
Pflichtbewusstsein von Mitarbeitern
ernst zu nehmende Gründe geben kann,
die den Einzelnen von der Dienstaufnahme abhalten können. Diese reichen
von einfachen Transportproblemen
(tatsächlicher oder zu befürchtender
Ausfall des öffentlichen Personenverkehrs) bis zu konkurrierenden Pflichten
von gleicher Wertigkeit, beispielsweise
häusliche Betreuung von Angehörigen
oder nebenamtliche Aufgaben im Katastrophenschutz. Darüber hinaus führen
Ängste vor negativen Folgen für die eigene Gesundheit oder für die Gesundheit
der Familie zu schweren Entscheidungskonflikten. Auch Ängste vor sozialer
Ächtung im Wohnumfeld sind nicht
unbegründet, wenn beispielsweise dort
bekannt ist, dass jemand beruflichen
Kontakt zu Patienten mit einer hochansteckenden Krankheit hat [20].
Aus verhaltenspsychologischer Sicht
sind in einer angstbesetzten Situation sowohl die Wahrnehmung einer Bedrohung als auch die Erwartung der Selbstwirksamkeit (i. e. das Vertrauen, in einer
bestimmten Situation die eigenen Fähigkeiten und verfügbare Mittel auf dem
Hintergrund bisheriger Erfahrungen erfolgreich einsetzen zu können) motivierende Faktoren für eigene Handlungsintentionen. Beide Faktoren müssen ein
gewisses Ausmaß erreichen, damit spezifische Reaktionen ausgelöst werden. Auf
diesem Konzept basieren Befragungen
durch eine Arbeitsgruppe, die unter verschiedenen Bedingungen auf die Arbeitsbereitschaft von Klinikpersonal angewendet wurden. Es zeigte sich dabei, dass
die Selbstwirksamkeitserwartung eine
deutlich höhere Auswirkung auf die Arbeitsbereitschaft ausübt als das Ausmaß
der wahrgenommenen Bedrohung. Annahmen zu den eigenen Fähigkeiten und
zum situationsbezogenen Ausbildungsstand wirkten sich weniger deutlich auf
die Arbeitsbereitschaft aus [10, 14, 15].
Der Begriff der Selbstwirksamkeit
spielt auch in der Theorie des geplanten
Verhaltens [21] eine Rolle und stellt dort
neben Fachwissen und strukturell verfügbaren Ressourcen einen Baustein der
empfundenen Verhaltenskontrolle dar,
welche gemeinsam mit individuellen
Haltungen und sozialen Normen die Intention zu einem bestimmten Verhalten
definiert. Die messbaren Faktoren dieses
Konzeptes wurden in einer Studie mit
der freiwilligen Bereitschaft zur Pflege
von SARS-Patienten korreliert, wobei
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P. Gretenkort, P. Thomas:
Einsatzbereitschaft von Klinik-Mitarbeitern unter Eigenrisiko
Willingness of hospital staff to report to work in personal risk situations
sich in der Regressionsanalyse die Selbstwirksamkeit vor der Verfügbarkeit sächlicher Ressourcen als wichtigste unabhängige Variable der Intention zur Arbeitsaufnahme zeigte. Der Faktor „vorbestehende Kenntnisse“ spielte hier für
die Arbeitsbereitschaft nur eine nachgeordnete Rolle [19].
Bei der Anforderung, in Risikosituationen im Krankenhaus zu arbeiten,
handelt es sich nicht nur um eine individuelle, sondern auch um eine kollektive
und durch soziale Normen mitbestimmte Entscheidungssituation. Die Entscheidung des Einzelnen ist in vorderer
Linie geprägt durch das Verhalten der
Kollegen und durch die empfundene
Rollenzuteilung und Kompetenz im
Kontext des Teams. Die Annahme, dass
sich zugleich auch Kollegen und Vorgesetzte zum Dienst in einer Risikosituation bereit erklären, führte zu einer 10bis 17-fach höheren Bereitschaft bei den
Befragten selbst [10, 14]. Die Überzeugung von der Wichtigkeit der eigenen
Rolle im Team erhöhte die Bereitschaft
um ein Vielfaches [11, 14, 15].
Die ethische Verpflichtung zur Hilfeleistung leitet sich zwar auch aus expliziten Vereinbarungen (arbeitsvertragliche
Regelung der Arbeitszeiten) und impliziten Übereinkünften (Tätigkeit analog der
Alltagspflichten) ab. Jedoch werden andere Aspekte als Grundlage für einen individuellen ethischen Standpunkt höher
bewertet. Hierzu zählen das im Beruf erworbene Fachwissen und die fachliche
Spezialisierung, die den Mitarbeitern im
Krankenhaus eine Alleinstellung in der
Patientenbehandlung und gleichzeitig
eine zusätzliche Sicherheit verleihen, um
sich im Umgang mit den Risiken persönlich schützen zu können. Die Aufgaben
in Risikosituationen solidarisch mit Mitarbeitern und Kollegen der eigenen und
anderer Berufsgruppen fachgerecht auszuüben, führt zu einer Verteilung der Risiken und damit zu einer Reduktion des
Risikos für jeden einzelnen Beschäftigten. Nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit besteht eine ethische Begründung
zur Hilfeleistung auch darin, dass Ausbildung und Tätigkeit in der Gesundheitsversorgung unter üblichen Bedingungen
ein Privileg darstellen, welches die Gesellschaft dem einzelnen Mitarbeiter bietet. Dies gilt insbesondere, wenn durch
ein eingetretenes Ereignis Auswirkungen
auf die Funktion der gesamten Gesellschaft zu erwarten sind. Es besteht die
hohe Erwartung der Öffentlichkeit, dass
Ärzte und Pflegekräfte in der Lage sein
werden, Risikosituationen einzugrenzen
und dem einzelnen Betroffenen die Hilfe
zu leisten, die er benötigt [22].
Die ethische Haltung der
Führungskräfte
Die ethischen Grundsätze der Individualmedizin (Autonomie, Nicht-Schaden, Fürsorge, Gerechtigkeit, nach Beauchamp und Childress 1977) sind mit den
ethischen Prinzipien des öffentlichen
Gesundheitsdienstes (Gegenseitigkeit,
öffentliches Vertrauen, Fundamentalität, Gerechtigkeit) nicht deckungsgleich
[23]. Medizinische Behandlungen werden nicht mehr nur bestimmt im individuellen Arzt-Patient-Verhältnis, sondern auch und vielleicht vorwiegend
durch behördliche Entscheidungen. Die
Nichtbeachtung von ethischen Prinzipien bei Führungsentscheidungen birgt
in einer solchen Situation sowohl die
Gefahr eines Vertrauensverlustes der Öffentlichkeit als auch einer nachlassenden Arbeitsmoral der Mitarbeiter. Wichtige ethische Prozesse sind Verlässlichkeit, Einbeziehung der Mitarbeiter in
Entscheidungen, von denen sie betroffen sind, Offenheit und Transparenz sowie Kritikfähigkeit. Ethische Werte als
Grundlage für Entscheidungen sind unter anderen Gerechtigkeit, Verhältnismäßigkeit, Gegenseitigkeit, Solidarität,
Verantwortung und Vertrauen [24, 25].
Insbesondere zum Aspekt der Gegenseitigkeit bestehen vielfältige Aufgaben,
die der Klinikträger wie auch Vorgesetzte innerhalb des Hauses zu erledigen haben: exakte Kommunikation der zugedachten Aufgaben und Schutzmöglichkeiten; angemessene Unterstützung der
klinischen Tätigkeiten; Bereitstellung
ausreichender Ressourcen; Trainingsmöglichkeiten;
sichere
Arbeitsumgebung und Unterbringung; Kommunikationsmittel; medizinische Betreuung; Beratung und psychologische
Unterstützung; Sicherheit vor äußeren
Übergriffen; Bereitstellung von Medikamenten und Impfstoffen. Eine RisikoKompensation durch Gehaltszuschläge
wird aufgrund realer Erfahrungen kontrovers diskutiert, indem dadurch möglicherweise solidarisches Verhalten und
Team-Zusammenhalt gestört werden
können [26].
P. Gretenkort, P. Thomas:
Einsatzbereitschaft von Klinik-Mitarbeitern unter Eigenrisiko
Willingness of hospital staff to report to work in personal risk situations
Zur Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems kann es erforderlich sein,
die Behandlungspflicht von Mitarbeitern einzufordern, wenn eine Dienstplanung auf freiwilliger Basis nicht ausreicht. Grenzen der Behandlungspflicht
sind jedoch dort zu akzeptieren, wo
beim einzelnen Mitarbeiter andere
Pflichten von gleicher Wichtigkeit interferieren. Darüber hinaus reicht die
Pflicht zur Inkaufnahme eines persönlichen Risikos nicht bis zu jedem Ausmaß
an Risiko. Bei der Diensteinteilung zu
potenziell vital bedrohlichen Tätigkeiten muss außerdem berücksichtigt werden, dass Mitarbeiter im Gesundheitswesen keine unerschöpfliche Ressource
darstellen, so dass sich auch hieraus
Grenzen der Behandlungspflicht ergeben können [22].
Lösungsansätze
Bereits anlässlich erster Befragungen zur
Mitarbeiterbereitschaft in Risikosituationen wurden Lösungsvorschläge gemacht, die sich an die Adresse der Krankenhausträger wenden. Viele der Bedingungen, die die Bereitschaft der Mitarbeiter potenziell verringern, sind beeinflussbar, wenn sie frühzeitig im Vor-
feld einer zu erwartenden Risikosituation angegangen werden [1, 5, 7, 15]. Die
strukturelle Verbesserung der Sicherheit
am Arbeitsplatz, je nach Situation z. B.
durch konsequente präklinische Dekontamination von Patienten, Bereitstellung geeigneter Schutzausrüstung oder
frühzeitiger Impfung der Mitarbeiter, ist
jedoch, wie sich zeigt, nur ein vordergründiger Teilaspekt. Die Kompensation
des Risikos durch Gehaltszuschläge
wirkt sich nur bedingt positiv auf die
Mitarbeiterbereitschaft aus.
Von besonderer Wichtigkeit sind die
nachhaltige Versorgung und der Schutz
von Angehörigen (meist Kindern) für
die Zeit der Abwesenheit der in Überstunden oder Zusatzschicht arbeitenden
Eltern sowie deren Schutz vor direkten
gesundheitlichen Schäden wie z. B. Infektionsübertragung. In der Konsequenz
muss auf die Schaffung bzw. Ausweitung
von
Kinderbetreuungsmöglichkeiten
und / oder Übernachtungsmöglichkeiten für Familienmitglieder im Bereich
des Krankenhauses hingearbeitet werden. In ähnlicher Weise muss eine Betreuung bei erforderlicher häuslicher
Quarantäne bedacht werden.
Zur Vorbereitung auf Risikosituationen ist die frühzeitige Vermittlung von
Grundlagenwissen (Welche konkreten
19
Gefahren drohen? Welche Schutzmöglichkeiten bestehen?) wie auch das Training spezieller Skills (Welche konkreten
Verhaltensweisen zum Eigenschutz sind
möglich und erforderlich? Wie werden
vorhandene Ressourcen richtig eingesetzt? Nach welchen Kriterien erfolgt die
Triage?) unerlässlich [5, 10]. Darüber hinaus muss es aber in problembezogenen
Fortbildungsprojekten auch darum gehen, subjektive Normen und ethische
Standpunkte zu vermitteln und zu entwickeln [10].
In der Einsatzsituation müssen die
Mitarbeiter davon ausgehen können,
dass sie und ggfs. auch ihre Familien zu
den bevorzugten Empfängern bei der
Zuteilung von Medikamenten oder
Impfstoffen gehören und dass sie im Erkrankungsfall eine effektive Behandlung erfahren. Vorgesetzte haben die
Aufgabe, ihre Mitarbeiter bestmöglich
zu schützen, und sie haben die Möglichkeit, die Arbeitsbereitschaft ihrer Mitarbeiter durch nachhaltige und verantwortungsvolle
Dienstplanung
und
transparente Kommunikation hoch zu
halten.
Interessenkonflikt: Die Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte
bestehen.
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report to duty during a pandemic.
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willingness to report to duty in an influenza pandemic through threat- and
efficacy-based assessment. BMC Public
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workers' willingness to respond to pandemic influenza through application of
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associated with motivation and hesitation to work among health professionals during a public crisis: a cross
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© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
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Willingness of hospital staff to report to work in personal risk situations
20
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context of an influenza pandemic. Vaccine 2010;28:5260–5264
Swain GR, Burns KA, Etkind P: Preparedness: medical ethics versus public
Korrespondenzadressen
Dr. med. Peter Gretenkort
Institut für Anästhesiologie,
Intensivmedizin und Schmerztherapie
Allgemeines Krankenhaus Viersen GmbH
Heesstr. 2–10
41751 Viersen
Daß die Menschen so oft
falsche Urteile fällen, rührt
gewiß nicht allein aus
einem Mangel an Einsicht
und Ideen her, sondern
hauptsächlich davon, daß
sie nicht jeden Punkt im
Satz unter das Mikroskop
bringen, und bedenken.
Quelle: aus den Sudelbüchern F 856, 1778.
Insel Taschenbuch
Foto: Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers Simon Dittrich.
Nach einer Farbradierung G.C. Lichtenberg.
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
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Pract 2008;14:354–357
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ethical framework to guide decisionmaking. BMC Medical Ethics 2006;7:
12–22
26. Simonds AK, Sokol DK: Lives on the
line? Ethics and practicalities of duty
of care in pandemics and disasters. Eur
Respir J 2009;34:303–309
Peter Thomas
Klinik für Anästhesie, Intensiv- und
Notfallmedizin
Medizinisches Zentrum Städteregion
Aachen GmbH
Mauerfeldchen 25, 52146 Würselen
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
German Interdisciplinary Association of Critical Care - and Emergency Medicine
DIVI
www.divi-org.de
Geschäftsstelle der DIVI
Luisenstraße 45
10117 Berlin
Rücksendung per FAX: 0049 30 400 5637
Befragung von Intensivpflegekräften
zur Weiterentwicklung der Fachkrankenpflege in Deutschland
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir fragen Sie nach Ihren Vorstellungen und Wünschen zur beruflichen Qualifizierung für die Intensivpflege.
Ziel der Umfrage ist es, ein Meinungsbild aus der Intensivpflege darüber zu erhalten, ob und wie die
Weiterbildung in der Intensivpflege verändert werden sollte und ob und welche anderen Gesundheitsberufe
und Spezialisierungen neben der Fachpflegekraft für Intensivmedizin sinnvoll sein könnten.
Weitere Fragebögen für Ihre Kollegien und Kollegen finden Sie auf der Homepage der DIVI zum
herunterladen: www.divi-org.de
Vielen Dank, dass Sie an der wichtigen Umfrage teilnehmen.
Bitte füllen Sie den Fragenbogen in Ruhe und vollständig aus. Die Auswertung erfolgt anonym. Die Daten
werden ausschließlich in zusammengefasster Form veröffentlicht. Die DIVI garantiert, dass externe Stellen
weder Personen noch Krankenhäuser identifizieren können.
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DIVI
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
German Interdisciplinary Association of Critical Care - and Emergency Medicine
www.divi-org.de
1. Fragen zur Ihrer Person und beruflichen Situation (Mehrfachnennung erlaubt):
Mein Alter:
Geschlecht:
□ unter 30 Jahre
□ weiblich
□ 31–55 Jahre
□ männlich
□ 56 Jahre oder älter
□ Ich habe ein Examen Gesundheits- und Krankenpflege
□ Ich habe ein Examen Weiterbildung Intensivpflege
□ Die Zeit zwischen Krankenpflegexamen und Beginn Weiterbildung
Intensivpflege betrug _______ Jahre
□ Ich habe studiert: Fach / Abschluss __________________________________
□ Ich arbeite derzeit auf einer Intensivstation mit
□ weniger als 5 Bettplätze
□ 6–10 Bettplätze
□ 11 bis 15 Bettplätze
□ 16 Bettplätze und mehr
□ Ich habe mehr als 5 Jahre Intensivpflegeerfahrung
□ Ich bin in leitender Funktion tätig
völlig
zufrieden
Teilweise
zufrieden
trifft eher
nicht zu
trifft gar
nicht zu
Keine
Angabe
□ Ich bin derzeit in einem anderen Bereich tätig: ____________________________
Es gibt für mich gute berufliche Entwicklungsmöglichkeiten
□
□
□
□
□
Die Arbeit in der Intensivpflege ermöglicht es mir, immer neue
Arbeitsfelder kennen zu lernen
□
□
□
□
□
Mein Fachwissen und meine Kompetenzen kann ich im Rahmen
der Intensivpflege voll umfänglich einsetzen
□
□
□
□
□
Neue Aufgabenverteilungen führen zu Konflikten im
interprofessionellen Team
□
□
□
□
□
Begründetes, wissenschaftlich evaluiertes Fachwissen in der
Pflege verbessert die Patientenversorgung
□
□
□
□
□
Die Zusammenarbeit und Akzeptanz im therapeutischen
Team bezeichne ich als sehr gut
□
□
□
□
□
Mit meinem Gehalt bin ich zufrieden
□
□
□
□
□
Die gesellschaftliche Wertschätzung meines Berufs finde ich hoch
□
□
□
□
□
2. Arbeiten als Intensivpflegekraft
trifft zu
trifft
nicht zu
Keine
Angabe
3. Rahmenbedingungen der Weiterbildung
zur Intensivpflegekraft
□
□
□
Ich muss für die Qualifizierung Freizeit einsetzen.
□
□
□
Ich muss eine Verpflichtungserklärung bei meinem
Arbeitgeber unterzeichen,
□
□
□
Es gibt Wartezeiten bei der Qualifizierung zur Intensivpflegekraft
□
□
□
Arbeitgeber übernimmt alles
□
□
□
Mein Arbeitgeber bezahlt die Qualifizierung nicht bzw. ich muss
Weiterbildungsgebühren selbst bezahlen
Wenn zutreffend, wie hoch war die Selbstbeteiligung in Euro: _____
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DIVI
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
German Interdisciplinary Association of Critical Care - and Emergency Medicine
trifft
voll zu
trifft
eher zu
trifft eher
nicht zu
trifft gar
nicht zu
Keine
Angabe
www.divi-org.de
Die Weiterbildung vermittelt die notwendigen Kompetenzen
□
□
□
□
□
Die Weiterbildung könnte besser modular aufgebaut werden
(z.B. Anästhesie getrennt von der Intensivpflege)
□
□
□
□
□
Die Aus- und Weiterbildungszeit bis zur Fachkrankenpflegekraft
dauert zu lange (6–7 Jahre).
□
□
□
□
□
Eine staatliche Anerkennung für meinen Abschluss
Intensivpflege ist mir wichtig.
□
□
□
□
□
Eine bundesweite Vergleichbarkeit der Qualifikation als
Intensivpflegekraft ist wichtig.
□
□
□
□
□
Eine europaweite Vergleichbarkeit der Qualifikation als
Intensivpflegekraft ist wichtig.
□
□
□
□
□
Ein pflegebezogenes berufsbegleitendes Studium der
Intensivpflege ist die richtige, zukünftige Art der Qualifizierung
□
□
□
□
□
Diese Qualifizierung sollte dann die Übernahme bislang
ärztlicher Tätigkeiten erlauben
□
□
□
□
□
Eine Weiterbildung im klassischen Stil ist die richtige,
zukünftige Art der Qualifizierung
□
□
□
□
□
Theorie-Praxis Verknüpfung ist sehr wichtig in der
Qualifizierung für eine Intensivpflegekraft
□
□
□
□
□
Ziel einer Qualifizierung ist es, meine Aufgaben besser
bewältigen zu können
□
□
□
□
□
Der Weiterbildungsabschluss sollte einem akademischen
Abschluss entsprechen
□
□
□
□
□
4. Qualifizierung zur Intensivpflegekraft
5. Eine Qualifizierungsmaßnahme für die Intensivpflege sollte
zu folgenden Handlungskompetenzen führen…
(Zutreffendes bitte ankreuzen und ergänzen, Mehrfachnennung möglich)
□ Pflegediagnostik und Pflegeplanung
□ Prävention und Prophylaktische Pflegeinterventionen
□ Kommunikation / Gesprächsführung
□ Umgang mit dem Patientenumfeld (Psychosoziale Aspekte)
□ Angewandte Pflegewissenschaften (Anwendung evidenzbasierten Pflegehandelns)
□ Forschung (Fragestellungen entwickeln, untersuchen und Ergebnisse publizieren)
□ Organersatzverfahren
□ Beatmungstherapie (invasiv – non invasiv)
□ Ernährungs- und Flüssigkeitstherapie
□ Sedierung und Schmerztherapie
□ Notfall- und Akutbehandlung
□ Intra- und Interhospitaltransporte
□ Diagnostik, erweitertes Monitoring und Befundinterpretation (z.B. EKG)
□ Erweiterte invasive Maßnahmen (Notfallintubation, ZVK, art. Kanüle…)
□ Sicheres, reflektiertes handeln in ethischen Grenzsituationen
© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
DIVI
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
German Interdisciplinary Association of Critical Care - and Emergency Medicine
völlig
zufrieden
Teilweise
zufrieden
trifft eher
nicht zu
trifft gar
nicht zu
Keine
Angabe
www.divi-org.de
Ich möchte meine berufliche Position verbessern (Aufstieg)
□
□
□
□
□
Ich möchte mehr Verantwortung übernehmen
□
□
□
□
□
Ich möchte mehr und umfassenderes Wissen zur Pflege
□
□
□
□
□
Ich möchte meine Aufgaben besser bewältigen können
□
□
□
□
□
Ich möchte mehr Geld verdienen
□
□
□
□
□
Ich möchte mich beruflich innerhalb der Pflege neu orientieren
□
□
□
□
□
Ich möchte nicht mehr direkt am Patienten arbeiten
□
□
□
□
□
Ich möchte nicht mehr im Schichtdienst arbeiten
□
□
□
□
□
6. Meine Motivation zur Weiterbildung/Studium
zur Intensivpflegekraft (Mehrfachnennungen möglich)
7. Vorstellungen zu zusätzlichen Qualifizierungen
7 a. Es sollte über die Weiterbildung in der Intensivpflege hinaus bundesweit anerkannte
Weiterbildungen geben mit einer engeren Spezialisierung für bestimmten Aufgabengebieten
(Zutreffendes bitte ankreuzen und evtl. ergänzen, Mehrfachnennung möglich)
□ für Beatmungstherapie
□ für Nierenersatztherapie
□ für Kardiotechnik
□ für Schmerztherapie
□ für Ernährungsmanagement
□ für Frühmobilisation
□ für Wundmanagement
□ für psychologische Betreuung / Krisenintervention
7 b. Es sollte solche zusätzlich spezialisierende Weiterbildungen für Berufsbilder
innerhalb der Intensivmedizin geben
(Zutreffendes bitte ankreuzen und ergänzen, Mehrfachnennung möglich)
□ weil man dann ausschließlich in dem Spezialisierungsfeld tätig sein könnte
□ weil ich dann weniger Grundpflege machen muss
□ weil ich dann evtl. keinen Schichtdienst mehr machen muss
□ weil ich dann erweiterte Kompetenzen habe
□ weil ich dann zusätzliche Tätigkeiten in der Schnittstelle Medizin / Pflege übernehmen kann
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
TAGUNGSKALENDER / MEETINGS
L i t e r a t u r, S t u d i e n ,Ve r o r d n u ng s vo r d r u c ke
u n t e r : w w w.ox yc a re - gmbh .de
MÄRZ
14. – 16.03.2013, Wendisch Rietz
Grundlagen der Intensivmedizin
Info: http://www.ai-online.info/aionline/Kongress-Kalender
15.03.2013, Dresden
6. Dresdner Tracheotomie-Tag
Info: http://www.khdf.de
ie te n
Auch M !
Der EverFlo
h
m ö g li c
– der leise, kleine Sauerstoffkonzentrator
mit 1-5 l/min Dauerflow
®
Der SimplyGo ® nur 4,5 kg
– der kleinste mobile O2-Konzentrator mit
Dauerflow bis 2 l/min.
Der LifeChoice® nur 2,2 kg
15. – 16.03.2013, Baden-Baden
Notfallmedizinische Jahrestagung der
Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte e.V.
Info: http://www.agswn.de
16.03.2013, Offenbach
Ultraschallkurs Notfallsonographie
Info: www.notfallsono.de
17. – 18.03.2013, Bad Krozingen
40-stündiger TEE-Kurs für Anästhesisten
nach den Richtlinien der DGAI
Info: http://www.ai-online.info/aionline/Kongress-Kalender
19. – 22.03.2013, Brüssel
33rd International Symposium on Intensive Care and
Emergency Medicine
Info: http://www.intensive.org
20. – 23.03.2013, Hannover
54. DGP-Kongress
Info: http://www1.pneumologie.de
getriggert bis Stufe 3, äquiv. z. kont. Flow
Diab. Fuß • Amputationsvermeidung
Thromboseprophylaxe • Schmerzlinderung
Geschwollene Beine • Chronische Wunden
pAVK • Schaufensterkrankheit
Gemäß S3-Leitlinie der DGP: intermittierende,
pneumatische Kompression (IPK oder AIK)
ie te n
Auch M !
h
c
m ö g li
A-V Impulse System TM mit FIT-Technik
(Forcierte Impuls Therapie)
durch einen pneumatischen Hochleistungs-Impuls (FITTechnik) aktiviert. Effekt wie z.B. beim Gehen, nur
wesentlich höher. Durch diesen Impuls wird der venöse
Rückfluss angeregt und massiv gesteigert, bis zu 250 %.
Wirkung:
die Förderung der Wundheilung um bis zu 30%, durch die schon oben
erwähnten Effekte. In den betroffenen Regionen sollte eine Restfunktion
vorhanden sein und /oder sich alternative Shunts, Kollaterale bilden.
SCD 700TM System mit VRD-Technik
(Vascular Refill Detection)
APRIL
06. – 09.04.2013, Wiesbaden
Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)
Info: http://dgim2013.de
11. – 12.04.2013, Frankfurt a.M.
Symposium SOCRATES
Info: http://www.orthopaedische-uniklinik.de
15. – 16.04.2013, Wendisch Rietz
Grundlagen der Intensivmedizin Kinder I
Info: http://www.ai-online.info/aionline/Kongress-Kalender
18. – 20.04.2013, Lübeck-Travemünde
9. Notfallsymposium der AGNN
Info: www.agnn.de
20. – 22.04.2013, Nürnberg
Deutscher Anästhesiecongress
Info: http://www.dac2013.de
30.04. – 03.05.2013, München
130. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
Info: http://www.chirurgie2013.de
Es handelt sich um ein intermittierendes MehrkammerKompressionsgerät mit Bein- und Fußmanschette. Das
Besondere ist die Erfassung der Venenrückfüllzeit
durch die einzigartige VRD-Technik. Damit wird auch
der venöse Rückfluss erfasst sowie der optimale Blut/Lymphfluss erzielt.
OP / Chirurgie / Intensiv
Allgemein / Stationär
Reha / Pflegeheim
Ambulant / Zuhause
Topische O2 -Wundoxygenierung
mit dem O2 -TopiCare-System
Als weitere supportive Therapiemaßnahme
sollte auch die
„Topische O 2 -Wundversorgung“
angedacht werden.
Bei der Zuführung von topischem O2 kann
der Gewebs- und Arteriensauerstoffpartialdruck um ein vielfaches angehobern werden.
(Studien siehe www.oxycare-gmbh.de
Pulsoxymeter MD 300 C19
Suchwort: „TopiCare“)
nur 39,95 € inkl. MwSt.
OXY CARE GmbH· Holzweide 6· 28307 Bremen
© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
Fon 0421-48 996-6· Fax 0421-48 996-99
E-Mail ocinf@oxycare-gmbh.de· www.oxycare.eu
22
Übersicht / Review
WISSENSCHAFT / RESEARCH
H. C. Müller-Busch
Palliativmedizin und
Sterben auf der
Intensivstation – kein
Widerspruch
Palliative care and dying in
intensive care – no contradiction
H. C. Müller-Busch war bis 2008 Ltd. Arzt der
Abteilung für Anästhesiologie, Palliativmedizin und Schmerztherapie am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, Berlin. Von
2006–2010 war er Präsident der Deutschen
Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP).
Foto: Privat
Intensivstationen gehören zu den Bereichen, wo in
Krankenhäusern besonders häufig und oft wiederholt
die letzte Lebenszeit verbracht wird. Die hohe Morbidität
und Mortalität dieser Intensivpatienten bedeutet auch, dass
bei fast allen palliative Bedürfnisse bestehen. Zwischen 2 und
mehr als 10 % aller Sterbenden befinden sich bis zum Tod in
intensivmedizinischer Behandlung und sterben auf der Intensivstation. Lebensqualität und die Bestimmung von Behandlungszielen sind Fragen, die im Spannungsfeld von medizinischen Möglichkeiten, sozialen Interessen, gesellschaftlichen
Prioritäten und individuellen Erwartungen bzw. Vorstellungen zunehmend bedeutsamer werden. Im Grenzbereich zwischen Leben und Sterben bestehen häufig Probleme und
Konflikte, die Orientierung benötigen: Es geht darum zu entscheiden, welche Prioritäten im Hinblick auf Lebensqualität
und Lebensverlängerung gesetzt werden oder aber, den Tod
zuzulassen und das Sterben würdig zu gestalten. Die frühzeitige Integration palliativer Prinzipien in die Notfall- und Intensivmedizin kann nicht nur zu einer verbesserten Lebensqualität und Zufriedenheit von Betroffenen und Angehörigen
beitragen; sie senkt auch die Gesundheitskosten, ohne dass
die Lebenszeit verringert wird oder die Mortalität steigt.
Schlüsselwörter: Intensivbehandlung; Palliativmedizin;
Entscheidungen am Lebensende; Therapiebegrenzung;
Therapiezieländerung; Lebensqualität
Zitierweise
Müller-Busch HC: Palliativmedizin und Sterben auf der Intensivstation – kein Widerspruch. DIVI 2013;4:22-27. DOI
10.3238/DIVI.2013.0022-0027
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
Intensive care units (ICU) are the places of care in hospital
where the last time in life is spent most often and repeatedly.
The high mortality and morbidity of these patients also
means that in nearly all palliative needs must be considered.
Between 2 and more than 10 % of all deaths occur in intensive care. Quality of life and the determination of treatment
goals are questions which become increasingly more important in an area of conflict between medical possibilities, social
interests, social priorities and individual expectations. In the
border line between life and death often problems and conflicts arise where more orientation is needed. Medical decision making in intensive end of life care should be based on
effective communication considering the clinical condition,
personal values and biographical aspects of the patient in
the ICU. Early integration of palliative principles can contribute not only to an improved quality of life and satisfaction of patients and proxies confronted with life limiting illnesses in intensive care. It also reduces health care costs
without increasing mortality.
Keywords: intensive care; palliative treatment;
end-of-life decisions; withdrawing life support; quality of life
H. C. Müller-Busch:
Palliativmedizin und Sterben auf der Intensivstation – kein Widerspruch
Palliative care and dying in intensive care – no contradiction
Einleitung
Das „medizinisch Machbare“ bestimmt
immer noch weitgehend die Orientierung in der Intensivmedizin. Es ist das
besondere Problem der modernen Medizin und vor allem der Intensivmedizin,
dass sie sich bislang zu wenig darum gekümmert hat, wie ein Mensch wieder
zum Subjekt seines eigenen Lebens auch
in der Sterbesituation wird [1]. Neben
den unbestreitbaren Möglichkeiten
hochtechnisierter Medizin muss auch
der Bereich der „ungesehenen oder unbeabsichtigten Nebenfolgen“ stärker in
das Bewusstsein gebracht werden. Solche Nebenfolgen sind z. B. die Fortführung der eingeschlagenen Behandlungswege, selbst wenn nach kritischem Abwägen die Aussichten auf Erfolg im Verhältnis zu den Belastungen denkbar gering sind. Hier müssen wir lernen, umzudenken. Das individuelle Wohl des
Patienten muss als oberster Wertmesser
der Behandlung angesetzt werden.
Technik kann die Effektivität ärztlichen Handelns enorm steigern, aber
sie kann natürlich auch zu Missbrauch
verführen. Besonders in der Intensivmedizin zeigt sich, dass Technik auch eine
faszinierende Form von Macht ist [2].
Der Einsatz von High-Tech- und Apparatemedizin hat nichts daran geändert,
dass das Leben des Menschen trotz der
Beeinflussbarkeit einer Unzahl von Parametern
letztlich
unberechenbar
bleibt. So genießt die differenzierte Linderung und Begleitung individuellen
Leidens in der spezialisierten Welt der
Medizin viel weniger Anerkennung als
der hochspezialisierte Kampf gegen die
Krankheit. Während Intensivmedizin
die Möglichkeiten der Hochleistungsmedizin symbolisiert, verdeutlicht Palliativmedizin die Grenzen dieser Möglichkeiten, aber auch die Zuwendung zu
individuellem Leid.
Die Rettung eines früher vom sicheren Tode bedrohten Lebens durch intensivtherapeutische Maßnahmen, durch
eine Herz- oder Knochenmarktransplantation, durch künstlichen Lungen- oder
Leberersatz oder aggressive Immun- und
Kreislaufunterstützung ist heute ein
großartiger Erfolg. Vielerorts werden allerdings risikoreiche oder sogar experimentelle Verfahren in Situationen mit
minimaler Hoffnung auf Erfolg und ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz durchgeführt – und das mit dem
Argument medizinischer Notwendigkeit! Das hat die Angst geschürt vor einer Medizin, der man in Situationen des
Sterbenskrankseins hilflos und ohne eigene Entscheidungsmöglichkeit ausgeliefert ist. Ein „schneller“ Tod wird
heute von vielen Menschen als weniger
bedrohlich angesehen als ein Überleben
mit eingeschränkter Kommunikation,
Behinderung und Belastung anderer.
Die Angst vor der Medizin hat die Angst
vor dem Tod verdrängt.
Eine Untersuchung in den USA zeigte, dass sinnlose medizinische Maßnahmen bzw. Komplikationen medizinischer Behandlungen nach Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs als dritthäufigste Todesursache angesehen werden [3]. Die Anzahl der Menschen, die in
den USA an vermeidbaren Nebenwirkungen und Fehlern medizinischer Behandlungen in Krankenhäusern sterben, wird auf ca. 100.000 geschätzt [4].
Das ist sicher in Deutschland nicht wesentlich anders.
Die Betreuung des lebensbedrohlich
oder unheilbar erkrankten Menschen
wird zwar allgemein als wichtiger und
nicht zu vernachlässigender Bereich anerkannt. Doch zur Frage, welche Prioritäten bei Krankheiten mit minimalen
Erfolgschancen der Heilung gesetzt werden, gibt es bisher auch in Fachkreisen
noch keinen Konsens. Ist es die aufwändige palliative Begleitung oder die experimentelle und eher unwahrscheinliche
Chance auf eine Lebensverlängerung?
Seit 2 Monaten liegt Herr P, ein 48-jähriger Kameramann nach einem schweren
Schlaganfall mit andauernder Bewusstlosigkeit auf der Intensivstation. Im CT
wurden ausgedehnte inoperable, zerebrale
Gefäßmissbildungen festgestellt. Infauste,
aussichtslose Prognose. Zunächst dachte
man, dass Herr P nur wenige Tage überleben
würde, aber nun hat er sich doch etwas „stabilisiert“, wie die Ärzte so schön sagen. Seit
einigen Tagen berichten die Pflegenden der
Intensivstation und auch die Ehefrau, die
jeden Tag stundenlang am Bett sitzt, dass
Herr P etwas reagiert: seine Mimik verändert sich auf Ansprache. Es ist nicht festzustellen, was er zum Ausdruck bringen
möchte: Erstaunen, Schmerz, Einsamkeit,
Entschlossenheit, eine Aufforderung zum
Weitermachen oder endlich in Ruhe gelassen zu werden. Vielleicht ist es auch nur eine Reaktion aus weiter Ferne in einer unerreichbaren Eigenwelt ohne Emotion, ohne
23
Wille, ohne Ziel? Über seinen mutmaßlichen Willen lässt sich nur spekulieren. Aktuell steht die Entscheidung an, ob Herr P
wegen zunehmendem Nierenversagen erneut dialysiert werden soll. Bis vor einigen
Tagen noch wollten sich die Ärzte von der
intensivmedizinischen Behandlung zurückziehen, aber nun überlegen sie, ob Herr P.
nicht doch wegen einer zunehmenden Niereninsuffizienz dialysiert werden soll. Frau
P wurde zur Betreuerin bestellt, Herr P. hat
sich wiederholt dahingehend geäußert, dass
er kein Pflegefall werden möchte. Wer übernimmt die Verantwortung für das weitere
Vorgehen. Wo befindet sich der Patient?
Sterben auf der
Intensivstation
Die Frage nach dem Bedarf an Intensivmedizin am Ende des Lebens und welche Maßnahme wann sinnvoll sind,
wird sehr stark bestimmt von den Perspektiven, den Wertvorstellungen und
Interessen der an der medizinischen
Versorgung Beteiligten. Dabei spielen sicherlich auch kulturelle Normen und
Traditionen eine Rolle. So werden z. B.
in den skandinavischen Ländern intensivmedizinische Maßnahmen bei Patienten häufiger begonnen, jedoch früher abgebrochen, wenn das angestrebte
Behandlungsziel mit den Intensivmaßnahmen nicht erreicht werden kann.
Demgegenüber wird im Süden Europas
mit dem Beginn von Intensivmaßnahmen oft gewartet, dann aber werden sie
– wenn sie eingesetzt werden – meist
länger fortgeführt [5].
Am Beispiel Japans lässt sich dies
weiter verdeutlichen: Intensivmedizin
und Organersatz werden bei alten Menschen hier eher zurückhaltend eingesetzt; die Lebenserwartung ist aber deutlich höher als in den USA oder Westeuropa. Obwohl in Japan prozentual
mehr hochaltrige Menschen als in allen
andern Ländern der Erde leben, liegt der
Anteil der Patienten mit einem Alter
über 85 Jahre, die in Japan am Ende des
Lebens intensivmedizinisch behandelt
werden, nur bei 1,2 %. Dagegen beträgt
in den USA und Europa der Anteil der
über 85-jährigen Menschen, die zuletzt
auf einer Intensivstation behandelt werden, bis zu 5,3 % [6].
Es gibt keine genauen statistischen
Erhebungen zur Sterberate auf Intensivstationen in Deutschland; je nach Aus© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
24
H. C. Müller-Busch:
Palliativmedizin und Sterben auf der Intensivstation – kein Widerspruch
Palliative care and dying in intensive care – no contradiction
Abbildung 1 Gesundheitskosten bei palliativmedizinischer Beratung. (nach Morrison RS et al. und persönlicher Mitteilung Diane Meier [10])
richtung ist sie unterschiedlich [7]. Es
kann aber davon ausgegangen werden,
dass ca. 10–20 % der in Krankenhäusern
verstorbenen Patienten zuletzt auf einer
Intensivstationen waren, das sind etwa
5–10 % aller Todesfälle. Die Intensivstation ist damit in vielen Krankenhäusern
der Ort, wo die meisten Menschen sterben.
In den USA sterben ca. 540.000
Menschen jährlich auf Intensivstationen oder unmittelbar nach Beendigung
einer intensivmedizinischen Behandlung, das sind ca. 22 % aller Verstorbenen [8]. In den letzten Jahren konnte jedoch gezeigt werden, dass die frühe Integration palliativer Gesichtspunkte bei
schwerstkranken Menschen zu einer
verbesserten Lebensqualität ohne Veränderung der Mortalität bzw. der Entlassungsrate führte. Darüber hinaus wurden auch die Aufenthaltszeiten auf der
Intensivstation und damit die Gesamtfallkosten reduziert. So konnten durch
Palliativberatung die durchschnittliche
Verweildauer der Patienten auf der Intensivstation von 16 auf 9 Tage gesenkt
werden [9]. Die Arbeitsgruppe um Diane
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
Meier zeigte eindrucksvoll, dass in Krankenhäusern mit palliativmedizinischen
Konsiliardiensten die „Gesundheitskosten“ z. B. durch aufwändige Diagnostik,
interventionelle Maßnahmen und Intensivbehandlungen wirksam reduziert
wurden; bei unveränderter Mortalität
der matched pairs starben darüber
hinaus im Durchschnitt nur 4 % der Patienten auf der Intensivstation, in der
Vergleichsgruppe jedoch 18 % [10]
(Abb. 1).
In der Intensivmedizin geht es darum, lebensbedrohliche Entwicklungen
zu bekämpfen, während die Palliativmedizin in der Regel davon ausgeht, dass eine lebenslimitierende Erkrankungssituation eingetreten ist. Die Übergänge
sind manchmal schwierig festzustellen.
Es ist immer besonders schwierig zu
akzeptieren, dass alle Anstrengungen
ein Menschleben zu retten, nicht zum
Erfolg führen. Die Möglichkeiten der Intensivmedizin haben zweifellos großartige Erfolge in Erkrankungssituationen erzielt, die früher mit Sicherheit
zum Tode geführt hätten. Gleichzeitig
ist aber auch der Zeitpunkt des Todes in
der Intensivsituation in besonderer Weise zu einer Variablen in der Hand der
Ärzte geworden ist.
Begrenzungsentscheidungen,
die
das Sterben zulassen, sind schwierig in
Situationen, in denen alle Aktivitäten
daraufhin ausgerichtet sind, Lebenszeit
zu verlängern. Noch belastender sind
diese, je jünger die Betroffenen sind –
das gilt insbesondere für die neonatologische und pädiatrische Intensivmedizin.
In der Intensivsituation hat die
„Wiederbelebung“ in Grenzsituationen
eine zentrale Bedeutung und ist Ausdruck des Anspruchs Leben zu erhalten.
Demgegenüber wird in der Palliativsituation der „Verzicht auf Reanimation“
und die würdige Begleitung des Sterbenden und Erleichterung im Sterben als
wichtigste Aufgabe angesehen. Bei beiden hat Interdisziplinarität, Teamarbeit
und Multiprofessionalität einen hohen
Stellenwert [11].
Diagnostik, invasive Überwachung
der Vitalfunktionen, belastende Eingriffe haben in der Intensivmedizin eine
weitaus größere Bedeutung als in der
H. C. Müller-Busch:
Palliativmedizin und Sterben auf der Intensivstation – kein Widerspruch
Palliative care and dying in intensive care – no contradiction
Palliativmedizin. Umgekehrt sind die
Berücksichtigung von Basis- und Komfortmaßnahmen z. B. durch Lagerung,
von individuellen Wünschen und auch
der bewusste Verzicht auf belastende
Maßnahmen ein besonderes Anliegen
der Palliativbetreuung. Dabei bekommt
das Prinzip des Nicht-Schadens im Rahmen des sog. Bioethischen Quartetts
von Beauchamps und Childress [12] eine
stärker gewichtete Bedeutung für die
ethische Beurteilung von möglichen
Maßnahmen in Grenzsituationen des
Lebens.
Dies setzt eine bedürfnisorientierte
und weniger diagnoseorientierte Herangehensweise voraus. Das kann aber nur
gelingen, wenn über Behandlungsoptionen effektiv kommuniziert wird
und darauf basierend reflektiertes und
für alle Beteiligten nachvollziehbares
und transparentes Entscheiden erfolgt
[13].
Sterben diagnostizieren
In der Intensivmedizin ist es besonders
schwierig zu beurteilen, ab wann ein
Mensch ein Sterbender ist, oder ob und
weshalb in fortgeschrittenen Erkrankungssituationen eine Lebensverlängerung durch medizinische Maßnahmen
angestrebt werden soll oder nicht.
Die Kommunikation hierzu erfordert nicht nur die Kenntnis typischer
Verlaufsformen bei unterschiedlichen
Erkrankungen, sondern auch die Berücksichtigung, dass gerade in der Intensivmedizin häufig für das Unwahrscheinliche ein therapeutischer Optimismus gefordert wird.
Dieser an sich lobenswerte therapeutische Optimismus sollte allerdings
auch kritisch in Relation zur prognostischen Unsicherheit überprüft werden;
er kann im Einzelfall zu riskanten und
den Bedürfnissen des Patienten kaum
entsprechenden Entscheidungen verführen. So müssen die Ergebnisse der bekannten Multicenterstudie von Lynn aus
dem Jahre 1997 nachdenklich stimmen,
nach der bei 45–51 % der Intensivpatienten eine Woche vor dem tatsächlich
eingetretenen Tod noch ein Überleben
von mehr als 2 Monaten prognostiziert
wurde; am Tag vor dem tatsächlichen
Tod wurde sogar noch bei 14–17 % eine
Überlebenszeit von über 2 Monaten angenommen [14]. Ein Grund für diese er-
schreckende Diskrepanz liegt in der Tatsache, dass Prognosescore-Systeme die
Überlebenswahrscheinlichkeit
von
Gruppen berechnen, nicht aber für die
Prognose von Individuen vorgesehen
sind. Dies zeigt aber gleichzeitig, wie
schwer es im Einzelfall sein kann, den
Tod tatsächlich mit einer gewissen Sicherheit vorauszusehen.
Diese Schwierigkeiten, Beginn und
Dauer des Sterbens im Einzelfall zu bestimmen und das Handeln daran adäquat zu orientieren, führt zu Unsicherheiten, wenn es darum geht, in Grenzsituationen zu Entscheidungen zu gelangen, die der besonderen Würde dieser letzten von der Natur gegebenen Gewissheit gerecht werden.
Suchen wir nicht immer noch den
Tod der Natur zu entreißen? Werden wir
durch die Entwicklung der medizinischen Möglichkeiten nicht zunehmend dazu gezwungen? Jahrtausende
hat die Menschheit gegen den Widerstand der Natur gekämpft, nun ist er
scheinbar in wichtigen Dingen weggefallen. Nicht mehr die Natur setzt die
Grenzen, sondern der Mensch muss sich
selbst Grenzen setzen.
Ein Beispiel wie der biologische Vorgang des Sterbens hinausgezögert wurde
und wie sich Interessenskonflikte entwickeln können, ist der Fall des sog. Erlanger Baby. Hier wurde der nach gesicherten Regeln festgestellte klinische
Tod seiner eigentlichen Bedeutung enthoben [15]: die Mutter wurde zwar als
tot, als Leiche angesehen, war aber dennoch imstande, durch Aufrechterhaltung des Kreislaufs und funktionierender Hormonproduktion den Fetus zu ernähren. Auch für potenzielle Organspender gilt ja, dass der Mensch als Individuum für tot erklärt wird, aber sein Organismus noch bis zur Entnahme „lebensfrischer“ Organe für eine Transplantation funktionieren muss.
Der Beginn des Sterbens wird in der
heutigen Medizin nur noch selten von
einer natürlichen Autonomie bestimmt.
Es wird begründet durch die Irreversibilität einer Krankheit und des Zusammenbruchs der Grundfunktionen, der
Verengung der Behandlungsmöglichkeiten, von der Unzumutbarkeit intensiver Maßnahmen, ist aber trotzdem oft
von physiologisch nicht nachvollziehbaren, für den Patienten nutzlosen Therapieoptionen ohne klinischen Erfolgsnachweis begleitet.
25
In der Intensivmedizin wurde die in
der Palliativmedizin handlungsleitende
Frage des „Lebenswertes“ und der „Lebensqualität“ im Kampf gegen den Tod
lange Zeit verdrängt. Erst in den letzten
Jahren werden Entscheidungen zur Therapiebegrenzung bzw. Therapiezieländerung notwendigerweise auch unter
dem Gesichtspunkt einer qualitativen
Beurteilung einer verbleibenden Lebensperspektive bzw. einer angestrebten
Lebenszeitverlängerung diskutiert und
getroffen.
Dabei ist die Bewertung eines anderen, fremden Lebens und die Beurteilung,
weshalb und wann eine belastende Situation als nicht oder nicht mehr „lebenswert“ angesehen wird, immer auch eine
Herausforderung an das eigene Selbstverständnis. Die Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung [16], aber auch Leitlinien und Empfehlungen zur Therapiezieländerung [17,
18, 19], stellen hier eine wichtige Orientierungshilfe dar. Auf die Praxis der Intensivmedizin abgestimmt ist das neue Positionspapier der DIVI [20].
Diese Entscheidungshilfen werden
allerdings vielerorts immer noch nicht
ausreichend beachtet, so dass Entscheidungen am Ende des Lebens häufig intuitiv bzw. hierarchisch gefällt werden
und weder medizinisch-rational, noch
juristisch einwandfrei oder nachvollziehbar ethisch begründet und für alle
Beteiligten stimmig sind.
Die Bestimmung des Sterbe- und Todeszeitpunkts ist jedoch nicht nur abhängig von Wissen, Erfahrung und Einfühlungsvermögen, sondern bedeutet
immer auch Verantwortungsübernahme – sogar mit der Möglichkeit des Irrtums. Wir erleben ja die paradoxe Situation, dass sich die Medizin in ihrer rasanten Entwicklung einerseits immer
mehr vom Sterbenden abgewendet hat –
der würdelose Tod im Krankenhaus ist
von Aries sehr treffend beschrieben worden [21]; andererseits muss der hirntote
Organspender durchaus auch intensivmedizinisch betreut werden bis seine
Organe explantiert sind. In solchen Fällen tut sich die Medizin gelegentlich
schwer mit der Beachtung der Würde
des Sterbenden.
Auch in der Palliativmedizin ist es
bei der Betreuung von Menschen mit
lebenslimitierenden Erkrankungen keineswegs immer so, dass die Bereitschaft, das Sterben anzunehmen und
© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
26
den Tod zu zulassen, eine im Krankheitsverlauf konstante und sich vielleicht verfestigende Entscheidung darstellt. So ist oft festzustellen, dass Lebenswille und die Bereitschaft zu riskanten und belastenden Therapiemöglichkeiten in todesnahen Situationen
zuzunehmen scheint. Das kann durchaus mit Konflikten verbunden sein,
wenn z. B. eine lebensverlängernde Behandlung aus medizinischer Sicht
nicht mehr als sinnvoll angesehen
wird, sondern diese nur noch das Sterben verzögert, der Sterbende und seine
Angehörigen aber alles einfordern,
„was noch getan werden kann“.
Integration palliativer
Ansätze in die Intensivmedizin
Welche Möglichkeiten der Veränderung
gibt es? Durch die oben erwähnten Untersuchungen in den USA ist die Bedeutung palliativer Gesichtspunkte für die
Intensivmedizin eindrucksvoll belegt
worden. So wurde nicht nur die Lebensqualität schwerstkranker Menschen in lebensbedrohlichen Situationen verbessert, sondern es konnten in einem bedeutsamen Rahmen auch Kosten reduziert werden [22]. In den USA hat man berechnet, dass durch die Etablierung palliativmedizinischer Konsile die Behandlungskosten von etwa 10–12 Mrd. Dollar
für die letzten Lebenswochen eingespart
werden könnten. Insofern sind der pal-
H. C. Müller-Busch:
Palliativmedizin und Sterben auf der Intensivstation – kein Widerspruch
Palliative care and dying in intensive care – no contradiction
liative Ansatz und die Einbeziehung palliativer Möglichkeiten eigentlich ein unverzichtbarer Teil einer guten, am Menschen orientierten Intensivmedizin.
Warum könnte es nicht in jedem
Krankenhaus in Deutschland ähnlich
wie einen Hygienebeauftragten auch einen Palliativbeauftragten geben, der für
die Integration palliativer Gesichtspunkte in den verschiedensten Bereichen zuständig ist?
Wichtig scheint zu sein, dass die Integration palliativer Aspekte auch in der
Intensivmedizin frühzeitig erfolgt und
nicht erst am Ende als Alternative aussichtsloser intensivmedizinischer Betreuung. Palliativmedizin und Intensivmedizin schließen sich nicht aus. Im Gegenteil: Sie sind wie zwei Seiten einer
Medaille!
Palliativmedizinische Beratung im
Rahmen der intensivmedizinischen Behandlung sollte sich auf folgende Aspekte konzentrieren:
1. Diagnose und Therapie belastender
•
körperlicher und psychischer Symptome sowie Beachtung spiritueller
Probleme
2. Frühzeitige Kommunikation über
•
Prognose und Behandlungsaspekte
trotz aller Unsicherheiten mit Betroffenen und Angehörigen sowie mit
dem Behandlungsteam
3. Realistische und angemessene Be•
handlungszielsetzung unter Berücksichtigung des aktuellen biologischen
Krankseins, der biographischen Le-
benssituation und der Werte des Patienten
4. Bedürfnisorientierte gemeinsame Ver•
sorgungsplanung mit Dokumentation der Behandlungsprioritäten im
Falle von Komplikationen
5. Unterstützung der Angehörigen
•
6. Beratung und Unterstützung des in•
tensivmedizinischen Behandlungsteams bei schwierigen medizinischen,
ethischen und emotional belastenden
Maßnahmen.
Durch die Nähe zu Sterben und Tod
haben fast alle Intensivpatienten auch
palliative Bedürfnisse. Die frühzeitige
Integration palliativer Prinzipien ist eine wichtige Herausforderung für die Intensivmedizin. Trotz aller technischen
Möglichkeiten, lebensbedrohliche Situationen zu beherrschen und Lebenszeit zu verlängern, müssen wir auch die
Endlichkeit im Blick zu haben und ein
Sterben unter würdigen Bedingungen
zulassen.
Der Intensivmediziner ist nicht nur
für die heilenden Erfolge seiner Behandlung verantwortlich. Er hat sich ebenso
zu verantworten für die Misserfolge und
Fehleinschätzungen, die ein unzumutbares Verlängern des Leidens und Sterbens mit sich bringt. Der gute Intensivmediziner sorgt sich auch um ein Sterben unter würdigen Bedingungen!
Interessenkonflikt: Der Autor gibt
an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.
Literatur
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werden. Süddeutsche Zeit. 28./29.3.1992.
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Grundsätze der Bundesärztekammer
zur ärztlichen Sterbebegleitung 2011;
108:A346–A348
Konsensuspapier der Intensivmedizinischen Gesellschaften Österreichs. Emp-
28
Übersicht / Review
1
1
S. Schröder , O. Schroeder , A. Hohn
WISSENSCHAFT / RESEARCH
1
Postpylorische
Ernährungssonden zur
enteralen Ernährung bei
Intensivpatienten mit
erhöhtem gastralen Reflux
Prof. Dr. med. Stefan Schröder
Post-pyloric nutritional tubes for enteral
nutrition in intensive care patients with
increased gastric reflux
Intensivpatienten scheinen von einer frühen enteralen
Ernährung zu profitieren. Die Zufuhr enteraler Ernährungslösungen erfolgt dabei in der klinischen Praxis am häufigsten über gastrale Ernährungssonden. Bei prolongierter
gastraler Atonie, wie sie beim Intensivpatienten häufig anzutreffen ist, kann Sondenkost auch über postpylorische Ernährungssonden zugeführt werden. Diese können intraoperativ
als Jejunalfisteln, bettseitig ohne technische Hilfsmittel oder
im Rahmen einer Endoskopie platziert werden. Alternativ besteht die Möglichkeit, minimalinvasiv mit einer elektromagnetischen Methode Corflo-Tube-Sonden zu legen. Dabei
handelt es sich um ein in Deutschland neuartiges System zur
bettseitigen Platzierung von postpylorischen Ernährungssonden ohne Endoskopie: die Platzierung erfolgt mit Unterstützung eines Detektors und Monitors, auf dem der Verlauf der
magnetisierten Spitze vom Mandrin beim Vorschieben mit
dem Ziel der postpylorischen Positionierung abgebildet wird.
Durch ihre einfache Handhabung und schnelle Verfügbarkeit
stellen die Corflo-Tube-Sonden eine Alternative zu aufwändigeren Verfahren dar und haben auch als Versuch bei fehlender Möglichkeit der endoskopischen Anlage postpylorischer
Sonden, z.B. am Wochenende oder bei logistischen Engpässen, eine gerechtfertigte Indikation.
Krankenhaus Düren gGmbH
Foto: Christoph Lammertz
Keywords: Postpyloric feeding; self-propelling feeding tube;
gastrointestinal atonia; bedside placement; intensive care patients
Zitierweise:
Schröder S, Schroeder O, Hohn A: Postpylorische Ernährungssonden zur enteralen Ernährung bei Intensivpatienten mit erhöhtem gastralen Reflux. DIVI 2013;1/28-33. DOI 10.3238/
DIVI.2013.0028-0033
Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, Krankenhaus Düren gem. GmbH
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
rative Intensivmedizin und Schmerztherapie,
Intensive care patients apparently benefit from early enteral
nutrition. In clinical practice, enteral nutrition mostly is administered through gastral tubes. However, increased gastral
reflux and atonia can make gastral feeding impossible. In
these cases, enteral feeding can take place through post-pyloric feeding tubes. These can be positioned intraoperatively
as jejunal fistulas, at the bedside without technical assistance
or in the course of endoscopy. On the other hand, the electromagnetic method with Corflo tube probes offers a minimally invasive procedure for inserting a nutritional probe,
which is novel in Germany. This system permits bedside positioning of nutritional probes without endoscopy, using a
detector and a monitor, which maps the path of the magnetic tip of the mandrin as it is pushed forward towards its
post-pyloric position. As it is easy to handle and rapidly available, the Corflo tube probe offers an alternative to more
tedious procedures. It is also justified to attempt this procedure if endoscopic insertion of a post-pyloric probe is impossible, for example, during the weekend or when there are
logistic bottlenecks.
Schlüsselwörter: postpylorische Ernährung; selbstwandernde
Ernährungssonden; Magen-Darmatonie; bettseitige Platzierung;
Intensivpatienten
1
Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, ope-
S. Schröder et al.:
Postpylorische Ernährungssonden zur enteralen Ernährung bei Intensivpatienten mit erhöhtem gastralen Reflux
Post-pyloric nutritional tubes for enteral nutrition in intensive care patients with increased gastric reflux
29
Einleitung
Bei vielen Intensivpatienten besteht eine Magen-Darm-Atonie, z. B. postoperativ, traumatisch oder septisch bedingt,
von der die einzelnen Abschnitte des
Gastrointestinaltrakts unterschiedlich
lange betroffen sein können. Im Durchschnitt bestehen gastrale Paresen 24–48
Stunden, Atonien des Dünndarms bis zu
24 Stunden und des Dickdarms 3–5 Tage
[1]. Mit der Atonie ist der gastrale Reflux
assoziiert. In einer Untersuchung von
Mentec hatten Patienten, die eine enterale Ernährung über eine nasogastrale
Sonde erhielten und in 2 aufeinander
folgenden Messungen Refluxmengen
zwischen 150 und 500 ml aufwiesen,
höhere Aspirations- und Pneumonieraten als die Vergleichsgruppe mit nasojejunalen Ernährungssonden. Die Verweildauer und Sterblichkeit auf der Intensivstation waren in der Gruppe mit
dem erhöhten Reflux ebenfalls erhöht
[2].
Insgesamt scheinen Patienten die jejunale Zufuhr von Sondennahrung besser zu vertragen als die gastrale Ernährung [3]. Eine andere Untersuchung
konnte zeigen, dass Patienten mit postpylorischer Nahrungszufuhr seltener
unter Regurgitationen und damit verbundenen Mikroaspirationen litten als
Patienten mit gastraler Ernährung [4].
Aus diesen Erkenntnissen lässt sich
schlussfolgern, dass die enterale Nahrungszufuhr über Ernährungssonden
trotz Atonie und gastralem Reflux zwar
möglich ist, eine effiziente Ernährung
für diese Patienten aber den postpylorischen Zugang erfordert. Dies liegt möglicherweise daran, dass jejunale Darmabschnitte eine Atonie schneller überwinden.
Abbildung 1 Freka Trelumina (Fa. Fresenius): Die Sonde kann entweder endoskopisch oder
bei Oberbaucheingriffen in Zusammenarbeit mit dem Chirurgen und Anästhesisten postpylorisch platziert werden. Sie besitzt neben dem distalen (intestinalen) Lumen zur postpylorischen
Ernährung zwei weitere Lumina zur gastralen Entlastung und Belüftung beim Absaugen.
Applikationswege und Sonden
zur enteralen Ernährung
Grundsätzlich sollte die Magensonde
der primäre Zugangsweg sein, wenn eine orale Kostaufnahme unmöglich ist,
da dies der physiologischen Nahrungsaufnahme am ehesten entspricht. Patienten mit ausgeprägter Gastroparese
sind durch Regurgitation und Mikroaspiration gefährdet, sodass in diesen
Fällen die Anlage einer postpylorischen
Ernährungssonde empfohlen wird [5].
Bei Oberbaucheingriffen kann bei zu er-
Abbildung 2 Bengmark-Sonde (Fa. Pfrimmer Nutricia): Die Sonde wird in den Magen vorgeschoben. Die endständige Spiralform wird zur Anlage mit einem Führungsdraht in die Gerade
gestreckt. Nach dem Entfernen des Führungsdrahts soll sie sich mithilfe der Restperistaltik in
routierenden Bewegungen in das Jejunum vorarbeiten. Distal finden sich 2 seitliche Ausgänge
für den Austritt von Nahrung und Medikamenten.
wartender prolongierter Magen-Darmatonie eine Ernährungssonde, z. B. Freka
Trelumina (Fa. Fresenius), in Zusam-
menarbeit zwischen Chirurg und Anästhesist postpylorisch platziert werden
(Abb. 1).
© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
30
S. Schröder et al.:
Postpylorische Ernährungssonden zur enteralen Ernährung bei Intensivpatienten mit erhöhtem gastralen Reflux
Post-pyloric nutritional tubes for enteral nutrition in intensive care patients with increased gastric reflux
Eine Übersichtsarbeit von Haslam
aus dem Jahr 2006 konnte keinen Goldstandard zur Anlage nasoenteraler Ernährungssonden aus den Veröffentlichungen der letzten Jahre definieren.
Das liegt vor allem an den fehlenden
prospektiven Studien mit großen Patientenkollektiven, die Standard- und
neuere Methoden miteinander vergleichen. Der Autor folgert, dass gut sei, was
technisch und logistisch auf einer Station umsetzbar ist [6].
Eine der wenigen randomisierten
Studien zum Methodenvergleich ist eine
Untersuchung von Foote an 43 Patienten, die zeigte, dass die endoskopische
Anlage postpylorischer Sonden eine
über 90%ige Erfolgsrate hat und im
Durchschnitt nach ca. 15 Minuten eine
erfolgreiche Sondenanlage ermöglicht.
Damit ist sie ebenso erfolgreich wie die
fluoroskopische Sondenanlage [7]. Allerdings hat nicht jede Intensivstation
die logistischen Möglichkeiten, eine Endoskopie innerhalb von 24 Stunden
nach Aufnahme durchzuführen, um die
Bedingungen für eine frühe enterale Ernährung erfüllen zu können.
Die frühe enterale Nahrungszufuhr
über Ernährungssonden gilt als Ernährungsform der Wahl bei Intensivpatienten, die nicht innerhalb von 3 Tagen in
der Lage sind, ausreichende Kalorien per
oral aufzunehmen [8]. Die Stabilisierung
der Darmmukosa und damit eine Reduktion von nosokomialen Infektionen, Krankenhausverweildauer und
Mortalität auf der Intensivstation sowie
eine hieraus folgende Kostenreduktion,
sind einige Vorteile der enteralen Ernährung gegenüber einer rein parenteralen
[9, 10].
Bettseitige Anlage
postpylorischer
Ernährungssonden
Berger und Kollegen konnten zeigen,
dass die bettseitige Anlage selbst-wandernder jejunaler Ernährungssonden
beim schwerkranken Intensivpatienten
möglich ist. Verwendet wurden Bengmark-Sonden (Abb. 2), die durch ihr
„schweineschwanzartig“
aufgerolltes
Ende eine Vorwärtsbewegung im Magen-Darm-Trakt unterstützen sollen. Bei
128 Versuchen waren 49 % (63/128) der
verwendeten Bengmark-Sonden nach 3
Tagen in korrekter Position, ein Großteil
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
Abbildung 3 Tiger-Tube-Sonde (Fa. Cook):
Nachdem die Sonde (a)
in den Magen vorgeschoben wurde, kann
diese Bauart bedingt mit
Hilfe von seitlichen
„Flaps“ am Sondenende
(b) nicht invasiv durch
eine geringe Restperistaltik über den Pylorus in
das Jejunum wandern.
Die Sonde hat distal seitliche Löcher für den
Durchtritt von Nahrung
und Medikamenten.
a
b
davon lag bereits nach 24 Stunden jejunal. Dabei war die Progressionsrate der
Sonden abhängig von der hämodynamischen Stabilität bzw. dem Analgosedativa- und Katecholaminbedarf der Patienten. Allerdings geschah die Anlage
der Sonden nicht im Rahmen der frühen
enteralen Ernährung; die Erfolgsraten
waren erwartungsgemäß höher, je länger ein Patient schon auf der Intensivstation behandelt wurde, da einige Patienten die Darmatonie zu diesem Zeitpunkt wohl bereits überwunden hatten
[11].
In einer Studie von Lai wurden 30
Patienten untersucht, von denen aber
nur 14 eine Magen-Darmatonie aufwiesen. Die Patienten erhielten randomisiert entweder die Bengmark-Sonde oder
eine gerade jejunale Ernährungssonde.
Innerhalb von 24 Stunden lagen bei den
Patienten ohne Darmmotilitätsstörung
78 % der Bengmark-Sonden im Jejunum, bei den Patienten mit Atonie aller-
dings nur 57 %. Die gerade Sonde hatte
eine Erfolgsrate von 14 % bzw. 0 % in der
Atoniegruppe [12].
Eine weitere Untersuchung belegt
die geringere Erfolgsrate der korrekten
Platzierung der Bengmark-Sonde bei
nachgewiesener Darmatonie [13]. Dabei
wurde die Bengmark-Sonde mit der Tiger-Tube-Sonde (Abb. 3) verglichen, beides Sondentypen, die aufgrund ihrer
Bauart und mithilfe vorhandener Restperistaltik im Magen-/ Dünndarmbereich selbstständig vom Magen in jejunale Abschnitte wandern sollen. Insgesamt wurden 28 Intensivpatienten in
die Untersuchung aufgenommen, 16 erhielten eine Tiger-Tube-Sonde, 12 Patienten eine Bengmark-Sonde. Spätestens nach Ablauf des 72-stündigen Beobachtungszeitraumes wurden durch konventionelle Röntgenaufnahmen 14 von
16 verwendeten Tiger-Tubes in korrekter
Lage nachgewiesen (87,5 %), während
dies nur für 2 von 12 Bengmark-Sonden
S. Schröder et al.:
Postpylorische Ernährungssonden zur enteralen Ernährung bei Intensivpatienten mit erhöhtem gastralen Reflux
Post-pyloric nutritional tubes for enteral nutrition in intensive care patients with increased gastric reflux
gelang (16,6 %). Die Platzierungsdauer
wurde für die Tiger-Tube-Sonde im Median mit 18,5 Stunden (Spannweite
2–68) und für die Bengmark-Sonde mit
36,5 Stunden (Spannweite 28–45) bestimmt. Die Autoren diskutieren, dass
dies möglicherweise an der Bauart der Tiger-Tube-Sonde liegt, die sich mit den
seitlichen Widerhaken auch bei nachgewiesener Darmatonie besser vorarbeiten kann, während die Restperistaltik für
den Mechanismus der Bengmark-Sonde
nicht auszureichen scheint.
Erste Erfahrungen mit elektromagnetischer Führung zur postpylorischen
Sondenanlage wurden 1997 von Gabriel
und Kollegen publiziert [14]. Bei 35 Patienten erzielten sie eine Erfolgsrate für
eine korrekte postpylorische Lage in
88 % und benötigten ca. 15 Minuten
(Spannweite 10–45 Minuten) zur erfolgreichen Anlage. Es kam zu keinen Komplikationen. Eine prospektive Multicenterstudie [15] untersuchte 156 Sondenanlagen und kam ebenfalls zu dem
Schluss, dass mithilfe elektromagnetischer Führung Ernährungssonden komplikationslos postpylorisch platziert gelegt werden können, die Erfolgsrate betrug aber nur 60 %. Auch konnte keine
Lernkurve bei den Anwendern festgestellt werden, vielmehr lag die Erfolgsquote am Geschick des Einzelnen. Eine
weitere Untersuchung von Gabriel und
Kollegen mit nahezu identischem Studiendesign zu der 1997 publizierten Arbeit
erzielte bei 329 gelegten Sonden eine Erfolgsrate von 89 % [16].
31
Mandrin
Anschluß für Monitor
Corflo-Tube-Sonde
a
b
Abbildung 4 Corflo-Tube-Sonde (Fa. Corpak Medsystems): Die Anlage der Sonde (a) erfolgt
mit Unterstützung eines Detektors und Monitors auf dem der Verlauf der magnetisierten Spitze
vom Mandrin beim Vorschieben mit dem Ziel der postpylorischen Positionierung abgebildet
wird (b). Der blaue Detektor liegt über dem Xiphoid des Patienten, so dass dieser Signale des
elektromagnetischen Senders an der Spitze des Mandrins empfangen kann, während die CorfloTube-Sonde mit dem Mandrin durch den Anwender im Gastrointestinaltrakt des Patienten be-
Elektromagnetisch unterstützte Anlage postpylorischer
Ernährungssonden
Ergebnisse neuerer Untersuchungen mit
einer elektromagnetisch unterstützten
Sondenanlage erscheinen erfolgversprechend [17, 18]. Dafür wird das CortrakSystem, ein Monitor mit Computertechnologie, verwendet, um die Platzierung
der Corflo-Tube-Sonde (Abb. 4) und die
Lage der Sondenspitze beim aktiven
Vorschieben durch den Gastrointestinaltrakt in Echtzeit wiederzugeben. An
der Spitze des Mandrins der Corflo-Tube-Sonde befindet sich ein elektromagnetischer Sender. Ein Detektor über dem
Xiphoid des Patienten empfängt die Signale des Führungsdrahtes während die
Corflo-Tube-Sonde mit dem Mandrin
wegt wird und der Sondenverlauf in Echtzeit auf dem blauen Monitor wiedergegeben wird. Die
Sonde hat eine distale Öffnung für den Austritt von Nahrung und Medikamenten.
Abbildungen 1–4: Christoph Lammertz, Unternehmenskommunikation; Krankenhaus Düren gem.GmbH
durch den Anwender im Gastrointestinaltrakt des Patienten bewegt wird. Bei
erfolgreicher postpylorischer Anlage
zeigt sich der typische bogenförmige
Verlauf im duodenalen C in der Vorderansicht in Kombination mit einem in
die Tiefe verlaufenden Mandrin in Richtung Treitzsches Band in der Querschnittsansicht auf dem Monitor. Der
Rat des Herstellers bezüglich Kontraindikationen geht dahin, das CortrakSystem nicht bei Patienten anzuwenden, die ein implantiertes medizinisches
Gerät tragen, das durch ein elektromag-
netisches Feld irritiert werden kann.
Entgegen dieser Herstellerempfehlung
wird die Anwendung des Cortrak-Systems nach Kompatibilitätstestungen der
Firmen Medtronic und St. Jude Medical
mit Schrittmachern und implantierbaren Kardiovertern / Defibrillatoren als
sicher eingestuft [19]. Die Ernährungssonde ist laut Herstellerinformation aus
Polyurethan hergestellt und kann im
Rahmen von Untersuchungen in der
Magnetresonanztomographie belassen
werden, nur der Mandrin muss vorher
entfernt worden sein.
© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
32
S. Schröder et al.:
Postpylorische Ernährungssonden zur enteralen Ernährung bei Intensivpatienten mit erhöhtem gastralen Reflux
Post-pyloric nutritional tubes for enteral nutrition in intensive care patients with increased gastric reflux
In der Untersuchung von Schröder
[17] konnten 45 von 50 Corflo-TubeSonden (90 %) im Median innerhalb
von 15 Minuten mit einer Spannweite
von 1–150 Minuten erfolgreich platziert
werden, wobei diese Zeit nicht der Bindungszeit des Anwenders am Patienten
entsprechen musste, da bei einem Stocken der Anlage durchaus die Möglichkeit einer Pause mit der Übernahme anderer Tätigkeiten bestand. Komplikationen bei der Anlage und beim Entfernen
der Sonden traten nicht auf. Ein vergleichbares Ergebnis fand sich auch in
der Untersuchung von Holzinger [20].
Hier wurde in 91 % der Fälle die CorfloTube-Sonde erfolgreich platziert.
Durch die einfache Handhabung
und schnelle Verfügbarkeit ist dieses in
Deutschland neuartige System zur bettseitigen Platzierung von postpylorischen Ernährungssonden ohne Endoskopie eine gute Alternative zu aufwändigeren Verfahren. Die Technik wird nicht
nur bei Erwachsenen erfolgreich angewendet.
Eine prospektive Studie an 107 kritisch kranken Kindern verglich die Sondenanlage mit Hilfe elektromagnetischer Führung mit der Anlage ohne Visualisierung des Sondenvorschubs. Mit
Hilfe elektromagnetischer Führung
konnten Sonden in 82 % der Fälle erfolgreich platziert werden, in der Kontrollgruppe nur in 38 %. Die durchschnittliche Zeit bis zur korrekten Lage
lag in der Kontrollgruppe bei 21 Stunden und in der Gruppe mit elektromagnetischer Führung der Sonden bei 1,7
Stunden [21].
gleich der Kosten für die beiden Methoden ist schwierig. Prozess- und Kostenanalysen aus der Endoskopieabteilung
eines großen deutschen Versorgungskrankenhauses ergaben für einfache endoskopische Prozeduren Kosten zwischen 70,00 und 140,00 € [22]. Zusätzlich müssen die Kosten für die postpylorische Ernährungssonde berücksichtigt
werden.
Die Corflo-Tube-Sonden können
von erfahrenen Fachpflegekräften für
Intensivmedizin nach Anordnung und
unter Aufsicht der Intensivärzte platziert werden, wie es durchaus auch in
anderen Kliniken praktiziert wird, weil
es sich um eine einfach umsetzbare und
sichere Methode handelt [23]. Die Fachpflegekräfte können die Sondenanlage
in ihren Arbeitsablauf am Patientenbett
integrieren und haben die Möglichkeit
der Übernahme anderer Tätigkeiten
beim Stocken der Sondenanlage. Deshalb wird die eindeutige Zuordnung der
anteiligen Kosten für den Arbeitsaufwand der Sondenanlage schwierig bis
unmöglich.
In einer kürzlich publizierten Studie
aus Großbritannien wurden die durchschnittlichen Kosten für eine postpylorische Sondenanlage mit dem elektromagnetisch Bild gebenden System mit
131,40 € beziffert [24]. Die Autoren dieser und Autoren zweier weiterer Studien
beschreiben verminderte Kosten durch
Vermeidung von Röntgenuntersuchungen, endoskopischen Anlagen, Komplikationen sowie der Verschreibung parenteraler Ernährungssubstrate [24, 25, 26].
als Versuch bei fehlender Möglichkeit
der endoskopischen Anlage postpylorischer Sonden, z. B. am Wochenende
oder bei logistischen Engpässen, eine gerechtfertigte Indikation darstellen. Der
Zeitaufwand für eine erfolgreiche Positionierung der Sonden wird in der Literatur sehr unterschiedlich gefunden,
Zeitspannen von wenigen Minuten bis
mehrere Stunden werden genannt. Dabei wird eine radiologische Lagekontrolle empfohlen, die beim Cortrak-System
mit der Corflo-Tube-Sonde entfallen
kann, wenn sich die erfolgreiche postpylorische Anlage durch den typischen
bogenförmigen Verlauf im duodenalen
C in der Vorderansicht in Kombination
mit einem in die Tiefe verlaufenden
Mandrin in Richtung Treitzsches Band
in der Querschnittsansicht auf dem Monitor zeigt. Im Fall der korrekten postpylorischen Lage sollte die Anlage einer
zusätzlichen Magensonde zur gastralen
Entlastung, bzw. zur Kontrolle eines gastralen Refluxes erfolgen.
Vielversprechend ist das CortrakSystem mit der Corflo-Tube-Sonde mit
einer hohen Erfolgsrate der korrekten
postpylorischen Platzierung und der
Möglichkeit der zügigen Applikation enteraler Ernährung. Im Rahmen einer Betrachtung des Prozessablaufs ist diese
neuartige Technik auch eine interessante Alternative im Hinblick auf mögliche
Kosteneinsparungen. Dennoch werden
randomisierte prospektive Studien mit
großen Patientenkollektiven benötigt,
um einen Goldstandard für die Anlage
von Ernährungssonden formulieren zu
können.
Schlussfolgerungen
Zusammenfassend ist die postpylorische
Ernährung bei Intensivpatienten mit erhöhtem gastralen Reflux ein sinnvolles
und erfolgversprechendes Konzept. Dafür stehen neben der endoskopischen
Anlage bettseitig anzulegende Ernährungssonden zur Verfügung, die auch
Interessenkonflikt: Der Autor Prof.
Dr. Stefan Schröder gibt folgende mögliche Interessenkonflikte an: Vortragshonorare und Reisekosten der Fimen
B/Braun, Fresenius Healthcare, Thermofischer sowie die Entrichtung von Standgebühren von Symposien der Firmen
Baxter, B/Braun, Abbott, Fresenius Healthcare, Nestle, Nutricia, Porta Medical.
enteral nutrition in critically ill patients: Frequency, risk factors, and
complications. Crit Care Med 2001;29:
1955–1961
3. Davies AR, Froomes P, French CJ et al:
Randomised comparison of nasojeju-
nal and nasogastric feeding in critically
ill patients. Crit Care Med 2002;30:
586–590
4. Heyland DK, Drover JW, MacDonald S:
Effect of postpyloric feeding on gastroesophageal regurgitation and pul-
Prozess- und Kostenanalysen
Der Vergleich mit den Daten von Foote
[7] zur endoskopischen Anlage postpylorischer Sonden zeigt, dass die Ergebnisse zur Erfolgsrate und Platzierungsdauer der Corflo-Tube-Sonden bei Erwachsenen vergleichbar sind. Ein Ver-
Literatur
1. Haug K, Brügger L, von Flüe M: Neue
Aspekte in der Behandlung der postoperativen Darmatonie. Schweiz Med
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2. Mentec H, Dupont H, Bocchetti M et
al.: Upper digestive intolerance during
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
S. Schröder et al.:
Postpylorische Ernährungssonden zur enteralen Ernährung bei Intensivpatienten mit erhöhtem gastralen Reflux
Post-pyloric nutritional tubes for enteral nutrition in intensive care patients with increased gastric reflux
5.
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randomized controlled trial. Crit Care
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only in case of failure. Critical Care
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Foote JA: A randomised trial of endoscopic and fluoroscopic placement of
postpyloric feeding tubes in critically
ill patients. J Parenter Enteral Nutr
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Ott L, Annis K, Hatton J et al.: Postpyloric enteral feeding costs for patients
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Progression rate of self-propelled feeding tubes in critically ill patients. Intensive
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of nasoenteral feeding tubes using external magnetical guidance. J Parenteral Enteral Nutr 2004;28:119–122
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18. Schröder S, van Hülst S, Claussen M et
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bei operativen Intensivpatienten. Pilotserie zur Bewertung von zwei Methoden zur bettseitigen Anlage. Anaesthesist 2011;60:214–220
19. St. Jude – Viasys Testing Report and
Medtronic Testing Summary ReportFinal. http://www.porta-medical.com/
Wissen/502/Studien (gesehen 28. Dezember 2012)
20. Holzinger U, Brunner R, Miehsler W et
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ill patients: A prospective, randomized
trial comparing the endoscopic techni-
Zitierweise:
Schröder S, Schroeder O, Hohn A: Postpylorische Ernährungssonden zur enteralen Ernährung bei Intensivpatienten mit erhöhtem gastralen Reflux. DIVI 2013;1/28-33. DOI 10.3238/
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critically ill children. Pediatr Crit Care
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placement device compared with abdominal radiograph to predict accuracy of
feeding tube placement. J Parenteral
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Koopmann MC, Kudsk KA, Szotkowski
MJ et al.: A team-based protocol and
electromagnetic technology eliminate
feeding tube placement complications.
Ann Surg 2011;253:297–302
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Stefan Schröder
Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin
und Schmerztherapie
Krankenhaus Düren gem. GmbH
Roonstraße 30, 52351 Düren
02421 30–1369
02421 30–191370
stefan.schroeder@krankenhaus-dueren.de
© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
34
DAS TEAM UNTER DER LUPE / FOCUS TEAMWORK
Intensivierung der
Zusammenarbeit gibt
Sicherheit und senkt die
Kosten
Unter dem zunehmenden Kostendruck ist es für Kliniken und Krankenhäuser unverzichtbar, die Möglichkeiten zur Verbesserung der Ablauforganisation optimal auszuschöpfen. Das gilt
selbstverständlich auch für die Intensivstationen, schließlich gehören sie
aufgrund ihrer hohen Vorhaltungskosten hinsichtlich Personal und Ausstattung zu den kostenintensivsten Bereichen einer Klinik. Auch vor diesem
Hintergrund sind möglichst kurze Liegezeiten der Patienten ein erstrebenswertes Ziel.
Aber noch finden sich auf vielen
Intensivstationen – insbesondere in
Häusern der Grundversorgung – Organisationsstrukturen, die unnötig viel
Zeit und damit Geld kosten. Sie lassen
sich mit einfachen Maßnahmen optimieren, ohne die Patientensicherheit
zu gefährden oder die Personalbelastung zu erhöhen – im Gegenteil.
Im Vordergrund steht dabei die Intensivierung der interdisziplinären
und der berufsgruppenübergreifenden
Zusammenarbeit. Gerade auf der Intensivstation spielt sie eine wichtige
Rolle und je besser sie funktioniert, um
so reibungsloser und sicherer sind die
Abläufe. Ein wichtiger Grundstein dafür ist der partnerschaftliche Dialog
zwischen allen an der Patientenversorgung beteiligten Berufsgruppen sowie
mit den Kollegen* anderer Stationen.
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
Dieser partnerschaftliche Dialog ist die
Basis für folgende Maßnahmen:
• Eine multimodale Intensiv-Visite,
die nach im Vorfeld vereinbarten
Regeln verläuft, wird eingeführt. An
ihr nehmen Ärzte und Pflegekräfte
teil. Sie findet in einem verbindlich
festgelegten Zeitraum statt und wird
von allen Beteiligten eingehalten.
Lediglich Notfälle rechtfertigen den
verspäteten Beginn oder Unterbrechungen.
• Der Behandlungsverlauf wird transparent und nachvollziehbar dokumentiert. Bei Rück- oder Weiterverlegungen des Patienten erhält der
nachverantwortliche Arzt einen
Arztbrief inklusive Behandlungsregime. Dieser wird vom ersten Tag
an geschrieben und täglich ergänzt.
• Alle relevanten Informationen, insbesondere die ärztlichen Anordnungen, aus der vorherigen Schicht
werden schriftlich und mündlich
übergeben. Zusätzlich werden diese
Schichtübergaben genutzt, um im
Ärzte-Team über Möglichkeiten
und Strategien der Behandlung zu
sprechen.
• Die Zusammenarbeit mit der Pflege
erfolgt eng abgestimmt, sodass sich
die ärztliche und die pflegerische Arbeit optimal ergänzen. Die Verantwortlichkeiten sind gut verzahnt und
spiegeln sich auch in den Entscheidungsstrukturen wieder. Das medika-
mentöse Therapieregime bleibt dabei
selbstverständlich im Verantwortungsbereich des Arztes. Jedoch legen zum Beispiel bei der Entwöhnung von der Beatmung Arzt und
Pflegekraft gemeinsam einen Therapieplan fest. Bei der Dekubitusprophylaxe hingegen baut der Arzt auf
die Kompetenz der Pflege.
Auf kaum einer anderen Station
bieten sich so viele Möglichkeiten zur
berufsgruppenübergreifenden Teamarbeit wie auf der Intensivstation. Dieses
Potenzial zu nutzen, gibt Sicherheit:
den behandelnden Ärzten, den Pflegekräften, den Patienten und ihren
Angehörigen und letztlich auch der
Klinikleitung. Denn ein gut eingespieltes Team arbeitet nicht nur wesentlich
effizienter, es trägt auch maßgeblich
zur Patientenzufriedenheit und damit
zum Renommee der Klinik bei.
Werner Fleischer
* Die im Text verwendete maskuline Schreibweise
dient ausschließlich der besseren Lesbarkeit.
Korrespondenzadresse
Dipl.-Päd. Werner Fleischer
Beratung, Coaching, Moderation
Freschenhausener Weg 2a
21220 Seevetal
04105 668052
04105 668053
W.Fleischer@Ihrcoach.com
www.ihrcoach
www.ihrcoach.com
36
DIVI / DIVI
GESELLSCHAFT / SOCIETY
Interdisziplinarität zum Wohle
des Patienten
Das Motto des Kongresses der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung
für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)
vom 5. bis 7. Dezember 2013 im Congress Center Hamburg (CCH) lautete
„Erfolg durch Interdisziplinarität“. Der
Kongresspräsident Prof. Dr. Tobias Welte
betonte auf der Pressekonferenz, die anlässlich des Kongresses stattfand: „Die
Intensiv- und Notfallmedizin ist traditionell ein Bereich, in dem die Kooperation verschiedener Berufsgruppen einen herausragenden Stellenwert hat.“
Für den Patienten ist es wichtig, dass
durch optimale Vernetzung der verschiedenen Berufsgruppen eine schnelle
Diagnose gestellt wird, um die richtige
Therapie einzuleiten.
Um die Qualität der medizinischen
Versorgung in der Intensivmedizin aufrecht zu erhalten und weiter zu verbes-
Knapp 1000 Teilnehmer nutzten die
Hands-on-Kurse.
sern, wird die DIVI innovative Konzepte
erarbeiten. Der demografische Wandel
wird dazu führen, dass die Zahl der Menschen, die eine intensivmedizinische
Betreuung benötigen, steigen wird.
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
Für Fragen offen:
Prof. Dr. Tobias Welte,
Prof. Dr. Elke Muhl,
Prof. Dr. Gerhard
Sybrecht (v.l.n.r.).
Fotos: DIVI
„Doch die Zahl der Ärzte und Pflegekräfte, die in diesem hochanspruchsvollen
Bereich arbeiten wollen, sinkt und auch
aufgrund struktureller Probleme ist es
nicht einfach, neue Fachkräfte zu rekrutieren,“ prophezeite Prof. Dr. Michael
Quintel, Leiter der Anästhesiologie am
Universitätsklinikum Göttingen. Um
die Kernkompetenzen für die Pflegenden neben den bereits existierenden
Kernkompetenzen der Ärzte in der Intensivmedizin zu definieren, wurde inzwischen ein Fragebogen formuliert, der
ein Meinungsbild zur Weiterbildung abfragen soll. Eine weiterführende Qualifizierung für motivierte Intensivpflegende mit klar definierten Perspektiven
kann nach der Auswertung angepasst
bzw. verändert werden. Der Fragebogen
ist in diesem Heft mit eingebunden.
Die neue DIVI-Präsidentin Prof. Dr.
Elke Muhl vom Universitätsklinikum
Lübeck erklärte, dass die Intensivpflegekräfte ihre eigene Professionalität hätten und schon längst nicht mehr nur
ausführendes Organ ärztlicher Weisungen seien. Die Kooperation auf Augenhöhe mit den intensivmedizinischen
Ärzten sei ihr sehr wichtig.
Das Thema Sepsis war u.a. ein wichtiger Bestandteil des DIVI-Kongesses
2012. Täglich sterben 162 Patienten an
einer Sepsis und trotzdem spielt diese
Krankheit im Bewusstsein der Menschen kaum eine Rolle. „Wir wollen versuchen neue Wege zu finden, um sowohl Ärzte als auch die Bevölkerung für
diese so dramatisch unterschätzte
Krankheit zu sensibilisieren, sie früher
zu erkennen und gezielter zu behandeln,“ forderte Prof. Welte. Ein weiterer sehr wichtiger Faktor sind die Kosten, die auch gesenkt werden können,
ohne dass die medizinische Qualität leidet. Prof. Dr. Gerhard Sybrecht, der ehemalige Präsident der DIVI, sagte dazu
„Bei Patienten mit einer Sepsis, bei denen jede Behandlungsminute zählt,
kann eine optimal koordinierte Therapie mit geballtem Expertenwissen
durchaus über Leben und Tod entscheiden. Aber auch Patienten, die beatmet
werden müssen, können davon nur profitieren.“
Hochkarätige Referenten hielten neben dem Thema Sepsis u. a. Vorträge zu
aktuellen Themen wie zur Situation der
Organspende, den internationalen Konzepten zum Hirntod oder zu Notfällen
im Kindesalter.
Die Hands-on-Kurse wurden von
knapp 1.000 Teilnehmern genutzt und
sollen in 2013 in Leipzig auf die Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der
Kursteilnehmer zugeschnitten werden.
Prof. Dr. Andreas Markewitz, OFA, DIVIGeneralsekretär, hält den jährlichen
Kongressturnus der DIVI für unabdingbar. Nur so kann die DIVI den an der Intensivmedizin beteiligten Fachgruppen
gerecht werden, um dem ständigen Fortschritt im medizinischen Wissen und
die zunehmende Arbeitsverdichtung
mit einem kompakten Fortbildungsprogramm zu begegnen.
G. Schubert, Köln
PRAXIS / PRACTICE
Buchneuzugänge / Publications
37
Buchneuzugänge
Hinkelbein, J.; Genzwürker, H.:
Formeln und Scores in Anästhesie,
Intensivmedizin,
Notfallmedizin
und Schmerztherapie
Berechnung, Bewertung, klinische
Anwendung. MWV Medizinisch Wissenschaftliche
Verlagsgesellschaft,
1. Auflage, 2012. 462 Seiten, broschiert. ISBN 978–3–941468–97–9.
EUR 54,95
Wie in keinem anderen Fachgebiet kommen in der Anästhesiologie tagtäglich
Formeln und Scores bei der Beurteilung
des Patientenstatus, zur Berechnung von
spezifischen Therapieparametern und
Dosierungen oder zur Auswahl und Einstellung von Instrumenten und Geräten
zum Einsatz. Dieses einmalige Handbuch präsentiert nahezu alle Formeln
und Scores für dieses breite Fachgebiet
PRAXIS / PRACTICE
und liefert neben Informationen zur
exakten Berechnung auch Hintergrundinformationen zum Gebrauch und zur
klinischen Relevanz der Formeln.
Braun, J.; Preuss, R.:
Klinikleitfaden Intensivmedizin
Mit Zugang zum Elsevier-Portal. Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag,
8. Auflage, 2013. 798 Seiten, 83 Abb.,
Taschenbuch.
ISBN 978–3–437–23762–1. EUR 44,99
Für mehr Routine und Sicherheit auf der
Intensivstation: Der Klinikleitfaden Intensivmedizin bringt das komplette
Wissen für die Arbeit auf der ICU kompakt auf den Punkt – umfassend und
leitlinienbasiert. Das ideale Werk zum
schnellen Nachschlagen im Stationsalltag.
Pfeiffer, P.; Reuchsel, C.:
AINS in Frage und Antwort
Fragen und Fallgeschichten – mit Zugang zum Elsevier-Portal. Urban &
Fischer in Elsevier, 1. Auflage, 2012.
240 Seiten, 35 Abb., Taschenbuch.
ISBN 978–3–437–41724–5. EUR 24,99
Die „In Frage und Antwort“-Reihe steht
für die effiziente Vorbereitung auf mündliche Prüfungen während des Semesters
und im Examen. Lebensechte Prüfungsfragen mit mustergültigen Antworten
und anschaulichen Kommentaren zum
Selbststudium und zum gegenseitigen
Abfragen in der Lerngruppe. Die Auswahl der Fragen basiert streng auf der
Auswertung von Prüfungsprotokollen.
Industrie und Handel / Industry and Trade
OxyCare GmbH
Vermeidung von Amputationen (Diab. Fußsyndrom)
durch IPK (Intermittierende Pneumatische Kompressionsmaßnahmen)
mit dem A-V Impuls- oder SCD 700 Kompressionssystem
Nach langjährig bestehendem Diabetes
mellitus kann sich das diabetische Fußsyndrom (DFS) entwickeln. In Deutschland kommt es in der Folge zu schätzungsweise jährlich 40.000 bis 50.000
1
Amputationen* .
Um den Blutfluss und damit die Mikround Makrozirkulation als auch die
Lymphaktivität zu fördern, können moderne Technologien wie die forcierte Impuls-Therapie (A-V Impulse System) und
Vascular Refill Detection (SCD 700
Kompressionssystem) das Risiko für Amputationen und Thrombosen verringern.
Mit der forcierten Impuls-Therapie (A-V
Impulse System) wird der Blutrückfluss
mittels eines Impulses gegen die Fußsohle beachtlich gesteigert. Der Impuls
regt den venösen Rückfluss an und erhöht diesen bis zu 250 %. Durch das A-V
Impulse System wird u. a. der natürliche
Vorgang des Gehens imitiert, während
der Betroffene liegt oder sitzt. Es wird
vermehrt Stickoxid (NO) freigesetzt, die
Durchblutung und die lokale Sauerstoffversorgungs- und Stoffwechselsituation
wird verbessert.
Das A-V Impulse System und das SCD
700 Kompressionssystem können auch
sehr gut in Kombination angewendet
werden:
• Therapie von venös und arteriell bedingten Ulcera cruris, diabetischem
Fußsyndrom sowie bei pAVK-Symptomatik,
• schnelle und effektive Therapie bei
Ödemen und Schwellungen der oberen und unteren Extremität,
• effektive Prophylaxe von venenösen
Thromboembolien mit gleich hoher
Wirksamkeit wie niedermolekulares
Heparin bei einer Anwendung von
> 15 Stunden pro Tag,
• keine unerwünschten Nebenwirkungen,
• auch bei leichten Stufen von arteriellen Erkrankungen anwendbar,
• prä-, intra- und postoperativ einsetzbar,
• selbst bei externer Fixatur, OP-Wunden oder Gips einsetzbar, da nur der
Fuß/die Hand benötigt wird.
Diese Therapien gehören zu den physikalischen Maßnahmen und sind unter
dem Begriff: intermittierende pneumatische Kompressionsmaßnahmen (IPK)
oder AIK (apparative intermittierende
Kompressionstherapie) medizinisch anerkannt und in den Leitlinien S2 (Phlebologie 2005; 3:176 – 180) und S3
(AWMF-Register Nr. 003–001, Stand
1.5.2010) empfohlen. Die Anwendung
ist einfach durchzuführen, nach GOÄ
abrechenbar und nicht budgetrelevant.
*1 DDB (Homepage 2013)
OxyCare GmbH
Holzweide 6, 28307 Bremen
Tel.: 0421 48996–6, Fax: 0421 48996–99
ocinf@oxycare-gmbh.de; www.oxycaregmbh.de; www.oxycare.eu
© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
38
DIVI / DIVI
GESELLSCHAFT / SOCIETY
Zuwachs in der Mitherausgeberschaft
der DIVI-Zeitschrift
Silke Filipovic BSc.
Physiotherapeutin mit Schwerpunkt Intensivmedizin und Abteilungsleiterin der Abteilung Physiotherapie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH am
Standort Marburg
Silke Filipovic, Jahrgang 1980, hat nach
ihrem Abitur im Jahr 2000 eine Physiotherapieausbildung in Marburg absolviert. Direkt im Anschluss begann sie
mit ihrer physiotherapeutischen Laufbahn an der Uniklinik in Marburg. Silke
Filipovic sammelte Erfahrungen als Physiotherapeutin in Marburg und anderen
kleineren Häusern auf den Intensivstationen. Sehr zeitnah orientierte sie sich
um und begann Physiotherapie an der
Hochschule Fulda in Kooperation mit
der Universität Marburg zu studieren.
Praktisch arbeitete Silke Filipovic im Bereich Orthopädie und Sport und nahm
an größeren Events als Physiotherapeutin teil, z. B. der Leichtathletik Weltmeisterschaft in Berlin. Mit ihrem
Examen und der Bachelor-Arbeit 2009
ergriff die Physiotherapeutin abermals
das Thema „Intensivmedizin“ und legte
den Grundstein für ihre jetzige intensiv-
Silke Filipovic BSc.
Foto: privat
medizinische Arbeit, indem sie „Die Rolle der Physiotherapie im Weaningprozess“ genauer analysierte. Mit Rückkehr
an die Universitätsklinik Marburg erhielt sie bald die leitende Position der
Abteilung Physiotherapie. Der praktische Schwerpunkt lag im Bereich der
herzchirurgischen Intensivstation. Die
PD Dr. med. Christoph Härtel
Oberarzt an der Klinik für Kinder- und
Jugendmedizin Lübeck
PD Dr. med. Christoph Härtel ist seit
2009 als Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Lübeck mit den
Schwerpunkten Neonatologie/Pädiatrische Intensivmedizin sowie Pädiatrische
Hämatologie/Onkologie tätig. Zudem
betreut er die Spezialambulanz für Pädiatrische Immunologie, Infektiologie
und Rheumatologie.
Verschiedene Auslandsaufenthalte
haben die Kompetenzen in seinem jetzigen Tätigkeitsbereich gestärkt: Fulbright-Stipendiat an der Graduate
School for Molecular Genetics, Bioche-
■ © Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1)
PD Dr. med. Christoph Härtel
Foto: Hatje
Arbeit untermauerte die ehrgeizige Physiotherapeutin mit diversen Vorträgen
auf nationalen Kongressen (DIVI, DGP,
HAI) sowie Symposien und Veröffentlichungen. Mit ihrem Team entwickelte
sie das „Das Marburger Stufenkonzept“. Mit dem Netzwerk „Frühmobilisierung“, deren Sprecherin sie ist,
findet ein reger Austausch von Ideen,
Konzepten, Visionen und Möglichkeiten zwischen verschiedenen Berufsgruppen statt. Inzwischen ist die engagierte
Physiotherapeutin Mutter einer kleinen
Tochter und freut sich als Mitherausgeberin im Kreise der DIVI ihre Kenntnisse weiter auszugestalten und für die
Physiotherapie auf der Intensivstation
werben zu können.
Korrespondenzadresse
Silke Filipovic
Universitätsklinikum Gießen und
Marburg, Abteilung Physiotherapie
Baldinger Straße
35033 Marburg
silke.filipovic@med.uni-marburg.de
mistry and Immunology der University
of Cincinnati, USA, Forschungsaufenthalt Harvard Medical School, Boston,
USA, DIVI-Traveller Stipendium 2004
(Aufenthalt am Karolinska Hospital
Stockholm, Schweden), Fellow in der
Abteilung Neonatologie am Royal
Prince Alfred Hospital Sydney und in
den Abteilungen Pädiatrische Onkologie bzw. Neonatologie des Children’s
Hospital Westmead, Australien. Dr. Härtel hat ein Graduiertenstipendium sowie mehrere Vortragspreise erhalten
und kann umfangreiche Publikationen
sowohl national als auch international
vorweisen. Dr. Härtel arbeitet außerdem
in dem seit 2009 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförder-
GESELLSCHAFT / SOCIETY
ten bundesweiten Deutschen Frühgeborenen-Netzwerk (German Neonatal Network, Leiter: Prof. Wolfgang Göpel), das
auf Initiative der Klinik für Kinder- und
Jugendmedizin am Campus Lübeck des
Universitätsklinikums Schleswig-Holstein gegründet wurde. Der Intensivmediziner ist in Rostock geboren, 39 Jahre
alt, verheiratet und hat zwei Kinder.
DIVI / DIVI
Korrespondenzadresse
PD Dr. med. Christoph Härtel
Oberarzt Neonatologie/Pädiatrische
Intensivmedizin
Pädiatrische Hämatologie/Onkologie
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Lübeck
Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck
Tel. +49–451–500–2685/2546
Fax. +49–451–500–6222
christoph.haertel@uksh.de
PD Dr. med. Rainer Kollmar
Direktor der Klinik für Neurologie und Neurogeriatrie am Klinikum Darmstadt
PD Dr. Kollmar ist seit Juli 2012 Direktor
der Klinik für Neurologie und Neurogeriatrie am Klinikum Darmstadt. Zuvor
war er leitender Oberarzt der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum
Erlangen und absolvierte dort seine
Facharztausbildung für Neurologie sowie Weiterbildung für neurologische Intensivmedizin und Geriatrie. Von 1999
bis 2006 war Dr. Kollmar Assistenzarzt
der Neurologischen Universitätsklinik
Heidelberg. Wissenschaftliche und klinische Schwerpunkte liegen in der experimentellen und klinischen Schlaganfalltherapie sowie der neurologischen Intensivmedizin. Dabei beschäftigt sich
Dr. Kollmar insbesondere mit therapeutischer Hypothermie beim ischämischen Schlaganfall, intrazerebraler
Blutung sowie Subarachnoidalblutung.
39
Schlaganfall (Eurohyp-1) sowie PI mehrerer klinischer Phase II Studien. Berufsbegleitend absolvierte er das Studium
„Master of Medical Education/MME“.
Dr. Kollmar publizierte bisher über 80
peer-gereviewte Artikel, über 25 Buchkapitel sowie 3 Bücher als Herausgeber,
darunter eines zum Thema Pflege auf der
Stroke-Unit. Dr. Kollmar ist verheiratet,
41 Jahre alt, in Heilbronn am Neckar aufgewachsen und hat zwei Kinder.
Korrespondenzadresse
PD Dr. med. Rainer Kollmar
Foto: privat
Der Neurologe ist Mitantragsteller einer
großen Phase III Studie zur therapeutischen Hypothermie beim ischämischen
PD Dr. med. Rainer Kollmar
Direktor der Klinik für Neurologie und
Neurogeriatrie
Klinik für Neurologie und
Neurogeriatrie
Grafenstraße 9, 64283 Darmstadt
Tel.: 06151 107 4501
Fax: 06151 107 4599
Rainer.kollmar@mail.klinikum-darmstadt.de
© Deutscher Ärzte-Verlag | DIVI | 2013; 4 (1) ■
40
IMPRESSUM / IMPRINT
DIVI
Organschaft / Affiliation
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für
Intensiv- und Notfallmedizin e.V.
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Präsident / President
Prof. Dr. med. Elke Muhl
Hauptherausgeber / Editor in Chief
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Mitherausgeber / Editorial Board
Prof. Dr. med. Hans Anton Adams
Interdisziplinäre Notfall- und
Katastrophenmedizin
Medizinische Hochschule Hannover
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Rolf Dubb, Fachkrankenpfleger für
Anästhesie und Intensivpflege
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Silke Filipovic
Universitätsklinikum Gießen und
Marburg, Abteilung Physiotherapie
Baldinger Straße, 35033 Marburg
E-Mail: silke.filipovic@med.uni-marburg.de
Prof. Dr. med. Thorsten Steiner, MME
Chefarzt Abtl. Neurologie
Klinikum Frankfurt Höchst GmbH
E-Mail: thorsten.steiner@
med.uni-heidelberg.de
Verlag / Publisher
Deutscher Ärzte-Verlag GmbH
Dieselstr. 2, 50859 Köln
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Jürgen Führer, Norbert Froitzheim
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Operational Division: Rüdiger Sprunkel
Herstellung /
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Alexander Krauth,
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Tilmann Müller-Wolff
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
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Oliver Rothaug, Fachkrankenpfleger für
Anästhesie und Intensivpflege
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Pädiatrische Hämatologie/Onkologie
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PD Dr. Konstantin Mayer
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Prof. Dr. med. Wolfgang Hartl
Chirurgische Klinik und Poliklinik,
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Univ.-Prof. Dr. med. Gernot Marx
Direktor Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care
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PD Dr. med. Rainer Kollmar
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Verlagsgebiete Nord / Ost
Götz Kneiseler
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Die Zeitschrift erscheint 4 x jährlich
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Ermäßigter Preis für Studenten jährlich:
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Jahresbezugspreis Ausland: 123,12 €
Ermäßigter Preis für Studenten jährlich Ausland: 75,12 €
Einzelheftpreis: 29,50 €
Einzelheftpreis Ausland: 30,78 €
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Die Kündigungsfrist beträgt 6 Wochen zum
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Gerichtsstand Köln.
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Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 4,
gültig ab 1.1.2013
Druckauflage: 4000 Ex.
Der Verlag ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft LA-MED Kommunikationsforschung
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4. Jahrgang;
ISSN print 1869–716X
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13. Kongress der Deutschen Interdisziplinären
Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
Innovation trifft Kompetenz
05.–07.12.2012
04.–06.12.2013
CCH – Congress
Center Hamburg
CCL – Congress Center Leipzig
www.divi2012.de
Das ganze Spektrum der Intensiv- und Notfallmedizin!
Registrierungsdeadlines:
· 130 wissenschaftliche Symposien
· Durchgehendes Pflegeprogramm
15.01.2013
· 14 Pro/Contra Debatten
· Clinical Documentation Challenge
Beginn Registrierung Frühbucher
· 36 Praktische Workshops
· Tele-Intensivmedizin live
· Fortbildungskurs mit 72 „State of the Art“
· TED Sitzungen
Vorträgen
· Posterwettbewerb/Posterpräsentation
· Durchgehender notfallmedizinischer Strang
· Neu: Managementkurse
· Sonderveranstaltungen/Hot Topics
Kongresspräsident
Univ. Prof. Dr. Gernot Marx
Klinik für Operative Intensivmedizin
und Intermediate Care
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Pauwelsstraße 30
52074 Aachen
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01.05.2013
Beginn Registrierung Standardbucher
16.09.2013
Beginn Registrierung Spätbucher
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung
für Intensiv- und Notfallmedizin e.V.
Geschäftsstelle
Luisenstraße 45
10117 Berlin
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Veranstalter
K.I.T. Group GmbH
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Kurfürstendamm 71
10709 Berlin
E-Mail: divi2013@kit-group.org
2
Call for Abstracts bis 01. August 2013
www.divi2013.de
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Medizintechnik
für die klinische Beatmung
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Einsatzbereiche sind die invasive
und nicht-invasive Beatmung für:
• Intensivstation
• Weaning- und Beatmungsstation
• Aufwachraum
Vertrieb durch:
ResMed Medizintechnik GmbH · Große Bauerngasse 58 · 91315 Höchstadt a.d. Aisch · Telefon 09193 6331-0
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Medizin ·Technologie · Management
www.resmed.de
© 2012 ResMed GmbH & Co. KG · Obj.-ID C92053
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