Klima, Pflanzen- und Tierwelt – eine Einführung
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Klima, Pflanzen- und Tierwelt – eine Einführung
Klima, Pflanzen- und Tierwelt – eine Einführung Martin Kappas, Gunter Menz, Michael Richter und Uwe Treter Klima, Witterung und Wetter Die Alltagserfahrung unterscheidet das sich täglich und stündlich ändernde Wetter sowie die Witterung. Unter dem Begriff der Witterung wird dabei der Zustand der Atmosphäre während mehrerer Tage oder einer längeren Phase, in der sich das Wetter nicht ändert, verstanden. Der durchschnittliche jährliche Ablauf der Witterung wird als das Klima eines Ortes, eines Gebietes oder eines Landes bezeichnet. Es setzt sich aus den Ausprägungen und dem Zusammenwirken seiner einzelnen Elemente zusammen. Klimaelemente sind die Temperatur der Luft, der Niederschlag, die relative Luftfeuchte, der Luftdruck, Luftbewegungen und anderes. Zur vollständigen Klimabeschreibung gehören sowohl Angaben über den durchschnittlichen Zustand der Witterungselemente und ihre Schwankungen ( Beiträge Endlicher/Hendl, S. 32; Klein/Menz, S. 42 und S. 44) als auch 12 eine Beschreibung des typischen Witterungsablaufs. Die Gestaltung des Geländes – also die topographischen Gegebenheiten wie Höhe über dem Meeresspiegel, Relief, Hangneigung und Exposition – spielen dabei eine wichtige modifizierende Rolle ( Beiträge Goßmann/Thamm, S. 68; Siegmund, S. 70). Das Klima ist eine langfristige, meist stabile charakteristische Eigenschaft einer Landschaft oder Region, gebildet durch den langjährigen Durchschnitt des Wetters. Wir können sagen, wie warm eine Region ist oder wie kalt, wie feucht sie normalerweise ist oder wie trocken. Aber wie kommt das Klima zustande? Wie schnell und warum kann es sich ändern? Wie sieht es mit mittelbis langfristigen Klimaveränderungen aus? Nördliche Hemisphäre Variation der bodennahen Mitteltemperatur Schematische Rekonstruktion Temperatur in °C 21 Super-Warmzeit der Zukunft? Optimum des Holozän Temperatur in °C 17 Optimum des Holozän Optimum der Römerzeit unsicher Die Darstellung Deutschlands in seiner physisch-geographischen Dimension umfasst zahlreiche Aspekte. In Ergänzung zu den Themenbereichen Relief, Boden und Wasser, die in Band 2 des Nationalatlas behandelt werden, befasst sich der vorliegende Atlasband mit dem Klima, der Pflanzen- und der Tierwelt in Deutschland. 19 Mittelalterliches Optimum 17 15 13 11 15 Pessimum zur Zeit der Völkerwanderung 10 8 6 4 Zeit in Jahrtausenden vor heute Kaltzeitklima der Vergangenheit (Würm-Eiszeit) © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 2 0 13 Kleine Eiszeit heutiges Klima Trend (hypothetisch) nach SCHÖNWIESE 1995 Klima im Wandel Wie wir aus der Vergangenheit wissen, ist das Klima außerordentlich veränderlich. So war es in der noch gar nicht so lange zurückliegenden sog. kleinen Eiszeit deutlich kühler als im 20. Jh. Aus den Aufzeichnungen meteorologischer Stationen ist ersichtlich, dass auch seit ungefähr 1920 wieder merkliche Klimaveränderungen stattfinden. In der aktuellen Berichterstattung häufige Schlagworte wie „Klimaerwärmung“ oder „El Niño“ erzeugen bestimmte Bilder in den Köpfen der Menschen und belegen das Vorhandensein ständiger Klimavariationen. Es gibt also gar kein „Normalklima“! Die Ergebnisse von Instrumentenaufzeichnungen, historischen und paläoklimatologischen Untersuchungen zeigen, dass Klimaschwankungen in der Erdgeschichte schon immer aufgetreten sind . Betrachtet man längere Zeiträume, so werden die Schwankungen ausgeprägter sichtbar als in kürzeren . So waren die Temperaturabweichungen während der Eiszeiten (2,5 Mio. bis 10.000 Jahre v.h.) ( Beitrag Liedtke, Bd. 2, S. 66) größer als während der „kleinen Eiszeit“ von etwa 1550 bis 1800, bei der die durchschnittlichen Temperaturen in Europa ca.1,5 °C niedriger als heute lagen. Die Alpengletscher wurden deshalb deutlich größer und reichten weiter in die Täler hinunter. Die Folgen waren große Ernteausfälle und Hungersnöte. In relativ warmen Epochen („Klimaoptima“) dagegen konnten sich Kulturen besonders gut entfalten. In einer solchen Epoche fand z.B. die Blüte des römischen Reiches statt ; das Klima ließ zwischen 300 v.Chr. und 400 n.Chr. sogar Bergbau in den heutigen Dauerfrostgebieten der Alpen zu. In relativ kalten Epochen dagegen kam es vermehrt zu hohen Niederschlägen und Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Klima, Pflanzen- und Tierwelt Sturmfluten; die Zeit der Völkerwanderung fällt in ein solches „Klimapessimum“ (450-850). Da das Klima als Ausdruck der hochkomplexen Vorgänge in der Atmosphäre einen großen mittelbaren und unmittelbaren Einfluss auf alle Erscheinungsformen des Landes und des Meeres ausübt und mit diesen in mehr oder weniger starken Wechselwirkungen steht, lassen sich aus dem Zustand bzw. den Veränderungen in beispielsweise der Biosphäre oder der Hydrosphäre Rückschlüsse auf den Klimawandel ziehen. So sind die Verbreitung von Pflanzen und Tieren, die Temperatur und die Eisbedeckung der Meere, der Massenhaushalt der Gletscher und vieles andere mehr aufs engste mit dem Klima verwoben. Die Eiszeiten, die kleine Eiszeit oder das El Niño-Phänomen sind typische Beispiele für Klimaschwankungen in verschiedenen Zeitskalen ( Beiträge Rapp/Schönwiese, S. 56; Gerstengarbe/ Werner, S. 58; Hupfer/Jacobeit, S. 60). El Niño ist eine im Abstand von drei bis acht Jahren auftretende Störung des pazifischen Klimasystems, die weltweite Auswirkungen hat (eine sog. Telekonnektion). Das Typische eines El NiñoEreignisses ist das Auftreten ungewöhnlich hoher Wassertemperaturen in den üblicherweise kalten Auftriebswässern vor der südamerikanischen Pazifikküste. Da dieses Phänomen um Weihnachten herum beginnt, wurde es im Spanischen El Niño getauft, was auf Deutsch Christkind heißt. Mit der dabei auftretenden Erhöhung der ozeanischen Oberflächentemperatur um mehr als 5 °C gehen Änderungen der atmosphärischen Zirkulation und der globalen Niederschlagsverteilung einher. Es handelt sich hierbei also um ein typisches Beispiel für die Wechselwirkungen zwi- schen Ozean und Atmosphäre, bei der sich das Klima als Ausdruck eines weltweit zusammenhängenden komplexen Systems erweist, das großen Veränderungen unterliegt. Auch das Klima in Deutschland wird dadurch beeinflusst. Neben den genannten Klimaereignissen und Effekten sind gerade im 20. Jh. weitere Veränderungen des Klimas festzustellen. Danach veränderten sich im Zeitraum 1901 bis 2000 die durchschnittlichen Temperaturen, die Eisflächen und der Meeresspiegel, die Niederschlagsmengen sowie die Zusammensetzung der Atmosphäre. Die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde ist um 0,6 °C gestiegen. Die 1990er Jahre waren dabei die wärmste Dekade seit 1861, dem ersten Jahr, für das globale Klimamessungen vorliegen. 1998 war das wärmste Jahr seit 1861. Erweiterte Analysen und rekonstruierte Temperaturen aus Baumringen (Dendrochronologie, Beitrag Anhuf u.a., S. 88) belegen sogar, dass die 1990er Jahre die wärmste Dekade in den vergangenen 1000 Jahren war. Aufgrund dieser Temperaturentwicklung hat die schneebedeckte Fläche seit 1960 weltweit um ca. 10% abgenommen. Die meisten Gletscher sind deutlich geschrumpft. In der Arktis verzeichnet das Meereis seit 1950 einen Rückgang um 10-15%. In der Antarktis ist hingegen kein Rückgang zu erkennen. Der Meeresspiegel ist durch abschmelzende Eismassen und durch die Ausdehnung des erwärmten Meerwassers um 10-20 cm gestiegen. Die Niederschläge auf der Nordhalbkugel haben in den mittleren und höheren Breiten (zwischen 30° und 90° nördlicher Breite) um 0,5-1% pro Dezennium zugenommen, in den Tropen (d.h. in dem um den Äquator gelegenen Gürtel zwischen 10° südlicher und 10° nörd licher Breite) um 0,2-0,3% pro Beobachtungsstationen des Deutschen Wetterdienstes List und kooperierender Organisationen, Stand: Juli 2003 GlücksburgMeierwik Flensburg (Schäferhaus) Flensburg Schleswig I I I Dörnick Bad MalenteGremsmühlen Eutin Wahlstedt Itzehoe Brande-Hörnerkirchen Kirchdorf Laage Peene To Kummerower See Teterow W I I I Plauer See I I I I WittstockRote Mühle I L se Dos I I Gardelegen I I I Eb. MelchowSchönholz BerlinBerlin- Buch Alexanderpl. BerlinMarzahn Berlin-Dahlem BE. I (Met. Inst.) I I Berlin-Tempelhof Berge Havel I I ue I er Gr .A I Od I Manschnow Müncheberg I re I I I I I I I I I Oh I Zehdenick I Uch t e Ste. I I Wunstorf HannoverLangenhagen I I Alle r Grünow Angermünde Neuruppin I Ce. CelleWietzenbruch d Bergen Nienburg e ein an eIseI iteI nIkaInaI l r Al Elb I Alfhausen Unterlüß Neuglobsow Kyritz Arendsee Seehausen se Bie I I hte msI DI ort m u n d -I E I I Diepholz I A lle se Ha I V ec Lingen nt e Meppen Lüchow I Faßberg Hu I Löningen-Hagel I Soltau I Clo. Lenzen el etz I I Wes e au Je en Rotenburg I Wümm e I Bre. r Ems I I I I I FriesoytheEdewechterdam Bremen Dörpen (Schleuse) Großenkneten-Ahlhorn I I I I I I I I I Ilm Papenburg GrambowSchwennenz Marnitz Elb e Havel I Buchholz i.d. Nordheide Lün. Königsmoor Neubrandenburg (MNS) I I Boizenburg Sude Müritz Uecke r I Elde I ste Oldenburg I So e Oste Teufelsmoor Waren Goldberg I Emden (WST/AE) I Jever Wilhelmshaven Aurich Ueckermünde (MNS) Trollenhagen I Wittmund Hafen MedowWussentin Altentreptow I Borkum Zinnowitz Greifswald n se LübeckBlankensee Schweriner See Schwerin Mölln Tribsees (Stadtwald) Groß Lüsewitz I Quickborn HamburgHamburgFuhlsbüttel Wandsbek BremervördeHbg. Nieder Ochtenhsn. Steinkirchen Grambek Bremerhaven HamburgHamburgBremervörde Neuwiedenthal Kirchwerder Ro. lle Glückstadt Lü. 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Bindersleben Tegkwitz (Kernf.-Anlage) Weimar Köln-Wahn Dippoldiswalde u Jena Biedenkopf Gilserberg Hauptschwenda Got. GeraNeunkirchen-Seel(Sternwarte) Siegen Ge. Leumnitz Werr Kleiner Inselsberg Nörvenich Aachen Sieg scheid-Krahwinkel Zinnwalda Mar. Wahlen Bad Hersfeld Georgenfeld Bn. Brotterode Luisenthal (Talsp.) Chemnitz al Nideggen-Schmidt BonnHilgenroth Sa Dillenburg Roleber ZwickauAlsfeld-Eifa Bad Blankenburg Miesitz GreizMarienberg BonnMartinroda Euskirchen Hardthöhe Planitz Dölau Tann Bad Marienberg WartenbergSchwarzburg Schmücke Aue Angersbach Bad NeuenahrSchleiz Rodewisch Frankenheim Meiningen Ahrweiler Gießen Schotten LöhnbergRengsdorf Eisfeld- Schmiedefeld-N. Fulda Kall-Sistig Obershausen (Liebigsh.) Wetterstation WaffenrodFichtelberg WasserBendorf Neuhaus Lobenstein Plauen NürburgNiederelbert Hinterrod Grebenhaina.Rennweg Gersfeld kuppe automatische Wetterstation Carlsfeld Barweiler Stockheim Ko. 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Müdesheim in FichtelbergStromberg- Geisenheim Mainz Langen Schlierbach Scheßlitz Halsdorf (WDS) Hüttstadl (ABMF) Schindeldorf Breitsol Bernkastel Sa Bayreuth I Bamberg Bischbrunn Roxheim Bundeswehr Darmstadt Tirschenreuth Thüngersheim- Ebrach Herrstein Na he GernsheimEschauStaustufe andere Betreiber bzw. BesonBad Münster Allmendfeld Tr. Gößweinstein Hobbach WertheimDeuselbach Flossenbürg MichelstadtTrierBurghaslach derheiten (in Klammern): Eichel Würzburg Alzey Vielbrunn Petrisberg Kitzingen Eschenbach an l IdarMiltenberg Egloffstein G Worms Weiden (AMBF) Agrarmeteorologische Oberstein GräfenbergLindenfels Michelstadt Erlangen Ruppertsecken i.d. OPf. Neustadt Beratungs- und Kasberg Mettlacha.d. Aisch TauberbischofsheimForschungsstelle Orscholz Weiskirchen Uttenreuth PommelsbrunnMannheim WeigenheimDittigheim AmbergBeerfelden Buchen (KANISW) Freilandlabor Kaniswalde Mittelburg Bad Dürkheim NürnbergReusch Unterammersricht Tholey St. WendelBad (MNS) Meteorologische KraftshofI Nü. Kai. 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Berus Stachenhausen (PKST) private Klimastation Sinsheim Cham Weiherschneidbach Roth J Pirmasens a a gst (RAF) Royal Air Force in WaghäuselRe SaarbrückenI I -D ona Wörnitzu A I g Großer Arber Kirrlach EppingenÖhringen (USAF) US Air Force I I Ensheim Roth Bottenweiler lt Bad Bergzabern SchorndorfElsenz ü Parsberg (WDS) Wetterdienstschule Heilbronn Knöbling Pfofeld-Langlau CrailsheimZwiesel Ludwigswinkel Bodenmais Regensburg Karlsruhe Bretten (WST/AE) Wetterstation/ La Ingersheim I I uter Aerologische Station Zwieselberg Weißenburg Mühlacker EllwangenDo Murrhardt Pforzheimn Waldhäuser Rindelbach Enz Sachsenheim au Neutraubling DollnsteinEutingen oche (Nationalpark) MauthLudwigsburg r Breitenfurt Gelbelsee Metten Finsterau er NeuenbürgWeissach Straubing Laab Stuttgart Waldrennach Aal. oße r Kösching (Schnarrenberg) Harburg/Ries Nördlingen Stu. 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Münstertal 3 eschingen Chieming n J g Worndorf Wielenbach Attenkam fall Rosenheim Eschbach lle Brunnhausen Wartenberg Kaufbeuren Traunstein-Sparz Lenzkirch r (Schloß) St. BlasienDeggenhausertal- Weingarten Traunstein-Axdorf Hohenpeißen- Bad Tölz Holzkirchen Menzen- Schluch- Bonndorf Azenweile Wolfegg Altenstadt berg (OBS) Ruhpolding Malsburg-Marzell- schwand Ra. see en c Friedrichsh. 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A. zum Messprogramm P T F W Luftdruck Lufttemperatur Luftfeuchte Windrichtung/Windgeschwindigkeit gW geschätzte Windrichtung/ Windstärke E Erdbodentemperatur S Sonnenscheindauer N Bewölkung (Bedeckung) R Niederschlag SH Schneedecke () nicht an allen Stationen Landhöhen (in m) 2000 bis 3000 1500 bis 2000 1000 bis 1500 750 bis 1000 500 bis 750 350 bis 500 200 bis 350 100 bis 200 50 bis 100 25 bis 50 0 bis 25 Depression Lo is ac h A he ch za Wür m Wertach mp er l Minde zig Kin Rhein Messprogramm 0 Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 © Deutscher Wetterdienst 25 50 75 Maßstab 1: 2750000 Klima, Pflanzen- und Tierwelt – eine Einführung 13 100 km Komponenten und Einflüsse des Klimas Sonneneinstrahlung Wärme Assimilation Selektion der Flora Verwitterung / Bodenbildung Luftbewegung / Wind Selektion der Fauna Veränderung der Morphologie ökonomische Optionen Pflanzenproduktion Fauna © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 Autor: M. Kappas Dezennium. In den Subtropen (d.h. zwischen 15° und 35° nördlicher Breite), in denen z.B. Mittelamerika, die Sahara, der Sahel oder Indien liegen, sind die Niederschläge hingegen um 0,3% pro Dezennium zurückgegangen. Das Auftreten von Niederschlagsextremen hat seit 1901 weltweit um etwa 2-4% zugenommen. Die Menschheit als Klimafaktor Die erdgeschichtlichen Klimawechsel sind im Wesentlichen durch die Veränderungen der Erdrotationsachse bedingt. In der jüngeren Geschichte hat jedoch auch das Wirtschaften des Menschen in zunehmendem Maße Einfluss auf das Klima, ohne dass dieser immer exakt zu quantifizieren wäre. Beispielsweise hat sich die Zusammensetzung der Erdatmosphäre deutlich verändert. Der Kohlendioxidgehalt der Luft hat sich seit 1750 um ein knappes Drittel erhöht, der heutige Wert ist der höchste in den letzten 420.000 Jahren. Drei Viertel dieser Erhöhung gehen auf die Nutzung fossiler Brennstoffe zurück, ein Viertel auf Veränderungen der Landbedeckung und -nutzung (z.B. Rodungen). Erst zögerlich setzt sich in den letzten Jahrzehnten die Nutzung alternativer Energiequellen durch, wodurch eine weitere Erhöhung dieser Werte eingedämmt werden könnte ( Beitrag Eberhard, S.76; zu Wind- und Wasserenergie Beitrag Klein, Bd. 8). Auch der Methangehalt der Atmosphäre, der eng an die globale Bevölkerungsentwicklung gekoppelt ist, ist seit 1750 um das Zweieinhalbfache gestiegen, der Anteil von Lachgas im gleichen Zeitraum um 17%. Parallel dazu erhöhte sich in der unteren Atmosphäre (Troposphäre) die Ozonkonzentration um ein Drittel. In der Stratosphäre ist der Ozongehalt hingegen deutlich zurückgegangen, was auch als Ozonloch beschrieben wird ( Beitrag Kappas u.a., S. 80). Als weitere Größen sind die natürliche und die vom Menschen verursachte Radioaktivität zu nennen, die im 14 Energie verwandelt werden und initiiert weitere Reaktionen mit der festen und flüssigen Erdoberfläche, sowohl mit deren toten wie auch mit den lebenden Komponenten. Dabei werden ganze Reaktionsketten ausgelöst. Die eingestrahlte Menge an Licht kann im Maximum den Betrag von 4000 Joule/cm² und Tag erreichen, kann aber auch gegen Null sinken, wie zum Beispiel im Winter der Polarregionen. Es gibt also saisonale Schwankungen, die von den Polen zu den äquatorialen Zonen immer geringer werden. In den Tropen finden wir das gesamte Jahr über eine fast konstante Einstrahlung an Lichtenergie von 3000 bis 4000 Joule/cm² und Tag. Durch Erwärmung und Erkalten der Erdoberfläche werden verschiedenste Prozesse in Gang gesetzt, die u.a. die Verwitterung von Gestein und die Verdunstung von Wasser zur Folge haben. Je nach Material und Struktur der Erdoberfläche wärmt sich diese in unterschiedlichem Maße auf, was wiederum Temperaturunterschiede der darüber stehenden Luft und damit Dichteunterschiede derselben zum Resultat hat. Durch den Ausgleich von Druck- und Temperaturunterschieden der Luft entsteht Wind ( Beitrag Bürger, S. 52), und mit dem Wind wird Feuchtigkeit transportiert, in der Regel von den Ozeanen hin zu den Landmassen. In Deutschland bewirkt dies einen abneh- Klima als ökologische Komponente Verdunstung Wassertransport und Niederschläge 20. Jahrhundert stetig angestiegen ist und – durch spezielle Ereignisse verursacht – deutliche Schwankungen erfahren hat ( Beitrag Endlicher/Steinkopff, S. 82). All dies belegt den enormen menschlichen Einfluss auf das Klima und die Witterung, deren Beobachtung zu den wichtigsten Aufgaben der Klimatologie gehört. Das Klima eines Ortes, einer Region oder eines Landes ist eine wesentliche Komponente des komplexen ökologischen Systems unserer Umwelt . Die Einwirkung der Sonneneinstrahlung auf die Erdoberfläche löst verschiedene physikalische und chemische Reaktionen aus ( Beiträge Endlicher/VentSchmidt, S. 38; Anhuf/Czeplak/Hoppmann, S. 40), die sowohl die feste Erdoberfläche wie auch die flüssige, d.h. die großen Wassermassen der Ozeane, betreffen. Dadurch werden die physikalischen Zustandsformen der Atmosphäre – Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Niederschlag – beeinflusst. In Abhängigkeit vom Sonnenstand und der Menge an Licht (kurzwellige Strahlung), welche die Erdoberfläche erreicht, wird eine bestimmte Energiemenge importiert. Diese Energie kann in Wärme oder durch Photosynthese in biotische menden maritimen Einfluss des Atlantiks von West nach Ost. Mit der Abkühlung von feuchten Luftmassen sind Niederschläge, mit der Erwärmung derselben sind Wasseraufnahme und Trockenheit verbunden. Von Pflanzen wird die eingestrahlte Lichtenergie in chemische Bindungsenergie überführt und so gespeichert. In dieser Form steht sie den Pflanzen selbst und schließlich jenen tierischen Organismen, die von Pflanzen leben, als Energiequelle zur Verfügung. Saisonale Schwankungen in der Lichteinstrahlung haben eine selektive Wirkung auf Pflanzen und Tiere. Die Zusammensetzungen von Flora und Fauna sind also ebenfalls ein Resultat der klimatischen Gegebenheiten. Schließlich zeigt die ökologische Betrachtung, dass die Zusammenfassung all der genannten vom Klima abhängigen Erscheinungen und Wirkungen von Bedeutung für die Art des Wirtschaftens des Menschen sind . Nicht nur die Landwirtschaft ( Beitrag Endlicher, S. 74) und der Tourismus müssen Wettererscheinungen bei typischen Wetterlagen bei Nordlagen mPA Nordlagen Nordwestlagen mP feucht kühl gute Sicht Schauerwetter örtliche Gewitter mPT Westlagen cPA trocken Wi: strenge Kälte Wi: zeitweise geringer Schneefall trocken, dunstig Wi: Schneeschauer Front-Gewitter Frühling und Herbst: Nachtfröste So: unbeständig, regnerisch So: warm, heiter Wi: kalt örtliche Gewitter Vb-Lagen (Troglagen) feuchtwarm, diesig mT feuchtwarm starke Bewölkung Sprühregen So: heiß, dunstig Wärmegewitter ergiebige Niederschläge Südlagen Südostlagen cT schlechte Sicht heiß, staubführend cTS Südlagen 0 cTS Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Klima, Pflanzen- und Tierwelt 200 400 600 800 1000 km Maßstab 1: 40000000 Wettererscheinungen im Sommer im Winter zu allen Jahreszeiten © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 Ostlagen cPT trocken, dunstig P nach HEYER 1988 cP So: warm und trocken wolkenarm feucht, stark bewölkt Wi: Tauwetter, diesig bis neblig zeitweise Regen, nasser Schnee So: kühl mT Südwestlagen Nordostlagen Wi: trockener Schnee gute Sicht cP kalt, feucht wasserdampfarm sehr gute Sicht Schauerniederschläge in de rH öh e Kurzbezeichnungen c m kontinental maritim P T Polarluft A Arktis Tropikluft P Polar S Sahara T Tropik meteomedia-Messnetz Juli 2003 Tinnum Hörnum Harrislee Hallig Gröde Tarp Husum Schleswig (Schloss Gottorf) I I I Kiel RibnitzDamgarten I I I Gr. Plöner See nal e -K a I St I I I an d I I I I Havel Lehnitz Frankfurt/Oder I Be.-Buch Buckow Be.-KreuzBe. (Insulanerberg Be.-Siemensstadt Sternwarte) I I I I Be.-Müggelsee S p re Be.-I I Potsdam I I I e I Be.- Be.- Adlershof I I I (RBB) I Wann- Mariensee felde I I I I Bestensee r I I I Magdeburg (MDR) I er I I Bo de I I RietzNeuendorf I I I I I eElb hme I I I Da I the I Plauer See I I I Osterweddingen I Ha. I Eb. Be. (Eiskeller) Nu k I al Barleben Bad Pyrmont I I I an Br. I I ve I I l- K . Le ue Havel I Ha I I I I I I d llan I Mieste I I I Mitte NauenNeukammer I I I Gr .A I I I er I Wolfsburg (Autostadt) I I Od I Oh re I I I I I Innerste We s I I I I I I I Uch t e I I I I I Templin Dos Al I I se Bie Ste. I Penkun Neuruppin I I I el etz seitenkanal ElbeI I I I I I I RhedaWiedenbrück I Salzwedel O ke I BielefeldJöllenbeck Halle Bie. Em s Je Ems I Löhne Alle r HannoverI Kronsberg Stadthagen I I (Tropicana) Porta Westfalica Rinteln-Steinbergen (Steinzeichen) Minden I I I I I I I I I I I I I nal I KaI I Osn. I I I I I I I I Münster ndk.I MI itItella I I I I I -I te ch Ve I Ce. HambührenOvelgönne LuckowRieth Rattey (Schloss) I I I I I r ine I I I I I I I I I I I n se I I msI DI ort m u n d -I E I I I I lle I I nt e A lle se Ha I I I I I Perleberg I Hu I Bersenbrück Emsdetten Coesfeld I r I No. Uelzen Syke Usedom (Stadt) Dömitz I Wes e I Großenkneten Clo. HoogstedeKalle Elb e e Delmenhorst Nbr. MüritzNationalpark Land Lübz Flee- Klink sensee Neustrelitz Müritz Parchim Sude I Bremen Wüm m I I I Lün. Teterow Peene To Kummerower See Plauer See Elde I I I I I I I I Old. I Güstrow Schw. I I Schweriner See I Papenburg I OsterholzScharmbeck Demmin Lübstorf I Ostrhauderfehn I Buxtehude Oste Soeste W I Bremervörde Wiesmoor Hamburg (Gottfried Kruspe) Stade Jork Bremerhaven Wismar se I I I Groß Schwansee Lü. 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Königshütte I Wolfen Mattendorf Preschen Drenke I I I IGelsenkirchen I I Bad CastropI I Altdöbern I I Lippstadt Göttingen- Lauterberg Beverungen (Fachhochschule) Rauxel I Bad I Issum Nikolausberg Zörbig-Mößlitz (Weser) I I I BürenBad Düben Bad Dortmund L au Liebenwerda I I Stolberg Ahden HalleI I Muskau (Westfalenpark) Delitzsch I Torgau Hofgeismar Neukirchen- Dui. Boch.-Harpen l Nordhausen Elster Göttingen Möhne Gröbers Trotha I Es. me Bochum- Ruhr Vluyn Eisleben H e (MITGAS) l m e Guteborn Hemer Sundern Arnsberg LandwehrMülheim Leipzig Hattingen hagen BestwigKrefeld a.d. Ruhr (Uniklinik) Mücheln Wu. Wup W asserfall ne Kas. Neuenrade Klinga Weißenberg Riesa Dü. 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Georgen Villingen-Schwenningen Nord Ihringen AmBreitnau / Bad merStarnberger Freiburg-Ebnet Hinterzarten Tuttlingen see Bad Wörishofen Dürrheim 4 Bad Waldsee M Andechs See Heitersheim Belchen 5 Löffingen Holzkirchen angfall (Kloster) Rothaus (Jürgen Ehret) 1370 Jlle Ros. ÜberHohen6 (Brauerei) r Warngau Kißlegg lingen twiel Schönau 7 (Schäfflerhof) 11 12 Meckenbeuren n Benediktbeuern Endenburg 8 e 9 Stühlingen (Kloster) 10 14 13 (Spieleland) Arg Argenbühl Ke. 1128 3 Gersbach 1 Gaien1615 Spitzingsattel 15 Kressbronn 2 Hopferau Lindenberg Weil Jestetten hofen 16 Wallberg WaldshutBodensee r Sontsa I redaktionell zusammengestellt Tiengen KüssaOber- hofen 1098 Lindauburg staufen Bad Schachen GarmischFischen Breiten Partenkirchen 2070 BalderNebelhorn schwang OberstdorfEinödsbach 2013 © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 Mindelheimer Hütte he Chiemsee A Rhe in Klingenbrunn (Bahnhof) Lalling n Do au 1453 Re. Ingolstadt n Do Gr. Rachel I I oche r Waldbronn z Pforzheim En Baden-Baden Aal. Stuttgart Stuttgart (Brenners Parkhotel) (Wilhelma) (Neckartal) Bühlerhöhe Bühl (Schlosshotel) Steinheim Hornisgrinde 1160 Herrenberg am Albuch Tübingen Mummelsee Altensteig Hohenstadt (SWR) Dornstetten Off. Baiersbronn MerklingenFreudenstadt- Freuden- Rottenburg Reu. Widderstall Langenwald stadtSonnenbühl Ulm (Marktplatz) Kinzig Nabburg I l Minde Lörrach-Tüllingen Lörrach Steinen (Vogelpark) Schauinsland (Bergstation) Feldbergbahn Bernau (Krunkelbachhütte) Bernau Todtmoos Höchenschwand Iznang (Mole) Radolfzell-Mettnau Konstanz-Dettingen Meersburg Mainau (Blumeninsel) Konstanz (Hörnle) Konstanz (Südkurier) Postbauer-Heng nk. R e za t Roth Ansbach K 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 in-IM I RhI e I I nitz t Red Mühlacker Frä Jags Wörnitz Karlsruhe Eschenfelden nitz P eg Nü. I I aute r Stadt I hl mü Alt Ke. 2000 bis 3000 1500 bis 2000 1000 bis 1500 750 bis 1000 500 bis 750 350 bis 500 200 bis 350 100 bis 200 50 bis 100 25 bis 50 0 bis 25 Depression Wei. Kanal- Fürth r cka Ne Winnweiler Bostalsee Mannheim Orscholz (Flugplatz) Kaiserslautern Ladenburg Dillingen Bad Dürkheim Neunkirchen Heid. Heidelberg Kirrberg Friedrichsthal (City) Speyer (Univ.) Landau Sbr.Kirkel Sinsheim i.d. Pfalz Heilbronn HeilbronnStaatsgrenze Hilst Wartberg Bretten Ländergrenze L Wörth Landhöhen (in m) Mähring N aa Alzey ber Tau Perl-Nennig WertheimMainhafen aropI EIu I tz i gn an Gl Bay. I I 818 Darmstadt Re Erbeskopf Main Na he r ue Tr. Ma in Asch. Mainz Brauneberg Sa I Mo se l ein Rh Bitburg c Reit im Winkl (Winklmoos-Alm) St. Bartholomä (Königssee) Wolfgang-GröblAlpinstation 0 25 50 75 Maßstab 1: 2750000 Klima, Pflanzen- und Tierwelt – eine Einführung 15 100 km Tage / Jahr arktische Polarluft aus der Arktis über das Nordmeer sehr kalt, feucht grönländische Polarluft aus der Arktis über die Grönlandmeere kalt, feucht Meeresluft vom Nordostatlantik über die Britischen Inseln mild, feucht 55 30 45 30 nordsibirische Polarluft aus Nordsibirien über Russland extrem kalt, trocken 15 1 4 50 5 mm² ^= 1 Tag 15 60 erwärmte Polarluft aus der Arktis über die Azoren kühl, feucht 95 70 russische Polarluft aus Russland über Osteuropa kalt, trocken rückkehrende 2 Polarluft Festlandsluft stationär in Mitteleuropa warm oder kalt, meist trocken 95 aus der Arktis über Südosteuropa erwärmt, trocken asiatische Tropikluft 40 atlantische Tropikluft von den Azoren über Westeuropa warm, feucht 1 8 5 aus dem Nahen Osten über Südosteuropa warm, trocken afrikanische Tropikluft aus der Sahara über den Balkan Mittelmeer- heiß, trocken tropikluft aus Afrika über das Mittelmeer 0 100 schwül Autor: M. Kappas 200 300 400 500 km Maßstab 1 : 20 000 000 Beschreibung der Luftmassen © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 russische Polarluft aus Russland über Osteuropa kalt, trocken berücksichtigen, was unter den jeweils gegebenen klimatischen Bedingungen möglich ist, sondern beispielsweise auch auf Wasser oder auf reine Luft angewiesene Industrien. Luftmassen über Deutschland In Deutschland herrscht ein gemäßigtes, humid-mesothermales Klima (Cf nach der Klimaklassifikation von Köppen ), das durch ganzjährige Niederschläge und mittlere Monatstemperaturen von wenigen Graden über Null in der kalten Jahreszeit und um 20 °C in den Sommermonaten charakterisiert ist. Innerhalb der globalen atmosphärischen Zirkulation liegt Deutschland im so genannten Westwindgürtel, in dem Tiefdruckgebiete von West nach Ost wandern ( Beitrag Klein/Menz, S. 42). Um Wetter, Witterungsabläufe und Klima zu verstehen, ist es notwendig, die Abfolge verschiedener Luftmassen unterschiedlicher Herkunft und ihre Wirkungen zu kennen ( Beitrag Bissoli/Dittmann/Lang, S. 62). Ihrem Ursprung nach lassen sich für Deutschland und Mitteleuropa zwei wirksame Hauptluftmassen unterscheiden: Luftmassen polarer und Luftmassen subtropischer Herkunft, deren Abgrenzung die Polarfront oder Frontalzone bildet (FRANKENBERG/KAPPAS 1991). Die Polarluft wie auch die Tropikluft gelangen, abhängig vom Ursprungsgebiet, in drei unterschiedlich temperierten Varianten nach Mitteleuropa. Je nachdem, ob die Luftmassen über Land oder über Meer geführt werden, besitzen sie kontinentale bzw. maritime Eigenschaften. Durch die Nähe Deutschlands zum Atlantik übt die vorherrschende Westwinddrift einen überwiegend maritimen Einfluss aus. 16 Bezeichnung Ursprungsgebiet und Weg Eigenschaften Im langjährigen Durchschnitt bestimmen zwölf verschiedene Luftmassen das Wetter und die Witterung in Deutschland. Dabei sind insbesondere das Ursprungsgebiet, der Weg der Luftmasse sowie ihre Eigenschaften und Auftrittshäufigkeiten von Bedeutung. Am leichtesten ist die nordsibirische und russische Polarluft zu identifizieren, die Deutschland strenge Kälte bei ausgeprägter Trockenheit bringt. Die arktische Polarluft importiert kalt-feuchte Luft nach Mitteleuropa und führt häufig zu ausgiebigen Schauern. Die grönländische Polarluft, aus Nordwesten anströmend, besitzt ähnliche Eigenschaften wie die arktische, wenn auch in schwächerer Ausprägung. Insgesamt ist vor allem der Anteil der aus Westen nach Deutschland gelangenden erwärmten Polarluft (sog. rückkehrende Polarluft) bedeutend, da diese durch den hohen Feuchtigkeitsgehalt zu großer Unbeständigkeit über Mitteleuropa führt. Echte Meeresluft wird aus dem Bereich des Nordost-Atlantiks nach Deutschland importiert. Weiter südlich im Bereich der Azoren ist das Ursprungsgebiet der atlantischen Tropikluft zu finden. Von diesem Raum strömt aus Südwesten feuchtwarme Luft nach Deutschland. Zu den selteneren Luftmassen über Mitteleuropa gehören Strömungen der asiatischen Tropikluft, der schwülen Mittelmeer-Tropikluft und der heißen afrikanischen Tropikluft. Die aus den genannten Himmelsrichtungen zuströmenden Luftmassen werden „fremdbürtig“ genannt. Auf ihrem weiten Weg über Landflächen und Meere verändert jede Luftmasse ihre ursprünglichen Eigenschaften – sie altert. Es ist erstaunlich, wie lange eine Luftmasse über weite Entfernungen hinweg Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Klima, Pflanzen- und Tierwelt Wetterlagen und Bioklima Der Wechsel unterschiedlich temperierter Luftmassen hat nicht nur einen wesentlichen Einfluss auf das Wettergeschehen, sondern auch auf das Wohlergehen des Menschen. Schon in Goethes Faust wird die Frage gestellt: „Sind wir ein Spiel von jedem Druck der Luft?“ Wir sind es, denn heutzutage ist es nachweisbar, dass etwa jeder dritte Bundesbürger wetterfühlig ist und auf Luftdruckschwankungen reagiert. Darunter befinden sich überwiegend Menschen mit Herz- und Kreislaufproblemen sowie Rheumaleidende. Extreme Temperaturwechsel (z.B. Föhnlagen, vgl. ) wirken sich nicht nur auf das körperliche Befinden ( Beitrag Grätz/Jendritzky, S. 72), sondern auch auf die Psyche des Menschen aus. Besondere Bedeutung kommt den winterlichen Hochdruckwetterlagen in den deutschen Niederungslandschaften zu. Bei schwacher Luftbewegung kann es zur Ausbildung von Sperrschichten (Inversionen) oberhalb einer Hochnebeldecke kommen, die den vertikalen Luftaustausch behindern, so dass bei starker Luftverschmutzung und stagnierenden Abgasen medizinisch-biologisch äußerst belastende Smog-Situationen entstehen können. Smog – eine Wortbildung aus den englischen Wörtern für Rauch (smoke) und Nebel (fog) – bildet sich auch in den Sommermonaten, beispielsweise durch den starken An- stieg von bodennahem Ozon während strahlungsreicher Wetterlagen ( Beitrag Kappas u.a., S. 80). Die verschiedenen Luftmassen mit ihren spezifischen Eigenschaften lassen sich immer wiederkehrenden Mustern zuordnen, den so genannten mitteleuropäischen Großwetterlagen, die seit mehr als 100 Jahren untersucht und klassifiziert werden ( Beitrag Bissoli/ Dittmann/Lang, S. 62). Bezeichnungen wie Hochdrucklage, Westwetterlage, Ostwetterlage oder Tiefdrucklage vermögen mit einem einzigen Wort den vorherrschenden Wetterzustand zu charakterisieren. Jede Jahreszeit wird dabei von bestimmten Großwetterlagen dominiert, wobei im Mittel über Deutschland die Westwetterlagen unterschiedlicher Ausprägung ( zyklonale, antizyklonale, südliche oder winkelförmige Westwetterlagen) dominieren, die in Extremfällen sogar orkanartige Ausprägung annehmen können ( Beitrag Kurz, S. 34). Für die Prognostik gilt es, diese Wetterlagen möglichst objektiv zu erfassen. In Deutschland bildet der 10. Längengrad Ost, also ungefähr die Linie Hamburg – Ulm, eine grobe Grenze zwischen einem überwiegend maritimen Klima im Westen und einem vor allem im Winter öfter den kontinentalen Ein- Vorgänge bei Stau und Föhn Hochdruck Luvseite Stau Föhnmauer Leeseite Föhn Tiefdruck Föhnfische 2000 m 3,6 °C feuchtadiabatischer Temperaturgradient: 0,6 K / 100 m (für 900 m = 5,4 K) Kondensationsniveau Steigungsregen 9 °C trockenadiabatischer 12,6 °C 1100 m Temperaturgradient: 1 K /100 m (für 2000 m = 20 K) trockenadiabatischer Temperaturgradient: 1 K / 100 m (für 1100 m = 11 K) 20 °C Erwärmung Mittlere Häufigkeit dennoch ihre Eigenschaften zu erhalten vermag, bis sich etwa durch Feuchtigkeitsverlust eine maritime Luftmasse in eine kontinentale verwandelt. Abkühlung Luftmassen und ihre Häufigkeit über Mitteleuropa 23,6 °C Föhn -- warmer, trockener Fallwind; Föhn tritt an der Leeseite (dem Wind abgewandte Seite) quer zur Windrichtung liegender Gebirgsmassive auf, wo die über das Gebirge strömende Luft höhere Temperaturen und geringere Feuchte aufweist als in gleicher Höhe auf der Luvseite (dem Wind zugewandte Seite). Verursacht werden die Temperatur- und Feuchteunterschiede durch den luvseitig erzwungenen Aufstieg der Luftmassen (Stau), deren Abkühlung, Wolkenbildung und den schließlich einsetzenden Steigungsregen. Dabei kühlt die aufsteigende, feuchte Luft relativ langsam ab (feuchtadiabatischer Temperaturgradient). Die nach Überströmen des Gebirgskammes abfallenden Luftmassen erwärmen sich und trocknen zugleich ab, ein vergleichsweise schnell ablaufender Vorgang (trockenadiabatischer Temperaturgradient). Die klassischen Föhngebiete Deutschlands liegen am Nordabfall der Alpen und im Alpenvorland. Jedoch kommt es bei entsprechender Windrichtung und Windgeschwindigkeit auch an deutschen Mittelgebirgen zu Föhnerscheinungen, darunter am Harz und am Erzgebirge. © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 nach HEYER 1988 Die meteorologische Hochstation auf der Zugspitze in 2962 m Höhe wurde im Jahr 1900 in Betrieb genommen unserer größeren Siedlungsgebiete und Arbeitsräume sind zudem durch ein Niederungs- und Beckenklima geprägt (z.B. Oberrheinebene, Stuttgart, Dresden). Dies weist – besonders in Kombination mit dem Stadtklima ( Beitrag Helbig, S. 66) – die stärkste bioklimatische Belastung auf, da beide Situationen die Bildung von Inversionswetterlagen begünstigen. Die Erfassung des Klimas flüssen unterliegenden Klima im Osten. Zwischen Nord- und Süddeutschland ergeben sich zudem klimatische Unterschiede aufgrund der größeren Nähe Norddeutschlands zu den Zentren der atlantischen Tiefdruckgebiete. Eine Folge ist, dass Norddeutschland wesentlich windreicher ist als Süddeutschland. In Deutschlands Mittelgebirgen entscheiden Luv- (im Anströmungsbereich) und Leelagen (im Windschatten) über die hygrische und thermische Ausprägung des regionalen Klimas. In den Luvlagen überwiegt ein niederschlagsreiches und sonnenscheinarmes Klima, in den Leegebieten ein sonnigeres und trockeneres Klima. In Süddeutschland wird das Klima stark vom sich westöstlich erstreckenden Alpenkamm geprägt. Föhn- und Stauwirkungen reichen weit in das Alpenvorland hinein. Einige Die Klimatologie befasst sich mit den mittel- und langfristigen Erscheinungen des Klimas und seiner Dynamik und gilt als Teilgebiet der Meteorologie, die allgemein die Eigenschaften und Ursachen des Wettergeschehens erforscht. Den Einfluss der Witterung auf die belebte Natur – Mensch, Pflanzen- und Tierwelt – untersuchen die Mikroklimatologie und die Bioklimatologie. Die Mikroklimatologie ist dabei die Lehre von den kleinräumigen, durch die Geländegestalt bedingten Abwandlungen des Zustands der Atmosphäre, und die Bioklimatologie erforscht die Einwirkung der Atmosphäre auf die Lebewesen ( Beiträge Grätz/Jendritzky, S. 72; Kappas u.a., S. 80). Wie wird nun das Klima erfasst bzw. gemessen? An erster Stelle sind hier die Klimastationen der amtlichen Wetterdienste (Seewetterwarten, Landstationen des DWD ) oder privater Wetterdienste zu nennen , an denen in unterschiedlichem Maße die verschiedenen Elemente des Klimas erfasst werden: Niederschläge ( Beiträge Klein/ Menz, S. 42 und 44), Luftdruck und Luftfeuchtigkeit, Windrichtung und -stärke ( Beitrag Bürger, S. 52), Temperatur ( Beitrag Alexander, S. 36) und Sonnenscheindauer ( Beiträge Endlicher/Vent-Schmidt, S. 38; Hanewinkel, S. 30). Der Deutsche Wetterdienst führt an 173 Wetterstationen tägliche Messungen durch, unterstützt von 3550 ehrenamtlichen Kräften. Auf dem Hohenpeißenberg im Voralpenland südlich von München werden z.B. seit 1781 kontinuierlich meteorologische Messungen vorgenommen. Damit liefert die Station die am weitesten zurückreichenden regelmäßigen Wetterbeobachtungen von einer Bergstation (977 m Höhe über NN). Besondere Witterungserscheinungen wie Nebel und Schnee werden an solchen Stationen gesondert erfasst ( Beitrag Schneider/Schönbein, S. 48). Basierend auf Messungen dieser Klimastationen liegen in Deutschland Daten über die Klimakomponenten innerhalb eines statistisch gesicherten Rahmens vor, wobei in der Regel 30-jährige Intervalle zur Berechnung der Durchschnittswerte von z.B. jährlichem Niederschlag oder Temperatur herangezogen werden (klimatische Normalperiode von 30 Jahren, z.B. 1961-1990). Die Messungen der Klimastationen haben in der Zwischenzeit in Verbindung mit modernen Radar- und Satellitenmessungen einen wichtigen Einfluss auf unsere technisierte Welt. Frühzeitige Nebelwarnungen für Auto- und Flug- verkehr werden heute selbstverständlich flächenhaft abgeleitet ( Beitrag Bendix, S. 50). Die Erweiterung der Messwerterfassung über die eigentlichen Klimaelemente hinaus auf Schadstoffmessungen in der Atmosphäre bietet eine wesentliche Informationsquelle für die Bewertung von Gesundheitsrisiken in Ballungsgebieten. Die terrestrischen Messstationen werden heute in zunehmenden Maße durch moderne Fernerkundungstechniken (Regenradar, Wettersatelliten) ergänzt; zudem haben die Wettersatelliten entscheidenden Anteil an der Vorhersage des Wetters und der Analyse der Luftströmungen. Die Wettersatelliten ermöglichen die Erfassung der Dynamik der Atmosphäre Inforin hoher zeitlicher Auflösung ( mationskasten S. 18/19). Während der METEOSAT der alten Generation alle 30 Minuten ein Der Meteorologe und Klimatologe Wladimir Peter Köppen wurde am 25. September 1846 in St. Petersburg geboren und starb am 22. Juni 1940 in Graz. 1875-1918 arbeitete er an der Deutschen Seewarte in Hamburg. Sein Hauptwerk „Die Klimate der Erde“ (1923) enthält die weltweit anerkannte Klimaklassifikation, auf die auch heute noch Bezug genommen wird. Klima, Pflanzen- und Tierwelt – eine Einführung 17 Bild lieferte, betragen die Intervalle bei der zweiten Generation (MSG 2) nur 15 Minuten. Dabei wird nicht nur eine flächenhafte Erfassung des atmosphärischen Geschehens durch die Satelliten erzielt, sondern es werden auch zusätzliche Informationen erfasst, die Angaben über Wasserdampfgehalt, Wolkenhöhe und Wolkenoberflächentemperaturen ermöglichen. Durch die flächenhafte Betrachtung des Wetters via Satellit werden also nicht nur großräumige Wettertrends, sondern auch lokale und regionale Klimaausprägung in hoher Zeitauflösung erkennbar. Vom Klima zur Pflanzenwelt Die aufgezeigten regionalklimatischen Unterschiede ( Beiträge Goßmann/ Thamm, S. 68; Siegmund, S. 70) dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass Deutschland von einem relativ einheitlichen Klimaregime geprägt wird: Die Westwind-Dominanz bedingt selbst in den östlichen Landesteilen immer noch maritime Einflüsse mit vorwiegend milden Sommern und kühlen Wintern sowie nahezu ganzjährig humide Verhältnisse. Ein Spiegelbild dieses einheitlichen Klimatyps liefern die Vegetation und Tierwelt, indem der horizontale Florenund Faunenwandel in der Nord-Südund West-Ost-Zonierung weitaus schwächer ausgeprägt ist als der vertikale in den Höhenstufen der Mittelgebirge und Alpen ( Beitrag Erasmi u.a., S. 64). So lässt sich die natürliche Vegetation im temperierten Mitteleuropa Berge im Frühnebel Ökozonen in Europa . Die Invasion der Pflanzen Ke m ijok i Re E u r o p ä i s c h e N o s r d m e e r Nö r 60° Glå m A T L A N T I S C H E R a Vänersee dl. Dw i na gaLadoee s H. O. Ta. St. e Wo l g a e s O L. Mi. Wa. K. Br. Dnip ro s³ a Wi P. Lu. Rhei n Lo i r e W. B. Br. Ch. Bud. Z. Rhône Lju. Buk. Bel. Sa. subarktisch Do na u ro Eb 40° Li. va Be. Pa. Tejo Daug Wi. Elb e Am. O Z E A N s n Do s e e 50° Ri. t Ko. D. Mo. a N o r d - boreal atlantisch zentraleuropäisch nemoral sarmatisch So. M a. Sk. R. Ti. steppisch thermonemoral M i © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 0° 18 t t e 10° A. l m e e nach OZENDA /BOREL 2000 mediterran r 20° zwischen dem kühlen Skandinavien und dem wintermilden bzw. sommerwarmen Mittelmeergebiet einer nemoralen Waldzone zuordnen . Dieser Komplex zwischen borealen Wäldern im Norden und mediterranen im Süden erweist sich als recht homogen und wurde vor Beginn der intensiven Nutzung durch den Menschen vornehmlich von winterkahlen Laub- und Laub-Nadelmischwäldern, in höheren Lagen auch von reinen Nadelwäldern eingenommen. Moore und stellenweise reliktäre Steppenfragmente nahmen kleinere Flächen ein, die man, ähnlich wie die Vegetation auf strandnahen Küstendünen, als azonale Vorkommen bezeichnen kann. Der zonale Typus würde dagegen bei fehlender Beeinflussung durch den Menschen weitgehend verschiedenen Rotbuchenwald-Gemeinschaften ( Foto S. 20) entsprechen ( Beitrag Bohn/Welß, S. 84). Diesen können je nach Standortbedingungen in unterschiedlichem Maße andere Baumarten beigemengt sein, oder es treten andere in den Vordergrund, etwa Eichen auf sauren, Kiefern auf trockenen oder Erlen auf nassen Standorten. Den mitteleuropäischen Rotbuchenwäldern entsprechen vergleichbare Gemeinschaften in der temperierten Klimazone entlang der nordamerikanischen Atlantikküste sowie im östlichen China und in Japan (RICHTER 2001). montan ia Nikossubalpin/alpin 30° Maßstab 1 : 30 000 000 Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Klima, Pflanzen- und Tierwelt Die heutige aktuelle Vegetation unterscheidet sich von der ehemaligen bzw. potenziellen natürlichen ganz erheblich. Rotbuchenwälder gibt es zwar noch relativ reichlich, jedoch handelt es sich um durchforstete und gepflegte Bestände, denen der frühere Urwaldcharakter restlos verloren gegangen ist ( Foto S. 20), sieht man von wenigen Ausnahmen ab ( Beitrag Steinecke/ Venzke, S. 92). Daneben nehmen Fichten- und Kiefernforste große Flächen ein, die den natürlichen Verhältnissen kaum entsprechen. Dies mag angesichts der vielerorts bekannten Fichtendominanz verwundern, die als spezifisch mitteleuropäischer Zug in der neueren Landschaftsgeschichte gilt (KÜSTER 1995). Zwar drangen Fichten schon frühzeitig und vor Rotbuche, Hainbuche und Tanne von Südosten gegen Mitteleuropa vor ( Beitrag Anhuf u.a., S. 88), jedoch vermochten sie sich gegen die bereits vor 8000 Jahren bestehenden Hasel-, Eichen-Birken- und Kiefernwälder im Westen und Norden nicht durchzusetzen. Natürliche Schwerpunkte der Fichtenverbreitung beschränkten sich weitgehend auf niederschlagsreichere Bereiche der Mittel gebirge, so im Böhmerwald, „Teils heiter, teils wolkig ...“ ist für Deutschland zwar nicht die überwiegende Wetterprognose, aber wir lauschen erwartungsvoll den täglichen Vorhersagen der „Wetterfrösche“, da ihre Informationen entscheidend für unsere Freizeitplanung und viele andere Lebensbereiche sind. Das Wetter entscheidet auch über Ernteerfolg oder Missernten und damit vielerorts über Leben und Tod. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Menschen – und vor allem die Bauern – seit alters her bemüht waren, das Wetter mit seinen folgenschweren Schwankungen möglichst präzise vorherzusagen. Traditionell orientierte man sich hierzu an Beobachtungen in der Natur. Dem Volksmund nach erklimmen Laubfrösche bei einset- METEOSAT Second Generation ( Foto) ist ein Kooperationsprogramm der ESA (European Space Agency) und der EUMETSAT (Organisation for the Exploitation of Meteorological Satellites). Während ESA die technische Entwicklung und spätere Überwachung der Satelliten zur Aufgabe hat, bildet EUMETSAT die Plattform aller 18 Mitgliedsstaaten, auf der die verschiedenen Bedürfnisse der nationalen Wetterstationen definiert und die gewonnenen Daten verwaltet werden. zenden Hochdruck- und Schönwetterlagen die höher liegenden Sträucher, während Schwalben bei Eintritt von Schlechtwetter den Tiefflug bevorzugen sollen. Den Meteorologen stehen inzwischen weit wissenschaftlichere und fundiertere Vorhersagemöglichkeiten zur Verfügung, auch wenn sich die Prognosen des Wetterberichts hin und wieder als falsch herausstellen mögen. Neben konventionellen bodengebundenen Messstationen ist der Betrieb von Wetterbeobachtungssatelliten eine nicht mehr wegzudenkende Stütze detaillierter und zuverlässiger Wetterprognosen. Die Versorgung Europas und Deutschlands mit flächendeckenden, hochauflösenden Satellitendaten übernimmt derzeit das Satellitenprogramm METEOSAT. Seit 1977 betreiben mehrere europäische Länder ein Programm so genannter geostationärer Wettersatelliten, die die Erde synchron mit ihrer Rotation umlaufen, so dass sie stets über einem METEOSAT – das Wetter Europas im Überblick Stefan Erasmi, Martin Kappas und Alexander Seidlich Punkt der Erdoberfläche zu stehen scheinen. Sie können so ständig neue Daten über Wetterveränderungen eines ausgewählten Bereiches auf der Erde liefern. Seit dem erfolgreichen Start von METEOSAT 1 befindet sich inzwischen der achte Satellit (MSG 1 – Meteosat Second Generation 1) auf einer Umlaufbahn von ca. 36.000 km Höhe mit Position über dem Schnittpunkt zwischen Äquator und Nullmeridian. Sein Blickwinkel deckt ungefähr ein Drittel der Erdoberfläche ab, wovon er alle 15 Minuten ein Bild an die Bodenstation sendet. Die Kameras an Bord registrieren Wolkenfelder und deren Bewegung, und ein ganzes Arsenal an Sensoren misst u.a. Temperaturen in unterschiedlichen Höhen der Atmosphäre. Seit dem Start des ersten Satelliten konnten ca. 1,5 Mio. Aufnahmen gewonnen werden. Informationsgehalt von METEOSAT METEOSAT registriert die Strahlung in mehreren Wellenlängenbereichen, d.h. es handelt sich um einen multispektralen Sensor, der auch für unser Auge unsichtbare Phänomene wie Infrarotinformationen und hierdurch z.B. den Wasserdampfgehalt der Atmosphäre erkennt. Die Anzahl der Wellenlängenbereiche konnte von bisher 3 auf 12 Spektralkanäle erhöht werden . METEOSAT dreht sich mit 100 Umdrehungen pro Minute um seine eigene Achse und tastet dabei die Erde zeilenweise ab, beginnend am Südpol. Nach ca. 13 Minuten ist der Nordpol erreicht und das Rohbild über Spektralkanäle METEOSATs Kanal 1.Generation 2.Generation sichtbar (visible) 0,5-0,9 VIS 0,6 VIS 0,8 IR 1,6 Wasserdampf (water vapour) WV 6,4 WV 6,2 WV 7,3 IR 11,5 IR IR IR IR Infrarot thermales Infrarot 3,8 8,7 10,8 12,0 IR 9,7 IR 13,4 Angabe der Wellenlänge in Nanometern (nm) die Empfangsstation in Fucino/Italien vollständig an das Kontrollzentrum in Darmstadt übermittelt. Dort wird das Rohbild aufbereitet und wieder an METEOSAT geschickt, damit es anschließend die Nutzer erreicht. Zwei Minuten werden zur Rückstellung des Spiegelsystems im Satelliten benötigt, anschließend beginnt die nächste Abtastung der Erde, d.h. ungefähr alle 15 Minuten entsteht ein neues METEOSAT-Bild. Aufgaben von METEOSAT Das METEOSAT-System hat eine Reihe von Aufgaben. Es stellt die kontinuierliche Versorgung mit meteorologischen Daten und Wet- tersituationen über Afrika und Europa sicher und überwacht die Strahlungsintensität der Erde. Der Satellit verfügt zudem über ein Search & Rescue-Transpondersystem (Suchund Rettungssignalsystem), welches Notfallsignale z.B. des Schiffsverkehrs empfängt und weiterleitet. Die primäre Aufgabe des MSG 1 besteht darin, durch die Abtastung der Erde in zwölf Spektralbereichen eine chronologische Bilderfolge der Erdoberfläche und der atmosphärischen Bedingungen zu erstellen. Diese Rohbilddaten werden direkt bearbeitet, und aus Standort, Lage und Umdrehungsgeschwindigkeit des Satelliten wird die Korrektur der Bilder berechnet, d.h. eine geographisch einwandfreie Zuordnung der einzelnen Bildpunkte vorgenommen. Diese Daten werden teilweise verschlüsselt an die Bodenstation gesendet sowie bei EUMETSAT archiviert. Aus den Bilddaten werden geophysikalische Parameter für meteorologische Zwecke abgeleitet. Sie bilden die Grundlage zur Bestimmung von Windvektoren, Meeresoberflächentemperaturen, relativer Feuchte der oberen Troposphäre, Wolkenverteilungsanalysen, Höhe der Wolkenobergrenzen, Niederschlagsindex, etc. Weiterhin dient der MSG 1 als Kommunikationssatellit, indem er Daten automatischer Messplattformen (z.B. Bojen) erfasst und an das internationale meteorologische Telekommunikationssystem (GTS) weiterleitet. Alle Beobachtungsdaten, Wetterkarten, Vorhersagekarten u.a. werden über METEOSAT an Wetterdienste verteilt. Praktischer Nutzen der Satellitendaten Im Gegensatz zu Beobachtungen von Wetterstationen, die teilweise weit voneinander entfernt liegen und nicht immer kontinuierlich Wetterdaten aufnehmen, stehen Beobachtungen von Wettersatelliten flächendeckend und im Falle der geostationären Wettersatelliten auch in hoher zeitlicher Wiederholrate zur Verfügung. Der wesentliche Nutzen der METEOSATDaten liegt jedoch in der Wetterüberwachung und bei der Wettervorhersage für die nächsten ein bis drei Stunden. Durch genaues Studium einer Abfolge von Bildern in Verbindung mit anderen Daten (Stationsmeldungen, Niederschlagsradar, Blitzortung) lassen sich kurzfristige Aussagen über die Wetterentwicklung machen. So können z.B. gefährliche Wettererscheinungen frühzeitig erkannt und damit Schäden durch Katastrophen verhindert oder gemildert werden. Der große Vorteil der Satelliten ist, dass sie auch Daten von Gebieten liefern, von welchen sonst kaum meteorologische Messungen vorliegen, wie z.B. von Ozeanen oder Wüstenregionen. Windrichtung und -stärke lassen sich aus der Verlagerung von Wolken in aufeinander folgenden Satellitenbildern erkennen. Im infraroten Spektralbereich (IR) misst der Satellit die Wärmestrahlung der Erde und der Wolken. Daraus lassen sich Temperaturen der 20.10.1998 12:00 UTC Meeresoberflächen und der Wolkenoberflächen bestimmen. Aus letzteren kann man wiederum auf die Höhe der Wolke schließen. Außerdem lassen sich Bedeckungsgrad und Art der Wolken sowie der Feuchtegehalt der Atmosphäre in 5-10 km Höhe aus dem Wasserdampfkanal von METEOSAT ermitteln. Die Bilder, die alle 15 Minuten aufgenommen werden, lassen sich auch zu einem Film zusammensetzen. Diese Zeitrafferaufnahmen zeigen eindrucksvoll die Entwicklung von Wettersystemen und sind für die Wetterüberwachung notwendig (z.B. zur Erkennung von Gewitterentwicklungen oder zur Überwachung von tropischen Stürmen). Außerdem werden solche Filme im Fernsehen zur Verdeutlichung des aktuellen Wetters gezeigt und im Internet zur Verfügung gestellt. Ausblick Die alte METEOSAT-Reihe wurde Anfang September 1998 mit dem Start von METEOSAT 7 abgeschlossen. Dieser war im operationellen Betrieb bis er Ende August 2002 durch den Start des METEOSAT Second Generation abgelöst wurde. Die neue Systemreihe sieht vor, noch zwei weitere Satelliten zu starten, die jeweils für eine siebenjährige Betriebszeit ausgelegt sind. Wird der MSG 2 gestartet, befinden sich zwei funktionale Wetterbeobachtungssatelliten im geostationären Orbit, der operative über äquatorial West-Afrika, der andere um zehn Längengrade getrennt auf „stand-by“-Position. Inzwischen wird der MSG 3 gebaut und gelagert. Die Bereitstellung eines vierten Satelliten ist für das nächste Jahrzehnt vorgesehen, um die kontinuierliche meteorologische Datengewinnung nachhaltig aufrechtzuerhalten. Geschichte der Wettersatelliten Start Name 4.10.1957 SPUTNIK1 31.1.1958 EXPLORER1 1.4.1960 TIROS1 23.11.1977 METEOSAT 1 19.6.1981 METEOSAT 2 15.6.1988 METEOSAT 3 6.3.1989 METEOSAT 4 2.3.1991 METEOSAT 5 20.11.1993 METEOSAT 6 2.9.1997 METEOSAT 7 29.8.2002 METEOSAT Second Generation1 Auftrag erster künstlicher Erdtrabant (Satellit) in der Umlaufbahn (UdSSR) zweiter Satellit (USA) erster meteorologischer Satellit (TIROS = Television and Infrared Observation Satellite) Beginn des europäischen Wettersatellitenprogramms Beginn der neuen Systemreihe Second Generation Klima, Pflanzen- und Tierwelt – eine Einführung 19 Wirtschaftswald in der Sächsischen Schweiz Ostasien derartige Bestände als artenarm gelten. Über die heutige Natur: Nichts bleibt, wie es ist ... Frankenwald, Fichtelgebirge, Erzgebirge, Thüringer Wald und Harz. Derartige Rekonstruktionen der holozänen Einwanderungsgeschichte einzelner Arten im Speziellen und damit der Vegetationsgeschichte im Allgemeinen lassen sich aus Pollenanalysen ablesen. Hierbei liefern in der Vergangenheit in Seesedimenten und Torfen abgelagerte Pollen und Sporen, die sich unter anaeroben Bedingungen als zersetzungsresistent erweisen, je nach Tiefenlage der Ablagerungsschichten Hinweise über zeitliche Veränderungen der Zusammensetzung windbestäubter Pflanzen. Anhand der Mengenverhältnisse der Pollengruppen ergeben sich Rückschlüsse auf die Wanderungs- und Verdrängungsgeschichte von Sippen und somit auf klimabedingte und menschliche Einflüsse im Vegetationsbild. Die chronologische Abfolge lässt sich nicht nur relativ datieren, sondern auch zeitlich fixieren, sobald organische Bestandteile in den Proben eine Radiokarbon-Datierung erlauben. Aus dem Pollenarchiv des inzwischen verlandeten Luttersees zeichnet sich die spätglaziale und nacheiszeitliche Vegetationsentwicklung für Nord- und Mitteldeutschland in folgenden Phasen ab: • bis etwa 10.000 v.h. bei den Baumpollen Dominanz von Birken und Kiefern, ferner Weidengebüsche, die Buchenwald auf Rügen 20 jedoch alle nur in offenen Bestände auftreten – wenn überhaupt; • von 10.000 bis 8000 v.h. deutliche Dominanz der Hasel, die fast bis zur Zeitenwende stark vertreten blieb, während Ulmen und Eichen hinzukommen; • Erlen nehmen von 5000 bis 2000 v.h. eine wichtige Position ein, Rotbuchen und Hainbuchen erst seit der Zeitenwende; Fichten spielen in Nord- und Mitteldeutschland nur eine untergeordnete Rolle. • Auch bei den Nichtbaumpollen ergeben sich deutliche Veränderungen, indem zunächst die Gräser der Tundren während der Wiederbewaldung an Gewicht verlieren und ebenso der Wermut als Anzeiger für trockenes Klima zurückgedrängt wird. • Dies ändert sich mit den Rodungsphasen seit 3000 v.h. und vermehrt seit dem Mittelalter, das neben leicht erhöhten Graspollen-Anteilen auch durch einen deutlichen Anstieg an Getreidepollen gekennzeichnet ist, begleitet von altweltlichen Beikräutern wie den Meldengewächsen. Die kaltzeitlichen Bedingungen bis etwa 10.000 v.h. hatten natürlich gravierende Folgen auf die Zusammensetzung der damaligen Flora Mitteleuropas, auf die sich die heutige aufbaut. Hier ist zunächst davon auszugehen, dass, wie in den vorangegangenen Eiszeiten, zahlreiche Sippen nach Süden auswichen oder ausgelöscht wurden. Diesem Prozess der Artendezimierung ist für Mitteleuropa insofern besonderes Gewicht beizumessen, als hier die Überlebensvoraussetzungen aufgrund fehlender Wanderungswege weitaus ungünstiger waren als zum Beispiel in Ostasien oder in Nordamerika: Während dort eine NordSüd-Migration weitgehend ungehindert ablaufen konnte, erwiesen sich die Alpen und die Pyrenäen als eine WestOst-Barriere. Nur wenige Schleusen standen für das Entweichen und die Rückkehr der Arten zur Verfügung, so etwa die Donausenke zwischen Bayerischem Wald und Ostalpen oder die schmalen Küstensäume südlich der Seealpen und östlich bzw. westlich der Pyrenäen. Es verwundert also nicht, dass der Artenanstieg in Mitteleuropa, der in Abbildung beispielhaft für Meck- Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Klima, Pflanzen- und Tierwelt Mit diesen Ausführungen ist allerdings die real vorhandene Vegetation in Mitteleuropa unzureichend gekennzeichnet, denn der Kurvenverlauf in Abbildung deutet auf ein weiteres Phänomen hin, nämlich den anthropogenen Arteneintrag. Gegenüber den heimischen Pflanzen sind heute längst solche Arten in der Überzahl, die vom Menschen bewusst eingeführt bzw. unbewusst z.B. über Saatgut eingeschleppt wurden. Nur wenige davon könnten ohne ihren Urheber fortbestehen ( Agriophyten), während die Mehrzahl als kulturabhängige Begleitflora ohne menschliche Tätigkeit wieder verschwinden würde. Dies betrifft einen Großteil der Beikräuter (früher Unkräuter) auf landwirtschaftlichen Nutzflächen (Segetalpflanzen) und im überbauten Siedlungs- und Verkehrs- lenburg dargestellt ist, im Verlaufe der Nacheiszeit nur langsam verlief und sich erst nach fast 9000 Jahren auf einer Art Sättigungsniveau einpendelte (etwa vor 1000 Jahren). Ebenso ist infolge der eiszeitlichen Sippenverarmung auf die geringe Anzahl von Baumarten hinzuweisen, die in Mitteleuropa zu recht einfachen Naturwaldstrukturen führte. Während bei einem Baumbestand von fünf Arten pro Hektar in deutschen Wäldern bereits von einer „reichen Buntmischung“ gesprochen wird, würden im temperierten Nordamerika oder Pollendiagramm vom Luttersee im Untereichsfeld, südliches Harzvorland Zeit (Jahre) -10000 -8000 -6000 -4000 -2000 -1000 0 heute Beifuß Gänsefußgewächse Heidekrautgewächse Getreide Gräser Sanddorn Krähenbeere 200 Pollendichte Pollen/cm² 100 Hasel Tanne Fichte 0 50 Pollenanteil Hainbuche Anteil in % (im unteren Teil der Abb. ohne Kontur) 0 Rotbuche Erle Esche Linde Eichenmischwald Eiche Ulme Kiefer Birke I II I III IV V II III IV III VII V © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 a VII VI b IX VII X VIII XI XII IX X Weide Phasen der Waldentwicklung nach STEINBERG nach FIRBAS 1949 Phytodiversität Müritz Elb e Lau sitzer Rh Od er r ese ein W eiße N lb E ale Sa ra e Fu lda Wer el Maximale Artenzahl os Ma M 1 803 in 1 501 1 301 1 101 901 810 - 1 700 1 500 1 300 1 100 900 Stand: August 1997 nau Do Rhe in Inn Ammersee Starnberger See Bereich mit hoher Zahl an gefährdeten Arten Chiemsee Bodensee nach HAEUPLER/VOGEL 1999 © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 Bezugsfläche ist jeweils ein Gebiet von 3 x 3 Blättern der topographischen Karte 1 : 25 000. bereich (Ruderalpflanzen) auf Trümmern, Halden, Plätzen, Stadtbrachen und Verkehrswegen. Viele davon haben ihren festen Platz im Wohn- und Arbeitsumfeld des Menschen (etablierte Epökophyten wie die Brennessel, das Hirtentäschelkraut, die Nachtkerze), andere treten nur vorübergehend auf (passante Ephemerophyten). 0 25 50 75 100 km Maßstab 1 : 6 000 000 Ein erheblicher Teil der kulturabhängigen Beikräuter gelangte bereits während der indogermanischen Völkerwanderung und der nordwärtigen Expansion des römischen Reiches nach Mitteleuropa. Diese Archäophyten, die auf dem Landweg eingetragen wurden ( Fotos), werden seit der Entdeckung der neuen Welt durch Neophyten er- Mecklenburg Zuwachs an Pflanzenarten im Holozän Artenzahl 2500 passante Ephemerophyten (wildwachsende, zeitweilig auftretende Pflanzen) kulturabhängige Epökophyten (Pflanzen der vom Menschen geschaffenen Sekundärvegetation) 2000 kulturabhängige Agriophyten (Pflanzen der naturnahen Vegetation) 1500 heimische Idiochorophyten (Pflanzen der von menschlicher Tätigkeit unbeeinflussten Vegetation; ggf. ein-, oder rückgewandert) 1000 500 -12000 -10000 -8000 © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 -6000 -4000 -2000 -1000 nach FUKAREK 1992 0 1000 heute 0 Zeit (Jahre) Klatschmohn (Papaver rhoeas) (oben) und Kornblume (Centaurea cyanus) (unten) sind typische Vertreter der Alteinwanderer, während die Kanadische Goldrute (Solidago canadensis) ein typischer Neophyt ist. Sie wurde im 17. Jh. als Zierpflanze eingeführt und hat sich als Gartenflüchtling an Wegrändern und auf Ruderalflächen stark verbreitet. Heute ist sie in weiten Teilen Europas fest eingebürgert und wird vom Naturschutz sogar bekämpft. gänzt ( Beitrag Kowarik, S. 110), die infolge der rasanten Ausweitung des globalen Verkehrs in zunehmenden Maßen aus anderen Kontinenten eingeschleppt werden ( Foto). Somit verursachen die „Adventivpflanzen“, also die menschlichen Begleiter, seit Jahrhunderten eine Bereicherung der Flora Mitteleuropas (KOWARIK 2003). Neue Zuzügler werden aber oftmals als „Müllpflanzen ohne Wert“ oder als Schädlinge bezeichnet, so z.B. der japanische Flügelknöterich als dominante Uferpflanze oder der kaukasische Riesen-Bärenklau als expansive Staude an Waldrändern und Bachläufen. Solche Vertreter zeichnen sich gegenüber den heimischen Konkurrenten als aggressive Exoten aus. Weitgehend unbeachtet verbreiten sich zugleich viele Gehölze. Dies gilt kurioserweise insbesondere für städtische Bereiche, wo aus Nordamerika oder Asien stammende Ahorn-, Kreuzdorn- oder Weißdorn-Arten ebenso wie Essigbaum und Schmetterlingsflieder zur – wenn auch begrenzten – Flucht etwa von Kinderspielplätzen und Friedhöfen, aus Gärten oder Parks neigen. Hieraus erklärt sich, dass Berlin in Deutschland mittlerweile zur Region mit dem größten Reichtum an Baumarten avanciert ist. So kommt es nicht von ungefähr, dass heute gerade Großstädte als „hot spots“ der Phytodiversität zu erachten sind ( Beitrag Gewalt, S. 102). Und ebenso wenig mag es erstaunen, dass die Mehrzahl der schützenswerten Rote-Liste-Arten keineswegs der heimischen Flora entstammt, sondern aus Kulturbegleitern besteht. Wo allerdings die Grenze zwischen schützens- und bekämpfenswerten Teilhabern einer schon seit Jahrhunderten bestehenden und unvermeidbaren Invasion liegt, bleibt eine naturschützerische Streitfrage. Oftmals richten sich die Ziele des Artenschutzes auf eine Priorität des Artenerhaltes einer vorindustriellen Kulturlandschaft oder einer historischen Naturlandschaft aus, also auf einen Landschaftstyp mit musealem Charakter. Dies betrifft auch den Naturschutz im weitesten Sinne ( Beiträge E. Schmitt, S. 94; Job/Losang, S. 96; Jedicke, S. 98), der in Deutschland in eine andere Zielrichtung als etwa in den USA oder in vielen Tropenländern stößt. Die Ursache hierfür ist auf den Mangel an „echter“ Natur in Mitteleuropa zurückzuführen, die zumeist nur noch in den wenigen Nationalparks zu finden ist ( Beitrag Job/Losang, S. 96). Da also Urwälder als Prototypen der ursprünglichen Natur fehlen, er- scheinen in Deutschland Restbestände einer gelegentlich stark romantisierten und stets nur in Details wiedergegebenen traditionellen Kulturlandschaft als besonders erhaltenswert. Ob es sich bei den Lebensgemeinschaften einer traditionellen Hecke um eine „bessere“ oder „wertvollere“ Natur handelt als um jene einer Industriebrache, sei aber dahingestellt. Dennoch ist der Bedarf an Biotopschutz für Hecken verständlicher als für urbane, industrielle bzw. postindustrielle Lebensgemeinschaften. Denn im ersten Fall handelt es sich um linienhafte Strukturen einer erhöhten Biodiversität, die als Bindeglieder zwischen anderen naturnahen Standorten fungieren; durch ihre fortschreitende Vernichtung drohen sie, aus dem Landschaftsbild zu verschwinden ( Beitrag Fickert/Richter, S. 120). Klima, Pflanzen- und Tierwelt – eine Einführung 21 Rothirsch ab, bei dem jegliche behördliche Pflegemaßnahme als Eingriff in einen anfänglichen Entwicklungsprozess gesehen werden kann, wobei „die Sukzession immer wieder gestoppt, ein Stück weit zurückgeworfen, annulliert und auch aboder umgelenkt“ wird (HARD 1998). Solche „Störprozesse“ fördern eine Trivialvegetation, die zwar gängigen Vorstellungen von Ästhetik widerspricht, als Wildwuchs jedoch für eine zunehmende Zahl an Betrachtern „das Wünschenswerte als unbeabsichtigte Folge absichtsvollen Handelns“ verkörpert. Wenn Urwälder, Hecken oder Trockenrasen als Zeugen einer traditionellen Kulturlandschaft einer naturfernen Stadtvegetation gegenübergestellt werden, so weist dieses Vorgehen auf die breite Palette unterschiedlicher Natürlichkeitsgrade von Lebensgemeinschaften hin ( Beitrag Jedicke, S. 28). Die so genannten Stufen der Hemerobie zeigen die Spannweite zwischen wenigen, vom Menschen kaum berührten bis hin zu vollständig umgestalteten künstlichen Ökosystemen auf. Gänzlich unberührte Natur gibt es hingegen in Mitteleuropa nicht mehr, denn von versteckten bzw. indirekten menschlichen Einflüssen von außen – beispielsweise in Dies gilt auch für Feuchtbiotope oder Trockenrasen ( Beitrag Jentsch, S. 122) als weitere Lieblingsobjekte des deutschen Natur- bzw. Biotopschutzes. Stadt- bzw. Industriebrachen benötigen dagegen keinen zwingenden Schutz, denn sie sind ohnehin da und entwickeln sich bei mangelnder Pflege oftmals in einer derart vielfältigen (und zufälligen) Weise, dass ihre „Profanvegetation“ kaum verbesserungsbedürftig erscheint ( Beitrag Block, S. 108). Ähnliches zeichnet sich bei genauerem Hinsehen aber auch für das Stadtgrün Der Kartoffelkäfer mit Larve Ausbreitung des Kartoffelkäfers in Europa 1925-1960 . Ke m ijok i Re E u r o p ä i s c h e N o s r d m e e r Phasen der Ausbreitung bis 1925 bis 1939 bis 1930 bis 1943 bis 1933 bis 1955 bis 1935 bis 1960 Ausbreitungsrichtung Nö r dl. Dw nach SEDLAG 1995 i na 60° Maßstab 1 : 30 000 000 Glå m A T L A N T I S C H E R a gaLadoee s H. O. Vänersee Ta. St. e Wo l g a e s O Elb e L. Am. O Z E A N va Wi. W i s³ Mi. a Wa. Be. K. Dnip ro Lu. P. R hein Pa. Lo i r e W. B. Br. Ch. Bud. Z. Rhône Lju. Buk. Do na u Bel. Sa. ro Eb 40° Li. Daug Br. aus Nord ame rika Tejo s n Do s e e 50° Ri. t Ko. D. Mo. a N o r d - So. M a. R. M i © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 0° 22 Sk. t t e 10° Ti. An. A. l m e e r Nik. 20° 30° Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Klima, Pflanzen- und Tierwelt Form von Luftverunreinigungen – bleibt kein Standort verschont. Dies betrifft nicht nur Wälder ( Beitrag Steinecke/Venzke, S. 106) – das Phänomen des Waldsterbens ist der Öffentlichkeit vertraut – sondern ebenso nahezu alle Standorte, die mit dem Problemfeld Luftverschmutzung bislang noch nicht in Verbindung gebracht werden. Betroffen können etwa die wenigen verbliebenen Hochmoore sein ( Beitrag Jeschke/Joosten, S. 112), wenn Luftstoffe (Aerosole) eine „Düngung“ verursachen, die wiederum zur Eutrophierung und infolgedessen zum Absterben von Arten führen, die nährstoffarme Standorte benötigen. Handelt es sich hierbei um flächenhafte Veränderungsimpulse indirekter Herkunft, so können auch kleinste unmittelbare Eingriffe zu unabsehbaren Veränderungen führen. Dazu zählt die so genannte Ansalbung nichtheimischer Arten zum Zweck der Verwilderung und Bestandsveränderung z.B. durch Hobby-Biologen. Hiervon bleiben beispielsweise auch Hochmoore nicht verschont, wo Arten wie die Großfrüchtige Moosbeere oder die Schmalblättrige Lorbeerrose (beides Heidekrautgewächse) aus dem östlichen Nordamerika ausgesetzt wurden und sich verbreiten. Noch häufiger ist aber das Ausbrechen fremder Nutz- und Zierpflanzen, die sich unter anderem als Garten- oder auch Friedhofsflüchtlinge ausbreiten und die auch in einer potenziell natürlichen Vegetation fortbestehen würden. Zu diesen Agriophyten zählen das Große Löwenmaul, das Indische Springkraut, die Gewöhnliche Mahonie und der Götterbaum ( Beitrag Kowarik, S. 110). Der entscheidende Faktor für die Artenzusammensetzung sind jedoch – neben solchen schleichenden Prozessen einer direkten Einflussnahme – die gravierenden Veränderungen der Natur für eine wirtschaftliche und soziale Inwertsetzung. Dies betrifft inzwischen auch die Randbereiche der Ökumene, also des Interessenbereiches menschlichen Wirtschaftens und Siedelns, zu denen Hochgebirge und letztlich auch die Küsten zählen. In beiden Fällen tragen Landnutzung und seit etwa einem Jahrhundert der Fremdenverkehr zur Umge- staltung und damit zu Störeinflüssen auf die Ökosysteme bei. Die Küsten, die in Deutschland an Formen und Ökosystemen recht vielgestaltig auftreten ( Beitrag Schickhoff/Seiberling, S. 116), sind dabei noch stärker bedroht als die Alpen ( Beitrag Rödl/ Schmidtlein, S. 118). Hier ist zumindest in den Hochlagen eine rückläufige Landnutzung zu verzeichnen. Trotz entsprechender Chancen für eine „rückkehrende Natur“ durch die Aufgabe der Almwirtschaft zeitigen Störeinflüsse infolge eines in seine Grenzbereiche vorstoßenden Fremdenverkehrs weiterhin Negativfolgen, da der Tourismus z.B. eine Beeinträchtigung von Rückzugsgebieten seltener Vogelarten mit sich bringt. Die Invasion der Tiere Für das Vorkommen und die Verbreitung der heutigen Faunenelemente in Deutschland und Mitteleuropa ist der Verlauf der Wiederbesiedlung, die mit dem Abklingen der letzten Vereisung einsetzte, von Bedeutung. Während der letzten Kaltzeit (in Süddeutschland Würm-, in Norddeutschland Weichseleiszeit) dominierten in den eisfreien Gebieten Mitteleuropas aus der Gruppe der Säugetiere Arten wie Rentier, Wolf, Eisfuchs, Schneehase und Lemming, die heute für die subarktischen Tundren charakteristisch sind. Die nacheiszeitliche Klimaerwärmung führte zu einer allmählichen Wiederbewaldung ( Beitrag Anhuf u.a., S. 88), und die Tiere der Tundra zogen sich nach Norden in ihre gegenwärtigen subarktischen Lebensräume zurück. Die an Waldlandschaften gebundenen Säugetiere wie Bär, Luchs, Hase, Fuchs und Rothirsch ( Foto) stießen zusammen mit den vielen anderen Tierarten aus den südost- bzw. südwesteuropäischen Refugialgebieten wieder nach Norden vor. Diese Rückwanderung ist für manche Tierarten noch nicht abgeschlossen. Das lässt sich z.B. daraus herleiten, dass die Zahl der Käferarten von Süden nach Norden erheblich abnimmt und noch laufenden Veränderungen unterliegt ( Beitrag Müller-Motzfeld, S. 132). In die sich allmählich etablierenden Lebensgemeinschaften aus Pflanzen und Tieren hat der Mensch zu allen Zeiten dem Einfluss der Klimaerwärmung findet beispielsweise die Arealveränderung der Zecke statt. Da die Zecke Krankheiten wie Borreliose und Hirnhautentzündung (Frühsommer-Meningo-Enzephalitis, FSME) übertragen kann, ist die Verlagerung der Verbreitungs- und damit auch der Risikogebiete von größtem Interesse . Natur heute: Flickenteppich und Einheitsbrei Was bei der Phytodiversität für die Flora gilt, gilt auch für die Vielfalt der Fauna: Häufig sind es die Städte, in denen bestimmte Sippen besonders vielfältig auftreten. Lässt sich beispielsweise Berlin als Region mit der höchsten Baumarten-Anzahl ausweisen, so ist hieran auch die Vielfalt an Vogelarten gebunden, die in der Hauptstadt bundesweit ebenfalls führend ist. Aber nicht nur in urbanen Räumen hat die Umgestaltung der Natur tief greifende Konsequenzen auf die Zusammensetzung der Lebewelt. Längst besteht Deutschland auch auf dem Lande aus einem engen Flickenteppich von verschiedensten Nutzungsformen mit jeweils spezifischen, aber auch weit verbreiteten Arten. Somit besteht eine naturräumliche Gliederung, wie sie ohne Eingriff des Menschen existieren würde, lediglich auf dem Papier bzw. auf der Karte – zumindest was die Ausstattung der Flora und Fauna betrifft. Nur noch relativ wenige Pflanzenarten zeichnen die einzelnen Naturräume liniengetreu nach, während die standortvage Mehrzahl auf vielen Bodensubstraten und in verschiedenen Regionalklimaten auftritt. So gewinnen euryöke Arten mit breiter ökologischer Toleranz bei Artenkartierungen in Mitteleuropa an Raum, während stenöke Arten mit speziellen Ansprüchen durch Flächenwirkungen (saurer Regen, Stickstoffeinträge etc.) sowie durch den nutzungsorientierten Landschaftsaufbrauch immer stärker zurückgedrängt oder gar zu Rote-Liste-Arten werden. Nur vereinzelt paust sich eine ganz klare räumliche Trennung von Arten durch, wie am Beispiel des Einzugsgebietes der Regnitz in Franken vorgestellt sei . Hier schließen sich einzelne Pflanzen in ihren standortspezifischen Bedürfnissen noch weitgehend aus: Die Prachtnelke (Dianthus Türkentauben Ausbreitung der Türkentaube in Europa 1900-1986 . Phasen der Ausbreitung Ke m ijok i Re E u r o p ä i s c h e N o s r d m e e r bis 1900 bis 1957 bis 1928 bis 1963 bis 1938 bis 1974 bis 1946 bis 1980 bis 1949 bis 1986 Nö r 60° dlAusbreitungsrichtung . Dw i na nach HENGEVELD 1997 Maßstab 1 : 30 000 000 Glå m A T L A N T I S C H E R a gaLadoee s H. O. Vänersee Ta. St. e Wo l g a e s Ri. t Ko. D. O Elb e Am. O Z E A N W ³a Mi. Wa. K. Br. Dnip ro Lu. P. R hein Lo i r e W. Br. B. Ch. Bud. Z. Rhône Lju. 40° Li. va Be. Pa. Tejo Daug Wi. is 50° s n Do s e e L. Mo. a N o r d - Buk. Do na u Bel. Sa. ro Eb in unterschiedlichem Ausmaß eingegriffen und sie in vieler Hinsicht beeinflusst und verändert. Besonders gravierend waren in Mitteleuropa die mittelalterlichen Rodungen für die Gewinnung von Ackerflächen. Dadurch wurden die Waldgebiete stark reduziert und vor allem fragmentiert. Dies und die direkte Verfolgung durch den Menschen hatten zur Folge, dass einige Arten wie Ur, Wisent, Wolf, Luchs und Braunbär entweder vollständig ausgerottet oder aus ihren angestammten Lebensräumen zurückgedrängt wurden ( Beitrag Stubbe, S. 128). In den vom Menschen nahezu restlos umgewandelten Kulturlandschaften fanden zahlreiche Tierarten neue Lebensräume. So gilt der Steinmarder als ein Kulturfolger, der sich erst nach der Entwaldung und menschlichen Besiedlung in Mitteleuropa erfolgreich ausgebreitet hat. Auch unter den Vögeln gibt es eine Anzahl von Kulturfolgern wie Amsel, Haussperling, Mauersegler, Rauchund Mehlschwalbe, die selbst im Zentrum der Städte zahlreich vorkommen ( Beitrag Dziedzioch/Paulsch, S. 136). Andere Vogelarten finden in den Garten- und Parkanlagen der städtischen Siedlungen geeignete Lebensräume, die ihnen in der z.T. ausgeräumten und intensiv bewirtschafteten Kulturlandschaft verloren gegangen sind. Als Bewohner offener Landschaften haben Arten wie Feldhase, Hamster, Feld- und Brandmaus zunächst von der Ausdehnung der Kulturlandschaften profitiert. Allerdings wird ihr Lebensraum durch die Intensivierung der Landwirtschaft zunehmend eingeschränkt ( Beitrag Stubbe, S. 128). Verschiedene Arten mit hoher Anpassungsfähigkeit wie der Rotfuchs sind allerdings von den durchgreifenden Landschafts- und Lebensraumveränderungen kaum betroffen. Dem Verlust vieler Tierarten durch gezielte Ausrottung und Verdrängung von vermeintlichen Nahrungskonkurrenten des Menschen (Wolf, Luchs, Greifvögel), aber vor allem durch Zerstörung und Umwandlung der Lebensräume steht jedoch die Bereicherung durch neu hinzugekommene Arten gegenüber, die verschiedene Ursachen und Gründe hat. Einbürgerungen von Tierarten finden durch gezielte Auswilderungen, z.B. von Bisam, Waschbär und Nutria, oder durch unbeabsichtigte Freisetzungen und Einschleppung, z.B. von Schadinsekten wie dem Kartoffelkäfer ( Foto, S. 22) und der Reblaus aus Nordamerika, statt ( Beitrag Block/Lingenhöhl, S. 144). Durch die Besetzung freier ökologischer Nischen und wegen des Fehlens natürlicher Feinde sind diese Neuan- kömmlinge oft überaus erfolgreich und haben sich mit z.T. stark expandierenden Populationen – manchmal unter Verdrängung der heimischen Tierwelt – einen festen Platz erobert. Zum aktuellen Faunenwandel tragen auch die sog. Heimkehrer bei, die aus der heimischen Fauna bereits völlig verschwunden waren und zu denen als prominenteste Vertreter Wolf, Luchs und Bär zählen. Mit dem Rückzug der Landwirtschaft aus Ungunstgebieten, mit der verstärkten Ausweisung von Schutzgebieten vor allem im Osten Deutschlands, durch das Verbot von Umweltgiften (DDT) sowie durch die Anwendung strengerer Jagdgesetze ( Beitrag Kremb, S. 146) beginnt die Wiederkehr und Wiederausbreitung von Arten, die als gefährdet gelten und einen Platz auf der Roten Liste haben ( Beitrag Lingenhöhl, S. 142). Es gibt aber auch Arten, die ohne erkennbaren Grund ihr Verbreitungsgebiet ausdehnen. Ein gut dokumentiertes Beispiel ist die Türkentaube ( Foto), die sich seit 1900 von der Türkei aus über den Balkan kontinuierlich nach Nordwesten und Nordosten ausbreitet und Deutschland in den 1950er Jahren vollständig besiedelt hatte. Die Artenvielfalt eines Gebietes ist nicht nur abhängig vom Verlauf der artspezifischen Besiedlungs- und Einwanderungsgeschichten, sondern in hohem Maß auch von den strukturellen Eigenschaften der Landschaftsräume. Denn die Verbreitungsmuster, die Häufigkeit und nicht zuletzt der Gefährdungsgrad von Tierarten und Tiergruppen stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit ihren Lebensraumansprüchen, zu denen vielfältige räumliche Strukturen, ausreichende Flächengrößen und Nahrungsquellen gehören ( Beiträge T. Schmitt, S. 124; Dziedzioch/Paulsch, S. 136; Fölber, S. 140). Durch Monokulturen in der Land- und Forstwirtschaft, Biozidbelastungen und Verdichtung des Straßennetzes werden wesentliche Lebensraumeigenschaften für viele Tierarten eingeschränkt oder zerstört. Der zunehmenden Fragmentierung zusammenhängender Lebensräume ( Beitrag Schumacher/Walz, Bd. 10, S. 132) soll durch Biotopverbundsysteme entgegengewirkt, und mit der Umsetzung der FFH-(Fauna-FloraHabitat-)Richtlinie ( Beitrag Jedicke, S. 98) sollen Gebiete mit besonderer floristischer, faunistischer und biozönotischer Ausstattung als Schutzgebiete auf Dauer erhalten werden ( Beitrag Müller-Motzfeld, S. 132). Die Kenntnis der aktuellen Verbreitung der Arten und der Veränderung ihrer Areale ist nicht nur eine wichtige Grundlage für das Erfassen von Gefährdungsursachen und für die Entwicklung von Schutzmaßnahmen, sondern sie kann auch direkt für den Menschen von Bedeutung sein. Das gilt immer dann, wenn tierische Organismen als Schädlinge im Haus oder in der Forst- und Landwirtschaft auftreten oder als Krankheitsüberträger wirken. Unter war eer zes M So. M a. Sk. R. M i © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 0° Sch t t e 10° Ti. An. A. l m e e r Nik. 20° Klima, Pflanzen- und Tierwelt – eine Einführung 30° 23 superbus) belegt den Gips- und teilweise auch den Sandsteinkeuper des südlichen Steigerwalds, das Silbergras (Corynepherus canescens) die sandigen Schotterflächen der Regnitzauen, und das Rote Waldvöglein (Cephalanthera rubra) konzentriert sich auf die kalkreiche Frankenalb. Demgegenüber verteilen sich auf nationaler Ebene das Kahle Bruchkraut (Herniaria glabra) und die AckerLichtnelke (Silene noctiflora) schon standortvager über verschiedenste Naturräume, schließen sich in ihren Arealen aber dennoch nahezu aus: Ersteres bevorzugt kalkarme Sandböden in wintermilden Regionen und damit vor allem den Nordwesten Deutschlands; letztere zieht den sommerwarmen Süden und Osten auf kalkreichen Lehmund Tonböden vor. Die Beispiele liefern also standortökologische Informationen; für festgelegte Flächen (von Standorten bis hin zu großen Landschaftsräumen) lassen sich diese mittels Analysen der so genannten Zeigerwerte aller anwesenden Pflanzenarten statistisch berechnen und in Zahlen ausdrücken (ELLENBERG u.a. 1992). Hierfür stehen die mittleren Reaktionswerte, ermittelt auf Grundlage aller höheren Pflanzenarten, die im Rahmen der Flo- ristischen Kartierung Deutschlands auf allen Messtischblättern (TK 1:25.000) (HAEUPLER/SCHÖNFELDER 1989; BENKERT u.a. 1996) erfasst wurden und nun für ökologische Interpretationen verfügbar sind (KORSCH 1999) . Hier spiegeln die Verteilungsmuster saurer, neutraler und basischer Substrate grob die Verbreitung von Bodentypen wider ( Beitrag Adler u.a., Bd. 2, S. 103, Abb. 3). Trendgegensätze: Flächenstilllegung und Flächenaufbrauch Die naturräumliche Differenzierung als Gegenstand standortökologischer Betrachtungen ist um prozessökologische Beobachtungen zu ergänzen. Dynamische Standortveränderungen sind in Deutschland vielerorts an zwei gegenläufige Trends gebunden: das Brachfallen vormaliger Agrarflächen auf dem Lande und die Ausweitung von Wohnund Gewerbeflächen in der Stadt. Beide Prozesse werden von vielen Naturschützern argwöhnisch beobachtet, aber beide beinhalten auch spannende Abläufe, die von wissenschaftlich-ökologischer Seite seit etwa drei Jahrzehnten mit wachsendem Interesse verfolgt werden. Aus der Bewirtschaftung herausgenommen werden vornehmlich ertragsarme oder schwer zugängliche Nutzflächen. Letzteres trifft z.B. auf steile Reblagen an der Mosel zu, wenn Maschineneinsatz nur unter hohem finanziellem Aufwand möglich ist. In Abbildung 23 lassen sich Brachestadien verschie nach Material der Informationszentrale gegen Vergiftungen der Universität Bo nn t C s LA L I T A U E N O R K SS RU e s A Kopenhagen zu RUSSLAND Vilnius Minsk N A Berlin Prag TSC HECHISCHE REP. H C IE N Rhône A K N 10° San Marino SAN MARINO O N Budapest R U K R Zagreb A T I E N BOSNIEN UND HERZEGOWINA Sarajewo 50° A REP. AU M O LD N U N A G E N Ä N I R U M Bukares Belgrad W A E 24 I © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 EN R L MON Monaco ACO KEI L J U G O S R TERREI Ljubljana W SLO A I T F ÖS N K R E LIECHTENST EIN Bern Vaduz SCHWEIZ Lwiw SLOWA Bratislava Wien I C Rhein e Lo i r H N ³a I Wis Luxemburg LUXEMBURG Paris E E D E U T S BELGIEN R Warschau C Brüssel S L H L am I S W E O Londo n P Amsterd D Elb e 55° U Maßstab 1 : 15000000 NIEDERLANDE D N L E T T L A ND D a u ga va Riga H Frühsommer-MeningoEnzephalitis S M D Ä N E keine Angaben * EST Tallinn LAND S S L A N D Risikogebiet 5 FSME-Erkrankungen innerhalb einer 5-Jahresperiode bzw. 2 FSME-Erkrankungen innerhalb eines Jahres im Zeitraum 1981-2000 60° N D W E 25 FSME-Erkrankungen innerhalb einer 5-Jahresperiode im Zeitraum 1981-2000 aLado gsee D Helsink Stockholm Vänersee NOR Hochrisikogebiet E WE GE Oslo N F I N N L Ai e N FSME*-Endemiegebiete in Mitteleuropa 20° I E N t Do na u RIEN BULGA Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Klima, Pflanzen- und Tierwelt Naturraum, naturräumliche Einheiten, Naturraumgliederung Konrad Großer Der Naturraum ist ein Ausschnitt der Geosphäre (Erdhülle), der bei Betrachtung in einem vorgegebenen Maßstabsbereich und auf der damit verbundenen Abstraktionsstufe hinsichtlich seiner natürlichen Strukturen und Prozesse als einheitlich angesehen wird. Zu seiner Charakterisierung werden herangezogen: der geologische Untergrund, das Relief, der Boden, das Wasser, das Klima und die Vegetation, die für die Abgrenzung von benachbarten Naturräumen von unterschiedlicher Bedeutung sein können. Karte basiert in den Grundzügen auf der in den 1950er Jahren unter Leitung von Emil MEYNEN und Josef SCHMITHÜSEN erarbeiteten Naturräumlichen Gliederung Deutschlands. Ausgewiesen werden die auf dieses frühe Projekt zurückgehenden Gruppen naturräumlicher Haupteinheiten nach BURAK/ZEPP 2000, die im Hydrologischen Atlas von Deutschland Verwendung finden. Sie sind mit durchgezogenen und gerissenen Linien abgegrenzt und mit Namen beschriftet. BARTHEL 1983 unterscheidet vier Maßstabsbereiche (Dimensionen): Gruppen naturräumlicher Haupteinheiten liegen ebenso der Gliederung von SSYMANK u.a. 1998 zugrunde (durchgezogene Linien, rote Nummerierung). Unter Berücksichtigung von Landschaftseinheiten (IFAG 1979) und biogeographischer Gesichtspunkte wurden jedoch einige Einheiten weiter zusammengefasst und anders benannt. So bilden beispielsweise die Isar-Inn-Schotterplatten und das Unterbayerische Hügelland die Einheit D65. • topisch (von griech. tópos – Ort), für die kleinste, weitgehend homogene Landschaftseinheit; 1: 5000 bis 1:25.000 • chorisch (von griech. chóros – Raum), für Klein- bis Großlandschaften; 1: 25.000 bis 1:5 Mio. • regionisch, auf die Kontinente und ihre Großregionen bezogen; 1:5 Mio. bis 1:15 Mio. • planetarisch oder geosphärisch (heute als global bezeichnet), auf die Landschaftszonen der Erde bezogen; 1:10 Mio. bis 1:40 Mio. Diese Maßstabsbereiche bauen – ggf. unter Einschaltung von Zwischenstufen – hierarchisch aufeinander auf. Beim Übergang zur nächsthöheren Ordnungsstufe, d.h. dem nächstkleineren Maßstab, werden Mosaike niederrangiger Räume verallgemeinernd zu größeren Einheiten zusammengefasst. Die Gliederung in Naturräume hat zum Ziel, von der Natur her bestimmte Teilgebiete des geographischen Raumes zu erkennen und kartographisch zu erfassen. Sie werden in Erläuterungstexten unter möglichst einheitlichen Gesichtspunkten beschrieben. Ein weiteres Ziel ist die Benennung der ausgewiesenen Einheiten (zusammengefasst nach RICHTER 1978). Sofern die Naturräume weitgehend mit den traditionellen, durch Augenschein abgegrenzten Landschaften ( Beitrag Liedtke, Bd.2, S.30) übereinstimmen, können sie deren Namen tragen, z.B. Harz oder Vogelsberg. Nicht selten werden sie jedoch mit wissenschaftlichen Namen belegt, die u.a. vom Reliefcharakter, ihrer Entstehung oder den geologischen Verhältnissen abgeleitet sind, z.B. Thüringer Becken und Randplatten oder Subalpines Jungmoränenland (s.a. LIEDTKE 2002). denen Alters ausmachen, die zusammengenommen eine deutliche Bereicherung der Artenvielfalt beinhalten. Denn ein solches Mosaik aus Entwicklungsphasen zwischen Verkrautung und Wald sowie aus Sonderstandorten wie Rebmauern oder Felsköpfen beherbergt jeweils zugehörige Pflanzen- und angekoppelte Tiergemeinschaften ( Beitrag T. Schmitt, S. 124). Zwar nehmen die Artenzahlen mit zunehmender Verbuschung im Waldreben- und Brombeerstadium ab, jedoch ist hier das Nebeneinander zahlreicher Lebensräume entscheidend für die Diversitätssteigerung. Erst wenn die Sukzession aller Brachen ein fortgeschrittenes Stadium erreicht, also am Unterhang nur noch Als übergeordnete Raumeinheiten sind in den Nebenkarten biogeographische Regionen nach SSYMANK u.a. 1998 (links) und physisch-geographische Großlandschaften nach LIEDTKE 2002 (rechts) ausgewiesen. Die Unterschiede zwischen den beiden Gliederungen ergeben sich aus den vom jeweiligen Zweck bestimmten Ansätzen der Autoren. Verwiesen sei zudem auf die Weiterentwicklung der Naturräumlichen Gliederung Deutschlands (BfLR 1948/49-1994, RICHTER u.a. 1990). Andere Ansätze zur naturräumlichen Gliederung stellen eine typisierende Klassifizierung der natürlichen Landschaftskomponenten in den Vordergrund. Dazu gehören der Beitrag von Burak/Zepp im Band 2, S. 28 des Nationalatlas, die Naturraumtypen der DDR von RICHTER 1978 und BARSCH/RICHTER 1981 sowie das größermaßstäbige Projekt von HAASE u.a. 1997. Naturraumeinheiten der chorischen Dimension, in deren oberen Bereich der Hauptmaßstab des Nationalatlas fällt, liefern vor allem die Bezugsgrundlage für wissenschaftliche Bestandsaufnahmen, für Bewertungen und Planungen (z.B. zur Umsetzung der europäischen FFHRichtlinie in Deutschland) und deren kartographische Darstellung. In diesem Sinne wird die Naturraumgliederung in den Beiträgen Gewalt, S. 102 und Jedicke, S. 98 dieses Bandes verwendet. Rebflächen und in den Steillagen und am Oberhang nur noch Wälder vorherrschen, ist von einer Verringerung der Ökotop-Komplexität und damit von einem Rückgang der Artenvielfalt auf den Ausgangszustand auszugehen. Verbrachung an sich sorgt also zumindest vorübergehend für einen Zuwachs an Ökosystemen und letztlich auch für eine Rückkehr zur Natur. Dem gegenüber steht die Ausweitung urbaner Lebensräume, die einem Aufbrauch der Natur entspricht – zumindest im landläufigen Sinne. Tatsächlich erfolgt aber eher ein Aufbrauch eines anderen Nutzungstypus, nämlich der umliegenden Agrarflächen, d.h. eine künstliche Natur wird Großlandschaften und Naturräume Sch les Großlandschaften S T S E I I I I I I I Hügelland ni es ei Gr. Plöner See I I sc n he I E l b m a r D24 s t- Me Fl ckle ac hla nnd Kumme- es rg A t bie ge D22 sc g i D01 r u nb le Ro. k c Me Me ckl en bu ch I st I I I I s t Kiel ein i s D23 os rd h No isc rg I I K D01 en I I o bu ol V h- I ersches mm o rp st I I Grenze einer Großlandschaft (in der Hauptkarte) E ü ig H I ol atlantisch O esw D21 H ig- D21 S E E Schl N O R D - lesw Grenze einer Biogeographischen Region (in der Hauptkarte) Sch sche e Mar nisch lstei eeinseln -Ho s wig d Nord un Biogeographische Regionen nach der FFH-Richtlinie D01 B rower D02 O isc de h - See M e c r B r D03 k l e g e bh a f f a n b n iet D04 de u r Hbg. nb g i C u s c rg e s t li c h e s V o r l a nEldde D25 is h eMüritz Südw lbe Plauer c M e c . kl. d D27 he See No S Be e Seenplatte Stader Geest D rd e ck br D05 P l n en an at E p te n- denb Bre. alpin urg E un A Norddeutsches Tiefland l b d H isc D28 he nach SSYMANK u.a. 1998 üg t a Deutsche Mittelgebirgsschwelle s B e l lan urger Heide l n Lüneb d C Süddeutsches Stufenland mit Od i D05 er seinen Randgebirgen und dem E m s - H u n t e - G e A lle D09 e s r Ost Oberrheinischen Tiefland D07 t b r a D06 u c h l a n d D30 D29 L nd rt W P e Deutsches Alpenvorland D l a n a m t a l r k A bu tte e l s rg Deutsche Alpen E e i e G e BE. s M tniede sc Steinhuder r ittelmer r ung Meer Düm h A l D31 Po. nach LIEDTKE 2002 M l brande i tt e e r Ostb Hann. ll and nbu - F l ran k e rs ä r d g a e d isc c h l a n ch en Platten u s d Ni Heid he d bu sis Untere . Ni an erg che B e d e D12 gl u r ö n W r e D32 d ese d S isch r e b n r u e ng r Wes e e F en en Bie. D36 D33 ge s l Mag. ä D11 bi W Nördliches m et Em T e i n Harzvorland s Sp i e s D36 La D34 g L r e s r e u f l t f ä e W e si El l i a n t z D08 w a l d be s c D20 -M h e He un er B pe d s e in e n i Lip e L b u ul ec id d H c h t vo de ken ela a D37 -T s nd r r d a l n e g d r i e z l D10 r B e e a e f b n Saal n d l O Do. a Es. nd hr Ru D13 sitzer Heideland u Lei. a l er hes Ob hsisc Kas. Säc l h . c r e B s g L e n D14 n c e i i k ipzi e n s nd e T h ü r ger Ber D35 D38 che ella Oberlausitzer Bergs gisc L g i a d ü n nd h-Sauerlä H und Hügelland Fu D18 Dr. Nied ld d D19 a e r r Kö. Gebirge u n d rlan El he o bsa v D46 Buc inis n d s t i n - D15 ge Erf. ht ch bir D15 u . e r e W i e Zittauer Ge r ra e Ve n n b n g e R O e a n d p l a t t sthessisches r Erzg Vo r l a n d D45 ri l S a a le D16 b i ng Bergland a e is w D39 g W e s t e r ch D47 D17 z r Fr VogelsV o g t l a n d D45 E Naturraumeinheiten ä n D48 al kis nt berg h Grenzen a c L D44 i e f t e s l h O D40 s es ie u Naturraumgrenze t n M M u D41 nach SSYMANK u.a. 1998 it te T a Südrhön, weiter untergliedernde Naturn raumgrenze ei e h D43 t a l M nach BURAK /ZEPP 2000 ain Spessar t Ti SauD49 Mz. D53R el D56 s er ü o D42 -O D55 r M b Bezeichnungen und s n D37 Kurzbezeichnung d u D62 s n e a nach SSYMANK u.a. 1998 H Odenwald ch gl s i r k Frän D52 B e ausführliche Namen Beitrag M.Gewalt, S.102 e h a es D50 N Name der Naturraumeinheit H a r z Nü. D59 H Pfälz üg r ischnach BURAK /ZEPP 2000 b e r l a n d d el a a Sbr. u n D51 lan S a D50 La T d n ein ias- Main D61 Keuper-L hes nla c s i e Saarländ f u D63 y St er D57 i Landhöhen (in m) is Re. k nd a ch L n s a D58 i ä er 2000 bis 3000 r-L Ries F r W pe 1500 bis 2000 D53 u a Stu. e ld D58 K Isar 1000 bis 1500 b s Donau l Staatsgrenze he r i s c h e s H ü 750 bis 1000 e A c y g e r cka s b a Ländergrenze l l Ne 500 bis 750 e e r a t nd h U n 350 bis 500 D60 c D65 s 200 bis 350 i b 100 bis 200 D54 h o c D64 tterplat ä nn-S ten Isar-I c h 50 bis 100 D53 w e Mün. u - I l l e r - L h 25 bis 50 a Amc Fr. on mer0 bis 25 D see S Jll n d Chiemsee D66 a l er Depression Starnberger n ne See Sü s orä e Subalpine D67 ngm nd u a J rh l s S e n i u p l b a n r n e Jungmoräne D66 lpe D68 a Ob D66 r Bo d efe hen en D67 D69 D68 chi se uhhö l S f e Hoch redaktionell zusammengestellt l t e i ge rheingeb und Na KalkD68 Flysch-, I I I I I ee c I I st h n i s c h e I n sel fries Ost Os tfr ies is D25 ch Ol de n b D26 u gi sc Ge h es t G I un I d I I I I I I l I I a I I I I I en I t I e- I I I t e Ems I I ch I I I rs I E Ma r I I I I I I I I I I I eitenk ElbesI I I anal I I I I I I I I I I I I I I I I serbergland I I I I I I I I We I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I Leine e Mu si es d th Lahn n ei te ng Pl - b l I I A I e I I h c I B a I I mü I s ld Wa I d I d I na u DIo I I I A lt and u n n RI h I I u I er I älz er I efl Pf lz I I d Europa - K ana l I fä rp Obe erma i n i s c h I ar ck Ne ar Sa Ober r heint i Mainfrän ki c fl k an sch d e ain -M W r L a ge ch I rge ir zis eb äl lg pf I hes Bitbu er I Main lic n rd R he i Nö I I os el at eb nd gs es lrh W tte Ob e s t e i f e l ü Mi ter Els Th e Weiß sc he Nie der s B erg lan d ld e rhe inisc Tie hes flan d I I I iße r Ne ze I I I sit au I I I E l be I I I I rz r Ha ö B s he nd u I I I I I I I I I I Spree I I I I I lic I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I Öst I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I Rh I Havel Havel I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I e I I l ana I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I e I I I I I I I Lein e I I I I I Od I I I I I I I u n g e r I I I I I I d I I I I I e I I I I I I I I I I I I I I kontinental Schweriner See P la In n tt e n Lech d Rhe in lic in tie he fla s Obe Mitt nd r rh ler ein es tie fla S c nd h w a r z w G ä a u p l l a t t e d n i m N e c k a Sc r hw äb i hl Sa lza ch Isar D68 Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 © Bundesamt für Naturschutz D68 0 25 50 75 Maßstab 1: 2750000 Klima, Pflanzen- und Tierwelt – eine Einführung 25 100 km Floristische Kartierung Deutschlands, Regnitz-Gebiet Verbreitung von Prachtnelke, Silbergras und Rotem Waldvöglein/Naturraumeinheiten Vorkommen der Arten 20 km Prachtnelke (Dianthus superbus) Silbergras (Corynephorus canescens) Rotes Waldvöglein (Cephalanthera rubra) Maßstab 1 : 1700000 Nachweis vor 1983 Jeder Punkt repräsentiert das Vorkommen der Art im Gebiet eines Blattes der Topographischen Karte 1:25000. Bamberg R nitz eg Naturraumeinheiten Obermainisches Hügelland Nördliche Fränkische Alb Mittlere Fränkische Alb Südliche Frankenalb Vorland der Südlichen Fränkischen Alb Vorland der Mittleren Fränkischen Alb Vorland der Nördlichen Fränkischen Alb Mittelfränkisches Becken Frankenhöhe Steigerwald Haßberge Itz-Baunach-Hügelland Hohenloher-Haller Ebene Ochsenfurter und Gollachgau Windsheimer Bucht Steigerwald-Vorland Erlangen n itz Peg z dnit Re Nürnberg Stadtfläche nicht dargestelltes Gebiet nach GATTERER u. a. 2003 © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 Floristische Kartierung Deutschlands Verbreitung des Kahlen Bruchkrautes und der Acker-Lichtnelke Die Mäusegerste findet sich heute in allen Städten. außergewöhnlich differenzierte Nutzungs- und Strukturvielfalt auszeichnen, ergibt sich eine extreme Standortviel21 Sie wird unterlegt von stadtliefalt . benden Arten im Zentralbereich bis hin 22 zu stadtmeidenden im Randbereich . Erstere entsprechen eher dem „Überlebenskünstler mit anarchischen Charaktereigenschaften“, letztere eher dem „festverwurzelten Bürger friedliebender Natur“. Welche dieser Spezies erhal- Mittlere Bodenreaktion nach den Blättern der TK25 nach den Blättern der TK25 Kiel Hamburg Schwerin W eser BERLIN S pre e Hannover Potsdam Lau s itzer Magdeburg s al e Sa Lau s itzer Em Ne iße iße Ne Düsseldorf El be Fuld a a in M Mo Dresden Erfurt We Sa rra Ful d a in R he Kahles Bruchkraut Herniaria glabra Acker-Lichtnelke Silene noctiflora beide Od er e W eser Ems r Havel Elb e Bremen Od Müritz le 10 a pH-Wert l se Wiesbaden Main 0 durch eine andere ersetzt – und jene auf dem Lande ist keineswegs reicher als die weniger offensichtliche einer Stadt. Gerade hier herrschen vom Stadtwald bis zur vegetationslosen Fläche mehr Natürlichkeitsgrade vor als außerhalb ( Beitrag Jedicke, S. 28) ( Fotos). So erweisen sich Stadt- und Industriebrachen, Müll- und Schuttdeponien sowie Verkehrs- und Hafenanlagen häufig als interessante Tummelplätze von Fremdarten aus den Mediterrangebieten oder den kontinentalen Steppen, die als etablierte Gartenflüchtlinge oder spontane Transportbegleiter die Wärme und Trockenheit der Städte als einzigartige Standorte in feuchtkühler Umgebung schätzen. Das enge Mosaik von Schlagschatten und Lichtflecken, von versiegelten und offenen Flächen sowie von verschiedensten Substraten und Nährstoffgehalten bedingt eine extreme Vielfalt an ökologischen Nischen. Hinzu kommt, dass diese wiederum für die jeweiligen Baustrukturtypen spezifisch ausgeprägt sind, also in dicht bebauten Innenstädten anders aussehen als im randstädtischen Einzelhausviertel mit Ziergärten. Da sich Städte durch eine Mainz sauer < 6,0 6,0 - 6,5 > 6,5 basisch Saarbrücken Do n au u Dona R hein R hein Stuttgart ckar Ne Inn au Inn Do n München Ammersee Chiemsee Norddeutsches Tiefland S. 15 Zentraleuropäisches Mittelgebirgsland © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 26 Chiemsee Bodensee Bodensee Großlandschaften Starnberger See Südwestdeutsches Mittelgebirge / Stufenland Alpenvorland 0 Alpen 25 50 Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Klima, Pflanzen- und Tierwelt 0 75 100 km Maßstab 1: 6000000 © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 25 50 75 100 km Maßstab 1 : 6 000 000 Eisenbahn C B Kanal D Autobahn 21 Stadtökologisches Zonen-Sektoren-Modell und Gradienten wichtiger stadtökologischer Parameter im schematischen Querschnitt A Feld Deponie Industriefläche außerstädtischer Gewerbepark Industriebrache Hafen Industriefläche Einkaufszentrum innerstädtische Blockrand Wohnviertel innerstädtisches Bürozentrum (CBD) Stadtpark Unterzentrum (ehemaliges Dorfgebiet) Blockviertel mit Abstandsgrün Wiese randstädtische Einzelhausviertel mit Ziergärten Wald a Grundwasser heutiger Grundwasserspiegel Boden natürlicher Grundwasserspiegel Boden verdichtet Boden versiegelt Luft Aerosolgehalt tens- bzw. vernichtenswert sind, darüber debattieren Naturschützer, Naturwissenschaftler beobachten dagegen den Tatbestand mit großem Interesse und mögen zu dem Resultat kommen, dass sich natürliche Globalisierungsprozesse in Deutschland kaum vermeiden lassen. Wie der vorliegende Atlasband ausweist, haben wir umfassende Kenntnisse über das Klima und seine Veränderungen sowie über die Flora und Fauna Deutschlands und Mitteleuropas. Das betrifft ihre Verbreitung, ihre ökologischen Ansprüche, ihre Vernetzung in Lebensgemeinschaften, ihre Veränderungen mit und ohne Mitwirkung des Menschen sowie ihren Gefährdungsgrad in einer sich wandelnden Umwelt. Es ist Aufgabe der Wissenschaft, diese Kenntnisse und Einsichten der Öffentlichkeit zu vermitteln und verständlich zugänglich zu machen. Dazu tragen zahlreiche Informationszentren in unterschiedlichster Trägerschaft (vgl. BfN 1999, S. 180/81) sowie auch die vielen naturkundlichen Lehrpfade bei ( Beitrag Kremb, S. 148), die inzwischen überall im Lande eingerichtet worden sind. Lufttemperatur Luftbewegung Auf Friedhöfen entwickelt sich oft ein ganz eigenes Pflanzenspektrum. Das Moseltal mit Valwig bei Cochem maximale Oberflächentemperatur 23 Valwig bei Cochem (Rheinland-Pfalz) Zahl der Pflanzenarten Phasen der Rebbrache im Moseltal einheimische Arten ruderale Adventivarten segetale Adventivarten fremde Zierarten Rebkultur Phasen der Rebbrache Wildkrautphase 1-5 Jahre Kampfzone Waldrebenphase 5-10 Jahre Mantel Gewerbe Feld Innenstadt Halde Randstadt Feld Mantel Wiese Wald 250 Brombeerphase 10-20 Jahre Flechtenwüste GebüschPolykormone 20-30 Jahre nach SUKOPP/WITTIG 1993 Buschwindröschen Anemone nemorosa Kleinblütiges Knopfkraut Galinsoga parviflora Rasen mit Holzarten 20-40 Jahre Mischgebüsch >40 Jahre 20 0 22 Münster Verteilung stadtmeidender, stadtneutraler und stadtliebender Pflanzenarten 1980/82 Mäusegerste Hordeum murinum Vogelkirschenwald >40 Jahre 150 Sonstige Standorte naturnaher Wald Plenterwald Felsgebüsch Felsstaudenflur 10m-Höhenlinie 100 50m-Höhenlinie Parzellengrenze relativ urbanophob urbanoneutral urbanophil Weg 0 © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 nach WITTIG u.a. 1985 1 2 3 4 Maßstab 1 : 300 000 5 km 0 © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 nach RICHTER 1997 Klima, Pflanzen- und Tierwelt – eine Einführung 25 Maßstab 1: 2250 27 50 m