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Lizentiatsarbeit der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich Fürchtest du dich schon? Eine experimentelle Studie zum emotionalen Erleben der Angst in Horror-Spielen eingereicht von: Patricia Brandao Langgasse 50 9008 St. Gallen Tel: 079 817 90 71 Email: patricia.brandao@uzh.ch Matrikel-Nr. 03-725-132 betreut von: lic. phil. Matthias Hofer Referent: Prof. Dr. Werner Wirth IPMZ-Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich Andreasstr. 15 8050 Zürich Zürich, 30. September 2013 Abstract Die vorliegende Arbeit untersucht das subjektive und emotionale Spielerlebnis von Horror-Spielen. Im Fokus der Untersuchung sind das emotionale Erlebnis der Angst und die Erforschung von Faktoren, welche verantwortlich sind für ein unheimliches Spielerlebnis. Im theoretischen Teil werden hierfür Studien und Theorien vorgestellt, welche das emotionale Erlebnis in der Medienrezeption sowie den Prozess der Identifikation mit Medien- und Videospielcharakteren erklären. Ferner werden Theorien und Studien in Zusammenhang mit Horrorfilmen und Horror-Spielen präsentiert. In einem Laborexperiment (N = 130) wird der Einfluss der Faktoren des Kontrollverlusts und der Charaktergeräusche auf die Angst untersucht (2 x 2 BetweenSubjects-Design). Die Identifikation mit Videospielcharakteren als mehrdimensionales Konstrukt wird mit Hilfe einer konfirmatorischen Faktorenanalyse getestet und als Mediator der Zusammenhänge zwischen Kontrollverlust, Charaktergeräuschen und Angst untersucht. Die Resultate der vorliegenden Studie deuten darauf, dass die Identifikation mit dem Videospielcharakter bestehend aus fünf Dimensionen als selektiver, flüchtiger und unbewusster Prozess die kognitive Bewertung von Angst beeinflusst. Kontrollverlust als zeitlicher Verlust über die Steuerungskontrolle des Spielcharakters wird vermehrt als ablenkend empfunden. Die Soundeffekte des Charakters hingegen scheinen auf einer bewussten und unbewussten Ebene über die Identifikation mit dem Charakter einen Einfluss auf die Angst auszuüben. Zur Rolle von Persönlichkeitsmerkmalen und der unterschiedlichen Bewertung von Horror durch Männer und Frauen werden bereits bekannte Zusammenhänge in Bezug auf Horrorfilme bestätigt. Inhaltsverzeichnis Tabellen- und Abbildungsverzeichnis ........................................................................ III 1. Einleitung .....................................................................................................................1 2. Hinführung auf den Gegenstand ...............................................................................4 2.1. Videospiele.............................................................................................................4 2.2. Horror-Spiele..........................................................................................................5 3. Theorie..........................................................................................................................7 3.1. Emotionen ..............................................................................................................7 3.1.1. Emotionen in der Medienrezeption .................................................................8 3.1.2. Emotionen in Videospielen ...........................................................................11 3.1.3. Emotionen und Identifikation........................................................................16 3.2. Identifikation ........................................................................................................17 3.2.1. Identifikation in den Medien .........................................................................17 3.2.2. Identifikation in Videospielen .......................................................................20 3.3. Forschungsstand zu Horror ..................................................................................34 3.3.1. Forschungsstand zu Horrorfilmen .................................................................34 3.3.2. Forschungsstand zu Horror-Spielen ..............................................................39 4. Fragestellung und Hypothesen.................................................................................41 5. Methoden....................................................................................................................47 5.1. Versuchspersonen.................................................................................................47 5.2. Design...................................................................................................................47 5.3. Stimulus................................................................................................................48 5.3.1. Stimulusbeschreibung ...................................................................................48 5.3.2. Spielszenarium ..............................................................................................50 5.3.3. Spielzeit.........................................................................................................51 5.3.4. Stimulus-Manipulation..................................................................................52 5.3.5. Nachträgliche Veränderungen am Stimulus..................................................53 5.4. Versuchsablauf .....................................................................................................53 5.5. Messung ...............................................................................................................54 5.6. Videoaufnahme des Spielverlaufs ........................................................................60 5.7. Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt..................................................61 5.8. Deskriptive Statistik zur Spielerfahrung der Probanden ......................................64 I 6. Ergebnisse ..................................................................................................................66 6.1. Manipulationscheck .............................................................................................66 6.2. Hypothesen über den direkten Einfluss von Kontrollverlust und Charaktergeräuschen auf die Angst.............................................................................67 6.3. Hypothesen über den direkten Einfluss von Kontrollverlust und Charaktergeräuschen auf die Identifikation und ihr Einfluss auf die Angst ...............70 6.4. Hypothesen über Identifikation als Mediator.......................................................73 6.4.1. Hypothesen über Identifikation als Mediator der Beziehung zwischen Kontrollverlust und Angst.......................................................................................75 6.4.2. Hypothesen über Identifikation als Mediator der Beziehung zwischen Charaktergeräuschen und Angst..............................................................................78 6.5. Explorative Tests..................................................................................................83 6.5.1. Identifikation .................................................................................................83 6.5.2. Geschlecht .....................................................................................................84 6.5.3. Empathie........................................................................................................85 6.5.4. Kontrollverlust ..............................................................................................86 7. Diskussion ..................................................................................................................87 7.1. Diskussion der Resultate ......................................................................................87 7.2. Fazit......................................................................................................................99 8. Ausblick....................................................................................................................102 9. Literaturverzeichnis................................................................................................106 10. Anhang ...................................................................................................................115 10.1. Papierversion des Online-Fragebogens ............................................................115 10.2. Checkliste für die Inhaltsanalyse der Videoaufnahmen ...................................134 11. Eidesstattliche Erklärung .....................................................................................136 12. Lebenslauf ..............................................................................................................137 II Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Graphisches Modell der Hypothesen .......................................................46 Abbildung 2: Graphische Darstellung der konfirmatorischen Faktorenanalyse ...........63 Abbildung 3: Graphische Darstellung der Varianzanalyse: Einfluss der Charaktergeräusche und des Kontrollverlusts auf die Angst (N = 130)..........................68 Abbildung 4: Graphische Darstellung der Varianzanalyse: Einfluss der Charaktergeräusche und des Kontrollverlusts auf die Identifikation (N = 130) .............72 Abbildung 5: Zusammenhang zwischen dem tatsächlichen Kontrollverlust und Angst mediiert über die Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt. Berichtet sind die unstandardisierten Regressionskoeffizienten. (N = 130).................................................76 Abbildung 6: Zusammenhang zwischen dem wahrgenommenen Kontrollverlust und Angst mediiert über die Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt. Berichtet sind die unstandardisierten Regressionskoeffizienten. (N = 130)...........................................77 Abbildung 7: Zusammenhang zwischen den tatsächlichen Charaktergeräuschen und Angst mediiert über die Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt. Berichtet sind die unstandardisierten Regressionskoeffizienten. (N = 130)...........................................80 Abbildung 8: Zusammenhang zwischen den wahrgenommenen Charaktergeräuschen und Angst mediiert über die Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt. Berichtet sind die unstandardisierten Regressionskoeffizienten. (N = 130) ...................................82 Abbildung 9: Zusammenhang zwischen Angst und Unterhaltung mediiert über die Identifikation mit dem Charakter. Berichtet sind die unstandardisierten Regressionskoeffizienten. (N = 130)...............................................................................84 Tabelle 1: Korrelationen zwischen den Dimensionen von Identifikation (N = 130) .....62 Tabelle 2:Faktoren von Identifikation mit den dazugehörigen Items, den Faktorladungen und dem Cronbach Alpha Koeffizienten (N = 130) ..............................64 Tabelle 3: Korrelationen zwischen den wahrgenommenen Charaktergeräuschen, dem wahrgenommenem Kontrollverlust und der Angst (N = 130).........................................70 III 1. Einleitung Videospiele können gemäss der Entertainment Software Association bereits als Massenmedium bezeichnet werden. Laut ihrer Erhebungen wird in 51% aller amerikanischen Haushalte Computer- und Videospiele gespielt. Der Durchschnittsspieler in Amerika ist 30 Jahre alt und spielt bereits seit 13 Jahren. Des Weiteren sind 68% der Spieler über 18 Jahre alt, wovon wiederum 36 % älter als 36 sind. Mit 45% sind fast die Hälfte der Spieler weiblich. Die Anzahl Frauen, welche Videospiele spielen und über 18 Jahre alt sind, ist grösser als die Anzahl männlicher Jugendlicher unter 17 (Entertainment Software Association, 2013). In Deutschland hat die Spiele-Industrie im Jahr 2013 nach Angaben des Bundesverbands Interaktive Unterhaltungssoftware insgesamt 73,7 Millionen Computer- und Konsolenspiele verkauft. Bereits in drei von vier Haushalten ist mindestens eine Spielkonsole vorhanden und jeder dritte Deutsche ist ein sogenannter „Gamer“. Gespielt wird in jedem Alter und über alle sozialen Schichten und Bildungsniveaus hinweg. Mit 31 Jahren ist das Durchschnittsalter der deutschen Gamer fast gleich hoch wie das der amerikanischen Gamer und spricht dafür, dass Videospiele nicht mehr als „kindische Spielerei“, sondern als Teil der modernen Kultur betrachtet werden (Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware, 2013). Die Videospiel-Forschung der letzten Jahre fokussierte hauptsächlich auf die Problematik der negativen Einflüsse von Gewalt, besonders in Bezug auf Kinder und Jugendliche (Fang & Zhao, 2010; Jansz, 2005). Nach Klimmt (2009) ist dies der am besten erforschte Teil der empirischen Medienforschung über Computerspiele, da das öffentliche Interesse an den Auswirkungen von Spielen, die Gewalt beinhalten, grösser ist als bei anderen Fragestellungen. Die Problematik sorgt immer wieder für negative Schlagzeilen und hitzige Auseinandersetzungen in den Medien. Der bisher nachgewiesene minimale aggressionsfördernde Effekt von gewalthaltigen Videospielen (Anderson, 2004) beschreibt Klimmt (2009) metaphorisch als ein Zahnrädchen im Getriebe von Persönlichkeitsentwicklung, welches seinen Beitrag leistet, aber erst in Interaktion mit anderen psychischen und sozialen Faktoren zum Problem wird. Keinesfalls sollte man den aggressionsfördernden Effekt als einzige wichtige Wirkungsdimension von Computerspielen missverstehen. Weitere wichtige Forschungszweige stellen zum Beispiel das Unterhaltungs- und Motivationspotenzial von Videospielen, deren steigende Bedeutung als Werbeträger oder als leistungsfähige 1 Plattformen für das Lehren und Lernen dar (S.71). Insbesondere in Bezug auf die Unterhaltung durch Computerspiele werden oft die starken Emotionen genannt, die durch das Spielen ausgelöst werden. Videospiele sind durch ihre speziellen Mechanismen in der Lage, die verschiedensten Emotionen zu erwecken (Pietschmann, 2009). Nach Freeman (2004) sind die Emotionen der Schlüssel, um ein breiteres Publikum zu erreichen. Videospiele sollen Erlebnisse liefern, die nicht nur unterhalten, sondern auch emotional bewegen (S. 11). Ausserdem machen die oben genannten Zahlen deutlich, dass ein Grossteil der Spieler erwachsenen Alters ist. In dieser Arbeit wird deshalb von der Thematik der Gewalt in Videospielen Distanz genommen und der Fokus wird auf das emotionale Erleben von Videospielen bei einem volljährigen Publikum gelegt. Im Zentrum des Forschungsinteresses dieser Studie liegen dabei die so genannten Horror-Spiele. Die japanischen Spiele Resident Evil (Capcom, 1996) und Silent Hill (Konami, 1999) haben Horror-Spiele salonfähig gemacht und sind wohl die bekanntesten Vertreter des Genres. Diese Spiele liefern dank unheimlicher Atmosphäre ein emotionales Spielerlebnis von Angst und Unbehagen. Sie leihen Aspekte aus dem Horrorfilm-Genre und richten sich durch Thematik und Handlung an ältere Spieler. So soll der Videospiel-Designer von Resident Evil (Capcom, 1996), Shinji Mikami, welcher genug hatte „putzige DisneyVideospiele“ zu programmieren, gesagt haben: „Ich wollte ein wirklich furchterregendes Spiel machen, nichts mit Gespenstern und solchem Schmarren, sondern mit echten Monstern, die man sehen kann, wenn sie angreifen“ (zit. n. Bodmer, 2009) und Spieldesigner Yoshiki Okamoto erwähnte Spielfilme wie The Evil Dead (New Line Cinema, 1981) sowie die Zombie-Filme von George A. Romero als filmische Vorbilder für Resident Evil (Capcom, 1996). Weitere Horror-Spiele wie Siren (Optical Disc, 2003) oder die Fatal-Frame Spielreihe (Tecmo, 2001) wurden durch jüngere japanische Horrorfilme wie Ringu (Toho Company Ltd., 1998) oder Juon (Toei Video Company, 2000) inspiriert (Nagenborg, 2009, S. 276). Rückblickend betrachtet, entsprangen Horror-Spiele wie Resident Evil (Capcom, 1996) der Strategie vom Grosskonzern Sony, Videospiele in den Kontext von Populär- und Jugendkultur einzubetten und neue Märkte zu erschliessen (Nagenborg, 2009, S. 276). Eine Strategie, die durchaus Erfolg brachte. Mit mehr als 2.7 Millionen verkauften Kopien des Spiels Resident Evil (Capcom, 1996) wurde der Grundstein für eine bis heute erfolgreiche Franchise gelegt. Der vierte Teil, Resident Evil 4 (Capcom, 2005), welcher als aufwühlend und beklemmend beschrieben wurde, erzielte einen Umsatz von 2 über 500 Millionen Franken. Er wird bis anhin mit weltweit 7.03 Millionen verkauften Kopien als das erfolgreichste Horror-Spiel betrachtet (Reeves, 2011). Der fünfte Teil der Serie, Resident Evil 5 (Capcom, 2009), sorgte gemäss Fachzeitschriften für über 27% des Branchenumsatzes in der Startwoche im Jahr 2009 und besetze in Deutschland, der Schweiz und Österreich sowie in den USA Platz eins der Verkaufshitparaden (Bodmer, 2009). In der Zwischenzeit wurde die Franchise auch auf die Leinwand adaptiert. Bereits fünf Filme wurden mit der Schauspielerin Milla Jovovich in der kämpferischen Hauptrolle veröffentlicht und weitere Adaptionen sind geplant. Mit weltweit mehr als 600 Millionen Dollar Einnahmen ist die Resident Evil Film-Franchise die erfolgreichste Spielfilm-Serie, welche auf Videospiele basiert (Bodmer, 2009; Reeves, 2011). Angesichts dieser Zahlen, welche die Popularität des Genres festigen, stellt sich die Frage inwiefern Medien, die hauptsächlich negative Gefühle erwecken, gleichwohl als unterhaltsam empfunden werden und ein solch breites Publikum begeistern können. Ziel dieser Arbeit ist es somit erstmals zu ergründen, wie Menschen solche Horror-Spiele auf kognitiver und emotionaler Ebene erleben. Im Fokus der Untersuchung liegt insbesondere das emotionale Erlebnis der Angst. Was führt zu den Gefühlen der Angst und welche Faktoren machen Horror-Spiele so unheimlich? Als Hinführung an den Forschungsgegenstand werden im folgenden Kapitel einige Eigenschaften von Videospielen und insbesondere Horror-Spielen zusammengefasst. Danach werden Theorien zum Erleben von Emotionen in den Medien allgemein sowie in Videospielen präsentiert. Es wird zusätzlich auf das Konzept der Identifikation mit Mediencharakteren eingegangen mit der Annahme, dass die Identifikation mit dem Videospielcharakter das emotionale Erlebnis beeinflusst. Im Kapitel zum Forschungsstand werden ferner einige Studien zu Horrorfilmen und Horror-Spielen präsentiert. Basierend auf den theoretischen Grundlagen werden im weiteren Teil der Arbeit einzelne Hypothesen formuliert, welche insbesondere die Zusammenhänge zwischen Spielfaktoren und der Emotion der Angst betreffen. Anschliessend werden das experimentelle Vorgehen und die Resultate vorgestellt. Im letzten Teil der Arbeit folgt die Diskussion, in der die Ergebnisse in Bezug auf die formulierten Hypothesen in zusammengefasster Form und in Bezug auf die theoretischen Annahmen vorgestellt werden. Im Ausblick wird die Arbeit mit Anregungen für weitere Untersuchungen abgeschlossen. 3 2. Hinführung auf den Gegenstand 2.1. Videospiele Jesper Juul (2005) definiert den Begriff “Videospiel” als: „rule based system with a variable and quantifiable outcome, where different outcomes are assigned different values, the player exerts effort in order to influence the outcome, the player feels emotionally attached to the outcome, and the consequences of the activity are negotiable.“ und fasst zugleich die wichtigen Eigenschaften von Videospielen zusammen (Juul, 2005, S. 36). Im Vergleich mit dem Medium Film werden weitere Besonderheiten sichtbar. Grodal (2003) beschreibt, dass Spiele persönliche Erfahrungen liefern, im Gegenteil zu Filmen, welche nur einen Handlungsstrang und eine Geschichte bieten. Das subjektive Erleben in den Spielen wird durch die nichtlinearen Entscheidungen und die wiederholende Natur des Spiels verstärkt, welche unterschiedliche Handlungsstränge in unterschiedlichen Durchgängen des selben Spiels erlaubt (S. 153). King und Krzywinska (2002) betonen, dass Videospiele kein „interaktives Kino“ sind. Der Gebrauch von filmischen Szenen, ist zwar bei Videospielen gängig, um den Spieler mit der Hintergrundgeschichte und dem Szenario des Spiels bekannt zu machen oder eine Entwicklung in der Handlung prächtiger darzustellen und den Spieler somit wieder an die Handlung zu binden. Dem ungeachtet unterscheidet sich das Medium Videospiel vom Film durch Eigenschaften wie dem Betrachtungswinkel, welcher bei Spielen oft die Ich-Person-Perspektive ist, der zeitlichen Spanne, welche, je nachdem ob der Spieler zielstrebig dem Ende entgegenspielt oder lieber die Zeit mit Erkunden verbringt, variieren kann, sowie der Interaktivität und Handlung (S. 142–152). Dabei ist die Interaktivität nicht als blosses „Drucken der Maus“ oder „Das Bewegen eines Joysticks“ zu verstehen, im Spiel soll eine Situation den Spieler zum Denken anregen und tiefe Emotionen erwecken (Juul, 1999, zit. n. Tosca, 2003, S. 214). Die Interaktivität fordert, dass der Spieler im Spiel auf Ereignisse reagiert, diese Reaktion hat wiederum einen Einfluss auf das weitere Geschehen im Spiel. Dafür sind Fähigkeiten notwendig wie eine gute Auge-Hand-Koordination, eine schnelle Reaktion und das Erlernen der Steuerung. Dies geht weit über die kinetischen und emotionalen Antworten, die man beim Filmschauen erlebt, wie zum Beispiel Gelächter, Schock und erhöhtes Herzklopfen (King & Krzywinska, 2002, S. 146–147). 4 2.2. Horror-Spiele Das Genre des Horror-Spiels wird nicht durch die Spielart definiert sondern vielmehr durch die Thematik. Zur Gattung gehören Spiele mit der Ich- und Dritt-PersonPerspektive, Action-orientierte Spiele, Puzzle und sogar Text-basierte Spiele (Pruett, 2010, S. 2). Horror-Spiele zeichnen sich durch eine deutliche Nähe zum Genre des Horrorfilms aus. Sie leihen Motive aus den Zombie-Filmen von Romero, dem Konzept des „alten dunklen Hauses“ aus den Filmen der 20er Jahren, Themen der traditionellen gotischen Novellen und von Lovecraft (Krzywinska, 2002b, S. 14) sowie moderne actionorientierte Horrorszenarien und Figuren aus moderneren Spielfilmen wie Alien (20th Century Fox, 1979) aus (Nagenborg, 2009, S. 276). Horror-Spiele sollten Unbehagen, Angst und Beklemmung verursachen (Carr, 2009, S. 5) und das Gefühl der Hilflosigkeit und Anspannung vermitteln, ein masochistischer Anreiz der typisch für das Horror Genre im Allgemeinen ist (Krzywinska, 2002b, S. 21–22). Ähnlich zu der Beziehung zwischen den Protagonisten in Action- und Horrorfilmen, steht in Horror-Spielen nicht die physische oder technische Überlegenheit des Protagonisten im Vordergrund, sondern dessen Verletzlichkeit und der Kampf ums Überleben (Nagenborg, 2009, S. 277). Das Spiel, welches das Bild des Horror-Spiels markant gewandelt hat, ist Resident Evil (Capcom, 1996) (Pruett, 2010, S. 2). Aus den Ladefenstern, welche den Spruch „the world of survival horror.“ zeigen, wurde der Begriff des „Survival Horrors“, des „Überlebens-Horrors“ entnommen. Survival-Horror wird heute als ein Sub-Genre der Horror-Spiele verstanden (Kirkland, 2005, S. 172; Krzywinska, 2002b, S. 12). Nach Perron (2004) folgen die meisten Survival-Horror-Spiele einem ähnlichen Muster und dieses fasst die meisten Aspekte des Genres zusammen: At the plot level, the hero/heroine investigates a hostile environment where he/she will be trapped (a building or a town) in order either to uncover the causes of strange and horrible events (Alone in the Dark, Resident Evil, Siren) or to find and rescue a loved one from an evil force, be it a daughter (Silent Hill, Fear Effect), a mother (Clock Tower3), a wife (Silent Hill 2) or a brother (Resident Evil 2, Fatal Frame). At the action level, in a thirdperson perspective, the gamer has to find clues, gather objects (you cannot do without keys) and solve puzzles. In order to survive with the weapons he has (or will come across), the gamer has to face numerous impure, disgusting, creepy and threatening monsters (zombies, demons, mutated beasts, abnormal creatures, spirits, vampires, etc.). The conflict between the avatar and those monsters is the dominant element of horror. (Perron, 2004, S. 2) 5 Kirkland (2005) erfasst das Sub-Genre in ähnlicher Weise als ein Action-AbenteuerSpiel in der Dritt-Person-Perspektive. Das Spiel leiht Aspekte aus dem HorrorfilmGenre und die Charaktere müssen labyrinthähnliche Landschaften durchwandern, Rätsel lösen und mit begrenzten Mitteln Monster abwehren und überleben (S. 172). Der Spieler übernimmt meistens die Rolle eines normalen Menschen und findet sich an einem Ort wieder, der überrannt ist von Zombies, Dämonen oder Geistern. Dabei steht insbesondere die Angst aus der relativen Ohnmacht des Protagonisten im Vordergrund. Die Spieler sehen sich Gefahren gegenüber gestellt, die übermächtig sind und vor denen sie oft bloss fliehen oder sie umgehen können. Die Gewaltanwendung ist in diesen Spielen selten die beste Lösungsstrategie. Denn auch wenn es Mittel zur Gegenwehr gibt, wie zum Beispiel Schusswaffen, ist in der Regel die Munition rar. Es gilt sparsam damit umzugehen um in gefährlicheren Situationen nicht ohne da zu stehen. Auf diese Weise beziehen Survival-Horror-Spiele ihre Spannung hauptsächlich aus der relativen Wehrlosigkeit der Hauptcharaktere und setzen selten auf unmittelbare physische Gewalt an (Nagenborg, 2009, S. 277). Eine ähnliche Meinung teilt Arsenault (2010), für ihn sind drei Bedingungen ausschlaggebend für das Genre des Survival-Horrors. Es präsentiert den Hauptcharakter als verletzliche Figur. Das Überleben oder der Erhalt des Status quo ist die wichtigste Aufgabe. Das ungleichmässige Verhältnis der Mächte als zweites Merkmal, stellt den Charakter einer meist zahlenmässig überlegenen Horde von Feinden und unfairen Hindernissen entgegen. Als dritte Bedingung wäre das Vermeiden von direkter Konfrontation, denn das Töten der Gegner wird im Gegensatz zu anderen Genres, selten belohnt. Es ist wichtiger die spärlichen Ressourcen wie Munition und Heilmittel zu erhalten (S. 6). Die Schauplätze von Horror-Spielen sind sowohl unheimlich als auch verwirrend, beliebt sind zum Beispiel Geisterhäuser oder gotische Villen. Mit Fallen gespickte Räume und Korridore, Sackgassen und verschlossene Türen sollen dem Spieler das Gefühl geben verloren zu sein. Die Kamerasicht erinnert an voyeuristische Aufnahmen, die von versteckten Kameras von Winkeln und Rissen aus gefilmt werden (Kirkland, 2005, S. 232; Kirkland, 2009a, S. 2). Zu der Verwirrung und dem Unbehagen streben Horror-Spiele zusätzlich an ein Gefühl des Ekels zu erwecken. Denn der blosse Gedanke an ekelerregende Sachen, wie verdorbenes Essen, Schlangen oder Spinnen wirkt bei den meisten Menschen abstossend und wird zwangsläufig furchtsam gemieden. Die klebrig wirkenden, 6 schmutzigen und schauderhaften Körper der Gegner, die all zu oft an Insekten erinnern oder die halbverwesten, modrigen Körper von Zombies sind nicht bloss bedrohlich, sondern erwecken im Spieler Ekel und Abscheu und spornen die Angst zusätzlich mit dem Gefühl der Kontaminierung oder Verunreinigung an. Das Töten dieser abscheulichen Kreaturen erreicht oft den ekelhaften Kulminationspunkt (Nagenborg, 2009, S. 277; Lankoski, 2007, S. 6). Zum Schluss muss hinzugefügt werden, dass die Unterscheidung zwischen Horror- und Survival-Horror-Spielen in den Medien etwas ungenau zu sein scheint. Elemente des Survival-Horror finden sich inzwischen auch in Ego-Shootern und weit verbreiteten Action-Spielen. So werden auch Horror-Spiele in der Ich-Person-Perspektive und Action Spiele, mit Horror-Elementen als Survival-Horror-Spiele bezeichnet (Nagenborg, 2009). In dieser Arbeit bezieht sich der Begriff Horror-Spiel allgemein auf Spiele, welche die oben genannten Merkmale besitzen. 3. Theorie Nachdem der Gegenstand der Horror-Spiele im vorherigen Kapitel vorgestellt wurde, werden in den nächsten Abschnitten theoretische Ansätze dargelegt, welche das Erleben von Emotionen erklären. Es wird kurz das Konzept der Emotion beschrieben, danach werden Theorien zum Erleben von Emotionen in der Medienrezeption allgemein und anschliessend Theorien zu Emotionen in Videospielen erläutert. Als möglicher Einflussfaktor für ein stärkeres emotionales Erlebnis, wird ferner im Kapitel auf das Konzept der Identifikation mit Charakteren in den Medien und in Videospielen eingegangen. 3.1. Emotionen Emotionen kann man als ein komplex hormonal vermitteltes Interaktionsgefüge von subjektiven und objektiven Faktoren begreifen. Das Gefüge kann Veränderungen auf einer oder mehreren Ebenen durchgehen. Auf der affektiv-subjektiven Ebene ist das subjektive Erleben von Gefühlen der Erregung, der Ruhe, der Lust oder Unlust. Auf der kognitiven Ebene werden emotionsrelevante Situationen wahrgenommen und bewertet. Die konative Ebene spricht das Ausdrucksverhalten an, namentlich das expressive Verhalten des Menschen, wie unter anderem sein Gesichtsausdruck, seine Stimmlage, seine Körperhaltung oder Gestik, sowie jegliche handlungsvorbereitende Funktion. Periphere körperliche Reaktionen sind auf der physiologischen Ebene anzusiedeln. Es 7 sind Reaktionen die vom vegetativen Nervensystem vermittelt werden, so zum Beispiel Veränderungen der Herzfrequenz, der Atmung und der Schweissbildung sowie das Erröten (Wirth, Schramm & Böcking, 2006, S. 222–224). Was das Gefühl der Angst betrifft, so wird es als aktivierter, aversiver emotionaler Zustand beschrieben, der bei bedrohlichen Situationen aufkommt. Stimuli der Angst können laute Geräusche und Raubtiere, Donner, Blitz, Höhen, enge oder zu weite Räume sowie Dunkelheit sein. Bei Angst verspürt der Mensch konativ den Drang sich vom Angst einflössenden Objekt zu entfernen und es kommt zum typischen ängstlichen Gesichtsausdruck mit gehobenen Augenbrauen, weit geöffneten Augen und mit entweder zusammengedrücktem oder leicht geöffnetem Mund. Die anfänglichen Stadien der Angst sind gekennzeichnet durch die erhöhte Aufmerksamkeit, welche gemessen werden kann durch die Verzögerung der Herzfrequenz und Hautleitfähigkeit. Die aktiven Bewältigungsstrategien werden durch eine Erhöhung der Herzfrequenz oder des Blutdrucks begleitet (Öhman, 2007). 3.1.1. Emotionen in der Medienrezeption In Zusammenhang mit Emotionen bei der Mediennutzung sind besonders AppraisalTheorien interessant und wurden bereits auf die Medienrezeption übertragen. Diese Theorien basieren hauptsächlich auf der Annahme, dass diskrete Emotionen wie Stolz, Ärger und Freude aktualgenetisch auf der Basis von situationsspezifischen Bewertungen entstehen. Der Mensch evaluiert seine Situation konstant anhand von „Appraisals“. Die Appraisals finden sowohl bewusst als auch unbewusst und automatisch statt (Wirth & Schramm, 2007, S. 155–156). Bei der Medienrezeption verlaufen diese Prozesse etwas anders ab, da es sich bei den Ereignissen und Situationen nicht um reale Geschehnisse der Rezipienten handelt. Der Nutzer hat jederzeit die Möglichkeit die Rezeption zu unterbrechen und der Bewertungsprozess kann auf die eigene Person oder auf die Medienperson gerichtet sein. Deshalb unterscheidet man zwischen Mit-Emotionen und Ego-Emotionen (Wirth et al., 2006, S. 230). Wirth, Schramm und Böcking (2006) unterscheiden dabei zwischen vier situationalen Referenzen welche bei der Medienrezeption die interpretative Basis für die Appraisals und die erlebte Emotion bilden: Den Medieninhalt, die Rezeptionssituation, den Werkcharakter und den Ich-Bezug (S. 230–235). Um solche Momente zu erklären, in denen ein Mensch mehrere Gefühle empfindet, 8 führen (Jäger & Bartsch, 2006) das Konzept der Meta-Emotionen ein. Sie betrachten Meta-Emotionen als richtige Affekte, mit dem einzigen Unterschied, dass ihre intentionalen Objekte nicht Situationen sind, sondern interpersonelle Emotionen. MetaEmotionen würden entstehen wenn eine Person ihre eigenen Emotionen nach AppraisalProzessen bewertet. Solche ambivalente Gefühle, wie sich schuldig zu fühlen beim Lachen über das Unglück eines anderen oder Angst als angenehm zu empfinden beim Betrachten eines Horrorfilmes, entstehen, weil wir anfängliche Gefühle hinterfragen und dabei andere Gefühle aufkommen, welche die vorherigen bewerten. Man würde die Emotion unter anderem nach ihrer Neuheit oder Veränderung, nach (hedonistischer) Valenz, nach Relevanz in Bezug auf Ziele und Hoffnungen sowie nach ihrer Beherrschbarkeit untersuchen (S. 179–188). Als ein Entwurf für Meta-Emotionen wird Olivers (1993) Erklärung betrachtet, warum traurige Filme trotz ihrer grundsätzlichen negativen Grundstimmung dennoch als unterhaltsam erlebt werden. Menschen welche mit Vorliebe traurige Filme schauen, geniessen das „Sich traurig fühlen“ und nutzen deshalb traurige Medienangebote. In Olivers Versuch entsprach das angegebene Mass an Traurigkeit während der Rezeption trauriger Filme dem angegebenen Mass an Unterhaltung. Oliver erklärt, dass durch die distanzierte Bewertung der primären Stimmung (Trauer, Angst) ein positives Erleben ausgelöst wird, welche sie Meta-Stimmung nennt (Oliver, 1993, zit. n. Jäger & Bartsch, 2006, S. 194–195; Bartsch, Mangold, Viehoff & Vorderer, 2006, S. 265–266). Wirth und Schramm (2007) argumentieren auch, dass Meta-Emotionen appraisalabhängig sind. Im Unterschied zu Appraisal-Prozessen, beziehen sich MetaEmotionsprozesse vorwiegend auf die eigene Emotionsgenese und deren unmittelbar physischen und sozialen Umständen. Sie erklären, dass Meta-Appraisals als Reappraisals zu verstehen wären, in der die situationale Referenz bei der Rezeption der eigene emotionale Zustand ist. Beim Appraisal-Check werde geklärt, wie neuartig (vs. vertraut), wie angenehm (oder akzeptabel), wie zielkongruent, wie bewältigbar oder tolerierbar und normverträglich die eigene Emotion in der aktuellen psychischen und sozialen Situation ist und daraus entsteht dann die Meta-Emotion. Mit dem MetaAppraisal wäre eine Valenztransformation möglich und Meta-Emotionen mit negativer Valenz würden tendenziell vermieden (Avoidance-Prinzip) während diejenigen mit positiver Valenz gewünscht werden (Approach-Prinzip) (S. 167–171). Mit der Emotionsregulationstheorie wird ein weiterer Ansatz vorgestellt, wie Menschen versuchen Emotionen zu beeinflussen. James Gross (1998) definiert die 9 Emotionsregulation als Versuch mental oder verhaltensbezogen zu kontrollieren welche Emotionen man empfindet, wo man sie empfindet und wie man sie erlebt oder zum Ausdruck bringt. Diese Prozesse können sowohl bewusst als auch unbewusst stattfinden und kontrolliert werden (S.185–275). Gross (1998) unterscheidet zwischen fünf Regulationsprozessen. Die ersten vier sind Antezedenten und versuchen die Emotion zu regulieren, bevor eine Reaktionstendenz einsetzt. Der letzte Prozess ist reaktionszentriert. Der erste Prozess ist die situation selection: eine Situation von der bekannt ist, dass sie unerwünschte Emotionen verursacht, wird gezielt vermieden. In der situation modification wir die Situation verändert. Mit dem attention deployement wird die Aufmerksamkeit von dem Emotionen auslösenden Ereignis abgelenkt und bei der cognitive change wird die Situation neu bewertet. Der fünfte Prozess stellt response modulation dar. Hier wird durch Kontrolle des Verhaltens oder des Ausdrucks eine bereits entfaltete Emotion reguliert, indem man versucht die eigene Emotion zum Beispiel zu unterdrücken (S. 283–284). Die Konzepte der Emotionen, der Metaemotionen und der Regulationsstrategie sind in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung bisher meist unverbunden existierende Theorien. Wirth und Schramm (2007) haben sie erstmalig in einem Modell aufeinander bezogen und integriert. Das Emotions- und Meta-Emotions- Regulierungsmodell, kurz EMR-Modell, zeigt nicht nur, dass Emotionen in den Medien abbildmässig Emotionen beim Publikum hervorrufen, sondern es geht davon aus, dass durch die Modelkonzeption die Rezipienten vielfältige Möglichkeiten haben die Wirkung der Medienemotionen entweder abzuschwächen, zu re-interpretieren oder zu regulieren (S. 177). Bei der Medienrezeption entsteht durch ein Appraisal der situationalen Referenz eine Emotion. Zu erwähnen wäre noch, dass das Modell um die situationalen Referenzen der Erinnerung des Rezipienten sowie der bestimmten Rezeptionssituation erweitert wurde (S. 160–161). Folgend wird ein Meta-Appraisal über die empfundene Emotion in Abhängigkeit der Rezeptionssituation sowie Medien- und Personenmerkmalen durchgeführt und Meta-Emotionen entstehen. Nun können sich Handlungstendenzen je nach der Valenz der Meta-Emotion entfalten. Durch Regulierungsmechanismen wird der Rezipient wohl versuchen negative Einflüsse zu minimieren oder bei positiven Meta-Emotionen die positiven Merkmale zu maximieren. Bei der Regulation werden Mechanismen zwischen medienzuweisend und –abweisend und zwischen kognitiv und nicht-kognitiv unterschieden (S. 172–173). 10 Zum Schluss schliesst sich der Kreis und der Zyklus beginnt von vorne mit dem Unterschied, dass neue Stimuli der Medienrezeption im Kontext der bereits entstandenen Emotionen, Meta-Emotionen, situationalen Referenzen und der eventuell erfolgten Regulationsstrategie bewertet werden. Diese einzelnen Teilprozesse des Modells laufen während der Medienrezeption parallel ab (S. 174–176). 3.1.2. Emotionen in Videospielen In einer Befragung zur Rolle von Emotionen in Videospielen mit 535 Teilnehmer gaben über ein Drittel an, dass Spiele für sie emotionale Erfahrungen darstellen, 8% beschreiben diese sogar als sehr starke emotionale Erlebnisse (Bowen, 2005; zit. n. Pietschmann, 2009, S. 85). Zu den emotionalen Spielgenres zählen Rollenspiele, Action-Spiele sowie First-PersonShooter und als emotionale Spiele wurden unter anderem das Rollenspiel Final Fantasy (Square Enix, 1987) und das Horror-Spiel Resident Evil (Capcom, 1996) erwähnt. In diesen gaben mehr als die Hälfte der Teilnehmer an, besonders emotionale Momente erlebt zu haben. Da die Valenz und die Art der Emotionen nicht miterfasst wurden, ist es schwer vorherzusagen, welche Emotionen in welchem Genre tendenziell vorkamen. Durch die unterschiedlichen Spielkonzepte und der visuellen Präsentation der einzelnen Genres liegt die Vermutung jedoch nahe, so Pietschmann (2009), dass stark auf Narration basierende Spiele wie Rollenspiele den Nutzer durch emotionale Involvierung bewegen, während die Emotionen beim gemeinsamen Spielen eines Actionspieles nicht auf Empathie zu den Spielfiguren oder der Handlung beruhen, sondern eher auf Konzepte des sozialen Kontextes und des Wettkampfs. Nach dem Autor führen die spezifischen Eigenschaften des Mediums Computerspiel zu unterschiedliche Formen von Emotionen. Diese Meinung wird vielfach geteilt, einige Kategorisierungen von Emotionen in Bezug auf Videospiele folgen in den nächsten Abschnitten (S. 87). Grodal (2003) bezeichnet Videospiele und andere virtuelle Realitäten als „simulations of basic modes of real-life experience“. Ganz besonders 3-D Spiele mit der Ich-PersonPerspektive seien unserem Bewusstsein sehr nah und ermöglichen ein tiefes geistiges Eintauchen in die virtuelle Welt. Im Vergleich zu Filmen seien wir nicht bloss fähig zu sehen, sondern wir können uns in Spielen Objekten der Neugierde nähern oder Dinge abschiessen, die uns ängstigen (S. 129–132). Er unterscheidet somit zwischen den Emotionen, welche bei Videospielen und Filmen aufkommen. Weil der Spieler Kontrolle über die Handlung hat, sind die Emotionen, die 11 während des Spielens aufkommen, auf das sympathische Nervensystem zurückzuführen, welches für Flieh- und Kampfemotionen zuständig ist. Das Erleben von Emotionen in Filmen bezeichnet er als passives Erlebnis. Trifft der Spieler im Spiel auf ein Monster, evaluiert er inwiefern er fähig ist die Situation zu meistern. Je nachdem ob er gut ausgerüstet ist, empfindet er Triumph, oder Angst und Panik sollte er sich dem Kampf nicht gewachsen fühlen (S. 150–151). Bernard Perron (2005a) liefert das Konzept der „Gameplay Emotionen“. Er baut dabei auf die Theorie von Ed Tan (1996) auf, welche zwei unterschiedliche Emotionen bei der Rezeption von Filmen unterscheidet. Die fictional emotions (F-Emotionen) entstehen als emotionale Reaktion zu der Handlung, wenn der Rezipient emphatisch mit den Charakteren mitfühlt. Artefact emotions (A-Emotionen) wie Bewunderung und Erstaunen kommen auf, wenn der Zuschauer Elemente der Machart zum Beispiel die schöne Szenerie oder die attraktive Schauspieler bewundert. In Videospielen entstehen F-Emotionen wenn die Kontrolle dem Spieler entzogen wird und er, zum Beispiel während einer Zwischensequenz, als blosser Beobachter der Spielhandlung zuschaut und die Gefühle der Spielfiguren nachempfindet (Perron, 2005a, S. 2). A-Emotionen erlebt der Spieler, wenn er sich seiner Rolle als Beobachter bewusst ist und die einzelnen Aspekte des Spieles, wie die schöne 3D Welt, die Rätselkonstruktion und das Spiel-Design bewundert oder sich darüber aufregt (S. 2–3). Diese beiden Emotionen sind beim Videospielen jedoch nur zweitrangig, die wichtigen Emotionen seien die, welche beim Spielen durch die eigene Handlung entstehen. Diese Emotionen nennt Perron (2005a) gameplay emotions (G-Emotionen) und differenziert sieben typische solche Emotionen, welche entstehen, wenn der Spieler unterschiedliche Spielsituationen kognitiv bewertet: Interesse, Unterhaltung, Sorge, Angst, Überraschung, Wut und Frustration (S. 7–8). Jonathan Frome (2007) unterscheidet zwischen vier verschiedenen Arten von Emotionen und zwei Spieler-Rollen, actor-participant wenn der Spieler aktiv spielt und observer-participant, wenn der Spieler die Musik, Bilder und die nicht handlungsbasierten Story-Elemente des Spiels geniesst. Er unterscheidet narrative emotion., welche durch die Handlung des Spiels entsteht, ähnlich wie beim Betrachten eines Films und artifact emotion, gleich nach dem Konzept von Ed Tan (1996). Emotionen des Konkurrenzkampfs, die durch Gewinnen, Verlieren, Erfolg und Frustration entstehen bezeichnet Frome als game emotion. Darüber hinaus führt er das 12 Konzept der ecological emotion ein, welche die Emotionen sind, die der Spieler empfindet, wenn er in einem Videospiel auf eine ähnliche Weise reagiert wie in der realen Welt. Wenn der Spieler ein Horror-Spiel spielt, so weiss er, dass der Geist auf dem Bildschirm ihm nichts anhaben kann, dennoch kann dessen Erscheinen den Spieler erschrecken. Dieser Schreck bezeichnet Frome (2007) als ecological emotion. Weitere Bespiele wären zum Beispiel das verspüren von Höhenangst beim Überqueren einer Schlucht in einem Spiel oder Angst bei der Konfrontation mit einem gruseligen Monster. Angst kann auch game emotion sein, wenn man Angst hat, dass man das Spiel verliert, sollte man das Monster nicht besiegen. Dennoch argumentiert Frome (2007), dass der Spieler sicherlich nicht die gleiche Angst verspüren würde, wenn der Gegner ein herziger Teddybär wäre, anstatt eines Monsters mit scharfen Zähnen. Die zusätzliche Angst vor den scharfen Zähnen ist als ecological emotion zu verstehen (S. 832–833). Järvinen (2009) baut auf das kognitiv-orientierte Emotionsmodell von Ortony, Clore und Collins (1990) und unterscheidet fünf Arten von Emotionen in Videospielen. Emotionen wie Angst, Spannung oder Hoffnung, welche aufkommen, wenn der Spieler sich auf den möglichen Ausgang eines Ereignisses konzentriert, zum Beispiel vor dem Kampf gegen einen Endgegner, bezeichnet er als prospect-based emotions. Diese Emotionen sind abhängig von den Zielsetzungen des Spielers und bauen auf der Ungewissheit des Ausgangs auf, welcher wiederum abhängig ist von den Fähigkeiten des Spielers. Järvinen (2009) bezeichnet diese Emotionen als die Schlüsselemotionen in spielerischen Begegnungen (S. 214). Emotionen, welche auf das Schicksal anderer Personen gerichtet sind, wie Schadenfreude, Freude oder Trauer nennt Järvinen (2009) fortunes-of-others emotions. Solche Emotionen können sowohl in Mehrspieler-Spiele in Bezug auf andere Spieler, als auch in Bezug auf das Schicksal von Spielcharakteren aufkommen (S. 215). Well being emotions beziehen sich auf wünschenswerte und unerwünschte Spielereignisse. Der erfolgreiche Abschluss eines Schlachtzugs erweckt Freude und Zufriedenheit, während negative Ereignisse Gefühle des Kummers und der Depression erwecken. Wie stark die Emotionen erlebt werden, hängt davon ab, wie erwünscht oder unerwünscht das Ereignis wahrgenommen wird. In Bezug auf Videospiele wäre zum Beispiel das unerwartete Verlieren eines Kampfes eine solche unerwünschte Situation. Emotionen wie Frustration, die sich direkt auf den Spieler selbst, auf Spielfiguren im 13 Spiel oder auf das Verhalten anderer Spieler im Spiel richten, bezeichnet Järvinen (2009) als attribution emotion. Die Valenz dieser Emotionen ist dabei abhängig von der Löblichkeit oder dem Schuldgefühl der vollführten Handlungen. In einem Einzelspiel kann sich der Spieler unfair behandelt fühlen, wenn die Schwierigkeit des Spiels zu hoch ist. Er fühlt Geringschätzung in Bezug auf sich selber oder ärgert sich über sich selbst (S. 216). Zuletzt wären die attraction emotions zu nennen, welche auf Anziehung sowie Attraktivität in Bezug auf Objekte oder Spielfiguren und auf Basis der allgemeinen Atmosphäre basieren. Die Grafik, der Soundtrack, die Steuerung, das Design des Spiel können alles Faktoren sein, welche das Erlebnis des Spiels als Gesamtes beeinflussen. Horror-Spiele haben zum Beispiel das Ziel durch das Design ein Gefühl der Ablehnung und des Ekels zu erwecken, während andere Spiele durch die Musik und der graphischen Darstellung den Spieler erfreuen (S. 216). Diese fünf Emotionsarten kategorisiert der Autor zusätzlich in zwei Gruppen. Die Emotionen auf Basis der Empathie, die ähnlich wie die Emotionen im Film erlebt werden, fasst der Autor als „Third-Person-Emotionen“ zusammen. In dieser Gruppe wären fortune-of-others-Emotionen und attribution-Emotionen. Die zweite Gruppe der „First-Person-Emotionen“ beinhaltet die Emotionen, welche durch die verschiedenen Spielsituationen vom Spieler erlebt werden und auf Ihn selbst gerichtet sind. Dies wären die Emotionen welche auf Anziehung basieren (attraction emotions) und die prospectbased-Emotionen. Die well-being-Emotionen können mit beiden Gruppen assoziiert werden, je nachdem auf welches Bezugsobjekt sie gerichtet sind (Järvinen 2009 zit. n. Pietschmann, 2009, S. 91–92). In Bezug auf Third-Person-Emotionen meint Pietschmann (2009), dass diese hauptsächlich in Spielen vorkommen, die in ihrer Narration ähnlich zu Filmen sind und in der die Empathie mit den Charakteren im Vordergrund steht. First-Person-Emotionen dagegen sind hauptsächlich Leistungsemotionen, wie Frustration bei hoher Schwierigkeit oder Feindseligkeit gegenüber einem Spielgegner. Der Spieler erlebt diese aufgrund der expliziten Interaktivität mit dem Spiel (S. 92–93). In Videospielen werden durch die Verantwortung des Spielers über das Wohlergehen seiner Spielfigur, nicht nur Third-Person-Emotionen erweckt, sondern es wird eine emotionale Bindung erschaffen, welche die emotionale Involvierung zusätzlich steigert. Hat der Spieler die Möglichkeit seinen eigenen Charakter zu erstellen, so führt das nach dem Autor zu einer stärkeren Identifikation und die Dimensionen von Spielfigur und 14 Spieler überschneiden sich. Dies sei besonders deutlich in Onlinespielen, in denen der Spielcharakter nicht bloss als Werkzeug zur Navigation in der Onlinewelt dient sondern die Identität des Spielers verkörpert (S. 94–100). Dreissig verschiedene Emotionen, welche durch den Spielprozess entstehen ohne dabei die Handlung mit einzubeziehen, ermittelte Nicole Lazzaro (2004) in ihrer Studie. Sie ist der Meinung, dass Menschen Videospiele nutzen um „moment-to-moment“ Erlebnisse zu erfahren, welche entstehen, wenn sie eine Herausforderung bezwingen, einfach dem Alltag entfliehen wollen oder die Freude des Erkundens geniessen (S. 1). Während des Spielens entstehen Emotionen durch vier Schlüsselpunkte: Hard Fun, Easy Fun, Altered States und The People Factor. Während bei Hard Fun Herausforderung, Strategie und Problemlösung im Mittelpunkt stehen und der Spieler Computerspiele nutzt, um die eigenen Fähigkeiten zu testen, Leistung zu bringen und dabei Gefühle wie Stolz, Triumph oder Frustration erlebt, fordert Easy Fun Neugierde und Faszination durch das das Explorieren der virtuellen Welt. Der Spieler versinkt im Spiel, wenn es seine gesamte Aufmerksamkeit gewinnen kann und dabei kommt es zu Gefühlen wie Verwunderung, Ehrfurcht und Mysterium. Bei der Dimension Altered States nutzen Spieler das Medium um innere Zustände wie Spannung, Aufregung sowie Entlastung vor den eigenen Gedanken und Gefühlen zu erleben. The People Factor ist ein Weg für den Spieler soziale Erlebnisse durchs Spielen zu erleben. Gefühle wie Schadenfreude entstehen durch den Konkurrenzkampf, andererseits sehen Spieler im Medium eine Gelegenheit um soziale Bindungen zu schliessen und persönliche Anerkennung zu gewinnen (S. 3–7). Zu der physiologischen Ebene der Emotionen in Videospielen konnten Wainess et al. (2010) aufzeigen, dass bereits in einfachen Messungs-Szenarien physiologische Messungen erfolgreich eingesetzt werden können. Sie testeten das Spielerlebnis bei 16 Spielern anhand von Herzschlagfrequenz und elektrodermaler Reaktion. Beim Versuch wurde eine hohe Herzschlagrate bei Frustration und Anspannung gemessen während eine tiefe Herzschlagrate mit positiven Emotionen korrelierte. Die elektrodermale Aktivität korrelierte vor allem mit der negativen Emotion der Frustration (S. 49–53). Dass Spieler trotz negativen Emotionen Spass haben, zeigen Ravaja, Saari, Salminen, Laarni und Kallinens (2006) in ihrem Versuch. In einer Spielsituation, in der die Spieler versagten, deuteten die physiologischen Anzeigen dennoch auf eine Emotion mit positiver Valenz und hoher Erregung (Freude). Wurde den Spielern die Wiederholung der Situation gezeigt, so kam es zu Emotionen mit negativer Valenz. Je nachdem ob der 15 Spieler die Situation aktiv durch das Spielen oder durch das Zuschauen verfolgte, bewertete er die Situation unterschiedlich (S. 362). 3.1.3. Emotionen und Identifikation In Bezug auf die obengenannten Theorien zu Emotionen in Videospielen scheinen sich die Autoren in einem Aspekt einig zu sein: durch die Interaktivität unterscheidet sich das Erleben der Emotionen in Videospielen vom Erleben der Emotionen im Medium Film, welche hauptsächlich passiv empathisch miterlebt werden (Grodal, 2003; Perron, 2005a; Frome, 2007; Järvinen, 2009, Pietschmann, 2009). Zwar kann der Spieler in Videospielen Emotionen ähnlich wie im Film empathisch miterleben (Beispiel: Third-Person-Emotionen: Pietschmann, 2009; fictional emotions: Perron, 2005a; narrative emotion: Frome, 2007) oder Emotionen erleben, die auf die ästhetische Natur des Spiels gerichtet sind (Beispiel: attraction emotions: Järvinen, 2009; artifact emotion: Perron, 2005; Frome, 2007). Im Vordergrund stehen jedoch die Emotionen, welche beim Spielen durch die eigene Handlung entstehen und auf einem selbst gerichtet sind. Videospiele als „simulations of basic modes of real-life experience“ (Grodal, 2003, S. 129) erlauben dem Spieler durch die Interaktivität, sich selbst als Bestandteil der Handlung zu erfahren (Pietschmann, 2009, S. 101). Durch die Kontrolle über die Handlung sind die Emotionen, die während des Spielens aufkommen, auf das sympathische Nervensystem zurückzuführen (Grodal, 2003, S. 129). Die Spielsituationen werden kognitiv bewertet und der Spieler reagiert auf ähnliche Weise, wie in der realen Welt (ecological emotion: Frome, 2007; gameplay emotions: Perron, 2005). So verspüren Spieler Höhenangst beim Überqueren einer Schlucht in einem Spiel oder Angst bei der Konfrontation mit einem Monster (Frome, 2007). Pietschmann (2009) argumentiert dabei, dass durch die Verantwortung des Spielers über das Wohlergehen seiner Spielfigur (und damit sich selbst) eine emotionale Bindung erschaffen wird. Mit einer starken Bindung folgt auch eine starke Identifikation, welche dazu führt, dass sich Dimensionen von Spielfigur und Spieler überschneiden (S. 94–98). Es scheint wahrscheinlich, dass diese emotionale Bindung zum Charakter, welche zu einer stärkeren Identifikation sowie einer Überschneidung von Spieler und Spielfigur führt, einen Einfluss auf die Emotionen ausübt. Diese Verschmelzung mit dem Spielcharakter wird als unterschiedliche situationale Referenz das Gefühl verstärken Bestandteil der Spielwelt zu sein, was zum Erleben von „realistischeren“ Emotionen 16 führen sollte, indem Spielsituationen auf ähnliche Weise, wie in der realen Welt kognitiv bewertet werden. Im nächsten Kapitel wird deshalb auf das Konzept der Identifikation in den Medien und insbesondere in den Videospielen eingegangen, denn es kann vermutet werden, dass die Identifikation mit dem Spielcharakter das emotionale Erlebnis merklich beeinflusst. 3.2. Identifikation 3.2.1. Identifikation in den Medien Cohen (2001) fasst die Theorien zur Identifikation von Freud (1949, 1989), Wollheim (1974) und Bettelheim (1943; 1976) zusammen und beschreibt „Identifikation“ als ein imaginatives Erlebnis in dem eine Person das Bewusstsein ihrer eigenen Identität aufgibt und die Welt durch die Sicht eines anderen erlebt. Sie führt zur (temporären) Aneignung eines fremden Blickpunktes, um die Welt durch eine alternative soziale Realität zu betrachten (zit. n. Cohen, 2001, S. 248). Dieser Prozess ist entscheidend für die Sozialisation der Kinder und der Entwicklung von sozialen und persönlichen Identitäten im Verlauf des Lebens. Durch die Identifikation, als Fähigkeit die Rolle von anderen einzunehmen, wird das Individuum in die Gesellschaft integriert, indem es die eigene Natur zu lernen versteht und sich bewusst wird, inwieweit die eigenen Handlungen auf andere einwirken (Mead, 1934, zit. n. McDonald & Kim, 2001, S. 248). Man entwickelt die Fähigkeit sich mit anderen zu identifizieren früh im Leben. Bereits beim Spielen mit anderen antizipiert das Kind wie die Spielgefährten auf das eigene Handeln reagieren. Dadurch übt es die Fähigkeit, die Perspektive der anderen Kinder einzunehmen und identifiziert sich mit der Gruppe oder Gemeinschaft (Mead, 1934, zit. n. Cohen, 2001, S. 248). Die Kommunikation ist dabei der Prozess, welcher die Identifikation als Prozess ermöglicht. Sie erlaubt Fähigkeiten wie Empathie und Sympathie zu entwickeln, welche notwendig sind um in die Rolle von anderen Menschen zu schlüpfen. In der Vergangenheit fand diese Kommunikation hauptsächlich interpersonell statt, doch in unserer Gesellschaft ist sie auch durch Medien gegeben (Mead, 1934). Nach Caughey (1986) ist der Gebrauch von fast allen Medien, wie dem Fernsehen, Filme schauen oder Bücher lesen eine soziale Interaktion. Der Gebrauch von Medien stellt ein Wechselspiel mit Charakteren und Menschen dar und folgt nach Reeves und Nass (1996) viele der sozialen Regeln, wie die zwischenmenschliche Interaktion in Bezug auf Höflichkeit, Schmeichelei und Wertung. Zuschauer würden den Medien und den Mediencharakteren 17 eine Persönlichkeit zuschreiben und diese mit ihrer eigenen Persönlichkeit explizit vergleichen. Durch die Interaktion mit Charakteren in Bücher oder in Filmen erweitern die Menschen folglich ihre emotionalen Horizonte und soziale Perspektiven (zit. n. McDonald & Kim, 2001, S. 248). Cohen (2001) beschreibt ferner die Identifikation in den Medien als Prozess, in der die Eigenwahrnehmung stark zurück geht und anstatt dieser eine temporäre gesteigerte emotionale und kognitive Bindung mit dem Charakter stattfindet. Der Mediennutzer stellt sich vor, für eine kurze Zeit der Charakter im Buch oder im Film zu sein. (S. 251– 252). Eine Szene, die den Zuschauer dazu bringt die Perspektive des Charakters anzunehmen (Wilson, 1993), die Vorliebe für ein bestimmter Charakter (Cohen, 1999) oder eine Gemeinsamkeit zwischen Zuschauer und Charakter können zu einer psychologischen Verschmelzung oder Bindung führen, die dazu führt, dass der Zuschauer die Ziele des Charakters verinnerlicht, anfängt mit dem Charakter mitzufühlen und sich mit zu identifizieren (zit. n. Cohen, 2001, S.248). Wenn der Zuschauer in einem kognitiven und emotionalen Zustand der Selbstvergessenheit ist, kann der Identifikationsprozess beendet oder unterbrochen werden, wenn er sich seiner selbst wieder bewusst wird, sei es durch einen externen Stimulus, wie ein Telefonanruf oder einen internen Stimulus, zum Beispiel ein Szenenwechsel im Film oder durch das Ende der Geschichte (Cohen, 2001). Eine Messung der Identifikation, stellt sich als schwierig heraus, gerade weil diese ein imaginativer Prozess ist, charakterisiert durch einen veränderten Bewusstseinszustand. Die Zuschauer sind sich der Identifikation im Moment, in der sie stattfindet nicht bewusst. Sie sind dennoch in der Lage sich rückwirkend daran zu erinnern, wie vertieft sie von der Handlung waren und wie sie die Ziele, die Gefühle und die Perspektive der Charaktere nachempfanden und einnahmen (S. 252). Cohen (2001) geht von vier Dimensionen aus um die Identifikation in den Medien zu messen. An erster Stelle wäre die Empathie oder die Fähigkeit die Gefühle der Charaktere zu teilen, gefolgt vom kognitiven Aspekt die Perspektive des Charakters einzunehmen. Beide Dimensionen können gemessen werden anhand von Angaben der Zuschauer, inwiefern diese den Charakter und dessen Motivationen verstanden haben. Die Motivation wäre die dritte Dimension und bezieht sich auf das Ausmass des Zuschauers, die Ziele der Charaktere zu teilen und für sich einzunehmen. Als letzte Dimension nennt Cohen (2001) die Absorption oder der Ausmass der Selbstvergessenheit. Weil Identifikation als temporärer und flüchtiger Prozess 18 angesehen wird, sollten sowohl die Intensität als auch die Häufigkeit solcher Momente der Selbstvergessenheit festgehalten werden, in denen der Zuschauer zum Beispiel gänzlich von einem Text eingenommen wird und die Zeit vergisst. Ferner meint der Autor zu den Faktoren, welche die Identifikation beeinflussen, dass die bisherige Forschung mit verschiedenen Definitionen von Identifikation arbeitete, was eine Operationalisierung von Faktoren erschwert. Er erklärt, dass viele Faktoren im Zusammenhang mit der Identifikation in den Medien beobachtet wurden. Ähnlichkeit scheint die Identifikation positiv zu beeinflussen, sei es demographische Gleichheit im Alter, dem Geschlecht oder der Rasse, eine ähnliche Persönlichkeit oder gleiche Weltansichten sowie persönliche wahrgenommene Ähnlichkeiten zwischen einem Charakter und dem Zuschauer. Vertrautheit ist auch entscheidend, genau wie bei interpersonellen Beziehungen identifiziert man sich eher mit einem Charakter in den Medien, dem man länger ausgesetzt wird und besser kennt. Weiterhin scheinen Faktoren, wie das Selbstwertgefühl oder Attribute von Charakteren, wie Attraktivität einen Einfluss auf die Identifikation auszuüben. Nach ihm sollte auch das Genre eines Mediums berücksichtigt werden, denn Drama und Komödien sollten mit ihrer erzählerischen Natur mehr Identifikation fördern als Nachrichtensendungen, welche den Zuschauer als solcher ansprechen und ihn stets an seine Rolle als Zuhörer erinnern (S. 256–258). Zum Schluss definiert Cohen (2001) zusammenfassend die Identifikation in den Medien als einen imaginativen Prozess, in dem die Identität, Ziele und Perspektiven eines Charakters zeitweilig eingenommen werden (S. 261). In Zusammenhang mit Fernseh-Serien wurde das Konzept der Identifikation von Cohen (2001) in der Studie von Chory-Assad und Cicchirillo (2005) untersucht. Die Beziehung von Fernsehzuschauern und deren Lieblingsfernsehfigur wurde unter anderem in Bezug auf Empathie und der Identifikation mit dem Charakter erforscht. Die Daten von 211 Teilnehmer deuteten darauf, dass die Fähigkeit die Gefühle der Charaktere zu teilen, gefolgt vom kognitiven Aspekt die Perspektive des Charakters einzunehmen in Zusammenhang mit dem Persönlichkeitsmerkmal der Empathie standen, als Fähigkeit die Perspektive von anderen einnehmen zu können. Zuschauer, welche eine starke Tendenz zeigten, die Welt durch die Perspektive anderer wahrzunehmen, hatten auch eine stärkere Tendenz sich mit den Fernsehcharakteren zu identifizieren (S. 156–157). Tian und Hoffner (2010) untersuchten ebenfalls die Beziehung von Fernsehcharakteren und Fernsehzuschauern anhand der Identifikation nach Cohen (2001), der Vorliebe zum 19 Charakter, der parasozialen Interaktion und der wahrgenommenen Ähnlichkeit. In der Onlinebefragung mit 174 Teilnehmern zeigte sich, dass die wahrgenommene Ähnlichkeit zum Charakter in positiver Verbindung zur Identifikation und der parasozialen Beziehung stand. Die Daten suggerieren, dass wahrgenommene Ähnlichkeit die Tendenz positiv beeinflusst die Perspektive des Charakters einzunehmen und mit diesem parasoziale Beziehungen zu formen (Tian & Hoffner, 2010, S. 263). 3.2.2. Identifikation in Videospielen Mit der Interaktivität führen Videospiele einen Faktor ein, der wesentlich zum Prozess der Identifikation beiträgt und das Konzept erweitert. McDonald und Kim (2001) weisen auf frühe Resultate von Selnow (1987) hin, welche darauf deuten, dass das interaktive Handeln in Videospielen den Spielern ein neues Gefühl der „Zugehörigkeit“ gibt, welches beim Fernsehen nicht möglich ist. Die Fähigkeit den Charakter zu steuern sowie weitere Rückmeldungen im Spiel sollen ein verstärktes Identifizieren mit Charakteren ermöglichen als das blosse Zuschauen beim Fernsehen (zit. n. McDonald und Kim, 2001, S. 241). Videospiele gewähren im Gegensatz zu nicht interaktiven Medien dem Mediennutzenden nicht bloss ein Umfeld mit handelnden Charakteren, sondern sie laden zusätzlich ein, selber im gegebenen Umfeld zu handeln und sich als Teil der Welt zu fühlen. Darüber hinaus ermöglichen einige Spiele mit ihrer voluminösen Geschichte dem Spieler eine epische Rolle einzunehmen. Als Abenteurer, militärischer Kommandant oder Sportler erleben sie die Geschichte in erster Hand und haben einen Einfluss auf das Geschehen. Computerspiele bieten somit besonders eindrückliche und faszinierende Handlungsrollen (Hartmann, 2006, S. 121). Im Versuch von Hefner, Klimmt und Vorderer (2007) zeigte sich dieser positive Zusammenhang zwischen Interaktivität und Identifikation. Die interaktive Spielsituation erlaubte eine intensivere, „authentischere“ Erfahrung „of „being“ a Soldier“ als die Situation in der man bloss eine Aufnahme der gleichen Spielsituation zu sehen bekam. Gleichzeitig wurde die Identifikation mit höherem Spielspass assoziiert (S. 45–46). Die Identifikation mit Videospielcharakteren kann nach Klimmt, Hefner und Vorderer (2009) als zeitliche Verschmelzung der Eigenwahrnehmung mit der Wahrnehmung des Mediencharakters betrachtet werden und teilt viele Merkmale zu der Identifikation in 20 den Medien nach Cohen (2001). Die Autoren bauen auf Theorien der SozialPsychologie (Higgins, 1987), die zeigen, dass die Eigenwahrnehmung von Personen sich verändert, wenn diese aufgefordert werden, die Perspektive eines Anderen einzunehmen. Die eigene Wahrnehmung des Selbst verschmilzt dann mit der Wahrnehmung des Anderen und die Person betrachtet sich ähnlicher zu der eingenommenen Person (zit. n. Klimmt et al., 2009, S. 355). Sie beschreiben die Identifikation während dem Spielen als zeitliche erhöhte Aktivierung der Assoziationen zwischen dem Konzept des Spielers „Selbst“ und den Konzepten, welche den anvisierten Mediencharakter beschreiben. Zum Beispiel sollte die Assoziation „Ich – schön“ unbewusst und unwissentlich aktiviert werden, wenn der Spieler sich mit dem attraktiven Spielcharakter identifiziert (Klimmt et al., 2009, S. 357). Diese Art der Identifikation ist nach den Autoren speziell in interaktiven Medien gegeben und lässt sich in vier Merkmalen abgrenzen: So sei die Identifikation in Videospielen ein höchst selektiver Prozess. Auch wenn die Verschmelzung der Identität des Nutzers und des Mediencharakters theoretisch unbewusst und schnell stattfindet, deckt die Identifikation nur einzelne Persönlichkeitsdimensionen und ist keineswegs eine Übernahme der gesamten Identität. Der Spieler vergisst nicht sein reales Ich, wenn er sich mit einem Spielcharakter identifiziert. Gleichzeitig sind diese Identifikationsprozesse an symbolische und nicht an physikalische Merkmale gebunden. Schmerz, Hunger und Müdigkeit stellen keine Dimensionen der Verschmelzung dar, dagegen sind Attraktivität, Erfolg und Respekt als Dimensionen der Selbstwahrnehmung Schlüsselfaktoren bei der Identifikationsbildung. Bei einer Identifikation können sich ferner die Emotionen des Spielers wie Zorn, Anspannung und Angst sich den Emotionen des Spielcharakters annähern, physikalische Aspekte wie Atemlosigkeit oder Schmerz sollten dem ungeachtet nicht beeinflusst werden. Identifikation in Videospielen ist somit ein selektives Phänomen, welches die Selbstwahrnehmung des Spielers zum Spielcharakter nicht in jeder Beziehung angleicht. So kann auch eine Identifikation mit einem Fantasiecharakter, zum Beispiel einem Zwerg oder Elf stattfinden, da beim selektiven Prozess symbolische Dimensionen wie beispielsweise unglaubwürdige, Macht oder unrealistische Ehre eingenommen Charaktere aufweisen werden, und sogar welche auch beabsichtigt hervorheben (S. 358–359). Als zweites heben Klimmt et al. (2009) hervor, dass die Identifikation in Videospielen 21 über die Zeit instabil ist. So kann auf ein Moment der starken Identifikation ein Moment der Distanz folgen, in dem der Spieler sich dem Spielcharakter nicht mehr verbunden fühlt. Als Beispiel nennen sie den Tod des Spielcharakters beim Spielen, in diesem Fall wird das Ziel des Identifikationprozesses für eine kurze Zeit nicht verfügbar und dies führt dazu, dass der Spieler sich wieder der realen Welt und der eigenen SelbstWahrnehmung bewusst wird. Die eigene ungenügende Leistung, die zum Tod des Charakters geführt hat, wird sich auf die Selbst-Wahrnehmung auswirken und negativ beeinflussen. Wird weitergespielt kann eine starke Identifikation wieder aufkommen (S. 360). Die Autoren erklären, dass die Identifikation in Videospielen durch intensive Phasen von zeitlichen Identitätsübernahmen charakterisiert wird, die Intensität aber in keiner Weise über die gesamte Spielzeit stabil bleibt und abhängig ist davon, wie der Spieler die Distanz zum Medium handhabt. Sie erkennen eine Konvergenz mit dem Konzept der Präsenz nach Wirth et al. (2007), welches auch durch zeitliche Dynamik und Schwankungen der Intensität kennzeichnet wird (zit. n. Klimmt et al., 2009, S. 360). Die Motivation des Spielers ist nach Klimmt et al. (2009) ein drittes Merkmal, welche die Identifikation beeinflusst. Es ist die Motivation andere Erfahrungen mitzuerleben, die den Spieler dazu führt auf bestimmte Persönlichkeitsmerkmale von Mediencharakteren zu fokussieren. Es kann auch vorkommen, dass der Spieler den Identifikationsprozess bewusst auf einige wenige Eigenschaften beschränkt um unangenehme Erlebnisse zu vermeiden. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Charakter im Spiel moralisch fragwürdige Aktionen durchführen muss. In einem solchen Fall wird der Spieler sich auf andere Dimensionen des Charakters konzentrieren, mit Ausnahme der Moralität. Dies bedeutet nicht, dass negative Erfahrungen gänzlich vermieden werden können, denn wie bereits erwähnt findet der Identifikationsprozess mehrfach schnell und unbewusst statt. Wie stark eine Identifikation erlebt wird und die möglichen negativen Erfahrungen die damit einhergehen, hängen hauptsächlich von der Medienkundigkeit und der Entwicklungsstufe des Nutzers ab. Das Alter spielt eine wichtige Rolle und erwachsene Spieler sollten im Gegensatz zu Kindern den Identifikationsprozess besser unter Kontrolle haben (S. 360). Als viertes vergleichen sie die Identifikation in Videospielen mit dem allgemeinen Verständnis von Rollenspielen. Zum einem gestattet die Interaktivität in Videospielen dem Spieler gewisse Freiheiten in Bezug, wie er den Charakter oder die ihm 22 zugewiesenen Rolle ausspielt. Der Spielcharakter ist durch vorgegebene Regeln, Zielvorgaben und Normen vordefiniert aber Attribute wie Präzision, taktische Intelligenz und Selbstbehauptung sind spielerabhängig und bestimmen entscheidend den Fortgang eines Kriegsspiels. Zum anderen liefert das Spiel unmittelbare Rückmeldungen auf die eigenen Handlungen und spornt somit den Spieler an, sich an die Spielwelt zu adaptieren und rollengemäss zu handeln, andernfalls bekommt er negatives Feedback in Form von Misserfolg oder Langeweile (S. 361). Nach den Autoren stellt die Identifikation in Videospielen in Bezug auf das Ausmass des Rollenspielens einen Mittelweg zwischen der Identifikation in passiven Medien, wie dem Lesen, oder Fernsehen, in dem der Mediennutzende keine Kontrolle über Attribute oder Handlungen des Charakters hat, und der Identifikation im freien Rollenspiel, in dem der Spieler die volle Kontrolle über beides verfügt. Der vollen Identifikation am nächsten kommt dabei das Computerspielgenre der „Rollenspiele“, welches dem Spieler Charakterattribute und zum Teil auch das Aussehen des Spielcharakters bestimmen lässt und somit eine starke Identifikation mit den Charakteren und Rollen erlaubt (S. 362). Das Genre eines Spiels sollte demnach in Bezug auf den Identifikationsprozess berücksichtigt werden. Adrienne Shaw (2011) betont ebenfalls, dass unterschiedliche Arten von Spielen die Beziehung zwischen dem Spieler und den Charakteren auf verschiedene Weise prägen. Die Ansicht, dass die Interaktivität selbstverständlich dazu führt, dass der Spieler die Rolle des Hauptcharakters einnimmt, sollte mit Vorsicht betrachtet werden. Die interaktiven spielerischen, körperlichen und sozialen Aspekte von Videospielen führen nicht automatisch zu einer Identifikation mit den gegebenen Charakteren. Im Gegenteil: nach der Autorin können diese Aspekte je nach Spiel sogar eher zur Selbstreflexion führen (S. 1–2). Sie geht von einem Selbstbezug in der Interaktivität aus: Ein Spieler wird während des Spiels oft über die eigene Handlung nachdenken und weniger über die Handlung des Charakters oder wie er als Charakter handelt. Die spielerischen Aspekte von Videospielen würden somit oft einen zu starken Selbst-Bezug hervorrufen, welcher es erschwert die Rolle des Charakters im Spiel einzunehmen. Der Spieler wird sich seiner Beziehung zum Charakter nicht bewusst, sondern ist beschäftigt mit den eigenen Aktionen sowie der eigenen Leistungen. Eine einnehmende Geschichte und gut ausgestaltete Charaktere und Rollen, die der Spieler von sich aus gerne einnimmt sind die Faktoren, welche einen zu starken Selbst-Bezug verhindern. In solchen Spielen wird der Spieler eher Fokus darauf legen sich in den gesteuerten Charakter zu versetzen als eine blosse Aktion auszuführen (S. 6). 23 Wie intensiv die Beziehung zum Charakter ist, ist nach Shaw (2011) abhängig von dessen Form, denn die Identifikation mit einem „unbeschriebenen“ Charakter wird anders verlaufen als die Identifikation mit einem gut ausgearbeiteten Charakter mit Hintergrundgeschichte. Ersteres erfordert zum Beispiel mehr Input im Sinne von Vorstellungskraft auf Seiten des Spielers. Eine Differenzierung der verschiedenen Beziehungen zwischen dem Spieler und den verschiedenen Sorten von Spielcharakteren scheint sinnvoll und folgt in den weiteren Abschnitten (S. 8). Virtuelle Figuren, welche die Spieler im Spiel verkörpern nennt man auch Avatare. Sabina Misoch (2010) erklärt, dass sich der Begriff vom sanskritischen Wort avatâra ableitet. Er hat die Bedeutung vom Herabstieg oder Herabsteigenden und bezieht sich auf den hinduistischen Glauben der Verkörperung, die ein Gott annimmt, wenn er zur Erde herabsteigt. Avatare werden als virtuelle Stellvertreter der Spielenden innerhalb des Spiels betrachtet. Sie sind im Spiel Mittel der Fortbewegung und Interaktion und stellen somit die Verkörperung des Spielers im Spiel dar. Die meisten Spiele haben vorgegebene Charaktere, die der Spieler nicht verändern kann. Der Spieler spielt einen Charakter, welcher vom Spielentwickler erstellt wurde. Diese Charaktere haben je nach Spiel mehr oder weniger Tiefe. Deren Identität ist mehrfach nur in den Zwischensequenzen deutlich und ist selten während dem eigentlichen Spielen bemerkbar (S. 174). Aufgrund der Antworten aus ihren qualitativen Interviews, ist Andrienne Shaw (2011) der Meinung, dass der Mangel an Details in einem Charakter dazu führt, dass die Spieler an die eigenen Handlungen denken und es seltener zur Identifikation kommt. Wenig ausgebaute Charaktere sind, so die Autorin, wie Puppen oder Schachfiguren, man kann damit spielen, aber man identifiziert sich nicht unbedingt mit ihnen (S. 9). Diese Annahme bekräftigen die Ergebnisse von Schneiders Studie (2004). Es wurde festgestellt, dass sich Spieler wesentlich höher mit Charakteren aus Spielen mit einer Handlung identifizierten als in solchen ohne Handlung. Die Spieler fühlten sich in der Spielsituation mit Handlung mehr als wären sie der Spielcharakter im Spiel selbst und die narrativen Spielepisoden wurden intensiver und unterhaltsamer empfunden (S. 371). Adrienne Shaw (2011) merkt allerdings an, dass ein Mangel an Tiefe nicht zwangsweise zur Nicht-Identifikation führt, es erfordert bloss mehr Arbeit auf der Seite des Spielers. Durch die Vorstellungskraft wird der Figur eine Identität zugesprochen. Als Beispiel nennt sie das Spiel Space Invaders (Taito, 1978), ein einfaches Spiel, das über keine Charakterentwicklung verfügt. Ein befragter Spieler in ihrer Untersuchung war fähig 24 sich in den Charakter hineinzuversetzen, und beschrieb, wie er sich vorstellte wie alles auf ihn zählt, und er die Welt von den ausserirdischen Invasoren retten muss. Es gibt auch Spiele, welche die Möglichkeit bieten zwischen mehreren vorgegebenen Charakteren zu wählen. In solchen Spielen sucht sich der Spieler einen Charakter in Abhängigkeit von strategischen oder identifikationsbezogenen Kriterien aus (Shaw, 2011, S.9). In Kampfspielen wie Marvel vs. Capcom (Capcom, 1994) oder Soul Calibur (Namco, 1998) zum Beispiel, werden Charaktere hauptsächlich wegen ihren Kampffähigkeiten ausgewählt. Der Spieler sucht sich einen Charakter aus mit den Fähigkeiten, die am besten zu seiner Strategie im Spiel passen (Shaw, 2011, S. 10). Im Aktionspiel Left 4 Dead (Valve Corporation & Turtle Rock Studios, 2008) dagegen sind die Fähigkeiten der vorgegebenen Charaktere gleich. In diesem Fall, erklärt Shaw (2011), findet eine identifikationsspezifische Wahl statt und die Spieler wählen Charaktere aufgrund ihres Aussehens sowie aus ästhetischen Gründen. Sie spielen zum Beispiel lieber mit weiblichen Charakteren. Wahrgenommene Ähnlichkeit zum Charakter im Sinne von Rolle, Status oder Aussehen sowie Affinität zu dessen Persönlichkeit sind weitere Merkmale, die eine identifikationsspezifische Wahl ausmachen (S. 10). Dass der Effekt den eigenen Charakter wählen zu können, sich verstärkend auf die Beziehung zwischen Spieler und Charakter ausübt, wird von den Resultaten der Studie von Lim und Reeves (2009) unterstützt. Hatten die Teilnehmer die Möglichkeit den Spielcharakter im getesteten Spiel zu wählen, führte das zu erhöhtem Arousal. Das Spielen mit dem selbst erwählten Charakter führte zu einer erhöhten Herzschlagfrequenz und beeinflusste die elektrodermale Reaktion. Dieser Effekt wurde ferner von der Perspektive beeinflusst, was nachkommend im Kapitel ebenfalls thematisiert wird (S. 364). Im Sinne der Identifikation mit Charakteren stellte Adrienne Shaw (2011) allerdings keinen grossen Unterschied zwischen den Spielen mit einem oder mehreren vorgegebenen Charakteren. Die stärkste Identifikation erlebten die interviewten Spieler in Spielen, welche die Möglichkeit baten den eigenen Charakter zu erstellen. Ähnlich wie in der Studie von Waggoner (2009), beschrieben die Spieler eine tiefere Verbundenheit zu Charakteren, die sie selbst erschaffen hatten, selbst dann wenn diese Charaktere keine Nachbildung des Spielers und keine realistischen, menschliche Figuren waren (zit. n. Shaw, 2011, S. 10). Die Teilnehmer in Shaws Studie (2011) gaben zum Beispiel an in Rennspielen ein 25 stärkeres Gefühl von Besitz über Autos zu haben, die sie selbst individuell anpassen konnten. In anderen Spielen führte das Erstellen eines Charakters nicht zwangsweise zu einer intensiveren emotionalen Bindung und stärkeren Identifikation, die Spieler beschrieben aber ein Gefühl von Verantwortung oder Sorge in Bezug auf die erschaffene Figur (S. 10–11). Dass das Gestalten der eigenen Figur tatsächlich einen Unterschied macht, konnte in der Studie von Bailey, Wise und Bolls (2009) beobachtet werden. Die Kinder welche die Möglichkeit hatten den eigenen Charakter anzupassen, berichteten über ein stärkeres Gefühl von Präsenz und zeigten höhere Werte von Arousal während dem Spielen. Auch Sabina Misoch (2010) unterscheidet zwischen vom Spiel vorgegebenen Charakteren, so genannte „geschlossene Avatare“, welche durch das Spiel äusserlich und konstitutionell sowie hinsichtlich ihrer Eigenschaften prädeterminiert sind, und zwischen „offenen Avatare“, die relativ individuell vom Nutzer selbst gestaltet werden können. Bei der Identifikation mit den geschlossenen Avataren identifiziert sich der Spieler mit den Eigenschaften und äusseren Merkmalen des vorgegebenen Charakters, dessen Verhalten durch die Handlung vorgegeben ist. Die Identifikation mit offenen Avataren ist nach der Autorin ein sogenannter offener Identifikationsprozess. Der Spieler gestaltet den Charakter nach den eigenen Bedürfnissen, Fantasien oder Zielsetzungen individuell (S. 178–179). Adrienne Shaw (2001) geht davon aus, dass beim Erstellen eines Charakters sich Spieler die Hintergrundgeschichte, die Persönlichkeit und Gesinnung ausdenken. Man hilft somit nicht bloss bei der Handlung eines vorgegebenen Charakters, sondern man spielt die eigene Geschichte. Viele Spieler kreieren Figuren die das eigene Selbst oder das Wunschselbst abbilden, andere erstellen gegensätzliche Figuren zum eigenen Charakter, inspirieren sich an Personen die sie kennen oder bilden berühmte Persönlichkeiten nach. Charaktererstellung in Spielen stellt oft einen Ausgleich zwischen Selbstdarstellung und Kontext. Spieler versuchen einen Charakter zu erstellen, welcher zum Kontext des Spiels passt, verpassen dem Charakter aber etwas Persönliches und Eigenes. Ein Abbild des eigenen Ichs, erstellten die Spieler, da dies ihnen leichter scheint als einen komplett neuen Charakter zu kreieren (S. 11). Misoch (2010) erklärt, dass die bewusste und detaillierte Gestaltung des Avatars eine intensive Identifikation des Spielers mit seiner Spielfigur zur Folge hat. Die Erstellung des Avatars würde die soziale Präsenz innerhalb der virtuellen Umgebung erhöhen und die Identifikation würde umso intensiver ausfallen je individueller die Gestaltung (S. 26 179). Einen Charakter oder Avatar zu erstellen der einem gleicht, so Adrienne Shaw (2011), hat oft zur Folge, dass man sich intensiv mit dem Charakter identifiziert und gerade dieses Phänomen wird oft in Onlinespielern beobachtet. Die Autorin hält fest, dass Charaktere in Onlinespielen als Abbild des Spielers fungieren, während Charaktere in Spielen, die der Spieler alleine spielt öfters als eigenständige Figuren betrachtet werden. Die unterschiedlichen Spielumgebungen des Online- und Offlinespielens haben somit ebenfalls einen Einfluss wie intensiv sich der Spieler mit seinem Charakter identifiziert. Das Onlinespielen baut auf komplexe Interaktionen und Beziehungen zwischen Spielern aus aller Welt. Der Spieler in einem Onlinespiel ist eher dazu geneigt, sich im eigenen Charakter zu repräsentieren und als dieser zu agieren als in einem Einzelspieler-Spiel, in der er nicht mit anderen Menschen interagieren kann. Der Spielcharakter ist im Netz folglich eine Repräsentation des eigenen Selbst in verschiedenen Wesen, Geschlechtern oder Rollen (S. 7–12). Gerade im Hinblick auf das Onlinespielen zeigt sich ein weiteres Merkmal der Identifikation in Videospielen. Die enge Beziehung zwischen dem Spieler mit seinen Spielfiguren führt dazu, dass diese zu Elementen der eigenen Identität werden. Wenn Spieler von ihrem Avatar sprechen verwenden sie zum Beispiel oft die Ich-Form (Misoch, 2010, S. 182). Ein Avatar in einem Onlinespiel ist nicht bloss ein fiktionaler Charakter, er ist die Persona des Spielers in der virtuellen Welt sowie eine Form der Selbstdarstellung und Online-Identität (Wolfendale, 2007, S. 116). Die Intensität der Identifikation geht so weit, dass Handlungen gegen die Spielfigur innerhalb des Spiels als Handlungen gegen das eigene Selbst empfunden werden (Misoch, 2010, S. 182). Wird dem Charakter in Onlinespielen virtuell Schaden zugefügt, kann sich das emotional auf den Spieler auswirken. Jessica Wolfendale (2007) erklärt, dass dies nichts Abnormales ist, sondern ein häufiges Phänomen, welches oft im Onlinespielen beobachtet wird. Sich emotional auf ein Spiel einzulassen, erlaubt ein intensiveres Erlebnis der Handlung, es bedeutet aber gleichzeitig, dass man verletzlicher ist gegenüber schädigenden Handlungen von anderen Spielern. Der emotionale Schaden ist abhängig von der Stärke der Bindung und Identifikation mit dem Onlinecharakter (S. 112–113). Wenn die eigene Spielfigur getötet wird, Ablehnung oder Beleidigungen durch andere innerhalb des Spiels erfährt, kann das starke negative emotionale Reaktionen hervorrufen wie Wut, Scham, Bestürzung und sogar zu Tränen führen (Misoch, 2010, S. 182; Wolfendale, 2007, S. 112). Der emotionale Schaden geht soweit, dass es juristische Konsequenzen mit sich zieht. 27 So wurde in Japan eine Frau verhaftet, weil sie den Avatar ihres Online-Spielpartners nach einer eiligen Scheidung löschte. Ihr drohten bis zu fünf Jahre Gefängnis oder eine 4000 Euro Strafe (Knocke, 2008). Es steht fest, dass die Beziehungsbildung zwischen dem Spielcharakter und dem Spieler ein komplexer Vorgang ist. Zurück zur Aussage von Adrienne Shaw (2011) am Anfang des Abschnitts, dass unterschiedliche Arten von Spielen genau diese Beziehung zwischen dem Spieler und den Charakteren prägen, sollte zusätzlich zu all den Faktoren, so die Autorin, das Genre des Spiels berücksichtigt werden. Es besteht stets die Gefahr, dass das Spielerische einen zu starken Selbstbezug hervorruft und eine Identifikation erschwert. Ein gutes Beispiel sind Geschicklichkeitsspiele wie Rock Band (Harmonix Music Systems, 2007). Obwohl Geschicklichkeitsspiele zum Teil die Möglichkeit geben den eigenen Charakter zu erstellen und mit anderen Spielern gemeinsam oder gegeneinander zu spielen, beides Aspekte welche in Theorie ein Identifikationsprozess erleichtern, identifizieren sich die Spieler während dem Spiel nicht unbedingt mit dem kreierten Charakter. Im Spiel Rock Band (Harmonix Music Systems, 2007) zum Beispiel beobachtete Shaw (2011), dass die Spieler die Steuerung des eigenen Charakters einem anderem Spieler überliessen, der Spielkontroller wurde zwischen den Spielern hin und her gewechselt. Was zählte, war die individuelle Performance. Die Charaktere auf dem Bildschirm waren blosse Gestalten, denen man zuschaute, die man aber nicht „bewohnte“ (S. 7). Als zusätzliche Besonderheit der Identifikation in Videospielen, steht gerade dieses Gefühl des „bewohnen“, in der sich der Spieler als Charakter des Spieles fühlt und welche Hefner et al. (2007) beschreiben als „das Gefühl oder Illusion eine Schlüsselrolle innerhalb des Spieluniversums zu spielen“ (S. 40). Es deutet auf den starken einnehmenden Charakter von Videospielen hin (Schneider, 2004, S. 372) und erinnert nach Klimmt et al. (2009) stark an das Konzept der Präsenz. The way players ‘‘fill in’’ the role offered to them shapes the properties and course of the game, which implies that players are not merely observers of the media environment (and of the media characters in it) as they are in television settings, but that they actively participate in the story unfolding on screen (Vorderer, 2000). Through interactivity, then, video games (partly) override the distance between media users and media characters: Players either directly control one specific character or take on a social role represented in the game world (Klimmt, 2003). In both cases, players do not observe autonomous social entities performing on screen, but they make characters perform or actually perform themselves. The concept of presence (e.g., Wirth et al., 2007), the perceived spatial immersion into a mediated environment, has been applied to video games (Tamborini & Skalski, 2006) and has been linked to players’ interactive connection with the game elements as well as the multimodal (visual, auditory, tactile) presentation of the game world (Klimmt et al., 2009, S. 353–354) 28 In der Forschung konnte bereits ein Zusammenhang zwischen dem Gefühl in einer medienvermittelten Umgebung zu sein oder handeln zu können (Immersion) und der Identifikation beobachtet werden. In ihrem Versuch zu unrealistischen, gewalttätigen Videospielen stellten Arriaga, Esteves, Carneiro und Monteiro (2008) eine positive Verbindung zwischen Immersion („I felt absorbed/immersed inside the game“) und der Identifikation mit dem Spielcharakter fest (S. 534). Konijn, Nije Bijvank und Bushman (2007) untersuchten wishful identification in Videospielen. In ihrem Versuch war der Wunsch des Spielers so zu sein wie der Charakter am stärksten in Situationen in der Immersion, unter anderem erfasst mit dem Item „ While playing, I completely forgot my surroundings“, auch hoch war (S. 1042). Przybylski, Weinstein, Murayama, Lynch und Ryan (2012) untersuchten inwiefern Videospiele eine Umgebung liefern, in der ein Spieler durch den Spielcharakter sein Idealselbst ausleben kann. In ihrem Versuch stellte sich heraus, dass Immersion die Beziehung moderierte zwischen der game-self-ideal-self- Konvergenz, die Überschneidung zwischen dem Idealbild des Spielers oder wie er gerne wäre, dem game-self, wie er sich beim Spielen erlebt und dem actual-self, wie sich der Spieler im Alttag erlebt. Die Autoren hielten fest, dass gemäss ihren Ergebnissen Immersion eine wichtige Rolle bei der Identifikation mit Charakteren in virtuellen Umgebungen spielt (S. 73–74). Insbesondere Spiele mit der Ich-Person-Perspektive werden mit hoher Immersion und Identifikation assoziiert (Eastin & Griffiths, 2006, S. 450; Lankoski, 2007, S. 292). In dieser Perspektive verschmilzt der Blickpunkt des Betrachters mit dem Handlungspunkt. Der Spieler visualisiert keinen Avatar, sondern sieht lediglich eine Hand oder Waffe an der Unterseite des Bildschirms. Durch diese visuelle Technik der Involvierung wird eine körperliche Anbindung ans Spiel hergestellt. Der Spieler soll das Gefühl bekommen, dass die sichtbare Hand zum eigenen Körper vor dem Bildschirm in der realen Welt gehört (Neitzel, 2008, S. 105–106). The intention is that the player identifies with the game character whose hands, the player’s virtual prostheses, are seen receding into the game environment (Grimshaw, 2008). This identification with the character, and the use of hands only, provides a firstperson perspective with which it is proposed that, visually, player immersion in the game world derives from the player becoming the game character, in the sense of the player having the experience of acting within the game world. (Grimshaw, Lindley & Nacke, 2008, S. 10) Jürgen Fritz (1997) spricht dabei von einer sensumotorischen Synchronisierung. In Spielen mit elektronischen Stellvertretern, wie Spiele mit der Dritt-Person-Perspektive, 29 schlüpft man in die Spielfiguren „wie in einen Handschuh“ und spielt mit ihnen, wie mit einer Marionette. In Spielen ohne eine sichtbare Identifikationsfigur, wie im Falle von Spielen mit der Ich-Person-Perspektive dagegen, bewege man sich wie in einer „neuen Haut“ und das Spiel wird zu einer taktilen Körpererweiterung. Diese körperliche Verbindung macht sich während des Spielens, speziell bei ungeübten Spielern, als Synchronisierungsbewegungen sichtbar, in dem der Körper des Spielers synchron zu Bewegungen der Spielfigur mitreagiert. So legt sich ein Spieler beispielsweise mit seinen ganzen Körper in die Kurve, wenn er in einem Rennspiel die Kurve scharf nehmen will oder springt mit hoch, wenn die Spielfigur über einen Hindernis springen soll (S. 23). Wiemer (2006) beschreibt diese „mimetische Körperreaktionen“ als Distanzverlust zwischen Körper und Bild. Die Reaktionen sind nach ihr ein Element der Erfahrung von Immersion. Das Verhältnis von Körper und Bild in der sensomotorischen Synchronisierung lässt sich nach der Autorin gleichzeitig als Realismus-Effekt verstehen, welcher durch die unmittelbare Wirksamkeit über die Möglichkeit von Körpererfahrungen in einer elektronischen Feedback-Anordnung erreicht wird. In Videospielen vermischen sich somit Präsenzeffekte mit der körperlichen Handlungsund Wahrnehmungsdimension (S. 250). Dass die Perspektive einen Einfluss hat auf das Gefühl in der medial vermittelten Welt präsent zu sein, konnte bereits in Studien beobachtet werden. Stärkere Gefühle von Präsenz wurden in der Studie von Kallinen, Salminen, Kedzior, Sääksjärvi und Ravaja (2007) in der Spielsituation mit der Ich-Person-Perspektive beobachtet. Hinzu wurde in der Studie von Lim und Reeves (2009) beobachtet, dass das Gefühl in der Spielwelt präsent zu sein in der Spielsituation mit der Ich-Person-Perspektive nur höher war, wenn der Spieler keine Möglichkeit hatte, den eigenen Charakter selbst zu wählen und stark vom Geschlecht abhängig war. Dies wiederum deutet auf komplexere Zusammenhänge, welche den Einfluss der Perspektive als Mittel zur Identifikation beeinflussen (S. 365). Das Gefühl in der medienvermittelten Umgebung in Spielen der Ich-Person-Perspektive wird zusätzlich durch den Sound unterstützt. Grimshaw (2007) erklärt, dass insbesondere, wenn Kopfhörer getragen werden, welche den Spieler von den Geräuschen seiner Umwelt abschirmt, der diegetische Sound im Spiel den Spieler physisch ans Spiel bindet (S. 122). 30 If the diegetic, sonic world of the film exists solely for the characters on screen, then the diegetic sonic world of the FPS game extends from the screen to physically encapsulate the player in the acoustic ecology's real resonating space. This is particularly the case where the player is using headphones because they serve as an extension to the player's proprioceptive auditory system greatly attenuating, and in some cases entirely blocking out, sounds external to the game world such that, for example, the sounds of the character breathing become the sounds of the player breathing.[a form of sensory immersion] Thus, FPS game diegetic sounds extend the game environment from a flat, 2-dimensional screen to the 3-dimensionality of the external world. The player's proprioceptive sounds are replaced by the character's proprioceptive sounds and all other game world sounds envelop the player as part of the game's real resonating space. These sounds form part of not only the real resonating space but also the virtual resonating space of the game and thus help to immerse the player, both physically and mentally, in the FPS game acoustic ecology. (Grimshaw, 2007, S. 122).” Dieser Effekt konnte Grimshaw, Lindley und Nacke (2008) in einer Studie mit 36 Teilnehmern aufzeigen. Die Spielsituation mit diegetischen Sound (Charaktergeräusche und Schrittgeräusche des Spielcharakters) wurde von den Probanden in Bezug auf sensorische Immersion, als Gefühl die Spielwelt erforschen zu können und ebenso in Bezug auf Flow, als Gefühl in der Spielwelt absorbiert zu sein und das Zeitgefühl zu verlieren, höher bewertet als die Spielsituationen ohne diegetischen Sound (S.4–5). Von einem Zusammenhang zwischen Präsenz und Identifikation gehen ferner Abeele et al. (2010) aus. Das Gefühl der Präsenz in Videospielen beschreiben sie als embodied presence: „embodiment being a notion that has been used in virtual reality theory to refer to the embodied nature of an experience […], the fact that one experiences one’s environment through one’s body “ (Abeele et al., 2010, S. 127). Es ist nach ihnen ein Faktor für das Erfassen der Identifikation mit dem eigenen Avatar in Onlinespielen. Weitere Faktoren in ihrer Identifikationsskala für die Erfassung von AvatarIdentifikation in Onlinespielen sind perceived similarity, die wahrgenommene Ähnlichkeit zwischen dem Spieler und dem Charakter sowie wishful identification, welche ähnlich wie in Konijn, Nije Bijvank und Bushman (2007) erfasst, inwiefern der Spieler seinem Charakter ähneln möchte (Abeele et al., 2010, S. 132; van Looy, Courtois, Vocht & Marez, 2012). Mit diesen Faktoren beziehen sich die Autoren auf die Theorie der Selbst-Diskrepanz (Higgins, 1987), welche (wahrgenommene) Ähnlichkeit und Wunsch-Identifikation als Mechanismen der Identifikation betrachten. Die Identifikation durch Ähnlichkeit findet statt wenn der Zuschauer glaubt sich physisch, geistig oder in Beziehung auf den Gesellschaftsstatus einem fiktionalen Charakter zu ähneln. Dagegen bezieht sich die Identifikation durch Wunschdenken auf den Wunsch des Zuschauers einem Charakter ähneln zu wollen, ihn als Vorbild für zukünftige Handlungen und der Identitätsentwicklung nachzuahmen, und gezielt Verhaltensmuster 31 zu imitieren (zit. n. Abeele et al., 2010, S. 132). Eine Verminderung der Selbst-Diskrepanz zwischen der eigenen Selbstwahrnehmung und der Wunsch-Identifikation, die während der Mediennutzung stattfinden kann, stellt nach Hefner et al. (2007) das Vergnügen der Identifikation in Videospielen dar. So erlaubt die Identifikation mit einer gegebenen Rolle im Spiel neue Erfahrungen, welche eng mit dem eigenem Ich verknüpf werden. Indem der Spieler Eigenschaften des Spielcharakters übernimmt, welche er als attraktiv betrachtet, nimmt er sich selbst als die Person war, die er gerne sein möchte. Die Identifikation als Mittel, um sich selbst näher zu der idealisierten Identität zu sehen ist folglich ein Weg um vorübergehend die Selbst-Diskrepanz zu vermindern und Unterhaltung zu erleben. Für junge männliche Spieler zum Beispiel sollte die Identifikation mit Spielcharakteren wie Soldaten, Krieger oder Gangster die Möglichkeit geben, sich dem eigenen Idealbild zu ähneln und sich dementsprechend mutiger, maskuliner und dominanter zu fühlen. Auch das Leistungserleben wird mit Unterhaltungserleben in Computerspielen assoziiert und bestärkt nach den Autoren den Identifikationsprozess. Ist ein Spieler im Spiel erfolgreich, wird das Gefühl vermittelt die Rolle des Spielcharakters gut zu erfüllen (S. 44–45). Der Prozess der Identifikation als Mittel sich dem Idealbild näher zu fühlen ist nach Hefner et al. (2007) eines der wichtigsten Faktoren für Vergnügen in Videospielen und könnte eine mögliche Erklärung liefern warum komplexe Interaktionsmöglichkeiten und prächtige audiovisuelle Darstellungen der Spielwelten mit Spielvergnügen assoziiert werden. Denn technische Verbesserungen, wie das Erschaffen einer überzeugenden räumlichen und sozialen Umgebung ermöglichen das Präsenzerleben zu verstärken und gute narrative Elemente, wie eine spannende Hintergrundgeschichte, welche die einzunehmende Rolle interessant vermittelt, führen zu einer stärkeren Identifikation und steuern somit indirekt zum Unterhaltungserleben bei (S. 46). Abschliessend steht fest, dass die Identifikation in Videospielen einen vielseitigen Prozess darstellt, welcher ansatzweise in der Forschung untersucht wurde aber in Bezug auf Definition noch relativ offen ist. Zusammenfassend werden nun die wichtigsten Merkmale der Identifikation in Videospielen genannt und das Konzept für die Arbeit eingegrenzt. Identifikation in Videospielen kann als zeitliche Verschmelzung der Eigenwahrnehmung mit der Wahrnehmung des Mediencharakters betrachtet werden. Es ist ein höchst selektiver Prozess, welcher unbewusst und flüchtig stattfindet und über 32 die Zeit instabil ist. Der Prozess ist abhängig von der Motivation des Spielers, sich auf die Handlung einzulassen und ist vergleichbar mit einem Rollenspiel (Klimmt et al., 2009). Die Beziehung zum Charakter oder Avatar beeinflusst den Identifikationsprozess und ist abhängig vom Spiel, vom Genre und von der Gegebenheit, ob das Spiel offline im Einzelspielermodus oder online mit anderen gespielt wird (Misoch, 2010; Shaw, 2011). Man unterscheidet dabei grob zwischen der Identifikation mit geschlossenen Avataren, Charakteren, welche durch das Spiel äusserlich, konstitutionell und hinsichtlich ihrer Eigenschaften vom Spiel vorbestimmt sind, und offenen Avataren, Charakteren, die der Spieler selbst relativ individuell erstellen kann. Mit offenen Avataren findet ein sogenannter offener Identifikationsprozess statt. Der Spieler gestaltet den eigenen Charakter nach den eigenen Bedürfnissen, Fantasien oder Zielsetzungen (Misoch, 2010; Shaw, 2011). Die Identifikation baut ferner auf die wahrgenommene Ähnlichkeit zwischen dem Charakter und dem Spieler. Eigenschaften, Merkmale oder Verhaltensweise eines Charakters, die der Spieler glaubt zu teilen, erleichtern ihm die Identifikation. Sie kann auch auf dem Wunsch des Spielers aufbauen, dem Charakter ähneln zu wollen. Der Charakter wird als Vorbild und für die Identitätsentwicklung nachgeahmt, was als Wunsch-Identifikation bezeichnet wird (Abeele et al., 2010; van Looy et al., 2012). Die Identifikation in Videospielen steht in positiver Verbindung zur Immersion als Gefühl in der medienvermittelten Umgebung zu sein und seine Aussenwelt zu vergessen und wird mit Präsenz assoziiert (Arriaga et al., 2008; Klimmt et al., 2009; Konijn et al., 2007; Przybylski et al., 2012). Das Vergnügen bei der Identifikation in Videospielen entsteht vermutlich in der Verminderung der Selbst-Diskrepanz zwischen dem Spieler und der eigenen WunschIdentifikation, welche der Charakter im Spiel darstellt. Das Identifizieren mit den Spielcharakteren ist ein Mittel um sich selbst näher zu der idealisierten Identität zu fühlen und die Selbst-Diskrepanz zu vermindern (Hefner et al., 2007; Klimmt et al., 2009). 33 3.3. Forschungsstand zu Horror Im vorherigen Kapitel wurden Theorien zu Emotionen in den Medien und Videospielen sowie dem Konzept der Identifikation vorgestellt mit dem Ziel das komplexe Interaktionsgefüge des emotionalen Erlebens in der Medienrezeption zu erklären. In dem folgenden Kapitel wird ferner auf das Genre des Horrors eingegangen. Es werden Studien und theoretische Darlegungen präsentiert, welche unter anderem die Vorliebe nach Horror und das Erleben der Angst in Horrorfilmen zu erklären versuchen. Auch in diesem Abschnitt wird zuerst auf den Horror in den klassischen Medien, als Horrorfilm und anschliessend in Horror-Spielen eingegangen. 3.3.1. Forschungsstand zu Horrorfilmen Nach Marvin Zuckerman (1996) ist die Vorliebe für morbide, Horror und Angst einflössende Stimuli nichts Aussergewöhnliches oder Neues, bloss hat sich das Medium im Laufe der Zeit geändert. Bereits die Römer erfreuten sich an blutige Gladiatorenkämpfe oder an öffentlichen Hinrichtungen. Es schien nichts Abnormales zu sein, kein Römer hinterfragte warum Menschen sich an dem grausigen Schauspiel erfreuten. In unserer Zeit wird diese Vorliebe durch das Medium Film, Fernsehen und eben den Horror-Spielen ausgelebt. Die Mythen um Monster und Geister, welche in früheren Zeiten für gruselige Stunden um das Lagerfeuer sorgten, wurden auf die neuen Technologien adaptiert und werden dank Spezialeffekte und Farbfilm Blut umso eindringlicher und gruseliger wiedergegeben. Das Faible fürs Schauderhafte und Horrende wurde unter anderem von Psychoanalytikern mit unterdrückten Aggressionen und Angstbewältigung in Verbindung gebracht und Soziologen sehen es als ein Anzeichen für den Verfall der Gesellschaft (S. 147). Nach Zuckerman (1996) ist es aber wichtig zu erkennen, dass das Phänomen des Faibles für das Gruselige schon immer existiert hat und es nicht ausschliesslich als Psychopathologie des Einzelnen oder der Gesellschaft abgeschrieben werden sollte. Vielmehr sollte man dem Phänomen offen entgegentreten und sich zum Beispiel der wichtigeren Fragen widmen wo die Ursprünge der individuellen Unterschiede in Bezug auf das Interesse zum Morbiden liegen (S. 147). Eine mögliche Erklärung für die Vorliebe von Horror liefert nach Zuckerman (1996) das Persönlichkeitsmerkmal der Sensationssuche (sensation seeking), welche die Tendenz eines Individuen beschreibt, immer neue und intensivere Reizen und Erfahrungen zu suchen. Menschen mit diesem Persönlichkeitsmerkmal sind 34 unterstimuliert und versuchen durch äussere Stimuli das optimale Erregungsniveau zu erreichen. Sie suchen stets abwechslungsreiche, neuartige, komplexe und intensive Sensationen und Erfahrungen und sind auch bereit dafür physische, soziale, rechtliche und finanzielle Risiken in Kauf zu nehmen. Er geht davon aus, dass Personen mit ausgeprägter Sensationssuche die starken negativen Emotionen, wie Angst und Schrecken, positiv bewerten, während Personen die dieses Merkmal nicht besitzen die negative Emotionen bloss als unangenehm empfinden und meiden (S. 148). In ihrer Studie zu Horror-Filmen und Sensationssuche konnte Edwards (1991) eine ausgeprägte Korrelation zwischen Interesse für das Subgenre des Gothic-Horrorfilms und diesem Persönlichkeitsmerkmal vorweisen. Weniger starke Korrelationen waren zwischen dem Subgenre des Science-Fiction-Horrors wie Alien (20th Century Fox, 1979) und Filmen wie Halloween (Compass International Pictures, 1978) und Psycho (Paramount Pictures, 1960) zu beobachten. Lawrence und Palmgreen (1996) stellten einen Zusammenhang fest zwischen dem Erregungsbedarf von Individuen und der Vorliebe nach Horrorfilmen. Faktoren von Sensationssuche wie Intoleranz gegenüber Langeweile, Enthemmung und Risikobereitschaft korrelierten positiv mit der Vorliebe nach Horror. Die Autoren schliessen daraus, dass Individuen, welche ein Faible für Horror haben, einen überdurchschnittlichen Bedarf nach emotionalen und sozialen Stimuli haben, welchen sie mit dem Konsum von Horrorfilmen abdecken. Im Kino können Horrorfans ihre Bedürfnisse nach starken und ungewöhnlichen Emotionen befriedigen indem sie sich während der Vorführung mit den Charakteren im Film identifizieren, sie entfliehen der Langeweile und engagieren sich in enthemmendes soziales Verhalten (S. 175–176). Einen weniger ausgeprägten Zusammenhang fanden Ron Tamborini und James Stiff (1987). Sie untersuchten in einer Umfrage die Motive und die Anziehung in Bezug auf Horrorfilmkonsum und befragten 155 Kinobesucher nach einer Vorführung von Halloween II (Universal Pictures, 1981) nach der Vorliebe und Motivation für Horrorkonsum sowie für das Persönlichkeitsmerkmal der Sensationssuche. Beim weiblichen Publikum war besonders das Bedürfnis nach einem Happy End wichtig, während Männer in Horrorfilmen sich an der Darstellung von Macht und Destruktion erfreuten. Sensationssuche hatte nur wenig Einfluss. Zusätzlich zeigten die Daten der Umfrage, dass speziell Männer und junge Zuschauer sich an Horrorfilmen erfreuen (S. 431). Ein weiteres Persönlichkeitsmerkmal, welches in Zusammenhang mit Horror betrachtet 35 wurde, ist Empathie, welche einfach erklärt als Fähigkeit, sich durch das Vorstellungsvermögen in die Lage anderer hineinzuversetzen oder als die Reaktion eines Individuums zu den Erlebnissen eines anderen, beschrieben werden kann (Davis 1983; zit. n. Tamborini, Stiff & Heidel, 1990, S. 617). Empathie wird als multidimensionales Konstrukt verstanden, bestehend sowohl aus kognitiven und affektiven Komponenten. Es umfasst die Dimensionen Fantasiefähigkeit (wandering emagination), fiktive Beteiligung (fictional involvement), humanistische Orientierung (humanistic orientation) und emotionale Ansteckbarkeit (empathic concern) (Davis, 1980; Stiff; Dillard, Somera, Kim & Sleight, 1988; zit. n. Tamborini et al., 1990, S. 617). Tamborini, Stiff und Heidel (1990) gehen davon aus, dass Empathie eine zentrale Rolle spielt beim Erleben von Horror. Die Dimensionen der Empathie, insbesondere die Dimension der Fantasiefähigkeit, die sich durch Tagträumen oder Fantasieren über fiktionale Situationen beschreiben lässt, ermöglicht die Emotionen und Handlungen von fiktionalen Charakteren durch die Vorstellungskraft nachzuvollziehen und nachzuempfinden. Betrachtet ein Individuum, das hoch empathisch ist einen Horrorfilm, ist er empfindsam und mitfühlend gegenüber dem dargestellten Erlebnis der Angst und des Leidens der Charaktere. Die Autoren gehen deshalb davon aus, dass Personen die hoch empathisch sind Horrorfilme eher negativ erleben, da sie überwiegend mit negativen Emotionen konfrontiert werden und diese auch mitempfinden. In ihrer Studie, in der Studenten einen Empathiefragebogen ausfüllten und kurze Horrorclips bewerteten, zeigte sich in der Tat, dass hohe Empathie mit geringerem Unterhaltungserleben einherging (S. 629–631). In einer Studie zu den Bewältigungsmechanismen von Jugendlichen in furchterregenden Massenmedien (Hoffner, 1995) zeigte sich ebenfalls ein negativer Zusammenhang zwischen Empathie und der Vorliebe für Horror. Cynthia Hoffner (1995) konnte beobachten, dass Jugendliche, die hoch empathisch sind öfters zu Regulationsstrategien greifen, wie Rationalisierung („Es ist nur ein Film.“), Abwendung durch Wegschauen, Ablenkung durch andere Gedanken und Trost, indem man sich näher zu anderen Zuschauern rückt. Die Jugendlichen kommen auf diese Weise mit den negativen Emotionen, die während dem Filmschauen aufkommen, besser zurecht. Analysen des Zusammenhangs zwischen Empathie und der Vorliebe nach furchterregenden Filmen zeigten ferner, dass erfolgreiche Regulationsstrategien das Unterhaltungserleben bei emphatischen Zuschauern steigern können (S. 341–342). 36 Eine andere Annäherung schlägt Dolf Zillman (1996) mit der Excitation-TransferTheorie vor. Der empathische Stress, welcher der Zuschauer empfindet, wenn er sieht wie geliebte Figuren im Film gequält werden und leiden, führt dazu, dass die Erleichterung, bei einem Happy End intensiver erlebt wird. Die erhöhte Erregung, die Angst und die bedrückenden Gefühle während eines Horrorfilms, welche durch Spannung kontinuierlich aufgebaut werden, werden durch eine befriedigende Auflösung am Ende des Films in ein euphorisches, positives, belohnendes emotionales Erlebnis umgewandelt. Sollte der Zuschauer dagegen vom Ende des Films enttäuscht und unglücklich sein, kommt die verbleibende Erregung zu den negativen Gefühlen von Enttäuschung und Traurigkeit hinzu und das intensiviert das Gefühl von Dysphorie. Nach Zillmann (1996) würde dieser Vorgang erklären, warum Horrorfilme, welche hauptsächlich negative Emotionen hervorrufen, letztendlich als unterhaltend empfunden werden. Umso höher die negative Erregung während des Films, umso intensiver wird das Gefühl der Euphorie erlebt bei einem Happy End am Ende des Films (Zillmann 1996, zit. n. Hoffner & Levine, 2005, S. 209–210). Diese Annahme konnte jedoch in der Praxis nicht nachgewiesen werden. Zwar konnte in Studien beobachtet werden, dass mit dem Mass an negativen Gefühlen auch ein höheres Unterhaltungserleben verbunden war, dieser Zusammenhang war aber unabhängig davon, ob es ein Happy End gab oder nicht (Hoffner & Cantor, 1991a; Sparks, 1991; Zillmann,Weaver, Mundorf & Aust, 1986; zit. n. Hoffner & Levine, 2005, S. 210) Dieses positive Erleben von negativen Emotionen in Horrorfilmen erklären Bartsch, Appel und Storch (2010) mit der Vermutung, dass alle Emotionen, auch negative und ambivalente, positiv erlebt werden insofern sie auf dem Level der Meta-Emotionen mit positiven Gedanken oder Gefühlen einhergehen. Das Konzept der Meta-Emotionen wirkt auf mehreren Ebenen. Eine Emotion kann in Bezug auf die eigene Einstellung zu einer spezifischen Emotion, eine Einstellung zu Emotionen im Allgemeinen oder situationsabhängig bewertet werden. So wird eine Person, die eine Abneigung gegen die Emotion Angst hat, diese stets als negativ empfinden, egal in welcher Situation, während ein Anderer das Gefühl der Angst während eines Horrorfilms dagegen als positives Erlebnis empfindet (S. 195). Bartsch et al. untersuchten dabei die allgemeine Stellung zu Emotionen. In ihrer Untersuchung nutzen sie die Need for Affect-Skala von Maio und Esses (2001), welche Affekt mit Stimmung, Emotionen, Vorlieben und spezifische Bewertungen konzeptualisiert und die allgemeine Motivation von Personen erfasst, Situationen, die emotional sein können, zu suchen oder zu meiden. Die Need for 37 Affect-Skala wurde in Zusammenhang mit einem Horror/Thriller und einem Geschichtsdrama untersucht. Es bestand ein Zusammenhang zwischen einer hohen Punktezahl auf der Skala, einem höheren Level an emotionaler Beteiligung und positiveren Meta-Emotionen von Männern und Frauen im Drama sowie im Horrorfilm. Individuen, welche auf der Skala hoch punkteten, waren motivierter negative und ambivalente Gefühle stärker auszuleben, bewerteten diese positiver auf dem Level der Meta-Emotionen und empfanden die Emotionen als normativ angemessener als Individuen mit tiefer Punktzahl auf der Skala (Bartsch et al., 2010, S. 195). Ein Zusammenwirken der Persönlichkeitsmerkmale von Empathie und der Sensationssuche in Bezug auf Horror konnte Johnston (1995) feststellen. Er befragte 220 Schüler in Bezug auf ihren Horrorfilmkonsum, sogenannter Slasher-Filme, die zu der Zeit sehr populär waren und Horror und Gewalt explizit graphisch darstellen und erfasste zusätzlich Faktoren wie Ängstlichkeit, Identifikation mit dem Täter und dem Opfer, Empathie sowie Sensationssuche. In Bezug auf die Motivation sowie hinsichtlich kognitiver und affektiver Gründe Horrorfilme zu schauen zeichneten sich vier Gruppen ab (S. 546–547). Der gore-watcher war durch tiefe Empathie, tiefe Furchtsamkeit und hohes adventure seeking (eine der zwei erfassten Dimensionen von Sensationssuche) gekennzeichnet. Er identifizierte sich beim Betrachten eines Horror-Filmes hauptsächlich mit dem Killer und erfreute sich vor allem an der Darstellung von Gewalt, dem Spritzen vom Blut, dem Quälen und Tod der Charaktere. Diese Gruppe schaute sehr häufig Horrorfilme. Der thrill-watcher hatte hohe Empathiewerte, hohes adventure seeking und erfreute sich beim Schauen von Horror an der Spannung und der Ungewissheit. Das Gefühl erschreckt zu werden und Angst zu haben empfand er als unterhaltsam. Keine Präferenz für Gewalt oder Suspense kennzeichnete die dritte Gruppe, der independent watcher. Diese Gruppe erlebte Horrorfilme in der Regel positiv und nutzte die Filme als Möglichkeit zum Rollenspiel. Sie testeten mit dem Schauen der Filme ihren Mut und Reife. Die vierte Gruppe, problem watcher, setzte sich von den anderen Gruppen ab, durch die Angabe, bei Horrorfilmen Gefühle der Einsamkeit und Wut zu empfinden. Sie ist gekennzeichnet durch tiefe Empathiewerte und die Sensationssuche-Eigenschaft des Missbrauchs von Genussmitteln und Drogen. Beim Schauen von Horror identifizierte sich die Gruppe mit den Opfern, was nach dem Autor, die wahrgenommene Hilflosigkeit der Individuen verdeutlicht (S. 546–547). 38 Dieser Abschnitt zur Forschung in Horrorfilmen wird mit Resultaten der Meta-Analyse zur Unterhaltung durch medienvermittelte Angst und Aggression von Hoffner und Levine (2005) abgeschlossen. Die Autoren untersuchten die Daten von 35 Artikeln in Bezug auf negative Emotionen und Erregung, Empathie, Sensationssuche, Aggression sowie Geschlecht und Alter. Was Empathie betrifft, so stellten sie fest, dass empathic concern (emotional empathy, humanistic orientation) und personal distress (personal distress, emotional contagion) in den meisten untersuchten Studien negativ mit Unterhaltung durch Horror und Gewalt korrelierten. In Bezug auf das Persönlichkeitsmerkmal der Sensationssuche waren die Resultate deutlicher. Es bestand ein homogener signifikanter positiver Zusammenhang über alle untersuchten Studien hinweg. Negative Emotionen während des Schauens waren assoziiert mit einer grösseren Unterhaltung von Angst und Gewalt, es konnte aber kein Zusammenhang beobachtet werden zu der Art, wie der Film endete, entgegen der Excitation-TransferTheorie nach Zillman (1996). Männer fühlten sich im Allgemeinen mehr unterhalten durch medienvermittelte Angst und Aggression als Frauen und insbesondere die Unterhaltung durch Horror war bei Männern deutlich höher und zeigte dass die Genrevorliebe bei Männern stärker vertreten ist. 3.3.2. Forschungsstand zu Horror-Spielen Horror in Videospielen wurde bisher wenig experimentell untersucht. Forschung zu den Horror-Spielen bezieht sich oft auf die Handlung und den Inhalt. Die Spiele werden als „spielbare Texte“ betrachtet und mit Methoden der Inhaltsanalyse untersucht (Carr, 2009). So werden die Räume und Charaktere von Horror-Spielen mit dem Konzept des „unheimlichen“ oder „Oedipus“ nach Freud ergründet (Kirkland, 2009a, 2009a, 2010a) oder die Geschichte von Resident Evil 4 (Capcom, 2005) als reaktionärer Text, welcher den Wunsch nach sozialer Ordnung widerspiegelt beschrieben (Carr, 2009). In ähnlicher Weise wurde die Geschichte von Fatal Frame II (Tecmo, 2003) anhand von psychoanalytischen Modellen interpretiert (Hoeger & Huber, 2007) und die Rolle der analogen Medien in den Horror-Spielen untersucht, wie zum Beispiel das Radio in Silent Hill (Konami, 1999), das als Warnsystem dient oder dem Fotoapparat in Fatal Frame II (Tecmo, 2003), das dem Spieler als einzige Waffe gegen Geister dient (Kirkland, 2009b, 2010b). Ferner wurde nach dem Konzept des „unheimlichen“ nach Freud das Zusammenspiel von wahrgenommener Fremdartigkeit und der 39 Menschenähnlichkeit von Attributen wie Sprachausgabe und Bewegung der virtuellen Charaktere in Horror-Spiele experimentell untersucht (Tinwell, Grimshaw & Williams, 2010). Zugleich versuchen Forscher zu definieren, welche Faktoren Horror-Spiele unheimlich machen. Tanya Krzywinska (2002b) argumentiert, dass die Gefühle der Hilflosigkeit und des Kontrollverlusts wichtig sind, beim Erleben des Horrors in Videospielen. Durch das Abwechseln von Momenten der vollkommenen Kontrolle der Spielfigur zu Momenten des Kontrollverlusts während einer Zwischensequenz, erlebt der Spieler den Horror intensiver als beim Betrachten eines Horrorfilms (S. 21-22). Perron (2004) erklärt, dass die Vorwarnung ein wichtiger Aspekt beim Erleben des Horrors ist. Sie verstärkt emotionale Reaktionen in Bezug auf anstehende furchterregende Momente und verstärkt die Anspannung, wenn der Spieler unsicher ist, ob er der kommenden Situation gewachsen ist (S.9). Solche Vorwarnsysteme sind je nach Spiel verschieden, so vibriert der Controller und es erscheint ein Zeichen auf dem Bildschirm, wenn ein Geist im Spiel Fatal Frame II (Tecmo, 2003) in der Nähe ist. Im Spiel Silent Hill (Konami, 1999) sendet ein Radio, das die Spielfigur bei sich trägt, statisches Rauschen, wenn übernatürliche Wesen in der Näher sind und beim Spiel Resident Evil (Konami, 1999) hört man die Zombies aufstöhnen bevor sie ins Blickfeld kommen. Es ist zu bemerken, dass die Sicht des Spielers in den meisten Spielen eingeschränkt ist, sei es durch Dunkelheit, unheimlichen Nebel oder verwirrende Kamerawinkel (Perron, 2004, S. 5–6). Die Tatsache, dass der Spieler nicht genau weiss, wo die Gefahr ist und was es ist, beflügelt seine Fantasie und lässt ihn das Schlimmste erwarten (Perron, 2005b, S. 11). Dieser Effekt der Unsicherheit und Ungewissheit wird auch durch den Sound unterstützt. Die Soundkulissen haben oft eine unmelodische Atmosphäre und Geräusche sind schwierig zu identifizieren (Kromand, 2008, S. 18– 19). Allgemein spielt der Sound bei Horror-Spielen eine wichtige Rolle. Im Versuch von Andrew Dekker und Champion (2007) das „Horror-Erlebnis“ in einem Videospiel zu verstärken anhand der biometrischen Informationen der Spieler, welche laufend das Spiel automatisch modifizierten, weckten die Soundmodifikationen die stärksten Reaktionen. Die zusätzlichen Soundeffekte steigerten das Spielerlebnis. Die Teilnehmer gaben nachträglich in Interviews an, dass ganz besonders der Soundeffekt des Herzklopfens der Spielfigur verängstigte und den Band zwischen Spieler und Spielcharakter verstärkte (S. 557). 40 4. Fragestellung und Hypothesen Wie in der Einleitung erwähnt, ist es Ziel dieser Arbeit das emotionale Erlebnis in Horror-Spielen in Bezug auf die Angst zu untersuchen und zu ergründen welche Faktoren Horror-Spiele so unheimlich machen. Im theoretischen Teil wurden hierfür Ansätze, Studien und Theorien dargelegt, welche das emotionale Erlebnis sowie den Einfluss der Identifikation in der Medienrezeption erklären und ebenfalls Theorien und Studien in Zusammenhang mit Horrorfilmen und Horror-Spielen erläutert. Im Folgenden werden nun Hypothesen aufgestellt, welche einzelne Aspekte der Forschungsfrage klären sollen. Zu den Faktoren, welche Horror-Spiele unheimlich machen, vermutet Krzywinska (2002b), dass insbesondere die Gefühle der Hilflosigkeit und des Kontrollverlusts wichtig sind beim Erleben des Horrors in Videospielen. Momente des Kontrollverlusts, zum Beispiel während einer Zwischensequenz, welche Momente der vollkommenen Kontrolle der Spielfigur folgen, führen dazu, dass man den Horror intensiver erlebt. Als weiterer Faktor betrachtet Perron (2004) die Vorwarnung. Vorwarnsysteme, welche je nach Spiel verschieden sind, verunsichern den Spieler und verstärken emotionale Reaktionen in Bezug auf anstehende furchterregende Momente. Dieser Effekt der Unsicherheit und der Ungewissheit wird besonders durch den Sound unterstützt und zusätzliche Soundeffekte steigern das Spielerlebnis. Es kann angenommen werden, dass Soundeffekte des Charakters als Vorwarnsysteme wahrgenommen werden. Der Spieler assoziiert Geräusche des Charakters, wie das Herzklopfen, mit anstehenden furchterregenden Momenten, wie in der Studie von Dekker und Champion (2007) zu beobachten war. Geräusche wie das Herzklopfen und die panische Atmung als Vorwarnsysteme sowie Momente von Kontrollverlust über den Spielcharakter, sollten sich folglich, beim Spielen verstärkend auf die Angst auswirken. H1: In einem Horror-Spiel wirkt sich Kontrollverlust über den Spielcharakter positiv auf die Angst aus. H2: In einem Horror-Spiel wirken sich Soundeffekte des Charakters, wie Geräusche des Herzklopfens und der Atmung positiv auf die Angst aus. Basierend auf den Aussagen von Grodal (2003) sowie King und Krzywinska (2002) ermöglicht die Interaktivität in Videospielen ein intensiveres Erleben der Angst, denn 41 der Spieler wird die Emotion nicht nur empathisch als sogenannte F-Emotionen (Perron, 2005a) miterleben, sondern ist durch die eigene Handlung aktiv dabei und erlebt die Emotion „realistischer“ als so genannte G-Emotion (Perron, 2005b) oder ecological emotion (Frome, 2007). Wie im vorherigen Kapitel ersichtlich, weist das Erleben der Geschichte in einem Computerspiel durch die Interaktivität einen starken Selbstbezug auf, so dass sich Spieler (phasenweise) als Teil der Geschichte, als fiktionale Person in der Spielwelt erfahren (McDonald & Kim, 2001). Die Identifikation mit dem Videospielcharakter, in der es zur Verschmelzung der Eigenwahrnehmung mit der Wahrnehmung des Mediencharakters kommt und welche das Gefühl vermittelt, Teil der medienvermittelten Umgebung zu sein, gestattet als veränderte situationale Referenz dieses „realistischere“ Erleben der Emotionen in Videospielen von dem die Autoren Grodal (2003), Perron (2005a) und Frome (2007) ausgehen. Wenn sich ein Spieler mit der Spielfigur identifiziert und sich als Teil der Spielwelt erlebt, wird die Spielfigur zum Element der eigenen Identität und Handlungen gegen die Spielfigur im Spiel werden als Handlungen gegen das eigene Selbst wahrgenommen (Misoch, 2010). Unheimliche Situationen werden dann nicht bloss wie im Film empathisch miterlebt, sondern als eigentliche Gefahr wahrgenommen und ähnlich wie in der realen Welt kognitiv als Gefahr interpretiert, was folglich zu intensiveren Gefühlen der Angst führen sollte. Von den Annahmen von Cohen (2001) und Klimmt et al. (2009) ausgehend, kann man ferner Identifikation als multidimensionales Konstrukt betrachten, welches eine kognitive und empathische Dimension aufweist, die abhängig ist von der Fähigkeit, die Gefühle und die Perspektive des Charakters zu verstehen und einzunehmen. Des Weiteren ist Identifikation nach Cohen (2001) von der Bereitschaft des Zuschauers die Ziele der Charaktere zu teilen und von der Intensität der Absorption oder Selbstvergessenheit während der Medienrezeption abhängig. Anlehnend an Abeele et al. (2010) und van Looy et al. (2012) wird zusätzlich verkörperte Präsenz, als das Gefühl im Spiel präsent zu sein und die wahrgenommene Ähnlichkeit zum Charakter als weitere Dimensionen der Identifikation in Videospielen betrachtet. H3: Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt („kognitives Verständnis“, „Empathie mit dem Charakter“, „verinnerlichte Ziele“, „verkörperte Präsenz“, „wahrgenommene Ähnlichkeit“ und „Selbstvergessenheit“) übt einen positiven Einfluss auf das Erleben der Angst aus. 42 In Bezug auf die Faktoren der Charaktergeräusche und des Kontrollverlusts, welche Horror-Spiele unheimlich machen, wird demzufolge von einer mediierenden Rolle von Identifikation ausgegangen. Es ist somit wichtig zu definieren, wie Kontrollverlust die Dimensionen von Identifikation beeinflusst. Klimmt et al. (2009) definierten die Identifikation als flüchtig und instabil über die Zeit. Bereits der Tod des Spielcharakters beim Spielen führt dazu, dass der Spieler sich wieder der realen Welt und der eigenen Selbst-Wahrnehmung bewusst wird. Der Identifikations-Prozess wird dabei unterbrochen. Einen Verlust der Kontrolle über den Charakter sollte auf ähnliche Weise entfremden. Der permanente Fluss der Bilder und die Rückmeldung des Spiels werden unterbrochen und die Illusion von gleichzeitiger Bewegung, welche das Gefühl der Körpererweiterung vermittelt erlischt und bricht das Gefühl im Spiel präsent zu sein (Wiemer, 2006). Betrachtet man zugleich Kontrollverlust als Verminderung der Interaktivität, welche nach Hefner et al. (2007) sich positiv auf die Identifikation auswirkt, würde das bedeuten, dass Kontrollverlust sich negativ auf die Identifikation als Gefühl in der Medienwelt präsent zu sein auswirkt, welche sich als verkörperte Präsenz oder Selbstvergessenheit manifestieren. H4: „In einem Horror-Spiel wirkt sich Kontrollverlust über den Spielcharakter negativ auf die Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt („kognitives Verständnis“, „Empathie mit dem Charakter“, „verinnerlichte Ziele“, „verkörperte Präsenz“, „wahrgenommene Ähnlichkeit“ und „Selbstvergessenheit“) aus.“ H5: Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt („kognitives Verständnis“, „Empathie mit dem Charakter“, „verinnerlichte Ziele“, „verkörperte Präsenz“, „wahrgenommene Ähnlichkeit“ und „Selbstvergessenheit“) mediiert den Zusammenhang zwischen Kontrollverlust und Angst. H5.1: „Verkörperte Präsenz“ mediiert den Zusammenhang zwischen Kontrollverlust und Angst, und zwar so, dass Kontrollverlust sich negativ auf „verkörperte Präsenz“ auswirkt und „verkörperte Präsenz“ sich wiederum positiv auf die Angst auswirkt. H5.2: „Selbstvergessenheit“ mediiert den Zusammenhang zwischen Kontrollverlust und Angst, und zwar so, dass Kontrollverlust sich negativ auf „Selbstvergessenheit“ auswirkt und „Selbstvergessenheit“ sich wiederum positiv auf die Angst auswirkt. 43 Was den Einfluss von Charaktergeräuschen auf die Dimensionen von Identifikation betrifft, werden mehrere Aspekte betrachtet. Nach Grimshaw (2007) und Grimshaw et al. (2008) wird das Gefühl in der medienvermittelten Umgebung zu sein in Spielen mit der Ich-Person-Perspektive vom diegetischen Sound unterstützt. Der Sound erweitert die zweidimensionale Spielwelt in die Dreidimensionalität der Aussenwelt. Beim Spielen erlebt der Spieler die Geräusche des Charakters als seine eigenen, so werden zum Beispiel die Atemgeräusche der Spielfigur als die eigenen Atemgeräuschen wahrgenommen. Über den Sound wird eine physische und mentale Immersion in die Spielwelt ermöglicht und folglich eine Identifikation über die Dimension der verkörperten Präsenz erleichtert. Weiterhin führte insbesondere das Geräusch des Herzklopfens der Spielfigur im Experiment von Dekker und Champion (2007) nach Angaben der Spieler zu einem gefühlten stärkeren Band zwischen Spieler und Spielcharakter. Geräusche des Charakters, wie das Atmen oder das Herzklopfen, sollten ferner eine empathische Verbindung zum Charakter und das kognitive Verständnis erleichtern, denn der Spieler nimmt durch die Geräusche den körperlichen und psychischen Zustand des Charakters wahr. Dieser Effekt könnte sich ausserdem auf die wahrgenommene Ähnlichkeit zwischen dem Spieler und dem Charakter auswirken. In einer unheimlichen Situation im Spiel, in dem es dem Spieler etwas unbehaglich ist, führen Geräusche wie das Herzklopfen oder das panische Schnaufen des Spielcharakters zu Gefühlen der Wiedererkennung. Der Spieler fühlt sich dem Charakter verbunden, weil dieser die gleiche Reaktion zeigt. Es wird demnach davon ausgegangen, dass Charaktergeräusche einen positiven Einfluss auf die Dimensionen der Selbstvergessenheit, die empathische Verbindung, das kognitive Verständnis und die wahrgenommene Ähnlichkeit haben und die Identifikation mit dem Charakter erleichtern. H6: „In einem Horror-Spiel wirken sich Soundeffekte des Charakters, wie Geräusche des Herzklopfens und der Atmung positiv auf die Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt („kognitives Verständnis“, „Empathie mit dem Charakter“, „verinnerlichte Ziele“, „verkörperte Präsenz“, „wahrgenommene Ähnlichkeit“ und „Selbstvergessenheit“) aus.“ 44 H7: Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt („kognitives Verständnis“, „Empathie mit dem Charakter“, „verinnerlichte Ziele“, „verkörperte Präsenz“, „wahrgenommene Ähnlichkeit“ und „Selbstvergessenheit“) mediiert den Zusammenhang zwischen Charaktergeräuschen und Angst. H7.1: „Empathie mit dem Charakter“ mediiert den Zusammenhang zwischen Charaktergeräuschen und Angst, und zwar so, dass Charaktergeräusche sich positiv auf die „Empathie mit dem Charakter“ auswirken und „Empathie mit dem Charakter“ sich wiederum positiv auf die Angst auswirkt. H7.2: „Kognitives Verständnis“ mediiert den Zusammenhang zwischen Charaktergeräuschen und Angst, und zwar so, dass Charaktergeräusche sich positiv auf das „kognitive Verständnis“ auswirken und „kognitives Verständnis“ sich wiederum positiv auf die Angst auswirkt. H7.3: „Wahrgenommene Ähnlichkeit“ mediiert den Zusammenhang zwischen Charaktergeräuschen und Angst, und zwar so, dass Charaktergeräusche sich positiv auf die „wahrgenommene Ähnlichkeit“ auswirken und „wahrgenommene Ähnlichkeit“ sich wiederum positiv auf die Angst auswirkt. H7.4: „Verkörperte Präsenz“ mediiert den Zusammenhang zwischen Charaktergeräuschen und Angst, und zwar so, dass Charaktergeräusche sich positiv auf die „verkörperte Präsenz“ auswirken und „verkörperte Präsenz“ sich wiederum positiv auf Angst auswirkt. Zusammenfassend wird die Identifikation mit Videospielcharakteren als mehrdimensionales Konstrukt sowie als Mediator der Zusammenhänge zwischen Kontrollverlust, Charaktergeräuschen und der Angst betrachtet. Das Modell, welches aus diesen Überlegungen resultiert und die Hypothesen graphisch zusammenfasst ist in Abbildung 1 dargestellt. 45 Abbildung 1: Graphisches Modell der Hypothesen In Zusammenhang mit Horrorfilmen wurde zusätzlich das unterschiedliche Erleben von Horror von Männer und Frauen beobachtet (Hoffner & Levine, 2005). Frauen bewerteten Horrorfilme tendenziell negativ, während Männern sich durch Horror vermehrt unterhalten fühlten. Ebenfalls in der Forschung zu Horrorfilmen zeigte sich, dass ein negativer Zusammenhang zwischen der Vorliebe nach Horror und dem Persönlichkeitsmerkmal der Empathie besteht (Hoffner, 1995; Hoffner & Levine, 2005; Tamborini et al., 1990). Individuen, die hoch empathisch sind, erlebten Horrorfilme eher negativ, da sie überwiegend mit negativen Emotionen konfrontiert wurden und diese auch mitempfanden. Ob diese Effekte ebenfalls bei Horror-Spielen zu beobachten sind, wird in dieser Studie explorativ getestet. 46 5. Methoden Nachdem nun versucht wurde das emotionale Erlebnis der Angst in Horror-Spielen mit einigen Hypothesen zu erklären, wird in diesem Kapitel das methodische Vorgehen der Untersuchung erläutert. 5.1. Versuchspersonen Das Experiment zur vorliegenden Studie wurde am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung an der Universität Zürich durchgeführt. Insgesamt haben 142 Studenten der Universität teilgenommen. Das Alter der Probanden variierte zwischen 17 und 33 Jahren (M = 20.91 Jahre, SD = 1.95). Durch die Thematik des Experiments, welche eine Induktion von negativen Emotionen mit sich bringt, musste die Freiwilligkeit der Teilnahme anhand einer Einverständniserklärung gewährleistet werden. Die Studenten wurden vor der Teilnahme gebeten, eine Einverständniserklärung durchzulesen und zu unterschreiben, in der erklärt wurde, dass die Teilnahme freiwillig ist und jederzeit abgebrochen werden kann ohne mit negativen Konsequenzen zu rechnen. Die Studenten erhielten für die Teilnahme 20 Studienteilnahmepunkte, unabhängig davon, ob sie die Untersuchung vorzeitig abbrachen oder rechtmässig beendeten. Vier Probanden brachen das Experiment vorzeitig ab und wurden für die Analyse nicht berücksichtigt. Durch technische Pannen während des Versuches, welche das Spielerlebnis beeinflussten (einige Spieler sind im Spiel stecken geblieben, der Projektor stoppte während des Spielens und der Absturz des Computers), mussten zusätzlich sechs Teilnehmer ausgeschlossen werden. Weitere zwei Teilnehmer wurden ausgeschlossen, weil sie in der Kontrollfrage in Bezug auf die Ernsthaftigkeit ihrer Teilnahme angaben, nicht ernsthaft teilgenommen und die Fragen nicht aufrichtig beantwortet zu haben. Die folgenden Analysen dieser Studie wurden somit mit 130 Teilnehmern durchgeführt (männlich = 51, weiblich = 79, Alter: 17-33 Jahren, Durchschnittsalter: 20.98, SD = 2.00). 5.2. Design Um den Einfluss der Faktoren Kontrollverlust und Charaktergeräusche in einem HorrorSpiel auf die Angst zu prüfen, wurde ein Laborexperiment in einem 2 x 2 BetweenSubjects-Design durchgeführt. Ein Abschnitt eines Horror-Spiels wurde in Bezug auf die zwei unabhängigen Variablen Kontrollverlust und Charaktergeräusche systematisch 47 modifiziert. Die abhängige Variable Angst, der Mediator Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt, sowie Kovariablen wie Spielerfahrung und Involvement in Computerspielen und demographische Angaben wurden in einem standardisierten Fragebogen erhoben. Die Versuchspersonen, welche für die Analyse berücksichtigt wurden (N = 130), wurden zufällig einer der vier experimentellen Gruppen zugeteilt. Die erste Gruppe spielte die Spielversion mit Kontrollverlust über den Spielcharakter und mit Spielcharaktergeräuschen (n = 32). Die zweite Gruppe bekam die gleiche Spielversion mit Kontrollverlust aber ohne Charaktergeräusche (n = 32). Die dritte Gruppe (n = 34) spielte die Spielversion ohne Kontrollverlust und mit Charaktergeräuschen. Die vierte Gruppe mit der Spielversion ohne Kontrollverlust und ohne Charaktergeräusche enthielt 32 Teilnehmer. 5.3. Stimulus 5.3.1. Stimulusbeschreibung Als Stimulus diente die Demoversion des Spiels Amnesia: The Dark Descent des unabhängigen schwedischen Spielentwicklers Frictional Games aus dem Jahre 2010. Amnesia: The Dark Descent ist ein Horror-Adventure-Spiel in der Ich-PersonPerspektive und gilt als eines der unheimlichsten Horror-Spiele der letzen Jahre, so gewann es 2010 einen Preis für bestes Horror-Spiel (Frictional Games, 2010) und wurde mit 85 von 100 Punkten auf Metacritic vorwiegend mit positiven Rezensionen beurteilt (Metacritic). Die Demoversion ist inhaltlich sowie spielerisch fast identisch mit dem Anfang der vollen Version des Spiels. Sie ist im Internet auf der Homepage des Entwicklers frei zugänglich und soll als Kostprobe zum Kauf des eigentlichen Spiels motivieren. Im Spiel schlüpft der Spieler in die Rolle von einem Mann namens Daniel, der in einer dunklen, gruseligen Burg aufwacht, in welcher unheimliche und groteske Kreaturen hausen. Daniel kann sich nicht erinnern, wie er in die Burg gelangt ist. Er weiss nur, dass er von einem dunklen Schatten gejagt wird und vor ihm fliehen muss. In einem Brief an sich selbst, erfährt Daniel, dass er sich den Gedächtnisverlust mit einem Trank selbst zugefügt hat. In weiteren Notizen, Briefen und Tagebucheinträgen, welche zerstreut im Schloss herumliegen, erfährt der Spieler als Daniel Stück für Stück, was es mit dem unheimlichen Ort auf sich hat, und was Daniels eigentliche selbst auferlegte Aufgabe ist. Mit dieser vorgegebenen Rolle liefert das Spiel einen geschlossenen Avatar, bei welchem das Verhalten und Eigenschaften mehrheitlich bestimmt sind. Zum Durchführungszeitpunkt dieser Studie konnte man die Grafik des Spiels als bereits 48 veraltet beschreiben, dies wurde auch von einigen Probanden bemängelt, es gäbe Horror-Spiele auf dem Markt, welche mit realistischerer Grafik punkten. Nichtsdestotrotz besticht das Spiel mit einer detaillierten 3D Grafik, einer dynamischen Soundkulisse und einem Spielkonzept, das trotz des Genres nicht bloss auf Schockeffekte beruht, sondern vielmehr auf eine unheimliche, düstere Atmosphäre setzt. Da man davon ausgehen musste, dass nicht alle Probanden geübt sind im Umgang mit Videospielen, wurde die Demoversion vereinfacht, es wurde jedoch versucht für externe Validität das spielerische des Mediums beizubehalten (Trepte & Wirth, 2004). Gleichzeitig wurden die Lösungsmöglichkeiten berücksichtigt, welche Klimmt, Vorderer und Ritterfeld (2004) vorschlagen, um das experimentelle Design in einem interaktiven Stimulus zu kontrollieren. Durch die Interaktivität ergibt sich eine Offenheit des Spielverlaufs und es ist schwer zu erkennen, welche Elemente in einem gegebenen interaktiven Stimulus von der Versuchsperson im Spiel tatsächlich wahrgenommen werden und welche nicht (S. 143–144). Spielerische Elemente, welche die interne Validität erschwerten und für die Untersuchung nicht nötig waren, wurden somit entfernt. So leidet der Charakter, wenn er zu lange im Dunkeln ist und seine Gesundheit sowie sein Verstand nehmen ab. Erreichen sie einen tiefen Stand, sieht der Charakter zufällig generierte Halluzinationen und kann im schlimmsten Fall sterben. Um dies zu verhindern muss der Spieler stets das Licht suchen, denn das Licht regeneriert und heilt. Öl für die Laterne, die der Charakter bei sich trägt und Zünder, um Kerzen und Laternen im Schloss anzuzünden, kann man in kleiner Anzahl in Schränke und Truhen finden. Dieses spielerische Element des Lichts wurde aus dem Stimulusspiel entfernt. Die Gesundheit und der Verstand des Charakters sind stets stabil, damit der Spieler keine zufälligen Halluzinationen zu sehen bekommt. Die Laterne und die versteckten Ölkanister und Zünder wurden ebenfalls entfernt, damit alle Probanden dasselbe Lichtverhältnis im Spiel erleben. Zusätzlich wurden die Notizen und Briefe entfernt, welche zerstreut im Spiel verteilt waren und die Hintergrundgeschichte vertieften. Alle Probanden sollten bloss die gleiche Hintergrundinformation aus der kurzen Zwischensequenz am Anfang des Spiels zur Kenntnis nehmen können. Die Demoversion enthielt drei Sektoren, davon wurden zwei beibehalten. Das dritte Gebiet, in der ein Monster den Spieler angreift und töten kann, wurde ausgelassen, weil befürchtet wurde, dass insbesondere ungeübte Spieler diese Situation als zu 49 überfordernd erfahren und dies das subjektive Spielerlebnis zu stark beeinflussen würde. 5.3.2. Spielszenarium Das Stimulusspiel fängt im ersten Gebiet mit einer kurzen Zwischensequenz an. Aus der Ich-Person-Perspektive erlebt der Spieler, wie er als Daniel schwankend durch die Hallen der Burg hinkt und zusammenhangslose Sätze von sich gibt: „Nicht vergessen... einige Dinge dürfen nicht vergessen werden. Der Schatten jagt mich... Ich muss mich beeilen. Mein Name ist Daniel, ich lebe in London…Mayfair…[…]“ (Amnesia: The Dark Descent, Frictional Games, 2010). Daniel fällt anschliessend in Ohnmacht, der Bildschirm wird kurz schwarz und der Spieler übernimmt die Kontrolle über den am Boden liegenden Charakter. Ziel des Spiels ist es nun einen Weg aus der Burg zu finden. Im ersten Sektor befindet sich der Spieler in einer verwahrlosten aber harmlos wirkenden Burg. Lichtstrahlen durchdringen die Fenster der Räume, welche teilweise von Laternen und Kerzen beleuchtet sind. Es gewittert draussen, zwischendurch hört man Donnergeräusche und es blitzt. Der Spieler muss durch einen langen Gang, in der beängstigende Geräusche zu hören sind, wie ein heulender Wind und das Knarren des alten Gehölzes. Unheimliche Windstösse wehen Türen auf und löschen Kerzen. Findet der Spieler den Weg zur Tür, welche in den zweiten Teil des Levels mit dem Ausgang führt, ändert sich die Szenerie schlagartig. Der zweite Sektor befindet sich in einem feuchten, moderigen Weinkeller. Bis auf einzelne Lichtquellen ist es vollkommen dunkel. Man hört immerfort unheimliche Geräusche, heulende Hunde, schreiende Kleinkinder und unheimliche Grollgeräusche. Der Spieler muss weiter durch einen dunklen Korridor gehen. Für einen kurzen Moment ist eine unheimliche Kreatur zu sehen, sie läuft an dem Spieler vorbei, greift diesen jedoch nicht an, sondern löst sich schlagartig in Staub auf, wenn der Spieler ihr zu nahe tritt. Im Weinkeller sind die Räume im Kreis angeordnet, sie sehen alle ähnlich aus, was die Orientierung erschwert. Der Ausgang befindet sich in einem Zimmer, bei dem die Tür von der anderen Seite blockiert ist. Interagiert der Spieler mit der Tür, heisst es diese sei blockiert, es müsse einen anderen Weg geben um in das Zimmer zu gelangen. Rechts von der Tür sind Kisten aufgestapelt, welche einen Seiteneingang verstecken. Ein Lichtstrahl, welcher zwischen den Kisten scheint, macht darauf aufmerksam. Der Spieler kann die Kisten zur Seite schieben und entdeckt ein Loch in der Wand, welches ins blockierte Zimmer führt. Er kann hindurch kriechen und befindet sich anschliessend 50 im Zimmer mit der blockierten Tür. In diesem Zimmer ist eine Falltür mit einem Seil (der Ausgang). Untersucht man die Falltür, heisst es, diese könne mit einer Kurbel geöffnet werden. Die Holzkurbel ist an einer Wand, das Seil der Kurbel steckt jedoch fest. An der Decke des Raumes sieht man, dass ein Holzkeil im Seil steckt. Der Spieler muss auf eine Kiste klettern und den Keil rausziehen, danach ist es möglich die Holzkurbel an der Wand zu drehen und die Falltür hebt sich. Geht der Spieler hindurch, findet er sich in einem weiteren gruseligen Gang wieder. Er ist noch immer in der Burg. Eine Nachricht erscheint abrupt, in der der Proband aufgefordert wird die Versuchsleiterin zu rufen (Ende des Spiels). 5.3.3. Spielzeit Um die Gefahr zu verhindern, dass ein Proband im ersten Gebiet festsitzt, weil er zum Beispiel die Tür zum zweiten Sektor nicht finden kann, und um gleichzeitig die Spielzeit des Versuchs zu beschränken, wurden Timer einprogrammiert. Im ersten Sektor wird in 7,5 Minuten die Ladesequenz eingeführt und der Charakter wird dann automatisch in den zweiten Level, den Weinkeller transportiert. Der Spieler kann von da an weiterspielen. Im Weinkeller wird der Timer nach 7,5 Minuten die gleiche Nachricht aktivieren, die aufkommt, wenn der Spieler durch die Falltür (Ausgang) geht, welche auffordert die Versuchsleiterin zu rufen und das Spiel beendet. Die Spielzeit sollte auf diese Weise auf höchstens 15 Minuten beschränkt werden. Insofern können erfahrene Spieler das Spiel in ihrem eigenen Tempo etwas schneller beenden, sofern sie die Tür zum Weinkeller finden und das kleine Rätsel mit der Falltür meistern, während ungeübte Spieler dank dem Timer nicht endlos spielen müssen, weil sie den Ausgang nicht finden. In beiden Situationen endet das Spiel abrupt mit der gleichen Nachricht, die Versuchsleiterin soll gerufen werden und das gleiche Gefühl, dem unheimlichen Ort nicht entflohen zu sein, besteht in beiden Situationen. Die Spielzeit wurde bei jedem Probanden erfasst, die durchschnittliche Spielzeit betrug 12.52 Minuten (SD= 1.88), der schnellste Spieler beendete das Spiel in 7.52 Minuten, während bei einem Proband, der etwas Schwierigkeiten mit der Steuerung hatte, die Spielzeit durch die Timer auf 16.21 Minuten beschränkt wurde. Die zusätzlichen 1.21 Minuten entstanden durch die Ladezeiten des Spiels, welche der Timer nicht mit einberechnete. 51 5.3.4. Stimulus-Manipulation Die Manipulation der beiden unabhängigen Variablen wurde durch Modifikationen am Spiel erzeugt. Charaktergeräusche, wie Herzklopfen, Atemgeräusche, Keuchen und Seufzen kann man über das gesamte Spiel hinweg hören. Befindet sich der Charakter im Dunkeln, hört man sein Herz klopfen. In mehreren gescripteten unheimlichen Situationen hört man, wie der Charakter Daniel in Panik etwas schneller atmet, keucht, seufzt und schlussendlich erschrickt. Diese Soundeffekte wurden für die Version ohne Charaktergeräusche entfernt. Der Charakter ist stumm, man hört weder Atemgeräusche noch sein Herzklopfen oder wie er in unheimlichen Situationen erschrickt. Was den Kontrollverlust betrifft, so rühmt sich das Spiel, keine klassischen Momente des Kontrollverlusts zu haben, in der die Kontrolle über den Charakter mit einer Zwischensequenz unterbrochen wird. „Once the game starts, you will be in control from the beginning to the end. There are no cut-scenes or time-jumps, whatever happens will happen to you first hand. “(Frictional Games, 2010). Trotzdem gibt es im Spiel eine Art von Kontrollverlust. Der geschwächte Zustand von Daniel führt dazu, dass er in unheimlichen Situationen in Ohnmacht fällt. Der Spieler kann nichts dagegen unternehmen, verliert für eine kurze Zeit die Steuerungskontrolle und muss abwarten, bis der Spielcharakter wieder von alleine aufsteht. Solche Momente des Kontrollverlusts geschehen, wenn der Spieler einen bestimmten Ort im Spiel erreicht, zum Beispiel im langen Gang am Anfang des Spiels, als ein unheimliches Heulen und Schrittgeräusche in der Ferne zu hören sind oder als plötzlich die unheimliche Kreatur im Weinkeller am Spieler vorbei läuft. Zusätzlich wurden Momente des Kontrollverlust mit Timer aktiviert (jeweils nach drei Minuten in jedem Sektor). Die Sicht des Charakters im Spiel schwankt zusätzlich über die gesamte Spielzeit, was das Gefühl vermittelt, man habe keine Kontrolle über den benommenen Daniel. Diese Momente des Kontrollverlusts und das „Kopfschwanken“ wurden mittels Modifikationen am Spiel-Skript jeweils entfernt oder hinzugefügt. Auf diese Weise wurden sogenannte „invariante Inseln“ geschaffen, in denen der Spieler trotz interaktivem Stimulus auf jeden Fall die systematische Manipulation erfährt (Klimmt et al., 2004, S. 149). Es ergaben sich vier experimentelle Bedingungen mit den Kombinationen der Ausprägungen von Charaktergeräuschen und Kontrollverlust. 52 5.3.5. Nachträgliche Veränderungen am Stimulus Nach einer anfänglichen Pretest-Phase mit 60 Teilnehmern (männlich = 23, weiblich = 37, Alter: 19-25 Jahren, Durchschnittsalter: 20.77, SD = 1.44) wurden die Untersuchungsinstrumente besprochen und angepasst. Ein Soundeffekt wurde entfernt, welcher dem spielerischen Element des Lichts zugeordnet war und den Spieler warnen sollte, wenn dieser im Dunkeln ist und das Licht suchen soll. Er erschwerte die Wahrnehmung des Geräusches des Herzklopfens. Zusätzlich wurde die Methode der Zielvorgaben (zum Beispiel die Zielvorgabe, der Spieler müsse einen Weg aus der Burg finden) im Spiel geändert. Anstatt dass die Probanden durch einen Knopfdruck die Ziele des Spiels zu sehen bekamen, wurden die Ziele durch Timer im Spiel eingeblendet. Die Anleitung, durch Knopfdruck die Ziele des Spiels aufzurufen, wurde in der Anfangsphase nicht von allen Teilnehmern korrekt befolgt. Durch die automatische Einblendung der Ziele wurde dieses Problem behoben. Eine kleine ästhetische Veränderung wurde auch in einem der Räume im Spiel durchgeführt, in der vier Probanden beim Spielen stecken geblieben waren und nicht mehr weiterspielen konnten (wurden bei der Analyse ausgeschlossen). 5.4. Versuchsablauf Der Versuch wurde in einem Labor am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung an der Universität Zürich durchgeführt, welches mit einer Leinwand (1.65 x 2.20) und einem Videoprojektor ausgerüstet ist. Die Probanden wurden zum Raum geführt und als erstes gebeten die Einverständniserklärung zu lesen und ihre Teilnahmeeinwilligung zu geben. Folgend wurden sie gebeten an einem Computer den ersten Teil des Online-Fragebogens auszufüllen, welches Persönlichkeitsmerkmale erfragte, die einen Einfluss auf das Erleben der Angst haben können. Der erste Teil des Fragebogens ermittelte Zustandsangst, Ängstlichkeit, Absorption und Empathie. Währenddessen zog sich die Versuchsleiterin in eine abgeschirmte Ecke des Raumes zurück, um die Versuchsperson nicht zu stören. Nach dem ersten Fragebogenteil wurden die Versuchspersonen gebeten vor der Leinwand auf einen bequemen Sessel Platz zu nehmen, wo ihnen die Bedienung des Spiels erläutert wurde. Dafür spielte jeder Proband ein Level, das für die Anweisung der Steuerung erstellt wurde, in der alle nötigen Bedienungselemente eingeübt werden konnten. Die Versuchsleiterin war während der Übung anwesend und erklärte dem Teilnehmer die nötigen Knopfdrucke 53 und Vorgehensweisen. Der kurze Parcours wurde bei jedem Probanden in der gleichen Reihenfolge und mit den gleichen Anweisungen durchgeführt. Die Versuchsperson erhielt zusätzlich ein Blatt, das die Steuerung erklärte und ihr während der gesamten Spielzeit zur Verfügung stand. Am Ende des Parcours hatte der Proband die Möglichkeit allfällige Fragen zu stellen. Anschliessend wurde er aufgefordert die Kopfhörer aufzusetzen, die Versuchsleiterin löschte das Licht im Zimmer, zog sich wieder in die abgeschirmte Ecke zurück und startete die zufällig zugewiesene Spielphase. War die Spielphase zu Ende (der Proband wurde vom Spiel aufgefordert die Versuchsleiterin zu rufen), schaltete die Leiterin das Licht im Zimmer wieder an, wies den Probanden auf den zweiten Teil des Online-Fragebogens am Computer auszufüllen und zog sich zurück. Der zweite Teil des Fragebogens erfasste Variablen zum Spielerlebnis, Angaben zu der Spielerfahrung des Probanden und Demografien. Nach Beenden des Fragebogens wurde die Versuchsperson verabschiedet, nachdem sie in Bezug auf die Studie kurz aufgeklärt und für die Teilnahme bedankt wurde. 5.5. Messung Die Variablen vom Online-Fragebogen, welche die Probanden vor der Spielphase und im Anschluss ausfüllten, werden in den folgenden Abschnitten angegeben. Zustandsangst und Ängstlichkeit wurden als mögliche Kovariablen anhand des deutschsprachigen State-Trait Angst Inventars erfasst (Laux, Glanzmann, Schaffner & Spielberger, 1981). Die Skala der Zustandsangst, welche den aktuellen Zustand erfasst, enthält 20 Items aus kurzen Selbstaussagen (Beispiel: „Ich bin nervös.“) und war auf einer 5-Stufigen Skala von 1= „Trifft überhaupt nicht zu“ bis 5 =“ Trifft voll und ganz zu“ zu beantworten (α = .91), während Ängstlichkeit mit Aussagen wie „ Mir fehlt es an Selbstvertrauen.“ das situationsunabhängige Selbstbefinden der Angst als Eigenschaft erfasst und als fünf-stufigen Likert-Skala von 1 = „Fast nie“ bis 5 = “ Fast immer“ reichte (α = .89). Beide Items wurden zu einem Mittelwertindex zusammengefasst (Zustandsangst: M = 2.04, SD = 0.56; Ängstlichkeit: M = 2.43, SD = 0.43). Absorption als Persönlichkeitseigenschaft zur Absorptionsfähigkeit wurde anhand von elf Items der validierten Subskala von Ritz und Dahme (1995) gemessen. Die Probanden antworteten Fragen wie „Wenn ich mir kraftvolle Musik anhöre, fühle ich 54 mich manchmal wie in die Luft gehoben.“ und „Ich beobachte gerne, wie Wolken ihre Form verändern.“ auf einer fünf-stufigen Skala mit den Abstufungen 1 = „Trifft überhaupt nicht zu“ bis 5 =“ Trifft voll und ganz zu“ (α = .75). Die Antworten wurden ebenfalls zu einem Mittelwert-Index verdichtet (M = 3.37, SD = 0.59). Empathie als Persönlichkeitsmerkmal wurde mittels dem Saarbrücker Persönlichkeitsfragebogen (SPF) (Paulus, 2009) erfasst, welcher eine übersetzte und überarbeitete Fassung des Interpersonal Reactivity Index (IRI) nach Davis (1983) darstellt. In 16 Items werden die affektiven und kognitiven Komponenten von Empathie in vier Subskalen erfasst: perspective taking als Fähigkeit die Perspektive eines Anderen sehen zu können (Beispiel: „Ich versuche, bei einem Streit zuerst beide Seiten zu verstehen, bevor ich eine Entscheidung treffe.“; α = .75, M = 3.47, SD = 0.78), fantasy als Fähigkeit sich in die Rolle und Handlungsweise von Figuren in Büchern und Filmen zu versetzen (Beispiel: „Die Gefühle einer Person in einem Roman kann ich mir sehr gut vorstellen.“; α = .75, M = 3.73, SD = 0.73), empathic concern als Mitleid oder Sorge um Personen in Not (Beispiel: „Ich empfinde warmherzige Gefühle für Leute, denen es weniger gut geht als mir.“; α = .58, M = 3.76, SD = 0.58) und personal distress, zur Erfassung der persönlichen Betroffenheit, inwieweit man Unruhe und Unwohlsein verspürt, wenn andere Personen in Not sind (Beispiel: „In Notfallsituationen fühle ich mich ängstlich und unbehaglich.“; α = .72, M = 2.55, SD = 0.76). Die Antwortmöglichkeiten reichten auf einer fünf-stufigen Skala von 1 = „Trifft überhaupt nicht zu“ bis 5 = “ Trifft voll und ganz zu“. Die Subskalen wurden abzüglich der Werte der Subskala personal distress zu einem Gesamtwert als Empathiefähigkeit zusammengefasst (Empathie: α = .74, M = 3.65, SD = 0.49). Angst als die abhängige Variable wurde mittels der modifizierten Version der Differentiellen Affekt Skala zur Erfassung von Emotionen bei der Mediennutzung (MDAS) von Renaud und Unz (2006) erfasst. Die drei Items „erschreckt“, „Angst“ und „Furcht“ wurden hinsichtlich der erfahrenen Emotionen während dem Spiel von den Probanden auf einer fünf-stufigen Skala von 1 = „Gar nicht“ bist 5 = „Sehr stark“ bewertet (α = .91, M = 3.22, SD = 1.13). 55 Weitere negative Emotionen wie Ekel (α = .84, M = 2.17, SD = 1.00), Wut (α = .90, M = 1.76, SD = 0.89), Verachtung (α = .75, M = 1.64, SD = 0.77) und Scham (α = .78, M = 1.54, SD = 0.63) wurden mit dem gleichen System miterfasst. Identifikation. Identifikation wurde, anlehnend an Cohen (2001) und Klimmt et al. (2009) als mehrdimensionales Konstrukt in mehreren Skalen erfasst. Die Dimension der Empathie als Fähigkeit, die Gefühle der Charaktere zu teilen, erfasst als Empathie mit dem Charakter, und die Dimension des kognitiven Aspekts die Perspektive des Charakters einzunehmen, als kognitives Verständnis, wurden jeweils mittels drei Items abgefragt, welche aus der theoretischen Identifikations-Skala Cohens (2001) entnommen und auf die Nutzung von Videospielen umformuliert wurden. Die Skala wurde bereits in empirischen Studien verwendet und wies eine hohe Reliabilität auf (Tian & Hoffner, 2010; Peng, 2008). Die Items wie „Ich war fähig die Ereignisse im Spiel so zu verstehen, wie es der Charakter tat.“ und „Während des Spielens erlebte ich dieselben Emotionen, wie der Charakter im Spiel“ waren auf einer fünf-stufigen Skala von 1 = „Trifft überhaupt nicht zu“ bis 5 =“ Trifft voll und ganz zu“ zu beantworten. Die interne Konsistenz war sowohl bei Empathie mit dem Charakter mit α = .78 (M = 2.99, SD = 0.99) als auch bei kognitives Verständnis mit α = .78 (M = 3.02, SD = 0.92) ausreichend. Das Ausmass des Zuschauers die Ziele der Charaktere zu teilen und für sich einzunehmen als verinnerlichte Ziele (Cohen 2001) wurde mit zwei Items aus der Identifikations-Skala von Cohen (2001) erfasst („Während des Spielens wollte ich, dass der Charakter seine Ziele erreicht.“, „Wenn der Charakter im Spiel erfolgreich war, war ich froh, wenn er scheiterte war ich traurig.“) und ein weiteres Item, welches aus der Studie von Hefner et al. (2007) entnommen wurde („Während des Spielens wurden die Ziele des Charakters meine eigenen.)“. Auch hier antworteten die Probanden anhand einer fünf-stufigen Skala von 1 = „Trifft überhaupt nicht zu“ bis 5 = “ Trifft voll und ganz zu. Der Wert für Cronbachs Alpha war mit α = .68 (M = 3.89, SD = 0.78) knapp ausreichend. Wahrgenommene Ähnlichkeit zwischen dem Spieler und dem Charakter wurde mittels sechs Items aus der Player Identification Skala von van Looy et al. (2012) entnommen. Die Items wie „Ich gleiche dem Charakter im Spiel.“ oder „Der Charakter im Spiel ist in vieler Hinsicht so wie ich.“ waren auf einer fünf-stufigen Skala von 1 = „Trifft 56 überhaupt nicht zu“ bis 5 = “ Trifft voll und ganz zu“ zu beantworten (α = .90, M = 1.94, SD = 0.79). Ebenfalls aus der Player Identification Skala (van Looy et al., 2012) waren die sechs Items zu verkörperter Präsenz. Auf Aussagen wie „Während des Spielens hatte ich das Gefühl, als wäre ich der Charakter.“ und „Im Spiel war es so, als würde ich direkt durch den Charakter handeln.“ antworteten die Probanden ebenso mit der gleichen fünfstufigen Antwortskala (α = .90, M = 3.07, SD = 0.99). Als weitere Dimension der Identifikation betrachtet Cohen (2001) die Absorption oder Selbstvergessenheit, die während der Mediennutzung vorkommen kann. Das Gefühl gänzlich vom Spiel eingenommen zu sein wurde anhand fünf Items aus dem Game Experience Questionaire (GEQ) nach IJsselsteijn, de Kort, Y. A. W. und Poels (2008) erfasst. Auf Aussagen wie „Ich habe alles um mich herum vergessen.“, „Ich habe mein Zeitgefühl verloren.“ oder „Ich habe die Verbindung zur Aussenwelt verloren.“ antworteten die Versuchspersonen mittels einer fünf-stufigen Skala von 1 = „Gar nicht“ bis 5 = “ Sehr stark“ (α = .74, M = 3.53, SD = 0.71). Presence. Das räumliche Präsenzerleben wurde mit dem Measurement Effects, Conditions of Spatial Presence-Questionaire (MEC-SPQ) (Vorderer et al., 2004) erfasst. Die sechs-Items Subskalen Self-Location und Possible Actions erfassten die zwei Dimensionen des räumlichen Präsenzerlebens (Selbstlokation und Handlungsmöglichkeiten in der medienvermittelten Umgebung) mit Aussagen wie „Ich habe mich selbst als Teil der dargestellten Umgebung empfunden“ und „ Ich hatte das Gefühl, um die dargestellten Objekte herumgehen zu können“. Die Aussagen waren auf einer fünf-stufigen Skala von 1 = „Trifft überhaupt nicht zu“ bis 5 = “ Trifft voll und ganz zu“ zu beantworten (Self-Location: α = .92, M = 2.81, SD = 0.99; Possible Actions: α = .83, M = 2.92, SD = 0.81; Presence: α = .91, M = 2.86, SD = 0.81). Cognitive Involvement, Attention Allocation und Domain-specific Interest. Ebenfalls aus dem MEC-SP-Fragebogen (Vorderer et al., 2004) wurden die Subskalen entnommen, welche das kognitive Involvement, das bereichsspezifische Interesse und die Aufmerksamkeit des Mediennutzers erfassen. Diese werden als erforderliche Faktoren betrachtet, die das Erleben von räumlicher Präsenz ermöglichen und wurden als mögliche Kovariablen in diese Studie einbezogen. Cognitive Involvement wurde mit der vier-Items-Skala erfasst (Beispiel: Ich habe meist Dinge gedacht, die mit dem Spiel 57 etwas zu tun hatten.“; α = .57, M = 3.36, SD = 0.76). Attention Allocation erfasste die Aufmerksamkeit des Mediennutzers auf das Spiel, gleichfalls anhand von vier Aussagen wie „Ich habe meine Aufmerksamkeit auf das Spiel gerichtet.“ (α = .78, M = 4.32, SD = 0.61). Das bereichsspezifische Interesse des Nutzers als Domain-specific Interest, wurde mittels vier Aussagen (Beispiel: Am Thema „Videospiele“ bin ich generell interessiert.“; α = .94, M = 2.19, SD = 1.20) ermittelt. Unterhaltung oder Interesse/Vergnügen wurde mittels sieben Items des Intrinsic Motivation Inventory (IMI) von Ryan et al. (Plant & Ryan, 1985; Ryan, 1982; Ryan, Connell & Plant, 1990; Ryan, Koestner & Deci, 1991) abgefragt. Die Versuchspersonen antworteten auf Aussagen wie „Ich habe das Spielen als ziemlich unterhaltsam empfunden.“ oder „Das Spielen hat mir Freude bereitet.“ auf einer fünf-stufigen Skala von von 1 = „Trifft überhaupt nicht zu“ bis 5 = “ Trifft voll und ganz zu“ (α = .90, M = 2.79, SD = 0.94). Spielerlebnis. Weitere videospielrelevante Faktoren, welche einen Einfluss auf das emotionale Erlebnis ausüben können, wurden mittels der deutschen Übersetzung des Game Experience Questionaire (GEQ) von IJsselsteijn, de Kort, Y. A. W. und Poels (2008) ermittelt. Sensory and Imaginative Immersion zählte sechs Items (Beispiel: „Das Spiel war ästhetisch ansprechend.“; α = .79, M = 2.67, SD = 0.82). Competence erfasste mittels fünf Items wie „Ich habe mich erfolgreich gefühlt.“ die Kompetenz und das Erfolgsgefühl des Spielers (α = .84, M = 2.43, SD = 0.86). Tension dagegen erfragte die Frustration und Anspannung während des Spiels (5 Items; Beispiel: „Ich war angespannt.“; α = .73, M = 2.85, SD = 0.79). Challenge fasste fünf Items wie „Ich musste mich beim Spielen sehr anstrengen.“ und erfragte inwiefern sich der Spieler beim Spielen fähig fühlte. Die interne Konsistenz der fünf ursprünglichen Items war mit einem Wert von α = 0.27 zu niedrig. Aus diesem Grund wurden zwei Items ausgelassen, die resultierende Skala mit drei Items erreichte knapp ausreichende Werte (α = .56, M = 3.05, SD = 0.76). Positiv und negativ Affekt enthielten jeweils fünf Items (Beispiel für positiver Affekt:“ Ich fand es beeindruckend.“, α = .83, M = 2.34, SD = 0.80; negativer Affekt: “Ich war von der Geschichte gelangweilt.“, α = .67, M = 2.19, SD = 0.71) und ermittelten ob das Spielerlebnis als positiv oder negativ bewertet wurde. Die Aussagen der Subskalen waren allesamt auf einer fünf-stufigen Likert-Skala von 1 = „Gar nicht“ bis 5 = “ Sehr stark“ zu beantworten. 58 Die Spielerfahrung als mögliche Kovariable, wurde mittels mehreren Faktoren ermittelt. Die durchschnittliche Spielzeit pro Woche wurde anhand einer Skala ermittelt, in der die Probanden die durchschnittliche Anzahl Stunden pro Woche angeben sollten, die sie mit Spielen verbringen. Die 12-stufige Skala reichte von 1 = “Weniger als 1h“, zu 2 = „1 Stunde“, 3 = „2 Stunden“ bis 12 = „Mehr als 10 h“. Um zu erfassen, wie oft Probanden mit bekannten Spielkonsolen, dem Computer oder auf tragbaren Geräte wie Handys spielen, wurde anhand einer Liste mit den sechs gängigsten Spielgeräten (unter anderem Nintendo Wii, XBox, PS3, PC) mit den Antwort-Optionen von 1 = „Nie“ bis 5 = “Sehr oft“ die Spielhäufigkeit abgefragt. Die Vorliebe für ein bestimmtes Spielgenre und die Häufigkeit in der es gespielt wird, wurde mittels einer Liste mit sieben bekannten Spielgenres abgefragt (Rennspiele, EgoShooter / Action-Adventure, Rollenspiele / Adventure-Spiele, Geschicklichkeitsspiele / Jump n’ Run, Mannschaftssport-Spiele, Aufbau-Strategiespiele, Survival-HorrorSpiele). Zu den einzelnen Genres wurden bekannte Spielvertreter angegeben. Die Probanden gaben zur Frage zur Spielhäufigkeit von Genres anhand einer Skala von 1= „Nie“ bis 5 = “Sehr oft“ wie häufig sie die Spiele auf der Liste spielten. Um die Genrevorliebe zu erfassen, antworteten die Probanden anhand derselben Liste mit den Abstufungen 1 = „Mag ich gar nicht“ bis 5 = “Mag ich sehr“. Deskriptive Ergebnisse zu den einzelnen Faktoren können aus dem Kapitel 5.8 entnommen werden. Vorkenntnisse Spiel. In Bezug auf vorherige Erfahrung mit dem Stimulus-Spiel, wurden Teilnehmer gefragt, ob sie bereits das Spiel Amnesia: The Dark Descent (Frictional Games, 2010) vor dem Experiment gespielt hatten. Die Überforderung mit der Steuerung wurde ebenfalls als mögliche Kovariable in den Fragebogen einbezogen. Die Probanden gaben zu Items wie „Ich war mit der Steuerung überfordert.“ anhand einer Skala von 1 = „Trifft überhaupt nicht zu“ bis 5 = “Trifft voll und ganz zu“ inwiefern die Steuerung des Spiels ein Problem darstellte (α = .77, M = 2.28, SD = 0.95). Manipulationscheck. Um zu testen, ob die Stimulus-Manipulationen des Kontrollverlusts und der Charaktergeräusche von den Teilnehmern tatsächlich wahrgenommen wurden, wurde die Wahrnehmung von Charaktergeräuschen und Kontrollverlust anhand je vier Items abgefragt. Die wahrgenommenen 59 Charaktergeräusche wurden mit vier Items wie „Beim Spielen konnte ich hören wie der Charakter erschrak und in Panik schneller atmete.“ oder „Ich konnte dauernd das Herzklopfen und die Atemgeräusche des Charakters hören.“ erfragt (α = .89, M = 2.96, SD = 1.17). Wahrgenommener Kontrollverlust wurde mit vier Items abgefragt wie: „Ich hatte das Gefühl, zeitweilig keine Kontrolle über den Charakter im Spiel zu haben“ oder „Ich hatte den Charakter im Spiel jederzeit unter Kontrolle.“ (α = .86, M = 3.66, SD = 1.09). Die Items der beiden Faktoren waren auf einer fünf-stufigen Skala mit den Abstufungen 1 = „Trifft überhaupt nicht zu“ bis 5 = “Trifft voll und ganz zu“ zu beantworten. Demographie. Um auf mögliche Einflüsse des Geschlechts und des Alters zu kontrollieren wurden beide Faktoren anhand je eines Items im Fragebogen erfasst. Kontrollfrage. Zuletzt wurden die Probanden auf die Ernsthaftigkeit ihrer Teilnahme befragt, einem Faktor, welcher die Resultate verfälschen kann. Auf einer fünfstufigen Skala gaben die Probanden an, ob sie jeweils ernsthaft mitgemacht haben (5 = „Ja, ich habe die Studie ernsthaft mitgemacht und die Fragen aufrichtig beantwortet.“) oder bloss der Punkte wegen teilgenommen haben (1 = „ Nein, ich habe die Studie nicht wirklich ernsthaft mitgemacht und auch nicht alle Fragen aufrichtig beantwortet.“). 5.6. Videoaufnahme des Spielverlaufs Anlehnend an Klimmt et al. (2004), welche bei interaktiven Stimuli empfehlen den Ausgabebildschirm abzufilmen, um auf diese Weise nachträglich die Verlaufsdaten mit direktem Bezug zur Problemstellung, beziehungsweise zu den manipulierten Variablen auszuwerten, wurde der Spielverlauf jedes Probanden anhand des Programms MSI Afterburner Version 2.3.1 (MSI & Rivaturner) aufgenommen und nachträglich inhaltlich protokolliert. Unter anderem wurden die tatsächlich erlebten Charaktergeräusche (M = 4.63, SD = 4.66) und der tatsächlich erlebte Kontrollverlust (M = 2.39, SD = 2.45) jeder Testperson erfasst und zu einem Index aufsummiert. Der Fortschritt jedes Probanden wurde ebenfalls festgehalten. Es wurde erfasst ob die Testpersonen das Rätsel im Spiel gelöst haben (Ja: 13.8 %; Nein: 86.2 %) und das Spiel beendet haben, indem sie den Ausgang fanden (Ja: 13.1 %; Nein: 86.9 %). Die dazu verwendete Checkliste ist im Anhang unter Kapitel 10.2 ersichtlich. 60 5.7. Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt Die Items und Skalen der Subkonstrukte, welche die Identifikation erfassen sollten, wurden aus der Literatur zusammengetragen und waren hinsichtlich der Reliabilität und der Validität bereits untersucht. Viele lagen jedoch nur in der englischen Originalversion vor. Eine Übersetzung der Items wurde für die Untersuchung vorgenommen. Um die Qualität der übersetzten Items und um die Skalen aus den verschiedenen Studien als einheitliches Konstrukt zu testen wurde eine explorative Faktorenanalyse (EFA) durchgeführt. Die 26 Items zur Erfassung der Dimensionen von Identifikation wurden mittels einer Hauptachsen-Faktoranalyse mit schiefwinkliger Rotation (Promax κ = 4) mit Kaiser-Normalisierung ausgewertet. Entgegen der erwarteten Struktur liessen sich über das Kaiserkriterium nur fünf anstelle von sechs Faktoren extrahieren. Die jeweils drei Items der Subskalen von kognitives Verständnis und Empathie mit dem Charakter luden alle sechs auf einen robusten Faktor. Die weiteren vermuteten Dimensionen verinnerlichte Ziele, verkörperte Präsenz, wahrgenommene Ähnlichkeit und Selbstvergessenheit wurden von den Faktoren wiedergegeben. Ein Item wies eine Ladung geringer als 0.3 auf und wurde ausgeschlossen. Zwei Items, welche am stärksten auf den falschen Faktor luden (nicht theoriegeleitet) und ein Item, welches eine identische Doppelladung aufwies wurden ausgeschlossen. Es gab weitere vier Items, welche eine Doppelladung mit einer Differenz der Ladung < 0.3 aufwiesen, diese luden jedoch theoriegeleitet am stärksten auf den erwarteten Faktor und wurden für die weitere Analyse vorerst beibehalten, denn der Ausschluss der Items hätte insbesondere dazu geführt, dass der Faktor verinnerlichte Ziele bloss auf einem Item basieren würde. Die restlichen 22 Items verteilt über den fünf Faktoren mit den Eigenwerten 8.29, 1.97, 1.31, 0.82 und 0.77 klärten 59.88 % der Gesamtvarianz auf. Eine konfirmatorische Faktorenanalyse (KFA) mit AMOS 21 mit MaximumLikelihood-Schätzung wurde anschliessend durchgeführt um das von der EFA vorgeschlagene Modell mit fünf Faktoren zu testen, wobei die Dimensionen kognitives Verständnis und Empathie mit dem Charakter zur Dimension „kognitive Empathie“ zusammengefasst wurden. Das resultierende Modell hatte ausgehend von den Kriterien vorgeschlagen von Schermelleh-Engel, Moosbrugger und Müller (2003) mässige bis schlechte Fit-Indizes. Der χ2 –Test fiel signifikant aus (p < .001, x2/df = 1.48). Die Fit-Indizes GFI (Goodness of Fit) mit einem Wert von .85 (akzeptabel wäre ≥ .90) und der AGFI (Adjusted 61 Goodness of Fit) mit .80 (akzeptabel wäre ≥ .85) genügten den Anspruchsniveau nicht. Der CFI-Wert (Comparative Fit Index) von .94 (akzeptabel ≥ .95) und der RMSEAWert (Root Mean Squared Error of Approximation) mit .06 [CI .04, .07] (erst ab ≤ .05 guter Fit) erreichten ebenfalls keine guten Werte (Hu & Bentler, 1999; SchermellehEngel et al., 2003). Im Rahmen einer Modellverbesserung wurden vier Items entfernt, als Ausschlusskriterium waren standardisierte Residuen einzelner Variablen grösser als 2 und zu starke Kovarianz der Messfehler (Schermelleh-Engel et al., 2003; Matthes & Kohring, 2003). Das verbesserte Modell (siehe Abbildung 2) hatte gute Fit-Indizes und der χ2 –Test fiel nicht mehr signifikant aus (p = .114, x2/df = 1.15). Der GFI betrug .90, der Adjusted Goodness of Fit-Index, welche die Freiheitsgrade berücksichtigt betrug .87. Beide Werte genügten den im oberen Abschnitt erwähnten Anspruchsniveaus und deuten auf ein akzeptables Model-Fit. Der RMSEA-Wert genügte mit .035 [CI .00, .06] ebenfalls dem Anspruchsniveau und deutet mit einem Wert ≤ .05 und 0 in den Konfidenzintervallen auf eine gute Anpassungsgüte. Der CFI-Wert war mit .98 ebenfalls über der Gütekriterie von ≤ .97 und deutet ebenfalls auf gute Fit-Werte (Hu & Bentler, 1999; Schermelleh-Engel et al., 2003). Die hochsignifikanten Korrelationen nach Pearson zwischen den fünf Faktoren, welche aus der Tabelle 1 zu entnehmen sind, deuten ebenfalls auf eine Unabhängigkeit hin und sprechen für ein Konstrukt (Matthes & Kohring, 2003). Tabelle 1: Korrelationen zwischen den Dimensionen von Identifikation (N = 130) kognitive verinnerlichte wahrgenommene verkörperte Empathie Ziele Ähnlichkeit Präsenz kognitive Empathie - .44** .52** .59** .28** verinnerlichte Ziele .44** - .39** .52** .37** wahrgenommene Ähnlichkeit .52** .39** - .49** .27** verkörperte Präsenz .59** .52** .49** - .46** Selbstvergessenheit .28** .37** .27** .46** - Selbstvergessenheit ** p < .01 62 Abbildung 2: Graphische Darstellung der konfirmatorischen Faktorenanalyse Die Annahme, dass die Identifikation mit Videospielcharakteren als mehrstrukturelles Konstrukt wahrgenommen wird kann somit vorläufig angenommen werden. Sie wird jedoch, nicht wie vermutet in sechs Dimensionen unterschieden, sondern die Fähigkeit die Gefühle der Charaktere zu teilen und der kognitive Aspekt die Perspektive des Charakters einzunehmen, wurden von den Befragten als ein Faktor wahrgenommen. Die fünf Faktoren mit den dazugehörigen Items, den jeweiligen Faktorladungen und dem Cronbach-Alpha-Koeffizienten in Klammern können aus der Tabelle 2 entnommen werden. 63 Tabelle 2:Faktoren von Identifikation mit den dazugehörigen Items, den Faktorladungen und dem Cronbach-Alpha Koeffizienten (N = 130) kognitive Empathie (α = .83) λ Während des Spielens hatte ich regelrecht das Gefühl zu wissen, was dem Charakter durch den Kopf geht. .77 In Schlüsselmomenten im Spiel hatte ich das Gefühl genau zu wissen, was der Charakter gerade durchmacht. .78 Ich war fähig die Ereignisse im Spiel so zu verstehen, wie es der Charakter tat. .75 Ich glaube den Charakter im Spiel gut zu verstehen. .66 verinnerlichte Ziele (α = .69) Während des Spielens wollte ich, dass der Charakter seine Ziele erreicht. .56 Wenn der Charakter im Spiel erfolgreich war, war ich froh, wenn er scheiterte war ich traurig. .57 Während des Spielens wurden die Ziele des Charakters meine eigenen. .81 wahrgenommene Ähnlichkeit (α = .94 ) Der Charakter im Spiel gleicht mir. .93 Ich gleiche dem Charakter im Spiel. .95 Der Charakter im Spiel ähnelt mir. .91 Der Charakter im Spiel ist in vieler Hinsicht so wie ich. .77 verkörperte Präsenz (α = .88) Während des Spielens hatte ich das Gefühl, als wäre ich der Charakter. .85 Während des Spielens hatte ich das Gefühl im Charakter drin zu sein. .81 Im Spiel hatte ich das Gefühl, als wäre ich eins mit dem Charakter. .84 Während des Spielens hatte ich das Gefühl, als wäre der Körper des Charakters mein eigener. .72 Selbstvergessenheit (α = .71) Ich habe alles um mich herum vergessen. .58 Ich habe mein Zeitgefühl vergessen. .50 Ich habe die Verbindung zur Aussenwelt verloren. .89 5.8. Deskriptive Statistik zur Spielerfahrung der Probanden Der letzte Teil des Fragebogens hatte zum Ziel, die Spielerfahrung der Probanden zu erfassen. Die Daten deuten darauf hin, dass die meisten Probanden eher wenig mit Videospiele zu tun haben. Zu der Frage über die durchschnittliche Spielzeit pro Woche gaben 56.9 % der 130 Teilnehmer an weniger als eine Stunden zu spielen (männlich = 18, weiblich = 56). 46 Teilnehmer (33.8 %), davon 22 Männer und 24 Frauen, spielten zwischen eine bis vier Stunden in der Woche. Acht männliche Probanden (6.9 %) zwischen fünf bis zehn Stunden. Nur drei männliche Probanden gaben an mehr als zehn Stunden in der Woche mit Videospielen zu verbringen. An meisten spielten die Teilnehmer mit dem Handy oder tragbaren Geräten, wie dem Nintendo DS. Nur 15 Probanden (11.5 %), davon acht männliche und sieben weibliche, gaben an nie auf dem Handy oder tragbaren Geräten gespielt zu haben, die restlichen 64 88.5 % (männlich = 43, weiblich = 72) dagegen schon, davon 1.5 % sehr oft (männlich = 4, weiblich = 4). Am PC spielen immerhin 59 Probanden (45.4 %), davon 35 weibliche und 24 männliche. Was Spielkonsolen betrifft, so spielten die Versuchsteilnehmer mit 41.5% noch am ehesten mit der PlayStation von Sony (männlich = 26, weiblich = 28). Bei der Spielkonsole von Nintendo gaben 70,8 % der Teilnehmer (männlich = 40, weiblich = 52) an, nie damit gespielt zu haben. Ähnlich sah es mit der Xbox von Microsoft aus, bei dem 75,4 % angaben keine Spielerfahrung damit zu haben (männlich = 29, weiblich = 69) und bei älteren Konsolen hatten mit 78,5% der Teilnehmer (männlich = 15, weiblich = 66) keine Spielerfahrung. Das beliebteste Genre war die Kategorie der Geschicklichkeitsspiele und Jump’n’ Run. 83.1 % der Probanden (männlich =37, weiblich = 71) spielen Spiele wie Tetris (Pajitnov, 1984) und Super Mario (Nintendo, 1985) und mehr als die Hälfte (58.1%) der Spieler gab an das Genre zu mögen (männlich = 25, weiblich = 50). Beliebt waren ebenfalls Rennspiele, 62.3 % spielen sie mindestens selten (männlich = 35, weiblich =46) und 40 % der Teilnehmer gaben an sie zu mögen (männlich = 24, weiblich = 28). Ebenso beliebt waren Sportspiele mit 58 Teilnehmern die diese spielen (44.6 %, männlich = 36, weiblich = 22) und 31.5 % die angaben diese zu mögen (männlich =31, weiblich =10). Ein Grossteil der Teilnehmer gab dagegen an Strategie- und Aufbauspiele (63.1%, männlich = 28, weiblich = 54), Rollenspiele und Adventure-Spiele (70.8%, männlich = 32, weiblich = 60), Ego-Shooter und Action-Adventure (62.3%, männlich = 15, weiblich = 62) und Survival-Horror-Spiele (89.2%, männlich = 40, weiblich = 76) nie gespielt zu haben. 32.3 % der Teilnehmer gab an Ego-Shooter und Action-AdventureSpiele zu mögen, davon waren 34 männliche Teilnehmer und acht weibliche. Die restlichen Genres waren deutlich unbeliebt, nur 27.7 % bestehend aus 18 Männern und 18 Frauen gaben an Strategie- und Aufbauspiele zu mögen und blosse 21.6 % mit 16 Männern und zwölf Frauen spielten gerne Rollenspiele und Adventure-Spiele. Bei Weiten am wenigsten beliebt war das Genre des Survival-Horrors. Nur 6.1% (männlich = 6, weiblich = 2) der Teilnehmer gab an das Genre zu mögen, auf der Skala von eins bis fünf beantworteten 89 Teilnehmer (68.5 %), davon 67 weibliche und 22 männliche, mit 1 = „Mag ich gar nicht“. 65 6. Ergebnisse 6.1. Manipulationscheck Um die experimentelle Manipulation von Kontrollverlust zu testen wurde eine zweifaktorielle ANOVA durchgeführt mit den experimentellen Faktoren Kontrollverlust (Hoch /Tief) und Charaktergeräuschen (Hoch /Tief) als unabhängige Faktoren und dem wahrgenommenem Kontrollverlust als abhängige Variable. Die Versuchspersonen in der experimentellen Gruppe mit Kontrollverlust nahmen Kontrollverlust signifikanter wahr (M = 3.58, SD = 1.02) als die Versuchspersonen in der Gruppe ohne (M = 2.37, SD = 0.99, F(1, 126) = 48.12, p <.001, η2 = .28). Der Haupteffekt von Charaktergeräuschen auf Kontrollverlust (F(1, 126) = 2.92, p = .09, η2 = .02) war statistisch nicht signifikant, es zeichnete sich aber eine leichte Tendenz ab. Kontrollverlust wurde von den Probanden in der Spielversion ohne Charaktergeräusche tendenziell stärker eingeschätzt. Die Interaktion zwischen Charaktergeräuschen und Kontrollverlust (F(1, 126) = 0.11, p = ns, η2 = .00) war statistisch nicht signifikant. Die Manipulation von Charaktergeräuschen wurde ebenfalls anhand einer zweifaktoriellen ANOVA getestet mit den experimentellen Faktoren Kontrollverlust und Charaktergeräusche als unabhängige Faktoren und den wahrgenommenen Charaktergeräuschen als abhängige Variable. Die Resultate zeigen, dass die Spielversionen in Bezug auf die Charaktergeräusche tatsächlich unterschiedlich wahrgenommen wurden. Die Testpersonen nahmen Charaktergeräusche in der experimentellen Gruppe mit Charaktergeräuschen (M = 4.34, SD = 0.62) signifikanter wahr als die Testpersonen, welche die Spielversion ohne Charaktergeräusche spielten (M = 2.96, SD = 1.04, F(1, 126) = 82.89, p < .001, η2 = .39). Es lag eine semidisordinale Interaktion vor, welche nur die Interpretation des Haupteffekts von Charaktergeräuschen ermöglicht. Ohnedies war die Interaktion zwischen Charaktergeräuschen und Kontrollverlust (F(1, 126) = 0.05, p =ns, η2 =.00) sowie der Haupteffekt von Kontrollverlust (F(1, 126) = 0.00, p = ns, η2 = .00) in Bezug auf Charaktergeräusche beide statistisch nicht signifikant. Der Levene-Test auf Varianzhomogenität war in Bezug auf Charaktergeräusche (p < .01) und Kontrollverlust (p < .001) signifikant. Die Varianzen in den Gruppen waren nicht homogen. Aufgrund der Verletzung der Normalverteilungsannahme wurde 66 zusätzlich der Krustal-Wallis-H-Test als nonparametrischer Test durchgeführt. Es zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich dem wahrgenommenen Kontrollverlust (χ2 = 35.61, df = 1, p < .001) und den wahrgenommenen Charaktergeräuschen (χ2 = 51.97, df = 1, p < .001). Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass beide Stimulus-Manipulationen erfolgreich waren. 6.2. Hypothesen über den direkten Einfluss von Kontrollverlust und Charaktergeräuschen auf die Angst Hypothesen 1 und 2 prognostizierten dass Kontrollverlust und Charaktergeräusche das Empfinden der Angst intensivieren. Die Spielversion mit Charaktergeräuschen und Kontrollverlust sollte demnach die höchste Angst hervorrufen. Um dies zu testen wurde eine zweifaktorielle Varianzanalyse (ANOVA) durchgeführt mit Angst als abhängige Variable und mit den experimentellen Faktoren Charaktergeräusche und Kontrollverlust als unabhängige Faktoren. Entgegen den Erwartungen zeigte der Vergleich der Mittelwerte, dass die Spielsituation mit Charaktergeräuschen und Kontrollverlust die tiefsten Angstwerte (M = 2.90, SD = 1.26) erweckte. Am meisten Angst erfuhren die Versuchspersonen in der Gruppe mit der Spielversion mit Kontrollverlust und ohne Charaktergeräusche (M = 3.41, SD = 1.06). Eine semi-disordinalen Interaktion lag vor (siehe Abbildung 3), welche nur den Haupteffekt von Charaktergeräuschen auf die Angst interpretieren lässt (Der Haupteffekt von Kontrollverlust war ohnehin nicht signifikant, F(1, 126) = 0.59, p = ns, η2 = .005). So erweckte die Spielversion ohne Charaktergeräusche (M = 3.36, SD = 1.06) mehr Angst als die Spielversion mit Geräuschen (M = 3.09, SD = 1.19), der Haupteffekt war jedoch statistisch nicht signifikant (F(1, 126) = 1.91, p = ns, η2 = .02). Die Interaktion von Kontrollverlust und Charaktergeräuschen zeigt, dass Kontrollverlust nur in Zusammenhang mit der Spielsituation ohne Charaktergeräusche unheimlicher wahrgenommen wird, andernfalls ist die Spielversion ohne Kontrollverslust tendenziell erschreckender. Allerdings ist dieser Effekt ebenfalls statistisch nicht signifikant (F(1, 126) = 1.29, p = ns, η2 = .01). Eine Kovarianzanalyse (ANCOVA) wurde durchgeführt, um mögliche Einflüsse von Kovariaten zu testen. Es zeigte sich ein signifikanter Einfluss von Geschlecht auf die Angst (F(1, 125) = 15.83, p <.001, η2 = .11). Die erlebte Angst wurde stark durch das Geschlecht mitbestimmt und Frauen erlebten die Angst intensiver (siehe Kapitel 6.5.2.). 67 Die Erklärungsleistung von Kontrollverlust (F(1, 125) = 1.15, p = ns, η2 = .01) und der Interaktion (F(1, 125) = 2.14, p = ns, η2 = .02) stieg bei der Aufnahme der Kovariate Geschlecht an und verbesserte das ursprüngliche Analysemodell ohne Kovariate. So stieg das korrigierte R-Quadrat von .006 auf .011. Jedoch führte die Einnahme der Kovariate Geschlecht zu einer disordinalen Interaktion, welche nur die Interaktion interpretieren lässt. Abbildung 3: Graphische Darstellung der Varianzanalyse: Einfluss der Charaktergeräusche und des Kontrollverlusts auf die Angst (N = 130) Es gab diverse Variablen, wie tension (F(1, 125) = 44.79, p < .001, η2 = .26), die Dimension empathic concern des Persönlichkeitsmerkmals Empathie (F(1, 125) = 68 24.44, p < .001, η2 = .16) oder Ekel (F(1, 125) = 34.44, p < .001, η2 = .22), welche einen signifikanten Einfluss auf die Angst ausübten, diese reduzierten jedoch die Erklärungskraft der einzelnen Faktoren und wurden deshalb nicht als Kovariate für weitere Analysen in Betracht gezogen. Das Ausmass, zu dem sich die Spieler während des Spielens kompetent und erfolgreich fühlten als competence erfasst, übte ebenfalls einen signifikanten Einfluss auf die erlebte Angst aus (F(1, 125) = 15.80, p < .001, η2 = .11). Durch die Einnahme der Kovariate stieg die Erklärungskraft des Haupteffekts von Charaktergeräuschen und zeigte sich als tendenziell signifikant (F(1, 125) = 3.53, p = .063, η2 = .03). Die verschiedenen Faktoren zur Spielerfahrung waren entgegen den Erwartungen keine signifikanten Kovariaten. Die Beziehung von Charaktergeräuschen, Kontrollverlust und Angst wurde zusätzlich anhand des Kontrollverlusts, welche die Probanden als Manipulationscheck angaben wahrzunehmen und den wahrgenommenen Charaktergeräuschen, ebenfalls als Manipulationscheck erfasst, über eine einseitige Korrelation nach Pearson untersucht (siehe Tabelle 3). Der Zusammenhang vom Kontrollverlust, welche die Probanden wahrgenommen haben und die erlebte Angst war signifikant (r = - .15, p = < .05). Die negative Korrelation deutet auf einen negativen Einfluss von Kontrollverlust auf die Angst. Mit steigendem wahrgenommenen Kontrollverlust sank die erlebte Angst. Die Hypothese 1, welche einen positiven Einfluss von Kontrollverlust auf die Angst voraussagte, muss somit verworfen werden. Weder die Manipulation des Kontrollverlusts in den experimentellen Gruppen noch der wahrgenommene Kontrollverlust der einzelnen Probanden wirkte sich verstärkend auf die Angst aus. Der teilweise signifikante negative Einfluss von Charaktergeräuschen auf den Kontrollverlust, welcher in der vorherigen ANOVA Analyse zu beobachten war, konnte auch in dieser Analyse festgestellt werden. Mit der Anzahl der wahrgenommen Charaktergeräuschen stieg die Wahrscheinlichkeit, dass die Versuchsteilnehmer weniger Kontrollverlust wahrnahmen (r = - .22, p = < .01). Kontrollverlust wurde somit von den Teilnehmern in der Spielversion ohne Charaktergeräusche tendenziell stärker eingeschätzt. Die Korrelation zwischen den wahrgenommenen Charaktergeräuschen und der Angst zeigt einen signifikanten positiven Zusammenhang. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Versuchsteilnehmer mehr Angst erlebten, stieg mit den zunehmend wahrgenommenen Charaktergeräuschen (r = .19, p < .05). Die Hypothese 2, 69 welche voraussagte, dass Charaktergeräusche sich positiv auf die Angst auswirken, wird in Bezug auf die wahrgenommenen Charaktergeräusche gestützt. Die experimentelle Manipulation der Charaktergeräusche, folglich die tatsächlichen Charaktergeräusche im Spiel haben dagegen einen negativen Einfluss auf die Angst, welcher jedoch nicht signifikant war. Tabelle 3: Korrelationen zwischen den wahrgenommenen Charaktergeräuschen, dem wahrgenommenem Kontrollverlust und der Angst (N = 130) wahrgenommene wahrgenommener Charaktergeräusche Kontrollverlust -.22** .19* -.22** - .15* wahrgenommene Charaktergeräusche wahrgenommener Kontrollverlust Angst Angst .19* - .15* - ** p < .01; * p < .05 6.3. Hypothesen über den direkten Einfluss von Kontrollverlust und Charaktergeräuschen auf die Identifikation und ihr Einfluss auf die Angst Mit der Hypothese 3 wurde vermutet, dass Identifikation erfasst als sechsdimensionales Konstrukt, bestehend aus den interdependenten Faktoren kognitives Verständnis, Empathie mit dem Charakter, verinnerlichte Ziele, verkörperte Präsenz, wahrgenommene Ähnlichkeit und Selbstvergessenheit, einen positiven Einfluss auf die Angst ausübt. Hypothesen 4 und 6 prognostizierten den direkten Effekt der unabhängigen Variablen Kontrollverlust und Charaktergeräusche auf die Identifikation als Konstrukt. Es wurde vermutet, dass Kontrollverlust sich negativ auf den Identifikationsprozess auswirkt während Charaktergeräusche einen positiven Einfluss haben. Die Annahme, dass die Identifikation mit Videospielcharakteren als mehrstrukturelles Konstrukt wahrgenommen wird, wurde mit den Analysen im Kapitel 5.7 mehrheitlich bestätigt. Es zeigte sich, dass Identifikation nicht wie angenommen aus sechs Dimensionen sondern aus fünf Dimensionen besteht, denn die Fähigkeit, die Gefühle der Charaktere zu teilen und der kognitive Aspekt die Perspektive des Charakters einzunehmen, wurden von den Befragten als ein Faktor wahrgenommen. Für die 70 Analysen in diesem Kapitel wurden die 18 Items der fünf Faktoren aus Kapitel 5.7 zu einem Mittelwertsindex zusammengefasst (α = .90, M = 2.92, SD = 0.68). Um den direkten Einfluss von Charaktergeräuschen und Kontrollverlust auf die Identifikation zu testen wurde eine zweifaktorielle Varianzanalyse (ANOVA) durchgeführt mit Identifikation als abhängige Variable und mit den experimentellen Faktoren Charaktergeräusche und Kontrollverlust als unabhängige Faktoren (siehe Abbildung 4). Der Vergleich der Mittelwerte zeigte, dass die Spielsituation mit Charaktergeräuschen und Kontrollverlust die tiefsten Identifikationswerte (M = 2.70, SD = 0.65) aufwies. Die höchste Identifikation mit dem Charakter erlebten die Versuchspersonen, welche die Spielversion ohne Kontrollverlust und ohne Charaktergeräusche spielten (M = 3.15, SD = 0.72). Der Haupteffekt von Charaktergeräusche war statistisch signifikant (F(1, 126) = 7.41, p < .01, η2 = .06). Die Spielversion ohne Charaktergeräusche (M = 3.09, SD = 0.68) führte zu einer stärkeren Identifikation als die Spielversion mit Geräuschen (M = 2.77, SD = 0.65). Was Kontrollverlust betrifft, so gaben die Probanden, welche die Spielversion ohne Kontrollverlust spielten (M = 2.98, SD = 0.67) an mehr Identifikation erlebt zu haben als die Versuchspersonen, welche die Version mit Kontrollverlust (M = 2.82, SD = 0.65) spielten. Der Haupteffekt von Kontrollverlust war jedoch statistisch nicht signifikant (F(1, 126) = 1.16, p = ns, η2 = .01). Die Beziehung von Charaktergeräuschen, Kontrollverlust und Identifikation wurde ebenfalls mit den wahrgenommenen Charaktergeräuschen und dem wahrgenommenen Kontrollverlust über eine einseitige Korrelation nach Pearson untersucht. Der Zusammenhang vom Kontrollverlust, welche die Probanden wahrgenommen haben und die Identifikation mit dem Charakter war negativ jedoch nicht signifikant (r = -.06, p = ns). Hypothese 4, welche einen negativen Zusammenhang zwischen der Identifikation mit dem Charakter und Kontrollverlust prognostizierte, kann nicht gänzlich bestätigt werden. Zwar konnte ein negativer Zusammenhang zwischen dem tatsächlichen Kontrollverlust in der Varianzanalyse sowie dem wahrgenommenen Kontrollverlust mittels Korrelation beobachtet werden, dieser war allerdings in beiden Fällen statistisch nicht signifikant. 71 Abbildung 4: Graphische Darstellung der Varianzanalyse: Einfluss der Charaktergeräusche und des Kontrollverlusts auf die Identifikation (N = 130) Die Korrelation zwischen den wahrgenommenen Charaktergeräuschen und der Identifikation mit dem Charakter zeigte einen tendenziell signifikanten positiven Zusammenhang. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Versuchsteilnehmer sich mehr mit dem Charakter identifizierten, stieg mit den zunehmend wahrgenommenen Charaktergeräuschen (r = .13, p = .07). Die Hypothese 6, welche einen positiven Zusammenhang zwischen den Charaktergeräuschen und der Identifikation mit dem Charakter voraussagte, wird in Bezug auf die wahrgenommenen Charaktergeräusche 72 teilweise gestützt. Die tatsächlichen Charaktergeräuschen (wie in der Varianzanalyse zu beobachten) dagegen übten einen statistisch signifikanten negativen Einfluss auf die Identifikation aus. Die Hypothese 6 kann in Bezug auf die tatsächlichen Charaktergeräuschen nicht angenommen werden. Ob sich die Identifikation mit dem Charakter positiv auf das Erleben der Angst auswirkt, wie in Hypothese 3 vermutet, wurde zuerst ebenfalls mit einer Korrelation nach Pearson überprüft. Die Identifikation mit dem Charakter korrelierte hochsignifikant mit der erlebten Angst (r = .52, p < .001). Zwischen Identifikation und Angst bestand ein positiver linearer Zusammenhang. Eine einfache lineare Regression mit Angst als abhängige Variable und der Identifikation wurde durchgeführt, um zu klären inwieweit Angst von Identifikation bedingt wird. Die Regressionsanalyse war statistisch hochsignifikant (F(1, 128) = 43.37, p < .001). Die Identifikation mit dem Charakter war ein positiver Prädiktor von Angst (β = .46, p < .001) und das Modell erklärte 22 % der Varianz. Die Hypothese 3 wird von den Daten gestützt und kann mehrheitlich bestätigt werden. 6.4. Hypothesen über Identifikation als Mediator Die Hypothesen 5 bis 5.2 sowie 7 bis 7.4 betrachteten Identifikation und deren Dimensionen als Mediator-Variablen, welche die Beziehung von Charaktergeräuschen und Kontrollverlust auf die Angst mediieren. Ein Mediator-Effekt liegt vor, wenn ein Mediator (M) die kausale Beziehung zwischen der unabhängigen Variable (X) und der abhängigen Variable (Y) interveniert oder unterbricht. Die Mediator-Variable M ist gleichzeitig eine abhängige Variable in Bezug zu X und eine unabhängige Variable zu Y. Diese indirekten Effekte können als partielle Mediator-Effekte oder als totale Mediator-Effekte auftreten. Urban und Mayerl (2007, S. 1) erklären, dass ein partieller Effekt vorliegt, wenn die abhängigen Variablen X den Mediator M beeinflusst und die abhängige Variable Y vom Mediator M beeinflusst wird. Zusätzlich besteht ein direkter Effekt von der abhängigen Variable X auf die unabhängige Variable M, der nicht von der Mediator-Variablen M interveniert wird. Ein totaler Mediator-Effekt liegt dann vor, wenn der Effekt von der unabhängigen Variablen X auf die abhängige Variable Y komplett durch die Mediator-Variable Z erklärt wird und kein direkter Effekt zwischen X und M mehr vorliegt (Urban & Mayerl, 2007, S. 1). 73 Rucker, Preacher, Tormala und Petty (2011) empfehlen jedoch Vorsicht bei der Interpretation von totalen Mediationseffekten und der strikten Unterscheidung zwischen partiellen und totalen Effekten. Sie argumentieren, dass auch in Analysen, in welche totale Mediationseffekte einzelner Variablen festgestellt wurden, nachträglich weitere signifikante indirekte Effekte festgestellt werden konnten (Rucker et al., 2011, S. 363– 364). Insbesondere in Analysen mit kleinen Fallzahlen tendieren Mediationsanalysen auf eine totale Mediation hinzudeuten, mit steigender Fallzahl werden vermehrt partielle Mediationseffekte beobachtet. Die Autoren suggerieren deshalb den Fokus auf die Effektgrösse der indirekten Effekte zu legen, anstatt auf die Unterscheidung zwischen partieller und totaler Mediation zu fokussieren (S. 368-369). Nach Baron und Kenny (1986) müssen drei Bedingungen erfüllt sein, um von einer mediierenden Wirkung sprechen zu können. Die unabhängige Variable X muss einen signifikanten Einfluss auf die vermittelnde Variable M ausüben, die Mediator-Variable muss einen signifikanten Einfluss auf die abhängige Variable Y ausüben und die Stärke des signifikanten direkten Effektes von der unabhängigen Variablen X auf die abhängige Variable Y muss beim Einfügen der Mediator-Variablen M sinken (Baron & Kenny, 1986, S. 1176). Preacher und Hayes (2008) argumentieren dagegen, dass kein signifikanter Zusammenhang zwischen der unabhängigen und der abhängigen Variable vorhanden sein muss, damit Mediation stattfindet. As Kenny, Kashy, and Bolger (1998) note, however, the latter criterion will be satisfied when the first and third criteria are satisfied and when the signs of the effects are consistent with the proposed mediation process. […] these criteria essentially require paths a [Einfluss von X auf M], b [Einfluss von M auf Y], and c [Einfluss von X auf Y] to be significant and c′ [Einfluss von X auf Y mediiert durch M] to be smaller than c by a nontrivial amount. However, some authors (Collins, Graham, & Flaherty, 1998; Judd & Kenny, 1981; Kenny et al., 1998; MacKinnon, 1994, 2000; MacKinnon, Krull, & Lockwood, 2000; Shrout & Bolger, 2002) have argued that a significant total effect of X on Y […] is not necessary for mediation to occur (Preacher & Hayes, 2008, S. 880). Die Autoren schlagen dagegen den indirekten Effekt, nämlich die vereinigten Einflüsse der Pfade a und b (Einfluss von X auf M und Einfluss von M auf Y), auf Signifikanz zu untersuchen. Die Signifikanz dieses Effektes kann anhand des Sobel-Tests (Sobel, 1982) gemessen werden. The Sobel test (Sobel, 1982, 1986), also called the product-of-coefficients approach, involves computing the ratio of ab to its estimated standard error. A p value for this ratio is computed in reference to the standard normal distribution, and significance supports the hypothesis of mediation (Preacher & Hayes, 2008, S. 880). 74 Zusätzlich empfehlen die Autoren die Methode des Bootstrapping um den indirekten Effekt zu schätzen. Die nonparametrische Methode eignet sich insbesondere für kleine Fallzahlen oder wenn die Normalverteilung der Daten nicht gegeben ist (Preacher & Hayes, 2004, S. 720; Preacher & Hayes, 2008, S. 880). Um die vermuteten indirekten Effekte in der Beziehungen zwischen Kontrollverlust, Charaktergeräuschen, Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt und Angst zu untersuchen wurde deshalb das SPSS-Makro PROCESS von Hayes (2013) verwendet, welches die Pfad-Koeffizienten in multiple Mediator-Modelle schätzt und mittels SobelTest und Bootstrapping auf die Signifikanz von totale oder indirekte Mediation prüft. Für die folgenden Analysen wurde ein Sample von 5000 als Bootstrapping angewendet mit dem Konfidenzintervall von 95%. 6.4.1. Hypothesen über Identifikation als Mediator der Beziehung zwischen Kontrollverlust und Angst Mit Hypothese 5 bis 5.2 wurde eine vermittelnde Wirkung von Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt auf die Beziehung zwischen Kontrollverlust und Angst angenommen. Mit der Mediator-Analyse wurde der Zusammenhang von dem tatsächlich erlebten Kontrollverlust (experimenteller Faktor Kontrollverlust) sowie dem wahrgenommenem Kontrollverlust als Manipulationscheck erfasst und die Angst mit Identifikation als Mediator auf signifikante indirekte Effekte untersucht. Tatsächlicher Kontrollverlust Die Dimensionen kognitive Empathie, verinnerlichte Ziele, verkörperte Präsenz, wahrgenommene Ähnlichkeit und Selbstvergessenheit wurden im SPSS-Makro als mediierende Variablen, mit dem experimentellen Faktor Kontrollverlust (Hoch/Tief) als unabhängige und Angst als abhängige Variable getestet. Die Mediator-Analyse (siehe Abbildung 5) zeigte, dass nur die Dimension kognitive Empathie in Zusammenhang mit den anderen Dimensionen ein signifikanter Prädiktor von Angst war (b = .39, p < .01). Es konnte kein signifikanter indirekter Effekt beobachtet werden, alle Konfidenzintervalle der indirekten Effekte der fünf Faktoren enthielten 0, was gegen einen Mediationseffekt spricht. Der totale indirekte Effekt (b = .10, p = ns) war ebenfalls sehr klein und nicht signifikant, mit KonfidenzintervallWerten welche 0 enthielten (95% CI [-.34, .12]). 75 Hypothese 5 muss in Bezug auf den tatsächlich erlebten Kontrollverlust verworfen werden. Hypothesen 5.1 und 5.2 prognostizierten die mediierende Rolle von verkörperter Präsenz und Selbstvergessenheit als Dimensionen von Identifikation auf die Beziehung von Kontrollverlust und Angst. Es wurde ein Suppressionseffekt vermutet. Kontrollverlust sollte sich negativ auf die Dimensionen von verkörperter Präsenz und Selbstvergessenheit auswirken, während die beiden Dimensionen die Angst positiv beeinflussen sollten. Kontrollverlust übte einen negativen Effekt auf die verkörperte Präsenz (b = - .05, p = ns) und auf die Selbstvergessenheit (b = - .17, p = ns) aus, der Effekt war allerdings klein und statistisch nicht signifikant. Die Dimensionen verkörperte Präsenz (b = - .16, p = .15) und Selbstvergessenheit (b = .02, p = ns) waren positive Prädiktoren von Angst, welche aber nicht signifikant waren und im Falle von verkörperter Präsenz höchstens als Tendenz zu betrachteten sind. Sowohl der indirekte Effekt über verkörperte Präsenz (b = - .0083, z = - 0.22, p = ns, 95% CI [- .12, .05]) als auch der indirekte Effekt über Selbstvergessenheit (b = -.0042, z = - 0.16, p = ns, 95% CI [- .09, .03]) waren beide sehr klein und nicht signifikant. Somit müssen die Hypothesen 5.1 und 5.2 in Bezug auf den tatsächlich erlebten Kontrollverlust verworfen werden. Abbildung 5: Zusammenhang zwischen dem tatsächlichen Kontrollverlust und Angst mediiert über die Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt. Berichtet sind die unstandardisierten Regressionskoeffizienten. (N = 130) 76 Wahrgenommener Kontrollverlust Die Analyse mit dem von den Probanden wahrgenommenem Kontrollverlust als unabhängige Variable ist in der Abbildung 6 dargestellt. Den stärksten negativen Einfluss übte der wahrgenommene Kontrollverlust auf die Dimensionen der kognitiven Empathie (b = -.09, p = ns) und der Selbstvergessenheit (b = - .09, p = ns) aus, beide Effekte waren jedoch nicht signifikant. Die Dimension der kognitiven Empathie in Bezug auf den wahrgenommenen Kontrollverlust war hier ebenfalls ein signifikanter positiver Prädiktor von Angst (b = 0.37, p < .01). Die anderen Werte unterschieden sich nicht nennenswert von den analysierten Werten des tatsächlich erlebten Kontrollverlusts. Sowohl der totale indirekte Effekt (b = - .05, p = ns, 95% CI [- .15, .05]) als auch der indirekte Effekt über verkörperte Präsenz (b = - .01, z = - 0.48, p = ns, 95% CI [- .06, .02]) und der indirekte Effekt über Selbstvergessenheit (b = - .0006, z = - 0.04, p = ns, 95% CI [- .04, .02]) waren sehr klein und statistisch nicht signifikant. Somit müssen die Hypothesen 5, 5.1 und 5.2 auch in Bezug auf den wahrgenommenen Kontrollverlust verworfen werden. Abbildung 6: Zusammenhang zwischen dem wahrgenommenen Kontrollverlust und Angst mediiert über die Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt. Berichtet sind die unstandardisierten Regressionskoeffizienten. (N = 130) 77 6.4.2. Hypothesen über Identifikation als Mediator der Beziehung zwischen Charaktergeräuschen und Angst Hypothese 7 bis 7.4 besagten, dass Identifikation und deren Dimensionen die Beziehung zwischen Charaktergeräuschen und Angst mediiert. In den vorangehenden Analysen konnte beobachtet werden, dass die tatsächlich erlebten Charaktergeräusche und die von den Probanden wahrgenommen Charaktergeräusche unterschiedlich auf die Angst wirkten. Dieser Effekt war auch Bezug auf die Identifikation zu beobachten. Die Mediator-Analyse soll aufzeigen inwieweit die Identifikation mit dem Charakter und deren Dimensionen Charaktergeräuschen den Zusammenhang (experimenteller Faktor zwischen den tatsächlichen Charaktergeräusche), und den wahrgenommenen Charaktergeräuschen (Manipulationscheck) und der Angst mediiert. Tatsächlich erlebte Charaktergeräusche Die fünf Identifikationsdimensionen wurden im SPSS-Makro als mediierende Variablen geprüft, mit dem experimentellen Faktor Charaktergeräusche (Hoch/Tief) als unabhängige Variable und Angst als abhängige Variable (siehe Abbildung 7). Die Charaktergeräusche waren ein tendenziell signifikanter Prädiktor von kognitiver Empathie (b = - .30, p = .06) und kognitive Empathie war ein signifikanter Prädiktor von Angst (b = - .39, p < .01). Auch wahrgenommene Ähnlichkeit wurde auf signifikantem Niveau negativ von den Charaktergeräuschen beeinflusst (b = - .31, p = .03). Als Prädiktor von Angst war wahrgenommene Ähnlichkeit jedoch nicht signifikant (b = .16, p = ns). Die Charaktergeräusche waren in Bezug auf verkörperte Präsenz (b = - .47, p < .05) und Selbstvergessenheit (b = - .33, p < .05) jeweils mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als 5 % signifikante negative Prädiktoren. Obwohl kein signifikanter direkter Effekt von den Charaktergeräuschen auf die Angst festgestellt wurde, fand eine Mediation statt. Es bestand ein signifikanter totaler indirekter Effekt von Identifikation in Zusammenhang mit den Charaktergeräuschen und der Angst (b = - .26, p < .05), ohne dem vorkommen von 0 innerhalb des 95% Konfidenzintervalls (95% CI [-.52, -.05]). Kognitive Empathie war als einzige Dimension von Identifikation in Bezug auf die Bootstrapping-Daten ein signifikanter Mediator ohne vorkommen von 0 in den Konfidenzintervallen (95% CI [- .33, - .01]), der Sobel-Test war hingegen nicht 78 signifikant (z = - 1.56, p = .12). In Bezug auf die Charaktergeräusche übt Identifikation einen mediierenden Effekt aus. Jedoch nicht wie erwartet positiv sondern negativ. Die Hypothese 7, welche eine positive Mediation voraussagte, kann in Bezug auf die tatsächlichen Charaktergeräusche nicht gänzlich bestätigt werden. Mit den Hypothesen 7.1 – 7.4 wurde die vermittelnde Rolle der Dimensionen Empathie mit dem Charakter, kognitives Verständnis, wahrgenommene Ähnlichkeit und verkörperte Präsenz auf die Beziehung von Charaktergeräuschen und Angst prognostiziert. Im Kapitel 5.7 zeigte sich, dass die Dimensionen von Empathie mit dem Charakter und das kognitive Verständnis als eine Dimension wahrgenommen werden, welche ich als kognitive Empathie betitelte. Hypothese 7.2 entfällt somit. Der mediierende Effekt von kognitiver Empathie im Zusammenhang mit den anderen Dimensionen von Identifikation konnte im oberen Abschnitt bestätigt werden, jedoch war der Pfad zwischen den tatsächlichen Charaktergeräuschen und der kognitiven Empathie negativ. Somit wird die Hypothese 7.1 in Bezug auf die tatsächlichen Charaktergeräusche nur teilweise bestätigt. Mit Hypothese 7.3 und 7.4 wurde einen positiven Einfluss von Charaktergeräuschen auf wahrgenommene Ähnlichkeit und auf die verkörperte Präsenz vorausgesagt, welche wiederum als mediierende Variablen sich positiv auf die Angst auswirken. Bei den tatsächlichen Charaktergeräuschen fand kein signifikanter indirekter Effekt über wahrgenommene Ähnlichkeit statt (b = - .05, z = - 1.02, p = ns, 95% CI [- .19, .01]). Aus diesem Grund wird Hypothese 7.3 hinsichtlich der tatsächlichen Charaktergeräusche verworfen. Zwischen verkörperter Präsenz, den tatsächlichen Charaktergeräuschen und der Angst war ebenfalls kein signifikanter indirekter Effekt zu beobachten (b = - .08, z = - 1.17, p = ns, 95% CI [- .25, .02]). Hypothese 7.4 mit den tatsächlichen Charaktergeräuschen kann nicht bestätigt werden. Im Kapitel zur Untersuchung der Hypothesen 1 und 2 zeigte sich, dass durch die Einnahme der Kovariable Kompetenz (competence) in der ANCOVA die Erklärungskraft von Charaktergeräuschen sichtlich zunahm. Es wurde deshalb zusätzlich eine Mediator-Analyse mit Kompetenz als Kovariable durchgeführt. Die Kovariable stand in einem positiven Zusammenhang zu den Dimensionen der verinnerlichten Ziele (b = .19, p < .05), der Selbstvergessenheit (b =.19, p <.05) und sie 79 war ein hochsignifikanter negativer Prädiktor der Emotion Angst (b = - .56, p < .001). In Bezug auf die Mediator-Analyse mit tatsächlichen Charaktergeräuschen führte die Einnahme von Kompetenz dazu, dass der Pfad zwischen kognitiver Empathie und Angst (b = .38, p < .001) mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von weniger als 0.1% signifikant wurde. Wahrgenommene Ähnlichkeit wurde durch die Berücksichtigung der Kovariable ebenfalls zu einen signifikanten Prädiktor von Angst (b = .24, p < .05). Die Konfidenzintervalle des Bootstrapping deuteten weiterhin auf einen signifikanten indirekten Effekt von kognitiver Empathie (b = - .11, 95% CI [- .30, - .01]) und einen signifikanten totalen indirekten Effekt von Identifikation (b = - .27, 95% CI [- .52, .05]). Es bestand ferner ein signifikanter indirekter Effekt der Dimension der wahrgenommenen Ähnlichkeit (b = - .07, 95% CI [- .20, - .0041]). Abbildung 7: Zusammenhang zwischen den tatsächlichen Charaktergeräuschen und Angst mediiert über die Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt. Berichtet sind die unstandardisierten Regressionskoeffizienten. (N = 130) Wahrgenommene Charaktergeräusche Die Mediationsanalyse mit den Soundeffekten des Charakters, welche die Probanden wahrgenommen haben, als unabhängige Variable, den fünf Dimensionen von Identifikation als Mediator und Angst als abhängige Variable zeigte ein anderes Bild (siehe Abbildung 8). 80 Die wahrgenommenen Charaktergeräusche waren im Gegensatz zu den tatsächlichen Charaktergeräuschen ein signifikanter positiver Prädiktor von kognitiver Empathie (b = .18, p < .05) und kognitive Empathie war weiterhin ein signifikanter Prädiktor von Angst (b = .36, p < .01). Die wahrgenommenen Charaktergeräusche hatten jedoch keinen signifikanten Einfluss auf die restlichen vier Dimensionen von Identifikation. Zu bemerken ist jedoch, dass im Gegensatz zu den tatsächlichen Geräuschen die wahrgenommenen Charaktergeräusche sich positiv auf die Dimensionen auswirkten. Der totale indirekte Effekt von Identifikation war nach dem Sobel-Test tendenziell signifikant (b = .88, z = 1.76, p = .08), jedoch kam 0 innerhalb des 95% Konfidenzintervalls vor (95% CI [-.01, .19]), was gegen einen signifikanten Mediationseffekt spricht. Nach den Ergebnissen des Bootstrapping war die kognitive Empathie der einzige signifikante indirekte Effekt (b = .88) ohne vorkommen von 0 in den Konfidenzintervallen (95% CI [.01, .16]). Der Sobel-Test zeigte eine tendenzielle Signifikanz (z = 1.80, p = .07). Nur die Dimension der kognitiven Empathie mediierte den Zusammenhang von wahrgenommenen Charaktergeräuschen und Angst. Hypothese 7 kann somit hinsichtlich der wahrgenommenen Charaktergeräusche nicht angenommen werden, da Identifikation als Konstrukt den Zusammenhang zwischen wahrgenommenen Geräuschen und der Angst nicht als ganzes mediiert. Die Hypothese 7.1, welche voraussagte, dass Charaktergeräusche sich verstärkend auf die kognitive Empathie auswirken und sich diese wiederum positiv auf die Angst auswirkt, wird bezüglich den wahrgenommenen Charaktergeräuschen von den Daten gestützt. Mit Hypothese 7.3 und 7.4 wurde einen positiven Einfluss von Charaktergeräuschen auf die wahrgenommene Ähnlichkeit und die verkörperte Präsenz vermutet, welche wiederum als mediierende Variablen sich positiv auf die Angst auswirken sollten. Die von den Probanden wahrgenommenen Charaktergeräusche zeigten zwar einen positiven Effekt (b = .04, p = ns) auf die wahrgenommene Ähnlichkeit, dieser war aber statistisch nicht signifikant. Ebenso nicht signifikant war der Einfluss von wahrgenommener Ähnlichkeit als Prädiktor von Angst (b = 0.17, p = ns) und der indirekte Effekt (b = .01, z = 0.47, p = ns, 95% CI [- .01, .05]), was gegen die Hypothese von wahrgenommener Ähnlichkeit als vermittelnde Variable spricht. Auch in Bezug auf die verkörperte Präsenz waren die wahrgenommenen 81 Charaktergeräusche kein signifikanter Prädiktor (b = .08, p = ns.) von verkörperter Präsenz und diese auch kein signifikanter Prädiktor von Angst (b = .17, p = ns.). Es war ferner kein signifikanter indirekter Effekt zu beobachten (b = .01, z = 0.04, p = ns, 95% CI [-.01, .07]), weshalb sich die Hypothese 7.4 auch hinsichtlich der wahrgenommenen Charaktergeräusche verwerfen lässt. Abbildung 8: Zusammenhang zwischen den wahrgenommenen Charaktergeräuschen und Angst mediiert über die Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt. Berichtet sind die unstandardisierten Regressionskoeffizienten. (N = 130) Die Mediator-Analyse des Zusammenhangs von wahrgenommenen Charaktergeräuschen, Identifikation und Angst wurde ebenfalls auf Kompetenz kontrolliert. Das Gefühl der Kompetenz und des Erfolges stand in einem positiven Zusammenhang zu den Dimensionen der verinnerlichten Ziele (b = .22, p < .01) und der Selbstvergessenheit (b = .23, p < .01). Es war ein tendenziell signifikanter Prädiktor von wahrgenommener Ähnlichkeit (b = .16, p = .06) und ein hochsignifikanter negativer Prädiktor der Emotion Angst (b = - .55, p < .001). Durch den Einbezug der Kovariable erreichte der totale indirekte Effekt ein signifikantes Niveau mit Konfidenzintervallen ohne das Vorkommen von 0 (95% CI [.01, .22]). Identifikation als Konstrukt mediierte den Zusammenhang von wahrgenommenen Charaktergeräuschen und Angst. Die Mediation erfolgte ebenfalls über die Dimension der kognitiven Empathie (b = .07, z = 1.98, p < .05, 95% CI [.02, .17]) mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit unter 5%. Ähnlich 82 wie in der Analyse mit den tatsächlichen Charaktergeräuschen wurde durch die Einnahme von Kompetenz der Einfluss von wahrgenommener Ähnlichkeit in Bezug auf die Angst signifikant (b = .54, p < .05). Der indirekte Effekt über wahrgenommene Ähnlichkeit blieb, wie bei den anderen Dimensionen aber weiterhin auf einem nicht signifikanten Niveau. 6.5. Explorative Tests 6.5.1. Identifikation Ähnlich zu den Resultaten der Studie von Hefner et al. (2007) bestand zwischen der Identifikation mit dem Charakter und Unterhaltung ein positiver linearer Zusammenhang, die Korrelation nach Pearson war hochsignifikant (r = .46, p < .001). Das Gefühl der Kompetenz und das Erfolgsgefühl, welches die Autoren als wichtigen Faktor für die Identifikation betrachteten, korrelierte ebenfalls signifikant (r = .17, p < .05). Die Persönlichkeitsmerkmale der Absorption (r = .18, p < .05) und der Empathie (r = .26, p < .001) standen ebenso in einem linearen Zusammenhang mit der Identifikation. Ein positiver Zusammenhang bestand ebenfalls zu weiteren videospielrelevanten Einflüssen, wie der sensorischen und imaginativen Immersion (r = .53, p < .001) und der Anspannung und Frustration während des Spielens (r = .29, p < .001). Präsenz (r = .69, p < .001) und die damit verbundenen Faktoren, wie das kognitive Involvement (r = .45, p < .001), das bereichsspezifische Interesse (r = .33, p < .001) und die Aufmerksamkeit des Mediennutzers (r = .49, p < .001) korrelierten ebenfalls hochsignifikant mit der Identifikation mit dem Charakter. Von den erfassten Emotionen korrelierten Überraschung (r = .41, p < .001), Ekel (r = .18, p < .05) und Scham (r = .15, p < .05) ähnlich wie Angst (r = .52, p < .001) positiv mit der Identifikation auf einem signifikanten Niveau. Mit steigender wahrgenommener Identifikation wurden die Emotionen ebenfalls mehr wahrgenommen. Der positive Zusammenhang zwischen Unterhaltung und Identifikation und die Korrelationen in Bezug auf die Angst liess die Annahme aufkommen, dass Identifikation die Beziehung der Angst und des Unterhaltungserleben vermittelt. Um dies zu testen wurde eine Mediator-Analyse mittels dem Makro PROCESS von Hayes (2013) durchgeführt, wiederum mit dem Sample von 5000 als Bootstrapping und dem Konfidenzintervall von 95%. Angst wurde im Makro als unabhängige Variable mit Identifikation als Mittelwertsindex als Mediator und Unterhaltung als abhängige Variable getestet (siehe 83 Abbildung 9). In der Tat bestand ein signifikanter totaler indirekter Effekt (b = .24, z = 4.57, p < .001) von Identifikation in der Beziehung zwischen Angst und Unterhaltung. Die Identifikation mit dem Charakter mediierte den sonst negativen direkten Einfluss von Angst auf die Unterhaltung (b = - .16, p < .05) und wirkte sich positiv (b = .77, p < .001) auf das Unterhaltungserleben aus. Abbildung 9: Zusammenhang zwischen Angst und Unterhaltung mediiert über die Identifikation mit dem Charakter. Berichtet sind die unstandardisierten Regressionskoeffizienten. (N = 130) 6.5.2. Geschlecht In der Meta-Analyse von Hoffner und Levine (2005) über die Unterhaltung durch furchterregende Medien zeigte sich, dass Frauen und Männer Horror unterschiedlich bewerten. Dieses Phänomen wurde auch in Bezug auf das untersuchte Horror-Spiel beobachtet. In einer multivariaten Analyse (MANOVA) mit Geschlecht (männlich = 51, weiblich = 79) als unabhängige Variable und Unterhaltung, positiver Affekt, Angst sowie weitere Emotionen und die Vorliebe nach Horror als abhängige Variablen zeigte sich, dass Männer (M = 3.01, SD = 0.97) das Spiel in Bezug auf Unterhaltung und Interesse signifikant besser bewerteten als Frauen (M = 2.65, SD = 0.90, F(1, 128) = 4.76, p < .05, η2 = .04). Der positive Affekt („Ich habe mich gut gefühlt“, „Ich konnte über Sachen im Spiel lachen“) war ebenfalls bei männlichen Probanden (M = 2.74, SD = 0.74) signifikant höher als bei weiblichen Probanden (M = 2.09, SD = 0.74, F(1, 128) = 24.46, p < .001, η2 = .16. Die weiblichen Testpersonen (M =3.51, SD = 1.11) indessen gaben an mehr Angst 84 erlebt zu haben als die männlichen (M = 2.77, SD = 1.03, F(1, 128) = 14.79, p < .001, η2 = .10). Auch Ekel erlebten Frauen stärker als Männer. (Frauen: M = 2.44, SD = 1.02, Männer: M =1.75, SD = 0.83, F(1, 128) = 16.45, p < .001, η2 = .11). Der Levene-Test auf Varianzhomogenität war in Bezug auf Ekel (p < .05) signifikant. Der Krustal-Wallis-HTest als nonparametrischer Test zeigte aber ebenfalls signifikante Unterschiede (Ekel: χ2 = 8.54, df = 1, p < .01). Die Vorliebe von Horror-Spielen war bei den männlichen Teilnehmern (M = 1.96, SD = 1.07) ebenfalls stärker als bei den Teilnehmerinnen (M = 1.23, SD = 0.66, F(1, 128) = 23.21, p < .001, η2 = .15). Der nachträgliche Krustal-Wallis-H-Test, nach einem signifikanten Levene-Test (p < .001), zeigte ebenso signifikante Unterschiede (χ2 = 25.50, df = 1, p < .001). Der positive Zusammenhang zwischen der erlebten Angst und der Unterhaltung, welche in anderen Studien beschrieben wurde (Zillmann, 1996 zit. n. Hoffner & Levine, 2005), konnte in einer einseitigen partiellen Korrelation beobachtet werden, wenn auf das Geschlecht kontrolliert wurde. Bei den männlichen Probanden stieg mit zunehmender Angst die Wahrscheinlichkeit, dass mehr Unterhaltung erlebt wurde (pr = .17, p = < .05). Ohne auf das Geschlecht zu kontrollieren, war der Einfluss nicht signifikant (r = .09, p = ns). 6.5.3. Empathie Der negative Zusammenhang zwischen Empathie und der Vorliebe nach Horror, welcher in der Forschung zu Horrorfilmen beschrieben wird (Hoffner, 1995; Hoffner & Levine, 2005; Tamborini et al., 1990) konnte auch in dieser Studie beobachtet werden. Eine einseitige Korrelation nach Pearson zwischen Empathie und deren vier Dimensionen in Zusammenhang mit der Vorliebe für Horror-Spiele zeigte ebenfalls signifikante Werte. Ähnlich wie die Resultate der Meta-Analyse von Hoffner und Levine (2005) korrelierten die Dimensionen empathic concern als Fähigkeit Mitleid oder Sorge um Personen im Not zu empfinden (r = - .17, p < .05) und personal distress, zur Erfassung der persönlichen Betroffenheit, wenn andere Menschen in emotional belastende Situationen oder Nöte geraten (r = - .26, p < .01), negativ mit der Vorliebe nach Horror-Spielen. Empathie als Persönlichkeitsmerkmal stand ebenfalls in einem tendenziell signifikant negativen Zusammenhang zu der Vorliebe für Horror-Spiele (r = - .12, p. = .09). 85 Ein negativer Zusammenhang zwischen Empathie und der Unterhaltung durch Horror, wie Tamborini et al. (1990) erwähnen, konnte zwar beobachtet werden, Empathie stand in negativer Beziehung zum Unterhaltungsindex (r = - .05, p = ns), sie war jedoch nicht signifikant. Der positive Affekt korrelierte allerdings auf signifikantem Niveau negativ mit Empathie. Je höher die Empathiewerte, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass die Teilnehmer das Spielerlebnis positiv bewerteten (r = -.22, p < .01). Das Persönlichkeitsmerkmal stand ebenfalls in signifikanter Beziehung zu den erlebten Emotionen im Spiel. So korrelierte Empathie hochsignifikant mit dem Empfinden von Angst (r = .31, p < .001) und Ekel (r = .20, p < .05) und die Dimension personal distress stand in positiver linearer Beziehung zu den erfassten negativen Emotionen Angst (r = .32, p < .001), Ekel (r = .33, p < .001), Wut (r = .24, p < .01), Scham (r = .31, p < .001) und Verachtung (r = .19, p < .05). 6.5.4. Kontrollverlust Durch das Ausbleiben von signifikanten Effekten bei den Untersuchungen der Hypothesen in Bezug auf Kontrollverlust, wurde explorativ getestet, auf welche erfassten Variablen Kontrollverlust signifikant einen Einfluss ausübt. Mittels einer einseitigen Korrelation nach Pearson mit den tatsächlichen Momenten von Kontrollverlust, erfasst anhand der Videoanalyse, sowie dem wahrgenommenen Kontrollverlust und den im Fragebogen erfassten Variablen wurden signifikante lineare Zusammenhänge gesucht. Es konnte beobachtet werden, dass die tatsächlich vorkommenden Momente von Kontrollverlust auf einen tendenziell signifikanten Niveau positiv mit der Emotion Scham (r = .12, p = .09) korrelierten und signifikant mit der Aussage „verschämt“ (r = .15, p < .05). Mit der steigenden Anzahl von Momenten von Kontrollverlusts nahm dagegen die Wahrscheinlichkeit tendenziell ab, dass sich die Probanden auf das Spiel konzentrierten (r = - .14, p = .06), gleichzeitiger waren sie sich ihrer Umgebung bewusster („Ich habe alles um mich herum vergessen.“: r = - .17, p < .05) und das Spiel konnte ihre Aufmerksamkeit schlechter fesseln („Das Spiel konnte meine Aufmerksamkeit nicht fesseln.“: r = .18, p < .05). Dieser Effekt der Abwendung vom Spiel konnte in Zusammenhang mit dem wahrgenommenen Kontrollverlust stärker beobachtet werden. Mit steigendem wahrgenommenen Kontrollverlust wurde das Spiel mit höherer Wahrscheinlichkeit von den Probanden als ermüdender („Ich fand es ermüdend.“: r = .18, p < .05) und 86 langweiliger beschrieben („Ich habe mich gelangweilt“: r = .15, p < .05). Gleichzeitig sank mit dem wahrgenommen Kontrollverlust die Konzentration („Ich habe mich auf das Spiel konzentriert“: r = - .20, p < .05) und das Gefühl seine Umwelt zu vergessen („Ich habe alles um mich herum vergessen“: r = - .23, p < .01). Die Probanden gaben an, während dem Spielen vermehrt abgelenkt zu sein („Ich habe an andere Dinge gedacht.“: r = .21, p < .01) und fühlten sich vermehrt verschämt (r = .19, p < .05). Sie gaben tendenziell mehr an, dass das Spiel ihre Aufmerksamkeit nicht fesseln konnte (r = .12, p = .09) und sie Scham empfunden haben (r = .11, p = .09). Die beiden Dimensionen von Identifikation kognitive Empathie und Selbstvergessenheit korrelierten signifikant negativ mit dem wahrgenommenen Kontrollverlust und das Spiel wurde allgemein negativer bewertet (negativer Affekt: r = .22, p < .01). 7. Diskussion 7.1. Diskussion der Resultate Ziel dieser Arbeit war es erstmals das Spielerlebnis von Horror-Spielen zu untersuchen. Im Fokus lagen das emotionale Erlebnis der Angst und die Erforschung von Faktoren, welche verantwortlich sind für ein unheimliches Spielerlebnis. Aus der Literatur wurden die Faktoren des Kontrollverlusts und der Charaktergeräusche als verstärkende Einflüsse des Horrors entnommen und für die Untersuchung gewählt. Kontrollverlust über den Spielcharakter sollte für Momente des Schreckens sorgen und sich somit verstärkend auf die Angst auswirken. Die Annahme bei Charaktergeräuschen war, dass Geräusche des Herzklopfens und das panische Schnaufen der Spielfigur als Vorwarnsysteme, den Spieler verunsichern und die Angst in Bezug auf anstehende furchterregende Momente verstärkt. Die Hypothese 1 und Hypothese 2, welche den direkten verstärkenden Einfluss der Faktoren der Charaktergeräusche und des Kontrollverlust auf die Angst prognostizierten, konnten nicht oder nur teilweise bestätigt werden. Die experimentelle Spielversion mit Charaktergeräuschen und Kontrollverlust, welche theoretisch am meisten Angst erwecken sollte, wurde von den Probanden als am wenigsten unheimlich empfunden. Der Vergleich der Mittelwerte zeigte, dass die meiste Angst in der experimentellen Spielversion mit Kontrollverlust und ohne Charaktergeräusche erlebt wurde. Was Kontrollverlust betrifft, so wirkte er sich in Abhängigkeit mit Charaktergeräuschen auf die Angst aus. Während in der Spielversion ohne Charaktergeräusche sich 87 Kontrollverlust verstärkend auf die Angst auswirkte, war die experimentelle Spielsituation mit Charaktergeräuschen ohne Kontrollverlust erschreckender als die mit Kontrollverlust. Die Unterschiede der Mittelwerte waren jedoch gering und nicht signifikant. Charaktergeräusche dagegen wirkten sich unabhängig vom Kontrollverlust auf die Angst aus und die Spielversion ohne Charaktergeräusche wurde tendenziell als unheimlicher empfunden. Allerdings waren die Mittelwertunterschiede auch hier gering und erreichten kein signifikantes Niveau. Die direkten Effekte von Charaktergeräuschen und Kontrollverlust wurden zusätzlich mit den von den Versuchsteilnehmern wahrgenommenem Kontrollverlust und Charaktergeräuschen untersucht. Bereits Nisbett und Wilson (1977) berichteten in einem umfassenden Artikel über die Problematik der Selbsteinschätzung oder Selbstbeobachtung in Darlegungen über mentale Prozesse. Unter anderem erklärten die Autoren, dass „ people may have little ability to report accurately on their cognitive processes“ (Nisbett & Wilson, 1977, S. 246) und erklärten, dass eine Vielzahl von Prozessen, insbesondere in Bezug auf Einstellungen, Entscheidungen und Emotionen unbewusst verlaufen. Introspektive Berichte und Selbstauskunftsverfahren wie Fragebögen sind bloss ein Weg um zu erfassen was die Leute glauben zu denken oder glauben wahrzunehmen, keinesfalls aber was sie wirklich denken oder wahrnehmen. So kommt es oft zu einer Nichtübereinstimmung der Daten in Bezug auf Selbstauskunftsverfahren und der tatsächlichen experimentellen Manipulation (Nisbett & Wilson, 1977, S. 235). Dieser Effekt war auch in dieser Studie zu beobachten. Während die tatsächlichen Charaktergeräusche und der tatsächlich vorkommende Kontrollverlust in der experimentellen Manipulation keinen signifikanten Einfluss auf die Angst ausübten, zeigten die Resultate der Analysen mit den Charaktergeräuschen und dem Kontrollverlust, welche die Teilnehmer wahrnahmen (oder glaubten wahrzunehmen) signifikante Werte. Der wahrgenommene Kontrollverlust korrelierte signifikant mit der erlebten Angst, jedoch war der lineare Zusammenhang negativ, anstatt wie prognostiziert positiv. Mit zunehmendem wahrgenommenem Kontrollverlust sank die erlebte Angst. Der wahrgenommene wahrgenommenen Kontrollverlust korrelierte Charaktergeräuschen und ebenfalls wurde negativ mit mit den abnehmenden wahrgenommenen Charaktergeräuschen stärker eingeschätzt. Die Korrelation zwischen 88 den wahrgenommenen Charaktergeräuschen und der erlebten Angst war leicht positiv. Je mehr Charaktergeräusche die Teilnehmer wahrnahmen, desto mehr Angst gaben sie an erlebt zu haben. In Hinblick auf den Faktor Kontrollverlust zeigten weder die tatsächlich erlebten Momente von Kontrollverlust in der experimentellen Manipulation, noch der wahrgenommene Kontrollverlust den vermuteten verstärkenden Effekt auf die Angst. Im Gegenteil, mit zunehmendem wahrgenommenem Kontrollverlust sank die Wahrscheinlichkeit, dass die Teilnehmer mehr Angst erlebten. Ausgehend von der Aussage von Krzywinska (2002b), dass das Erleben von Horror stark vom Gefühl der Hilflosigkeit und von Momenten des Kontrollverlusts über die Spielfigur abhängt, zum Beispiel während einer Zwischensequenz, wurde davon ausgegangen, dass Kontrollverlust als der Verlust der Kontrolle über den Charakter sich verstärkend auf das Erleben der Angst auswirken sollte. Dennoch deuten die Daten auf keinen direkten verstärkenden Einfluss. Von einer misslungenen Manipulation kann nicht ausgegangen werden, da die experimentellen Gruppen von den Versuchsteilnehmern hinsichtlich der Charaktergeräusche und des Kontrollverlusts hochsignifikant unterschiedlich wahrgenommen wurden. Als möglichen Grund für die Abweichung zur Theorie, kann eine falsche Interpretation von Kontrollverlust in Bezug auf Horror-Spielen betrachtet werden. Mit Kontrollverlust verstand Krzywinska (2002a) die Zwischensequenzen, welche sie als „intrusions of predetermined narrative upon gameplay“ beschrieb (Krzywinska, 2002a, S. 210). Die Zwischensequenzen als klares filmisches Mittel, mit Nahaufnahmen, dramatischen Kamerabewegungen, Schnitt sowie realistischer, scharfer Darstellung der Spielcharaktere stehen im starken Kontrast zur eigentlichen Spielsituation und vermitteln nicht bloss ein Gefühl von Kontrollverlust im Sinne, dass der Charakter nicht mehr zu steuern ist, sondern sie stellen vielmehr den Verlust über die Kontrolle der Handlung dar, in der der Spieler die Ereignisse in der Videosequenz, ähnlich wie im Film als machtloser Zuschauer bloss beobachtet und nicht eingreifen kann (Krzywinska, 2002a, S. 210). Kontrollverlust als blosser Verlust über die Kontrolle der Steuerung des Charakters kann nicht das gleiche Gefühl der Machtlosigkeit in Bezug auf die Handlung wiedergeben. Ferner wurden die Gefühle der Hilflosigkeit und der Spannung, welche nach Krzywinska (2002a) wichtig sind beim Erleben des Horrors, in dieser Studie nicht miterfasst. Insbesondere im Falle von Hilflosigkeit wäre möglicherweise ein Einfluss 89 von Kontrollverlust gegeben, welcher zum unheimlichen Spielerlebnis beisteuert und zur Erklärung von Kontrollverlust als verstärkender Faktor von Angst beitragen würde. Für die erzielten Ergebnisse in dieser Studie, konnte jedenfalls kein statistisch signifikanter verstärkender Einfluss von Kontrollverlust als Verlust über die Steuerung des Charakters auf die Angst beobachtet werden. Im Falle von wahrgenommenem Kontrollverlust ist insbesondere der signifikante Effekt, dass mit wahrgenommenen Kontrollverlust die Angst sinkt, interessant und wird später in diesem Kapitel genauer betrachtet. Hinsichtlich der Charaktergeräusche zeigte sich, dass die tatsächlich erlebten Charaktergeräusche und die von den Probanden wahrgenommenen Charaktergeräusche unterschiedlich auf die Angst wirken. Je mehr Charaktergeräusche wahrgenommen wurden, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass die Probanden mehr Angst erlebten, was die Hypothese 2 stützte. Diejenigen Charaktergeräusche als Vorwarnsystem, wie das Herzklopfen oder die panische Atmung der Spielfigur, die wahrgenommen wurden, verstärkten wohl die Angst in Bezug auf anstehende furchterregende Momente. Dieser Zusammenhang wurde jedoch weiter von der Identifikation mit dem Charakter beeinflusst, worauf später im Abschnitt eingegangen wird. Bei den tatsächlich erlebten Charaktergeräuschen in der Analyse der experimentellen Gruppen war der Effekt, obwohl nicht signifikant, gegenläufig und die Angst wurde in der Spielsituation ohne Charaktergeräusche stärker erlebt. Dieser gegenläufige Effekt wird ebenfalls nachfolgend eingehend diskutiert. Ferner wurde in dieser Arbeit die Identifikation mit dem Charakter als möglicher Faktor betrachtet, welcher das Spielerlebnis in Horror-Spielen beeinflusst. Die Identifikation mit dem Charakter, verstanden als mehrdimensionales Konstrukt, sollte sich beim Spielen verstärkend auf die Emotionen auswirken, insbesondere auf die Angst. Mit der Hypothese 3 wurde die Identifikation mit dem Charakter als sechsdimensionales Konstrukt und als positiver Prädiktor von Angst getestet und mehrheitlich bestätigt. Ein Fünf-Faktoren-Modell wurde durch die Daten gestützt. Die anfänglichen prognostizierten Dimensionen des kognitiven Verständnisses, welche das Ausmass wiedergibt, inwiefern die Perspektive und die Gedanken des Spielcharakters eingenommen wurden, sowie die Dimension der Empathie mit dem Charakter, welche erfasst inwieweit man die Gefühle des Charakters mitempfand, wurden als ein Faktor erkannt. Die weiteren vier Faktoren wurden wie angenommen unterschieden: Verinnerlichte Ziele des Charakters, wahrgenommene Ähnlichkeit zum Charakter, 90 verkörperte Präsenz als Gefühl in der Spielwelt anwesend zu sein und Selbstvergessenheit als Mass im Spiel vertieft zu sein und alles um sich zu vergessen. Das Modell gestattet es, die Identifikation mit den Spielcharakteren als Prozess der Verschmelzung der Eigenwahrnehmung mit der Wahrnehmung des Mediencharakters zu erfassen, welche unbewusst und flüchtig stattfindet und über die Zeit instabil sowie abhängig ist von der Motivation des Spielers sich auf die Handlung einzulassen. Zusätzlich ermöglicht die Differenzierung der fünf Faktoren auch spezifischen Fragestellungen nachzugehen. Zu ergänzen ist, dass die fünf Dimensionen in dieser Untersuchung in Bezug des Genres der Horror-Spiele erlesen wurden. Je nach Spiel oder Genre sollten weitere Dimensionen in Betracht gezogen werden oder die bestehenden Dimensionen angepasst werden. Das hier beschriebene Konstrukt ist hauptsächlich in Spielen anwendbar, in dem der Spieler einen festgelegten Charakter steuert, oder eine bestimmte Rolle einnimmt (geschlossener Avatar). Auf Strategie- oder Simulationsspiele, in welchen der Spieler vermehrt Einheiten oder Entitäten im Spiel steuert und leitet und keine spezifische Rolle einnimmt, ist das Konstrukt nur bedingt anwendbar. Für Spiele mit Online-Funktion, in dem der Spieler zusammen mit oder gegen andere Spieler spielt, sollten zusätzlich die Dimensionen, welche die Gruppenzugehörigkeit sowie die Identifikation mit dem Spiel selbst messen, einbezogen werden und für Spiele, in welchen der Spieler die Möglichkeit hat den eigenen Charakter zu erstellen (offener Avatar), sollte die Dimension der Wunsch-Identifikation berücksichtigt werden (van Looy et al., 2012, S. 215–216). Ferner basierte die konfirmatorische Faktorenanalyse auf einer vergleichsweise geringen Stichprobe (N = 130). Resultate, welche auf einer kleinen Fallzahl basieren, sollten stets mit Vorsicht interpretiert werden, denn sie führen oft schnell zu guten Fitindizes-Werten (Schermelleh-Engel et al., 2003, S. 49–50). Diese Tatsache und das teils explorative Vorgehen bei der konfirmatorischen Faktorenanalyse, machen es unabdingbar die Skala an einer neuen Stichprobe auf ihre Validität zu überprüfen (Matthes & Kohring, 2003, S. 20). In Zusammenhang mit neuen Untersuchungen sollte ebenfalls die Formulierung und Validität einzelner Items kontrolliert werden. Insbesondere die Items zu den verinnerlichten Zielen und der Selbstvergessenheit zeigten tiefe Reliabilitätswerte und sollten überarbeitet werden. Für die Erfassung von Identifikation mit Videospielcharakteren als mehrdimensionales Konstrukt spricht auf jeden Fall die Tatsache, dass unterschiedliche Identifikationskonstrukte in 91 Zusammenhang mit verschiedenen Fragestellungen getestet wurden und eine gute Reliabilität und Validität vorwiesen (van Looy et al., 2012; Li, Liau & Khoo, 2013). Trotz diesen methodischen Eingrenzungen, konnte anhand des untersuchten Konstrukts festgestellt werden, dass die Identifikation mit dem Spielcharakter das Spielerlebnis in der Tat erheblich beeinflusst. Die Korrelation zwischen Identifikation mit dem Charakter und der erlebten Angst war hochsignifikant. Die Identifikation erwies sich als ein signifikanter Prädiktor von Angst und mit steigender Identifikation stieg auch die erlebte Angst bei den Versuchsteilnehmern. Weitere Emotionen, welche positiv mit Identifikation korrelierten waren Ekel, Überraschung und Scham, zusätzlich konnte ähnlich wie in der Studie von Hefner et al. (2007) eine signifikante positive Korrelation zwischen Identifikation mit dem Charakter und der Unterhaltung festgestellt werden. Spieler, welche sich mit dem Charakter identifizierten waren geneigter die negative Emotion der Angst als unterhaltsam zu bewerten, denn die Identifikation mit dem Charakter mediierte den Zusammenhang zwischen der Angst und der Unterhaltung positiv. Dass Videospiele ein intensiveres Erleben der Gefühle ermöglichen, wenn sich die Spieler auf das Medium einlassen und sich mit dem gegebenen Charakter identifizieren, scheint folglich möglich. Indem sich Personen mit Mediencharakteren in Videospielen identifizieren und über die Vorstellungskraft das Gefühl bekommen, sie selbst seien in der mediengegebenen Umgebung, erleben sie die Angst in unheimlichen Situationen intensiver, weil sie das Gefühl bekommen, sie selbst seien in Gefahr. Dieser einnehmende Charakter von Videospielen wurde deshalb auch bereits in der AngstTherapie eingesetzt. So nennt Frank Furtwängler (2006) als Beispiel das Spiel Half Life (Valve Corporation, 1998), welches in einer leicht modifizierten Version als TherapieMethode für an Arachnophobie leidenden Menschen verwendet wurde (Furtwängler, 2006, S.163). Die Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt wurde ferner als Mediator-Variable betrachtet, welche die Beziehung zwischen Charaktergeräuschen, Kontrollverlust und der erlebten Angst vermittelt. In Bezug auf Kontrollverlust (Hypothesen 4 - 5.2) wurde vermutet, dass der Verlust der Kontrolle über den Charakter verfremdet und die Illusion von gleichzeitiger Bewegung brechen sollte. Dies würde sich negativ auf die Identifikation als Gefühl in der Medienwelt präsent zu sein auswirken, welche sich als verkörperte Präsenz oder Selbstvergessenheit manifestiert. Der vermutete entgegenwirkende Effekt war 92 ansatzweise zu beobachten, jedoch nicht signifikant. Sowohl der tatsächliche Kontrollverlust, als experimentelle Manipulation, als auch der wahrgenommene Kontrollverlust wirkten sich negativ auf die fünf Dimensionen der Identifikation aus, während diese dem Einfluss positiv entgegenwirkten. Keine der Effekte erreichte jedoch signifikante Niveaus. Auch war kein signifikanter indirekter Effekt zu beobachten, was gegen eine Mediation des Zusammenhangs von Kontrollverlust und Angst durch Identifikation spricht. Die Interpretation von Kontrollverlust, als blosser Verlust über die Kontrolle der Steuerung des Charakters, anstatt als Gefühl der Machtlosigkeit in Bezug auf die Handlung wurde bereits angesprochen und als mögliche Erklärung für das Ausbleiben des prognostizierten verstärkenden Effekts von Kontrollverlust auf die Angst betrachtet, erklärt jedoch nicht warum mit steigendem wahrgenommenen Kontrollverlust die Teilnehmer angaben weniger Angst zu erleben. Als Grund dafür, kann die Tatsache betrachtet werden, dass der Verlust der Kontrolle über den Spielcharakter von den Probanden hauptsächlich als ablenkend empfunden wurde. Insbesondere in Bezug auf den wahrgenommenen Kontrollverlust gaben die Probanden vermehrt an das Spiel als ermüdend und langweilig zu empfinden, sie konzentrierten sich weniger auf das Spiel, dachten an andere Dinge und waren sich ihrer Umgebung bewusster. Es scheint somit möglich, dass die Manipulation des Kontrollverlust in dieser Studie sich nicht bloss, wie vermutet, negativ auf den Identifikationsprozess auswirkte, sondern sie übte allgemein einen ablenkenden Einfluss auf das gesamte Spielerlebnis aus. Die Momente des Kontrollverlusts wurden als Unterbrüche im Spielfluss betrachtet, welche wohl wie vermutet verfremdeten und ähnlich wie beim Tod des Charakters dem Spieler wieder seiner Selbst und der Umgebung bewusst machten. Zusätzlich kann vermutet werden, dass die fehlende Erfahrung der meisten Teilnehmer mit Computerspielen dazu geführt hat, dass sie den Kontrollverlust über den Charakter auf die eigene ungenügende Handhabung zurückgeführt haben. Sie assoziierten die eigene ungenügende Leistung mit der Situation im Spiel, welche wiederum die Selbst-Wahrnehmung negativ beeinflusste und das Spielerlebnis störte. Diese Vermutung wird insbesondere durch die Tatsache gestützt, dass mit steigendem wahrgenommenem Kontrollverlust die Teilnehmer angaben mehr Scham empfunden zu haben. In Bezug auf die Angst haben die vermehrt unbewussten Ablenkungen und Abwendungen vom Spiel, bedingt durch die Momente des Kontrollverlustes, dazu 93 geführt, dass die Probanden das Spiel als weniger unheimlich empfanden. Mit steigendem wahrgenommenen Kontrollverlust war die Ablenkung auf die Umgebung und die Abwendung der Konzentration vom Spiel auf Gedanken der eigenen Leistung oder des Schamgefühls stärker, was dazu führte dass die Teilnehmer weniger von der unheimlichen Stimmung und Atmosphäre eingenommen wurden und deshalb nachträglich angaben weniger Angst erlebt zu haben. Hinsichtlich der Beziehung zwischen den Charaktergeräuschen und der Angst übte die Identifikation mit dem Charakter vermehrt eine vermittelnde Rolle (Hypothesen 7 – 7.4). Was die Beziehung zwischen den Geräuschen und der Identifikation mit dem Charakter betrifft (Hypothese 6), so waren die Unterschiede zwischen dem Einfluss der wahrgenommenen Geräusche, welche in Selbstauskunftsverfahren erfasst wurden, und der tatsächlichen experimentellen Manipulation der Charaktergeräusche erneut zu beobachten. Die Resultate der Mediator-Analyse zeigten, dass die wahrgenommenen Charaktergeräusche über die Dimension der kognitiven Empathie einen signifikanten indirekten positiven Einfluss auf das Erleben der Angst ausübten. Dieser Effekt war auch der stärkste. Mit zunehmend wahrgenommenen Charaktergeräuschen, war die kognitive Empathie, als Fähigkeit die Perspektive und die Gefühle des Charakters einzunehmen, ebenfalls höher und die Probanden gaben an mehr Angst zu erleben. Der mediierende Effekt aller Dimensionen von Identifikation zwischen den wahrgenommenen Charaktergeräuschen und der Angst war jedoch nur signifikant, wenn auf das Kompetenzgefühl kontrolliert wurde, andererseits erreichte nur der indirekte Effekt der wahrgenommenen Charaktergeräusche über die kognitive Empathie zur erlebten Angst ein signifikantes Niveau. Im Falle der tatsächlichen Charaktergeräusche, als experimentelle Manipulation, bestand ebenfalls ein signifikanter indirekter Effekt über Identifikation, mit dem stärksten Effekt über die Dimension der kognitiven Empathie, dieser war jedoch nicht wie bei den wahrgenommenen Charaktergeräuschen positiv, sondern negativ. Mit zunehmenden Soundeffekten des Charakters gaben die Teilnehmer an, sich weniger in den Charakter einzufühlen, sie nahmen weniger Ähnlichkeit wahr, fühlten sich im Spiel weniger präsent und verspürten auch weniger Selbstvergessenheit. Die Pfade zwischen den Dimensionen der Identifikation und der erlebten Angst waren wiederum positiv. Mit steigender Identifikation gaben die Probanden an auch mehr Angst erlebt zu haben. Wurde auf Kompetenz kontrolliert, wurde die Dimension von wahrgenommener 94 Ähnlichkeit ein signifikanter Prädiktor von Angst und kognitive Empathie als Prädiktor von Angst erreichte höhere statistische Signifikanz. Mit zunehmend wahrgenommenen Charaktergeräuschen, gaben die Probanden an mehr Identifikation mit dem Charakter erlebt zu haben, (positive Pfade zwischen den wahrgenommenen Charaktergeräuschen und den Dimensionen von Identifikation), mit zunehmenden tatsächlich vorkommenden Soundeffekten, sank jedoch die Identifikation mit dem Charakter (negative Pfade zwischen den tatsächlichen Charaktergeräuschen und den Dimensionen von Identifikation). Dieser unterschiedliche Effekt lässt vermuten, dass die Soundeffekte des Charakters sowohl auf einer bewussten Ebene (als wahrgenommene Geräusche), als auch unbewusst den Prozess der Identifikation beeinflussen. Die Soundeffekte des Charakters, wie das Atmen oder das Herzklopfen, welche die Teilnehmer bewusst wahrnehmen, erleichtern vermutlich eine empathische sowie kognitive Verbindung, denn der Spieler nimmt durch die Geräusche den körperlichen und psychischen Zustand des Charakters wahr. Auf diese Weise wird die Identifikation mit dem Charakter am stärksten über die Dimension der kognitiven Empathie, als Fähigkeit die Perspektive einzunehmen und die Emotionen des Charakters nachzuempfinden, verstärkt. Die wahrgenommenen Soundeffekte des Charakters übten zwar, wie angenommen auch einen positiven Effekt auf die wahrgenommene Ähnlichkeit aus, dieser Effekt fiel jedoch nicht signifikant aus. Wahrgenommene Ähnlichkeit über die Geräusche alleine ist somit nicht gegeben und die Teilnehmer nahmen keine Ähnlichkeit wahr. Die Resultate der Mediationsanalyse deuten ebenfalls darauf, dass die wahrgenommenen Charaktergeräusche sich überwiegend über die Identifikation mit dem Charakter verstärkend auf die Angst auswirken. Der Effekt der Soundeffekte alleine, wenn auf die Identifikation kontrolliert, war statistisch nicht mehr signifikant. Was die tatsächlichen Charaktergeräusche betrifft, die effektiv während der Spielepisoden zu hören waren, kann vermutet werden, dass sie auf einer unbewussten Ebene den Identifikationsprozess negativ beeinflussen, indem sie dem Spieler gegenwärtig machen, dass er bloss einen Charakter im Spiel steuert und nicht selbst im Spiel präsent ist. Ähnlich wie Fritz (1997) beschreibt, werden in Spielen mit der DrittPerson-Perspektive, die Charaktere wie „einen Handschuh“ genommen und vergleichbar wie Marionetten gesteuert. In Spielen mit der Ich-Person-Perspektive, ohne eine sichtbare Identifikationsfigur, wie im Falle dieses Spiels, bewegt sich der Spieler 95 wie in einer „neuen Haut“ und das Spiel wird durch die Vorstellungskraft zu einer taktilen Körpererweiterung. Nimmt der Spieler dagegen fremde Geräusche der Atmung, des Keuchens oder des Herzklopfens wahr, welche nicht seine eigenen sind, wird diese Illusion der Körpererweiterung gestört. Der Spieler nimmt eine fremde Entität wahr und wird sich stärker bewusst, dass er bloss eine Spielfigur steuert. Ohne diese „störenden“ Geräusche können die Spieler die Illusion der taktilen Körpererweiterung intensiver erleben und nehmen somit wohl eine stärkere Identifikation im Sinne der Dimensionen von verkörperter Präsenz und Selbstvergessenheit wahr. Diese Annahme wird durch die Tatsache bestärkt, dass in den Spielsituationen ohne Soundeffekte der Kontrollverlust von den Teilnehmern stärker wahrgenommen wurde, obwohl die gleiche Manipulation vorlag. Durch das stärkere Gefühl in den Charakter hineinversetzt worden zu sein, wurde der plötzliche Kontrollverlust intensiver empfunden. Selbst die kognitive Empathie und die wahrgenommene Ähnlichkeit werden ohne Charaktergeräusche stärker wahrgenommen. Über die Vorstellungskraft kommt es zur zeitlichen Verschmelzung der Eigenwahrnehmung mit der Wahrnehmung des Spielcharakters und die eigenen Gedanken und Emotionen werden wohl mit dem Spielcharakter assoziiert. Sind dagegen Charaktergeräusche zu hören, müssen diese bewusst verarbeitet werden und mit den eigenen Gefühlen und Gedanken konfrontiert werden, was den Prozess der Identifikation zwar nicht hindert, jedoch mehr kognitive Prozesse auf Seiten des Spielers erfordert. Auf diese Weise übten die tatsächlich vorkommenden Soundeffekte des Charakters über die Identifikation mit dem Charakter einen negativen Einfluss auf die Angst aus und hatten keinen direkten negativen signifikanten Einfluss. In Bezug auf die Studie von Grimshaw et al. (2008), in der Spielsituationen mit diegetischem Sound (Charaktergeräusche und Schrittgeräusche des Spielcharakters) hinsichtlich der Immersion, als Gefühl die Spielwelt erforschen zu können und Flow, als Gefühl in der Spielwelt absorbiert zu sein, höher bewertet wurden und welche mich die Hypothese 7.4 über den positiven Effekt von Charaktergeräuschen auf die verkörperte Präsenz ableiten liess, konnten die Resultate dieser Studie den positiven Effekt nicht aufzeigen. Grimshaw et al. (2008) untersuchten mit diegetischen Sound jedoch nicht bloss die Charaktergeräusche, sondern jegliches Geräusch, das der Charakter macht, inbegriffen die Schrittgeräusche und Bewegungsgeräusche. In dieser Studie wurden dagegen nur die Charaktergeräusche untersucht. Die Schrittgeräusche und Bewegungsgeräusche, welche als Feedback über die Steuerung des Charakters in 96 der Spielwelt fungieren waren nicht Teil der Manipulation und in jeder Spielsituation vorhanden. Es ist weiterhin anzunehmen, dass diese Geräusche einen verstärkenden Effekt auf das Gefühl in der Spielwelt präsent zu sein und handeln zu können ausüben und somit die Immersion oder den Flow erhöhen. Was Charaktergeräusche betrifft, so ist interessant zu erwähnen, dass noch in den späten 70er Jahren, in den Anfängen der Videospiele alle Spielcharaktere stumm waren. Die stillen Hauptcharaktere der ersten textbasierten Rollenspiele wie Colossal Cave Adventure (Crowther & Woods, 1976) entsprangen direkt der Tradition der PapierRollenspiele und auch bekannte Charaktere wie Mario und Link gaben am Anfang ihrer „Karriere“ kein Laut von sich (Dickinson, 2012). Mit dem Fortschritt der Technik kam jedoch gleichzeitig der Trend auf, den Spielcharakteren eine Stimme zu geben und spätestens mit dem Aufkommen des CD-Laufwerks gegen Ende der 80er Jahre waren Einschränkungen in Bezug auf die Datenmenge der Spiele nicht mehr gegeben und Spielentwickler begangen die Handlung ihrer Spiele mit Videosequenzen zu bereichern und ihren Charakteren mittels Sprachaufnahmen eine Stimme zu geben. Heute sind Charaktere mit gesprochener Sprachausgabe Standard und bloss in bestimmten Spielen oder Spielreihen (unter anderem auch in Horror-Spielen) wählen die Entwickler bewusst die Option vom „stimmlosen“ Hauptcharakter. Sogenannte Silent Protagonists geben über das gesamte Spiel kein Wort von sich, obwohl andere Charaktere im Spiel munter vor sich hin sprechen und auch mit dem Protagonisten interagieren. Die Spielentwickler wählen bewusst einen stummen Protagonisten um mehr Raum für die Projektion der eigenen Persönlichkeit in den Charakter zu ermöglichen und eine tiefere Immersion zu bewirken. Indem der Hauptcharakter stumm bleibt und nie mittels einer Stimme seine Meinung zum Ausdruck bringt, wird dem Spieler mehr Spielraum zur eigenen Interpretation des Charakters gegeben (Agnello, 2013; Bossche, 2008; Dickinson, 2012). Mit der Ausnahme von einzelnen Spielen der Entwickler Valve Corporation, wie Portal (Valve Corporation, 2007) oder Half Life (Valve Corporation, 1998), in der die Hauptcharaktere tatsächlich überhaupt keine Laute von sich geben und nur deren Bewegungs- und Laufgeräusche zu hören sind, sind in den meisten Spielen mit einem stummen Hauptcharakter weiterhin Charaktergeräusche zu hören, wie das Atmen, Seufzen oder einzelne Ausrufe. Viele Spieler und Spieljournalisten hinterfragen das Konzept der lautlosen Protagonisten in Bezug auf die Immersion und Identifikation mit dem Charakter (Bossche, 2008; Dickinson, 2012) und argumentieren unter anderem, dass lautlose Charaktere vermehrt das Gefühl geben willenlose, machtlose Puppen zu 97 steuern, mit denen der Spieler sich nicht unbedingt identifizieren möchte (Bossche, 2008). In dieser Studie war am Anfang jeder Spielepisode in der kurzen Zwischensequenz die Stimme des Hauptcharakters zu hören, erst im Spiel selber wurden die Charaktergeräusche in der experimentellen Manipulation entfernt. Ob das Konzept des lautlosen Protagonisten sich tatsächlich positiv auf die Immersion auswirkt, oder es nicht effektiver wäre, zwar dem Charakter eine Stimme zu geben, jedoch auf die Charaktergeräusche zu verzichten, wäre ferner für eine Untersuchung interessant. Womöglich erlauben die stummen Protagonisten der Spielentwickler Valve, welche überhaupt keine Charaktergeräusche von sich geben die stärkste Identifikation mit dem Charakter. Zurück zu den Resultaten dieser Studie und insbesondere die Unterschiede betreffend den tatsächlichen und wahrgenommenen Soundeffekten des Charakters, so sprechen diese für einen selektiven und unbewussten Prozess bei der Identifikation mit Charakteren in Videospielen, welcher flüchtig und über die Zeit instabil ist, wie Klimmt et al. (2009) beschreiben. Während über die wahrgenommenen Soundeffekte des Charakters eine Identifikation über die Dimension der kognitiven Empathie stattfand, indem der Spieler die Emotionen des Spielcharakters wahrnahm und mitempfand, scheinen die tatsächlich vorkommenden Charaktergeräusche unbewusst dazu geführt zu haben, die Illusion der Körpererweiterung zu verfälschen und die Identifikation mit dem Charakter zu erschweren. Ferner konnte der positive Zusammenhang zwischen dem Erfolgs- und Kompetenzgefühl und der Identifikation mit dem Charakter, welche Hefner et al. (2007) in ihrer Studie feststellen konnten, auch hier beobachtet werden. Das Gefühl erfolgreich und kompetent zu sein war ein signifikanter Prädiktor der Dimensionen der verinnerlichten Ziele und der Selbstvergessenheit und führte zu einen signifikanten indirekten Effekt über wahrgenommene Ähnlichkeit. Eine gute Leistung, wenn man eine Rolle einnimmt, ist somit entscheidend für den Identifikationsprozess (Hefner et al., 2007, S. 46). Die explorativen Tests, welche sich an die Forschung zu Horrorfilmen (Hoffner, 1995; Hoffner & Levine, 2005; Tamborini & Stiff, 1987; Tamborini et al., 1990) anlehnen, zeigten fernerhin, dass das Erleben der Angst vom Geschlecht und von dem Persönlichkeitsmerkmal der Empathie beeinflusst wird. Die Vorliebe für Horror-Spiele, welche ohnehin nicht so hoch war, war jedoch signifikant höher bei männlichen 98 Probanden als bei weiblichen. Die weiblichen Teilnehmer gaben an mehr negative Emotionen wie Angst und Ekel erlebt zu haben, fühlten sich vom Spiel weniger unterhalten und bewerteten das Spiel auch weniger positiv als die männlichen Teilnehmer in der Untersuchung. Diese gaben dagegen sogar mit zunehmender Angst an, das Spiel als unterhaltsamer erlebt zu haben. Dieser geschlechtsspezifische Unterschied bei der Bewertung von Horror vermuten Zillmann und Gibson (1996) in der ungleichen Sozialisation der Geschlechter, welche bereits aus den frühzeitlichen Zeiten der Jäger- und Sammlergesellschaft zurückreicht. Während Männer als Jäger dafür ausgerichtet wurden furchtlos, aggressiv und selbstsicher zu handeln, wurden Frauen motiviert in Vorbereitung auf die Mutterschaft gehorsam und fürsorglich zu sein (S. 18). Diese Rollenverteilung ist in unserer Gesellschaft nicht mehr aktuell, dennoch wäre sie immer noch präsent und würde sich rudimentär manifestieren. Somit auch beim Betrachten von Horrorfilmen, bei dem die Männer die Filme als Initiationsritus sehen, in welchem sie ihre Angst meistern können und die Rolle des starken Beschützers einnehmen, während Frauen bei Betrachten der Filme vermehrt die Rolle der „Jungfrau in Nöten“ ausleben (Zillmann & Gibson, 1996, S. 15–26). Was das Persönlichkeitsmerkmal der Empathie betrifft, so entsprechen die Resultate dieser Studie mehrheitlich denen der Untersuchungen über Horrorfilme. Personen welche hoch empathisch waren, insbesondere in den Dimensionen empathic concern und personal distress gaben an, Horror-Spiele nicht zu mögen und bewerteten das Spielerlebnis weniger positiv. Tamborini, Stiff und Heidel (1990) argumentierten dabei, dass Personen die hoch empathisch sind Horrorfilme eher negativ erleben, weil sie überwiegend mit negativen Emotionen konfrontiert werden und diese auch mitempfinden. Diese Annahme konnte in dieser Studie beobachtet werden und die Dimension personal distress, zur Erfassung der Betroffenheit, inwieweit man Gefühle der Unruhe und Unwohlsein verspürt, wenn andere Personen in Not sind, korrelierte signifikant positiv mit den erfassten negativen Emotionen Angst, Ekel, Scham und Verachtung. 7.2. Fazit Die Untersuchung des emotionalen Erlebens der Angst und die Erforschung von Faktoren, welche verantwortlich sind für ein unheimliches Spielerlebnis in HorrorSpielen in dieser Studie zeigte insbesondere, dass die kognitive Bewertung von Angst von vielen Einflüssen abhängig ist. So spielen Geschlecht und Persönlichkeitsmerkmale 99 eine wichtige Rolle. Ferner führen ablenkende Effekte, andere aufkommende Emotionen und unbewusste Wahrnehmung zu unterschiedlichen situationsspezifischen Bewertungsprozessen, welche wiederum einen Einfluss auf die kognitive Bewertung der Angst ausüben. In Fall von Videospielen scheint zusätzlich die Identifikation mit dem Charakter als selektiver und unbewusster Prozess, welcher flüchtig und über die Zeit instabil ist, die kognitive Bewertung von Emotionen zu beeinflussen. Identifikation als mehrdimensionales Konstrukt, bestehend aus den Dimensionen der kognitiven Empathie, der verinnerlichten Ziele, der wahrgenommenen Ähnlichkeit, der verkörperten Präsenz und der Selbstvergessenheit beeinflusste sowohl das Spielerlebnis als auch das Erleben der Angst. Sie war ein positiver Prädiktor von Angst und korrelierte positiv mit Unterhaltung. Probanden, welche bereit waren sich mit dem Charakter zu identifizieren, seine Perspektive und Zielsetzungen einzunehmen, Ähnlichkeiten wahrnahmen, das Gefühl hatten in der Spielwelt präsent zu sein und seine Umgebung vergassen, erlebten die Angst intensiver, gleichzeitig empfanden sie die Emotion Angst jedoch nicht unbedingt negativ sondern bewerteten das Spielerlebnis als unterhaltsamer. Kontrollverlust als zeitlicher Verlust über die Steuerungskontrolle des Spielcharakters, welcher der Literatur nach den Horror in Videospielen steigert, wurde von den Teilnehmern vermehrt als ablenkend empfunden und übte keinen sichtbaren verstärkenden Einfluss auf das Erleben der Angst aus. Es zeigte sich dagegen sogar einen vermindernden Effekt und mit steigendem wahrgenommenen Kontrollverlust wurde, wohl bedingt durch die Ablenkung, von den Probanden weniger Angst erlebt. Gleichzeitig konnte beobachtet werden, dass mit steigendem Kontrollverlust die Teilnehmer mehr Scham empfanden, was zur Vermutung führte, dass diese den Kontrollverlust auf die eigene ungenügende Leistung zurückführten. Die Soundeffekte des Charakters hingegen, wie die Atmung, das Herzklopfen und die Schreckgeräusche, welche ebenfalls in der Literatur als Faktoren betrachtet werden, die zum Spielerlebnis des Horrors beitragen scheinen auf einer bewussten und unbewussten Ebene über die Identifikation mit dem Charakter einen Einfluss auf die Angst auszuüben. Die wahrgenommenen Charaktergeräusche, welche im Selbstauskunftsverfahren erfasst wurden, und das Ausmass der Soundeffekte wiedergeben, welche die Teilnehmer wahrgenommen haben, erleichtern eine empathische sowie kognitive Verbindung zum Charakter, denn die Geräusche ermöglichen den körperlichen und psychischen Zustand 100 des Charakters zu erahnen. Auf diese Weise wird die Identifikation mit dem Charakter über die Dimension der kognitiven Empathie, als Fähigkeit die Perspektive einzunehmen und die Emotionen des Charakters nachzuempfinden, verstärkt. Dieser Effekt der Charaktergeräusche wirkt sich überwiegend über die Identifikation mit dem Charakter verstärkend auf die Angst aus. Der direkte Effekt der Soundeffekte alleine, welcher als Vorwarnsystem interpretiert wurde und sich theoretisch auch auf die Angst auswirken sollte, war statistisch nicht mehr signifikant, wenn auf die Identifikation kontrolliert wurde. Was die tatsächlichen Charaktergeräusche betrifft, die effektiv während der Spielepisoden zu hören waren, so hinderten diese auf einer unbewussten Ebene den Identifikationsprozess über die Dimensionen von verkörperter Präsenz und Selbstvergessenheit und wirkten sich somit negativ auf die Angst aus. Der Spieler nimmt über die Charaktergeräusche unbewusst eine fremde Entität wahr und die Illusion der taktilen Körpererweiterung wird gestört. Ohne Charaktergeräusche kann diese Illusion intensiver erlebt werden und erlaubt eine stärkere Identifikation im Sinne des Gefühls selbst in der Spielwelt präsent zu sein und seine Umgebung zu vergessen. Selbst die kognitive Empathie und die wahrgenommene Ähnlichkeit werden ohne Charaktergeräusche stärker wahrgenommen. Über die zeitliche Verschmelzung der Eigenwahrnehmung mit der Wahrnehmung des Spielcharakters werden wohl die eigenen Gedanken und Emotionen auf den Spielcharakter projiziert. Nimmt der Spieler dagegen Charaktergeräusche wahr, müssen diese erstmals kognitiv bewertet werden, was den Prozess der Identifikation zwar nicht hindert, jedoch mehr kognitive Prozesse auf Seiten des Spielers erfordert und als wahrgenommene Charaktergeräusche zur Identifikation mit dem Charakter über die kognitive Empathie führen. Die tatsächlichen Charaktergeräusche übten ferner nur über die Identifikation mit dem Charakter einen negativen Einfluss auf die Angst aus und hatten keinen direkten negativen signifikanten Einfluss. Zur Rolle der Empathie als Persönlichkeitsmerkmal und die unterschiedliche Bewertung von Horror durch Männer und Frauen wurden bereits bekannte Zusammenhänge in Bezug auf Horrorfilme bestätigt. Männer hatten eine stärkere Vorliebe für Horror-Spiele, sie bewerteten das untersuchte Spiel positiver und gaben auch an, mehr Unterhaltung erlebt zu haben als die weiblichen Teilnehmer, welche im Durchschnitt die negativen Emotionen wie Angst und Ekel stärker erlebten. Personen, welche hoch empathisch sind, zum Beispiel über 101 die Dimension empathic concern, als Fähigkeit Mitleid oder Sorge um Personen im Not zu empfinden und insbesondere über die Dimension personal distress, als Mass für das Empfinden von negativen Gefühlen wie Unruhe und Unwohlsein, wenn andere Personen in Not sind, fühlten die negativen Emotionen stärker mit und bewerteten das Spielerlebnis weniger positiv. 8. Ausblick Zuletzt muss betont werden, dass Schlussfolgerungen aus einer einzelnen Studie alleine nicht ausschlaggebend sind und stark abhängig sind vom gewählten Studiendesign, der experimentellen Manipulation sowie weiteren Einschränkungen. Im Falle dieser Studie ist insbesondere die Tatsache zu bemängeln, dass die Emotion der Angst nur über die Methode der Selbstauskunft erfasst wurde. Zukünftige Untersuchungen sollten zusätzlich physiologische Messmethoden zur Erfassung körperlicher und biochemischer Reaktionen des Organismus wie der Herzrate und Herzratenvariabilität, der elektrodermalen Aktivität und Elektromyogramm verwenden. Psychophysiologische Messungen wurden bereits in Zusammenhang mit dem Konzept der Identifikation angewendet und zeigten auf, dass viele Prozesse unbewusst stattfinden und körperlich zu einem stärkeren Arousal führen, was jedoch von den Probanden nicht wahrgenommen wird. So zeigten Resultate aus den physiologischen Daten signifikante Unterschiede, während aus den Daten, gewonnen im Selbstauskunftsverfahren keine signifikante Werte zu entnehmen waren (Lim & Reeves, 2009; Ravaja et al., 2006; Schneider, 2004). Insbesondere durch den unbewussten Effekt, kommt es, wie in dieser Studie zu beobachten war, zur Nichtübereinstimmungen der Daten aus den Selbstauskunftsverfahren und den Resultaten der tatsächlichen experimentellen Manipulation. Ferner wäre es spannend das Konzept der Angst in Horror-Spielen in Bezug auf andere Emotionen zu untersuchen. Unter anderem wäre zu klären ob Anspannung und Frustration, welche einen Einfluss auf die Angst ausübten, auf die unheimliche und eklige Atmosphäre aufbaut oder vermehrt als leistungsbedingte Panik, im Spiel zu sterben und seinen Fortschritt zu verlieren, zurückzuführen ist (Shinkle, 2005, S. 2). Auch zwischen Ekel und Angst war ein positiver Zusammenhang zu beobachten. Angst und Ekel werden beide als Basisemotionen betrachtet. Man vermutet, dass die Emotion Ekel ursprünglich als Reaktion zu verdorbenem, Gesundheit schadendem Essen entstanden ist und als aversiver affektiver Zustand von Abscheu erregenden Stimuli 102 hervorgerufen wird. Während man Ekel empfindet, kommt es zu einer Steigerung der elektrodermalen Aktivität und einer relativen Abnahme der Herzschlagrate, was im Kontrast zur Steigerung der Herzfrequenz steht, welche mit Angst assoziiert wird. Eine Unterscheidung der beiden Gefühle mit physiologischen Messmethoden scheint somit möglich. Ferner wäre es ebenfalls interessant den Einfluss des Persönlichkeitsmerkmals der Ekelempfindlichkeit in Bezug auf Horror-Spiele zu untersuchen um zu sehen inwiefern Angst von Ekel bedingt ist und umgekehrt (Vaitl, Schienle & Stark, 2005). Hinsichtlich des Konzepts der Identifikation mit Videospielcharakteren sollte, wie in der Diskussion bereits erwähnt, das hier vorgeschlagene Modell an neue Stichproben auf Validität überprüft werden. Je nach untersuchtem Spiel oder Genre sollten ferner weitere Dimensionen herausgearbeitet oder die bestehenden Dimensionen angepasst werden. Bezüglich dem vorgeschlagenen Modell, welches auf Spiele anwendbar ist, in welchen der Spieler einen festgelegten Charakter steuert oder eine bestimmte Rolle einnimmt (geschlossener Avatar), wäre es sicherlich interessant herauszufinden, inwiefern sich die Handlung oder die Hintergrundinformationen des Charakters auf die Identifikation auswirken. Ein positiver Effekt von Handlung auf die Identifikation mit dem Charakter konnte bereits festgestellt werden (Schneider, 2004). Anhand eines mehrdimensionalen Modells könnte man zusätzlich ergründen, welche Dimensionen von der Handlung vermehrt beeinflusst werden. Man kann vermuten, dass mit zunehmender Handlung insbesondere die verinnerlichten Ziele und mit zunehmenden Hintergrundinformationen die wahrgenommene Ähnlichkeit beeinflusst werden. Ferner wäre es interessant zu betrachten, inwiefern die Dimensionen beeinflusst werden, wenn der Spieler den eigenen Charakter erstellt (offener Avatar) anstatt einen vorgefertigten Charakter zu spielen, (geschlossener Avatar) denn viele Autoren sind sich einig, dass das Erstellen des eigenen Charakters die intensivste Identifikation erlaubt (Bailey et al., 2009; Misoch, 2010; Shaw, 2011). In dieser Arbeit wurde ausserdem der Fokus auf das Entstehen der Angst in HorrorSpielen gelegt, zur Wirkung der Angst auf das Unterhaltungserleben, im Sinne einer Valenztransformation als Meta-Appraisal und inwiefern Regulationsmechanismen die erlebte Angst und das Unterhaltungserleben beeinflussen wurde nur ansatzweise nachgeprüft. Es konnte beobachtet werden, dass Spieler, welche sich mit dem Charakter identifizierten zwar die Angst intensiver erlebten, gleichzeitig erlebten sie die Emotion jedoch nicht unbedingt als negativ sondern bewerteten das Spielerlebnis unterhaltsamer als Spieler, welche sich weniger mit dem Charakter identifizierten. 103 Regulationsmechanismen, welche bereits in Zusammenhang mit Horrorfilmen untersucht wurden (Hoffner, 1995; Sparks, Pellechia & Irvine, 1999; Sparks & Spirek, 1988) und weitere Faktoren, welche eine Valenztransformation erklären könnten (Sensationssuche: Edwards, 1991; Zuckerman, 1996; Need-for-Affect-Skala: Bartsch et al., 2010), wurden in dieser Studie nicht mit einbezogen. Angesichts der Popularität von Horror-Spielen wäre jedoch besonders die Untersuchung des Unterhaltungserlebens spannend. Aus welchen Gründen empfinden Spieler die Gefühle der Angst, Panik und des Grauens als unterhaltsam und was macht Horror-Spiele so anziehend? Ein möglicher Faktor für eine Valenztransformation der Angst stellen nach Rothmund, Schreier und Groeben (2001) die individuelle Fähigkeit zur Realitäts-FiktionsUnterscheidung sowie weitere Distanzierungsstrategien dar, welche dem Nutzer bewusst machen, dass es sich im Spiel um keinen „ernsthaften“ Angsterleben handelt. In Bezug auf die Identifikation, welche ebenfalls in dieser Studie mit Unterhaltung assoziiert wurde, wird vermutet dass durch die simulierte Selbsterfahrung die SelbstDiskrepanz zwischen der eigenen Selbstwahrnehmung und dem Wunsch-Selbst, dem idealen, angestrebten Selbstbild vermindert (Hefner et al., 2007). Der Wunsch die eigene Realität für eine kurze Zeit zu vergessen oder zu entfliehen wird effektiver erfüllt, wenn man sich intensiver mit der gegebenen Rolle in einem Videospiel identifiziert. Die mentale Anspannung, welche von der Diskrepanz zwischen dem idealen Selbst und dem eigentlichen Selbst verursacht wird, wird durch die Identifikation mit Charakteren in Spielen, welche dem Ideal-Selbst näher liegen vorübergehen gelindert und von positiven Gefühlen begleitet, die zum Unterhaltungserleben beitragen (Klimmt et al., 2009; van Looy et al., 2012). Es kommt während dem Spielen zu unbewussten Veränderungen im Selbst-Konzept, welche die automatischen kognitiven Prozesse beeinflussen und nach dem Spielen Spuren hinterlassen. So konnten Klimmt, Hefner, Vorderer, Roth und Blake (2010) einen Unterschied beobachten zwischen den kognitiven Assoziationen der Spieler, welche ein Kriegsspiel gespielt hatten und den Spielern welche ein Rennspiel spielten. Die Kriegsspiel-Spieler nahmen eine stärkere Ähnlichkeit zu kriegsrelevanten Begriffen wie „Militär“ und „Soldat“ wahr als zu rennspielrelevanten Begriffen wie „Auto“ und „Rennen“ als die Spieler des Rennspiels und umgekehrt. Inwiefern die Theorie der Identifikation als Verminderung der Selbst-Diskrepanz auch auf die Identifikation mit Horror-Spiel-Protagonisten anzuwenden ist, bei denen der Spieler vor allem die Rolle eines normalen Menschen einnimmt und die Verletzlichkeit 104 und der Kampf ums Überleben im Vordergrund stehen, muss noch geklärt werden. Klimmt et al. (2009) erklären, dass der Spieler den Identifikationsprozess bewusst auf einige wenige Eigenschaften beschränken kann, um unangenehme Erlebnisse und Assoziationen zu vermeiden. In einem solchen Fall wird der Spieler in einem HorrorSpiel sich auf Dimensionen des Charakters konzentrieren, welche wünschenswert erscheinen. Mann kann davon ausgehen, dass in Horror-Spielen vor allem die Assoziation des mutigen, furchtlosen ums Überleben kämpfenden Einzelgängers, welcher alleine der unheimlichen Umwelt entfliehen muss, bei den Spielern geweckt wird, selbst wenn der Charakter als schwach dargestellt wird. Horror-Spiele könnten somit ein Weg sein für Spieler sich mutiger und furchtloser zu fühlen. Als zeitgemässe „Initiationsriten“ im Sinne der sozialisierten Rollenverteilung wären sie somit insbesondere für männliche Spieler ein Weg ihre Furchtlosigkeit und Stärke zu erproben (Zillmann & Gibson, 1996). Zum Schluss muss ergänzt werden, dass hinsichtlich des emotionalen Erlebnisses der Angst in Horror-Spielen anhand dieser Arbeit für bestimmte Zusammenhänge Erklärungen gegeben werden konnten, weitere Untersuchungen jedoch notwendig sind um das emotionale Erlebnis in Horror-Spielen insbesondere auch in Zusammenhang mit der Identifikation sowie bezüglich dem Unterhaltungserleben besser zu erklären. 105 9. Literaturverzeichnis 20th Century Fox (Produzent). (1979). Alien [Spielfilm]. USA. Abeele, V. V., Zaman, B., Obrist, M., IJsselsteijn, W., van Looy, J., Courtois, C. et al. (2010). Player identification in online games. 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Die ersten Fragen sollten Sie gleich ausfüllen. Der zweite Teil des Fragebogens folgt, nachdem Sie das Computerspiel gespielt haben. Wichtig: Bitte lesen Sie die Anleitung zum jeweiligen Frageblock genau durch, bevor Sie die Fragen beantworten! Es gibt keine „falschen“ oder „richtigen“ Antworten, allein Ihre Meinung und Einschätzung ist mir wichtig. Versuchen Sie, möglichst spontan und offen zu antworten. Denken Sie bei den einzelnen Fragen nicht zu viel nach, sondern geben Sie eine möglichst spontane Antwort. Bitte füllen Sie alle Fragen aus, auch wenn Sie das Gefühl haben, manches wurde doppelt abgefragt oder Sie nicht recht wissen, was Sie antworten sollen. Ihre Daten werden vertraulich behandelt und sind jederzeit anonym. Es geht bei der Auswertung nicht um die Angaben jedes Einzelnen. Es besteht zu keinem Zeitpunkt der Auswertung die Möglichkeit, Daten oder Ergebnisse auf einzelne Personen zu beziehen. Herzlichen Dank! 115 Im Folgenden finden Sie eine Reihe von Aussagen, mit denen man sich selbst beschreiben kann. Bitte lesen Sie jede Aussage genau durch und wählen Sie aus den Antworten diejenige aus, die angibt, wie Sie sich jetzt, d.h. in diesem Moment, fühlen. Kreuzen Sie bitte bei jeder Aussage das Feld ganz links an, wenn die Aussage überhaupt nicht auf Sie zutrifft und kreuzen Sie das Feld ganz rechts an, wenn sie voll und ganz auf Sie zutrifft. Mit den Feldern dazwischen können Sie Ihre Antwort abstufen. Trifft überhaupt nicht zu Trifft voll und ganz zu Ich bin ruhig. Ich fühle mich geborgen. Ich fühle mich angespannt. Ich bin bekümmert. Ich bin gelöst. Ich bin aufgeregt. Ich bin besorgt, dass etwas schiefgehen könnte. Ich fühle mich ausgeruht. Ich bin beunruhigt. Ich fühle mich wohl. Ich fühle mich selbstsicher. Ich bin nervös. Ich bin zappelig. Ich bin verkrampft. Ich bin entspannt. Ich bin zufrieden. Ich bin besorgt. Ich bin überreizt. Ich bin froh. Ich bin vergnügt. 116 Es folgt eine Reihe von Aussagen, mit denen man sich selbst beschreiben kann. Bitte lesen Sie jede Aussage durch und wählen Sie aus den Antworten diejenige aus, die angibt, wie Sie sich im Allgemeinen fühlen. Kreuzen Sie bitte bei jeder Aussage das Feld ganz links an, wenn die Aussage fast nie zutrifft und kreuzen Sie das Feld ganz rechts an, wenn sie fast immer auf Sie zutrifft. Mit den Feldern dazwischen können Sie Ihre Antwort abstufen. Fast nie Fast immer Ich bin vergnügt. Ich werde schnell müde. Mir ist zum Weinen zumute. Ich glaube, mir geht es schlechter als anderen Leuten. Ich verpasse günstige Gelegenheiten, weil ich mich nicht schnell genug entscheiden kann. Ich fühle mich ausgeruht. Ich bin ruhig und gelassen. Ich glaube, dass mir Schwierigkeiten über den Kopf wachsen. Ich machen mir zuviel Gedanken über unwichtige Dinge. Ich bin glücklich. Ich neige dazu, alles schwer zu nehmen. Mir fehlt es an Selbstvertrauen. Ich fühle mich geborgen. Ich mache mir Sorgen über mögliches Missgeschick. Ich fühle mich niedergeschlagen. Ich bin zufrieden. Unwichtige Gedanken gehen mir durch den Kopf und bedrücken mich. Enttäuschungen nehme ich so schwer, dass ich sie nicht vergessen kann. Ich bin ausgeglichen. Ich werde nervös und unruhig, wenn ich an meine derzeitigen Angelegenheiten denke. 117 Die folgenden Aussagen betreffen bestimmte Bereiche des Wahrnehmens und Erlebens. Diese können erfahrungsgemäss bei verschiedenen Personen sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Bitte geben Sie zu jeder Aussage an, in welchem Ausmass die Aussage auf Sie zutrifft oder überhaupt nicht zutrifft. Trifft überhaupt nicht zu Trifft voll und ganz zu Wenn ich mir kraftvolle Musik anhöre, fühle ich mich manchmal wie in die Luft gehoben. Der Klang einer Stimme kann so faszinierend für mich sein, dass ich einfach nur zuhöre. Es kann mir passieren, dass ich während einer Routineaufgabe in Gedanken abschweife und dabei vergesse, was ich tue, bis ich nach einigen Minuten bemerke, dass ich die Aufgabe erledigt habe. Poetische Sprache kann mich stark beeindrucken. Stoffe – wie etwa Wolle, Sand oder Holz – erinnern mich manchmal an Musik. Wenn ich will, kann ich tagträumen oder mir bestimmte Dinge so lebhaft vorstellen, dass sie meine Aufmerksamkeit fesseln wie ein guter Film oder eine gute Geschichte. Ich beobachte gerne, wie Wolken ihre Form verändern. Wenn ich Musik höre, kann sie mich so gefangen nehmen, dass ich nichts anderes mehr beachte. Ich kann mich oft an kleinen Dingen erfreuen (wie die Farbe von Seifenblasen). Einige meiner lebhaftesten Erinnerungen werden von Gerüchen und Düften geweckt. Manchmal ist es mir möglich, mich völlig in die Natur zu versenken, als ob sich mein ganzer Bewusstseinszustand vorübergehend verändert hätte. 118 Sie werden jetzt eine Reihe von Aussagen lesen, die jeweils bestimmte (verallgemeinerte) menschliche Eigenschaften oder Reaktionen beschreiben, die alle etwas mit Gefühlen zu tun haben. Bitte kennzeichnen Sie auf der Antwortskala, inwieweit diese Aussagen auf Sie zutreffen, und kreuzen Sie jeweils das entsprechende Kästchen. Entscheiden Sie sich möglichst schnell und ohne langes Nachdenken. Trifft überhaupt nicht zu Trifft voll und ganz zu Ich empfinde warmherzige Gefühle für Leute, denen es weniger gut geht als mir. Die Gefühle einer Person in einem Roman kann ich mir sehr gut vorstellen. In Notfallsituationen fühle ich mich ängstlich und unbehaglich. Ich versuche, bei einem Streit zuerst beide Seiten zu verstehen, bevor ich eine Entscheidung treffe. Wenn ich sehe, wie jemand ausgenutzt wird, glaube ich, ihn schützen zu müssen. Ich fühle mich hilflos, wenn ich inmitten einer sehr emotionsgeladenen Situation bin. Nachdem ich einen Film gesehen habe, fühle ich mich so, als ob ich eine der Personen aus diesem Film sei. In einer gespannten emotionalen Situation zu sein, beängstigt mich. Mich berühren Dinge sehr, auch wenn ich sie nur beobachte. Ich glaube, jedes Problem hat zwei Seiten und versuche deshalb beide zu berücksichtigen. Ich würde mich selbst als eine ziemlich weichherzige Person bezeichnen. Wenn ich einen guten Film sehe, kann ich mich sehr leicht in die Hauptperson hineinversetzen. Auf der nächsten Seite geht’s weiter 119 In heiklen Situationen neige ich dazu, die Kontrolle über mich zu verlieren. Wenn mir das Verhalten eines anderen komisch vorkommt, versuche ich mich für eine Weile in seine Lage zu versetzen. Wenn ich eine interessante Geschichte oder ein gutes Buch lese, versuche ich mir vorzustellen, wie ich mich fühlen würde, wenn mir die Ereignisse passieren würden. Bevor ich jemanden kritisiere, versuche ich mir vorzustellen, wie die Sache aus seiner Sicht aussieht. Hiermit haben Sie den ersten Fragebogenblock geschafft! Weiter geht es mit dem Spiel! Bitte rufen Sie jetzt die Versuchsleiterin. Blättern Sie den Fragebogen bitte NOCH NICHT um! 120 Nachdem Sie das Spiel nun gespielt haben, kommen jetzt noch ein paar weitere Fragen. Lesen Sie bitte die Fragestellung sorgfältig durch und beantworten Sie die Fragen spontan und ohne grosses Nachdenken. Auch bei diesem Frageblock gibt es keine richtigen und falschen Antworten! Blättern Sie den Fragebogen bitte jetzt um. 121 Es folgen nun einige Fragen zum Charakter, den Sie gerade im Spiel gesteuert haben. Wie haben Sie den Charakter beim Spielen wahrgenommen? Kennzeichnen Sie auch hier auf der Antwortskala, inwieweit die Aussagen auf Sie zutreffen oder nicht zutreffen. Trifft überhaupt nicht zu Trifft voll und ganz zu Ich konnte dauernd das Herzklopfen und die Atemgeräusche des Charakters hören. Während des Spielens habe ich wiederholt das Herzklopfen des Charakters gehört. Beim Spielen konnte ich hören wie der Charakter erschrak und in Panik schneller atmete. Ich konnte die Atemgeräusche, Keuchen und Seufzen des Charakters hören. Beim Spielen hatte ich das Gefühl, den Charakter stets steuern zu können. Ich hatte den Charakter im Spiel jederzeit unter Kontrolle. Die Steuerung des Charakters war jederzeit möglich. Ich hatte das Gefühl, zeitweilig keine Kontrolle über den Charakter im Spiel zu besitzen. 122 Auch diese Fragen beziehen sich auf den Charakter im Spiel. Welche Gedanken und Gefühle hat der Charakter beim Spielen in Ihnen hervorgerufen? Versuchen Sie sich zu erinnern, was Sie über den Charakter beim Spielen gedacht und gefühlt haben und kennzeichnen Sie auf der Antwortskala, inwieweit die folgenden Aussagen auf Sie zutreffen. Trifft überhaupt nicht zu Trifft voll und ganz zu Ich war fähig die Ereignisse im Spiel so zu verstehen, wie es der Charakter tat. Ich glaube den Charakter im Spiel gut zu verstehen. Ich meine die Gründe zu verstehen, warum der Charakter im Spiel auf eine bestimmte Weise handelte. Während des Spielens erlebte ich dieselben Emotionen, wie der Charakter im Spiel. Während des Spielens hatte ich regelrecht das Gefühl zu wissen, was dem Charakter durch den Kopf geht. In Schlüsselmomenten im Spiel hatte ich das Gefühl genau zu wissen, was der Charakter gerade durchmacht. Während des Spielens wollte ich, dass der Charakter seine Ziele erreicht. Wenn der Charakter im Spiel erfolgreich war, war ich froh, wenn er scheiterte war ich traurig. Während des Spielens wurden die Ziele des Charakters meine eigenen. Der Charakter im Spiel gleicht mir. Ich gleiche dem Charakter im Spiel. Der Charakter im Spiel ähnelt mir. Ich identifiziere mich mit dem Charakter im Spiel. Der Charakter im Spiel ist in vieler Hinsicht so wie ich. Der Charakter im Spiel ist eine Erweiterung meines Selbst. 123 Versuchen Sie sich nun zu erinnern, wie der Charakter im Spiel auf sie wirkte. Welchen Eindruck hatten Sie, als Sie den Charakter gesteuert haben? Lesen Sie folgende Aussagen aufmerksam durch und kennzeichnen Sie auch hier auf der Antwortskala, inwieweit die Aussagen auf Sie zutreffen. Trifft überhaupt nicht zu Trifft voll und ganz zu Während des Spielens hatte ich das Gefühl, als wäre ich der Charakter. Während des Spielens hatte ich das Gefühl im Charakter drin zu sein. Im Spiel hatte ich das Gefühl, als wäre ich eins mit dem Charakter. Während des Spielens hatte ich das Gefühl im Charakter hineinversetzt worden zu sein. Während des Spielens hatte ich das Gefühl, als wäre der Körper des Charakters mein eigener. Im Spiel war es so, als würde ich direkt durch den Charakter handeln. 124 Die folgenden Fragen beziehen sich nun auf das gesamte Spielerlebnis. Wie haben Sie das gesamte Spiel erlebt? Halten Sie sich die gesamte Spielzeit vor Augen und kennzeichnen Sie auf der Antwortskala, inwieweit die Aussagen auf Sie zutreffen oder nicht zutreffen. Trifft überhaupt nicht zu Trifft voll und ganz zu Ich habe mich selbst als Teil der dargestellten Umgebung empfunden. Ich hatte das Gefühl, in der dargestellten Umgebung vor Ort zu sein. Ich hatte das Gefühl, dass die dargestellten Objekte mich umgeben haben. Es war, als ob sich mein eigentlicher Standort in die dargestellte Umgebung verlagert hätte. Ich hatte das Gefühl, in der dargestellten Umgebung selbst körperlich anwesend zu sein. Es kam mir vor, als ob ich wirklich am dargestellten Geschehen teilgenommen habe. Ich hatte den Eindruck, in der dargestellten Umgebung selbst handeln zu können. Ich hatte den Eindruck, dass ich selbst in der dargestellten Umgebung aktiv werden konnte. Ich hatte das Gefühl, um die dargestellten Objekte herumgehen zu können. Die dargestellten Gegenstände wirkten auf mich, als ob ich selbst etwas damit machen konnte. Es kam mir so vor, als ob ich in der dargestellten Umgebung wie in der Wirklichkeit etwas bewirken konnte. Es kam mir so vor, als ob ich in der dargestellten Umgebung tun und lassen konnte, was ich wollte. 125 Während dem Spielen können einem unterschiedliche Gedanken durch den Kopf gehen. Lassen Sie sich nun die gesamte Spielzeit nochmals kurz durch den Kopf gehen und geben Sie anhand der Skala für jede der folgenden Aussagen an, auch hier inwieweit sie auf Sie zutreffen oder nicht zutreffen. Trifft überhaupt nicht zu Trifft voll und ganz zu Ich habe meine Aufmerksamkeit auf das Spiel gerichtet. Ich habe mich auf das Spiel konzentriert. Das Spiel hat meine Sinne vereinnahmt. Ich habe mich dem Spiel voll gewidmet. Ich habe meist Dinge gedacht, die mit dem Spiel etwas zu tun hatten. Ich habe gründlich überlegt, inwiefern die dargestellten Dinge miteinander zu tun haben. Ich habe darüber nachgedacht, ob das im Spiel Dargestellte für mich von Nutzen sein kann. Das im Spiel Dargestellte hat meine Gedanken angeregt. Ich war mit der Steuerung überfordert. Ich musste mich auf die Steuerung des Spiels konzentrieren und konnte mich dem Spiel nicht voll widmen. Während des Spielens habe ich mich auf die Steuerung konzentriert 126 Die folgenden Aussagen beziehen sich auf das gesamte Spielerlebnis. Halten Sie sich nun wieder die gesamte Spielzeit vor Augen und geben Sie anhand der Skala für jede der folgenden Aussagen an, wie Sie sich während des Spielens gefühlt haben. Gar nicht Sehr stark Ich fühlte mich zufrieden. Ich habe mich geschickt gefühlt. Ich interessierte mich für die Handlung des Spiels. Ich konnte über Sachen im Spiel lachen. Ich war völlig gefesselt Ich habe mich glücklich gefühlt. Ich war angespannt. Ich hatte das Gefühl, etwas zu lernen. Ich fühlte mich ruhelos. Ich habe an andere Dinge gedacht. Ich fand es ermüdend. Ich fühlte mich sicher. Ich fand es schwierig. Das Spiel war ästhetisch ansprechend. Ich habe alles um mich herum vergessen. Ich habe mich gut gefühlt. Ich war gut. Ich habe mich gelangweilt. Ich habe mich erfolgreich gefühlt. Ich kam mir einfallsreich vor. Ich hatte das Gefühl Dinge erforschen zu können. Ich hatte Spass. Ich habe die Spielziele schnell erreicht. Ich habe mich verärgert gefühlt. Auf der nächsten Seite geht’s weiter 127 Ich war abgelenkt. Ich fühlte mich stimuliert. Ich war reizbar. Ich habe mein Zeitgefühl verloren. Ich fühlte mich herausgefordert. Ich fand es beeindruckend. Ich habe mich sehr auf das Spiel konzentriert. Ich fühlte mich frustriert. Das Spiel bot eine reichhaltige Erfahrung. Ich habe die Verbindung zur Aussenwelt verloren. Ich war von der Geschichte gelangweilt. Ich musste mich beim Spielen sehr anstrengen. 128 Es folgt nun eine Liste mit Wörtern, mit denen man bestimmte Gefühle und Reaktionen beschreiben kann Gehen Sie alle Wörter der Liste nacheinander durch und kreuzen Sie an, was Sie beim Spielen empfunden haben. . Ich empfand…. Ich fühlte mich… Gar nicht Sehr stark Wut erschreckt Ekel Zorn angewidert Furcht Verachtung gehemmt Scham Ärger verlegen abgestossen Geringschätzung wütend Überraschung verschämt erstaunt Angst verblüfft Spott 129 Was für einen Eindruck hat das Spiel schlussendlich bei Ihnen hinterlassen? Geben Sie bitte anhand der Skala für jede der folgenden Aussagen an, inwieweit sie auf Sie zutreffen oder nicht zutreffen. Trifft überhaupt nicht zu Trifft voll und ganz zu Das Spielen hat mir Freude bereitet. Das Spiel hat mir Spass gemacht. Das Spiel war langweilig. Das Spiel konnte meine Aufmerksamkeit gar nicht fesseln. Das Spielen würde ich als interessant beschreiben. Ich habe das Spielen als ziemlich unterhaltsam empfunden. Während des Spielens hab ich mir gedacht, wie viel Spass ich habe. 130 Es folgen nun zum Schluss einige Fragen zu Ihrer Person und zu Ihren Spielgewohnheiten. Wie sind Ihre allgemeinen Gefühle in Bezug auf Videospiele? Geben Sie bitte anhand der Skala für jede der folgenden Aussagen an, inwieweit sie auf Sie zutreffen oder nicht zutreffen. Trifft überhaupt nicht zu Trifft voll und ganz zu Am Thema „Videospiele“ bin ich generell interessiert. Ich fühlte schon seit langer Zeit eine starke Neigung zu Videospiele. Ich hatte schon eine Vorliebe für den Gegenstand der Videospiele, bevor ich damit zu tun hatte. Ich liebe es einfach, mir Gedanken über Videospiele zu machen. Wie viel Zeit verwenden Sie pro Woche durchschnittlich für Computerspiele, Handygames oder Konsolengames? (Bsp: weniger als 1 h, 1 h, 2 h, 3 h, 4 h, 5 h, 6 h, 7 h, 8 h, 9 h, 10 h, mehr als 10h) Anzahl Stunden pro Woche : _______________ Wie häufig spielen Sie mit den folgenden Geräten? Nie Sehr oft Nintendo Wii Xbox, Xbox 360 Playstation 2, Playstation 3 ältere Konsolen (NES, SNES, N64, Sega Megadrive, Dreamcast, PS1) Handy und tragbare Geräte (PSP, PS VITA, Nintendo 3DS) PC 131 Wie häufig spielen Sie diese verschiedenen Spieltypen? Nie Sehr oft Rennspiele (Grand Prix, Gran Turismo, Need4Speed, Mario Kart...) Ego-Shooter und Action-Adventure (Battlefield, Halo, Call of Duty, Uncharted, GTA, Tomb Raider ...) Rollenspiele und Adventure-Spiele (Elder Scrolls, Zelda, Final Fantasy, Diablo, Monkey Island...) Geschicklichkeitsspiele / Jump n’ Run Spiele (Tetris, Super Mario, Angry Birds, Bejeweled...) Mannschaftssport-Spiele (Fussball, Hockey, Basketball...) Aufbau-Strategiespiele (Civilization, Siedler, Starcraft, Anno, Sim City...) Survival-Horror-Spiele (Resident Evil, Silent Hill, Penumbra, Dead Space…) Wie gerne spielen Sie diese verschiedenen Spieltypen? Mag ich gar nicht Mag ich sehr Rennspiele (Grand Prix, Gran Turismo, Need4Speed, Mario Kart...) Ego-Shooter und Action-Adventure (Battlefield, Halo, Call of Duty, Uncharted, GTA, Tomb Raider ...) Rollenspiele und Adventure-Spiele (Elder Scrolls, Zelda, Final Fantasy, Diablo, Monkey Island...) Geschicklichkeitsspiele / Jump n’ Run Spiele (Tetris, Super Mario, Angry Birds, Bejeweled...) Mannschaftssport-Spiele (Fussball, Hockey, Basketball...) Aufbau-Strategiespiele (Civilization, Siedler, Starcraft, Anno, Sim City...) Survival-Horror-Spiele (Resident Evil, Silent Hill, Penumbra, Dead Space…) 132 Hatten Sie das Spiel „Amnesia: The Dark Descent“ vor dem Experiment bereits gespielt? Ja Nein Ihr Geschlecht? männlich weiblich Wie alt sind Sie?: _______________ Jahre Ganz zum Schluss noch eine letzte, besonders wichtige Aussage, die ich Sie bitte, ehrlich zu bearbeiten, da ich mit Ihren Antworten nur dann in der wissenschaftlichen Forschung arbeiten kann, wenn Sie die Studie ernsthaft mitgemacht haben. Haben Sie die Studie ernsthaft mitgemacht – oder haben Sie lediglich versucht, möglichst schnell durchzuklicken? Nein, ich habe die Studie nicht wirklich ernsthaft mitgemacht und auch nicht alle Fragen aufrichtig beantwortet. Ja, ich habe die Studie ernsthaft mitgemacht und die Fragen aufrichtig beantwortet. 133 10.2. Checkliste für die Inhaltsanalyse der Videoaufnahmen Checkliste Spiel VPN-Nummer : Zeit Spiel: Exp. Bedingung: AREA 1: Regenhalle JA NEIN Charaktergeräusche beim Aufwachen Nebenzimmer erkundet Zimmer mit Steinhaufen erkundet Kontrollverlust im Gang Verriegeltes Tor untersucht (Schreckmoment) Charaktergeräusche verriegeltes Tor Windstoss stosst Tür auf Charaktergeräusche beim Windstoss Zimmer mit Kamin erkundet Langer Gang unheimliche Geräusche Kontrollverlust im langen Gang Charaktergeräusche im langen Gang Dunkles Zimmer Tür geht langsam auf Dunkle Kammer erkundet Gemäldezimmer erkundet Windstoss im Gemäldezimmer löscht Lichter Charaktergeräusche im Gemäldezimmer Geräusche des Herzklopfens zu hören? Tür zum nächsten Level gefunden Timer Level (Tür nicht gefunden) Timer Kontrollverlust Schränke untersucht Objekte untersucht Im Level steckengeblieben AREA 2: Weinkeller Herzklopfen Kontrollverlust beim Anblick des Grunts Charaktergeräusche beim Anblick des Grunts Auf Grunt zugelaufen Sich vom Grunt versteckt Anblick wie Grunt sich in Staub auflöst Schreckmoment Grunt Charaktergeräusche Schreckmoment Grunt 134 JA NEIN Flaschenzimmer erkundet Monstergeräusche im Flaschenzimmer gehört Charaktergeräusche im Flaschenzimmer Regalzimmer erkundet Aufbewahrungszimmer erkundet Windstoss öffnet Tür im Aufbewahrungszimmer Charaktergeräusche im Aufbewahrungszimmer Auf Schleim im Aufbewahrungszimmer gestanden (Schreckmoment) Visionszimmer erkundet Vision im Visionszimmer Charaktergeräusche im Visionszimmer Langer Raum erkundet Auf Schleim gestanden im langen Raum (Schreckmoment) Verschlossene Tür untersucht Versteckter Durchgang entdeckt Schreckmoment beim Betreten des Rätselraums Charaktergeräusche beim Schreckmoment Rätselraum erkundet Auf Schleim im Rätselzimmer gestanden (Schreckmoment) Falltür untersucht Kurbel untersucht Rolle an der Decke untersucht Holzstück auf der Rolle entdeckt Holzstück aus der Rolle entfernt Auf Objekt gestiegen um Holzstück aus der Rolle zu entfernen Rätsel gelöst Auf Schleim nach der Falltür gestanden (Schreckmoment) Spiel beendet Spiel durch Timer beendet Objekte untersucht Timer Kontrollverlust Zurück zur Tür Regenhalle Im Level steckengeblieben Weiteres / Spezielles: 135 11. Eidesstattliche Erklärung 136 12. Lebenslauf Personalien Name, Vorname Brandao, Patricia Geburtsdatum 28. April 1984 Bürgerort Portugal Zivilstand ledig Schulbildung 2003 - 2014 Universität Zürich, Studium der Japanologie, der Publizistikwissenschaft und Medienforschung und der Kunstgeschichte Ostasiens 1999 - 2003 Gymnasium Kantonsschule am Burggraben St. Gallen 1997 - 1999 Katholische Kantonssekundarschule St. Gallen 1993 - 1997 Primarschule Heimat St. Gallen 1990 - 1993 Primarschule Portugal Berufserfahrung 2003 - 2006 Interviewerin für das Zürcher Projekt zur sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen (z-proso) 2009 - 2011 Café Rössli St. Gallen Sprachkenntnisse Portugiesisch Muttersprache Deutsch fliessende Kenntnisse in Wort und Schrift Englisch sehr gute Kenntnisse in Wort und Schrift Französisch gute Kenntnisse in Wort und Schrift Japanisch Kenntnisse in Wort und Schrift Spanisch Spanisch Diplom Telc B1 Italienisch gute mündliche Verständigung 137