Onkologische Zubereitungen – (k)ein Feld für

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Onkologische Zubereitungen – (k)ein Feld für
Arzneimittelwesen · Gesundheitspolitik · Industrie und Gesellschaft
Arzneimittelwesen
Onkologische Zubereitungen –
(k)ein Feld für Rabattverträge?
Dr. Gabriele Haas
IMS HEALTH GmbH & Co. OHG, Frankfurt/Main
Als der Gesetzgeber zum 23. Juli 2009
die 15. AMG-Novelle in Kraft setzte,
hatte er unter anderem das erklärte
Ziel, mehr Wirtschaftlichkeit in die
Versorgung onkologischer Patienten
einzuführen. So muss seitdem auch
für parenterale Zubereitungen der gesetzlich geltende Herstellerabschlag
(bislang 16 %, neu seit 1. April 2014:
7 % für patentgeschützte Arzneimittel
bzw. 6 % für Generika) abgeführt werden. Damit dies geschehen kann, sind
die Apotheken seit dem 1. Januar 2010
verpflichtet, den Krankenkassen über
ihre Rechenzentren die Pharmazentralnummer (PZN) der verwendeten
Wirkstoffe sowie deren genaue Menge
zu übermitteln. Das stellt bei der Er-
fassung und Verarbeitung der Daten
große Herausforderungen an alle Beteiligten (Abb. 1).
Trotz der für sie nun besseren Konditionen schrieben einzelne Krankenkassen die Versorgung onkologischer
Patienten aus oder schlossen auf regionaler Ebene Selektivverträge mit
Apotheken. Das führte 2012 zu einer
Anpassung der Hilfstaxe, nach der die
Rezepturen aufgrund von Vereinbarungen zwischen dem Deutschen
Apothekerverband und dem GKVSpitzenverband abgerechnet werden.
Mit der erneuten Änderung wurden
zwar die Rezepturarbeitspreise für
Apotheken erhöht, diese müssen seitdem aber im Gegenzug den Kranken-
kassen höhere Abschläge auf die Milligramm-Preise der von ihnen verwendeten Wirkstoffe zahlen. In der
Summe entlastete dies die Krankenkassen um geschätzte 70 Mio. Euro.
Gleichzeitig wurden die Apotheken
verpflichtet, im Sinne der Transparenz
über ihre Rechenzentren eine Überprüfung der abzurechnenden Verwürfe durchführen zu lassen.
G r o ß e r S p e z i a l m a r kt
Trotz all dieser Regeln und Vorschriften ist die Zytostatika-Herstellung
immer wieder Anlass zu Streit und
auch gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Apotheken und
AU TO R
Abbildung 1
INDUSTRIE
GROSSHANDEL
ApoG §11 (2)
Abweichend …darf (eine) öffentlichen Apotheke
auf Grund einer Absprache anwendungsfertige
Zytostatikazubereitungen … unmittelbar an
den anwendenden Arzt abgeben.
Muster 16
Zubereitung
Dr. Gabriele Haas
ARZT /
KLINIK
APOTHEKEN
Rezeptur
-elektronisch-
APOTHEKENRECHENZENTREN
Muster 16
-Papierbeleg-
PATIENTEN
Die 15. AMG Novelle stellte bei Datenerfassung und -verarbeitung große Herausforderungen an die Beteiligten (Quelle: Abbildung von der Autorin).
Pharm. Ind. 77, Nr. 3, 315–317 (2015)
© ECV · Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany)
leitet bei IMS HEALTH den Bereich Onkologie für
die Business Unit Central Europe (Deutschland,
Schweiz und Österreich). Ihr Bereich ist Teil des
Consulting, Commercial & Marketing Effectiveness. In ihrer Verantwortung stehen neben den
Projekten auch die Produktentwicklung und das
Marketing für die onkologischen Angebote. Von
ihrer Ausbildung ist Frau Dr. Haas Apothekerin
und Gesundheitsökonomin. Ihre Promotion absolvierte sie am Universitätsklinikum Frankfurt am
Main auf der Station für Stammzelltransplantation
der pädiatrischen Hämatologie/Onkologie.
Haas · Rabattverträge in der Onkologie
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Zur Verwendung mit freundlicher Genehmigung des Verlages / For use with permission of the publisher
Onkologische Zubereitungen aus der Apotheke sind ein Dauerbrenner in der gesundheitspolitischen Diskussion. Und das gilt nicht
nur, wenn Lieferengpässe die Versorgung der Patienten gefährden.
Mehr als bei fast allen anderen Arzneimitteln stehen die Preise im
Fokus. Können Rabattverträge hier weiterhelfen?
Arzneimittelwesen · Gesundheitspolitik · Industrie und Gesellschaft
Arzneimittelwesen
in Abzug gebracht werden muss. Für
preisgünstigere Importarzneimittel
gilt deren Preis als Berechnungsgrundlage.
Zusätzlich zu den verwendeten
Hilfsstoffen dürfen die Apotheken die
Trägerlösungen (minus Abschlag von
10 %) sowie die Primärpackmittel (minus Abschlag von 15 %) abrechnen.
Für ihre Arbeit bei der Rezeptur erhalten sie 79 Euro für Zytostatika-haltige
parenterale Lösungen und 69 Euro für
Lösungen mit monoklonalen Antikörpern. Die eigentliche Tätigkeit der
Apotheken fällt also beim tatsächlichen Preis der Zubereitung nur
zum geringen Teil ins Gewicht.
Abbildung 2
Packungen (in TSD)
Kosten (GKV, ApU** in Mio. €)
1.925 €
2.884
Zur Verwendung mit freundlicher Genehmigung des Verlages / For use with permission of the publisher
1.100
(38%)
870 €
(45%)
1.783
(62%)
MAT Jan 2013*
GKV UN NICHT ZUBEREITET
1.055 €
(55%)
MAT Jan 2013*
GKV UN ZUBEREITUNG
GKV EUR NICHT ZUBEREITET
GKV EUR ZUBEREITUNG
Quelle: ISSON, * MAT 01/13= moving annual total = gleitender Einjahreswert, endend bei Januar 2013;
Packungen und Umsatz entsprechend ApU, Zytostatika: ATC2-Klassifikation: L01 ** ApU = Abgabepreis des pharmazeutischen
Unternehmers
Mehr als 60 % der Zytostatika werden zubereitet, in Euro macht das 55 % des Segments
aus (Basis: Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers).
Krankenkassen. Dies mag auch an
der Dimension dieses Spezialmarktes liegen. Mehr als 60 % aller für
GKV-Patienten verordneten Zytostatika sind Zubereitungen. Gemessen
am Preis machen die Rezepturen
auf Basis des ApU (Abgabepreis des
pharmazeutischen Unternehmers)
mit 1,05 Mrd. Euro rund 55 % dieses
Marktsegmentes aus (Abb. 2).
Nimmt man die Apothekentaxe
als Maßstab, verringert sich ihr Wertanteil mit 1,277 Mrd. Euro gegenüber
einem Gesamtmarktvolumen von
2,374 Mrd. Euro auf 54 %. Zubereitete
Zytostatika sind also in der Regel
preiswerter als Onkologika, die nicht
in der Apotheke hergestellt werden.
Wie in anderen Bereichen der Arzneimittelversorgung werden Zubereitungen zunehmend auch eine Domäne der Generika. 53 % der abgegebenen Einheiten basieren auf generischen Präparaten. Deren Anteil an
den Kosten für Zubereitungen rangiert dagegen bei 25 % (Abb. 3).
schreibt bis ins Detail vor, was die
Apotheke gegenüber der Krankenkasse berechnen darf und welche Abschläge sie dabei beachten muss.
Grundsätzlich müssen die Wirkstoffe
genau nach Milligramm, Milliliter
oder Internationaler Einheit abgerechnet werden. Handelt es sich dabei um nicht patentgeschützte Wirkstoffe, ist die Basis der zweitgünstigste Apothekeneinkaufspreis (AEP)
abzüglich eines Abschlages von 25 %.
Die Preise für patentgeschützte
Wirkstoffe basieren auf den günstigsten AEP, von dem dann 1 % Abschlag
G r ö ß e re Er s p a r n i s d u r c h
R a b a ttv e r t r ä g e ?
Hinzu kommt: Berechnet man die
tatsächlich bei den Kassen ankommenden Rabatte als Differenz aus
der Taxe und dem AEP zuzüglich
Mehrwertsteuer, sind diese zum Teil
geringer als die Nominalwerte aus
der Hilfstaxe. Außerdem spiegeln
die Rabatte wahrscheinlich noch
lange nicht die tatsächlichen, reduzierten Preise wieder, zu denen der
Apotheker die Arzneimittel bezieht.
Daher wird immer wieder diskutiert,
ob die Krankenkassen nicht mehr
einsparen könnten, wenn sie vermehrt Rabattverträge für die ent-
Abbildung 3
GKV Taxe in Mio. €
2.374 €
GKV EUR
TAXE NICHT
ZUBEREITET
46%
100%
GKV Taxe der
zubereiteten Präparate
in Mio. €
1.277 €
P re i s b i l d u n g ü b e r Hi l f st a xe
f ü r Ap o t h e k e n
Der Preis für onkologische Zubereitungen unterliegt nicht der Arzneimittelpreisverordnung, sondern ist
in der bereits oben genannten Hilfstaxe für Apotheken geregelt. Diese
2
Haas · Rabattverträge in der Onkologie
GKV EUR
TAXE
ZUBEREITET
54%
MAT Jan 2013
100%
75%
ORIGINAL
25%
GENERIKA
MAT Jan 2013
GKV Units
1.783.177
100%
47%
ORIGINAL
53%
GENERIKA
MAT Jan 2013
Quelle: ISSON, MAT 01/13, GKV EUR Taxe in Mio €
Auf Basis der Taxe (€) macht der Anteil der Zubereitungen 54 % aus, wovon drei Viertel
auf Originalpräparate entfallen.
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Abbildung 4
• DOCETAXEL
• IFOSFAMIDE
• VINBLASTINE
• BLEOMYCIN
• DOXORUBICIN
• IRINOTECAN
• VINCRISTINE
• CARBOPLATIN
• EPIRUBICIN
• MITOMYCIN
• VINDESINE
• CISPLATIN
• FLUDARABINE
• MITOXANTRONE
• VINORELBINE
• CYTARABINE
• FLUOROURACIL
• OXALIPLATIN
• DACARBAZINE
• GEMCITABINE
• PACLITAXEL
Quelle: Contract Monitor MAT 01/13, mit Rabattvertrag (und wahrscheinlich zubereitet)
Bestehende Rabattverträge für generische Wirkstoffe, die zubereitet werden müssen.
sprechenden Wirkstoffe zur Herstellung parenteraler Lösungen ausschreiben würden. Das Instrument
ist von allen Marktbeteiligten gelernt,
hat insgesamt im letzten Jahr Entlastungen in Höhe von 2,8 Mrd. Euro
„eingespielt“ (Pressemitteilung des
BMG vom 05. März d.J.) und würde
die Höhe der Abschläge geschätzt auf
30 bis 50 % erhöhen.
P r o b le m d e s
„ u n v e r m e i d b a re n Ve r w u r f s“
Allerdings stehen einer solchen Lösung die Bestimmungen der Hilfstaxe
entgegen, die die Abrechnung des so
genannten „unvermeidlichen Verwurfs“ regeln. Darunter versteht
man die Menge an Wirkstoff, die
mangels ausreichender Rezepte
nicht verarbeitet werden kann. Die
Apotheken sind verpflichtet, angegebene Verwürfe bezogen auf die Fertigarzneimittelgruppe (FAM mit gleichen Wirkstoffen), die minutengenaue Tageszeit und den Herstellenden über alle Krankenkassen zusammen zu fassen. Je Herstellendem und
FAM-Gruppe darf maximal ein unvermeidbarer Verwurf abgerechnet
werden, wobei die kleinste im Handel
verfügbare Packung als Maßstab genommen wird. Zudem müssen diese
unvermeidbaren Verwürfe innerhalb
einer FAM-Gruppe in der Regel einen
auf mehr als 24 Stunden definierten
Zeitabstand überschreiten. AbweiPharm. Ind. 77, Nr. 3, 315–317 (2015)
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chende Zeiten für bestimmte Wirkstoffe definieren die Anhänge 1 und 2
der Hilfstaxe für Apotheken.
Würden Krankenkassen nun Rabattverträge über solche FAM abschließen, dürften die herstellenden
Apotheken nur noch Produkte von
Herstellern verwenden, die jeweils
den Zuschlag für die Kassen und damit auch deren Versicherten erhalten
haben. Die Zahl der Verwürfe, die
vom Apotheker zu tragen sind, sowie
die Zahl der von den Apotheken zu
verwendenden
unterschiedlichen
Präparate würden daher erheblich
steigen. Zwar sind die Apotheker
(noch) nicht dazu verpflichtet, Rabattverträge bei Zubereitungen zu
berücksichtigen, dennoch gibt es bereits jetzt einige Rabattverträge für
generische Wirkstoffe, die zubereitet
werden müssen (Abb. 4).
Insgesamt sind für diese Arzneimittelgruppen allerdings kaum Rabattverträge abgeschlossen worden.
Für den Zubereitungsmarkt gibt es
nach verwendeten Einheiten nur für
4 % aller Substanzen derartige Vereinbarungen zwischen Herstellern
und Krankenkassen (Quelle: IMS
Contract Monitor).
No c h ke i n e kla re
Ne u re g e l u n g i n S i c h t
Eine Ausweitung der Rabattverträge
in diesem Marktsegment ist ange-
Korrespondenz:
Dr. Gabriele Haas
IMS HEALTH GmbH & Co. OHG
Darmstädter Landstraße 108
60598 Frankfurt/Main (Germany)
e-mail: gahaas@de.imshealth.com
Haas · Rabattverträge in der Onkologie
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• BEVACIZUMAB
sichts der geschilderten Probleme
eher unwahrscheinlich. Zur Diskussion steht sie derzeit dennoch, wobei
klassische Rabattverträge über Ausschreibungen zumindest die Frage
des Verwurfs neu regeln müssten.
Als Alternative stünde eine Beibehaltung der bestehenden Regelung über
die Hilfstaxe für Apotheken oder individuelle Versorgungsverträge zwischen Krankenkassen und Apotheken beziehungsweise eine Kombination aus beiden Modellen zur Verfügung. Dies würde fraglos den Wettbewerbsdruck auf die herstellenden
Apotheken erhöhen und möglicherweise zusätzliche Einsparpotenziale
für die GKV heben.
Noch ist nicht klar in welche Richtung der Zug gehen wird. Klar ist
dagegen, dass die Zahl der Zytostatika herstellenden Apotheken mengenmäßig begrenzt ist. Wegen der
strengen Vorschriften des Arbeitsschutzes und der GMP (Good Manufacturing Practice = Gute Herstellungspraxis) ist die Erlangung der
entsprechenden Genehmigung nur
nach großem finanziellen Einsatz
und fachlicher Spezialisierung möglich. Derzeit verfügen in Deutschland
rund 400 Apotheken über eine solche
Erlaubnis. Die Zahl stagniert seit Jahren und wird angesichts der erheblichen Voraussetzungen sowie der seit
der 15. AMG-Novelle sinkenden Gewinnerwartung wohl auch nicht steigen. Unabhängig davon, welche Variante der Gesetzgeber letztendlich
favorisiert, wird er darauf zu achten
haben, dass mögliche Bemühungen
um mehr Wettbewerb sich nicht allein auf den Preis beschränken dürfen. Gerade in einem so sensiblen Bereich wie der Herstellung von onkologischen Rezepturen sollten Sparmaßnahmen auf keinen Fall zu Lasten der Qualität umgesetzt werden.
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Chefredaktion: Claudius Arndt. Sekretariat: Gudrun Geppert. Verlag: ECV · Editio Cantor Verlag für Medizin und Naturwissenschaften GmbH, Baendelstockweg 20,
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