Fall 4 - lösung 1

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Fall 4 - lösung 1
Dr. Christoph Worms
Examinatorium Kommunalrecht
Lösungsvorschlag
Lösungsvorschlag
Der Mandantin ist zu raten, Klage zu erheben, wenn diese Klage Aussicht auf Erfolg
hat, mithin zulässig und begründet ist. In Betracht kommt grds. eine Klage gegen
die Stadt Mülheim oder die MSG.
A. Zulässigkeit
I. Verwaltungsrechtsweg
Verwaltungsrechtsweg
Der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO gegen die Stadt
Mühlheim ist eröffnet. Die insoweit vorausgesetzte öffentlich-rechtliche Streitigkeit
nicht verfassungsrechtlicher Art ist gegeben. Allerdings kann der öffentlichrechtliche Charakter nicht aus der anspruchsbegründenden Vorschrift des § 70 Abs.
1 GewO hergeleitet werden, da diese Norm ein Teilnahmerecht gleichermaßen
gegenüber öffentlich-rechtlichen wie auch privatrechtlichen Veranstaltern einer
nach
§
69
GewO
festgesetzten
Veranstaltung
vermittelt.
Damit
ist
Zuordnungssubjekt der Vorschrift nicht ausschließlich ein Träger hoheitlicher
Gewalt sein.
Vor diesem Hintergrund ist auf die Rechtsnatur des Teilnehmerverhältnisses
abzustellen. Die Mandantin will in der Sache einen Anspruch auf Zulassung zu einer
öffentlichen Einrichtung der Gemeinde im Sinne von § 8 Abs. 2 GO geltend
machen. Nach dieser Norm sind alle Einwohner einer Gemeinde im Rahmen des
geltenden Rechts berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu
benutzen. Nach der sog. Zwei-Stufen-Theorie ist bei der Benutzung von
Einrichtungen der Gemeinde, die dem wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen
Wohl ihrer Einwohner dienen (gemeindliche Einrichtungen) zwischen dem - wohl
auch hier geltend gemachten - Anspruch auf Zugang zu der Einrichtung einerseits,
der regelmäßig nach öffentlichem Recht zu beurteilen sein dürfte und darum wohl
nach § 40 Abs. 1 VwGO der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte unterliegt, und
den Modalitäten der Benutzung andererseits, die wohl auch privatrechtlich
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ausgestaltet sein können und über die bei solcher Ausgestaltung gemäß § 13 GVG
vor den ordentlichen Gerichten zu streiten sein dürfte, zu unterscheiden ist. Diese
Unterscheidung zwischen dem "Ob" und dem "Wie" der Benutzung der Einrichtung
betrifft auch solche Einrichtungen, die die Gemeinde nicht selbst betreibt, sondern
von einer von ihr begründeten und/oder beherrschten selbstständigen juristischen
Person des Privatrechts betreiben lässt. Vielfach wird – nicht zu Unrecht mittlerweile der Nutzen dieser Theorie in Zweifel gezogen. So kann die Frage des
öffentlich-rechtlichen Charakters einer Streitigkeit auch auf konventionelle Art
gelöst werden. Hilft – wie hier – die mod. Subjektstheorie nicht weiter, ist auf den
Sachzusammenhang abzustellen und spätestens dieser wird sich aus § 8 Abs. 2 GO
NRW ableiten lassen.
Der hier in Rede stehende Weihnachtsmarkt ist als öffentliche Einrichtung der
Gemeinde im vorgenannten Sinne zu bewerten. Eine Einrichtung in diesem Sinne
liegt vor, wenn die Gemeinde mit ihr als Folge gesetzlicher Verpflichtungen oder
freiwillig eine in ihren Wirkungskreis fallende Aufgabe erfüllt und die Einrichtung
durch
gemeindlichen
Widmungsakt
der
allgemeinen
Benutzung
durch
gemeindeangehörige und ortsansässige Vereinigungen zugänglich gemacht wird. Ein
förmlicher Widmungsakt ist nicht erforderlich, vielmehr reicht konkludentes
Handeln aus, wenn daraus der Wille der Gemeinde ersichtlich ist, die Einrichtung
der Allgemeinheit zur Benutzung zur Verfügung zu stellen. Dies berücksichtigend ist
die Rechtsform und Trägerschaft einer kommunalen Einrichtung für die Frage der
"Öffentlichkeit" unerheblich; die Gemeinde dürfte also eine öffentliche Einrichtung
- wirtschaftlich gesehen - durch ein (privatwirtschaftliches) Unternehmen führen
lassen können, solange ihr die Mittel zustehen, die öffentliche Zweckbindung
nötigenfalls gegenüber der privaten Betreibergesellschaft durchzusetzen. Die
Veranstaltung
eines
Weihnachtsmarktes
dürfte
den
freien
Selbstverwaltungsaufgaben zuzurechnen sein und die seit Jahren praktizierte
Zurverfügungstellung öffentlicher Straßen und Plätze dürfte auf die öffentliche
Zweckbindung der Veranstaltung schließen lassen. Der bestimmende Einfluss der
Stadt
Mülheim
auf
die
den
Weihnachtsmarkt
durchführende
Mülheimer
Stadtmarketing Gesellschaft mbH (MSG mbH) folgt namentlich aus dem Umstand,
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dass die Stadt Mülheim sämtliche Gesellschaftsanteile der MSG mbH hält. Dass die
Entscheidung über die Standplatzvergabe nach den Teilnahmebestimmungen der
MSG von einem Vergabeausschuss getroffen werden, in dem die Stadt Mülheim nur
mit einer Stimme vertreten ist, lässt den bestimmenden Einfluss nicht entfallen, da
eine
eigene
Prüfungskompetenz
hinsichtlich
der
vom
Vergabeausschuss
ausgewählten Veranstaltungsteilnehmer besteht.
Eine Klage gegen die MSG ist nach einer Ansicht (zu den Meinungen Maurer,
VerwR, § 3 Rn. 26) ebenso vor dem VG möglich, weil es unter dem Gesichtspunkt
„keine Flucht ins Privatrecht“ auf die Rechtsform nicht ankommt. Die Zulassung
kann nach § 70 GewO auch direkt von der MSG vor dem VG verlangt werden.
Andere wollen den Anspruchssteller auf den Privatrechtsweg verweisen. Da ein
Vorgehen gegen die MSG direkt uU nicht vor dem VG statthaft ist, ist es ratsam für
die Mandantin gegen die Gemeinde zu klagen und die MSG beiladen zu lassen. Im
weitern wird daher nur noch die Klage gegen die Gemeinde behandelt.
In einer Klausur hätte bei einer ganz korrekten Bearbeitung im Rahmen einer
Anwaltsklausur eine Klage auch gegen die MSG geprüft werden müssen und dann
im Anschluss an die Prüfung der Erfolgsaussichten beider Klagen im Rahmen der
Zweckmäßigkeitserwägungen der Mandantin ein entsprechender Rat erteilt werden
müssen.
II.
II. Statthafte Klageart
Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Begehren der Mandantin, vgl. § 88
VwGO, das anhand des zum Ausdruck kommenden Rechtsschutzziels zu ermitteln
ist. Vorliegend ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass - wie von der
MSG geltend gemacht - kein Weisungsrecht der Stadt Mülheim gegenüber der MSG
als rechtlich selbstständiger Person des Privatrechts besteht, die Stadt Mülheim also
einen ggf. bestehenden Zulassungsanspruch nicht unmittelbar hätte erfüllen
können. Da aber der öffentlich-rechtliche Zulassungsanspruch durch die Gründung
bzw. Einschaltung einer juristischen Person des Privatrechts nicht entfällt, kann von
der Stadt Mülheim nur verlangt werden, was ihren Einwirkungsmöglichkeiten
unterfällt, nämlich ggf. den Zugang durch Einwirkung auf die privatrechtliche
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Betreibergesellschaft zu verschaffen. Das Begehren der Mandantin ist sich
demzufolge - Anhaltspunkte dafür, dass die Mandantin mit einer entsprechenden
Auslegung ihres Begehrens nicht einverstanden sein würde, dürften nicht ersichtlich
sein - nach Sinn und Zweck darauf gerichtet, dass die Stadt Mülheim ihren Einfluss
auf die MSG mbH in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin geltend macht. Dieser
Einwirkung kommt - im Gegensatz zu einer unmittelbaren Zulassungsentscheidung
durch die Gemeinde selbst - kein Verwaltungsaktcharakter zu. Vor Eintritt der
Erledigung - der Weihnachtsmarkt fand vom 1.12.2011 bis 23.12.2011 statt, Klage
ist noch nicht erhoben - wäre demnach eine allgemeine Leistungsklage statthaft
gewesen. Nach Eintritt der Erledigung ist dann nicht die Fortsetzungsfeststellungs-,
sondern die allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO einschlägig. Der
ausgelegte Antrag geht dementsprechend dahin festzustellen, dass die Stadt
Mülheim auf die MSG mit dem Ziel der Anwendung der Teilnahmebedingen hätte
einwirken müssen, bzw. festzustellen, dass die Ablehnung der Zulassung
rechtswidrig war.
III.
III. Rechtsverhältnis
Das
für
die
Feststellungsklage
nach
§
43
Abs.
1
VwGO
erforderliche
Rechtsverhältnis dürfte gegeben sein. Mit dem Begriff des "Rechtsverhältnisses"
sind alle rechtlichen Beziehungen erfasst, die sich aus einem konkreten Sachverhalt
aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Regelung für das Verhältnis mehrerer
Personen untereinander oder einer Person zu einem Sachgut ergeben. Allerdings
muss die Klage der Klärung eines konkreten Rechtsverhältnisses dienen, was zu
bejahen ist, wenn die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten, bereits
übersehbaren Sachverhalt streitig ist. Vorliegend hat sich die Rechtsbeziehungen
durch den Antrag der Mandantin, durch den die Stadt Mülheim mit dem von der
Mandantin geltend gemachten Zulassungsanspruch befasst wurde, und die
Ablehnung hinreichend konkretisiert.
IV.
IV. Klagebefugnis / Fest
Feststellungsinteresse
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Ein Interesse der Mandantin an der alsbaldigen Feststellung, § 43 Abs. 1 letzter
Halbsatz VwGO, ist auch zu bejahen. Da sich die Klage auf ein in der Vergangenheit
liegendes Rechtsverhältnis bezieht, reicht nicht schon jedes als schutzwürdig
anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art aus,
vielmehr ist wohl erforderlich, dass das Rechtsverhältnis über seine Beendigung
hinaus anhaltende Wirkung in der Gegenwart äußert, was namentlich beim
Bestehen einer Wiederholungsgefahr zu bejahen ist oder wenn die Klärung der in
Frage stehenden Rechtsprobleme für das künftige Verhalten des Klägers wesentlich
ist. Von einer Wiederholungsgefahr ist auszugehen, wenn die hinreichende Gefahr
besteht, dass unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen
Umständen
ein
gleichartiges
Verwaltungshandeln
zu
erwarten
ist.
Diese
Anforderungen sind gegeben. Da die Mandantin sich auch weiterhin um einen
Standplatz auf dem jährlichen Weihnachtsmarkt bewirbt und ihr angestammter
Standplatz auf Dauer weggefallen ist, besteht die hinreichende Gefahr, dass sie auch
künftig ausgeschlossen werden wird.
Es ist in gleicher Weise vertretbar, die Frage, ob das Rechtsverhältnis über seine
Beendigung hinaus Wirkungen äußert, in der Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses
anzusprechen. Vielfach wird neben dem Feststellungsinteresse auch die Klagebefugnis
analog § 42 Abs. 2 VwGO gefordert. Das ergäbe sich aus allgemeinen Erwägungen zur
Vermeidung von Popularklagen und dem Grundsatz der Verletztenklage im deutschen
Verwaltungsprozessrecht. Dem Anliegen kann aber auch durch eine sachgerechte
Auslegung des Feststellungsinteresses genüge getan werden. Grds. ist zu empfehlen, hier
kein Problem zu suchen, wenn die Klagebefugnis ohnehin vorliegt. Dann sollte kurz
erwähnt werden: Die Mandantin ist – unabhängig von der Frage, ob eine Klagebefugnis
überhaupt erforderlich ist, ggf. auch klagebefugt. Sie ist als belastete durch die Ablehnung
der Teilnahme möglicherweise in ihrer Gewerbefreiheit Art. 12, 14 GG verletzt.
V. Klagegegner
Die Klage ist gegen den Rechtsträger des Entscheidungsträgers zu richten, d.h.
demgegenüber das Rechtsverhältnis festgestellt werden soll. Bei Klagen gegen die
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öffentliche Hand ist dies die entsprechende Körperschaft; hier also die Stadt
Mülheim.
B. Begründetheit
Begründet ist die Feststellungsklage, wenn die Auswahlentscheidung rechtswidrig
war, was sich daraus ergeben kann, dass der Mandantin ein Anspruch auf Zulassung
oder auf Neuentscheidung in der Sache zustand.
I. Anspruchsgrundlage
Von der Mandantin wurde zunächst vorgetragen, ein Herr Hauen habe ihr zugesagt,
auch weiterhin auf dem Markt rentabel arbeiten zu können. Darin könnte eine
Zusicherung iSv § 38 VwVfG liegen und diese könnte Grundlage des Begehrens der
Mandantin sein. Im Ergebnis greift dies aber nicht durch:
Zum einen sind an eine Zusicherung hohe Anforderungen zu stellen. Es muss der
unbedingte, bestimmte und zweifelsfreie Wille zum Ausdruck kommen, dass die
Mandantin auch in Zukunft einen Standplatz erhalten werde. Nicht nur ist eine
solche Zusicherung uU rechtswidrig, aus den Angaben der Mandantin wird bereits
nicht hinreichend klar, auf welchen Zeitraum sich die Zusage beziehen soll (für
immer?). Hinzu kommt aus anwaltlicher Sicht, dass die behauptete Zusicherung
kaum zu beweisen sein wird. Damit scheidet § 38 VwVfG als Anspruchsgrundlage
wohl aus.
Grundlage des geltend gemachten Teilnahmeanspruchs ist vielmehr § 70 Abs. 1
GewO. Die als Anspruchsgrundlage auch in Betracht kommende Regelung in § 8
Abs. 2 GO NR W ist, da es sich um einen festgesetzten Spezialmarkt handelt, als
allgemeinere Norm verdrängt.
1. formelle Voraussetzungen
Voraussetzungen
Ob
der
Verschaffungsanspruch
als
Sachurteilsvoraussetzung
die
vorherige
Antragstellung bei der Behörde voraussetzt, kann offen bleiben, da ein Antrag der
Mandantin vorliegt.
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2. materielle Voraussetzungen
a) Festsetzung
Der Weihnachtsmarkt ist eine gemäß §§ 68 Abs. 1, 69 Abs. 1 GewO festgesetzte
Veranstaltung.
b) Teilnehmerkreis
Die Mandantin müsste auch zum Teilnehmerkreis eines derartigen Spezialmarktes
gehören.
Dieser umfasst zunächst jeden, der mit Blick auf die Legaldefinition in § 68 Abs. 1
GewO zu dem angesprochenen Personenkreis zu rechnen ist, ggf. eingegrenzt durch
die Festsetzung und präzisiert durch die Teilnahmebestimmungen. Von den
letztgenannten Beschränkungsmöglichkeiten wurde vorliegend kein Gebrauch
gemacht. Jedoch sind die im 4. Titel genannten Veranstaltungen primär auf den
Warenabsatz gerichtet, die Mandantin bietet aber gastronomische Leistungen an.
Sie ist aber über § 68a GewO in den Teilnehmerkreis einbezogen. Danach dürfen
u.a. auf Märkten alkoholfreie Getränke und zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort
und Stelle verabreicht werden, § 68a S. 1 GewO. Die von der Mandantin
angebotene "Mendener Grillpfanne" dürfte, da sie zum alsbaldigen Verzehr essfertig
angeboten wird, eine zubereitete Speise in diesem Sinne sein. Da die Mandantin
auch besondere Einrichtungen für den alsbaldigen Verzehr vorhält, wie Stehtische,
Abfallbehälter, Geschirr, ist auch ein Verzehr an Ort und Stelle intendiert.
Die durch § 70 Abs. 1 GewO gewährte Marktfreiheit ist durch die Absätze 2 - hier
wohl nicht einschlägig - und 3 Einschränkungen unterworfen. Nach § 70 Abs. 3
GewO kann der Veranstalter aus sachlich gerechtfertigten Gründen, insbesondere
wenn der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreicht, u.a. einzelne Anbieter von
der Teilnahme ausschließen. Bei dieser Ausschlussbefugnis handelt es sich um eine
Ermessensentscheidung, bei der dem Merkmal "aus sachlich gerechtfertigten
Gründen, insbesondere wenn der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreicht"
ermessensbegrenzende Funktion zukommt.
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3. Rechtsfolge
Rechtsfolge
Dem Veranstalter steht bei der Zulassung Ermessen zu. Eine Überprüfung der
Ablehnungsentscheidung findet nach Maßgabe von § 114 VwGO statt.
Die Stadt Mülheim könnte zu Recht von einer Erschöpfung der Kapazitäten
ausgegangen sein. Platzmangel im Sinne von § 70 Abs. 3 GewO ist gegeben sein,
wenn bei sachgerechter Gestaltung das potentielle Platzangebot voll ausgenutzt
wird, Platzreserven also nicht vorgehalten werden. Insofern hat die MSG - von der
Mandantin nicht bestritten - vorgetragen, alle vorgesehenen Standplätze seien
vergeben worden. Mit dem Einwand, ihr Stand habe noch unter dem - generell
freigehaltenen - Vordach des Kaufhauses "Kaufhof' untergebracht werden können,
macht die Mandantin in der Sache einen Anspruch auf Erweiterung der Kapazitäten
geltend, der ihr auf der Grundlage von § 70 Abs. 1 GewO nicht zusteht. Es liegt im
– wohl nur sehr eingeschränkt justiziablen - Gestaltungsbereich des Veranstalters,
die Größe der Veranstaltung zu bestimmen. Überprüft werden kann, ob, was hier
nicht der Fall ist, willkürlich, auf Grund der Annahme falscher Tatsachen oder unter
Nichtbeachtung
einschlägiger
Verfahrensregeln
oder
allgemein
gültiger
Bewertungsmaßstäbe einzelnen Bewerbern die Zulassung verwehrt wurde. Im Falle
der Kapazitätserschöpfung ist im Hinblick auf die Marktfreiheit, die durch § 70 Abs.
2 und 3 GewO zwar modifiziert, aber nicht aufgehoben wird, eine an sachgerechten
Kriterien orientierte Auswahl zwischen den vorhandenen Bewerbern zu treffen, was
hier nicht geschehen ist.
Allerdings ist nicht zu beanstanden, dass die Zahl der Imbissgeschäfte auf 11
beschränkt
war.
Die
Auswahl
der
Bewerber
ist
maßgeblich
an
der
Veranstaltungskonzeption zu orientieren, die ihrerseits im Gestaltungsermessen des
Veranstalters steht. Im Rahmen dieses Gestaltungsermessens kann festgelegt
werden, welches Angebot in welcher Anzahl zugelassen werden soll. Die hier
vorgenommene Beschränkung wird namentlich durch die Erwägung getragen, dass
der Schwerpunkt des Weihnachtsmarktes als Spezialmarkt auf dem Angebot von
Weihnachtsartikeln im engeren Sinne liegen dürfte, wie z.B. Weihnachtsbäumen, schmuck etc., mit der Folge, dass das durch § 68a GewO zulässige Angebot von
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Getränken und Speisen nicht so stark vertreten sein darf, da dadurch der Charakter
eines Marktes als Form des Warenabsatzes verloren geht. Es ist weitergehend wohl
auch zulässig, dass der Veranstalter sein Auswahlermessen im Übrigen - wie hier
geschehen - durch Teilnahmebedingungen bindet. Allerdings ist er dann gehalten,
nicht ohne zwingenden Grund von diesen Regeln abzuweichen, was vorliegend
nicht hinreichend berücksichtigt worden ist. Der Ausschluss der Mandantin wird auf
den Wegfall des der Mandantin bislang zugewiesenen Standplatzes gestützt, ohne
zu berücksichtigen, dass sich die Mandantin schon nicht um einen bestimmten
Standplatz beworben hat - ihr ging es um die Teilnahme am Weihnachtsmarkt
schlechthin -, jedenfalls aber nach den Teilnahmebedingungen ein Anspruch auf
einen
bestimmten
Standplatz
nicht
bestanden
hat
(vgl.
Nr.
5.4
der
Teilnahmebedingungen). Auf das Vorhandensein eines bestimmten Standplatzes
kommt es somit wohl gerade nicht an. Vielmehr sollte die Vergabe unter den
Gesichtspunkten der Attraktivität (Nr. 5.1.1. der Teilnahmebedingungen) und
Bewährung (Nr. 5.1.2. der Teilnahmebedingungen) der Bewerber erfolgen; bei
insoweit gleichgestellten Bewerbern sollte das Los entscheiden (vgl. Nr. 5.2 der
Teilnahmebedingungen). Da auch kein Grund für die Abweichung von den
Teilnahmebedingungen ersichtlich ist, ist davon auszugehen, dass die Mandantin
aus sachfremden Gründen ausgeschlossen wurde. Die Stadt Mülheim hätte auf die
MSG mit dem Ziel der Durchführung eines Losentscheids einwirken müssen.
Daher ist die Feststellungsklage auch begründet
C. Ergebnis
Der Mandantin ist zu raten Klage gegen die Gemeinde Stadt Mülheim vor dem
zuständigen Verwaltungsgericht zu erheben und zu beantragen festzustellen, dass
die Beklagte verpflichtet war, über eine Zulassung der Klägerin mit einem Imbissstand
zum Weihnachtsmarkt im Jahre 2011 neu zu entscheiden bzw. auf die Mülheimer
Stadtmarketinggesellschaft mbH (MSG mbH) mit dem Ziel hätte einwirken müssen, die
Anwendung der Teilnahmebestimmungen sicherzustellen.
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Die MSG mbH wird zweckmäßigerweise vom Verwaltungsgericht beizuladen sein.
Stellt sie dann einen Antrag können ihr Kosten auferlegt werden, § 154 Abs. 3
VwGO.
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