LEAN GESTERN, HEUTE UND MORGEN

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LEAN GESTERN, HEUTE UND MORGEN
Eine Studie der
Staufen AG
und des Instituts
PTW der Technischen
Universität Darmstadt
LEAN GESTERN, HEUTE UND MORGEN
Inhalt
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Wilhelm Goschy
EXPERTEN ZU LEAN MANAGEMENT
EDITORIAL
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Prof. Daniel T. Jones
ÜBER DIE STUDIE
LEAN MANAGEMENT IST AKTUELLER DENN JE
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Prof. Dr.-Ing. Joachim Metternich
Dr. Michael Ballé
DIE SCHLANKE PRODUKTION BLEIBT AUCH KÜNFTIG
LEAN MANAGEMENT:
DAS FÜHRENDE SYSTEM
DIE FÜHRUNGSKRAFT ALS LEHRER UND LERNENDER
18
Dr. Jeffrey K. Liker
TOYOTA IST WEITERHIN DER MASSSTAB FÜR
LEAN MANAGEMENT
20
Dr. Marcus Chao
CHINESISCHE UNTERNEHMEN: MIT LEAN MANAGEMENT
DIE HERAUSFORDERUNGEN MEISTERN
22
Bill Costantino
MIT TOYOTA KATA EINE KULTUR DER PERMANENTEN
INNOVATION SCHAFFEN
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4
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25 JAHRE LEAN MANAGEMENT –
AUSBLICK
WO STEHT DIE DEUTSCHE INDUSTRIE HEUTE?
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LEAN MANAGEMENT
TIMELINE: 25 JAHRE LEAN MANAGEMENT
IM INTERNATIONALEN VERGLEICH
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3.1 AKTUELLER STATUS QUO
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3.2 WORAUF LEAN MANAGEMENT EINFLUSS HAT
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3.3 AUTOMOBILINDUSTRIE PROFITIERT AM STÄRKSTEN
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3.4 FOKUSSIERUNG VOR ALLEM AUF DIE PRODUKTION
44
3.5 PROZESSVERBESSERUNGEN HABEN VORRANG
48
3.6 NACHHOLBEDARF BEI DER FÜHRUNGSLEISTUNG
50
3.7 SHOPFLOOR MANAGEMENT WIRD OFT FALSCH VERSTANDEN
56
3.8 LEAN MANAGEMENT UND INDUSTRIE 4.0
58
3.9 MIT LEAN MANAGEMENT AUF DEM WEG ZUR LOSGRÖSSE 1
60
3.10 WACHSTUMS- UND ERTRAGSZIELE ALS TREIBER VON
LEAN MANAGEMENT
1
„Nur durch Lean Management und die
damit verbundenen Tools und Einstellungen
kann man in einem Betrieb alles erreichen
und ihn von einem Poor Dog zu einem
strahlenden Unternehmen transformieren.“
Marcel Monti Fackert,
Head of Process and Organizational Excellence, Linde Material Handling GmbH
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17
7
1
8
Editorial
Wilhelm Goschy, Vorstand, Staufen AG
„Mich hat Lean Management bereits im Studium Anfang der 90er
Jahre fasziniert, ‚The Machine That Changed the World‘ war für mich
weit mehr als eine Pflichtlektüre.“
19
LIEBE
LESERINNEN
UND
LESER
9
Das Buch „The Machine That Changed
Prof. Daniel T. Jones beschreibt es exklu-
the World“ hat dem Lean Management
siv in einem Beitrag für diese Studie auf
vor 25 Jahren international zum Durch-
Seite 14 so: „Anfangs konzentrierten wir
bruch verholfen. Zwar gab es schon lan-
uns auf die Lean Werkzeuge, dann da-
ge vor den 90er Jahren vielfache Ansät-
rauf, ein Managementsystem aufzubau-
ze, die Arbeit in der Industrie effizienter
en, das diese unterstützt. Und dann auf
und effektiver zu gestalten. Doch erst
eine Transformationsmethode, um eine
mit dem Klassiker von James P. Womack,
Organisation zu verändern.“
Prof. Daniel T. Jones und Daniel Roos entstand eine Denkweise im Management,
Es geht heute bei Lean Management da-
die zu Recht von sich behaupten kann,
rum, lernende Organisationen zu schaf-
die Kultur in den Fabrikhallen fast über-
fen, mit denen es Unternehmen gelingt,
all auf der Welt nachhaltig verändert zu
sich schnell auf Veränderungen und He-
haben.
rausforderungen einzustellen. Lean Management ist kein alter Hut, sondern es
Schon bald nach Erscheinen des Buches
bildet die absolut notwendige Grundla-
wurde die klassische Massenprodukti-
ge, die rasante Entwicklung zur digitali-
on zum Auslaufmodell, etablierten sich
sierten und vernetzten Industriewelt zu
auch in Deutschland moderne, flexible
meistern.
Fertigungsmethoden nach dem Vorbild
des Toyota-Produktionssystems. Mich hat
Für die Unternehmen ist es an der
Lean Management bereits im Studium
Schwelle eines neuen industriellen Zeit-
Anfang der 90er Jahre fasziniert; „The
alters daher wichtig zu wissen, wo sie
Machine That Changed the World“ war
stehen und ob bei ihnen mit Lean Ma-
für mich weit mehr als eine Pflichtlektü-
nagement die Basis für die Smart Factory
re. Von der Theorie war ich begeistert,
geschaffen ist. Die Staufen AG hat das
und was Lean in der Praxis bedeutet und
25-jährige Jubiläum des Lean Klassikers
bewirken kann, habe ich dann während
daher zum Anlass genommen nachzu-
meiner anschließenden Zeit beim Auto-
fragen, wie Lean Management die Arbeit
mobilbauer Dr. Ing. h.c.F. Porsche AG
verändert hat und wo es bei der Umset-
erfahren. Endgültig mit dem Lean Virus
zung noch hakt. Die Resonanz auf die
infiziert, entschloss ich mich Ende der
Befragung war überwältigend. Mehr als
90er Jahre, auch andere Unternehmen in
1.300 Führungskräfte aus Deutschland
Deutschland beim Aufbau von Lean Ma-
haben daran teilgenommen – weit mehr
nagement zu unterstützen.
als je zuvor bei einer Studie zu diesem
War Lean Management anfangs aller-
Thema. Das ist ein ganz klares Votum
dings noch eher ein Tool und eine Me-
dafür, dass die deutsche Industrie dem
thode für die Produktionsabteilungen, so
Thema Lean Management nach wie vor
ist es inzwischen weit mehr.
eine hohe Bedeutung beimisst.
1
Über die Studie
Für die Studie 25 Jahre Lean Management
hat die Unternehmensberatung Staufen AG
gemeinsam mit dem Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) der Technischen Universität
Darmstadt im Februar 2016
Industrieunternehmen in Deutschland,
Österreich und der Schweiz befragt.
10
1
1.526
1.347
2/3
Führungskräfte insgesamt
haben an der Studie
teilgenommen, davon
aus Deutschland.
kommen aus dem
Maschinen- und Anlagenbau,
der Automobil- und
Elektroindustrie.
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DIE
SCHLANKE
PRODUKTION
BLEIBT
AUCH
KÜNFTIG
DAS
FÜHRENDE
SYSTEM
Prof. Dr.-Ing. Joachim Metternich,
Stellvertretender Leiter des Instituts
Die schlanke Produktion hat in Deutschland einen langen, nicht immer einfachen Weg
PTW, TU Darmstadt
hinter sich. In den 90er Jahren machten vor allem Automobil-OEM und ihre Zulieferer
ihre ersten Gehversuche mit Themen wie 5S, Schnellrüsten, Kanban und Gruppenarbeit. Sie waren aufgeschreckt durch die starke Konkurrenz aus Fernost und nicht
zuletzt durch das bahnbrechende Werk von Womack, Jones und Roos „The Machine
That Changed the World“. Ohne die Philosophie der schlanken Produktion wirklich zu
verstehen und ohne eine echte kulturelle Verankerung war dieses projektgetriebene
Vorgehen häufig zum Scheitern verurteilt. In einer zweiten Lean Welle, die Anfang
des vergangenen Jahrzehnts unter dem Begriff Wertstrommanagement auch nach
Deutschland schwappte, machte man das Streben nach Fluss in der Produktion zur
Richtschnur der Lean Aktivitäten. Mit dem Ziel, Prozesse zu stabilisieren und Durchlaufzeiten zu reduzieren, wurden Lean Projekte priorisiert und in einen Gesamtzusammenhang gestellt.
Deutliche Verbesserungen von Qualität, Produktivität und Beständen waren die Folge. Dennoch, das eigentliche Ziel von Lean wurde so nicht erreicht: eine schlanke,
lernende Organisation zu verankern, in der Prozesse und Mitarbeiter gleichermaßen
entwickelt werden. Die Verbesserungen waren getrieben durch das Management
und umgesetzt mit Hilfe interner und externer Beraterteams. Auf die Frage nach der
Verankerung eines echten kontinuierlichen Verbesserungsprozesses suchen Unternehmen noch heute Antworten, wie die vorliegende Panelstudie zeigt.
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Wie ist es beispielsweise zu erreichen, dass
–– Mitarbeiter Abweichungen und Verbesserungsmöglichkeiten erkennen können
und auch wollen?
–– der Wille zur Verbesserung nicht vom persönlich erzielbaren Geldbetrag abhängt?
–– Mitarbeiter sich stetig zu besseren Problemlösern entwickeln?
–– Führungskräfte ihre Mitarbeiter bei der täglichen Verbesserungsroutine
unterstützen und fördern?
Antworten darauf finden sich im Zu-
Es erlaubt Komplexität und Selbststeue-
sammenhang mit der Einführung des
rung, wo
Shopfloor Management – ein zurzeit
Credo war. Jenseits einer ideologischen
hochaktuelles Thema in der Lean Gemein-
Diskussion – und das zeigen auch die Er-
de, wie die Panelbefragung ebenso zeigt.
gebnisse der Panelstudie – gibt es keinen
über viele Jahre Stabilität das
Widerspruch, sondern eher Ergänzung
Viele Unternehmen haben bereits ein
zwischen Lean Management und Indus-
weit fortgeschrittenes schlankes Pro-
trie 4.0. Gerade im Bereich der Prozess-
duktionssystem etabliert und stoßen
verbesserung werden hohe Potenziale
langsam an die Grenzen der Verbesse-
gesehen. Man denke nur an ein fehler-
rung. Sie erkennen nun, dass schon in
haftes Produkt, das seine Prozessdaten
der Produktentstehung die Weichen für
kennt und es so ermöglicht, den Punkt
eine einfache Materialbereitstellung oder
der Fehlerentstehung schnell und genau
die Fehlerfreiheit in der Montage gestellt
einzugrenzen. Oder die Möglichkeiten
werden. Sie verstehen auch, dass eine
zur Standardisierung, auch in der Einzel-
gleichmäßige Einplanung für Stabilität
stückproduktion, wenn das Produkt den
in den Prozessen und kurze Durchlauf-
Prozess steuert und dabei eigene Stan-
zeiten sorgt. Um die nächste Stufe der
dardanweisungen generiert.
Exzellenz zu erreichen, muss der Lean
Gedanke also alle Unternehmensberei-
Eines zeigt sich schon jetzt: Die schlan-
che – von der Entwicklung bis zum Ver-
ke Produktion bleibt auch künftig das
trieb – erfassen. Ein bloßes Übertragen
führende System. Sie bietet einen wer-
bekannter Methoden greift spätestens
tebasierten Ansatz, Mitarbeiter für Ver-
hier jedoch zu kurz. Nur ein tiefes Ver-
besserungsaktivitäten
ständnis der Lean Denkweise hilft, auch
Sie schafft die Standards und das Ma-
in Entwicklung oder Vertrieb die richti-
nagementsystem – den Kontext für Big
gen Lean Ansätze zu finden. Damit wird
Data. Sicher ist: Die Weiterentwicklung
in vielen Unternehmen Lean Production
von Lean wird auch in den nächsten 25
schrittweise zum Lean Management.
Jahren ein faszinierendes Thema bleiben.
zu
engagieren.
Einige Verwirrung in der Lean Gemeinde stiftet das aktuelle Thema „Industrie
4.0“. Es verspricht Optimierung statt
kontinuierlicher Verbesserung.
„Die Weiterentwicklung von Lean wird auch in den
nächsten 25 Jahren ein faszinierendes Thema bleiben.“
2
2
„Lean Management ist kein ‚lästiges Übel‘,
es ist der Beginn, etwas zu verbessern.
Die nachhaltige Umsetzung beginnt in der
Strategie und der konsequenten Verfolgung
des Managements.“
Christian Schneider,
Leiter Serienfertigung Stanz- und Umformtechnik /
Leiter Werkzeugservice, voestalpine AG
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2
15
2
LEAN
MANAGEMENT
16
IST
AKTUELLER
DENN
JE
Prof. Daniel T. Jones,
Gründer Lean Enterprise Academy,
Mitautor von „The Machine That
Changed the World”
Unser Bestseller „The Machine That Changed
the World“ war Anfang der 90er Jahre
eines der ersten Bücher, die das volle Potenzial von Lean Management dokumentierten.
Es fand damals großen Anklang, weil es auf
präzisen Benchmarking-Daten basierte und
die Leistungsfähigkeit der schlanken
Produktion gegenüber der Massenproduktion
enthüllte. Die Ergebnisse konnte niemand
ignorieren.
Auch der dauerhafte Erfolg Toyotas erregte
Aufmerksamkeit und lenkte die Blicke auf
Lean Management.
2
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„Die deutsche Industrie wurde auf Lean
aufmerksam, als sie sich wachsendem
internationalem Wettbewerb und der
stetigen Abwanderung der Produktion
nach Osten, in Länder mit niedrigeren
Löhnen, gegenübersah.“
MIT LERNENDEN ORGANISATIONEN DIE
VERÄNDERUNGEN BEWÄLTIGEN
Wir Wissenschaftler haben unser Verständnis von Lean über die
vergangenen 25 Jahre weiter vertieft, indem wir lernten, was
Inzwischen setzen viele Industrieunternehmen auf die schlanke
funktioniert und was nicht. Anfangs konzentrierten wir uns
Produktion und erarbeiten sich damit Wettbewerbsvorteile. Al-
auf die Lean Werkzeuge, dann darauf, ein Managementsystem
lerdings war dieser Schritt zum Lean Management für deutsche
aufzubauen, das diese unterstützt. Schließlich zielten wir da-
Firmen kein leichter. Und anfangs geriet Lean auch in einen
rauf ab, die Organisation als Ganzes zu verändern. Nun wird
Konflikt zwischen Verfechtern des sogenannten Computer-in-
deutlich: Im Kern geht es darum, eine lernende Organisation
tegrated manufacturing (CIM) und den Gewerkschaften. War
aufzubauen, in der Führungskräfte als Mentoren ihrer Mitarbei-
CIM gedanklich mit einer menschenleeren Fabrik verbunden,
ter auftreten und diese kontinuierlich darin coachen, Verbesse-
kämpften die Gewerkschaften damals für autonome Teams in
rungen zu entwickeln und umzusetzen. Wir beobachten derzeit
der Produktion. Lean bereicherte diese Diskussion: One-piece-
außerdem, wie Lean in der digitalen Welt der Softwareentwick-
flow statt Massenproduktion, so lautete die Lösung.
lung und der rasanten Innovationen funktioniert.
Auch wenn dies auf den ersten Blick nicht immer erkennbar
Fest steht: Software- und Hardwarewelt nähern sich immer
ist: Lean Management trägt dazu bei, Industriearbeitsplätze zu
stärker an. Und wenig überraschend ist dabei: Um die eige-
sichern – auch in Deutschland. Es macht Unternehmen wettbe-
ne Leistungsfähigkeit zu erhöhen, setzt die Softwareentwick-
werbsfähiger. Jobs müssen vor allem diejenigen abbauen, die
lung nun ebenfalls auf die Methoden des Lean Managements.
im harten internationalen Konkurrenzkampf ins Hintertreffen
Die Herausforderung besteht darin, die Aktivitäten der Soft-
geraten.
wareentwickler in jede Facette des Unternehmens zu integrieren, statt im stillen Kämmerlein Lösungen erarbeiten zu lassen,
TOYOTA BLEIBT EIN STARKES VORBILD
die dann von anderen genutzt werden müssen.
Lean Management ist heute aktueller denn je. Es unterscheidet
FÜHRUNGSKRÄFTE MÜSSEN VOR ORT UNTERSTÜTZUNG LEISTEN
sich von allen anderen modernen Managementmethoden. Und
Toyota bleibt dabei ein beeindruckendes Referenzmodell. Der
Automobilhersteller entwickelt das Lean-Denken immer noch
Wie auch die Lean Management Studie der Staufen AG zeigt,
weiter, hinterfragt existierende Methoden und Technologien.
setzen sehr viele deutsche Industrieunternehmen auf Lean,
Die Aussage „Es geht nicht“ ist für die Japaner nur eine schwa-
doch es bleibt noch Verbesserungspotenzial. Zahlreiche Un-
che Entschuldigung dafür, es nicht härter versucht zu haben.
ternehmen benutzen zwar Lean Werkzeuge und -Methoden,
Hinzu kommt: Lean zielt darauf ab, die gesamte Belegschaft
um die schlanke Produktion zu etablieren. Doch wenn dann
am Lernprozess zu beteiligen. Es geht allerdings hier nicht da-
die Puffer und Sicherheitsnetze entfernt werden, brauchen Un-
rum, wie es bei vielen anderen Managementansätzen der Fall
ternehmen ein Managementsystem, das jederzeit schnell auf
ist, sich auf ein paar ausgewiesene Experten zu verlassen, die
die unausweichlich auftretenden Betriebsstörungen reagiert.
bessere Systeme designen, in denen dann andere arbeiten –
Und das lässt sich nur erreichen, wenn die Beschäftigten in der
sondern die Mitarbeiter sollen die wissenschaftlichen Metho-
Fertigung Probleme bei den Wurzeln packen, selbst Lösungen
den für den täglichen Verbesserungsprozess konkret selbst
suchen und finden.
umsetzen.
2
18
Prof. Daniel T. Jones
Erforderlich hierfür sind Führungskräfte, die mehr Zeit darauf
Würde ich das Buch „The Machine That Changed the World“
verwenden, Arbeitskräfte vor Ort zu unterstützen. Sie müssen
heute wieder so schreiben? Ich würde darauf aufbauen und die
ihre Mitarbeiter befähigen, ihre Arbeit und Prozesse permanent
Ideen des Lean Learning und Lean Thinking miteinander kom-
selbst zu verbessern. Das ändert die Arbeitsweise des Manage-
binieren. Und ich würde über die Produktion hinausblicken. Be-
ments mindestens ebenso stark wie die der Produktionsmitar-
sonders beeindruckend ist ja zu beobachten, wie sich der Lean
beiter. Viele deutsche Manager fühlen sich aber immer noch
Gedanke derzeit von der produzierenden Industrie auf andere
wohler im Büro bei der Datenauswertung als vor Ort im Werk.
Bereiche ausdehnt – eine Entwicklung, die sich beispielsweise
in Großbritannien sehr deutlich zeigt, und zwar vom Einzelhan-
LEAN MANAGEMENT BLEIBT AKTUELL
del über den Bausektor bis hin zu Dienstleistungen, Behörden
und Gesundheitswesen. Lean Management bleibt also auch in
Mein Fazit: Die schlanke Produktion zielt nicht nur darauf ab,
existierende Anlagen und Prozesse zu optimieren. Es geht vielmehr darum, das Wissen über die Grenzen der derzeitigen
Prozesse in Verbindung mit technischen Möglichkeiten und die
Rückmeldung der Nutzer wahrzunehmen und zu verarbeiten.
Mit anderen Worten: Bei Lean geht es um das Beschleunigen
von dynamischen Verbesserungen.
Zukunft spannend.
2
LEAN
MANAGEMENT:
19
DIE
FÜHRUNGSKRAFT
ALS
LEHRER
UND
LERNENDER
Lean Management ist zu einem großen
Nicht zuletzt müssen Führungskräfte
Teil ein Führungssystem. Es kann gelehrt
dabei auch bereit sein, selbst zu lernen.
und erlernt werden, sogar von Personen,
Sie müssen in der Lage sein, die richti-
denen man das eigentlich gar nicht zu-
gen Schlüsse aus den Ideen am Ort der
traut. Eine gute Lean Führung zeichnet
Wertschöpfung zu ziehen und die eige-
sich dadurch aus, dass sie gar nicht als
nen Prozesse entsprechend anzupassen.
solche zu erkennen ist. Wir wollen Füh-
Sehr gute Lean Führungskräfte werden
rungspersönlichkeiten, die leidenschaft-
übrigens häufig nicht als solche erkannt,
lich sind und sachkundig gegenüber
denn sie sind verschwiegen, bedächtig
ihren Produkten und Services auftreten
und zurückhaltend.
und die unbeschwert mit ihren Mitarbeitern umgehen. Von einer guten
Führungskraft wird erwartet, dass sie
Wir stellen heute fest:
Denkroutinen in den Teams etabliert,
Die Lean Kultur passt sehr gut
mit denen Probleme gelöst werden kön-
auch zu den jungen
nen. Diese Techniken tragen zugleich
dazu bei, den Job jeden Tag ein bisschen
Menschen, die jetzt im Berufs-
besser zu machen.
leben ankommen, zur
Dr. Michael Ballé,
Das kann für die Mitarbeiter ziemlich
sogenannten Generation Y.
Lean-Leadership-Experte, Autor von
herausfordernd und stressig sein. Daher
„The Lean Manager“
brauchen wir Führungskräfte, die ruhig
und „Lead with Respect“
und verständnisvoll agieren und sich
Nach meiner Erfahrung ist sie weniger
nicht zu Kurzschlusshandlungen verlei-
ideologisch, dafür pragmatischer und
ten lassen. Wir suchen nach Führungs-
umgänglicher als die Generation davor.
kräften, die zuhören und eine Situation
Auch in der Generation Y gibt es natür-
gut analysieren können, um dann be-
lich sehr viele unterschiedliche Persön-
harrlich nach Lösungen zu suchen. Der
lichkeiten.
Schlüssel zum Erfolg auf dem Shopfloor
Bisher schien es mir doch, dass die Gene-
ist, das Problem gemeinsam zu definieren
ration Y sehr viel offener dafür ist, Dinge
und erst danach über Lösungen zu disku-
aus verschiedenen Blickwinkeln zu be-
tieren. Führungskräfte müssen dabei ein
trachten. Und ich habe den Eindruck, sie
Interesse an dem Problem an sich haben
akzeptiert sehr viel leichter, dass nicht alles
und bereit sein, ihre Gruppenmitglieder
schwarz oder weiß ist, sondern dass der
bei der Ideenfindung zu unterstützen.
Kern irgendwo im grauen Bereich liegt.
2
20
TOYOTA
IST
WEITERHIN
DER
MASSSTAB
Dr. Jeffrey K. Liker, Professor of Industrial and Operations Engineering, University of Michigan
2
21
FÜR
LEAN
MANAGEMENT
Die dem Toyota-Produktionssystem und
Toyota investiert permanent viel Geld in
sich manipuliert zu wissen, um gewissen
der damit einhergehenden Führungskul-
die Fort- und Weiterbildung von Men-
Standards gerecht zu werden. Deutsche
tur zugrunde liegenden Prinzipien haben
schen sowie in die Entwicklung der Un-
hingegen besitzen eine große Zuversicht
sich in den vergangenen 60 Jahren nicht
ternehmenskultur. Diese Anstrengungen
und agieren damit oft sehr erfolgreich. Sie
verändert. Spezifische Aspekte der tech-
stehen exemplarisch für die Lean Prin-
denken sehr mechanisch und bevorzugen
nischen Lösungen von Toyota und der
zipien, wie auch ich sie vermittle. Ganz
klare Roadmaps und Lösungen als Basis.
dortigen Kultur erfahren jedoch immer
wichtig dabei jedoch: Die Orientierung
Standards sind etwas Natürliches. Der Be-
wieder einen Wandel. Auf kultureller
an der Toyota-Methode heißt nicht, sie
griff „Bürokratie“ wurde am deutlichsten
Ebene hat Akio Toyoda zum Beispiel sehr
eins zu eins zu kopieren. Vielmehr sollten
von Max Weber definiert, einem deut-
viel unternommen, um den langsamen
Unternehmen bei der Einführung von
schen Soziologen. In manchen Dingen
und
Entscheidungsfindungs-
Lean Rücksicht nehmen auf ihre ganz ei-
sind Deutsche wie Amerikaner. In man-
prozess des japanischen Autobauers mit
ruhigen
gene Kultur und die Gegebenheiten im
chen Dingen, wie dem Akzeptieren von
den schnellen Prozessen des Westens zu
Betrieb.
Standards, aber wie Japaner. Aber auch
kombinieren. Er hat hart daran gearbeitet, einen Grad regionaler Eigenständigkeit zu schaffen. Denn Toyota soll ja nicht
eine japanische Firma mit Geschäften im
Deutsche können ihren ganz eigenen,
TROTZ ALLER UNTERSCHIEDE
ERGEBEN SICH GLEICHE
HERAUSFORDERUNGEN
Ausland sein, sondern ein echtes globa-
starren Denkansatz haben. Technologie
ist als Antwort etwas sehr Selbstverständliches in Deutschland. Genauso wie die
Interpretation von Lean als Toolkit zur me-
les Unternehmen. Damit verbunden sind
Und es gilt, auch auf nationale Prägun-
erhebliche kulturelle und fortlaufende
gen Rücksicht zu nehmen. Amerika ist
Veränderungen.
das individualistischste Land der Welt,
Der Vergleich zwischen den Ländern
entsprechend groß sind die Widerstände
zeigt: Lean muss auch von Land zu Land
gegen die eher kollektivistischen Prin-
unterschiedlich gelebt werden. Dennoch
zipien der Toyota-Methode – beispiels-
stehen alle vor der gleichen Herausforde-
weise wenn es darum geht, die eige-
rung: Die Welt ist komplex und unvor-
Um es klar zu sagen: Auch heute noch
nen Interessen zum Wohl der größeren
hersehbar. Wir müssen daher durch Vor-
ist Toyota der Maßstab für Lean Manage-
Gemeinschaft unterzuordnen. Amerika
stöße und Experimente ergründen, wie
ment. Was ich damit meine, ist, dass
ist außerdem ein Land, das mit großem
wir den fortwährenden, auf uns zukom-
das Unternehmen das beste bekannte
Selbstvertrauen eine Geschichte der er-
menden Herausforderungen begegnen
Beispiel für eine tiefgreifende Unterneh-
folgreichen Rebellion gegen den Sta-
können. Menschen sind das wertvollste
menskultur darstellt, welche die Prin-
tus quo aufweist, während die Japaner
Mittel, sich an die schnell verändernde
zipien der Mitarbeiterachtung und der
eher von Zurückhaltung und Demut ge-
Welt anzupassen. Deshalb müssen wir
kontinuierlichen Verbesserung vereint.
prägt sind. Amerikaner mögen es nicht,
sie pflegen und fortbilden.
AUF DIE EIGENE KULTUR
RÜCKSICHT NEHMEN
chanischen Veränderung von Prozessen.
2
CHINESISCHE
UNTERNEHMEN:
22
MIT
LEAN
MANAGEMENT
DIE
HERAUSFORDERUNGEN
MEISTERN
Dr. Marcus Chao,
President, Lean Enterprise China
2
23
Das rasante wirtschaftliche Wachstum der vergangenen drei Jahrzehnte in China hat einen neuen Meilenstein in der
Geschichte der Weltwirtschaft gesetzt. Während dieser Zeit haben die meisten chinesischen Firmen Energie und Ressourcen für die Herstellung von Produkten und Services genutzt, um Wohlstand zu schaffen. Allerdings haben dabei
nur ein paar wenige Firmen Qualität, Produktivität und Service in den Vordergrund gestellt. Und die, die es taten,
waren meist ausländische Unternehmen. Insbesondere sie nutzen Lean Management bereits und hinterlassen ihren
Fußabdruck in China in Form von klar spezifizierten Anforderungen und Anleitungen ihrer Muttergesellschaften.
AUF EIGENE STÄRKEN UND
SCHWÄCHEN ACHTEN
Heute müssen sich staatliche und private
Ihre Lenker haben Energie, Unternehmer-
Unternehmen zahlreichen Herausforde-
geist und den Willen, sich an neuen Ide-
rungen stellen – wie beispielsweise dem
en zu versuchen. Entsprechend werden
globalen und heimischen wirtschaftli-
sie als treibende Kräfte Chinas nächsten
Derzeit stehen die Firmen in China –
chen Abschwung, steigenden Arbeits-
wirtschaftlichen Sprungs gesehen. Die
genau wie Unternehmen aller anderen
kosten, instabilen Währungen und strik-
aktuelle Entwicklung der Internettech-
Länder – vor großen Veränderungen, be-
teren Anforderungen an Umwelt und
nologie verschafft vielen chinesischen
dingt auch durch den Aufbruch hin zur
Sicherheit.
Unternehmen große Wachstumschan-
Smart Factory. Das Industrie-4.0-Konzept
Die Unternehmensführer sind gezwun-
cen. Sie sind bereit sich zu verändern
wurde von Deutschen aufgrund spezifi-
gen, dafür Lösungen zu finden. Mit Hilfe
und zu lernen. Auch von deutschen Pro-
scher sozialer und wirtschaftlicher Hin-
von Lean Thinking kann es ihnen gelin-
duktionsfirmen, die seit Jahren weltweit
tergründe entwickelt. Auch hier können
gen, diesen Problemen zu begegnen,
führend sind. Das technische Design und
chinesische Firmen von den Partnern aus
indem Prozessverbesserungen in Gang
die Prozess- und Qualitätsdisziplin dienen
Deutschland
gesetzt werden und die Wettbewerbsfä-
als Vorbild, ebenso aber auch die Kultur,
müssen sie ebenso auf ihre eigenen Stär-
higkeit gestärkt wird.
nach Exzellenz zu streben.
ken und Schwächen achten.
VON AUSLÄNDISCHEN
UNTERNEHMEN LERNEN
DIE EIGENE KULTURELLE
IDENTITÄT NICHT AUFGEBEN
Klar ist: Automation und Smart Manu-
lernen.
Nichtsdestotrotz
facturing basieren immer noch auf einer
stabilen Lean Arbeitsweise des „Flie-
Einige chinesische Staatsunternehmen
Andererseits haben Chinesen eine tra-
ßens“ und der „kontinuierlichen Ver-
hatten sich bereits in den frühen 80er Jah-
ditionelle Kultur des Respektierens von
besserung“. Es gilt daher für chinesische
ren bemüht, von Toyota zu lernen, es aber
Älteren, der Sorge um andere und der
Unternehmen, trotz neuer Technologien
nicht geschafft, Lean Management im
kontinuierlichen Verbesserung. Viele chi-
zu den Grundlagen zurückzufinden und
Tagesgeschäft umzusetzen. Die häufige
nesische Wirtschaftsführer haben hart
die Prozesse effektiv und effizient zu ge-
Rotation des Top-Managements und der
dafür gearbeitet, das Konzept „Happi-
stalten. Ich denke, Lean Management
zu große Fokus auf Leistung drängten die
ness Enterprise„ in ihren eigenen Firmen
bildet für chinesische Firmen die Grund-
Führungskräfte dazu, sich eher auf kurz-
einzuführen. Wir würden uns wünschen,
lage, ihre heutigen Herausforderungen
fristige Erfolge zu fokussieren anstatt auf
dass auch deutsche Unternehmen die
zu meistern.
eine langzeitige Nachhaltigkeit.
Möglichkeiten dafür schaffen, traditionelle chinesische Kultur und deutsche
Eine gute Ausgangslage haben heute vor
Technologie zu vereinen. Auf diese Weise
allem die chinesischen Privatunterneh-
könnten wir Verschwendung vermeiden
men; bei ihnen handelt es sich oft um
und eine Kultur der kontinuierlichen Ver-
kleine und mittelständische Firmen.
besserungen aufbauen.
2
MIT
TOYOTA
KATA
EINE
KULTUR
DER
PERMANENTEN
INNOVATION
SCHAFFEN
24
WAS MEINT EIGENTLICH
TOYOTA KATA?
Das Wort „Kata“ stammt aus dem
Kampfsport. Eine Kata ist eine
Abfolge von Bewegungen, die
Kampfsportler lebenslang gleich
ausüben.
Toyota Kata ist also eine Übungsrou-
Bill Costantino,
tine, die immer und immer wieder-
Kata-Experte und
holt wird – bis sie zur zweiten Natur
Gründer der W3 Group
wird. In der Kampfkunst übt der
Schüler seine Kata unter dem Blick
und der Anleitung des Lehrmeisters
– des Sensei.
2
25
WAS BEDEUTET TOYOTA KATA
IM BERUFLICHEN KONTEXT?
WELCHE EFFIZIENZSTEIGERUNGEN
SIND MÖGLICH?
Im Management steht Kata für das regelmäßige Verbessern
Unternehmen können starke Verbesserungen in den Bereichen
durch den Mitarbeiter, welcher durch seine Führungskraft im
Produktivität, Durchlaufzeiten, Qualität, Kosten, Effektivität etc.
Sinne eines Mentors unterstützt wird. So werden dann Verbes-
erzielen. Im Rahmen der Toyota-Kata-Praxis führt der Lernen-
serungsroutinen geschaffen, bei denen man sich schrittweise
de kleine, aber schnell umzusetzende Experimente durch, um
einem definierten Zielzustand annähert. Ein konkretes Vorha-
so an Wissen zu gewinnen und den Prozess systematisch über
ben könnte lauten: Halbierung der Fehlerrate pro Schicht. Mit
die Zeit zu verändern. Im Idealfall führt der Mentee ein Experi-
sich wiederholenden „Plan, Do, Check, Act“ (PDCA)-Zyklen nä-
ment pro Tag durch. Die pharmazeutische Fabrik von Merck in
hert man sich dann gemeinsam dem Ziel, bis es erreicht ist und
Elkton, Virginia, schaffte es zum Beispiel, die Stillstandszeiten
ein neues formuliert werden kann.
von 10.000 Sekunden pro Arbeitsschicht auf 100 Sekunden zu
reduzieren.
WAS IST NEU?
Der Toyota-Kata-Ansatz unterstreicht die Wichtigkeit von Rou-
WARUM SOLLTEN INDUSTRIEUNTERNEHMEN
GENAU JETZT TOYOTA KATA EINFÜHREN?
tinen und zeigt Praxisübungen zur Verbesserung auf. In dieser
Art des Managements sind drei wichtige Rollen auszumachen:
In den letzten 25 Jahren haben weltweit viele Unternehmen
der Lernende (Mentee), die Führungskraft (Coach) und sowie
Lean Management implementiert, sehr oft durch den Einsatz
der zweite Coach. Die Rolle des zweiten Coaches übernimmt
von Methoden wie Kanban, 5S, Rüstzeitoptimierung etc. In
im Veränderungsprozess am Anfang der externe Berater, spä-
den vergangenen 10 bis 15 Jahren haben die Unternehmen re-
ter eine übergeordnete Führungskraft. Der Coach betreut den
alisiert, dass es einen ganzheitlich ausgerichteten systemischen
Mentee mittels täglicher kurzer Gespräche. Dies bringt unab-
Ansatz braucht, die verschiedenen Werkzeuge miteinander zu
hängige Problemlöser hervor, die in der Lage sind, ihre eigene
vernetzen. Toyota Kata bringt dies nun auf einen höheren Level,
Kreativität, Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit bezüg-
denn es erzwingt einen Paradigmenwechsel in der Unterneh-
lich neuer Unternehmensziele einzubringen.
mens- und vor allem in der Führungskultur.
Manager und Führungskräfte besitzen mit Toyota Kata nun
WIE GELINGT ES KATA, EINE KULTUR DER
PERMANENTEN INNOVATION ZU SCHAFFEN?
eine Möglichkeit, ihre Vorarbeiter am Band zu coachen und sie
tagein und tagaus einen strukturierten Problemlösungsansatz
durchführen zu lassen. Toyota Kata stimuliert die Kreativität
Gegenwärtig ist es üblich, dass Verbesserungsanstrengungen
und Innovationskraft der Mitarbeiter, um neue Lösungen hin-
mit großen Kaizen-Events und unter Einbindung von ausge-
sichtlich neuer Herausforderungen zu generieren.
wiesenen Methodenexperten wie Six Sigma Black Belts usw.
stattfinden. Allerdings benötigen diese Workshops weitere
Folgeaktivitäten, die dann meistens doch nicht geschehen. Da
Verbesserungsideen oft auch noch außerhalb der Belegschaft
erarbeitet und ihr dann aufgezwungen werden, ist wenig Entschlossenheit vorhanden, die Verbesserungen umzusetzen. Bei
Toyota Kata hingegen nehmen der Lernende und der Coach
Führungsaufgaben im direkten Arbeitsumfeld wahr: auf der
Shopfloor-Ebene beispielsweise ein Vorarbeiter oder Teamleiter
und sein Fertigungsleiter. Diese beiden sind eng mit den Prozessen verbunden und haben ein starkes Interesse daran, dass die
Verbesserungen zum Erfolg führen.
3
25 Jahre Lean Management – wo steht
die deutsche Industrie heute?
26
3
27
1945
1956
1991
Entwicklung und Implementierung einzelner Methoden und Werkzeuge
Gestern
Die sieben Verschwendungsarten – direkte Bereiche
1. Überproduktion
2. Bestände
3. Produktion von Schlechtteilen, Ausschuss
4. „Overprocessing“ (im Arbeitsprozess selbst,
nicht angemessene Methode)
5. Transport
6. Bewegung
7. Wartezeit vom Mitarbeiter oder von Produkten
+++
Ein Systemverständnis entwickelt sich /
Prozesse werden ganzheitlich betrachtet /
Produktionssysteme werden entwickelt und
eingeführt / Experten werden ausgebildet
1999
2003
2004
Entwicklung / Implementierung von Wertschöpfungssystemen
2005
2007
Vier Merkmale einer schlanken Produktion
1. Störungsfreiheit, Null-Fehler-Strategie
– Robuste Prozesse bilden die Grundlage für die drei anderen Merkmale
– Fehler werden sofort behoben
– Ordnung und Sauberkeit bilden die Grundlage für robuste Prozesse
2. Fluss
– Im Idealfall besteht ein durchgängiger One-piece-flow von Rohmaterial zum Fertigprodukt
– Kontinuierlicher Fluss mit geringstmöglicher Weitergabemenge minimiert die Durchlaufzeit
3. Rhythmus
– Die geglättete und nivellierte Produktion orientiert sich an einem einheitlichen Rhythmus
– Der Kunde gibt den Takt vor
– Standardisierte Arbeit vermeidet Verschwendung
4. Sog (ziehende Fertigung)
– An den verbleibenden Schnittstellen wird das Pull-Prinzip eingerichtet
– Die Verantwortung für die Materialnachschubsteuerung wird weitestgehend
an die Herstellung übergeben
Die wesentlichen Erfolgsfaktoren:
1. Führungsprinzip – Go & See, die Führungskraft kennt
die Prozesse und Probleme vor Ort
2. Führungsstil – Orientierung am Mentor-Mentee-Prinzip
3. Führungsinstrumente – Nutzung eines interaktiven Info-Centers
vor Ort mit zeitaktuellen Daten
4. Führungsspanne – Reduzierung auf eine wirksame
Führungsspanne von acht bis zehn Mitarbeitern
Führungskräfte werden zu Lean
–
Der Zusammenhang der Methoden ist
noch nicht gegenwärtig / Es besteht keine systematische Ausrichtung
Industrie 4.0 / Smart Factory ergänzen das Lean Management und
werden weiter ausgebaut.
Die Digitalisierung schreitet unaufhörlich voran
Neue Geschäftsmodelle werden entwickelt und einzelne
Vorreiter im Markt etabliert.
Industrie 4.0 / Smart Factory treten auf den Plan.
Shopfloor Management wird vom klassischen Einsatz in
eine virtuelle Dimension übertragen und kommt in der
Software ValueStreamer® zum Einsatz. Lean Management
ist digital und zukunftsfähig über Standorte hinweg und
somit weltweit einsetzbar
Internationalisierung findet statt / Der Lean Gedanke wird
von den deutschen Hauptstandorten in Werke und Niederlassungen
der ganzen Welt getragen
Lean ist nicht mehr nur Sache der Experten, sondern wird in die
Führungsebene getragen
Shopfloor Management – Führung vor Ort
+++
+++
Methoden werden adaptiert und
eingeführt / Verbesserungen erkannt
2010
Morgen
Entwicklung von Führungsleistung
Vorreitern / Organisationen
–
Es wird sich in den Methoden verloren / Isolierte
Verbesserungen werden betrieben / Organisationen nehmen Systeme nur schlecht an / Die
Verbesserungsverantwortung wird an Experten
delegiert
Die Qualifizierung und Ausbildung von Lean Experten setzt sich durch
Die Verbesserung der Führungsleistung wird als essentielle Beratungsaufgabe
erkannt. Mit Shopfloor Management sichert die Staufen AG den Lean Erfolg
und schafft dabei eine neue Führungskultur in den Unternehmen
29
Über die Beratung hinaus wird die Qualifizierung der Führungskräfte
und Mitarbeiter immer wichtiger. Mit der Staufen Akademie wird der
Beratungsansatz der Staufen AG vervollständigt. Durch Sehen, Lernen,
Handeln und Leben werden Unternehmen an die Spitze geführt
Von der Produktion wird der Lean Gedanke in die indirekten
Bereiche übertragen
Die Daimler AG führt Shopfloor Management in ihren Werken ein
KVP-Experten werden vermehrt ausgebildet und
führen Workshops durch
Dr. Jeffrey K. Liker veröffentlicht “The Toyota Way: 14 Management Principles from the World‘s Greatest Manufacturer“
Von den Produktionssystemen aus den direkten
Bereichen der Wertschöpfung wird der Lean Gedanke auf
die indirekten Bereiche übertragen. Das Dienstleistungsportfolio der Staufen AG wird auf einen ganzheitlichen
Ansatz der Lean Transformation gehoben
Mike Rother bringt Wertstromdesign ein
1994 Gründung der Staufen AG durch
Martin Haas und Ralf Stokar von Neuforn
Geschäftsführer von Toyota besuchen Ford
1937
Die JiT-Methodik erhält weltweite Aufmerksamkeit durch den anhaltenden Erfolg Toyotas
Gründung der Toyota Motor Company
1900
Toyota entwickelt das Just-in-time(JiT-) Konzept
Henry Ford entwickelt das T-Modell
Lean gestern, heute und morgen
Veröffentlichung der MIT-Studie „The Machine
That Changed the World“ von James P. Womack,
Daniel T. Jones, Daniel Roos
TIMELINE
25 JAHRE LEAN MANAGEMENT
Deutsche Manager reisen nach Japan,
um dort Methoden des Lean Managements zu erlernen
3
Die ersten Leuchtturmprojekte im
Shopfloor Management werden durchgeführt
28
Porsche fährt mit Lean Production wieder in die Gewinnzone
3
Die sieben Verschwendungsarten – indirekte Bereiche
1. Selbstverursachte Überproduktion von Informationen
2. Fremdverursachte Bestände von Informationen
(elektronische oder physische Bestände)
3. Fehler und Nacharbeit (Produktion von ungenauen
oder Falschinformationen)
4. „Overprocessing“ (im Arbeitsprozess selbst,
nicht angemessene Methode)
5. Transport von Informationen
6. Bewegung / Laufwege im Büro
7. Wartezeit vom Mitarbeiter oder von Dokumenten
implementieren Lean Management
Heute
25 Jahre
Lean Management
strategisch / Lean Leadership
entwickelt sich
–
Führungskräften fehlt häufig die Qualifizierung für umfassende Lean Entwicklungen /
Die Herausforderungen der Zukunft müssen
angegangen werden
IHR PARTNER
AUF DEM WEG ZUR SPITZENLEISTUNG
3
30
Aktueller
Status quo
3.1
Nach Jahrzehnten Lean Management in
deutschen Firmen stellt sich zwangsläufig die
Frage nach dem Status quo.
Wo stehen die Unternehmen in puncto
Etablierung und Umsetzung?
Die gute Nachricht am Anfang:
95 Prozent der Befragten haben zumindest
erste Lean Maßnahmen eingeführt.
Die schlechte Nachricht:
Bislang richten nur sehr wenige Betriebe
(7 Prozent) ihre Strategie und Organisation
umfassend nach der Lean Philosophie aus
(Stufe 4).
3
31
Und: Nahezu drei von zehn Unternehmen (28 Prozent) befinden sich noch
auf Stufe 1 und haben sich bisher ausschließlich darauf fokussiert, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess einzuführen. Sie arbeiten dabei überwiegend mit Tools und Methoden des Lean Managements, erleben Lean aber
noch nicht als Kultur. 40 Prozent haben darüber hinaus bereits ihre gesamte
Wertschöpfung nach den Lean Prinzipien ausgerichtet (Stufe 2). Und bei 20
Prozent der befragten Führungskräfte folgen inzwischen auch die indirekten
Unternehmensbereiche den Lean Prinzipien. Der von der Unternehmensberatung Staufen AG entwickelte Lean Management Index für Deutschland
ergibt auf einer Skala von 0 bis 100 damit insgesamt 49 Punkte.
Wie stark haben Sie in Ihrem Unternehmen die
Methoden des Lean Managements schon etabliert?
Stufe 4 Strategie und Organisation setzen
die Lean Philosophie umfassend um
7%
Stufe 3 Auch die indirekten Bereiche folgen
bereits den Lean Prinzipien
20%
Stufe 2 Die Wertschöpfung ist nach den
wichtigsten Lean Prinzipien ausgerichtet
40%
Stufe 1 Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess
wurde etabliert
Stufe 0 Keine Lean Management Maßnahmen
eingeführt
28%
5%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
45%
3
Überdurchschnittlich weit ist die Automobilindustrie: In 38 Prozent der Betriebe hat sich die Lean Philosophie nicht nur in der
Produktion, sondern auch in den anderen Unternehmensbereichen durchgesetzt (Stufe 3 und 4). Zum Vergleich: Im Maschinenbau liegt dieser Anteil erst bei 24 Prozent.
Ähnlich fortgeschritten ordnen sich auch die Befragten aus der
Elektroindustrie in Sachen Lean ein. Der Lean Management Index für diese Branche liegt mit 54 Punkten fast gleichauf mit
dem der Automobilindustrie (55 Punkte).
Lean-Management-Indizes:
Auswertung nach Branchen
55 Punkte
54 Punkte
47 Punkte
Automobilindustrie
Elektroindustrie
Maschinen- und
Anlagenbau
32
3
Wendet man den Blick von der Branchenbetrachtung hin zur
Analyse nach der Größe der befragten Unternehmen (gemessen
am Umsatz), so zeigt sich: Firmen mit höheren Umsätzen sind
tendenziell weiter im Etablieren der Lean Management Methoden als kleinere Betriebe. So haben vier von zehn Unternehmen
mit Jahresumsätzen oberhalb 1 Milliarde Euro die Lean Prinzipien auch in den indirekten Bereichen oder sogar umfassend
in Strategie und Organisation umgesetzt, bei den Firmen mit
Umsätzen zwischen 50 und 250 Millionen Euro sind es nur halb
so viele. Jedes dritte kleine Unternehmen befindet sich dagegen noch auf der ersten Umsetzungsstufe und beschränkt sich
damit auf kontinuierliche Verbesserungsprozesse (36 Prozent).
Lean-Management-Indizes:
Auswertung nach Umsatz
58 Punkte
54 Punkte
48 Punkte
43 Punkte
Über 1 Mrd. Euro
500 Mio. – 1 Mrd. Euro
250 – 500 Mio. Euro
50 – 250 Mio. Euro
33
3
Worauf
Lean Management
Einfluss
hat
3.2
Lean Management beeinflusst nach Ansicht von mehr als 90
Prozent der Befragten die Produktivität und die Durchlaufzeit
positiv. Es verbessert damit insbesondere die internen Prozesse –
ein Ergebnis, über das wohl keiner erstaunt sein dürfte. Darüber hinaus wirkt Lean Management erfolgreich auf die Wettbewerbsfähigkeit, ökonomische Kennzahlen oder die Kundenzufriedenheit.
55 Punkte Auffällig ist jedoch: Deutlich weniger spüren die
Manager die vorteilhaften Folgen des Lean Managements im
Hinblick auf die Innovationsfähigkeit ihrer Unternehmen. Auch
der Einfluss auf den Führungsstil ist bei vielen Firmen noch vergleichsweise gering.
34
3
Wie hat sich Lean Management bisher in Ihrem
Unternehmen ausgewirkt?
Gewichteter
Mittelwert*
Auf die Produktivität
36%
Auf die Durchlaufzeit
36%
Auf die Wettbewerbsfähigkeit
44%
Auf den ökonomischen Erfolg
57%
3,4
42%
3,0
52%
Auf die Kundenzufriedenheit
20%
Eher positiv
Positiv
2,4
19%
44%
0%
2,7
23%
51%
Auf die Innovationsfähigkeit
2,8
35%
53%
Auf die Unternehmenskultur
2,9
34%
45%
Auf den Führungsstil
3,5
60%
15%
40%
2,1
60%
80%
100%
*Mittelwert.
0 – gar nicht
1 – negativ
2 – eher negativ
3 – eher positiv
4 – positiv
35
3
36
Wie hat sich Lean Management bisher in
Ihrem Unternehmen ausgewirkt?
Auswertung nach Grad der Etablierung:
Antworten positiv / eher positiv
Stufe 1
Stufe 3 + 4
90%
Auf die Produktivität
99%
94%
Auf die Durchlaufzeit
98%
70%
Auf die Wettbewerbsfähigkeit
94%
72%
Auf den ökonomischen Erfolg
94%
67%
Auf die Kundenzufriedenheit
91%
65%
Auf die Unternehmenskultur
87%
62%
Auf den Führungsstil
82%
47%
Auf die Innovationsfähigkeit
77%
0%
20%
40%
60%
80%
Stufe 4 Strategie und Organisation setzen die Lean Philosophie umfassend um
Stufe 3 Auch die indirekten Bereiche folgen bereits den Lean-Prinzipien
Stufe 2 Die Wertschöpfung ist nach den wichtigsten Lean-Prinzipien ausgerichtet
Stufe 1 Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess wurde etabliert
Stufe 0 Es wurden keine Lean-Management-Maßnahmen eingeführt
100%
3
37
Die Ergebnisse zeigen ebenfalls: Lean Management ist insbe-
Dies wird besonders deutlich bei den Ergebnissen zu den Aus-
sondere dann wirksam, wenn es vom mehrjährigen Projekt zur
wirkungen auf die Innovationsfähigkeit. Sie zeigen: Je weiter
Kultur wird, die von den Firmen permanent und konsequent
sich Lean Management im Unternehmen etabliert hat, desto
gelebt wird. Unternehmen, die die Lean Prinzipien bereits in ih-
wandlungsfähiger ist die Firma am Markt, desto besser kann sie
ren indirekten Bereichen oder sogar umfassend in Strategie und
sich also auf die veränderten Herausforderungen der Zukunft
Organisation etabliert haben, profitieren in allen relevanten Fel-
einstellen. Diesen Zusammenhang haben viele Unternehmen
dern deutlich stärker als Betriebe, die gerade erst in einzelnen
bisher noch nicht hinreichend erkannt, wie auch die Erfahrun-
Bereichen mit der Umsetzung begonnen haben.
gen der Staufen AG aus der Praxis immer wieder zeigen.
3
Automobilindustrie profitiert
am
stärksten
3.3
Die in Kapitel 3.1 ermittelten Lean Management Indizes für die
Automobil- und Elektroindustrie sowie den Maschinen- und
Anlagenbau zeigen, dass sich die Lean Kultur hier bislang am
stärksten etabliert hat. Dass diese drei Branchen ihre Art zu arbeiten dabei sehr erfolgreich verändert haben, erkennt auch
die Gesamtheit der Studienteilnehmer an. Denn auf die Frage, in welchen Branchen Lean Management bisher die größten
positiven Veränderungen bewirkt hat, gibt es eine eindeutige
Antwort: Mehr als neun von zehn Befragten nennen die Automobilindustrie, die sehr früh erkannt hat, dass es sich lohnt,
dem Beispiel Toyota zu folgen. Platz 2 belegt der Maschinenund Anlagenbau (71 Prozent) und Platz 3 die Elektroindustrie
(67 Prozent).
38
3
Wie haben die verschiedenen Branchen
in Deutschland bisher von Lean Management profitiert?
Automobilindustrie
11%
81%
Maschinen- und Anlagenbau
42%
Elektroindustrie
38%
Luftfahrt
29%
30%
Chemisch-pharmazeutische Industrie
23%
22%
14%
Dienstleister
Bauindustrie
29%
6%
9%
7%
1%
0%
20%
Eher stark
Stark
An letzter Stelle im Ranking steht die Bauindustrie – nur 7 Prozent der befragten Führungskräfte sind der Meinung, diese
Branche habe von Lean Management profitiert. Dieser niedrige
Wert mag zwar erstaunen, er entspricht jedoch der Realität:
In der Bauindustrie wurden die Lean Prinzipien bisher nur in
Ausnahmefällen verwirklicht.
40%
60%
80%
100%
39
3
Fokussierung
vor allem
auf die
Produktion
3.4
Noch immer fokussiert sich Lean Management
überwiegend auf die Produktion und
ergänzend noch auf produktionsnahe Bereiche
wie die Logistik und Instandhaltung.
Die restlichen Bereiche werden zu selten
miteinbezogen, wie die Studienergebnisse
belegen.
40
3
41
„Die Veränderungen durch die Einführung
von Lean Management beziehungsweise
Lean Development haben im ersten Schritt
zu einer deutlichen Verbesserung des
Arbeitsflusses, der Effizienz und damit auch
der Mitarbeiterzufriedenheit geführt.
Ich gehe davon aus, dass bei kontinuierlicher
Verfolgung der Strategie in Kürze auch der
Durchsatz in der Produktentwicklung und
die Verbesserung der Innovationskraft messbar sein werden.“
Dipl.-Ing. Frank Mücke, Gruppenleiter Elektronik –
Neukonzeption und Produktpflege, Weinor GmbH & Co. KG
In den indirekten Bereichen besteht jedoch großer Veränderungsbedarf, so zum Beispiel in der Entwicklung, im Einkauf
oder im Vertrieb. Lange Warte- und Suchzeiten oder unkoordinierte Abläufe zwischen diesen Abteilungen wirken sich negativ
auf
Gesamtdurchlaufzeit
und
Kundenzufriedenheit
aus.
Die Frage, welche Beiträge die indirekten Bereiche zur Verschlankung des Wertstroms liefern können, steht bei den
Unternehmen noch zu wenig im Fokus.
Dies gilt, wie in Kapitel 3.2 bereits beschrieben, auch für die
Forschung und Entwicklung. Gerade in diesem für die Industrieunternehmen überlebenswichtigen Bereich hat sich Lean
Management erst bei einem sehr kleinen Teil der Unternehmen
(17 Prozent) überhaupt durchgesetzt. Das mag auch daran
liegen, dass Lean und kreatives Arbeiten an Innovationen auf
den ersten Blick wenig zueinanderpassen. Betrachtet man
Lean ausschließlich als Werkzeug, mag dies stimmen. Lean
ist aber weit mehr, nämlich ein Managementsystem, das gerade auch Entwickler und Forscher in ihrer Arbeit unterstützt.
Es kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, immer kürzeren
Produktlebenszyklen erfolgreich zu begegnen.
3
42
Inwieweit hat sich Lean Management in den einzelnen
Bereichen Ihres Unternehmens durchgesetzt?
Produktion
3,3
Logistik
2,8
Einkauf
1,8
Administration
1,7
Forschung und Entwicklung
1,5
Vertrieb
1,4
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
Inwieweit wird sich Lean Management in zehn Jahren in den
einzelnen Bereichen Ihres Unternehmens durchgesetzt haben?
3,6
Produktion
Logistik
3,4
Einkauf
2,7
Administration
2,6
Forschung und Entwicklung
2,5
Vertrieb
2,3
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
* Mittelwert:
0 – überhaupt nicht
1 – wenig
2 – eher wenig
3 – eher stark
4 – stark
3
43
Die Unternehmen haben jedoch erkannt, welches Potenzi-
Bei den bereits erfahrenen und fortgeschritteneren Unterneh-
al Lean Management auch in allen Bereichen außerhalb der
men wird der Anteil den Prognosen der Befragten zufolge so-
Produktion bietet. Denn gefragt, wie sich Lean in zehn Jahren
gar noch deutlich höher liegen. Und nach den bereits guten
in den Betrieben durchgesetzt haben wird, zeigt sich bereits ein
Erfahrungen vieler Firmen mit Lean Management im Bereich
deutlich anderes Bild. Auch in Einkauf, Administration sowie
Logistik wird es auch hier einen weiteren Schub geben – die
Forschung und Entwicklung wird die Mehrzahl der Industrie-
Unternehmen prognostizieren einen Umsetzungsgrad von 90
unternehmen nach Einschätzung der Studienteilnehmer dann
Prozent.
auf Lean Management setzen. Agieren also heute beispielsweise
nur 24 Prozent der Unternehmen im Einkauf „lean“, werden es
in zehn Jahren bereits 63 Prozent sein.
„Lean Management wird von vielen Firmen
als Tool zur Kostenreduktion gesehen. Diese
Sichtweise ist ein Innovationshemmer und
stellt ein Problem dar. Lean Management
ist eine Philosophie beziehungsweise eine
Einstellung, die es einem Unternehmen bei
ganzheitlicher Anwendung der einzelnen
Methoden ermöglicht, sich rasch auf Marktbedürfnisse einzustellen. So entsteht eine Art
‚Innovationssog‘, der vom Unternehmen ausgeht, sei es bei Prozess- oder auch
Produktinnovationen.“
Patrik Saile, Operations Manager, SPX Flow Technology Rosita GmbH
3
Umsetzungsgrad von Lean Management in den einzelnen
Unternehmensbereichen heute und in zehn Jahren
Antworten stark / eher stark
Heute
In 10 Jahren
Produktion
Logistik
90%
69%
96%
Forschung und Entwicklung
17%
90%
Vertrieb
14%
55%
46%
44
3
Einkauf
Administration
24%
22%
63%
61%
„Lean Management in der Administration hilft, das vorhandene
Potenzial im Unternehmen zu entfalten. Vor allem der Switch von
Top-down- zu Bottom-up-Verbesserungen und das Einbeziehen
der Mitarbeiter in den KVP sorgen für nachhaltige Erfolge.“
Jan Bieler, Teamleiter Projekte und Prozesse, HeidelbergCement Shared Services GmbH
45
3
Prozessverbesserungen
haben
Vorrang
3.5
Auf die Frage, wie die Unternehmen bei den einzelnen Lean
Management Methoden aufgestellt sind, schneiden Prozessoptimierung und Verschwendungsreduzierung am besten ab
(Note 2,4). Dies entspricht dem typischen Alltag in deutschen
Betrieben: Geht es um die Umsetzung der Lean Prinzipien,
stehen die Prozesse stets an erster Stelle.
Das Varianten- und Komplexitätsmanagement findet in der
Praxis dagegen am wenigsten Anwendung. Auch hier zeigt
sich, dass viele Unternehmen die Umsetzung des Lean Managements eher in der Produktion sehen, statt es als ganzheitliches
System zu begreifen.
46
3
Je stärker ein Unternehmen Lean Prinzipien bereits etabliert hat, desto erfolgreicher setzt es die einzelnen Methoden um. Firmen, die in Sachen Lean noch eher am Anfang
stehen, kommen selbst bei den für die Unternehmen einfachsten
Methoden Prozessoptimierung und Verschwendungsreduzierung nicht über die Bewertung „befriedigend“ hinaus.
Besonders deutlich wird dies auch beim Varianten- und Komplexitätsmanagement. Während diese Methode bei den Unternehmen, die die Prinzipien bereits in den indirekten Bereichen oder
sogar umfassend in Strategie und Organisation etabliert haben
(Stufe 3 und 4), immerhin die Note 2,8 erhält, bewerten es die
Manager der Firmen, in denen erst ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess eingeführt wurde (Stufe 1), mit der Note 4.
Wie ist Ihr Unternehmen bei folgenden
Lean-Management-Methoden derzeit aufgestellt?
Durchschnittsnoten
Prozessoptimierung und Verschwendungsreduzierung
2,4
Reduzierung der Durchlauf- und Rüstzeiten
2,5
Verbrauchssteuerung (z.B. Kanban- oder Supermarktprinzip)
2,6
Wertstromorientierte Organisation
3,1
Varianten- und Komplexitätsmanagement
3,4
0
1
2
3
4
5
6
47
3
Wie ist Ihr Unternehmen bei folgenden
Lean-Management-Methoden derzeit aufgestellt?
Auswertung nach Grad der Etablierung
und Durchschnittsnote
3,0
Prozessoptimierung und
Verschwendungsreduzierung
1,8
3,2
Reduzierung der Durchlauf- und Rüstzeiten
2,0
3,3
Verbrauchssteuerung
(z.B. Kanban- oder Supermarktprinzip)
2,0
3,9
Wertstromorientierte Organisation
2,5
4,0
Varianten- und Komplexitätsmanagement
2,8
0
1
2
3
4
5
6
Stufe 4 Strategie und Organisation setzen die Lean Philosophie umfassend um
Stufe 3 Auch die indirekten Bereiche folgen bereits den Lean Prinzipien
Stufe 2 Die Wertschöpfung ist nach den wichtigsten Lean Prinzipien ausgerichtet
Stufe 1 Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess wurde etabliert
Stufe 0 Es wurden keine Lean-Management-Maßnahmen eingeführt
48
3
49
„Erfolgreiches Lean Management erfordert
von Anfang an die intensive Einbindung
der Mitarbeiter. In keinem anderen Managementkonzept kommt es so sehr auf den
Menschen an, auf die Mitarbeiter und ihre
Führungskräfte, auf deren Kompetenz
und innere Haltung.“
Martin Holder, Vorstand, WAFIOS AG
„Lean Management ist ein Wertetreiber und
sollte als Teil einer Unternehmenskultur
wahrgenommen werden, die nicht nur die
Prozesse des Wertstroms optimiert, sondern
ebenso die Mitarbeiter kontinuierlich weiterentwickelt (empowered and enabled), um
den Transformationsprozess hin zu einer lernenden Organisationsform zu gewährleisten.“
Ralf Neugebauer, Senior Vice President, Werkleiter Villingen,
Continental Automotive GmbH
3
50
Nachholbedarf
bei der
Führungsleistung
3.6
Wie die Studie zeigt, zählt bereits gut jedes vierte Unternehmen
in Deutschland zu den Fortgeschrittenen in Sachen Lean Management. Die konsequente und umfassende Umsetzung – so
die ehrliche Selbsteinschätzung der Studienteilnehmer – kann
aber auch bei den „Lean Profis“ noch besser werden. Sehr deutlich wird dies beim Thema Führungsleistung, die gerade vor dem
Hintergrund der Digitalisierung immer wichtiger wird.
Hinzu kommt: Das Verständnis und Wissen rund um das sogenannte Lean Leadership und dessen Bedeutung ist noch wenig
So bedeutet Lean Management nach wie vor für die überwie-
ausgeprägt. Viele Führungskräfte tun sich daher schwer damit,
gende Zahl der befragten Manager (90 Prozent) vor allem eine
ihre Führungsleistung richtig einzuschätzen. Das ist verständ-
Optimierung der Prozesse. Dies gilt auch für viele Unterneh-
lich. Denn während Prozessverbesserungen für alle deutlich
men, bei denen sich Lean nach eigenen Angaben längst als Kul-
sichtbar sind, gilt dies für die Führungsleistung eben nicht. Eine
tur in allen Bereichen weit etabliert hat. So wird in jeder zwei-
gute Führung wirkt sich eher indirekt und langfristig aus, sie ist
ten Firma die Verbesserung der Führungsleistung im Rahmen
nicht sofort greifbar.
von Lean Management zwar stets mitgedacht, fällt im betrieblichen Alltag bei der Umsetzung dann aber häufig hinten runter.
Dennoch passen die Ergebnisse der Studie zu den generellen
Erfahrungen in der Praxis, wonach sich viele deutsche Unternehmen beim Etablieren des Lean Managements bisher
schwerpunktmäßig auf ihre operativen Prozesse konzentriert
und weniger auf das Führungsverhalten. Hier gilt es, die Konsequenz bei der umfassenden Umsetzung von Lean Management
zu erhöhen – auch das ist eine originäre Führungsaufgabe.
51
3
Lean Management wird von Unternehmen
unterschiedlich interpretiert. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Lean Management bedeutet bei uns
vor allem Prozessoptimierung
2% 8%
Die Verbesserung der Führungsleistung
wird im Rahmen von Lean Management
zwar immer mitgedacht, die tatsächliche
Umsetzung bleibt aber weitestgehend aus
15%
60%
40%
35%
20%
50%
41%
0%
20%
Trifft nicht zu
Trifft zu
Trifft eher nicht zu
Trifft eher zu
40%
9%
40%
60%
80%
100%
„Wenn wir in 25 Jahren noch erfolgreich in
Deutschland produzieren wollen, ist Lean
Management obligatorisch. Wir haben vor
zwei Jahren mit Lean Management / Lean
Admin begonnen und heute ist dieses Werkzeug aus der Unternehmung nicht mehr
wegzudenken. Richtig verstandenes und
umgesetztes Lean Management kann die
DNA der gesamten Firma verändern.“
Jochen Lütkemeyer, Geschäftsführender Gesellschafter, elero GmbH Antriebstechnik
3
52
Shopfloor Management wird oft
falsch
verstanden
3.7
Die wirklich erfolgreichen Unternehmen haben längst erkannt,
dass sich Exzellenz nicht allein mit Prozessexzellenz, sondern
nur in Kombination mit Führungsexzellenz erreichen lässt. Dies
steht für ein Zusammenspiel von Führungsinstrumenten und
Führungsverhalten, direkt am Ort der Wertschöpfung. Und das
bedeutet zu einem ganz wesentlichen Teil einen nachhaltigen
Wandel des Führungsverhaltens auf allen Ebenen, von der Geschäftsführung bis hin zum Teamleiter. Immer mehr Unternehmen führen daher Shopfloor Management ein. Beim Shopfloor
Management entwickelt sich die Führungskraft vom klassischen Vorgesetzten zum Coach und Mentor. Auf unterstützende Werkzeuge wie beispielsweise ein Info-Center mit Tafeln,
Kennzahlencharts und Produktionstagebüchern kann dabei
zwar nicht verzichtet werden.
3
53
Befragt, ob sich denn das Shopfloor Management in den
Grund ist ein falsches Verständnis vom Shopfloor Management.
Betrieben bereits durchgesetzt habe, antwortete ein recht ho-
Viele Manager haben sich bislang lediglich auf die Führungsin-
her Anteil von Unternehmen positiv.
strumente konzentriert, ihr eigenes Verhalten aber nicht verändert. Erst die nachhaltige Veränderung des Führungsverhaltens
Der detailliertere Blick relativiert sich dieser Anteil jedoch: Fast
bewirkt jedoch eine Veränderung der Unternehmenskultur und
jeder zweite Studienteilnehmer (46 Prozent) hat die Erfahrung
führt letztendlich zur Verbesserung der Ergebniskennzahlen.
gemacht, dass die Führungsleistung sich durch Shopfloor
Oftmals erkennen die Unternehmen das erst, wenn sie an Best-
Management gar nicht oder nur wenig verbessert hat. Und ins-
Practice-Beispielen sehen, was Shopfloor Management und
gesamt 38 Prozent der Manager kritisieren, die Kennzahlen in
Lean Leadership im Firmenalltag tatsächlich bedeuten.
den Bereichen Ausbringung und Qualität seien durch Shopfloor
Management kaum beziehungsweise überhaupt nicht besser
geworden.
Shopfloor Management Boards und -Regelkommunikation sind der sichtbare Teil des Shopfloor Management (SFM),
der jedoch bei einem nachhaltig eingeführten SFM erst durch den unsichtbaren Teil erfolgreich ist
20%
80%
SFM-Boards
SFM-Regelkommunikation
HARDWARE:
Strukturen und
Prozesse
= sichtbar
Kultur, frei von Schuldzuweisungen
Gegenseitiger Respekt
Strukturierte Problemlösung
Kommunikation
Umgang mit Widerstand
Mitarbeiterbefähigung
Lernen durch Einsicht
Go & See
Feedback-Kultur
Verbindlichkeit
KVP-Entwicklung
Führung durch Fragen
Umgang mit innerem Druck
Prozessbestätigung
Aktives Zuhören
Muda-Bewusstsein
SOFTWARE:
Fähigkeiten,
Verhalten und
Einstellungen
= unsichtbar
3
Wie weit hat sich Shopfloor Management in Ihrem
Unternehmen durchgesetzt?
Grad der Umsetzung von Shopfloor Management
Stark
Eher stark
Eher weniger
23%
0%
10%
Wenig
42%
20%
10%
30%
40%
Gar nicht
24%
50%
60%
70%
5%
7%
80%
7%
90%
5%
13%
16%
26%
31%
Verbesserung der
Führungsleistung durch
Shopfloor Management
Verbesserung von
Kennzahlen in den
Bereichen Ausbringung
und Qualität
41%
46%
Die Detailauswertung zeigt zudem: Je weiter Unternehmen bei
Lean Management sind, desto stärker und effektiver setzen sie
Shopfloor Management ein.
4%
100%
54
3
Wie weit hat sich Shopfloor Management in Ihrem
Unternehmen durchgesetzt?
Auswertung nach Grad der Etablierung:
Antworten stark / eher stark
Stufe 1
Stufe 3 + 4
36%
Grad der Umsetzung von
Shopfloor Management
88%
28%
Verbesserung der Führungsleistung
durch Shopfloor Management
77%
36%
Verbesserung von Kennzahlen in den
Bereichen Ausbringung und Qualität
83%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Stufe 4 Strategie und Organisation setzen die Lean-Philosophie umfassend um
Stufe 3 Auch die indirekten Bereiche folgen bereits den Lean-Prinzipien
Stufe 2 Die Wertschöpfung ist nach den wichtigsten Lean-Prinzipien ausgerichtet
Stufe 1 Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess wurde etabliert
Stufe 0 Es wurden keine Lean-Management-Maßnahmen eingeführt
55
3
56
Meist sind es die sogenannten weichen Faktoren, die eine ef-
einzusetzen. Sie nehmen zwar an Seminaren und Trainings teil,
fektive Umsetzung von Shopfloor Management verhindern. So
die Wirkung verpufft aber anschließend in der Praxis schnell
fühlt sich jeder zweite Befragte in seinem Führungsalltag nicht
wieder. Erfahrungen zeigen, dass Führungskräfte am besten
ausreichend durch die Geschäftsleitung unterstützt und er-
lernen, wenn sie über einen gewissen Zeitraum vor Ort im Be-
kennt bei sich eine zu geringe Problemlösungskompetenz. Der
trieb begleitet werden. Erst auf diesem Weg lernen sie oft wirk-
Grund: Den Führungskräften wird oft nicht das nötige Know-
lich, ihr Verhalten zu ändern und sich zu einer dauerhaft guten
how an die Hand gegeben, Shopfloor Management erfolgreich
Führungspersönlichkeit zu entwickeln.
„Lean bedeutet: ‚work not harder but smarter‘.
Lean ist ein Arbeitssystem, welches gelernt
werden muss. Man könnte sagen:
Den ‚Setzkasten‘ bringen die Lean Spezialisten
mit, die Figuren darin werden durch die
‚Betroffenen, die Frontleute‘ mitbestimmt.“
Uwe Haßler, Geschäftsführer, Dipl.-Ing. K. Dietzel GmbH
3
Was sind aus Ihrer Sicht Hindernisse bei der effektiven
Umsetzung eines Shopfloor Management?
Mangelnde Unterstützung
der Führungskraft
51
Mangelnde
Problemlösungskompetenz
51
Fehlende Transparenz bei
Daten und Kennzahlen
37
43
44
Verfolgung der definierten
Maßnahmen und Aufgaben
10%
13
54
26
0%
10
50
30
Reporting und Aggregation
von Informationen
11
51
37
Stringente Einhaltung
der Regelkommunikation
6
45
39
Einbeziehung und Führung von
standortverteilten Teams
12
16
61
20%
Großes oder
eher großes
Hindernis
30%
40%
50%
13
60%
Kleines oder
eher kleines
Hindernis
70%
80%
90%
Kein
Hindernis
100%
57
3
58
Lean Management
und
Industrie 4.0
3.8
Der Weg in die neue, smarte Fabrikwelt mit digitalisierten und
In Kapitel 3.5 ist bereits beschrieben worden, wie die Unterneh-
vernetzten Prozessen ist ein evolutionärer – er setzt auf beste-
men bei diesen Lean Management Methoden aufgestellt sind.
henden effizienten Produktionsstrukturen und Prozessen auf.
Ein Vergleich der Ergebnisse mit den hier gezeigten gibt Auf-
Es geht bei Industrie 4.0 nicht darum, eine vollautomatisier-
schluss darüber, wo die Unternehmen besser werden müssen,
te und IT-technisch überzüchtete Fabrik zu schaffen, sondern
um den Übergang zur Industrie 4.0 erfolgreich zu bewältigen.
eine möglichst verschwendungsfreie, auf einem hohen Lean
Nachholbedarf gibt es vor diesem Hintergrund bei fast allen
Standard stehende Fabrik aufzubauen und anschließend durch
Methoden, insbesondere aber bei der wertstromorientierten Or-
Industrie-4.0-Bausteine weiterzuentwickeln. Die digitale
ganisation und beim Varianten- und Komplexitätsmanagement.
Transformation vom Anfang bis zum Ende der Wertschöpfungskette kann dabei nur durch produktionsübergreifendes
Denken gelingen.
In der Studie wurde abgefragt, für wie wichtig die Unternehmen die verschiedenen Lean Management Methoden beim
Übergang zur Smart Factory erachten. Das Ergebnis kann deutlicher kaum sein: Sämtliche Methoden werden von den Studienteilnehmern als wichtig oder sogar sehr wichtig erachtet.
Selbst die Verbrauchssteuerung als Variante mit dem geringsten Zuspruch kommt auf insgesamt 87 Prozent.
3
59
Stichwort Lean und Industrie 4.0: Wie wichtig sind
folgende Lean-Management-Methoden aus Ihrer Sicht
beim Übergang zur Smart Factory?
Prozessoptimierung und Verschwendungsreduzierung
29%
1% 4%
66%
Reduzierung der Durchlauf- und Rüstzeiten
1%
8%
Wertstromorientierte Organisation
1%
8%
39%
Varianten- und Komplexitätsmanagement
1%
9%
38%
Verbrauchssteuerung
1%
20%
36%
12%
10%
55%
52%
52%
47%
0%
10%
20%
40%
30%
40%
Gar nicht wichtig
Wichtig
Weniger wichtig
Sehr wichtig
50%
60%
„Lean ist der Grundbaustein für Industrie 4.0.
Lean wird sich mit den Möglichkeiten der Industrie 4.0
kontinuierlich weiterentwickeln. KVP lebt.“
Bernd Hausler, Division Manager Engineering und Manufacturing, ifm electronic GmbH
70%
80%
90%
100%
3
60
Mit Lean Management
auf dem Weg zur
Losgröße 1
3.9
Als die deutschen Unternehmen Anfang der 90er Jahre verstärkt damit begannen, Lean Management einzuführen, wollten sie die Prozesse in ihren Fabriken optimieren – großes
Vorbild war dabei Toyota. Die Individualisierung unserer Ge-
Mit dem Übergang zur Industrie 4.0 wird sich der Trend zur
sellschaft hatte ihnen eine ähnliche Situation aufgezwungen,
Individualisierung und damit zur Losgröße 1 noch einmal deut-
wie sie der japanische Automobilkonzern bereits in den 50er
lich verstärken. Es gilt also herauszufinden, inwieweit Lean
Jahren erlebt hatte. Damals hatte er einen sehr kleinen Markt
Management dieser Entwicklung gerecht werden kann. Denn
bearbeitet, ohne zu exportieren, und musste flexibel viele
gerade in der Außenwahrnehmung wird Lean Management
unterschiedliche Fahrzeugtypen herstellen. So entstand Lean
häufig in Verbindung mit Prozessverbesserungen in der Mas-
Management mit effizienten Prozessen in Produktion, Entwick-
senproduktion gesehen. Das Ergebnis ist eindeutig: 76 Pro-
lung und Verwaltung.
zent der Befragten sind der Meinung, Lean Management kann
wesentliche Unterstützung leisten auf dem Weg zur Losgröße
1 – und wieder sind vor allem Unternehmen mit großer Lean
Erfahrung davon überzeugt.
3
Hilft Lean Management dabei, dem Trend zur stärkeren
Individualisierung von Produkten (Stichwort: Losgröße 1)
gerecht zu werden?
Gesamtauswertung
6%
5%
13%
33%
Ja
Eher ja
Eher nein
43%
Nein
Weiß nicht
Auswertung nach Grad der Etablierung
Ja
Stufe 1
30%
41%
17%
5% 7%
Eher ja
Eher nein
41%
Stufe 3 + 4
0%
10%
20%
39%
30%
40%
50%
60%
10%
70%
80%
6%
90%
4%
100%
Nein
Weiß nicht
Stufe 4 Strategie und Organisation setzen die Lean Philosophie umfassend um
Stufe 3 Auch die indirekten Bereiche folgen bereits den Lean Prinzipien
Stufe 2 Die Wertschöpfung ist nach den wichtigsten Lean-Prinzipien ausgerichtet
Stufe 1 Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess wurde etabliert
Stufe 0 Es wurden keine Lean-Management-Maßnahmen eingeführt
61
3
62
Wachstums- und
Ertragsziele als Treiber
von Lean
Management
3.10
Was motiviert die Unternehmen, Lean Management stärker
einzusetzen beziehungsweise weiterzuentwickeln? Es zeigt
sich: Hauptgrund sind weiterhin die durch das Tagesgeschäft
getriebenen eigenen Wachstums- und Ertragsziele (80 Prozent).
Auf den Plätzen 2 und 3 folgen – weit abgeschlagen – der Margendruck und der Wettbewerb aus dem Ausland mit 48 beziehungsweise 46 Prozent.
Obwohl die Industrie 4.0 derzeit noch nicht im Tagesgeschäft
angekommen ist, nennt bereits jeder vierte Befragte das Thema
neue Technologien (25 Prozent). Auffällig dabei: Hierzu gehören vor allem Unternehmen, die Lean Management bereits umfassend einsetzen.
63
3
Wodurch wird die Weiterentwicklung oder der stärkere Einsatz von
Lean Management in Ihrem Unternehmen derzeit angetrieben?
80%
Wachstums- und Ertragsziele
48%
Margendruck
46%
Wettbewerb (Ausland)
42%
Wettbewerb (Inland)
35%
Kunden
25%
Neue Technologien (z.B. Industrie 4.0)
12%
Politik (z.B. höhere Lohnnebenkosten)
0%
20%
40%
60%
Mehrfachnennungen möglich
Eine Detailauswertung nach Umsatzgröße der befragten Unternehmen zeigt die unterschiedlichen Prioritäten großer und kleiner Firmen. Zwar dominieren als Motiv für Lean Management
bei allen die Wachstums- und Ertragsziele. Für Betriebe mit
Umsätzen oberhalb von 1 Milliarde Euro ist aber insbesondere
der Wettbewerb aus dem Ausland bedeutsam, während sich
die Firmen mit geringeren Umsätzen vergleichsweise stärker
getrieben durch ihre Kunden und den Margendruck mit Lean
Management befassen.
80%
100%
64
3
Wodurch wird die Weiterentwicklung oder der stärkere Einsatz von
Lean Management in Ihrem Unternehmen derzeit angetrieben?
Auswertung nach Umsatz
Über 1 Mrd. Euro
Bis zu 250 Mio. Euro
84%
Wachstums- und Ertragsziele
81%
52%
Margendruck
42%
45%
Wettbewerb (Ausland)
50%
43%
Wettbewerb (Inland)
43%
24%
Kunden
39%
27%
Neue Technologien (z.B. Industrie 4.0)
Politik (z.B. höhere Lohnnebenkosten)
22%
10%
12%
0%
20%
Mehrfachnennungen möglich
40%
60%
80%
100%
3
65
„Lean Management und die Transformation unserer
Organisation in ein schlankes Unternehmen sind
entscheidende Faktoren, Erfolg und Bestand der
Produktion in Deutschland im internationalen Wettbewerb,
bei steigendem Margendruck und immer höheren
Anforderungen an Flexibilität, Qualität und kurze
Reaktionszeiten nachhaltig zu sichern.“
Volker Del Monego, Technische Geschäftsleitung, Freudenberg Interlining SE & Co. KG
„Lean Management ist ein strategischer
Wettbewerbsvorteil, der nur schwierig
kopiert werden kann. Um ihn zu erschließen
und zu erhalten, ist eine tiefe, langfristige
Verankerung in der Unternehmenskultur
notwendig.“
Jens Busse, Director Business West, Roto Frank AG
4
„Lean Management wird als wesentlicher Erfolgsfaktor
der Zukunft auch weiter an Bedeutung gewinnen
müssen, auch um die Wettbewerbsfähigkeit der
westlichen Industriestaaten langfristig zu sichern.
Es bleibt weiterhin die große Herausforderung, Lean
als Teil der Unternehmens- und Führungskultur fest in
unserer Organisation zu etablieren.“
Andreas Wagner, Mitglied des Vorstands / Chief Operations Officer (COO), Schnellecke Group AG & Co. KG
66
4
67
4
68
Ausblick
Lean Management ist längst weit mehr als ein Werkzeugkasten,
aus dem sich Unternehmen bei Bedarf bedienen können. Es ist ein
Managementsystem, bei dem es heute insbesondere darum geht,
über alle Bereiche eine lernende Organisation aufzubauen, um permanente Verbesserungen zu erzielen. So sehen es auch die meisten deutschen Industrieunternehmen. Sie haben realisiert, dass ein
guter Teil ihrer Erfolge auf dem Weltmarkt unter anderem darauf
zurückzuführen ist, in allen Bereichen effizient und effektiv zu arbeiten. Und dass sie diesen Weg beim Übergang zu Industrie 4.0
4
und Digitalisierung konsequent weiterverfolgen müssen.
84 Prozent der Manager sind davon überzeugt, dass Lean Management per de­fi­ni­ti­o­nem eine kontinuierliche Aufgabe ist, sein
Potenzial zur Steigerung von Effizienz und Effektivität also nicht
irgendwann an eine Grenze stößt.
„Lean Management, das wir bei Daimler über unsere Produktionssysteme
implementiert haben, ist der ganzheitliche Ansatz, das Streben nach ‚Operational
Excellence‘ nachhaltig in der Organisation zu verankern. Hierbei geht es im Kern
um die Etablierung einer Kultur, die nach permanenter Verbesserung strebt und
sich nicht an kurzfristiger Problemlösung, sondern an langfristigen Unternehmenszielen orientiert. Somit ist Lean Management ein wesentlicher Stellhebel für
den zukünftigen Unternehmenserfolg und genießt höchste Beachtung durch das
Management.“
Thomas Twork, Leiter Gießerei Truck Powertrain, im Mercedes-Benz-Werk Mannheim
4
69
Stößt das Potenzial von Lean Management zur Steigerung
von Effizienz und Effektivität irgendwann an eine Grenze?
Nein, denn Lean Management ist per de­fi­ni­ti­o­nem
12%
1%
3%
eine kontinuierliche Aufgabe
Grenze ist bereits erreicht
Grenze wird in einigen Jahren erreicht sein
84%
Weiß nicht
Lean Management ist in vielen Unternehmen zumindest im
Produktionsbereich längst vom Projekt zur Kultur geworden.
Im nächsten Schritt geht es nun darum, ganzheitlich im Sinne
eines Lean Enterprise zu arbeiten – auch um die im Zuge von Industrie 4.0 anstehende digitale Transformation vom Anfang bis
zum Ende der Wertschöpfungskette erfolgreich zu bewältigen.
„Bei der Einführung von Lean Management haben wir unseren
Mitarbeitern gesagt: Lean Management ist keine Diät, die nach ein
paar Wochen aufhört, sondern Lean Management ist eine dauerhafte Essensumstellung!“
Hans-Peter Lörch, Technischer Leiter, Rosenbauer International AG
„Lean Management ist keine Ansammlung von Methoden, sondern
eine Philosophie, eine innere Einstellung, die nach Perfektion strebt.“
Alexander Vetter, Lean Experte, Altra Industrial Motion / Stieber GmbH
4
70
Lean Management
im internationalen
Vergleich
4
Muda, Mura und Muri – schon die Begrifflichkeiten der Lean Welt weisen auf deren
Ursprung hin: Japan. Maßgeblich geprägt
wurden die Methoden des Lean Managements seit Mitte des 20. Jahrhunderts bei
dem Automobilhersteller Toyota.
Entsprechend antworten die meisten
Studienteilnehmer auf die Frage, in welchen
Ländern Lean Management sich am weitesten durchgesetzt hat, mit Japan, Deutschland folgt auf Platz 2 und liegt damit noch
vor den USA.
71
4
Wie hat sich Lean Management in der Wirtschaft
folgender Länder Ihrer Einschätzung nach bisher durchgesetzt?
Mittelwerte*
3,3
2,9
2,1
1,7
1,6
1,4
1,3
1,0
Japan
Deutschland
USA
Schweiz
China
UK
Osteuropa
Brasilien
* Mittelwert:
0 – weiß nicht
1 – geringe Verbreitung
2 – eher geringe Verbreitung
3 – eher hohe Verbreitung
4 – hohe Verbreitung
4
72
Prof. Dr. Daniel T. Jones
zur Umsetzung von Lean Management in Großbritannien
„Besonders beeindruckend ist zu beobachten, wie sich gerade in
Großbritannien der Lean Gedanke derzeit von der produzierenden
Industrie auf andere Bereiche ausdehnt – eine Entwicklung, die sich
sehr deutlich zeigt, und zwar vom Einzelhandel über den Bausektor
bis hin zu Dienstleistungen, Behörden und zum Gesundheitswesen.
Lean Management bleibt also auch in Zukunft spannend.“
4
73
Dr. Michael Ballé
zur Umsetzung von Lean Management in Frankreich
„Ein Großteil der französischen Unternehmen hat Lean Management-Programme implementiert. Hier finden sich sogar einige wirkliche BestPractices mit Vorbildcharakter für Unternehmen aus aller
Welt. Auf der anderen Seite haben wir aber auch viele Firmen, die
mit Hilfe von Lean nur einzelne Bereiche verbessern wollen, anstatt
das generelle Denken zu verändern. Hier sind wir in Frankreich so
gut oder schlecht wie jedes andere Land auch.“
4
Impressum
HERAUSGEBER:
STAUFEN.AG
Beratung.Akademie.Beteiligung
Blumenstraße 5
D-73257 Köngen
BILDNACHWEIS
iStockphoto / Staufen AG
GRAFIKDESIGN
www.weberfink.de
74
Eine Studie
der Staufen AG
und des Instituts
PTW der Technischen
Universität Darmstadt
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Wilhelm Goschy
Vorstand
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+49 7024 8056-0
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