Deutsche Musikwelt steht hinter Star
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Deutsche Musikwelt steht hinter Star
Ausgabe | 11 08. Juni 2012 Interview: Hilal Sezgin über Tierschutz im Islam, Schächtung und ihr Leben auf dem Land Reaktionen Deutsche Musikwelt steht hinter Star-Pianist Fazıl Say Seit kurzem ist klar: Fazıl Say bekommt die volle Härte der türkischen Justiz zu spüren. Ein Istanbuler Gericht hat Anklage gegen den türkischen Pianisten erhoben. E s ist unfassbar, dass desterstützen ihn. „Freidenker halb Anklage erhoben wie Fazıl Say bereichern seit wird“, erklärte der renomJahren die internationale mierte Pianist Fazıl Say. Der Kulturszene“, erklärt BeneProzess wegen vermeintlidikt Stampa, Intendant des cher Beleidigung islamischer Konzerthauses Dortmund. Werte auf Twitter beginnt „Fazıl Say ist ein Weltbüram 18. Oktober. Er kann das, ger“, so Stampa weiter, „der was hier gerade geschieht, in Istanbul zu Hause ist. Das kaum glauben. „Mein Land, Land sollte stolz auf eine so das mir immer als Inspiraherausragende Persönlichtion diente, ist nun gegen keit sein. Wir, seine Freunde mich”, sagte er den Deutsch in Dortmund, sind es.“ Türkischen Nachrichten. Der Europäische Musi Der deutsche Pianist Fazıl Say muss im Herbst wegen Twitter-Nachrichten vor Gericht. Foto: DTN krat versteht vor allem die Lars Vogt findet das Vorge„Verhältnismäßigkeit“ einer hen der türkischen Justiz solchen Anklage nicht. Vize„absolut absurd“. Die Frage, ob man so etwas Vorgang“, nennt er die Art und Weise, wie die präsident Christian Höppner appelliert „an twittern müsse, sei eine ganz andere. „Aber Meinungsfreiheit unterbunden werden soll. alle Beteiligten, bei der Bewertung dieser man muss doch die Möglichkeit haben, so „Wenn jemand einen starken Glauben hat, Situation Augenmaß walten zu lassen. Die etwas zu sagen“, sagt er. Zumal es auch nicht sollte er doch darüber stehen“, so Vogt. Presse- und Meinungsfreiheit gehören zu möglich sei, philosophische Diskurse über Der deutsche Musikrat und das Kon- den Grundwerten der europäischen DemoReligion zu verbieten, die seit Jahrhunder- zerthaus Dortmund, für das er mehrere kratien. Angesichts der globalen Herausforten stattfinden. Einen „ungeheuerlichen Jahre als Exklusivkünstler gewirkt hat, un- derungen ist die Stärkung Europas im Sin- Analyse Türkei: Abtreibung wird zum Staatsthema ,,Abtreibung ist Mord“, erklärte Recep Tayyip Erdoğan in der vergangenen Woche und trat damit eine weitgehende Debatte los. Am vergangenen Sonntag gingen mehr als 3000 Frauen auf die Straße. Mit bunten Bannern und Fahnen verwiesen die Demonstrantinnen auf ihr Recht an ihrem eigenen Körper und protestieren gegen die Initiative der regierenden AKP, das seit 1983 geltende liberale Recht zu aufzuheben und Abtreibung de facto zu verbieten. Gemeinsam skandierten sie Parolen und schwenkten Fahnen gegen die Bestrebungen Regierung. Sie forderten Erdoğan und Co. dazu auf: ,,Hände weg von den Körpern der Frauen!”. Daneben fanden sich Slogans wie ,,Es ist mein Leib, also wer bist du?”, ,,Abtreibung ist meine Entscheidung, Mord ist eine Männer-Methode” oder ,,AKP, Finger weg von mir!” Andere Damen nahmen auf ihren Bannern Bezug auf den unsäglichen Vergleich Erdoğans, der jede Abtreibung mit dem Flugzeugfehlangriff von Uludere in Beziehung setzte, der Ende vergangenen Jahres 34 Menschen das Leben kostete. Während er erklärte ,,jede Abtreibung ist ein Uludere, jede Abtreibung ist ein Mord” stellten sie nun fest: ,,Uludere ist ein Massaker, Abtreibung ist ein Recht.” Dr. Mehmet Görmez, Leiter für religiöse Angelegenheiten, führte aus, dass Abtreibung aus religiöser Sicht nicht vertretbar sei, da weder Mutter noch Vater ein „Eigentumsrecht“ an einem ungeborenen Kind hätten. Nur wenige Tage nach Erdoğans umstrittenen Äußerungen hatte sich der türkische Gesundheitsminister zu Wort ge- meldet und angekündigt, dass man bereits in Kürze ein neues Gesetz fertig habe. Nun erklärte Recep Akdağ: ,,Nochsteht nicht genau fest, was in dem neuen Gesetz stehen wird.” Dass Erdoğan gegen Abtreibung ist, dürfte man sich schon vor seiner öffentlichkeitswirksamen Erklärung gedacht haben, bemerkt der Kolumnist Fehmi Koru. Denn mit dieser Meinung steht er auch weltweit nicht allein. Wie Görmez betont, müsse das Wohl der Mutter im Zweifelsfall immer über dem des Kindes stehen. Genau so wird es seit Jahren praktiziert. Jeder, der aus religiösen oder anderen Gründen -gegen Abtreibung ist, ist diesen Weg bisher ohnehin nicht gegangen. Ganz abgesehen davon, wie das Gesetz im Land zu dem Thema steht. Merve Durmuş 1 Ausgabe | 11 ne von ‚Einheit in der Vielfalt‘ dringender denn je.“ Er fordert die „Verständigung auf gemeinsame Grundwerte im Sinne der UNMenschenrechtscharta“. Say betont derweil, dass er die Meinungsfreiheit immer respektiert habe und 08. Juni 2012 es niemals seine Absicht gewesen sei ,,eine Gruppe, eine Person oder Organisation zu beleidigen”. Im Internet wurde nun die Petition „Support Fazıl Say“ gestartet, um ihn zu unterstützen. Bereits über 3.000 Personen haben im Namen der Meinungsfrei- heit unterzeichnet. Er selbst appelliert an die Öffentlichkeit: ,,Bevor Menschen mich verurteilen, sollten sie sich ein wenig Zeit für meine Musik nehmen, um zu verstehen, wie ich über die Werte unserer Gesellschaft denke”. Kritik KRM: Gaucks Aussagen zum Islam sind „irritierend” In einer aktuellen Mitteilung hat der Sprecher des Koordinationsrates der Muslime (KRM), Ali Kızılkaya, die jüngsten Äußerungen von Bundespräsident Joachim Gauck zur Verortung des Islams in Deutschland als „irritierend“ bewertet. D ie Aussage des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff zum Islam hatte für Muslime in Deutschland eine große integrative Bedeutung. Wir haben uns von Bundespräsident Gauck die Fortführung dieser integrationspolitisch wichtigen und klugen Linie erhofft”, kritisiert Ali Kızılkaya die Aussagen Joachim Gaucks in einem Interview mit der ZEIT, in dem er erklärte, die Intention des Wulff-Satzes zwar anzunehmen, selbst aber ,,einfach gesagt (hätte), die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland”. In einer aktuellen Erklärung des Koordinationsrat der Muslime (KRM) bezeichnet deren Vorsitzender es nun als ,,irritierend”, dass der Bundespräsident sich gerade von dieser Aussage seines Amtsvorgängers distanziere. ,,Für die selbstverständliche Feststellung, dass in diesem Land viele Muslime leben, bedarf es keiner großen Anstrengung. Dass in Deutschland ca. vier Millionen Muslime leben, von denen etwa die Hälfte die deutsche Staatsbürgerschaft hat, ist Realität“, stellt Kızılkaya heraus. Für den KRM, der sich aus der TürkischIslamischen Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB), dem Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IRD), dem Verband der Islamischen Kulturzentren in Deutschland e.V. (VIKZ) und dem Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. (ZMD) zusammensetzt, sei das Signal, welches von dieser Relativierung ausgehe, beunruhigend: ,,Muslime als einzelne Individuen sind zu tolerieren, weil sie nun schon einmal hier sind? Für ihre Religion und Kultur bleibt jedoch kein Raum. In der Integrations- und Islamdebatte sind wir an vielen Stellen schon viel weiter.” . Leider, so heißt es in der Erklärung des Koordinationsrates, verenge der Bundespräsident mit solch einer Aussage die Freiheitsrechte – insbesondere die Religionsfreiheit – von Muslimen auf den individuell-privaten Bereich. Kollektive Freiheitsrechte, wie die Sichtbarkeit als muslimische Gemeinschaften oder die rechtliche Integration des Islams in den religionsverfassungsrechtlichen Rahmen, würden hingegen in Frage gestellt. ,,Dem Freiheitsbild unserer Verfassung entspricht dieser Umgang mit religiösen Minderheiten nicht“, stellt der KRMSprecher klar. Für die im KRM vertretenen muslimischen Religionsgemeinschaften sei es dagegen selbstverständlich, dass sowohl der Islam als auch die Muslime und ihre Gotteshäuser zu Deutschland gehörten. Während die Korrektur der Wulffschen Aussage durch Gauck derzeit zu einer breiten Debatte führt, blieben die Worte der Für den Koordinationsrat der Muslime sind Gaucks Äußerungen ein beunruhigendes Signal. Foto: flickr/ALDEADLE Bundeskanzlerin Mitte Mai fast ungehört. Sie bekräftigte während einer Visite an einer Berliner Oberschule, dass der Islam zu Deutschland gehöre. Sie erklärte: „Die Muslime gehören heute zu unserer Lebenswelt dazu. Es ist mittlerweile auch eine Tatsache, dass zahlreiche Muslime Deutsche sind. Deshalb gehört der Islam eben heute dazu.“ Wirtschaft Polen und Türkei: Attraktiv für Investoren Extrem niedrige Unternehmensbewertungen, günstige Wechselkurse und vielfältige Investitionsmöglichkeiten: Polen und die Türkei sind die „Tiger Europas“ und ziehen an den anderen Ländern vorbei, so die Einschätzung der Analysten. S tetiges Wirtschaftswachstum, eine junge Bevölkerung und eine wachsende Mittelschicht – sowohl die Türkei als auch Polen heben sich dadurch vom Rest Europas ab. Die Länder werden in den kommenden Jahren zwar ein risikoreiches, jedoch sehr attraktives Investitionsziel darstellen, so die Einschätzung der Wirtschaftszeitschrift MarketWatch. Der türkische Aktienindex ISE 30 ist seit Jahresbeginn um 9,8 Prozent gestiegen, während der polnische Aktienindex WIG 20 um 2,7 Prozent fiel. Durch diese Entwicklung wurde der Stoxx Europe 600 um 2,2 Prozent gepusht. 2 Ausgabe | 11 Beide Länder bieten viele verschiedene Möglichkeiten für Investitionen im Finanzbereich, Telekommunikationssektor oder auch im Bereich der Gebrauchsgüter. In der Türkei gibt es einen breiten Industriesektor, in Polen vor allem viele Energieunternehmen. Nach Polen und in die Türkei werden Stoxx Europe 600 Index 08. Juni 2012 eine Menge ausländischer Direktinvestitionen fließen, glaubt Matt Lasov, Forschungsleiter der Frontier Strategy Group. Dabei hätten die Direktinvestitionen noch nicht einmal das höchste Level erreicht, denn aufgrund der Finanzkrise seien viele westliche Unternehmen zurückhaltend und setzten Quelle: Bloomberg lieber darauf, zu sparen. „Beide Märkte bieten signifikante Möglichkeiten, weil sie darauf ausgerichtet sind, die europäischen Märkte zu überholen; bieten extrem niedrige Unternehmensbewertungen und haben günstige Wechselkurse. Das macht Deals mit den Ländern attraktiv“, erklärt er. 2011 flossen 16,1 Milliarden Dollar an Direktinvestitionen in die Türkei, seit 2007 war diese Zahl nicht mehr so hoch, so Lasov. Damals pumpten Investoren mehr als 22 Milliarden in das Land. In Polen fielen 2011 die ausländischen Direktinvestition auf 11,8 Milliarden. 2007 verzeichnete das Land hier noch 23,7 Milliarden. Trotzdem sei das ein gutes Zeichen, erklärt Lasov weiter, denn Polen „war das einzige Land, dass nicht in die Rezession ging“. Während der Rest Europas also um seine Wirtschaft zittert, geht es der Türkei und Polen vergleichsweise gut. „Die Tiger Europas“ sind sie deshalb für MarketWatch. Diskriminierung Toyota: Mitarbeiter wegen ihrer Religion gefeuert? Schwere Anschuldigungen gegen das türkische Hauptquartier des japanischen Automobilherstellers Toyota. Hier sollen im vergangenen März und April angeblich mehrere Mitarbeiter wegen ihres Glaubens und ihrer religiösen Praktiken entlassen worden sein. W ie die türkische ,,Zaman” unter Berufung auf andere Medienbeiträge dieser Woche berichtet, wird dem türkischen Toyota-Hauptquartier Diskriminierung seiner Mitarbeiter, die mehrheitlich während des Ramadans fasten, vorgeworfen. Das Unternehmen, so heißt es, soll 143 Angestellte auf Grund ihrer Religion entlassen haben. Der ehemalige Generalmanager der Toyota-Fabrik in Boshoku, die Teile für die Toyota-Fahrzeuge produziert, erklärte in einem Brief, der – wie viele andere Schilderungen ehemaliger Mitarbeiter – an die zuständige Kommission des türkischen Parlaments versendet wurde, wie das Unternehmen ihn behandelte. In dem Dokument, das auch der türkischen Tageszeitung ,,Star” vorliegt, behauptet er, er sei wegen des Nachgehens seiner religiösen Pflichten zum Rücktritt gedrängt worden. ,,Mir war die Teilnahme am Freitagsgebet verboten. Ich wurde beschuldigt, Mitglied einer islamistischen terroristischen Vereinigung zu sein – nur weil ich betete”, zitiert ihn nun die ,,Star“, ohne seinen Namen zu nennen. Dabei sei das Freitagsge- bet in der Zeit seiner Mittagspause gewesen. Das sei ihm allerdings verboten worden, damit er dem Rest der Belegschaft nicht als Vorbild diene. Man habe ihn sogar so unter Druck gesetzt, dass er sich in psychologische Behandlung begeben musste. Nach seinem Rücktritt habe das Unternehmen ihm eine sehr hohe Abfindung gezahlt. Das, so der ehemalige Mitarbeiter, sei geschehen, weil das Unternehmen sich der eigenen Schuld bewusst gewesen sei. Auch Toyota hat mittlerweile auf die Anschuldigungen reagiert. Am vergangenen Dienstag gab das Unternehmen eine Presseerklärung heraus. Darin wird auf die japanische Tsunami- und Erdbebenkatastrophe im vergangenen Jahr sowie auf die globale Wirtschaftskrise verwiesen. Beides habe dazu geführt, dass die Fahrzeugproduktion abgenommen hätte. Bisher, so heißt es, seien in der Türkei 177.000 Fahrzeuge produziert worden. 2011 sank diese Zahl auf 89.000. Bis Ende des Jahres 2012 soll diese Zahl weiter fallen – auf nur noch 62.000. Wie das japanische Unternehmen erklärt, hätten diese negativen Entwicklungen natürlich auch Auswirkungen auf die Finanzen. Aus diesem Grunde hätte man nun 143 Arbeiter entlassen müssen. Basis hierfür sei ihre jährliche Leistung, nicht ihre Religion gewesen. Toyota, so schreibt die ,,Zaman”, bestreite zudem vehement, dass sie ihre Mitarbeiter in Einstellungsgesprächen nach ihrem persönlichen Glauben und ihren religiösen Praktiken fragen würden. Das türkische Hauptquartier hätte sogar drei Gebetsräu- Selbst in der Mittagspause soll es Mitarbeiter nicht erlaubt gewesen sein, zu beten. Foto:flickr/modenadude 3 Ausgabe | 11 me, die den Mitarbeitern 24 Stunden am Tag zur Verfügung stünden. Auch die Organisation der Mahlzeiten würde mit Rücksicht auf Gebets- und Fastenzeiten erfolgen. Eingeschaltet hat sich mittlerweile auch Ayhan Sefer Üstün, Präsident der Parlamen- 08. Juni 2012 tarischen Kommission für Menschenrechte. Er wandte sich schriftlich an den Präsidenten der Toyota Motor Corp., Akio Toyota. Darin dankte er Toyota für seinen Beitrag für die türkische Wirtschaft, äußerte aber auch seine Sorgen über die derzeit kursie- renden Gerüchte. Üstün ist sich bewusst, dass derartige Berichte die Reputation des Unternehmens und die des Vorstands massiv beschädigen könnten. Diesen forderte er deshalb auf, diesen Vorwürfen nun gezielt nachzugehen. wäre der jüngste Israeli gewesen, der jemals den Gipfel des Mount Everest erklommen hätte. Doch dann kam alles anders. Auf einem eisigen Grat sah er den 46-jährigen Aydın Irmak liegen, der sich nicht mehr rührte. Der junge Mann überlegte nicht lange. Kurzerhand schulterte er den Kollegen und brachte ihn sicher ins Camp. Dass er jetzt für seinen Rettungseinsatz ausgezeichnet werden soll, widerstrebt Nadav Ben-Yehuda allerdings völlig. Wie die türkischen Medien derzeit berichten, soll er sogar versucht haben, die Behörden davon abzuhalten. Er selbst, so heißt es, sei der Ansicht, dass seine Tat gar nicht so bedeutend gewesen wäre, als dass man ihm dafür eine Tapferkeitsmedaille verleihen müsste. ,,Ich bin absolut überrascht”, so der junge Bergsteiger. ,,Sie riefen mich aus der Residenz des Präsidenten an und sagten mir, dass sie mir die Tapferkeitsmedaille übergeben wollen. Ich versuche immer noch, sie davon zu überzeugen, das nicht zu tun. Ich hörte von den Leuten, die diese Medaille erhalten haben, und ich glaube nicht, dass ich das gleiche Kaliber habe. Einige dieser Menschen haben wirklich erstaunliche Dinge getan”, argumentiert Ben-Yehuda. Dass er sein Rekordziel nun nicht erreicht habe, damit hadere er übrigens nicht. ,,Das Leben eines Menschen, das Leben jeder Person ist wertvoller als alles andere”, so seine Überzeugung. ,,Ich wusste, dass ich vielleicht meine Finger dabei verlieren würde, aber das war nichts, worüber ich mir hätte Gedanken machen können, denn das wäre unmoralisch.” Die Maßnahme, die unter dem Titel ,,Sicherheits-Herstellung an der Küste von Alanya” läuft, soll laut türkischen Medienberichten binnen der kommenden acht Monate umgesetzt werden. Die Kosten sollen sich auf 600.000 Türkische Lira belaufen. Das teilte Hasan Şakiroğlu, der stellvertretende Vorsitzende des Antalya Tourismus Manager Verbands (ALTİD), mit. Gegenüber der ,,Hürriyet” versucht Şakiroğlu die Beweggründe für das aufwendige Vorhaben näher zu erläutern: ,,Der Hauptgrund für dieses Projekt ist, sichere Strände für Bürger und Touristen im Falle eines Notfalls wie Ertrinken oder Diebstahl zu gewährleisten. Wir versuchen Wege zu finden, die Standards unserer Strände zu verbessern.” Die Manager von insgesamt 246 Hotels im betreffenden Gebiet sehen das genauso. Sie haben bereits ihre Unterstützung für das Monitoring-System zugesichert. Auch die Entwicklungsagentur Westliches Mittelmeer (BAKA) ist mit im Boot. Sie will Mittel in Höhe von 272.000 Lira bereitstellen. Den Großteil über 347.000 Lira will allerdings die ALTİD selbst schultern. Bei Überwachungskameras allein bleibt es übrigens nicht. Das Projekt umfasst zudem Sicherheitsstreifen auf Jet-Skis und in Geländewagen. Das Monitoring-System soll der Sicherheit der Touristen – vor allem deutsche und russische Urlauber zieht es hierher – und der Bürger auch in einem weiteren Sinne dienen. Wie Şakiroğlu argumentiert, biete es auch Schutz vor terroristischen Aktivitäten und diene der Bekämpfung des Drogenhandels. ,,Alle verdächtigen Aktivitäten werden überwacht und unsere Polizei wird tun, was notwendig ist.” Die Infrarot-Kameras sollen künftig von der hieisgen Polizei betrieben werden, daneben wird die Gemeinde für die Überwachung in der Pflicht sein. Meldungen Breivik gibt Muslimen die Schuld für Radikalisierung Anders Behring Breivik behauptet vor dem norwegischen Gericht, Muslime seien selbst schuld an seinem Hass gegen alles Fremde. Als Kind hätten sie ihn so schlecht behandelt, dass er sich eine radikale Meinung gebildet habe. Schlechte Kindheitserfahrungen hätten Anders Behring Breivik zu dem gemacht, was er heute sei. Das erklärte er am vergangenen Montag vor Gericht. Sein Hass gegen den Islam und Ausländer sei schon in jungen Jahren entstanden. Als er sieben war, habe ein türkischer Diplomat, der Vater eines Freundes, sein Fahrrad kaputtgemacht, weil Breivik ihn beleidigt habe. Weiterhin erzählte Breivik von Schlägereien, Diebstählen und drei Fällen von Vergewaltigungen, die von Muslimen ausgegangen seien. Die von ihm genannten Vergewaltigungsopfer verneinten diese Fälle allerdings bei den Behörden, wie die Zeitung Verdens Gang berichtete. „Die Vorfälle sind einzeln gesehen nicht so schlimm“, so Breivik, doch das alles zusammen habe seine Meinung über Muslime geformt. Noch schlimmer sei allerdings gewesen, dass der norwegische Staat den Muslimen erlaubt habe, in den gehobenen Gegenden Oslos zu leben, was die Gefahr, die von ihnen ausgehe, noch verschlimmert habe. Auf die Frage, ob er auch positive Erfahrungen mit Muslimen gemacht habe, antwortete er, sie seien „sehr loyal“. „Der Ehrenkodex ist sehr wichtig für sie: Wenn es eine Prügelei gibt, sind sie die ersten, die helfen“, sagte er außerdem. In Oslo und auf der Insel Utoya tötete Breivik im Juli 2011 77 Menschen. Israelischer Bergsteiger rettet türkischen Kollegen Nur noch 300 Meter fehlten dem 24-jährigen Nadav Ben-Yehuda am 19. Mai dieses Jahres bis zum Gipfel. Dann hätte er es geschafft: Er Urlaub à la Big Brother: Alanyas Strände werden nun kameraüberwacht Die türkische Stadt Alanya, eine der beliebtesten Touristen-Destinationen des Landes, hat sich entschlossen ,,aufzurüsten”. Künftig sollen die traumhaften Strände mit Hilfe von 16 High-Tech-Sicherheits-Kameras unter Beobachtung gestellt werden. Bayern: 200 zusätzliche Lehrer für bessere Integration Zusätzliche Lehrkräfte sollen in Bayern Kind- 4 Ausgabe | 11 er mit Migrationshintergrund in den Schulen unterstützen. Schon im Grundschulalter wolle Bayern hier aktiv werden und setzt deshalb auf Lehrer. „Wir wollen die Talente der Menschen mit Migrationshintergrund entdecken und weiter fördern“, erklärte Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU). Um das zu gewährleisten, wolle der Freistaat vor allem im Bildungsbereich ansetzen. 200 zusätzliche Lehrer sollen nach Angaben des Ministers im kommenden Schuljahr an Grund- und Mittelschulen eingesetzt werden. Dabei werden besonders Schulen in Ballungsgebieten mit Lehrkräften aufgestockt. Bayern tue zwar jetzt schon viel für die Integration, doch weitere Anstrengungen in diesem Bereich seien nötig, so Spaenle. 08. Juni 2012 Hinrichtung.“ Auf dem Tahrir-Platz versammelten sich mehrere hundert Menschen. Sie wollen endlich neu anfangen und keine weiteren Verhandlungen mit fraglichem Ausgang. „Das Urteil ist nicht fair“, sagen sie. In den kommenden Tagen und vor allem am Freitag werden Großdemonstrationen auf dem Tahrir-Platz erwartet. Der 84-Jährige wurde am Wochenende wegen des Befehls zur Tötung von Demonstranten zu lebenslanger Haft verurteilt. Auch der ehemalige Innenminister Habib al Adli wurde zu der gleichen Strafe verurteilt. Anders dagegen Mubaraks Söhne und andere Vertreter des Sicherheitsapparates – sie wurden allesamt freigesprochen. Lebenslange Haft: Mubarak will in Berufung gehen Die Todesstrafe forderte der zuständige Staatsanwalt, verurteilt wurde Hosni Mubarak zu einer lebenslangen Haftstrafe. Vielen ist das angesichts seiner Taten zu wenig. Zumal Mubarak nun angeblich sogar in Berufung gehen wolle. In einem weiteren Verfahren könnte Mubarak erneut versuchen, seine Hände in Unschuld zu waschen, könnte letztendlich sogar freigesprochen werden. Genau das habe er Al-Dschasira zufolge vor. Offiziell bestätigt ist ein Einspruch Mubaraks noch nicht. Vielen ist das alles noch trotz anfänglichem Jubel nach Bekanntwerden des Urteils zu ungewiss. Demonstranten in Alexandria verlangen: „Es reicht mit dem Geschwätz, wir wollen eine Das Einsteigen ins Flugzeug konnte in der vergangenen Woche in der Türkei schon mal bis zu einem halben Tag dauern. Andere Flüge fanden erst gar nicht statt. Die türkische Fluggesellschaft Turkish Airlines war gezwungen, aufgrund von Streiks fast 200 Flüge zu streichen. Hunderte Mitarbeiter der Turkish Airlines protestierten gegen ein Gesetz, das Streiks verbieten sollte. Mehr als 300 Mitarbeiter wurden anschließend entlassen. Genutzt hat es allerdings nicht, denn nur einen Tag, nachdem Hunderte Mitglieder des Bodenpersonals, Techniker und andere Arbeiter auf dem Istanbuler Hauptflughafen gegen genau diesen Gesetzesentwurf protestiert hatten, verabschiedete das türkische Parlament das Gesetz. Mustafa Yağcı, Generalsekretär der Gewerkschaft Hava-İş, erklärte, dass man erwarte, dass der Präsident sein Veto dagegen einlegen würde, da das Gesetz gegen die Rechte der Arbeiter auf Streik verstoße. Foto: flickr/Austin555 Interview Tierschutz: „Das ,normale‘ Schlachten ist auch eine Barbarei” Die Veganerin und Bäuerin Hilal Sezgin erklärt im Interview, warum sie den Verzehr von Tieren grundsätzlich ablehnt. Diese Haltung sei mit dem Islam gut vereinbar. Die Tierschutz-Kritik am Schächten weist sie zurück: Normale Schlachtungen seien mindestens genauso brutal. Deutsch Türkische Nachrichten: Sie sind überzeugte Tierschützerin. Im März 2012 wurde nun auch erstmals eine Tierschutzpartei in der Türkei gegründet. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein? Hilal Sezgin: Ich kann die Situation in der Türkei nicht wirklich gut einschät- zen. Ich habe den Eindruck, in der Türkei tut sich in den letzten Jahren viel in Bezug auf den Tierschutz. – Aber es bleibt immer noch mehr zu tun. Schauen Sie sich Deutschland an: Ja, wir haben umfassende Tierschutzgesetze. Scheinbar. Aber wenn man sie sich genau durchliest, wird eigentlich alles, was man heutzutage in der Landwirtschaft und in wissenschaftlichen Labors so macht, per „Ausnahme“ erlaubt. Kann die Halal-Schlachtung eine Alternative zum gängigen Schlachten sein? Ursprünglich, wenn man sich die reli- 5 Ausgabe | 11 giösen Regelungen anschaut, war das Schächten als möglichst humane Form des Tötens konzipiert: Das Messer muss scharf, der Schnitt schnell sein; das Tier muss beruhigt werden und darf keine anderen geschlachteten Tiere oder Blut sehen, damit es keine Angst bekommt. Wer hält sich heute noch daran? Viele Leute „parken“ ein Schaf ein paar Tage in der Garage – eine unglaubliche Quälerei! Und in großen Schlachtereien wird nun mal eins nach dem anderen geschlachtet. Natürlich riechen und spüren die Tiere das Blut und den Tod. Also das ist eigentlich keine Alternative. Außerdem kann das Fleisch dieser Tiere meiner Meinung nach gar nicht halal werden, egal wie man sie schlachtet – denn sie haben vorher schon so schlimm gelebt. Es ist ethisch einfach nicht okay. Beim Thema Schächtung werden auf einmal alle immer zu Tierschützern… Ja, das ist typisch. Aber das „normale“ Schlachten ist auch eine Barbarei, nur sieht man das nicht, weil alles hinter verschlossenen Türen stattfindet! Daran muss man diese plötzlichen Tierschützer erinnern. Und zu den Muslimen sage ich: Auch „halal“ ist keine Alternative. Fleischessen an sich ist ja keine religiöse Pflicht für Muslime. Heutzutage ist es für alle Beteiligten besser, wenn wir darauf verzichten: Für die Umwelt (wegen des Wasserverbrauchs, des Methangases und der Bodenverschmutzung), für die Tiere natürlich und für die Menschen – wegen des Antibiotika-Missbrauchs in der Landwirtschaft und des Hungers in der Dritten Welt. Mit den Soja- und Getreidemengen, die „unsere“ Tiere fressen, könnte man die Menschheit locker ernähren. Warum entschieden Sie sich für eine vegane Lebensweise, nicht etwa vegetarische oder gar eine Lebensweise, die „tierfreundlich“ geschlachtetes Fleisch zulässt? Vegetarierin wurde ich, als ich vierzehn 08. Juni 2012 gebracht, dass im Islam der Respekt vor Tieren und der gute Umgang mit ihnen dazu gehört. Vegetarische Ernährung ist in der Türkei nicht sehr verbreitet. Bemerken Sie auch, dass Türkeistämmige hier anders auf Ihre Entscheidung reagieren? Hilal Sezgin Foto: privat Jahre alt war. Mir wurde schlagartig klar, dass es eigentlich ganz falsch ist, Tiere zu töten, nur weil man sie essen will. Es gibt heutzutage und in unseren reichen Industrieländern doch so viel anderes zu essen! Und vegan wurde ich dann, als ich hier auf dem Land ein paar Ausflüge zu Bauernhöfen gemacht habe und gesehen habe: Die führen ja ein entsetzliches Leben! Auch die Bio-Tiere. Kälber, zum Beispiel, werden der Mutter weggenommen, weil der Mensch ja die Milch haben will. Also muss das arme Kalb in einer kleinen Plastikhütte stehen, und die Mama steht ganz woanders und schreit nach ihrem Kind! Und als meine Schafe Lämmer hatten, habe ich gesehen, wie sehr Tiermütter ihre Kinder lieben. Da war für mich mit Milch und Käse Schluss. Das könnte ich jetzt nicht so verallgemeinern. Eigentlich habe ich immer in einer mehrheitlich „fleischessenden“ Umgebung gelebt, sowohl hier als auch da. Erst seitdem ich immer mehr Zeitungsartikel zu dem Thema schreibe und mein Buch über das „Landleben“ geschrieben habe, habe ich viele andere Vegetarier und Veganer kennen gelernt. Die meisten davon sind wohl deutscher Herkunft, aber viele haben auch türkische Eltern. Wir leben ja alle hier und sehen im TV Reportagen über gequälte Tiere in der Massentierhaltung – das macht alle empfindsamen Menschen betroffen, egal, ob mit „deutschem“ oder „türkischem“ Namen. Warum entschieden Sie sich zu einem Leben auf einem Bauernhof? Sie haben sich also entschieden, auf tierische Produkte komplett zu verzichten. Wie reagierte Ihre Familie auf Ihre Entscheidung und ist das überhaupt mit dem Islam vereinbar? Eigentlich nenne ich es eher „Gnadenhof“ oder, weil das etwas sonderbar klingt: „Lebenshof“. Die Idee ist einfach, dass man Tiere, die ansonsten als „Nutztiere“ betrachtet und nach Kräften ausgebeutet werden, einfach leben lässt, so wie sie möchten. Hier wird niemand geschlachtet, ich nehme keinen Kindern ihre Mütter weg. Derzeit habe ich 39 Schafe, drei Ziegen, zwei Gänse und ein paar Hühner. Als ich hierherzog, war das übrigens gar nicht so geplant – ich wollte nur gern raus aus der Stadt und in die Natur. Meine Eltern sind total tierlieb, sowohl meine deutsche Mutter als auch mein türkischer Vater. Beide wurden kurz nach mir ebenfalls Vegetarier und sind es bis heute geblieben. Sie sind gläubige Muslime und haben mir sehr früh bei- Hilal Sezgin, geboren 1970, studierte Philosophie und lebt heute als freie Schriftstellerin und Publizistin in der Lüneburger Heide. 2011 erschien ihr Buch: „Landleben. Von einer, die raus zog“ im Dumont Verlag. Impressum Herausgeber: Dr. Michael Maier, Redaktion: Merve Durmuş, Nicole Oppelt. Layout: Elke Baumann. Copyright: Blogform Social Media GmbH, Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: info@blogformgroup.com. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 mal pro Jahr. Bezug: abo@blogformgroup.com. Mediadaten: media@blogformgroup.com. www.deutschtuerkische-nachrichten.de 6