Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe

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Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches)
Recyclingziel für Kunststoffe
ABSCHLUSSBERICHT
Plastics Recyclers Europe
30 August 2013
Dokumentinformationen
AUFTRAGGEBER
Plastics Recyclers Europe
NAME DES BERICHTS
Abschlussbericht
BEZEICHNUNG DES PROJEKTS
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel
für Kunststoffe
PROJEKTTEAM
BIO Intelligence Service
VERTRETER DES AUFTRAGGEBERS
Antonino Furfari, Plastics Recyclers Europe
DATUM
30 August 2013
AUTOREN
Shailendra Mudgal
Lorcan Lyons
Mary Ann Kong
WICHTIGE KONTAKTPERSONEN
Shailendra Mudgal
sm@biois.com
oder
Lorcan Lyons
lorcan.lyons@biois.com
DANKSAGUNGEN
Wir danken den Mitgliedern von Plastics Recyclers
Europe herzlich für ihren Beitrag, insbesondere den
Vorsitzenden der Arbeitsgruppen. Die Koordination
erfolgte durch Antonino Furfari, Ton Emans und
Alexandre Dangis. Wir danken auch Nejma André,
früher bei BIO, für die Hilfe beim ersten
Berichtsentwurf.
AUSSCHLUSSKLAUSEL
Das Projektteam übernimmt keinerlei Verantwortung
für irgendeinen direkten oder indirekten Schaden
infolge der Verwendung dieses Berichts oder seines
Inhalts. Dieser Bericht enthält die Ergebnisse aus den
Recherchen der Autoren und gibt deren eigene
Meinungen wider.
Bitte zitieren Sie diese Publikation als:
BIO Intelligence Service (2013), Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für
Kunststoffe, Abschlussbericht erstellt für Plastics Recyclers Europe
Bildnachweis: Einband @ Maurice Mikkers
2 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Vorwort von Herrn Shailendra Mudgal
An Menge an wiederverwertetem Abfall kann man erkennen, wie hoch entwickelt eine
Gesellschaft ist. D. Ywahoo
Es wird
erwartet, dass sich der weltweite Verbrauch natürlicher Ressourcen bis 2050
vervierfacht.Schon bei gleichbleibendem Verbrauch kann die Welt die Nachfrage an Ressourcen
aus endlichen Rohstoffen alleine nicht befriedigen. Seit mehreren Jahrzehnten steht das
Recycling im Mittelpunkt der Umweltpolitik.Die Verwendung von Abfall als Ressource wurde im
Strategieplan der EU für Ressourceneffizienz erneut hervorgehoben.
Art und Umfang des Recyclings in einem bestimmten geographischen Gebiet hängen von
unterschiedlichen Faktoren ab, zum Beispiel von der Materialzusammensetzung der Produkte,
den Abfallsammelsystemen und den unterschiedlichen Recyclingverfahren. Der Gesamterfolg
eines Recyclingstroms wird von den angemessenen politischen Vorgaben, einer effizienten und
gut organisierten Wertschöpfungskette und bewussten Verbrauchern angetrieben. Bei
Kunststoffen wurde in den letzten Jahren ein gewisser Fortschritt erzielt, aber die Menge an
eingesammelten Kunststoffen, die wiederverwertet wurde, betrug in der EU nur 24%. Dieser
Bericht untersucht die Trends beim Kunststoffrecycling in Europa und liefert Argumente für ein
erhöhtes Kunststoffrecycling, das weiteren ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Nutzen
mit sich bringen wird.
Ich hoffe, dass diese Studie zur Entwicklung neuer Ideen und einer ehrgeizigen Strategie für das
Kunststoffrecycling in der EU beitragen wird, und der EU dabei hilft, sich auf eine
ressourceneffiziente Gesellschaft hinzubewegen.
Shailendra Mudgal
Exekutivdirektor
BIO Intelligence Service
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 3
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4 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Inhaltsverzeichnis
LISTE DER TABELLEN
6
LISTE DER ABBILDUNGEN
6
ZUSAMMENFASSUNG
7
KAPITEL 1:
EINFÜHRUNG
9
KAPITEL 2:
STATUS UND TRENDS BEIM KUNSTSTOFFRECYCLING IN EUROPA
11
2.1 Politisches Umfeld
11
2.2 Wertschöpfungskette Kunststoffrecycling
13
2.2.1 Entstehung von und Handel mit Kunststoffabfall
15
2.2.2 Sammeln und Sortieren
16
2.2.3 Werkstoffliches Recycling und die Alternativen
18
2.2.4 Produkte aus wiederverwerteten Kunststoffen
20
2.3 Technologische und Markttrends
22
KAPITEL 3:
29
SZENARIO-/FOLGENANALYSE EINES ERHÖHTEN RECYCLINGQUOTE
3.1 Szenario-Analyse
29
3.1.1 Anwendungen
32
3.2 Beurteilung der Auswirkungen eines erhöhten Recyclingquote
34
3.2.1 Wirtschaftliche Auswirkungen
34
3.2.2 Umweltverträglichkeit
36
3.2.3 Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
39
KAPITEL 4:
ERFORDERLICHE MAßNAHMEN, UM ERHÖHTE RECYCINGQUOTEN ZU
ERREICHEN
42
4.1 Identifizierung der erforderlichen Maßnahmen
42
4.1.1 Wie Verwerter die Initiative ergreifen können
42
4.1.2 Was politische Entscheidungsträger zur Unterstützung tun können
43
4.2 Schlussfolgerungen
47
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 5
Liste der Tabellen
Tabelle 1: Separate Sammelquoten, geschätzt nach Verpackungsanwendung, 2007 (EU-25)
17
Table 2: Separate Sammelquoten, geschätzt nach Verpackungsanwendung (EU-25)
23
Table 3: Referenzszenarium für Kunststoffrecycling
29
Table 4: Kunststoffrecycling 2020, Vision für Ressourceneffizienz
31
Table 5: Szenarien zum Kunststoffrecycling, 2020 (Mt)
31
Table 6: Exemplarische Aufschlüsselung von Rezyklat nach Polymersorte in der Vision für
Ressourceneffizienz
33
Table 7: Emissionen von Treibhausgasen ziehen Nutzen aus dem Recycling (tCO2-Äquiv.)
38
Liste der Abbildungen
Abbildung 1: Übersicht über die Kunststoffrecyclingkette
14
Abbildung 2: Gesamte Rückgewinnungsquote, nach Ländern aufgeteilt (Kunststoffabfall von
Verbrauchern), 2011
20
Abbildung 3: Kunststoffnachfrage nach Sorte (EU-27+CH+NO),2011Error! Bookmark not
defined.
21
Abbildung 4: Nutzungsdauer nach Kunststoffsorte
25
Abbildung 5: Importe und Exporte von GB von wiederaufbereitetem Kunststoff, Dezember 2010 Dezember 2011
26
Abbildung 6: Rückgewinnung und Recycling von Kunststoff in GB, 2013Q3 - 2011Q3
26
Abbildung 7: Versand von Kunststoffabfall aus der EU und innerhalb der EU, 1995-2007
27
Abbildung 8: Preisentwicklungen und Handelsvolumen (innergemeinschaftlich und extra-EU) von
Kunststoffabfall bis Oktober 2011
27
6 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Zusammenfassung
O
bwohl sich in den vergangenen Jahren die Menge des für das Recycling
eingesammelten Kunststoffs deutlich erhöht hat, besteht bei den Bürgern, Behörden
und Unternehmen noch immer die Vorstellung, dass mehr Kunststoffe recycelt werden
können und sollen. Kunststoffe sind in unseren Mülltonnen oder als Abfall auf der Straße oder in
unseren Gewässern deutlich sichtbar. Die Ansicht, dass wir mehr wiederverwerten sollten,
scheint allein durch die Tatsache bestätigt, dass im Jahr 2012 nur 24% aller Kunststoffe in der EU
für das Recycling gesammelt wurden.
Niedrige Recyclingquoten für Kunststoffmaterialien sind nicht mehr länger akzeptabel. Auf die
Dauer kann sich Europa wegen den zunehmenden Rohstoffknappheit den Luxus nicht mehr
leisten, dass weiterhin 76% des verwendeten Kunststoffs zu verschwenden. Es besteht ein
dringender Handlungsbedarf, um die Recyclingquoten für Kunststoffe zu erhöhen. Diese Studie
beschreibt Szenarien zur zur Verbesserung der Nachhaltigkeit von Kunststoffen durch Recycling
in Europa bis zum Jahr 2020. Mehr Kunststoffe werkstofflich zu verwerten, könnte dabei helfen,
knappe Rohstoffe zu schonen, Arbeitsplätze zu schaffen und die Auswirkungen auf die Umwelt
zu vermindern. Diese Studie schlägt wesentliche Maßnahmen vor, die getroffen werden sollten,
um dies zu erreichen.
Zunächst analysieren wir die aktuelle Lage beim Kunststoffrecycling. Jüngste Veränderungen bei
der Abfallsammlung, technologische Innovation durch Verwertungsbetriebe und
Verhaltensänderungen in den Haushalten haben es ermöglicht, dass im Lauf der Zeit immer
mehr Kunststoff verwertet wurde. Trotz dieses Trends haben Kunststoffe im Vergleich mit
anderen Materialien jedoch noch immer niedrige Recyclingquoten. Es besteht Handlungsbedarf,
um den prozentualen Anteil des Kunststoffrecyclings zu erhöhen.
Als nächstes entwickeln wir drei Szenarien, um den besten Weg zu einem erhöhtee
Kunststoffrecycling zu analysieren. Bevorzugt sollte der Weg eingeschlagen werden, mit dem
maximaler ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Nutzen erreicht werden. Folgende
Szenarien werden vorgestellt:
Szenario 1 – Referenz: Keine weiteren wesentlichen Veränderungen in
Abfallwirtschaftssystemen im Zeitraum bis 2020.
Szenario 2 – Implementierung: Vollständige Implementierung aller
bestehenden abfallrechtlichen Regelungen der EU, einschließlich einer
Recyclingquote von 50% für Kunststoffabfälle aus Haushalten bis 2020
Szenario 3 – Vision der Ressourceneffizienz: Alle wiederverwertbaren
Kunststoffe werden den Verwertungsbetrieben zugeführt, es wird eine
Recyclingquote von 62% erzielt, Rückstände werden für die Energiegewinnung
genutzt und die Entsorgung auf Mülldeponien ist für jegliche
wiederverwertbaren Kunststoffe ab 2020 verboten.
Auf Basis der Ergebnisse dieser Szenarien, ist die beste Strategie, um Europa in Richtung auf
Nachhaltigkeit von Kunststoffen voran zu bringen, eindeutig Szenario 3. Eine Bewegung zur
Vision der Ressourceneffizienz würde:
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 7
den gesamten erzeugten Kunststoffabfall effizient nutzen, indem 11 Millionen
Tonnen (Mt) Kunststoff-Rezyklate auf den Markt gebracht werden;
die Mülldeponien um mehr als 24 Mt Kunststoffabfallentlasten ;
Energie aus 7,5 Mt an Aufbereitungsrückständen gewinnen;
etwa 360.000 Arbeitsplätze schaffen (wobei 120.000 Arbeitnehmer direkt bei
Verwertungsbetrieben beschäftigt wären);
mehr als 4,5 Mrd. Euro durch den Ersatz von Neu- Kunststoffe einsparen; und
mehr als 26 Mt CO2 an Emissionen vermeiden.
Alle Interessengruppen müssen Maßnahmen ergreifen, um diese Vision zu verwirklichen und
Kunststoff bis 2020 zu einem der nachhaltigsten Materialien zu machen. Um dieses Ziel zu
erreichen, sollte Europa:
Erstens
ein Deponieverbot für Kunststoffabfälle aussprechen; und
die umweltgerechte Gestaltung von Produkten verbessern, indem die
Wiederverwertbarkeit und der Anteil an Recyclingmaterial stärker
berücksichtigt werden.
Als Nächstes
alle Kunststoffabfälle getrennt sammeln.
alle gesammelten Kunststoffabfälle effizient sortieren, um für das Recycling
geeignete Qualitäten zu erzeugen; und
alle sortierten Kunststoffabfälle an zertifizierte Verwertungsbetriebe für
Kunststoffe leiten.
Als Letztes
Kunststoffrückstände aus den Recyclingverfahren der Energierückgewinnung
zuführen.
Europa hat die Mittel, um seine Kunststoffrecyclingquoten erheblich zu erhöhen und sehr großen
Nutzen aus der Ressourcenschonung , der Schaffung von Arbeitsplätzen und dem Umweltschutz
zu ziehen. Jetzt ist nur noch ausreichender politischer Willen nötig, um den Übergang zu
unterstützen.
8 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Chapter 1: Einführung
Recycling trägt auf zahlreiche Arten zu einer ökologischen
Wirtschaft bei, unter anderem durch eine verbesserte Ressourceneffizienz,
geringere Auswirkung auf die Umwelt infolge der Rohstoffgewinnung, Schaffung
von Arbeitsplätzen und Geschäftsmöglichkeiten und Gewährleistung der
Versorgungssicherheit wichtiger Rohstoffe.
Europäische Umweltagentur (2011) 1
Der Vorrang, der dem Recycling in Aussagen wie der vorstehenden, in Strategiedokumenten und
in der Abfallhierarchie selbst eingeräumt wird, spiegelt sich nicht immer in politischem
Engagement wider. Politische Entscheidungsträger müssen sich sowohl dem großen Potenzial
des Recyclings als auch den restlichen zu bewältigenden Herausforderungen bewusster werden.
Dies ist das Hauptmotiv dieser Studie: Kunststoffe sind wiederverwertbar und es gibt eine
erhebliche Kapazitäten für das Kunststoffrecycling in Europa; es gibt ein großes
Wachstumspotenzial, aber es bedarf dafür eines geeigneten politischen Rahmens.
Ziele sind entscheidend für die Gewährleistung einer guten Umsetzung jeglicher Politik. Die Ziele
müssen jedoch gut definiert und quantifiziert werden und müssen in dem betroffenen Sektor
erreichbar sein. Diese Studie bewertet die politischen Konsequenzen und die Konsequenzen für
den Markt, die sich durch die Erfüllung und das Überschreiten eines erhöhten Ziels für die
werkstoffliche Verwertung von Kunststoffen ergeben.
Der Bericht ist, diese Einführung mit umschlossen, in vier Kapitel unterteilt. Das zweite Kapitel
beschreibt den aktuellen Status und die Trends entlang der Wertschöpfungskette beim
Kunststoffrecycling. Es hebt auch die hauptsächlichen politischen Antriebskräfte hervor, da diese
einen direkten Einfluss auf den Markt haben. Im dritten Kapitel werden ein Referenzszenario und
Szenarien mit erhöhten Recyclingquoten dargelegt. Der Einfluss dieser Szenarien auf die
Wirtschaft, Umwelt und Beschäftigung wird bewertet. Schließlich werden im vierten Kapitel die
Maßnahmen beschrieben, die für eine positive Veränderung erforderlich wären.
Diese Studie kann im Kontext eines Europäischen Kunststoffrecyclingsektors gesehen werden,
der dezentralisiert und hoch segmentiert ist. Die Gründung von Plastics Recyclers Europe vor ein
paar Jahren war daher für eine erhöhte Wahrnehmung des Sektors auf europäischer Ebene
entscheidend. Die Funktion von Plastics Recyclers Europe liegt in der Förderung des
Kunststoffrecyclings und der Schaffung von Bedingungen, die ein profitables und nachhaltiges
Geschäft ermöglichen. Der Sektor besteht aus 1000 Unternehmen, hauptsächlich KMUs, die
etwa 30000 Menschen beschäftigen, mehr als 3 Mt Kunststoff verarbeiten und jährlich einen
Umsatz von 2 Mrd. Euro erzielen. Mitglieder von Plastics Recyclers Europe repräsentieren etwa
80% des europäischen Marktes.
1
Europäische Umweltagentur (EUA) (2011) "Earnings, jobs and innovation: the role of recycling in a green
economy"(Verdienste, Arbeitsplätze und Innovation: Die Bedeutung des Recycling in einer grünen Wirtschaft).
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 9
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10 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Chapter 2: Status und Trends beim
Kunststoffrecycling in Europa
2.1 Politisches Umfeld
Recycling kann eine entscheidende Maßnahme zur Umsetzung der Strategie „Europa 2020“ sein,
insbesondere die Leitinitiative für den Wechsel zu einer ressourceneffizienten, kohlenstoffarmen
Wirtschaft, um ein nachhaltiges Wachstum zu erzielen. Der Aktionsplan 2008 für Nachhaltigkeit
in Produktion und Verbrauch und nachhaltige Industrie legte die Notwendigkeit dar, die
Abhängigkeit von Rohstoffen zu vermindern und förderte eine effiziente Ressourcennutzung und
Recycling. Bereits vor diesem Aktionsplan setzte 2005 die thematische Strategie für
Abfallvermeidung und -recycling als langfristiges Ziel fest, die EU zu einer "RecyclingGesellschaft" weiterzuentwickeln, und das Recycling ist auch der Schlüsselgedanke der
übergeordneten thematischen Strategie 2005 für eine nachhaltige Nutzung natürlicher
Ressourcen. 2
Gemäß der 2008 überarbeiteten Abfallrechtsrahmenrichtlinie 3 sollen bis 2020 50% des
gesamten kommunalen Feststoffabfalls 4 wiederverwertet werden, einschließlich Kunststoff,
Papier, Metall und Glas. Dieses vollstreckbare Ziel schaffte für Mitgliedstaaten einen wichtigen
Anreiz ihre Recyclingquoten zu erhöhen. Es gibt auch spezielle Recyclingziele für Elektro- und
Elektronikgeräte-Abfall (WEEE), die Rücknahme und Verwendung von Altfahrzeugen (ELV, endof-life-vehicles), Verpackungen, Haushaltsabfall, die Bau- und Abbruchbranche und für Batterien.
Vor allem verlangt die Abfallrichtlinie ab 2015 auch eine getrennte Sammlung von Kunststoffen
und anderen Materialien.
Obwohl jedoch das Kunststoffrecycling von mehreren Bereichen der europäischen Politik
beeinflusst wird, sind Verordnungen in der Regel nicht speziell auf Kunststoffabfall oder das
Recycling von Altkunststoffen ausgerichtet. Dies schwächt die Auswirkungen der Politik und
macht die Überwachung des Fortschritts schwieriger.
Es gibt speziell für das Kunststoffrecycling ein Ziel, das aber auf Verpackungen beschränkt ist.
Die Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle 5, legte für 2008 ein Recyclingziel von
22,5 Gew.-% für Kunststoffverpackungen fest, wobei nur die werkstoffliche Verwertung
berücksichtigt wurde, d.h. das erneute Recycling zu Kunststoffen. Dieses Ziel wurde von einigen
Mitgliedstaaten bereits 2009 erreicht, 30,3% der Kunststoffverpackungen wurden in Europa
wiederverwertet (EU 27, Norwegen und Schweiz) Einige Mitgliedstaaten verwerten einen
größeren Anteil, 6 während andere nicht einmal dieses Ziel erreichten.7 Einigen Ländern wurden
2
Siehe BIO et al. (2010) Preparatory Study for the Review of the Thematic Strategy on the Sustainable Use of Natural
Resources, DG Environment and BIO et al. (2010) Supporting the Thematic Strategy on Waste Prevention and Recycling,
GD Umwelt.
3
2008/98/EG.
4
Von den lokalen Behörden gesammelter Verbraucherabfall kann Haushaltsabfall und von öffentlichen Einrichtungen
und Plätzen gesammelten Abfall umfassen.
5
1994/62/EG.
6
CZ, DE, EE, SE, BE, AU, NL, SK, IT, LV, SI.
7
FR, BG, RO, CY, EL, MT.
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 11
erweiterten Fristen eingeräumt – sogar bis zum 31. Dezember 2015 für Lettland. Behauptungen,
dass bestimmte Mitgliedstaaten das Ziel von 22,5% erreicht haben, müssen jedoch mit Vorsicht
gehandhabt werden, da unterschiedliche Methoden für die Berechnung, Überwachung und
Berichterstattung usw. verwendet werden.
Das Ziel von 22,5% basiert eher auf der Menge an gesammeltem Kunststoffabfall als auf der
letztendlich wiederverwerteten Menge an Kunststoffen. Wenn man die gesammelten Mengen
anstatt die wiederverwerteten Mengen als Ziel verwendet, ist dies kein effektiver Weg zur
Förderung des Recyclings von Kunststoffabfall in Europa. Des Weiteren liefert die
Verpackungsrichtlinie keine Definition zur Abschätzung der auf den Markt gebrachten Menge an
Verpackungsmaterial und keinen Ansatz zur genaueren Berechnung der Sammlungs- oder
Recyclingquoten, um die Vergleichbarkeit der Daten zu gewährleisten. 8 Die Mitgliedstaaten
verwenden keine einheitlichen Methoden. Daher sind die Daten über Verpackungsabfälle nicht
immer vergleichbar.
Die Deponierichtlinie (1999) setzte Ziele für Umleitung von Abfällen von der Mülldeponie in
Richtung Recycling oder Energiegewinnung (Verwendung von Kunststoffabfall als Brennstoff zur
Energieerzeugung). Im Allgemeinen wurden diese Optionen der Abfallwirtschaft durch die
Verschärfung der Umweltanforderungen für Mülldeponien und Verbrennungsanlagen
vergleichsweise teurer. Dies führte zu Betriebsstilllegungen von nicht gesetzeskonform
betriebenen Mülldeponien und Verbrennungsanlagen und einer erhöhten Menge von für das
Recycling verfügbarem Kunststoff.
Um Ziele zu erreichen sind auch neue Verfahren und Technologien wichtig. Hier gibt es auf EUEbene einige Initiativen, auf denen aufgesetzt werden kann. Bspw. ist das Recycling eines der
Hauptförderbereiche des Öko-Innovationsprogramms, das im Zeitraum 2008-2013 insgesamt
nahezu 200 Millionen Euro für die Finanzierung von Projekten bereitstellt. Ferner gibt es die
Leitmarktinitiative für das Recycling, die die Implementierung der Abfallrechtsrahmenrichtlinie
unterstützen, die Nachfrage für wiederverwertete Produkte über das staatliche
Beschaffungswesen anregen, und Öko-Innovationsprojekte erstellen soll, um neue
Recyclingverfahren zu entwickeln und Netzwerke für bewährte Verfahren zu unterstützen.
Trotz des existierenden Maßnahmenkatalogs greifen immer noch zahlreiche Mitgliedstaaten auf
Mülldeponien zurück, insbesondere für Haushaltsabfälle. Einige nutzen auch noch die
Verbrennung ohne Energierückgewinnung, obwohl dies seltener vorkommt. Lücken bei der
Implementierung und der Durchsetzung der Abfallpolitik können zu erheblichen Problemen mit
illegaler Abfalllagerung, Mülldeponien, die nicht die Anforderungen der EU erfüllen, und einem
hohen Anteil illegaler Abfallverbringung führen. Es gibt daher immer noch ein erhebliches,
ungenutztes Potenzial für das Recycling. Hieraus könnten sich Geschäftsmöglichkeiten, ein
Ausfuhrpotenzial und die Schaffung von Arbeitsplätzen ergeben, wodurch sich die
Ressourceneffizienz und andere Umweltindikatoren verbessern würden.
Die Dringlichkeit für schärferes und schlüssigeres Handeln durch politische Entscheidungsträger
ist somit eindeutig. 9 Die Europäische Kommission startete 2012 ein Konsultationsverfahren und
eine Konsultationsstudie für die Überprüfung der Ziele beim Recycling und der
Wiederverwendung. Eine Ex-Post-Evaluierung der EU-Abfallgesetzgebung, die zu den
8
9
EEA (2006) CSI 017 Specification - Generation and recycling of packaging waste.
Siehe auch BIO (2011) Study on coherence of waste legislation, GD Umwelt.
12 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
vorbereitenden Arbeiten zur Revision der Ziele für das Recycling und die Rückgewinnung
beitragen wird, wird voraussichtlich Anfang des Jahres 2014 abgeschlossen sein.10 Die
Kommission ist gehalten bis zum 12. Dezember 2014 eine Überprüfung der Implementierung der
Abfallrahmenrichtlinie vorzulegen. Dies könnte andere Maßnahmen mit einbeziehen und von
anderen Maßnahmen begleitet sein, einschließlich einem Bericht über die Ziele für die
Wiederverwendung und das Recycling. Mittlerweile hat der Umweltausschuss des Europäischen
Parlamentes im April 2012 in seinem Bericht zum Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa
neben anderen Maßnahmen ein Verbot von Abfalldeponien in Europa gefordert. 11
2.2 Wertschöpfungskette Kunststoffrecycling
Die Marktstruktur des Kunststoffrecyclings umfasst Sammlung, Sortierung, Verwertung und
Verarbeitung (d.h. Umwandlung von wiedergewonnenem Kunststoff in neue Produkte). Die
meisten Unternehmen konzentrieren sich auf einen Tätigkeitsbereich, obwohl ein paar größere
Akteure bei mehreren Schritten involviert sind. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die
Wertschöpfungskette Recycling, mit den Hauptakteuren, Funktionen und Ergebnissen auf jeder
Stufe.
10
Die Ex-Post-Evaluierung von fünf Richtlinien zu Abfallströmen wird momentan von BIO Intelligence Service, IEEP
und Arcadis durchgeführt. Die Überprüfung der Ziele wird von Eunomia durchgeführt.
11
Auf den Kompromisstext mit Änderungen kann auf
www.europarl.europa.eu/meetdocs/2009_2014/documents/envi/dv/899/899789/899789en.pdf.1 zugegriffen werden.
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 13
Abbildung 1: Übersicht über die Kunststoffrecyclingkette
14 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
2.2.1 Erzeugung von Kunststoff ? / Kunststoffabfall? und Handel
mit Kunststoffabfall
Die meisten Kunststoffe werden in Europa aus Erdöl hergestellt, obwohl Kunststoff auch aus Gas
hergestellt werden kann. Es gibt sehr viele unterschiedliche Herstellungsmethoden. Diese
Vielfalt führt zu mehreren breiten Kunststoffkategorien und Hunderten von individuellen Sorten.
Nahezu alle Kunststoffarten können wiederverwertet werden. 12 Da jedoch das Recycling von
gemischten Materialien schwieriger ist, wird in der Praxis der EU-Markt für das
Kunststoffrecycling von fünf Hauptkategorien dominiert, die etwa 75% der Nachfrage von
Verarbeitern ausmachen:
Polyethylen (PE, einschließlich PE geringer Dichte - LDPE, lineares PE geringer
Dichte - LLDPE und PE hoher Dichte - HDPE);
Polypropylen (PP);
Polystyrol (festes PS und expandierbares EPS);
Polyvinylchlorid (PVC); und
Polyethylenterephthalat (PET). 13
Jede Kunststoffart hat unterschiedliche physikalische und chemische Eigenschaften und somit
unterschiedliche Anwendungen in Produkten. Der Verpackungsbereich leistet mit ungefähr 62%
im Vergleich zu nur jeweils 5% oder weniger im Bereich Bauwesen, Automobilindustrie,
Elektronikgeräteabfall und Landwirtschaft bei weitem den größten Beitrag zum
Kunststoffabfallstrom. Teilweise liegt dies daran, dass Verpackungen eine kürzere Lebensdauer
als andere Kunststoffprodukte haben.
2012 wurden in Europa etwa 25,2 Mt an Kunststoffabfall erzeugt und 6,3 Mt davon wurden für
das Recycling gesammelt. Ein Großteil dieser Menge wird jedoch auf dem Markt gehandelt und
für das Recycling oder zur Entsorgung exportiert.
Wir schätzen, dass 2,0-3,5 Mt des in der EU gesammelten Kunststoffs legal exportiert wird (z. B.
über Häfen in den Niederlanden oder Belgien), hauptsächlich nach Asien, insbesondere nach
China. Eine große Menge wird auch illegal exportiert (z. B. nicht korrekt eingestuft oder nicht
eingestuft). Die Meldung der Mitgliedstaaten zu illegalen Abfalltransporten ist sehr unvollständig
und daher können keine genauen Angaben zu den Mengen gemacht werden.
Klar ist, dass der Export von Kunststoffabfall in den letzten Jahren dramatisch gestiegen ist,
sowohl innerhalb der EU als auch noch mehr in Drittländer. Grund hierfür ist die Nachfrage der
schnell wachsenden Unternehmen in Asien (wodurch die Preise in die Höhe getrieben werden),
12
Sorten, die nicht wiederverwertet werden können, können hitzehärtbare Kunststoffe sein, die zum Beispiel für
Elektroinstallationen oder zum Binden von Verbundwerkstoffen verwendet werden. Hierbei handelt es sich aber nur
um einen sehr kleinen Anteil.
13
Sonstige bedeutende Kunststoffkategorien umfassen Acetonitril-Butadien-Styrol (ABS), Polymethylmethacrylat
(PMMA), Polyamid (PA), Polyurethan (PUR).
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 15
niedrigere Transportkosten mit dem Schiff und der Import großer Mengen an Konsumgütern aus
Asien in die EU, wodurch der Rückexport von Abfall der EU nach Asien für das Recycling
erleichtert wird. Gleichzeitig hat sich das Angebot an Kunststoffabfall erhöht, da infolge der EUGesetze und nationaler Gesetze Abfall aus der Mülldeponie umgeleitet wird.
Im Allgemeinen ist eine Quantifizierung der Abfallströme, -mengen und -wirtschaftssysteme in
der EU aufgrund mangelnder zuverlässiger Daten schwierig. PlasticsEurope hat einige Daten zu
neuen Kunststoffen öffentlich verfügbar gemacht (in einer gemeinsamen Initiative mit Plastics
Recycler Europe, den Europäischen Kunststoffverarbeiterverbänden und der European
Association of Plastics Recycling and Recovery Organisations (EPRO)); es gibt allerdings keine
umfassende öffentliche Datenbank, die amtliche Daten zum Kunststoffrecycling enthält. Die zur
Verfügung stehenden Informationen aus Forschung und Datensammlung scheinen sich auf die
Kunststoffverpackungen zu konzentrieren.
2.2.2 Sammeln und Sortieren
Systeme für die Haushaltsabfallsammlung in Mitgliedstaaten umfassen Abholung,
Sammelstellen, Wiederauffüllsysteme und Pfandsysteme. "Abgabe"-Methoden führen eher zu
niedrigeren Sammelraten, wenn die Öffentlichkeit nicht stark engagiert ist, oder bei der
Teilnahme einen direkten wirtschaftlichen Anreiz hat, wie im Fall von Pfandsystemen. Daher
geht der allgemeine Trend zur Sammlung wiederverwertbarer Materialien über das Abholen,
zusammen mit anderem kommunalen festen Abfall. Um die Kosten niedrig zu halten, werden bei
der Straßensammlung überwiegend gemischte, wiederverwertbare Materialien gesammelt
(Kombination aus Papier, Karton, Glas, Aluminium, Stahl und Kunststoff).
Straßensammelsysteme sind erfolgreich, auch wenn zum Beispiel bei Kunststoffflaschen nur 3040% 14 zurückgewonnen werden, da viele dieser Verpackungsinhalte außer Haus konsumiert
werden.15
Systeme mit erweiterter Herstellerverantwortung (EPR) wurden als Reaktion auf EU-Richtlinien
für Verpackungen, WEEE, ELVs und andere Produkte eingeführt. EPR trägt aktiv dazu bei, die
Recyclingziele der EU zu erfüllen und ist ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der
Recycling- und Rückgewinnungsquoten der hinter den Erwartungen zurückbleibenden
Abfallströme. Bis jetzt waren separate Sammelquoten jedoch häufig ziemlich niedrig, wie in der
nachstehenden Tabelle zu sehen ist.
14
Siehe zum Beispiel WRAP (2012) Kerbside Collection of Plastic Bottles Guide,
www.wrap.org.uk/downloads/Kerbside_collection_of_plastic_bottles_guide.6df04b66.11686.pdf.
15
Quelle: http://rstb.royalsocietypublishing.org/content/364/1526/2115.full.
16 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Tabelle 1: Separate Sammelquoten, geschätzt nach Verpackungsanwendung, 2007 (EU-25) 16
Verpackungsanwendung
Sammelquote
Flaschen, Behälter und Verschlüsse
25%
EPS
10%
HDPE-Boxen
100%
Schrumpffolienverpackung
10%
Dehnfolie
10%
LLDPE-Schrumpffolie
10%
Folie
10%
Säcke
5%
Beutel
5%
Tabletts
10%
Sonstige Kleinverpackungen
3%
HDPE-Boxen weisen sehr hohe Sammelquoten auf, da sie in erster Linie im Industrie- und
Gewerbebereich verwendet werden, wo die Wiederverwertungswege gut eingeführt sind.
Flaschen und Behälter bestehen hauptsächlich aus HDPE/PP und können zum Gebrauch in der
ursprünglichen Verwendung wiederaufbereitet werden. Die meisten anderen Arten von
Kunststoffabfall werden jedoch nicht im selben Ausmaß gesammelt (10% oder weniger), daher
besteht hier noch ein großes Wachstumspotenzial.
Die Norm DIN EN 15347 dient zur Einstufung von Kunststoffabfallmaterial. In den
Mitgliedstaaten wurden zur Angabe von Grenzwerten und zum Einstufen von Kunststoffabfall
Kodifizierungen implementiert, um den Handel zwischen Sammelunternehmen,
Zwischenhändlern und Verwertungsbetrieben zu vereinfachen. Nationale und freiwillige
Initiativen konzentrieren sich auf Parameter wie z. B. Farbe, Inhalt, Fremdmaterial und Dichte.
Für Kunststoffflaschen bieten die Richtlinien der European PET Bottle Platform (Europäische
Plattform für PET-Flaschen) Methoden an?, um die Eignung für das Recycling zu prüfen.17
Die größte Herausforderung bei der Herstellung von Rezyklaten?18 besteht darin, dass die
meisten Kunststoffarten auf Molekularebene grundsätzlich nicht miteinander mischbar sind und
unterschiedliche Anforderungen an die Verarbeitung stellen. So führt zum Beispiel eine kleine
16
JRC IPTS (2007) Assessment of the environmental advantages and drawbacks of existing and emerging polymers
recovery processes.
17
Siehe www.petbottleplatform.eu.
18
Materialien, die durch die Verarbeitung von Kunststoffabfall gewonnen werden (Pellets, Granulat, Flocken usw.).
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 17
Menge einer Verunreinigung mit PVC in einem PET-Strom dazu, dass der wiederverwertete PETHarz sich zersetzt. Gleiches gilt für eine kleine Verunreinigung eines PVC-Stroms mit PET. 19 Für
ein effizientes mechanisches Recycling sollten daher weggeworfene Kunststoffe gesammelt und
so gut wie möglich in einzelne Sorten getrennt werden. Wenn Kunststoff in begrenzter Menge
oder vielfältiger Zusammensetzung verunreinigt ist, dann wird das Recycling schwieriger. Je
reiner der Kunststoff ist, und je weniger unterschiedliche Sorten vorliegen, umso einfacher ist die
erforderliche mechanische Behandlung und umso höher ist die Qualität der wiederaufbereiteten
Kunststoffprodukte.
Sortieren und Trennen beeinflusst somit die Recyclingkosten und die Qualität des Rezyklats. 20
Tatsächlich ist das Sortieren von Kunststoffabfall in einem frühen Stadium möglicherweise die
bedeutendste Tätigkeit im Recyclingkreislauf,21 und steigert die Qualität des Abfalls durch das
Trennen nach Sorten und Farben. Das Trennverfahren trennt zuerst Kunststoffe von Fasern,
dann Folien von anderen Kunststoffen, dann PVC, PP, PS usw. von PE. Es haben sich
automatische Sortiertechniken entwickelt, die sich immer mehr verbreiten, obwohl auch die
manuelle Sortierung bei einigen Recyclingeinrichtungen immer noch verwendet wird.22
Automatische Techniken verbessern sich kontinuierlich; derzeit am gebräuchlichsten ist die
Nahinfraroterfassung. 23
Ein effizientes Sammeln und Sortieren ermöglicht ein qualitativ hochwertiges Recycling. In dem
sich der Wert des Abfalls erhöht, werden Sammelsysteme im Recyclingbereich wirtschaftlich
eher realisierbar.
2.2.3 Mechanisches Recycling und die Alternativen
Recycling und Kunststoffabfall beziehen sich beinahe immer auf mechanisches Recycling.
Hierunter versteht man die Verarbeitung von Kunststoffabfall mit physikalischen Methoden
(Mahlen, Zerkleinern, Waschen, Trocknen und Schmelzen) zurück zu Kunststoffprodukten. 24 Die
"Wirksamkeit" dieses Verfahrens für eine vorgegebene Kunststoffmenge variiert, beträgt aber
grob geschätzt im Durchschnitt 60%. Die verbleibenden 40% können nicht wiederverwertet
werden und enden als Abfall (Nebenprodukte), der für die Energierückgewinnung, erneute
Verwendung in anderen Industriezweigen oder als letzte Instanz an die Mülldeponie
19
JRC IPTS (2007) Assessment of the environmental advantages and drawbacks of existing and emerging polymers
recovery processes.
20
Qualität ist ein subjektiver Begriff, der unter den Verwertungsbetrieben je nach verwendeter Ausrüstung und
verwendeten Verfahren und den belieferten Märkten variiert. Man kann es als Grad von Verunreinigungen im
Abfallstrom sehen, der die mechanischen und visuellen Eigenschaften beeinträchtigt.
21
Al-Salem et al. (2009).
22
Europäische Kommission (2008).
23
Nahinfrarot-Detektoren verwenden ein spektroskopisches Identifizierungsmerkmal zur Trennung der Kunststoffe
von Nichtkunststoffen und identifizieren unterschiedliche Kunststoffsorten. Mit Hilfe optischer Geräte können die
Kunststoffe dann nach ihrer Farbe getrennt werden. Weitere Verfahren trennen Kunststoffe von anderen
Abfallfraktionen und unterscheiden die Kunststoffe anhand ihrer Dichte.
24
Eine direkte erneute Extrusion eignet sich nur für Ausschuss aus dem Recyclingverfahren, während das Recycling
von Rohstoffen (Pyrolyse) technisch machbar, aber unerschwinglich teuer ist und sehr viel Energie verbraucht
(Allwood,Cullen et al., 2012).
18 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
weitergeleitet werden kann. Wenn sich das Sammeln und Sortieren von Kunststoffabfall
verbessern, dann wird sich auch die Wirksamkeit der Recyclinganlagen erhöhen.
Etwa 3,2 Mt an Kunststoffabfall von Verbrauchern werden in Europa wiederverwertet. Das
endgültige Ergebnis liegt daher bei ca. 1,9 Mt (60%). Dieses Ergebnis könnte vergleichsweise nur
etwa 2 Wochen der Nachfrage nach Kunststoffen decken, wenn die Lieferung von neuen
Kunststoffen versiegen würde: 2011 betrug die Nachfrage nach Kunststoffen in Europa 47 Mt,25
oder 0,9 Mt pro Woche. Das Recycling deckt nur etwa 4% der Nachfrage.
Kunststoffe auf Biobasis (d. h. aus erneuerbaren Energien gewonnen) stellen in der Regel kein
Problem für das mechanische Recycling dar, da sie ihre Eigenschaften beibehalten. Auf der
anderen Seite verlieren biologisch abbaubare Kunststoffe ihre Eigenschaften und führen zu
einem niedrigeren Schmelzindex (d. h. dem Abbau des organischen Teils), der die Qualität des
Rezyklats herabsetzt. Ein verbreiteter Einsatz von biologisch abbaubaren Produkten in nicht
biologisch abbaubare Kunststoffströme ist daher eine Gefahr für das Kunststoffrecycling.
Die Alternativen für das Recycling zur Behandlung von Kunststoffabfall sind die
Energierückgewinnung (Verbrennung) und die Mülldeponie. Die Verbrennungskapazität ist in der
EU recht hoch – etwa 8,6 Mt werden derzeit für die Energierückgewinnung verwendet.26 Aus den
Kunststoffen können erhebliche Energiemengen zum Heizen oder zur Stromerzeugung
zurückgewonnen werden. Idealerweise sollte aber die Energierückgewinnung den nicht
wiederverwertbaren Materialien vorbehalten sein.27
In Abbildung 2 werden die in Europa stark variierenden Recyclingquoten und
Energierückgewinnung nach Ländern geordnet aufgeführt. Es gibt eine Gruppe aus neun
Ländern, die in diesem Bereich klar führen, und weniger als 10% ihres Kunststoffabfalls an die
Mülldeponie leiten. Am anderen Ende der Skala sind 11 Mitgliedstaaten, die immer noch mehr als
60% ihres Kunststoffabfalls auf der Mülldeponie entsorgen.
25
PlasticsEurope (2012) Plastics – The Facts 2012.
PlasticsEurope (2012) Plastics – The Facts 2012.
27
Kunststoffe sind möglicherweise sogar weniger geeignet für die Verbrennung als andere Abfallsorten, da ihre hohen
Heizwerte bei den für niedrige Heizwerte und hohe Mengen ausgelegten Verbrennungsanlagen eventuell ein Problem
sein können.
26
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 19
Abbildung 2: Gesamte Rückgewinnungsquote, nach Ländern aufgeteilt (Kunststoffabfall von
Verbrauchern), 2011 28
Da Verpackungen langjährige Systeme für die Rückgewinnung und das Recycling von
Kunststoffabfall haben, sind die Recyclingquoten höher als für andere Ströme. Nach
Verpackungsabfällen kommt landwirtschaftlicher Abfall. Obwohl er keiner direkten gesetzlichen
Auflage unterliegt, handelt es sich vorteilhafter Weise um ein relativ homogenes Material. 29
2.2.4 Wiederverwertete Kunststoffprodukte
Wiederverwertete Kunststoffprodukte reichen heute von Wasserflaschen bis zu verschiedenen
Verpackungsarten und Müllbeuteln, Lebensmittelverpackungen und Kunststoffen in
Kombination mit anderen Materialien in Spielzeug und Werkzeugen. Gut eingeführte Märkte für
wiederverwerteten Kunststoff umfassen:
LDPE für Müllbeutel, Tragetaschen, Folien für die Landwirtschaft,
Agrarfolienzuschnitte, Baufolien, Schläuche, Frischhaltefolie, flexible
Verpackungen, Schwergutsäcke, usw.;
HDPE in verschiedenen Anwendungen: Schläuche, Kanalrohre, Paletten,
Kisten, Eimer, Flaschen für Reinigungsmittel, Bauwesen,
Lebensmittelprodukte, Spielzeug, Kabelisolierung usw.;
PP zur Herstellung von Rohren, Paletten, Kisten, Eimer, Möbel, Autoteilen,
Joghurtbechern, Butter, Margarine, Fasern, Milchkisten usw.;
28
29
Consultic in PlasticsEurope (2012) The Facts 2012, erhältlich auf: www.plasticseurope.org.
BIO et al. (2011) Plastic Waste in the Environment, Europäische Kommission GD Umwelt.
20 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
PVC in Kanalrohren, Fensterrahmen, Bauwesen, Böden, Tapeten, Flaschen,
Innenausrüstung von Fahrzeugen, medizinischen Produkten usw.;
PET für Flaschen, Platten, Unterkonstruktion (z. B. Teppiche, Kleidung,
Automobilteile), Verpackungen für Lebensmittel und Nichtlebensmittel, Folien
und Fasern;
PS für Kleiderbügel;
Gemischte Kunststoffe für Paletten, Böden, Dächer, Möbel und Bänke.
Die nachstehende Abbildung zeigt eine Aufteilung der 47 Mt Kunststoff nach Polymersorte, für
die 2011 eine Nachfrage von Verarbeitern vorlag.
19%
20%
7%
17%
7%
8%
11%
PP
LDPE, LLDPE
HDPE
PVC
12%
PS, EPS
PUR
PET
Other
Abbildung 3: Kunststoffnachfrage nach Sorte (EU-27+CH+NO),2011 30
Wiederverwertbarer Kunststoff wird entweder für die gleiche Anwendung in einem
geschlossenen Kreislauf oder in einer anderen Anwendung verwendet. Viele, wenn nicht gar die
meisten Kunststoffanwendungen, sind in der Tat "over-engineered", wenn sie aus neuen
Kunststoffen hergestellt sind, oder mit anderen Worten: Neuer Kunststoff könnte durch
wiederaufbereitetes Material ersetzt werden, und die Funktionalität des Produktes wäre davon
nicht betroffen. Bei Rezyklaten sollte das Ziel daher sein, dass sie in den
Kunstoffproduktanwendungen bleiben – es gibt mehr als genügend Märkte. Ein erhebliches
Wachstum beim Kunststoffrecycling hängt auch davon ab, dass zu den bestehenden
Anwendungen neue hinzukommen. Wiederaufbereiteter Kunststoff kann auch für einige
Anwendungen bei Lebensmittelverpackungen eine Lösung sein, indem wiederaufbereiteter
Kunststoff als Zwischenschicht zwischen Schichten von neuem Kunststoff verwendet wird.
Die Herausforderung für Kunststoffverwertungsbetriebe ist, dass ihre Kunden
(Kunststoffverarbeiter) große Mengen an wiederaufbereitetem Kunststoff verlangen, die nach
30
PlasticsEurope (2011) The Facts 2011, erhältlich auf: www.plasticseurope.org.
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 21
strengen Angaben zu einem mit neuem Kunststoff wettbewerbsfähigen Preis hergestellt werden
müssen. Technische Forderungen können stark variieren, je nach der Endverwendung, die vom
Käufer verlangt wird. Mittlerweile, können die den Vertreibern zur Verfügung stehenden Mengen
und die Mengen an hergestelltem Rezyklat von unterschiedlicher Qualität sein, da es keine EUweite Zertifizierung gibt. Der Markt für rückgewonnene Kunststoffe ist noch immer klein im
Vergleich zu neuen Kunststoffen, und unterliegt dem breiteren wirtschaftlichen Umfeld sowie
mehreren anderen Faktoren, die unbeständig sein können.
Da Rezyklate neue Polymere teilweise ersetzen sollen, ist ihr Marktwert direkt mit den Preisen
für neue Kunststoffe verbunden, die stark von den unbeständigen Ölpreisen abhängig sind. Der
Ölpreis ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen, von ca. 20-40 USD pro Barrel vor 2004 bis
auf ca. 100-120 USD in den letzten Jahren. Obwohl höhere Ölpreise auch die Kosten für das
Sammeln und Recycling in gewissem Maß erhöhen, wurde das Rezyklat im Verhältnis zu neuen
Kunststoffen daher attraktiver.
Wenn die Nachfrage aus Asien (Hauptimporteur von Kunststoffabfällen aus der EU) abnimmt,
oder wenn es in der Industrie eine Überkapazität an Neukunststoffen gibt, dann kann
wiederaufbereiteter Kunststoff mit neuem Kunststoff nur in dem Maß mithalten, wie er der
Qualität des neuen Kunststoffs bei gleichen Kosten oder niedrigeren Kosten entspricht, oder
indem er eine Qualität bietet, die niedriger ist, aber zu einem niedrigeren Preis annehmbar ist.
Heutzutage hat wiederaufbereiteter Kunststoff oftmals einen Preisvorteil.
Auch die Wahrnehmung der Verbraucher spielt auf dem Markt für wiederaufbereiteten Kunststoff
eine Rolle. Die Verwendung von wiederaufbereitetem Kunststoff ist in einigen Bereichen, z. B. im
Bauwesen, durch eine negative Wahrnehmung bezüglich der Robustheit des
wiederaufbereiteten Materials begrenzt und kann neue Kunststoffe verteuern. Wenn der
wiederaufbereitete Kunststoff ein Zwischenprodukt ist, ist dieser Effekt geringer, da
Endverbraucher sich seiner Gegenwart weniger (oder gar nicht) bewusst sind. Wie jedoch oben
erwähnt, sind ein paar Fälle einer negativen Wahrnehmung die Folge mangelnder Informationen,
die durch Marktsignale überwunden werden können, wohingegen andere (z. B. die Farbe)
vermutlich innerhalb der nächsten Jahre mit fortschreitender technischer Entwicklung gelöst sein
werden.
2.3 Technologische Fortschritte? und Markttrends
Technologische Fortschritte beim Recycling haben die Kosten für das Recycling herabgesetzt
(durch Verbesserung der Effizienz) und die Lücke zwischen dem Wert von wiederaufbereitetem
Kunststoff und neuem Kunststoff geschlossen. Ein Weg, um den Wert von wiederaufbereitetem
Kunststoff zu steigern, sind zum Beispiel Verfahren, die zurückgewonnenen Kunststoff in
Polymere von Lebensmittelqualität überführen, indem sie Verunreinigungen entfernen. Dieses
Verfahren hat sich für klare PET-Flaschen und vor kurzem für HDPE-Milchflaschen bewährt.31
Daher haben sich die Sortierverfahren stark verbessert, und Spülverfahren ermöglichen eine
effizientere Reinigung des Kunststoffabfalls, obgleich saubere Monoströme immer noch sehr
31
Quelle: http://rstb.royalsocietypublishing.org/content/364/1526/2115.full.
22 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
wichtig sind. PP wurde beispielsweise früher von Hand getrennt, heutzutage wird diese Aufgabe
hauptsächlich von Maschinen erledigt. .
Eine Reduktion der Dicke (Gewichtsminderung) bei Kunststoffanwendungen (z. B. dünnere Folie
für Beutel) ist ein häufiger Trend unter den Verarbeitern, sowohl aus Kostengründen als auch zur
Abfallvermeidung. Dies löste den Bedarf nach einer technologischen Innovation bei
Recyclingverfahren aus, um den Kostenanstieg pro Gewichtseinheit zu begrenzen und die
Qualität zu wahren oder zu verbessern (Reduktion der Dicke verschlechtert das Produkt-/
Verunreinigungsverhältnis). Andere Markttrends bei Kunststoffanwendungen neigen zu den
komplexeren mehrschichtigen und Multimaterialprodukten (deren Recycling schwieriger ist); der
Nachfrage nach größerem Anteil an Recyclingmaterial in Produkten; und einem größeren Anteil
biologisch abbaubarer Kunststoffe und Kunststoffe auf Biobasis, der jedoch nicht groß genug ist,
damit sie getrennt sortiert und wiederaufbereitet werden.
Das Recycling von Kunststoffabfällen durch die Verbraucher ist an den meisten Standorten nun
immer mehr realisierbar. Die Quote des mechanischen Recyclings wird weiterhin ansteigen, und
kann mit der zunehmenden Menge an erzeugtem Kunststoffabfall mithalten und führt dazu, dass
größere Mengen gesammelt werden. Die nachstehende Tabelle 2 fügt zu den in Tabelle 1
gezeigten Sammelquoten für 2007 Schätzungen für 2015 hinzu.
Tabelle 2: Separate Sammelquoten, geschätzt nach Verpackungsanwendung (EU-25) 32
Verpackungsanwendung
2007
2015
Flaschen, Behälter & Verschlüsse
25%
37,5%
EPS
10%
15%
HDPE-Boxen
100%
100%
Schrumpffolienverpackung
10%
15%
Dehnfolie
10%
15%
LLDPE-Schrumpffolie
10%
15%
Folie
10%
15%
Säcke
5%
7,5%
Beutel
5%
7,5%
Tabletts
10%
15%
Sonstige Kleinverpackungen
3%
4,5%
32
JRC IPTS (2007) Assessment of the environmental advantages and drawbacks of existing and emerging polymers
recovery processes.
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 23
Es gibt viele Produktsorten, die derzeit nicht in größeren Mengen gesammelt werden, aber in der
Zukunft gesammelt werden könnten. Es stehen nun zum Beispiel fortschrittliche Trennverfahren
für PP zur Verfügung, die aber noch nicht vollständig implementiert sind, da keine Sammlung
stattfindet. Die meisten vorhandenen Einrichtungen haben Schwierigkeiten beim Umgang mit
flexiblen Kunststoffverpackungen, da sich deren Eigenschaften von denen starrer Verpackungen
unterscheiden. Das geringe Gewicht-Volumen-Verhältnis von Folien und Kunststoffbeuteln
macht Investitionen in das notwendige Sammeln und Trennen auch wirtschaftlich weniger
rentabel. Da Kunststofffolien derzeit aber aus Quellen wiederaufbereitet werden, wie z. B.
Umverpackungen (Schrumpffolien bei Paletten und Kisten und einigen Agrarfolien) ist es bei den
richtigen Bedingungen aber machbar. 33
Das ständige Auftreten neuer Kunststoffanwendungen als Ergebnis von Innovation und
Wettbewerb ist eine wichtige Triebfeder für die Entwicklung des Kunststoffverbrauchs und der
Abfallerzeugung. Die Investition in das Recycling ist jedoch für seltenere Produkte finanziell nicht
so rentabel. Dies bedeutet: auch wenn sich der Produktmix in den nächsten Jahren ändern wird,
so wird sich die Vielfalt von wiederaufbereiteten Kunststoffen nicht unbedingt im selben Ausmaß
ändern.
Wegen der häufigen Verwendung bei Verpackungen ist LDPE das am häufigsten
wiedergewonnene Polymer im Kunststoffabfall. Die bedeutendste Veränderung, die für die
nächsten Jahre erwartet wird, ist die Zunahme der PP- und PET-Mengen, teilweise infolge der
zunehmenden Verwendung in Verpackungen. Es kann auch erwartet werden, dass sich der
Ausbau der Kapazität beim Kunststoffrecycling aufgrund von Rechtsvorschriften zum Recycling
von gemischtem Polyolefin-Verpackungsabfall, ELVs, WEEE und Baukunststoffen verschiebt. Es
ist nicht zu erwarten, dass die Mengen an technischem Kunststoffabfall (ABS, PA und PU)
erheblich zunehmen werden.
Bei Produkten mit einer langen Lebensdauer, wie z. B. PVC in Anwendungen im Bauwesen (siehe
Bild unten), besteht zwischen der Produktionsphase und der Verwertungsphase eine Lücke von
15 bis 50 Jahren. Daher erreichen erhebliche Mengen von in den 1970ern und 1980ern
produziertem PVC erst jetzt den Markt und müssen mittelfristig wiederverwertet werden.
Dasselbe gilt zum Beispiel für HDPE-Rohre. Über die Recovinyl-Initiative kam es auch zu einem
erheblichen Anstieg der Mengen an wiederaufbereitetem PVC. 34
33
34
Siehe http://rstb.royalsocietypublishing.org/content/364/1526/2115.full.
Siehe www.recovinyl.com.
24 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Abbildung 4: Nutzungsdauer nach Kunststoffsorte 35
In den vergangenen Jahren war das Exportwachstum von Kunststoffabfall zur Aufbereitung
außerhalb der EU ein wichtiger Markttrend. Besonders offensichtlich ist dies bei den Daten für
Großbritannien:
35
Siehe www.pvc.org/en/p/sustainability.
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 25
Abbildung 5: Importe und Exporte von GB von wiederaufbereitetem Kunststoff, Dezember
2010 - Dezember 2011 36
Abbildung 6: Rückgewinnung und Recycling von Kunststoff in GB, 2013Q3 - 2011Q3 37
Die nachstehende Abbildung zeigt den Anstieg des Exports von legalem Kunststoffabfall
zwischen 1995 und 2007, ein Trend der aktuell anhält. Sie zeigt auch, dass der
innergemeinschaftliche Handel in der EU viel langsamer zugenommen hat, als die Exporte in
nicht-EU-Länder. Schließlich ist zu erkennen, dass nahezu alle EU-Exporte in Länder außerhalb
des Euroraums nach Asien gehen.
36
Quelle: WRAP, abrufbar unter
www2.wrap.org.uk/recycling_industry/market_information/market_knowledge_portal/materials_markets/plastic.htm
l#recoveredplas.
37
ebenda
26 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Abbildung 7: Versand von Kunststoffabfall aus der EU und innerhalb der EU, 1995-2007 38
Jüngste Daten von Eurostat (Abbildung 7) zeigen die Unbeständigkeit der Preise und den starken
Anstieg im gesamten Handel (innergemeinschaftlich und außerhalb der-EU) im letzten
Jahrzehnt.
Abbildung 8: Preisentwicklungen und Handelsvolumen (innergemeinschaftlich und extraEU) von Kunststoffabfall bis Oktober 2011 39
38
EEA (2009) Waste without borders in the EU?, EEA report No. 1/2009.
Eurostat Environmental Data Centre on Waste, siehe
http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/waste/data/wastemanagement/recycling.
39
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 27
Daher nimmt das Sammeln von Kunststoffabfall zu, aber immer mehr davon wird als
Sekundärrohstoff für die Verarbeitung in Länder außerhalb der EU versendet. Dieser Trend hat
mehrere negative Auswirkungen: mangelnde sichere Versorgung der Europäischen
Verwertungsbetriebe führt zu ungenützten Kapazitäten und geringen Investitionen,
Schwierigkeiten beim Überwachen der Qualität von importiertem Rezyklat, und Unterstützung
beim Sammeln und Sortieren in Europa, was den Verwertungsbetrieben außerhalb von Europa
zugutekommt. Ein damit eng in Zusammenhang stehender Markttrend ist, dass die Produktion
neuer Kunststoffe zunehmend in Schwellenländern stattfindet, insbesondere in Fernost, mit
unvermeidlichen Auswirkungen auf den Rest der Wertschöpfungskette.
Die jüngste "Green-Fence-Politik" von China hat den Export von Kunststoffabfällen nach China
begrenzt und verursachte eine Anhäufung von Abfallstoffen in Europa. Die Auswirkungen von
Europas umfangreichen Exporten von Kunststoffabfall werden nun deutlicher, da durch den
"Green Fence" Probleme auftreten. Europa braucht eine Beschlussfassung, um neue
Investitionen für das Recycling von Kunststoffabfall zu ermöglichen und sich um den
Kunststoffabfall zu kümmern, den wir bislang exportiert haben.
28 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Chapter 3: Szenario-Analyse der Auswirkungen
einer erhöhten Zielsetzung
3.1 Szenario-Analyse
Das hier vorgestellte Szenario bezieht sich auf zwei vorausgegangene Berichte, in denen
Ausgangs- und Strategieszenarien für Kunststoffabfall entworfen wurden.40 Diese Szenarien
werden hier als Referenz- und Implementierungs-Szenario angepasst. Dann fügen wir ein drittes,
ehrgeizigeres Szenario hinzu: Vision für Ressourceneffizienz.
Das Referenzszenario ist ein Szenario mit unveränderten Rahmenbedingungen, das ein
Abfallwirtschaftssystem der EU in 2020 beschreibt, wenn über die 2006 geltenden Abfallgesetze
keine weitere Implementierung der Abfallgesetze erfolgt. Die nachstehende Tabelle liefert
Details des Szenarios für 2012 und 2020.
Tabelle 3: Referenzszenarium für Kunststoffrecycling
2012
Jährliches
Wachstum der
Abfallerzeugung,
2013-2020 (%)
2020
Erzeugter
Abfall
(Mt)
Wiederverwertbar
(%)
Nicht
wiederverwertbar
(Mt)
Erzeugter
Abfall
(Mt)
PUR
717
0
717
5
1059
Andere
Thermoplasten
509
0
509
5
752
medizinisch
600
0
600
5
886
Verpackung
15663
60
6265
1
16961
Automobil
1234
40
740
3
1563
WEEE
717
40
430
5
1059
Haus, Freizeit,
Sport
877
40
526
3
1111
Bauindustrie
683
40
410
5
1009
Sonstiges
(Möbel)
1783
40
1070
5
2634
Landwirtschaft
1315
80
263
5
1943
40
BIO et al. (2010) Plastic Waste in the Environment, European Commission DG ENV; BIO et al. (2011) Implementing EU
Waste Legislation for Green Growth, Europäische Kommission DG ENV.
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 29
2012
Sonstiges
Gesamt
Jährliches
Wachstum der
Abfallerzeugung,
2013-2020 (%)
2020
Erzeugter
Abfall
(Mt)
Wiederverwertbar
(%)
Nicht
wiederverwertbar
(Mt)
Erzeugter
Abfall
(Mt)
1066
0
1066
2
1249
25164
50
12597
-
30227
Im Implementierungsszenario sind alle derzeit geltenden Abfallgesetze in allen Mitgliedstaaten
vollständig implementiert, es besteht eine effektive Vermeidung der Abfallentstehung, 50%
Recycling von kommunalem festem Kunststoffabfall wird erzielt und der gesamte Abfall wird
innerhalb der EU aufbereitet. Die 50% Quote stammt aus der Abfallrahmenrichtlinie, die für das
Recycling bis 2020 ein allgemeines Ziel (Papier, Metalle, Glas und Kunststoff) von 50% setzt.
Unter Berücksichtigung der Wachstumskapazität im Kunststoffrecyclingbereich sollte für 2020
ein Ziel von 50% durchaus machbar sein. Recyclingsysteme für Metalle und Glas wurden nicht
über Nacht eingerichtet. Rechtzeitig und mit dem geeigneten politischen Handlungsrahmen
kann man davon ausgehen, dass für Kunststoffe ähnliche Recyclingquoten wie bei diesen
Materialien erzielt werden können. Tatsächlich liefern Beispiele vorbildlicher Verfahren in Europa
den Beweis, dass selbst Quoten von mehr als 50% machbar sind.
Die Abfallproduktion ist im Implementierungszenario infolge erheblicher Anstrengungen zur
Vermeidung der Abfallentstehung etwas niedriger (30,2 Mt für 2020) als im Referenzszenario
(34,8 Mt), aber immer noch höher als 2012 (25,2 Mt). Mit einer Implementierung würden im Jahr
2020 19,8 Mt weniger auf der Mülldeponie entsorgt oder ohne Energierückgewinnung verbrannt
werden als im Referenzszenario. Zusätzliche CO2-Einsparungen durch das Recycling bei einer
Implementierung im Vergleich zur Referenz würden sich auf 5,6 Mt (bei Annahme von 1,75
Tonnen pro Tonne Recycling) belaufen, was bei einem Kohlepreis von 20 Euro einem Wert von
112 Millionen Euro entsprechen würde.41 Einige Schätzungen der gesamten sozialen Kosten von
Kohlenstoff, einschließlich externer Faktoren liegen weit höher.
Die Vision für Ressourceneffizienz unterscheidet sich von den beiden anderen hinsichtlich der
ehrgeizigen Zielsetzung: sie beschreibt ein Szenario, in dem der gesamte wiederverwertbare
Kunststoffabfall der Verbraucher zuerst gesammelt und getrennt wird, und dann für das
Recycling innerhalb von Europa weitergeleitet wird. Die Ablagerung auf Deponien ist verboten
und somit wird Kunststoff, der nicht wiederverwertbar ist, beispielsweise medizinische Geräte,
direkt an die Energierückgewinnung geleitet. Die Sortenreinheit beträgt 80% und die
verbleibenden 3,7 Mt werden ebenfalls an die Energierückgewinnung geleitet. Diese 14,9 Mt
werden dann mit einer Effizienz von 75% wiederverwertet (diese höhere Effizienz beruht auf dem
besseren Sortieren und einem verbesserten Produktdesign), um 11,2 Mt an Verarbeiter zu liefern.
In diesem Szenario kann die gesamte Kunststoffrecyclingquote 2020 62% erreichen.
41
Der aktuelle ERE-Preis ist auf einem historischen Tiefpunkt von nur ca 4,50 Euro. Man geht aber im Verlauf des
Szenariozeitraums von einem Anstieg aus.
30 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Tabelle 4: Kunststoffrecycling 2020, Vision für Ressourceneffizienz
2020
Erzeugter Abfall (Mt)
PUR
Nicht recycelbar
(Mt)
Recycelbar (%)
1059
0
1059
Andere Thermoplasten
752
0
752
Medizinische Produkte
886
0
886
Verpackung
16961
80
3392
Automobil
1563
50
782
WEEE
1059
50
530
Haus, Freizeit, Sport
1111
50
555
Bauindustrie
1009
60
404
Sonstiges (Möbel)
2634
40
1581
Landwirtschaft
1943
80
389
Sonstiges
1249
0
1249
30227
62
11579
Gesamt
Dies würde bedeuten, dass Rezyklat mehr als 24% des gesamten Kunststoffbedarfs in Europa
abdeckt (im Vergleich zu 4% heute). Der nicht wiederverwertbare, sortierbare und verkäufliche
Rest (könnte zum Beispiel auch einige mehrlagigen Kunststoffe umfassen) würde sich für die
Energierückgewinnung eignen (weitere 3,7 Mt). Die Daten aus dem Basisjahr (2012) und alle drei
Szenarien von 2020 sind in der unten stehenden Tabelle zusammengefasst.
Tabelle 5: Szenarien zum Kunststoffrecycling, 2020 (Mt)
2012
2020
Basisjahr
Implementierung
Vision für
Ressourceneffizienz
Entstandener Kunststoffabfall
25,2
34,8
30,2
30,2
Entsorgungsquote
50%
69%
14%
0%
Entsorgung
12,6
24,1
4,3
0,0
Sammlung als Recyclingquote
25%
13%
36%
62%
6,3
4,5
10,9
18,6
Gesammelte Menge für Recycling
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 31
2012
2020
Basisjahr
Implementierung
Vision für
Ressourceneffizienz
In Europa wiederverwertet
(Eingangsgröße)
3,2
2,3
5,5
14,9
In Europa wiederverwertet
(Ergebnis)
1,9
1,4
3,3
11,2
34%
27%
74%
25 %
Energierückgewinnung
8,6
9,3
22,5
7,5
Einsparungen in CO2-Äquivalenten
durch das Recycling in Europa
5,5
3,9
9,5
26,1
110,5
78,8
190,8
522,2
Energierückgewinnungsquote
Wert der Einsparungen (20 EUR/t
CO2 Äquiv.)
Basisjahr: Keine weitere Entwicklung der Abfallwirtschaftssysteme im Vergleich zu 2008;
Implementierung: Vollständige Implementierung aller Abfallgesetzesregelungen, einschließlich einer Recyclingquote
von 50% für kommunale feste Kunststoffe.
Vision für Ressourceneffizienz: Der gesamte wiederverwertbare Kunststoffabfall wird für das Recycling in Europa
gesammelt; Ablagerung auf der Mülldeponie ist verboten und Kunststoff, der nicht gesammelt, sortiert und/oder
verkauft werden kann, wird der Energierückgewinnung zugeführt.
3.1.1 Anwendungen
Auf dem Weg zur Vision für Ressourceneffizienz wäre eine Bewegung von einer "Push"Marktstrategie (Verbot der Entsorgung auf Mülldeponien und andere Gesetze, die Akteure dazu
bringt, größere Mengen dem Recycling zuzuführen) hin zu einer "Pull"-Marktstrategie (orientiert
sich an der Nachfrage nach Anteil an Recyclingmaterial in Produkten). Das Szenario beinhaltet
eine ganz erhebliche Zunahme der Kunststoffmenge, die den Verarbeitern zur Verfügung steht.
Wie im vorigen Abschnitt erwähnt, würde Rezyklat 2020 über 23% der gesamten
Kunststoffnachfrage in Europa abdecken, im Vergleich zu den heutigen 4%. Welche Produkte
würden als wahrscheinliche Anwendungen des wiederaufbereiteten Kunststoffs in Frage
kommen?
Abschnitt 2.2.4 gibt einen Überblick über die wichtigsten wiederaufbereiteten
Kunststoffprodukte. Tabelle 4 bietet eine exemplarische Aufschlüsselung nach Polymersorte, wie
das produzierte Rezyklat in der Vision für Ressourceneffizienz verwendet werden könnte.
Beachten Sie, dass die genannten Produkte Beispiele sind – ein gewisser Anteil an
Recyclingmaterial kann und sollte in allen Anwendungen verwendet werden.
32 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Tabelle 6: Exemplarische Aufschlüsselung von Rezyklat nach Polymersorte in der Vision für
Ressourceneffizienz 42
Polymersorte
PP
LDPE, LLDPE
HDPE
Anteil der
Nachfrage
nach
Kunststoffen
(%)
19
17
12
Produkte
Potenzieller
Anteil an
Recyclingmaterial
(%)
Rezyklat
(Mt)
8,9
Rohre, Paletten, Kisten,
Eimer, Möbel, Autoteile,
Joghurtbecher, Butter,
Margarine, Fasern,
Milchkisten usw.;
22
2,0
8,0
Müllbeutel, Tragetaschen,
Folien für die
Landwirtschaft,
Agrarfolienzuschnitte,
Baufolien, Schläuche,
Frischhaltefolie, flexible
Verpackungen,
Schwergutsäcke, usw.
22
1,8
5,6
Schläuche, Kanalrohre,
Paletten, Kisten, Eimer,
Flaschen für
Reinigungsmittel,
Bauwesen,
Lebensmittelprodukte,
Spielzeug,
Kabelisolierung
22
1,2
30
1,6
Nachfrage
(Mt)
PVC
11
5,2
Kanalrohre,
Fensterrahmen,
Bauwesen, Böden,
Tapeten, Flaschen,
Innenausrüstung von
Fahrzeugen, medizinische
Produkte
PS, EPS
8
3,5
Kleiderbügel
22
0,8
PUR
7
3,3
-
0%
0,0
3,1
Flaschen, Platten,
Unterkonstruktion (z. B.
Teppiche, Kleidung,
Automobilteile),
Verpackungen für
Lebensmittel und keine
Lebensmittel, Folien und
Fasern;
50
1,5
PET
7
42
JRC IPTS (2007) Assessment of the environmental advantages and drawbacks of existing and emerging polymers
recovery processes.
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 33
Sonstiges
20
9,4
Paletten, Böden, Dächer,
Möbel und Bänke
25%
2,4
Summe
100
47
-
24%
11,2
3.2 Beurteilung der Auswirkungen einer erhöhten
Zielsetzung
Europäische politische Initiativen zur Förderung des Recyclings werden zu einem großen Teil von
dem Nutzen, den sie für die Umwelt erzielen können, vorangetrieben. Recycling leitet Abfall von
den Mülldeponien um und vermeidet somit Emissionen von Treibhausgas. Ferner ersetzt es
neuen Kunststoff und vermeidet dabei mit der Gewinnung und Verarbeitung verbundene
Auswirkungen auf die Umwelt. Gleichzeitig bietet das Recycling wirtschaftlichen und sozialen
Nutzen: Wirtschaftliche Tätigkeit, Innovation, Beschäftigung – kurz gesagt, es hilft dabei die
grüne Wirtschaft Realität werden zu lassen. Da Kunststoffe so vielfältig sind, kann man diese
Auswirkungen mit großer Präzision schwer schätzen. Die Abschnitte 3.2.1-3.2.3 liefern
allgemeine Informationen über die Art der Auswirkungen von wachsenden
Kunststoffrecyclingquoten. Ferner können wir ein paar besonders vielversprechende Beispiele
von Polymeren und Anwendungen identifizieren:
Als Erstes, wird die gesamte Produktion aller Kunststoffbeutel in der EU (Müllbeutel,
Futtersäcke, Tragetaschen) auf zwischen 1,2 Mt/Jahr (basierend auf Industrieschätzungen) und
3,4 Mt/Jahr (Eurostat, breitere Definition, einschließlich Säcke) geschätzt. Wenn alles davon aus
Rezyklat hergestellt werden würde, würde die EU 0,5 Mrd. Euro und 1,8-6,8 Mt CO2 einsparen.
Zweitens ist PET ein attraktives Material für das Recycling, da es in einer Vielzahl von
Anwendungen, einschließlich für Nahrungsmittel verwendet werden kann. Drittens hat PVC
durch seine Widerstandsfähigkeit und Feuerbeständigkeit gegenüber anderen Kunststoffsorten
einen Vorteil, insbesondere im Bauwesen, wo 38% der globalen Produktion für Rohre und 20%
für Fensterprofile verwendet werden. Für den PVC-Verbrauch wird ein Wachstum von 34 Mt in
2007 auf mehr als 40 Mt in 2016 prognostiziert, d. h. etwa 2% pro Jahr.43
3.2.1 Wirtschaftliche Auswirkungen
Recycling gewinnt für die europäische Wirtschaft zunehmend an Bedeutung und leistet seinen
Beitrag zum BIP und Europas internem und externem Handel. Es bietet auch Einsatz von Material
in der Wirtschaft, ersetzt neue Rohstoffe und verbessert dadurch die Ressourceneffizienz der
Produktion.
Direkte Einnahmen aus dem Kunststoffrecycling tragen erheblich und in zunehmendem Maß zu
der Europäischen Wirtschaft bei. Der Umsatz ist infolge der Rezession zurückgegangen, scheint
sich nun aber bei den meisten Verwertungsbetrieben zu erholen. Als eine Wirtschaftstätigkeit hat
43
Ceresana Research, siehe www.plastemart.com/upload/Literature/China-to-drive-global-growth-of-%20PVCpolyvinyl-chloride.asp.
34 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
das Recycling ungefähr die doppelte Auswirkung wie die Mülldeponie. 44 Insbesondere fließt beim
Recycling einer Tonne Abfall etwa 78 EUR mehr in Gehälter und Löhne als bei der Entsorgung auf
der Mülldeponie.45
Das Ziel eines erhöhten Kunststoffrecyclings würde ein stabileres Investitionsklima in dem
Bereich bereitstellen. Investitionen in neue Maschinen und Logistik würden gefördert werden,
die aktuelle Infrastruktur der Abfallwirtschaft verbessert und Sammelsysteme erweitert werden,
d.h. separate Sammlung. Es ist nicht möglich in dieser Studie Zahlenangaben zu den
erforderlichen Investitionen zu machen, aber die Einnahmen durch das gesteigerte Recycling
sollten zu einer kurzen Amortisationsdauer führen, dank effizienteren Technologien und
Massenproduktionsvorteilen.46
Da ein Großteil der von den europäischen Kunststoffverwertungsbetrieben genutzten
Ausrüstung, Maschinen und Dienstleistungen von europäischen Lieferanten bereitgestellt
werden, würde ein Großteil der in Verbindung mit einer hohen Recyclingquote stehenden
Innovationen innerhalb der europäischen Wirtschaft bleiben. Für die Öko-Innovation und
Erstellung neuer Technologien beim Kunststoffrecycling existieren zahlreiche Gelegenheiten,
wodurch potentiell Märkte für neue Produkte und Dienstleistungen entstehen, sowohl innerhalb
von Europa als auch für den Export (wachsende Nachfrage nach Kunststoffprodukten zeigt kaum
Anzeichen einer Verlangsamung, insbesondere in schnell wachsenden Volkswirtschaften).
Recycling hilft auch Unternehmen, anderen Organisationen und Gemeinschaften bei der
Vermeidung von Kosten in Verbindung mit Mülldeponien und Verbrennungsanlagen –sowohl
hinsichtlich finanzieller Aufwendungen (einschließlich Kosten für künftige Rückhaltung und
Reinigung in Verbindung mit der Mülldeponie') und Auswirkungen auf die Umwelt (externe
Auswirkungen auf Gesundheit der Menschen, Biodiversität, usw.). Ein Durchgreifen bei der
illegalen Abfallverbringung wäre auch hilfreich, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für
gesetzestreue Unternehmen zu schaffen.
Je nach den Marktbedingungen ergeben Rezyklate alleine hinsichtlich des Marktpreises eine
geschätzte Einsparung von 25-50% (400 Euro/Tonne) im Vergleich zu neuen Kunststoffen (d. h.
selbst ohne Berücksichtigung allen damit verbundenen Nutzens). Bei gemischten Kunststoffen
kann der Unterschied im Vergleich mit neuem PP in Spritzgussqualität 50% oder gar mehr
ausmachen. Bei 1,9 Mt/Jahr an Rezyklaten spart die EU durch den Kunststoffrecyclingbereich
derzeit mindestens 758 Millionen Euro ein. Wenn alle Kunststoffe dem Recycling zugeführt
werden würden (Szenario 3), so würden sich die Einsparungen auf über 4,5 Milliarden Euro
erhöhen.
44
Europäische Umweltagentur (EUA) (2011) "Earnings, jobs and innovation: the role of recycling in a green
economy"(Verdienste, Arbeitsplätze und Innovation: Die Bedeutung des Recycling in einer grünen Wirtschaft).
45
CIWMB (2003) zitiert in EUA (2011).
46
BIO et al. (2011) Implementing EU Waste Legislation for Green Growth, Europäische Kommission.
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 35
3.2.2 Umweltverträglichkeit
Das Recycling steht in der Abfallhierarchie der Abfallrahmenrichtlinie auf Platz 3. Nach der
Vermeidung und der erneuten Verwendung wird es gegenüber der Energierückgewinnung und
Entsorgung bevorzugt. Die Nutzen für die Umwelt im Vergleich zu den Alternativen wurden
ausgiebig studiert, einschließlich Reduktion des Energieverbrauchs, der Emissionen von
Treibhausgasen, Ressourcenerschöpfung (und Bodennutzung), Partikelemissionen, Versauerung,
Lärm, Gerüche und Sichtbeeinträchtigungen. In den meisten Fällen hat das Recycling auch
geringere Auswirkungen auf die Umwelt als die Herstellung neuer Materialien. Ferner
ermöglichen wiederaufbereitete Kunststoffe in vielen Fällen, insbesondere im Fahrzeug(Leichtbauteile) und Gebäudesektor (Isolierung) Energie- und CO2-Einsparungen, die man nicht
vergessen sollte.
Die erforderliche Energie bei der Kunststoffherstellung variiert bei den verschiedenen Sorten
nicht so sehr und liegt bei etwa 70-80 MJ/kg. Der Energiegehalt von Kunststoffabfall liegt in der
Größenordnung von 30-40 MJ/kg. 47 Energieeinsparungen durch wiederaufbereiteten Kunststoff
liegen in der Größenordnung von 80-90%. 48 Kunststoffe in Europa werden in der Regel aus Erdöl
hergestellt und die damit verbundenen Emissionen variieren nur wenig und liegen bei ca. 2-3
kgCO2. 49
Es besteht eine klare Übereinstimmung, dass das Recycling mehr Nutzen für die Umwelt bietet
und die Auswirkungen auf die Umwelt mildert – insbesondere hinsichtlich der
Ressourceneffizienz – als andere Abfallwirtschaftsoptionen. Ferner liegen die Kosten für
wiederaufbereiteten Kunststoff in der gleichen Größenordnung wie die kostenwirksamsten
alternativen Optionen zur Treibhausgasverminderung. 50
Das Recyclingverfahren selbst wird stets verbessert: für das Recycling wird Wasser verwendet,
das eine Behandlung des Abflusses erforderlich machen kann, aber die Verwendung von Wasser
in einem geschlossenen Kreislauf führt zu großen Effizienzsteigerungen. Für die
Umweltverträglichkeit ist es jedoch unerlässlich, dass das Recycling in Europa durchgeführt
wird. 51
Die Auswirkungen des Recyclings auf die Umwelt können anhand der Ökobilanz mit der
Energierückgewinnung und Entsorgung verglichen werden. Die Ökobilanz einer komplexen
Abfallwirtschaftsoption wie dem Recycling hängt stark von den aufgestellten Annahmen ab, den
Systemgrenzen, usw. PlasticsEurope hat für die wichtigsten Kategorien von Kunststoffen
"Ökoprofile" erstellt, um die Phase der Bestandsaufnahme bei der Durchführung einer Ökobilanz
zu erleichtern.
47
IEA (2006) www.iea.org/work/2006/petrochemicals/Discussion_Paper.pdf.
UNEP (2011) Towards a Green Economy.
49
Allwood,Cullen et al. (2012) Sustainable Materials with both eyes open, UIT Cambridge, abrufbar unter
www.withbotheyesopen.com.
50
EG (2006) Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Umsetzung der Richtlinie
94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle und ihre Auswirkungen auf die Umwelt sowie auf das Funktionieren
des Binnenmarkts, KOM (2006) 767 endgültig.
51
Siehe www.plasticseurope.org/what-is-plastic/types-of-plastics/pet/eco-profiles-pet-lca-studies.aspx.
48
36 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
2006 wurde im Rahmen von WRAP (Aktionsprogramm Abfall und Ressourcen) in Großbritannien
eine umfassende Überprüfung der Ökobilanzen durchgeführt, die zahlreiche Polymere umfasste
(PVC, PP, PE, PET) und zu der Schlussfolgerung gelangte, dass Recycling für die Umwelt für alle
Indikatoren der Umweltauswirkungen sowohl besser als die Entsorgung in der
Verbrennungsanlage als auch auf der Mülldeponie ist, wobei das Recycling im Durchschnitt etwa
50% besser ist. 52 Es wurde im Durchschnitt eine Nettoersparnis an CO2 von 1,5-2,0 tCO2-Äquiv.
pro Tonne Kunststoff ermittelt. Dieser Wert wurde zum Abschätzen der Auswirkungen einer
höheren Zielsetzung hinsichtlich der Einsparungen an CO2 verwendet.
Ein Update des WRAP-Berichts von 2010 fügte neue Abfallwirtschaftsverfahren (Pyrolyse,
Kompostieren, anaerobe Zersetzung) und Materialien (Biopolymere) hinzu.53 Die Ergebnisse
bestätigen, dass das mechanische Recycling die beste Option hinsichtlich des
Treibhauspotenzials, der Erschöpfung der natürlichen Ressourcen und der Energienachfrage ist.
Die Analyse untermauert die Tatsache, dass die maßgebliche Triebfeder dieses Nutzens die
Menge der vermiedenen Kunststoffproduktion darstellt. Der Nutzen für die Umwelt kann durch
die Sammlung von Material von guter Qualität und hoher Reinheit maximiert werden (um den
Anteil zu begrenzen, der verworfen wird) und durch den Ersatz von neuen Kunststoffen in einem
hohen Verhältnis (1:1). Ergebnisse von Prognos et al. (2008) bestätigen diese
Schlussfolgerungen.
Für Lebenszyklusvergleiche wichtiger Materialien im Recyclingsektor von Großbritannien.
52
BIO and Copenhagen Resource Institute (2010) Environmental benefits of recycling – 2010 update, WRAP.
53
Astrup, T., Fruergaard, T. and T.H. Christensen (2009) Recycling of plastic: accounting of greenhouse gases
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 37
Tabelle 7: Emissionen von Treibhausgasen ziehen Nutzen aus dem Recycling (tCO2-Äquiv.) 54
Option zur Abfallbehandlung
Emissionen
Produktion von PE/PP-Flocken aus Kunststoffabfall und Energie (SF
= 0,7)
1,04
Produktion von neuem PE/PP und Energie
1,20
Produktion von R-PET aus Kunststoffabfall und Energie (SF = 1)
0,96
Produktion von neuem PET und Energie
2,60
Produktion von R-PS aus Kunststoffabfall und Energie (SF = 0,9)
1,10
Nutzen/Bürde
0,16
1,64
1,70
Produktion von neuem PS und Energie
2,80
Produktion von sekundärem PVC aus Kunststoffabfall und Energie
(SF = 0,9)
0,79
Produktion von neuem PVC und Energie
1,53
Mitverbrennung von
Zementofen
gemischtem
Kunststoffabfall in
einem
Ersatz fossiler Brennstoffe
0,74
2,89
0,52
3,41
Es liegen nur begrenzte Daten über Biopolymere vor, aber das mechanische Recycling zeigt gute
Umweltverträglichkeit (Energie, Ressourcen und GWP-Wert) im Vergleich mit anderen
Abfallaufbereitungsoptionen. Die Kompostierung von kompostierbaren Biopolymeren scheint
jedoch hinsichtlich der analysierten Indikatoren keinen Nutzen zu haben (Energie und
Ressourcen).
Durch den Ersatz neuer Kunststoffe wird aus Sicht der Ressourceneffizienz mit dem Recycling die
Rohstoffgewinnung reduziert und gewährleistet, dass die Ressourcen in der Wirtschaft
verbleiben und die Materialverwendung vom wirtschaftlichen Wachstum entkoppelt wird. Es
kann hier darauf hingewiesen werden, dass das Recycling im geschlossenen Kreislauf kein
Selbstzweck ist. Das Recycling im geschlossenen Kreislauf ist nur für kleine Mengen möglich, und
wird die wachsende Nachfrage in allen Kunststoffanwendungen nicht zufriedenstellen.
Kunststoff ist eines der vorherrschenden Materialien im Meeresmüll. 55 Ein wichtiger Nutzen der
erheblichen Zunahme des Kunststoffrecyclings wäre die Reduktion von Meeresmüll,
54
Prognos et al. (2008) Resource savings and CO2 reduction potentials in waste management in Europe and the possible
contribution to the CO2 reduction target in 2020, Zugriff auf Übersicht unter:
www.plasticseurope.org/Documents/Document/20100430141809-PROGNOS_Summary_Report_CO2_wasteproject20080701-007-EN-v1.pdf.
55
Für einen aktuellen Überblick über dieses Thema siehe Öko-Institut (2012) Study on Land-Sourced Litter (LSL) in the
marine environment. Eine Kurzdarstellung ist erhältlich auf www.bkvgmbh.de/fileadmin/fuerRedakteur/downloads/PDF/Marine_litter/LSLExecSummEN.pdf
38 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
insbesondere da das Recycling Mülldeponien ersetzt. Dies wäre für die Umwelt von Nutzen, aber
auch von sozialem Nutzen (verbesserte Ästhetik) und wirtschaftlichem Nutzen (höhere
Einnahmen durch Tourismus, usw.). Der Recyclingsektor ergreift über Initiativen wie
beispielsweise Waste Free Oceans (www.wastefreeoceans.eu) bereits Maßnahmen in diesem
Bereich.
Ein wirklich ehrgeiziges Recyclingziel wäre die Förderung eines größeren Umweltbewusstseins
unter den Verbrauchern hinsichtlich Energie, CO2-Emissionen, Müll und nachhaltigem Verbrauch
im Allgemeinen. Dies würde auch die illegale Lagerung von Abfall sowie die illegale
Abfallverbringung und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Umwelt verringern.
3.2.3 Auswirkungen auf die Beschäftigung
Recycling leistet einen wichtigen Beitrag in der Schaffung neuer grüner Arbeitsplätze.56 Es
schafft mehr Arbeitsplätze mit höheren Einkommen als Mülldeponien oder
Verbrennungsanlagen. Das Ziel eines erhöhten Recyclings für Kunststoffe hätte daher eine
positive Auswirkung auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und Qualifizierungsmaßnahmen.
Obwohl für Kunststoffe keine separaten offiziellen Daten vorliegen, erhöhte dich die
Beschäftigung in Bezug auf das Recycling aller Materialien in den europäischen Ländern
kontinuierlich von 422 Arbeitsplätzen pro 100 Millionen Einwohner im Jahr 2000 auf 611
Arbeitsplätze in 2007. 57 Bei dieser Wachstumsrate hätte man heute 864 Arbeitsplätze pro 100
Millionen Einwohner, oder ca. 426000 Arbeitsplätze, obwohl der Anstieg der
Beschäftigungsverhältnisse sich durch weitere wirtschaftliche Umstände in den letzten Jahren
etwas abgeschwächt hat. Kunststoffverwertungsbetriebe tragen hierzu mit geschätzten 30000
Arbeitsplätzen zu einem erheblichen Teil bei. Wenn alle Kunststoffe wiederaufbereitet werden
würden, könnte die Recyclingindustrie direkt mehr als 120000 Menschen in der EU beschäftigen
(auf Basis einer sechsfachen Zunahme der wideraufbereiteten Menge in Tonnen, unter
Berücksichtigung von Massenproduktionsvorteilen). Für indirekte Arbeitsplätze in der Wirtschaft
wäre in etwa das Dreifache anzusetzen. In dem Visions-Szenario bedeutet dies 10275
Arbeitsplätze pro Mt wiederaufbereiteter Kunststoff, oder 32174 Arbeitsplätze/Mt einschließlich
der indirekten Beschäftigungsverhältnisse.
Von einer öffentlichen Investitionsperspektive wird geschätzt, dass die Investition von 1 Milliarde
EUR in neue Abfallrecyclinganlagen (für Kunststoff liegen keine separate Zahlen vor) 9200
Arbeitsplätze in der Lieferkette schafft, im Bereich Anlagen, Maschinen und Baudienstleistungen
und für Ausgaben durch indirekt beschäftige Menschen in der Wirtschaft. Mit einem
Kapazitätsansatz würden geschätzte 21300 Arbeitsplätze am Standort für den Betrieb der
Anlage und in der Lieferkette für Waren und Dienstleistungen geschaffen werden und durch
Ausgaben durch indirekt beschäftigte Menschen in der Wirtschaft. Des Weiteren werden wie
bereits erwähnt viele der beim Kunststoffrecycling verwendeten Maschinen in Europa
56
EEA (2011) Earnings, jobs and innovation: the role of recycling in a green economy.
Eurostat liefert nur Daten zu Beschäftigungsverhältnissen im Recyclingsektor (alle Materialien) bis 2008. Seit 2008
werden die Daten noch mehr zu Daten der gesamten Abfallsammlungs-, Aufbereitungs- und Entsorgungstätigkeiten
zusammengefasst.
57
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 39
hergestellt. Da die Produktion neuer Kunststoffe zunehmend außerhalb von Europa stattfindet,
werden Arbeitsplätze im Recycling immer wichtiger.
Beschäftigung im Kunststoffrecyclingsektor umfasst herkömmliche, minderqualifizierte
Handarbeit, aber auch in zunehmendem Maß hochqualifizierte Arbeitsplätze, vom Sammeln und
Sortieren bis zur Handhabung der Materialien und der Verarbeitung zu Fertigerzeugnissen.
Minderqualifizierte Arbeiten können von Arbeitnehmern ausgeführt werden, die woanders in der
Wirtschaft weniger Möglichkeiten haben, ein wichtiger Faktor für die Linderung der Armut. Der
Recyclingsektor bietet ein großes Beschäftigungspotenzial in allen Mitgliedstaaten, ungeachtet
der wirtschaftlichen Umstände. Der von diesen Arbeitnehmern geleistete hohe Beitrag für die
Klimapolitik und den sozialen Mehrwert sollte ebenfalls mehr Anerkennung finden. 58
58
UNEP (2011).
40 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
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Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 41
Chapter 4: Notwendige Maßnahmen um das Ziel
eines gesteigerten Kunststoffrecyclings
zu erreichen
4.1 Identifizierung von notwendigen Maßnahmen
Drei der wichtigsten Herausforderungen, mit denen sich Europa heutzutage konfrontiert sieht,
sind die Verminderung der Umweltbelastung, die Schaffung neuer Arbeitsplätze und
Verbesserung des Ressourcenvorrats für die Wirtschaft. Recycling kann bei allen drei
Herausforderungen einen erheblichen Beitrag leisten: Eine Win-Win-Win-Möglichkeit. Wie im
vorherigen Kapitel aufgezeigt, ist es wünschenswert, sich zu einem Szenario mit sehr hohen
Recyclingquoten
zu
bewegen.
Die
Kunststoffindustrie,
einschließlich
die
Kunststoffverwertungsbetriebe und die europäischen Kunststoffverarbeiter, aber auch
PlasticsEurope, steht geschlossen hinter dem Recycling des gesamten Kunststoffs, der
wiederaufbereitet werden kann, unterstützt von legislativen und finanziellen Auflagen zu
Mülldeponien. 59 Politische Entscheidungsträger sollten daher enger mit ihnen und anderen
Interessengruppen zusammenarbeiten, um Änderungen zu bewirken.
Eine erhöhte Zielsetzung ist die erforderliche, unerlässliche Triebfeder für Veränderungen in der
Abfallrahmenrichtlinie, speziell für das mechanische Recycling von Kunststoffen. Es müssen
jedoch alle Interessengruppen (siehe Abbildung 4) Maßnahmen ergreifen, um diese Ziele zu
erfüllen. Diese Maßnahmen reichen über alle Stufen der Produktwertschöpfungskette, von der
Produktion (Design für Recyclingfähigkeit) bis zum Ende der Lebensdauer
(Deponierungsverbote).
Zusätzlich zu diesen neuen Impulsen, muss die Implementierung und Durchsetzung der aktuellen
EU-Abfallgesetzgebung dringendst verbessert werden. Implementierungslücken, illegale
Abfallverbringung und Abfallwirtschaftspraktiken, die gegen die EU-Gesetzgebung verstoßen,
verhindern weiterhin das Erreichen dieser Win-Win-Win-Möglichkeiten.
4.1.1 Wie Verarbeiter die Initiative ergreifen können
Unterschiedliche Kunststoffsorten erfordern unterschiedliche Behandlungsoptionen.
Kunststoffflaschen aus PET können beispielsweise nicht zusammen mit Transportverpackungen
aus LDPE wiederaufbereitet werden. Daher ist für die Wiederaufbereitung von Kunststoff eine
größere Vielfalt an Verfahren nötig als für andere Abfallarten. Recyclingverfahren und
Infrastruktur sind im Vergleich zu den 1990er Jahren bereits erheblich verbessert und viele
Techniken, die für das Erreichen weiterer radikaler Verbesserungen der Kunststoffrecyclingquote
59
PlasticsEurope (2011) The Facts 2011, abrufbar unter: www.plasticseurope.org.
42 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
notwendig sind, sind bereits auf dem Markt. Nichtsdestotrotz sollte die Entwicklung neuer
Recyclingtechniken auch weiterhin ein wichtiger Schwerpunkt der Verwertungsbetriebe sein.
Das Potenzial variiert nach Sektor und Polymersorte. Die Lücke zwischen dem typischen und
besten Verwertungsbetrieb aus technologischer Perspektive ist beispielsweise bei LDPE größer
als bei PET, wo bereits erhebliche Fortschritte beim optischen Sortieren gemacht worden sind.
Ansätze, um die Rückgewinnung oder das Recycling von Folien und flexiblen Verpackungen zu
verstärken, könnten eine separate Sammlung umfassen, oder Investitionen in spezielle
Sortieranlagen und Verarbeitungseinrichtungen in Verwertungseinrichtungen für den Umgang
mit gemischtem Kunststoffabfall. Um ein erfolgreiches Recycling gemischter Kunststoffe zu
erreichen, muss ein hochleistungsfähiges Sortieren der aufgegebenen Materialien durchgeführt
werden, um zu gewährleisten, dass Plastiksorten mit einem hohen Reinheitsgrad getrennt
werden; dennoch besteht ein Bedarf für weitere Entwicklungen der Endmärkte für jeden
Polymerrezyklatstrom. Es besteht daher ein Potenzial für weitere freiwillige Initiativen, wie z. B.
Recovinly, wodurch der PVC-Sektor (Rohre, Profile usw.) sich zum Ziel setzt, einen "Pull-"-Markt
zu errichten
Verwertungsbetriebe sollten versuchen enger mit anderen Akteuren in der Lieferkette
zusammenzuarbeiten, insbesondere mit Händlern. Die Händler können dann Druck ausüben auf
die Produkthersteller, um die Recyclingfähigkeit und den Anteil an Recyclingmaterial zu fördern.
In einigen Fällen liegt auch ein Potenzial für Verwertungsbetriebe für den direkten Handel mit
Gemeinden oder Sortierbetrieben vor, wodurch Groß- und Zwischenhändler ausgeschlossen
werden.
EuCertPlast ist ein Projekt (gegründet unter dem Öko-Innovationsprogramm), das ein
europäisches Zertifizierungsschema für Kunststoffverwertungsbetriebe, die für die Einhaltung
hoher Qualitätsstandards anerkannt sind, erstellen möchte. Zertifizierungsschemas wie dieses
sollten das Vertrauen der Verbraucher in wiederaufbereitete Produkte steigern und sind zu
unterstützen.
4.1.2 Was politische Entscheidungsträger zur Unterstützung tun
können
Lokale Behörden, nationale Verwaltungen und europäische Institutionen nehmen alle wichtige
Rollen bei der Schaffung geeigneter Anreize ein, die bei der Gestaltung optimaler Ergebnisse
hinsichtlich des Kunststoffrecyclings für die Gesellschaft hilfreich sind. Zuerst sollte
Kunststoffabfall als wertvolle Ressource anerkannt werden, mit dem Potenzial die
Ressourceneffizienz zu erhöhen und die Auswirkungen auf die Umwelt bei der Gewinnung von
Rohstoffen und der Entstehung von Abfall zu verringern, Arbeitsplätze schaffen und die
europäische Wirtschaft anzukurbeln. Es ist zu hoffen, dass diese Studie bei der Demonstration
dieser Punkte hilfreich war. Bis jetzt mag solch eine Anerkennung in größerem Ausmaß bspw.
eher für PET bestehen als für PP, HDPE und andere Kunststoffe, deren Wiederverwertung
einfach ist.
Ein höheres Gesamtziel beim Kunststoffrecycling auf EU-Ebene ist unerlässlich. Politische
Entscheidungsträger könnten dabei helfen, sicherzustellen, dass das Gesamtziel erfüllt und
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 43
überschritten wird und könnten auch separate Ziele für wichtige Kunststoffsorten und
differenzierte Ziele nach Mitgliedsstaat setzen, um die bereits erzielten Recyclingquoten zu
reflektieren (dies könnte entweder auf EU-Ebene oder falls dies nicht gelingt auf nationaler
Ebene erfolgen). Es ist dieses hoch angesetzte Ziel, das Änderungen bewirken sollte und den
Rahmen für andere, unten aufgeführte Maßnahmen setzen sollte.
Besseres Sammeln und Sortieren
Entscheidend hierfür ist, die Deponierung von Kunststoffen vollständig
auslaufen zu lassen und die Durchsetzung von Deponierungsverboten. Dadurch
werden Investitionen in das Sammeln, Sortieren und Recycling angeregt.
Fördern der Qualität beim Sammeln und Sortieren: Kunststoffe sollten nicht
benachteiligt werden und es sollte einen separaten Abfallbehälter dafür geben,
für eine qualitativ gute, separate Sammlung und Sortierung der Kunststoffe.
Pfandsysteme sind nützliche Werkzeuge für steigende Sammelquoten von
Monoströmen, während das Sammeln und Sortieren am Ursprung verbessert
werden kann, indem die örtlichen Voraussetzungen und das Bewusstsein der
Verbraucher gesteigert werden.
Verbesserte Eingangsqualität durch Harmonisierung der Sammel- und
Recyclingsysteme mithilfe von Qualitätsstandards und Zertifizierung 60 und dem
Austausch bewährter Methoden. Verbesserte Harmonisierung der Standards
könnte auch den Bereich der möglichen Endverwendungen vergrößern, zum
Beispiel bei Lebensmittelanwendungen.
Lokale Behörden müssen die Gestaltung von Recyclingkonzepten und
Sensibilisierungsmaßnahmen verbessern, um vorteilhaftere Einstellungen der
Verbraucher gegenüber wiederaufbereitetem Kunststoff zu fördern.
Bessere Produkte
Sicherstellen, dass wiederaufbereiteter Kunststoff für die Entsorgung vom Abfall
getrennt wird und die Qualität von wiederverwendbarem Kunststoffverbessern:
Verbessern des Produktdesigns, um die Materialtrennung und
Wiederverwendbarkeit zu erleichtern; die Verwendung von Verbundwerkstoffen
zu begrenzen; die Einführung biologisch abbaubarer oder durch Sauerstoff
spaltbarer Kunststoffe, die das Recycling schwieriger machen, in den
traditionellen Kunststoffstrom zu verhindern. 61
Zur Verbesserung des Ökodesigns von Produkten auf fortlaufender Basis ist es
wichtig, in der Ökodesign-Richtlinie, der Verpackungsrichtlinie usw. mehr
Gewicht auf die Wiederverwendbarkeit und den Anteil an Recyclingmaterial zu
legen;
60
Siehe zum Beispiel das EuCertPlast-Projekt: www.eucertplast.eu/fr/objectives.
Zitierte Beispiele in PlasticsEurope (2011) sind die Designrichtlinien der European PET Bottle Platform und der von
RECOUP herausgegebene Leitfaden, zur Unterstützung der Konzentration auf die Qualität am Ende der Lebensdauer.
61
44 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Weiterhin Kennzeichnungen bezüglich der Wiederverwendbarkeit und dem
Anteil an Recyclingmaterial und Initiativen im umweltgerechten öffentlichen
Beschaffungswesen (Europäische öffentliche Behörden geben ca. 16% BIP für
Waren und Dienstleistungen aus) zu erstellen und zu fördern;
Steuerliche Anreize und Herstellerverantwortung
Auf Ebene des Mitgliedstaats kann eine steuerlich günstigere Behandlung in
einigen Fällen in Betracht gezogen werden. Wirtschaftliche Anreize, wie zum
Beispiel Gebühren und Abgaben für die Deponierung, Strafen der Gemeinden
für nicht erreichte Ziele, steuerliche Anreize für die Rückgewinnung von
Kunststoffverpackungen,
niedrigere
Mehrwertsteuersätze
für
wiederaufbereitete Materialien, usw. würden das Recycling und die
Energierückgewinnung weiter fördern.62 In Ländern, die sich dazu entschlossen
haben, für Plastikbeutel Abgaben einzuführen, könnten diese Mittel zur
Förderung des Kunststoffrecyclings oder zum Einsammeln von Meeresmüll
zweckgebunden werden; 63
Stärkung der EPR-Schemas: die Abfallrahmenrichtlinie enthält keine speziellen
Ziele für die EPR (erweiterte Herstellerverantwortung); würde man die Kosten
für die Abfallwirtschaft in die Verkaufspreise aufnehmen, wären die Hersteller
finanziell verantwortlich und das Ökodesign würde begünstigt werden. EPRProgramme erzeugen höhere Sammel- und Recyclingquoten, als rein freiwillige
Programme.64 Momentan gibt es solche Programme nur für Kunststoffe in
wenigen Ländern und für einen begrenzten Produktbereich. 65 Landwirte in
Irland zahlen zum Beispiel eine Recyclingabgabe wenn sie Agrarkunststoffe
kaufen, die dann zur Finanzierung und den Betrieb von Abgabezentren und der
Abholung am Hof verwendet werden. 66
Fokus auf individuelle Sektoren
Kunststoffe im landwirtschaftlichen Sektor verbessern die Produktionseffizienz
und verringern den Verbrauch von Wasser, Pestiziden und Düngemitteln. Der
Unterschied der Recyclingquoten zwischen den Ländern ist jedoch groß. 67
Spezielle Maßnahmen zur Ankurbelung des Recyclings landwirtschaftlicher
Kunststoffe könnten Richtlinien für bewährte Methoden für Landwirte zur
Vorbereitung der Kunststoffe für die Sammlung, ein EU-weites Netzwerk an
Sammelunternehmen und Verwertungsbetrieben (und Identifizierung jeglicher
bestehender Netzwerke); und Recyclingziele umfassen.
62
http://rstb.royalsocietypublishing.org/content/364/1526/2115.full.
Weitere Diskussionen zu wirtschaftlichen Instrumenten sind in Bio et al. zu finden. (2012) Use of Economic
Instruments and Waste Management Performances, GD Umwelt, Europäische Kommission. Abrufbar unter
http://ec.europa.eu/environment/waste/pdf/final_report_10042012.pdf.
64
BIO et al. (2011) Implementing EU Waste Legislation for Green Growth, European Commission.
65
BIO et al. (2012) Use of Economic Instruments and Waste Management Performances, GD Umwelt, Europäische
Kommission. Abrufbar unter http://ec.europa.eu/environment/waste/pdf/final_report_10042012.pdf.
66
Siehe www.edie.ie/news/news_story.asp?id=22405.
67
PlasticsEurope (2011) The Facts 2011, available at: www.plasticseurope.org.
63
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 45
Für PVC besteht bereits ein freiwilliges Ziel mit einem Anteil an
Recyclingmaterial von 10%, dies könnte aber auf bis zu 30% angehoben werden
(Rezyklat in Fensterrahmen, Profilen usw.). Diese Ziele könnten entweder für
den Anteil an wiederverwendbarem oder für den Rezyklatanteil gelten, wie
jeweils anwendbar.
Aufbau einer Recycling-Infrastruktur und von Märkten, wo bisher keine
existieren, zum Beispiel durch Unterstützung der Nachfrage nach
wiederaufbereitetem Kunststoff in der Industrie innerhalb und außerhalb der
EU. Einige Ströme werden derzeit noch nicht wiederaufbereitet, da sie noch
nicht in großem Maßstab gesammelt werden.
Bessere Überwachung und Durchsetzung
Gerechte und gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleisten, indem
sichergestellt wird, dass keine Politik den Export von Kunststoffabfall
unterstützt Dies kann durch Überwachung der Exportmengen und hartes
Durchgreifen bei illegalen Exporten geschehen – eine verpasste Gelegenheit für
das wirtschaftliche Wachstum – durch qualifizierte Inspektionen auf Ebene der
Mitgliedstaaten.
Bessere Überwachung der Abfallgesetze ist ebenfalls notwendig – es wurde zum
Beispiel die Einrichtung einer Steuerprüfung auf EU-Ebene vorgeschlagen,
möglicherweise begleitet von allgemeinen Inspektionsstandards; die
Europäische Umweltagentur oder eine neue spezielle Abfallagentur 68 könnten in
dieser Hinsicht eine Rolle spielen.
Forschung und Daten
Auf europäischer Ebene sollte das Recycling in Förderungsprogrammen an
oberste Stelle gesetzt werden, um die Entwicklung und Einrichtung neuer
Technologien zu fördern. Demonstrationsprojekte sollten ebenfalls finanziert
werden.
Es besteht dringender Bedarf für eine bessere Datensammlung und überwachung, die idealerweise aufgeteilt sein sollte in innerstaatliches Recycling
und Exporte. Es werden für alle Kunststoffe Daten benötigt, nicht nur für
Verpackungen. Das vor Kurzem eingeführte Eurostat Data Centre on Waste 69
(Eurostat Umweltdatenzentrum für den Bereich Abfälle) muss ausreichende
Mittel bereitgestellt bekommen und angemessen ausgerüstet werden, um den
Vergleich und die Überwachung des Fortschritts der Mitgliedstaaten
unterstützen zu können und eine Harmonisierung der Gesetzgebung und die
Entwicklung angestrebter Verbesserungsmaßnahmen zu ermöglichen –
68
Eine Diskussion hierzu finden Sie unter Bio Intelligence Service et al. (2011) Implementing EU Waste Legislation for
Green Growth, Europäische Kommission.
69
Siehe http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/waste/introduction/.
46 | Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe
Datentransparenz ist zur Förderung von Investitionen und für das Erreichen
eines höheren Ziels in effektiver Weise fundamental.
4.2 Schlussfolgerungen
Kunststoff ist ein relativ preisgünstiges, haltbares und vielseitig einsetzbares Material.
Kunststoffprodukte haben der Gesellschaft wirtschaftlichen, sozialen und in vielen Fällen
ökologischen Nutzen gebracht. Kunststoffabfall kann jedoch auch negative Auswirkungen
haben, wenn er nicht entsprechend gehandhabt wird. Die Erzeugung von Kunststoffabfall wird
fortwährend zunehmen und der Sektor des mechanischen Recyclings muss noch schneller
wachsen, um Schritt halten zu können und um umweltschädliche Mülldeponien zu ersetzen.
Die Herausforderung für Kunststoffverwertungsbetriebe ist, dass ihre Kunden
(Kunststoffverarbeiter) große Mengen an wiederaufbereitetem Kunststoff verlangen, die nach
strengen Angaben zu einem mit neuem Kunststoff wettbewerbsfähigen Preis hergestellt werden
müssen. Ein schnelles Wachstum im Kunststoffrecycling kann nichtsdestotrotz auf Basis der
derzeitigen Technologien und Märkte erzielt werden. Und selbst für noch höhere
Wachstumsraten gibt es Potenzial, wenn der Markt, legislative und technologische Hürden
überwunden werden.
Die Politik und Maßnahmen, die speziell auf das Recycling von Kunststoffabfall ausgerichtet sind,
werden benötigt, und müssen mit der allgemeineren Abfallpolitik und genügend Ehrgeiz im
Einklang stehen. Die derzeitigen Sammelquoten müssen gesteigert werden, aber der Fokus der
politischen Entscheidungsträger sollte sich nicht nur auf die Steigerung der Sammelquoten
richten, in der Erwartung, die Verwertungsbetriebe würden sich anpassen, sondern es ist eine
ganzheitlichere Betrachtung der Wertschöpfungskette notwendig, mit Zielen, die auf das
Recyclingergebnis gerichtet sind.
Ein neues und ehrgeizigeres Recyclingziel in der EU sollte eingeführt werden, das die Aufteilung
in innerstaatliches Recycling und Exporte berücksichtigt und alle Kunststoffe erfasst, nicht nur
Verpackungen. Dieses Ziel muss auf realistischen, transparenten Zahlen beruhen und daher
sollten die Ressourcen hierzu bereitgestellt werden. Dennoch sollte der derzeitige Mangel an
verfügbaren Daten kein Hindernis für das Setzen eines neuen Ziels sein.
Diese Studie zeigt, dass eine erhöhte Recyclingquote wichtige ökologische, wirtschaftliche und
positive Nebeneffekte für die Beschäftigung bieten würde, wodurch sich die Investitionen in
Sammelsysteme schnell amortisieren würden. Ein verbessertes Kunststoffrecycling wäre auch
eine wichtige Quelle des Materialeinsatzes in die europäische Produktion und würde zu Europas
Kreislaufwirtschaft beitragen.
Die Technologien liegen vor und die Kapazitäten sind vorhanden, aber um hieraus diesen Nutzen
zu ziehen, müssen die politischen Entscheidungsträger im Lauf von 2012 energische Maßnahmen
ergreifen. Es ist ermutigend, dass viele der in dieser Studie gegebenen Empfehlungen mit den
Positionen wichtiger Interessengruppen in der Industrie und dem Umweltausschuss des
Europäischen Parlaments übereinstimmen. Politische Entscheidungsträger auf nationaler und
auf EU-Ebene haben daher eine starke, evidenzbasierte Basis und einen starken evidenzbasierten
Konsens um sich nach vorne zu bewegen.
Studie über ein erhöhtes (werkstoffliches) Recyclingziel für Kunststoffe | 47
30 August 2013
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