Mündliche Überprüfungen

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Mündliche Überprüfungen
Niedersächsisches
Kultusministerium
Fachbezogene Leistungsüberprüfungen
für das Gymnasium
Schuljahrgang 10
Mündliche Überprüfungen
Herausgegeben vom Niedersächsischen Kultusministerium (August 2001)
30159 Hannover, Schiffgraben 12
An der Erarbeitung der mündlichen Überprüfungen haben mitgewirkt:
M. von Brünneck,
B. Haberlag,
R. Cronenberg,
H. Hannig,
B. Durstewitz,
B. Käsebier,
Dr. D. Fechner,
K. Große Kracht,
H. Niemeyer, E. Obernolte, Dr. H.-R. Porth,
Dr. R. Richter, Dr. R. Wais, T. Warmbold, E. Wirth.
Druck und Vertrieb:
Niedersächsisches Landesinstitut für
Fortbildung und Weiterbildung im Schulwesen
und Medienpädagogik (NLI)
Keßlerstraße 52
31134 Hildesheim
Nachbestellungen richten Sie bitte an das Dezernat 2;
Tel.: (05121) 1695276, e-mail: bonin@nibis.de;
Preis: 12,75 DM (6,50 Euro) zuzüglich Versandkosten.
Inhalt
1
Allgemein
4
2
Mündliche Überprüfung
7
2.1
Allgemeine Hinweise
7
3
Fachbezogene Hinweise und Aufgabenbeispiele
9
3.1
Aufgabenfeld A
9
3.1.1
Deutsch
9
3.1.2
Englisch
18
3.1.3
Französisch
30
3.1.4
Latein
42
3.1.5
Griechisch
48
3.1.6
Musik
51
3.1.7
Kunst
71
3.2
Aufgabenfeld B
85
3.2.1
Geschichte
85
3.2.2
Politik
97
3.2.3
Erdkunde
113
3.2.4
Evangelische Religion
123
3.2.5
Katholische Religion
129
3.2.6
Werte und Normen
138
3.3
Aufgabenfeld C
147
3.3.1
Physik
147
3.3.2
Chemie
151
3.3.3
Biologie
157
1
Allgemein
Zur Begründung der Überprüfungen
Mit dem 01.08.1999 sind „Ergänzende Bestimmungen zur Verordnung über die Abschlüsse im Sekundarbereich I“ (Erlass des MK vom 22.06.1999, in: SVBl. 1999, S.145;
vgl. R. Bade: Leistungsüberprüfungen in den Abschlussklassen des Sekundarbereichs I,
nachträgliche Versetzung und Überspringen eines Schuljahrgangs, in: SVBl. 1999,
S. 256) in Kraft getreten, mit denen die Sicherung schulformspezifischer angemessener
Leistungsstandards angestrebt wird. Die hiermit vorgesehenen fachbezogenen Überprüfungen der Schülerleistungsstände sind in den Abschlussklassen (9. oder 10. Schuljahrgang) aller Schulformen des Sekundarbereichs I mit Beginn des Schuljahres 1999/2000
durchzuführen.
Diese Überprüfungen erfolgen als
•
schriftliche Überprüfung in Mathematik und je nach Wahl der Schülerin oder des
Schülers in Deutsch oder in einer im 5. oder 7. Schuljahrgang begonnenen Pflichtoder Wahlpflichtfremdsprache,
•
mündliche Überprüfung in einem Fach nach Wahl der Schülerin oder des Schülers;
zur Wahl stehen dabei die in Nr. 3.2 des Erlasses genannten Fächer.
Die fachbezogenen Überprüfungen sind als eine weitere Maßnahme zur Qualitätssicherung und -entwicklung zu verstehen und damit in die gegenwärtige bildungspolitische und
schulpädagogische Diskussion um Schulqualität einzuordnen. Die Frage, was die Qualität einer Schule ausmacht und wie sie gesichert und entwickelt werden kann, ist dabei
nicht neu. Sie wird mit den Überprüfungen jedoch in der Weise akzentuiert, dass mit ihnen die besondere Bedeutung der Einzelschule für die Schulentwicklung und die Qualitätsverbesserung von Unterricht hervorgehoben wird.
Ist die Schule aber „Motor der Schulentwicklung“ (Dalin) und Schulentwicklung daher wesentlich eine Aufgabe der einzelnen Schule, so bedeutet dies für die Qualität von Schule:
Die einzelne Schule muss sich - auf der Grundlage von Bedingungen wie des schulrechtlichen Rahmens, der Ressourcen, der Ausstattung der Schule, der Qualifikation der
Lehrkräfte, der Zusammensetzung der Schülerschaft - um ihre Weiterentwicklung und
Qualitätsverbesserung bemühen und ist daher in starkem Maße selbst für die Qualität ihrer Arbeit und deren Wirkungen verantwortlich.
4
Schulprogrammentwicklung und Evaluation sind hierbei hilfreiche Instrumente. Angesichts des Gewichts der fachbezogenen Überprüfungen und des Arbeitsaufwandes für
ihre Planung, Durchführung und Auswertung sollte die einzelne Schule deshalb prüfen,
wieweit die fachbezogenen Überprüfungen und die Empfehlungen als Anlass genommen
werden, die Frage des Unterrichtskonzepts, der Leistungsanforderung und Leistungsbewertung, der Differenzierung und Förderung als Schwerpunkte für die Schulprogrammentwicklung und interne Evaluation vorzusehen. Das wäre vom didaktisch-methodischen
Stellenwert der Überprüfungen für die Unterrichtsentwicklung sinnvoll und aus arbeitsökonomischen Gründen nahe liegend. Mit diesen mit den fachbezogenen Überprüfungen
zusammenhängenden Fragen klärt die Schule in wesentlichen Punkten ihre „pädagogische Grundorientierung“ und bearbeitet wichtige im „verbindlichen Kern“ des Schulprogramms vorgesehene Anliegen (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium: Schulprogrammentwicklung und Evaluation - Stand, Perspektiven und Empfehlungen. Hannover,
September 1998, S. 11 und 14).
Zum Stellenwert der Empfehlungen
Zu den Fächern für die schriftlichen Leistungsüberprüfungen liegen den Schulen bereits
Empfehlungen vor. Die Empfehlungen für die Fächer für die mündlichen Leistungsüberprüfungen werden nunmehr vorgelegt. Die Empfehlungen dienen den Schulen als Leitlinie, Orientierung und Hilfe bei der Durchführung der schriftlichen und mündlichen Überprüfungen. Sie enthalten Hinweise zu den schriftlichen und mündlichen Überprüfungen
sowie Aufgabenbeispiele und Bewertungsmaßstäbe für die Überprüfung. Grundlagen der
Empfehlungen sind die fachbezogenen Rahmenrichtlinien, der Grundsatzerlass für die
betreffende Schulform, die „Verordnung über die Abschlüsse im Sekundarbereich I (AVOS I)“ vom 07.04.1995 (in: SVBl. 1994, S. 140) sowie die „Standards für den Mittleren
Schulabschluss in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache“ (Beschluss der KMK vom 12.05.1995), wobei letztere nicht für das Gymnasium gelten.
Die Empfehlungen sind schulform- und fachspezifisch angelegt. Es gibt also Empfehlungen für die Hauptschule, die Realschule, das Gymnasium und die Integrierte Gesamtschule, und zwar in Mathematik, Deutsch, Englisch und Französisch (mit Ausnahme der
Hauptschule) sowie in Latein (nur für das Gymnasium) und in den Fächern, die für die
mündlichen Leistungsüberprüfungen zugelassen sind. Inzwischen liegen Empfehlungen
auch für die Schule für Lernhilfe in den Fächern Deutsch und Mathematik sowie für die
mündlichen Leistungsüberprüfungen vor. Für die Schulzweige der Kooperativen Gesamtschule gelten die Empfehlungen der entsprechenden Schulformen. Für alle Empfehlun-
5
gen wird vorausgesetzt, dass bei Aufgabenstellungen und Bewertungskriterien die Lernbedingungen der Schülerinnen und Schüler ausländischer Herkunft und aus Aussiedlerfamilien im Sinne der Nr. 2.4 des o.g. Erlasses berücksichtigt werden.
Leitlinie, Orientierung und Hilfe für die Schulen sollen die Empfehlungen in dreifachem
Sinne sein:
•
Als Leitlinie dienen sie der Sicherung vergleichbarer Leistungsstandards unter den
Schulen. Mit den Aufgabenbeispielen und den Bewertungsmaßstäben werden die auf
der Grundlage der Rahmenrichtlinien in den Abschlussklassen der jeweiligen Schulform anzustrebenden fachspezifischen Leistungsstandards beschrieben. Die Aufgabenbeispiele repräsentieren dabei die unterrichtlichen Inhalte der Abschlussklasse,
die bis zum Zeitpunkt der Überprüfung im Unterricht durchgenommen worden sind.
•
Sie stellen eine Orientierung und Hilfe zur Entwicklung eigener Aufgaben und Bewertungskriterien durch die einzelne Lehrkraft oder im Falle der „Vergleichsarbeit“ durch
die Fachlehrkräfte dar. Die unterschiedlichen Aufgabenbeispiele zeigen exemplarisch
verschiedene Möglichkeiten der Aufgabenstellungen im jeweiligen Fach.
•
Sie sollen Ausgangspunkt für eine didaktisch-methodische Diskussion über Aufgabenstellungen und Leistungsbewertung in den Fächern sein und damit Impulse zur
Weiterentwicklung des Fachunterrichts geben.
Die Empfehlungen haben also eine wichtige Funktion für die Arbeit der Schule - für die
Lehrkräfte der betreffenden Fächer, für die Fachkonferenzen und die Schulleitung -, aber
auch für die Schulbehörde. Letztere kann sich über die Teilnahme an den mündlichen
Leistungsüberprüfungen Einblick verschaffen und Schulen eine fachbezogene didaktischmethodische Rückmeldung geben, die hilfreich sein kann.
6
2
Mündliche Überprüfung
2.1
Allgemeine Hinweise
Die mündliche Überprüfung wird als Einzel- oder auch als Gruppenüberprüfung mit bis zu
drei Schülerinnen und Schülern durchgeführt. Als Einzelprüfung dauert sie in der Regel
15, als Gruppenprüfung in der Regel 30 Minuten. Der mündlichen Überprüfung liegt eine
schriftlich formulierte Prüfungsaufgabe zu Grunde, die sich auf die vorangegangenen Unterrichtsgegenstände im Schuljahrgang 10 bezieht, soweit sie bis zum Zeitpunkt der
Überprüfung im Unterricht behandelt worden sind. Sie sollte so angelegt sein, dass die
Schülerin oder der Schüler im ersten Teil Gelegenheit erhält, sich zu der in der Vorbereitungszeit bearbeiteten Prüfungsaufgabe in zusammenhängendem Vortrag zu äußern. In
diesem Teil der Überprüfung sollte sich die prüfende Lehrkraft weitgehend zurückhalten
und nur dann eingreifen, wenn dies aus pädagogischen oder prüfungspsychologischen
Gründen oder zur Klärung des Verständnisses notwendig erscheint. Im zweiten Teil der
Überprüfung sollte mit der Schülerin oder dem Schüler ein Gespräch geführt werden, das
über die im Vortrag zu lösenden Aufgabenstellungen hinausgeht und größere fachliche
Zusammenhänge zum Gegenstand hat.
Ziel der mündlichen Überprüfung ist es also, der Schülerin oder dem Schüler Gelegenheit
zu geben, sich zu einer Prüfungsaufgabe sachlich zutreffend zu äußern, Lösungen strukturiert vorzutragen und zu präsentieren sowie in einem Gespräch weitergehende Fragestellungen zu erörtern.
Der mündlichen Überprüfung geht eine individuelle Vorbereitungszeit von zwanzig Minuten unter Aufsicht voraus. Im Falle einer Gruppenüberprüfung ist darauf zu achten, dass
sich jede Schülerin und jeder Schüler zu dem für alle gleichen Prüfungsthema mit in der
Regel für alle gleichen Aufgabenstellungen angemessen äußern kann. Dabei ist vorab zu
klären, welcher Prüfungsgegenstand sich für eine Gruppenüberprüfung eignet.
Über den Verlauf der mündlichen Überprüfung ist eine Niederschrift vom nicht prüfenden
Mitglied des Fachprüfungsausschusses anzufertigen. Hierzu gehören der Vortrag der
Schülerin oder des Schülers ebenso wie die Fragestellungen der Fachprüfungsausschussmitglieder und die sich daraus ergebenden Ausführungen.
7
Zur Vorbereitung auf die mündliche Überprüfung sind die Schülerinnen und Schüler
rechtzeitig zu beraten; bei Bedarf sollten ihnen vorbereitende Übungsmöglichkeiten gegeben werden; dies gilt insbesondere für den Fall der Gruppenüberprüfung.
8
3
Fachbezogene Hinweise und Aufgabenbeispiele
Die Fächer eines Aufgabenfeldes, für die nachfolgend Aufgabenbeispiele angegeben
werden, stehen repräsentativ für andere Fächer des Aufgabenfeldes, die für eine mündliche Prüfung angewählt werden können.
Die Anzahl der Aufgabenbeispiele variiert je nach Aufgabentyp und Fachzusammenhang.
3.1
Aufgabenfeld A
3.1.1 Deutsch
Fachbezogene Hinweise
In der mündlichen Überprüfung zeigt der Prüfling seine Fähigkeiten, ein Material - in der
Regel wird es sich im Fach Deutsch um einen Text handeln - anhand einer vorgegebenen Aufgabenstellung sachgerecht zu untersuchen und auszuwerten.
Wie auch die schriftliche Überprüfung bezieht sich die mündliche Überprüfung auf die Unterrichtsgegenstände des Jahrgangs 10. Sie sollte auf der Grundlage eines nicht zu langen Textes erfolgen. Denkbar sind alle Textsorten, mit denen im Unterricht gearbeitet
worden ist.
Der Text ist Grundlage für den ersten Teil der Überprüfung; das Prüfungsgespräch sollte
damit im Zusammenhang stehen.
Der Text muss für die Aufgabe ergiebig, im Umfang und im Schwierigkeitsgrad der kurzen Vorbereitungszeit angemessen sein. In der Regel wird der Umfang daher deutlich
geringer sein, als es bei schriftlich zu bearbeitenden Aufgaben der Fall ist, damit die
Schülerin bzw. der Schüler die Möglichkeit hat, sich mit dem Text während der Vorbereitungszeit intensiv auseinander zu setzen. In jedem Falle sollte vermieden werden, dass
sich die Leistungen in der mündlichen Überprüfung auf das bloße Wiedergeben von
Kenntnissen beschränken.
Die Aufgaben für die schriftliche und für die mündliche Überprüfung unterscheiden sich
grundsätzlich im Umfang und in der Anlage der Aufgabenstellung.
Grundlage für eine gute Leistung ist die sorgfältige Erarbeitung eines Textes. Auf einer
solchen Grundlage kann im Prüfungsgespräch eine Erweiterung und Vertiefung oder erforderlichenfalls auch die Nachfrage nach Kenntnissen erfolgen.
Aufgabenstellungen, die gezielt die Anforderung enthalten, Kenntnisse vorzubringen,
oder die bereits über die Erarbeitung des Textes hinausführen, erscheinen weniger ge9
eignet, da sie von der intensiven Auseinandersetzung mit dem vorgelegten Text abhalten
und stattdessen den Versuch provozieren können, in der Vorbereitungszeit alle Kenntnisse zu reorganisieren, die im Zusammenhang des Arbeitsauftrags für nützlich gehalten
werden. Anstelle selbstständiger Überlegungen würden die Leistungen auf allgemeine
Aussagen oder reproduktive Aspekte reduziert.
Vorzuziehen sind daher Aufgabenstellungen, die auf die gründliche Erarbeitung des vorgelegten Textes mittels eines geeigneten Arbeitsauftrags zielen. Auf diese Weise wird die
beste Basis für die flexible Weiterführung der Überprüfung im Prüfungsgespräch gelegt,
und es erhöhen sich die Chancen, allen Stufen von Leistungsfähigkeit gerecht werden zu
können.
Über die Texterarbeitung hinausgehende Schritte, soweit sie nicht ohnehin von der Schülerin bzw. dem Schüler schon in den Vortrag einbezogen worden sind (weitergehende
Fragen, Themenübergriff, Vergleiche, Urteile), sollten für das Prüfungsgespräch eingeplant werden.
Die Schülerinnen und Schüler müssen mit der Anforderung vertraut sein, sieben bis acht
Minuten zusammenhängend zu einem von ihnen erarbeiteten Gegenstand zu sprechen.
Übung im Unterricht ist erforderlich, um die Fertigkeiten zu entwickeln, im zusammenhängenden freien Vortrag Ergebnisse möglichst sicher zu präsentieren sowie auf Fragen,
Impulse, Hilfen des Prüfenden in einem längere Zeit dauernden Gespräch einzugehen,
das einen Gegenstand vertiefend behandelt und darüber hinaus in Zusammenhänge
stellt.
Da die Überprüfung im Wesentlichen der Herausarbeitung eines Textverständnisses
dient, dürfte es im Fach Deutsch nur bedingt möglich sein, eine Gruppe von Schülerinnen
und Schülern mit gleicher Aufgabenstellung zum gleichen Text zu prüfen.
Vorstellbar ist aber, dass eine Gruppe von bis zu drei Schülerinnen und Schülern einen
Text unter verschiedenen Aspekten erarbeitet, indem die einzelnen Prüflinge sich z. B.
jeweils mit verschiedenen Figuren auseinander setzen. Im Prüfungsgespräch erfolgt
dann die gemeinsame Erarbeitung einer Interpretation. Bei einer solcherart konzipierten
Aufgabe ist mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, dass die beteiligten Schülerinnen
und Schüler vor gleich schwierige Anforderungen gestellt werden und gleiche Chancen
haben, das von ihnen jeweils Erarbeitete einzubringen.
Neben den fachlich-inhaltlichen Gesichtspunkten ist das kommunikative Verhalten des
Prüflings für die Beurteilung von Bedeutung, vor allem im zweiten Teil der Überprüfung.
Dabei ist der Stand der Entwicklung und des Trainings von Fertigkeiten zu beachten, wie
10
er im Jahrgang 10 erzielt werden kann. Für die Aspekte der Bewertung mündlicher Leistungen gelten die Aussagen in den Rahmenrichtlinien sinngemäß.
Aufgabenbeispiele
Aufgabenbeispiel 1
Thema der Prüfungsaufgabe
Analyse eines Kurzgeschichtenanfangs mit produktionsorientierter Weiterführung
Aufgabenstellung
Untersuche,
•
welche Bestandteile des Raumes der Erzähler in dem vorliegenden Erzählanfang beschreibt,
•
welche sprachlichen und stilistischen Mittel er dabei anwendet,
•
welches Bild der Leser dadurch von diesem Raum erhält.
Georg Britting
Das sind grünschwarze Tümpel, von Weiden überhangen, von Wasserjungfern übersurrt,
das heißt: wie Tümpel und kleine Weiher, und auch große Weiher, ist es anzusehen, und
es ist doch nur Donauwasser, durch Steindämme abgesondert vom großen, grünen
Strom, Altwasser, wie man es in der Gegend nennt. Fische gibt es im Altwasser, viele,
5
Fischkönig ist der Bürstling, ein Raubtier mit zackiger, kratzender Rückenflosse, mit bösen Augen, einem gefräßigen Maul, grünschwarzschillernd wie das Wasser, darin er jagt.
Und wie heiß es hier im Sommer ist! Die Weiden schlucken den Wind, der draußen über
den Strom geht. Und aus dem Schlamm steigt ein Geruch wie Fäulnis und Kot und Tod.
Kein besserer Ort ist zu finden für Knabenspiele als dieses gründämmerige Gebiet.
Zum Text
Erzählanfang von „Brudermord im Altwasser“, aus: Britting, G.: Die kleine Welt am Strom.
Nymphenburger Verlagsbuchhandlung, München 1952.
Unterrichtsvoraussetzungen
Im Unterricht ist an verschiedenen Erzählanfängen untersucht worden, wie ein Raum
entworfen und entfaltet wird. Die Schülerinnen und Schüler kennen daher die wichtigsten
Fragestellungen, um von einer genauen Bestandsaufnahme ausgehend die Atmosphäre
11
erschließen und gegebenenfalls begründete Erwartungen ableiten zu können. Eine Verknüpfung mit Inhalten des ersten Halbjahres ergibt sich durch die Bedeutungsmerkmale
von Wörtern und Wortfeldern, die bei der sprachlichen Untersuchung des Textes benötigt
werden.
Zum methodischen Training hat dabei immer wieder die Abgrenzung gegenüber spekulativen Äußerungen gehört.
Erwartete Leistungen
Als ergiebige Untersuchungsgesichtspunkte bieten sich an:
•
Die Kennzeichnung des Ortes als Natur, aber doch von Menschen geformt, Abgeschlossenheit („durch Steindämme abgesondert“).
•
Die Kennzeichnung der Lebewesen, vor allem der Tiere, dabei wiederum in erster Linie der Fische, genannt wird der Bürstling, charakterisiert als gefährlich, da bedrohlich für andere Lebewesen, bezeichnet als „Raubtier“, „gefräßig“, das Verletzungen
hervorrufen kann („kratzend“), moralisch ausdrücklich abwertend als „böse“ und
schwer auszumachen („grünschwarzschillernd wie das Wasser, darin er jagt“). Damit
wird zugleich die Verbindung zwischen dem Raum und den Eigenschaften der Lebewesen hergestellt, die sich in diesem Raum aufhalten. Die Beziehung zu Menschen
wird unter anderem in der Bezeichnung „Fischkönig“ hergestellt.
•
Die Kennzeichnung der zum Raum gehörenden Atmosphäre, die vor allem durch
Wahrnehmungen mehrerer Sinnesorgane erschließbar wird (Hitze, Fehlen des Windes, Farben, Geräusche, Gerüche).
Dazu müssten die Wortwahl, insbesondere der Adjektive und Substantive, der Satzbau
sowie Bilder und Vergleiche berücksichtigt werden.
Der Text wird ohne Nennung des Titels gegeben.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Begründete Erwartungen im Hinblick auf das weitere Geschehen.
•
Merkmale des Anfangs moderner Kurzgeschichten.
•
Wortfelder, Bedeutungslehre.
Aufgabenbeispiel 2
Thema der Prüfungsaufgabe
Interpretation einer Textstelle aus einer im Unterricht gelesenen Prosa-Ganzschrift
12
Aufgabenstellung
Interpretiere das Kapitel „Fahnen“ aus Ödon von Horvaths Roman „Jugend ohne Gott“,
indem du
•
den Gedankengang des Ich-Erzählers erläuterst
•
und dabei seine Erzählweise berücksichtigst.
Ödon von Horvath
Fahnen
Als ich am nächsten Tage erwache, wusste ich, dass ich viel geträumt hatte.
Ich wusste nur nicht mehr, was.
Es war ein Feiertag.
Man feierte den Geburtstag des Oberplebejers.
5
Die Stadt hing voller Fahnen und Transparente.
Durch die Straßen marschierten die Mädchen, die den verschollenen Flieger suchen, die
Jungen, die alle Neger sterben lassen, und die Eltern, die die Lügen glauben, die auf den
Transparenten stehen. Und die sie nicht glauben, marschieren ebenfalls mit. Divisionen
der Charakterlosen unter dem Kommando von Idioten. Im gleichen Schritt und Tritt.
10
Sie singen von einem Vögelchen, das auf einem Heldengrabe zwitschert, von einem Soldaten, der im Gas erstickt, von den schwarzbraunen Mädchen, die den zu Hause gebliebenen Dreck fressen, und von einem Feinde, den es eigentlich gar nicht gibt.
So preisen die Schwachsinnigen und Lügner den Tag, an dem der Oberplebejer geboren
war.
15
Und wie ich so denke, konstatierte ich mit einer gewissen Befriedigung, dass auch aus
meinem Fenster ein Fähnchen flattert.
Ich habe es bereits gestern Abend hinausgehängt.
Wer mit Verbrechern und Narren zu tun hat, muss verbrecherisch und närrisch handeln,
sonst hört er auf. Mit Haut und Haar.
20
Er muss sein Heim beflaggen, auch wenn er kein Heim mehr hat.
Wenn kein Charakter mehr geduldet wird, sondern nur Gehorsam, geht die Wahrheit, und
die Lüge kommt.
Die Lüge, die Mutter aller Sünden.
Fahnen heraus!
25
Lieber Brot, als tot! So dachte ich, als mir plötzlich einfiel: was denkst du da? Hast du es denn vergessen,
dass du vom Lehramt suspendiert bist? Du hast doch keinen Meineid geschworen und
hast es gesagt, dass du das Kästchen erbrochen hast. Häng nur deine Fahne hinaus,
13
huldige dem Oberplebejer, krieche im Staub vor dem Dreck und lüge, was du kannst - es
30
bleibt dabei! Du hast dein Brot verloren!
Vergiss es nicht, dass du mit einem höheren Herrn gesprochen hast!
Du lebst noch im selben Haus, aber in einem höheren Stock.
Auf einer anderen Ebene, in einer anderen Wohnung. Merkst du es denn nicht, dass dein
Zimmer kleiner geworden ist? Auch die Möbel, der Schrank, der Spiegel. - Du kannst dich
35
noch sehen im Spiegel, er ist immer noch groß genug - gewiss, gewiss! Du bist auch nur
ein Mensch, der möchte, dass seine Krawatte richtig sitzt. Doch sieh mal zum Fenster
hinaus!
Wie entfernt ist alles geworden. Wie winzig sind plötzlich die großen Gebieter und wie
arm die reichen Plebejer! Wie lächerlich!
40
Wie verwaschen die Fahnen!
Kannst du die Transparente lesen?
Nein.
Hörst du noch das Radio?
Kaum.
45
Das Mädchen müsste gar nicht so schreien, damit sie es übertönt.
Sie schreit auch nicht mehr.
Sie weint nur leise.
Aber sie übertönt alles.
Zum Text
von Horvath, Ö.: Jugend ohne Gott. Suhrkamp Taschenbuch 1063, Frankfurt/M. 1983, S.
112 f.
Unterrichtsvoraussetzungen
Trotz oder gerade wegen der Widersprüchlichkeiten des Romans (nur bedingt gelungene
Verknüpfung von kriminalistischen und metaphysischen Elementen, von pubertierenden
Jugendlichen mit dem faschistischen Zeitgeist) wird dieses 1937 kurz vor Horvaths Tod
erschienene Werk in den Rahmenrichtlinien mehrfach empfohlen. Die - kritische - Behandlung des Romans erweist sich als besonders fruchtbar in Zusammenarbeit mit dem
Geschichtsunterricht, dessen erste Schwerpunktthemen in Klasse 10 Faschismus und
Nationalsozialismus sind.
Nach der unterrichtlichen Lektüre sollte neben diesen inhaltlichen Voraussetzungen dem
Prüfling auch das dialogisch-dramatische Erzählverfahren Horvaths vertraut sein, das die
inneren Monologe des Ich-Erzählers bestimmt, wie auch die Reihung plakativer, aufs
14
Knappste verkürzter Sätze und das „spielerische“ Wechseln zwischen den Tempusgruppen.
Erwartete Leistungen
Mit diesem Hintergrundwissen sollte es dem Prüfling möglich sein, das kurze Kapitel
„Fahnen“, das im Unterricht nicht ausgespart, aber keiner Analyse unterzogen worden ist,
angemessen zu erläutern. Es nimmt eine Gelenkfunktion im Handlungsverlauf ein, da
nun der letzte Erzählblock einsetzt, die Aufdeckung der Wahrheit durch Verfolgung und
Überführung des Mörders T. und damit die Entlastung der beschuldigten Eva, von dem
Ich-Erzähler als innere Verpflichtung empfunden, wie es die letzten Zeilen verdeutlichen.
Bewusst wird in der Aufgabenstellung auf eine Einordnung dieses Kapitels in die Gesamthandlung verzichtet, um die Gefahr ausufernden Nacherzählens zu vermeiden.
Deutlich herausgearbeitet werden müssten der Denkprozess und damit die Entwicklung
des Ich-Erzählers: Verachtung der anderen, der „Charakterlosen“ (Z. 9), der „Schwachsinnigen und Lügner“ (Z. 13); dann die Rationalisierung des eigenen Mitläufertums, bis
mit der plakativ-appellativen Wendung „Lieber Brot, als tot! -“ (Z. 25) als Drehpunkt die
Einsicht in den Verlust der Voraussetzung für die Anpassung die Oberhand gewinnt; und
schließlich - etwas abrupt - die mahnende Erinnerung an die Anrufung durch Gott, die
erst die neue, distanzierte Sicht auf die Wirklichkeit und die daraus erwachsende Verpflichtung („Aber sie übertönte alles“, Z. 48) ermöglicht.
Differenzierte Ausführungen sind zum Erzähltechnischen zu erwarten: Aus der durch den
Tempuswechsel bewirkten Vermischung von berichtendem Erzählen und innerem Monolog, der durch Fragen und Ausrufe gar noch eine dialogische Struktur gewinnt, gilt es die
Abfolge der Gedankenschritte herauszuarbeiten. Herauszustellen wären ebenfalls der
Kontrast zwischen den längeren beschreibenden oder erläuternden Satzgefügen und den
(sie häufig) abschließenden schlagwortartigen Verkürzungen (Z. 9, 19 usf.) und ihrer zuspitzend dramatischen Wirkung, wie schließlich im Schlussteil des inneren Monologs die
immer knapper werdende dialogische Gegenüberstellung von Frage und Antwort, die in
kurze Indikativsätze mit Aussagen zu einer überhöhten, imaginierten Wirklichkeit münden.
Wie diese Verknüpfung von Form und Inhalt gelingt, bestimmt die Qualität der Prüfung
entscheidend mit. Sicher aber lassen diese formalen Aspekte Ansätze für das Prüfungsgespräch offen.
15
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Beurteilung des erzähltechnischen Verfahrens (kleine szenische Kapitel, locker gefügt) im Vergleich zu anderen aus dem Unterricht (Klasse 9) bekannten Erzählsituationen (personal: Kurzgeschichten; auktorial: „Schimmelreiter“ o.ä.).
•
Beitrag des Romans zum Verständnis der Epoche des Nationalsozialismus im Vergleich mit wissenschaftlich darstellender oder auch anderer fiktionaler Literatur zu
dem Thema.
•
Wertende Einschätzung des Romans auch vor dem Hintergrund seiner anderen
Themen, z. B.: Verhältnis Lehrer/Schüler; Charakterisierung der (unterschiedlichen)
Jugendgruppen und ihres Verhaltens; Darstellung der Beziehung zwischen den Geschlechtern.
Aufgabenbeispiel 3
Thema der Prüfungsaufgabe
Strukturierende Inhaltsangabe
Aufgabenstellung
1. Formuliere die zentrale These des Textes.
2. Gib den Text in seinen wesentlichen Aussagen wieder und mache dabei seine argumentative Struktur sichtbar. Löse dich, soweit sinnvoll, vom Wortlaut der Textvorlage.
Gregor Glaubganz
Der Niedergang unserer Sprachkultur
Die Sprache ist zu allen Zeiten als eine der bedeutendsten Errungenschaften im Verlauf
der Menschheitsgeschichte gewürdigt worden. Sie gibt immer Auskunft über den Stand
einer Kultur. Verkommt die Sprache, so verkommt die Kultur, erreicht die Sprache ein
Höchstmaß an Differenziertheit, so ist dies ein Anzeichen für die Verfeinerung des
5
menschlichen Umgangs in der jeweiligen Gesellschaft. Kurz gesagt: Wer grob spricht, ist
grob, wer fein spricht, ist feinsinnig und klug.
In den letzten Jahren ist die Entwicklung der deutschen Sprache eindeutig im Niedergang
begriffen, und das vor allem bei der gesellschaftlichen Gruppe, von der unser aller Zukunft bestimmt wird: der Jugend. Noch niemals in unserer Geschichte verfügten junge
10
Menschen so wenig über die vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten, die unser Hochdeutsch
bietet, wie heute. Gesprochene Sprache von Jugendlichen lässt jedes grammatikalische
Regelwissen vermissen. Sprachliche Äußerungen sind dahingeschludert und oftmals völ-
16
lig unverständlich. Die zunehmende Gewaltbereitschaft der Jugend zeigt sich z. B. darin,
dass es für die hochdeutschen Wörter „schlagen“ und „raufen“ mehr als 39 verschiedene
15
Begriffe in der Jugendsprache gibt, die hier nicht alle aufgezählt werden können; als Beispiele seien nur genannt: „frikassieren“, „weich klopfen“ und „abklatschen“. Es sind dies
Wörter, die es laut Duden überhaupt nicht oder aber in dieser Bedeutung nicht gibt. Auffallend ist auch, dass Jugendliche, wenn sie nach der Bedeutung eines Begriffes, den sie
selber gebrauchen, gefragt werden, nicht eindeutig antworten können. So etwa lässt sich
20
nicht ausmachen, ob „coole Sau“ anerkennend oder als Beleidigung zu verstehen sei.
Die Art, wie Jugendliche miteinander sprechen, macht ein Gespräch mit den Vertretern
der älteren Generation nicht mehr möglich; damit wird eine Verständigung über die Altersgrenzen hinweg verhindert.
Schlimm wirkt sich auch die Neigung der Jugendlichen aus, in jedem Augenblick neue
25
Wörter und Begriffe zu schaffen: Glaubt man nach vielen Mühen, ihre Sprache verstanden zu haben, ist sie schon überholt.
Zum Text
Der Text ist von einem Lehrer unter dem Pseudonym Glaubganz, Gregor für Unterrichtszwecke verfasst worden. In: Schriftenreihe Schule in NRW, Nr. 9028/1, S. 46 f.
Unterrichtsvoraussetzungen
Rahmenrichtliniengerecht ist im Unterricht das Thema „Sprachnorm und Sprachwandel“
behandelt worden; dazu sind insbesondere Sprachvarietäten im Bereich Jugendsprache
in ihrer Wandelbarkeit und in ihrer Abhängigkeit vom sozialen und situativen Kontext untersucht worden. Auf die Methoden der Wiedergabe von Sachtexten sowie der argumentativen Stellungnahme können die Schülerinnen und Schüler ebenfalls zurückgreifen.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Der Autor behauptet, die Jugendsprache, von ihm pauschaliert, sei ein Anzeichen für die
wachsende Unkultur der Gesellschaft und beeinträchtige deren Kommunikationsfähigkeit.
Zu Aufgabe 2
Behauptung, Sprache und Kultur korrelierten positiv wie negativ. Behauptung des Verfalls
der deutschen Sprache, vor allem bei der die Zukunft bestimmenden Jugend. Bestätigende Symptome: Differenzierungsverlust im Hochdeutschen, Verstöße gegen die
grammatikalische Norm bei Jugendlichen. Behauptung der Korrelation zwischen der zunehmenden Gewaltbereitschaft der Jugend und der Ausdifferenzierung des Bedeutungsfeldes „Streit“ in der Jugendsprache (Beispiele). Neues Indiz für Sprachverfall: Uneindeu17
tigkeit (Beispiel). Folge: Verständigungsverlust zwischen den Generationen, verstärkt
durch die Kurzlebigkeit jugendlicher Sprachmoden.
Wesentlich für eine gute Wiedergabeleistung sind: inhaltliche Richtigkeit, Kennzeichnung
der Autorschaft (Konjunktiv 1), Unterscheidung gedanklicher Schritte.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Argumentative Stellungnahme zur Hauptthese bzw. zu Einzelaspekten.
•
Soziale Sondersprachen und ihre Ursachen.
•
Wandel von Sprachnormen.
•
Einfluss der situativen Komponenten auf die Kommunikation.
3.1.2 Englisch
Fachbezogene Hinweise
Die mündliche Überprüfung im Fach Englisch zielt auf den Nachweis folgender Kenntnisse und Fertigkeiten:
•
selbstständiges inhaltliches Erfassen einer mittelschweren Textvorlage,
•
Inhaltswiedergabe einer Textvorlage und/oder Beschreibung einer visuellen Vorgabe
in einem zusammenhängenden Vortrag in der Zielsprache (falls die Vorbereitungsbedingungen dies ermöglichen, können auch Audio- und Videovorgaben verwendet
werden),
•
Äußern einer begründeten Stellungnahme zu vorgegebenen Sachverhalten, Meinungen und Einstellungen,
•
angemessenes Reagieren im Dialog,
•
aktives Beherrschen grundlegender grammatikalischer Erscheinungen der Zielsprache (z. B. Zeiten und Satzbaumuster),
•
sicheres Anwenden des Grundwortschatzes und themenspezifischer Wortfelder aus
der Arbeit des Jahrgangs 10,
•
Beherrschen von Redemitteln zur Verdeutlichung kommunikativer Absichten (z. B.
Kommentar, Zustimmung, Kritik).
Zu weiteren Einzelheiten vgl. auch die Handreichungen Fachbezogene Leistungsüberprüfungen für das Gymnasium. Schuljahrgang 10. Englisch, herausgegeben vom
Niedersächsischen Kultusministerium (Februar 2000).
18
Die mündliche Überprüfung im Fach Englisch bietet in besonderer Weise die Chance, die
Ergebnisse eines Fremdsprachenunterrichts zu dokumentieren, der nach den Prinzipien
von Kommunikation, Kreativität und medialer Vielfalt gestaltet ist.
In diesem Sinne basieren die nachfolgenden Aufgabenbeispiele jeweils nicht nur auf einem Lesetext, sondern zusätzlich auf Bildimpulsen bzw. einem Hörtext, den die Schülerinnen und Schüler z. B. mit Hilfe eines Kassettenspielers auch im Rahmen individueller
Prüfungsvorbereitung erschließen können.
Die Aufgaben zielen auf Texterfassung und Stellungnahme und beziehen in allen Fällen
auch kreative Anteile ein. Formale Aspekte der jeweiligen Vorlagen werden nicht thematisiert, da dieser Aufgabentyp eher im Unterricht der gymnasialen Oberstufe seinen Platz
hat.
Bei dem ersten und zweiten Beispiel handelt es sich jeweils um Einzelprüfungen. Das
dritte Beispiel dagegen stellt eine Gruppenprüfung dar. Dieser Typ von Überprüfung lässt
sich in besonderer Weise nutzen, um dialogisches Sprechen zwischen den Prüflingen zu
initiieren und damit einem spezifischen Ziel des fremdsprachlichen Unterrichts Rechnung
zu tragen.
Erreicht wird dieses bei dem vorliegenden Beispiel durch Erzeugen einer möglichst authentischen
Kommunikationssituation:
Die
Prüflinge
erhalten
unterschiedliche
Materialvorlagen, über die sie sich im Prüfungsgespräch im Idealfall weitgehend
selbstständig austauschen. Die jeweils erste Frage an den Partner/die Partnerin erfordert
eine längere Antwort, so dass damit den allgemeinen Vorgaben für die mündliche
Überprüfung Rechnung getragen wird (zusammenhängender Vortrag zu Beginn). Der
Prüfer/die Prüferin kann helfend eingreifen, wenn der Kommunikationsfluss zwischen den
Prüflingen ins Stocken gerät, und sich in der Schlussphase systematisch durch Einführen
neuer Aspekte einschalten.
Aufgabenbeispiele
Aufgabenbeispiel 1
Aufgabenart
Text und Bildimpuls
19
Assignments
1. Read aloud lines 1 to 11.
2. Describe the photo and summarize the events in Montgomery, Alabama, as outlined
in the text.
3. Imagine that after some moments of embarrassing silence Rosa Parks and the white
man sitting behind her start a conversation.
White man: ‘How does it feel to sit in the front of the bus? Did you finally get what you
wanted?’
Now it is your turn! Give Rosa Parks’ answer; say how you feel; you should also talk
about what has been achieved and about what still remains to be done!
(Your teacher will interrupt you, taking the white man’s role!)
Photo
Rosa Parks finally takes a seat in the front of the bus after the Supreme Court ruled bus
segregation illegal
20
Text
1955 - The Dream Begins
When Rosa Parks said her firm and profoundly significant ‘No’, it united the long-patient
blacks of Montgomery, Alabama, in an almost volcanic show of solidarity.
Parks, 42, had refused a bus driver’s order to give up her seat to a white rider. Throughout the South such degrading discrimination was common practice and, indeed, the law.
When Parks hung tough, she was arrested and charged with violation of city ordinance.
Her simple act, though not the first of its kind, united the 45,000 blacks of Montgomery
(population 120,000) in a successful massive resistance that finally caught the attention
of the whole country. With the help of ministers and other prominent black citizens, the
local members of the National Association for the Advancement of Coloured People
(NAACP) organized a boycott of the city buses that lasted more than a year. It ended only
after the United States Supreme Court affirmed a lower court ruling that segregation on
the buses was illegal.
Until that victory, Montgomery blacks walked to work or rode in carefully scheduled taxi
and car pools.
Leadership of the boycott was soon given to Martin Luther King Jr., a new 26-year-old
minister in town whose preaching of nonviolence in the face of white threats, bombings,
and jailings made his people again and again so determined and enthusiastic that one
reporter said:
‘They were on fire for freedom’.
from:
The Generation of Change - The Civil Rights Movement in America, USIA 1989,
p.1 (slightly simplified).
Photo: Goin‘ Down That Road: The African-American Journey. Cornelsen Senior English
Library, Berlin 1996, p. 29.
Annotations
volcanic - sudden and violent, like the eruption of a volcano (‘Vulkan’)
to hang tough (AE) - to remain brave and determined in a difficult situation
ordinance (AE) - a law of a city or town that forbids sth.
to affirm - to state (publicly) that sth. is true
to schedule - to plan, to organise
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Eignung dieser Textvorlage liegt in ihrem angemessenen sprachlichen und inhaltlichen Schwierigkeitsgrad. Sie stellt in gut überschaubarer, klar verständlicher Form und
21
Sprache ein in sich geschlossenes Ereignis aus der Zeit der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung dar.
Inhaltliche Voraussetzung für diese Aufgabenstellung ist die Behandlung von Minoritäten
in den USA und ihr Kampf um die Gleichberechtigung, wie sie z. B. in English G, A 6 Unit 2 (“Blacks in America”) oder Password Green 6 - Topic 2 (“Human Rights”) thematisiert werden.
Ferner sollten bei der Dialogschulung im Unterricht Bildimpulse als Sprechanlässe genutzt worden sein. ‘Sprechende Bilder’, die wie hier einen historisch-landeskundlichen
Hintergrund haben können, bieten den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit, sich
in bestimmte Rollen einzufühlen und diese dann in (dialogische) Sprachhandlungen umzusetzen.
(In Green Line New 6 - Unit 2 ‘Liberty and Equality’ - wird der Montgomery Bus Boycott
auf S. 29 beschrieben. Insofern ist dieses Aufgabenbeispiel nicht geeignet für Lerngruppen, die mit Green Line New gearbeitet haben bzw. den Montgomery Bus Boycott im Unterricht behandelt haben.)
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Korrektes, sinngliederndes Lesen mit angemessener Intonation und richtiger Aussprache.
Zu Aufgabe 2
Die Beschreibung des Fotos (mit korrektem Gebrauch der Verlaufsform) und die prägnante, klar gegliederte Zusammenfassung der Ereignisse in Montgomery nebst ihren
Auswirkungen und Konsequenzen für die Zukunft (mit korrektem Gebrauch der Tenses).
Zu Aufgabe 3
Dialogfähigkeit (mit sprachlich angemessenen Reaktionen auf Einwürfe/Kommentare der
Lehrkraft, die die Rolle des weißen Mannes in dem Bild übernimmt); die inhaltlich korrekte Wiedergabe der Ziele und Errungenschaften der Bürgerrechtsbewegung (soweit im
Unterricht behandelt).
Themen für das Prüfungsgespräch
Das weitere Prüfungsgespräch kann sich abschließend beziehen auf Martin Luther King
Jr., die heutige Situation der African Americans, berühmte schwarze Sportler oder Künstler (z. B. Sänger/Schauspieler), die dem Prüfling bekannt sind und den/die er besonders
mag.
22
Aufgabenbeispiel 2
Aufgabenart
Lese- und Hörverstehenstext (Einzelprüfung)
Assignments
1. Describe the problem as outlined in the newspaper article.
2. Steve’s parents “want the best” for their son and have done a lot for him. What might
have been their reasons?
3. Imagine you are Steve. Someone asks you “Hey Steve, what’s the matter - don’t you
like your tennis any more?” Explain your situation and your feelings.
For Reading Comprehension (newspaper article)
SMASH-HIT STEVE NOT GOOD ENOUGH: FANS DISAPPOINTED
Top tennis hope Steve Clifford is back from Wimbledon already! After all those wins at
tournaments all over Britain earlier this year, he seemed ready for Wimbledon. But no. He
has not even qualified. What a disappointment for all his fans! Now Wimbledon fortnight
will start without him.
WHAT WENT WRONG?
Sixteen-year-old Steve has had all the chances. He started tennis soon after he learnt to
walk, and he began to play in children’s tournaments at the age of eight. Parents Michael
and Joan, owners of Cliffords Fast Foods Co., are both tennis players themselves. They
have done everything they can for Steve. Private tennis court, tennis lessons every day
with his own coach. And, of course, they drive him to all his tournaments. “Yes, I suppose
we’re a bit disappointed,” Joan said yesterday afternoon. “Everyone expected Steve to
qualify.” Steve’s dad tried to look on the bright side. “He’s still got plenty of time,” he said.
“After all, he’s only sixteen."
NERVOUS
But has Steve really got the right temperament to make a great player? Can he stand the
pressure? “I was nervous,” he said after the match in which he was beaten by an unknown American. “I missed a lot of easy shots.” One thing is certain. Steve Clifford still
has a long way to go.
For Listening Comprehension (dialogue)
A week later. Steve was on the way home from school with his girl-friend, Anne Murray.
“What’s the matter with you, Steve?” said Anne. “Why don’t you say anything?”
23
“I’m all right.”
“Are you still fed up about last week?”
“Wimbledon, you mean? No. No, I’m not fed up about that any more. I played badly. I
couldn’t expect to win.”
“Well, what is it then?”
“Nothing! Leave me alone.”
“Oh, come on, Steve. Something’s worrying you. - Is it all those reporters? The interviews
and things?”
“They’re bad enough! - No, it’s more than that. Oh, I don’t know.”
“Are you having trouble at home? Were you parents terribly disappointed? You know
when you didn’t qualify?”
“Oh, they were OK about it.”
“Are you practising again this evening?” Steve nodded. He kicked a stone into the road.
“Sometimes I hate it all!”
“But I thought - but Steve! You’ve always been so keen on tennis!"
“I know! Tennis is great. But sometimes - I don’t know. I can’t stand it any more! You
know - the feeling that they all expect me to win.”
“The public? Don’t worry about them!”
“No, I mean my parents. My coach, too.”
“They only want the best for you, I suppose.”
“That’s the trouble! ‘Don’t look back.’ That’s what they say. ‘Don’t worry. The sun will
come up again tomorrow, remember!’ But all the time I know what they’re thinking. They
want to see me at the top. I know that. That’s the only thing that matters to them.”
“But Steve -”
“It’s true. - Anyway, I’m not enjoying my tennis much at the moment.”
from: Learning English: Green Line 3. Klett, Stuttgart 1994, S. 92.
(Beide Texte finden sich auf der zum Buch gehörenden Schülerkassette.)
Unterrichtsvoraussetzungen
Die schriftliche Textvorlage und der Hörtext sind klar aufeinander bezogen und sprachlich
eher einfach. Sie behandeln die Themenbereiche sport/leisure activities, professional vs.
amateur sport, die erfahrungsgemäß auch im Unterricht thematisiert werden und den
Schülerinnen und Schülern vielfältige Identifikationsmöglichkeiten und damit Sprechanlässe bieten.
24
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Sixteen-year-old tennis hope Steve has not fulfilled the high hopes which his fans and
parents put in him. He failed to qualify for Wimbledon because he was beaten by an unknown American player. From his own explanation the reader gets the impression that
Steve has problems coping with the pressure of professional tennis.
Zu Aufgabe 2
Various explanations are possible. Being tennis players themselves, Steve’s parents may
have discovered their son’s talent at an early stage and just wanted to help him develop
his potential and give him the chances they themselves did not have. Another possible
explanation is that Steve’s parents were over-ambitious and/or wanted to become famous
through their son’s success.
Zu Aufgabe 3
“I like my tennis all right but that Wimbledon qualification was just too much for me. I
couldn’t stand the pressure with everyone expecting me to come out top. What really
makes me feel bad is my parents’ and my coach’s reaction. They pretend they don’t mind
at all and keep telling me that the sun is bound to come up again, but I know they don’t
mean it - I’ve disappointed them.”
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Parents’ real motives and feelings.
•
Pressure on young people in general.
•
Problems of professional sport.
•
Celebrities and the media.
Aufgabenbeispiel 3
Aufgabenart
Text und Bildimpuls (Zweierprüfung)
Worksheet for Student 1
Assignments
Carefully read your text and make up your mind whether you agree with the author’s view
or not. Then take a close look at your picture so that you can describe it to someone else.
25
Later your partner and you will interview each other with the help of the following questions.
You begin by asking question No 1. Your partner will answer it and then ask you his/her
question No. 1 (you have different worksheets!). Ideally this should lead to a discussion of
each pair of questions. So do not answer just “yes“ or “no”, as this would make it difficult
for your partner to respond.
Feel free to ask your partner to clarify his/her point if you do not find the answers
satisfactory.
Your interview questions (you begin the interview)
1. What is your text about? Do you think it characterises today’s TV correctly?
2. Do you remember one of the first books you ever read? Tell me about it.
3. What would you prefer: to read a book or to watch the film the book is based on? Can
you give examples?
4. Do you think that it is a good idea to have free TV financed by advertising and having
to attract as many viewers as possible?
5. Do you use the Internet? What for?
6. Do you prefer being taught by a teacher in a traditional classroom or would you rather
study on your own using a computer?
7. Briefly describe the picture on your worksheet to give your partner a first impression
of what it shows. He/she will do the same. Then ask each other more detailed questions to find out the general ideas behind your pictures.
Your text
A teacher complains that her pupils do not read any more:
“... Mom and Dad come home, microwave dinner and still have to take care of the kids.
Sure, they can read. But do they? No - they turn on cable television or rent a videotape.
I recently met with a teen-age student’s mother. To distract her younger daughter, she
told her; ‘Go play your Dinosaur book.’ Will the child learn to read from a taped ‘book’ that
reads to her? Will she learn anything about the joys and wonders of reading?
I bet not. Today’s students can watch a movie in class without losing interest, but reading
is boring. It requires an attention span that many of them don’t have. It doesn’t come with
visual effects, and this generation has never developed the imagination to make it exciting.
Annotations
distract – (ablenken)
26
Dinosaur book – audiotape, not a real book
Your picture
Text
Eleven: Ausgabe A. Cornelsen, Berlin 1994, p. 57.
Photo
Der Fremdsprachliche Unterricht Englisch. Heft 1/2001, p. 6.
Worksheet for Student 2
Assignments
Carefully read your text and make up your mind whether you agree with the author’s view
or not. Then take a close look at your picture so that you can describe it to someone else.
Later your partner and you will interview each other with the help of the following questions.
Your partner begins by asking question No 1. You will answer it and then ask him/her
your question No. 1 (you have different worksheets!). Ideally this should lead to a discussion of each pair of questions. So do not answer just “yes“ or “no”, as this would make it
difficult for your partner to respond.
27
Feel free to ask your partner to clarify his/her point if you do not find the answers
satisfactory.
Your interview questions (your partner begins the interview)
1. What is your text about? Do you think the author is right?
2. Do you remember being read to? What was it?
3. Have you ever read an ‘unputdownable’ book or seen a film several times?
4. What do you think about the statement: ‘The more TV channels the better’?
5. Have you ever heard of or perhaps even been in an Internet chatroom? Do you think
they are a good idea?
6. What are the advantages of learning by yourself from a media machine?
7. Briefly describe the picture on your worksheet to give your partner a first impression
of what it shows. He/she will do the same. Then ask each other more detailed questions to find out the general ideas behind your pictures.
Your text
Last week I was at a friend's house watching a show with his son. The villain was making
a time bomb out of four sticks of dynamite and an alarm clock. The bomber was meticulous in assembling the pieces, and the young man said, “Hmm. So that's how it's done.”
“What do you mean?” I asked him.
“I never knew how to make a time bomb before. It's a snap.”
“Why would you want to make a bomb?”
“To blow up a safe. Last night I saw a program about a bank, and they showed how you
could break into it through the roof. But they couldn't get the safe open. I'll bet you with
this bomb they could have done it.”
“Didn't the bank have a night watchman?”
“Yeah, but they demonstrated how you could knock him out with one karate blow to the
throat. You see, you take the palm of your hand and you go chop like this. -“
“Never mind,” I said.
“Of course, if you don't want to use karate, there's a weapon now with two sticks and a
piece of wire, and you throw it around the guy's neck and squeeze, and it's 'Good-bye,
Charley.”
“Where did you see that?”
“On some police show. This guy was really crazy. He killed about six people before they
got him.”
[...]
“Do you learn anything from television except how to commit a crime?”
28
“I saw a girl shooting up heroin two days ago but it turned me off.”
“That’s nice.”
Annotations
villain – criminal
meticulous – careful
a snap – very easy
blow – (Schlag)
palm – (Handfläche)
it turned me off – I didn’t like it
Your picture
Text and Cartoon from
Ulmer, G., Rieger, V. ed. People: Human Dimensions in Britain and America. Diesterweg,
Frankfurt 1979, p. 150.
Unterrichtsvoraussetzungen
Im Unterricht müssen ein Grundwortschatz zum Thema the Media bereitgestellt sowie
Probleme, die sich aus Kommerzialisierung und Programmvielfalt des Fernsehens ergeben, in den Grundzügen diskutiert worden sein.
Mindestens ebenso wichtig sind jedoch die Schulung des dialogischen Sprechens und
die weitgehend freie Interaktion innerhalb der Lerngruppe als durchgängige Unterrichtsprinzipien, damit die Aufgabe von den Schülerinnen und Schülern erfolgreich bearbeitet
werden kann.
29
Erwartete Leistungen
Die Schülerinnen und Schüler zeigen ihr Textverständnis und die Beherrschung eines
themengebundenen Wortschatzes.
Der Schwerpunkt dieser Überprüfung liegt allerdings auf dialogtypischen Kenntnissen
und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler. Dazu gehören u.a. gezieltes Fragen,
adressatenorientiertes Antworten, Vertreten einer eigenen Meinung, Äußern von Zustimmung/Ablehnung, Hinterfragen, Strategien zur Aufrechterhaltung des Kommunikationsflusses.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Persönlicher Umgang mit unterschiedlichen Medien.
•
Vergleichende Bewertung von Medien.
•
Ausblick auf künftige Entwicklungen.
3.1.3 Französisch
Fachbezogene Hinweise
Die mündliche Überprüfung im Fach Französisch zielt auf den Nachweis folgender
Kenntnisse und Fertigkeiten:
•
Inhaltswiedergabe einer Text- bzw. Hörtextvorlage oder Beschreibung einer visuellen
Vorlage in einem zusammenhängenden Vortrag in der Zielsprache bzw. Umsetzung
einer kreativen Aufgabenstellung in einem zusammenhängenden Vortrag in der Zielsprache,
•
Äußern einer begründeten Stellungnahme zu vorgegebenen Sachverhalten, Meinungen oder Einstellungen,
•
angemessenes Reagieren im Dialog, z. B. auch in einer simulierten Kommunikationssituation,
•
Beherrschen grundlegender Satzmuster in der Zielsprache,
•
weitgehend korrektes Handhaben der wichtigsten Zeiten und Modi,
•
aktives Beherrschen themenspezifischen Vokabulars aus der Arbeit des Jahrgangs
10.
Zu weiteren Einzelheiten vgl. auch Fachbezogene Leistungsüberprüfungen für das Gymnasium. Schuljahrgang 10. Französisch, herausgegeben vom Niedersächsischen Kultusministerium (Februar 2000).
30
Die mündliche Überprüfung im Fach Französisch stellt die Schülerinnen und Schüler
zwar in eine völlig neue Situation, bietet ihnen aber die Möglichkeit, ihre kommunikativen,
aber auch kreativen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Gleichzeitig erschließen sie unterschiedliche Medien.
Diesem Umstand tragen die vorgelegten Aufgabenbeispiele Rechnung, indem sie Bildimpulse, Lese- und Hörtexte von den Schülerinnen und Schülern bearbeiten lassen. Dabei
geht es vor allem um Texterschließung und Stellungnahme, nicht um Beschreibung formaler Aspekte der jeweiligen Vorlagen. Die Beispiele verdeutlichen auch, dass Aufgabenstellungen nicht zu umfangreich sein und in einem angemessenen Verhältnis zur
Vorbereitungs- und Prüfungszeit stehen sollten.
Das erste und das zweite Beispiel sind für Einzelprüfungen, das dritte Beispiel für eine
Gruppenprüfung konzipiert. In der (Zweier-)Gruppenprüfung lässt sich eine Interaktion
zwischen den Gesprächspartnern initiieren. Dadurch wird dem kommunikativen Lernziel
des zielsprachigen Unterrichts Rechnung getragen.
Aufgabenbeispiele
Aufgabenbeispiel 1
Aufgabenart
Bildimpuls und Text (Einzelprüfung)
31
Devoirs
1. Décris ce que tu vois sur le dessin.
2. Lis le texte suivant (Compte) et dis ce que tu as compris.
3. Explique de quoi l’enfant a peur.
Texte
Compte
Je suis entré dans le salon. Ma mère lisait un magazine. Elle n’a pas levé les yeux, elle
ne m'a pas regardé.
Je me suis dit: Je compte jusqu’à vingt. Si à vingt, elle ne m'a pas adressé la parole, je
fais mon baluchon et je disparais pour toujours. Je le jure.
Un... deux... trois... quatre... cinq...
Je sais bien qu’elle ne m’aime pas.
Six... sept... huit... neuf...
Si je n’existais pas, elle pourrait sortir, s’amuser, se remarier peut-être.
Dix... onze... douze... treize...
L’autre jour, j’ai entendu ce qu’elle disait à sa copine Annie. «J’ai beaucoup de soucis
avec lui.» Voilà ce qu’elle a dit.
Quatorze... quinze... seize...
32
Ça fait des mois qu’elle ne m’a pas embrassé.
Dix-sept... dix-huit...
Cette nuit, elle a pleuré.
Dix-neuf... dix-neuf... dix-neuf...
Maman... maman...
Dix-neuf... vvv...
-
Mais qu’est-ce que tu fais là? File te coucher!
Il était temps...
Merci, maman!
Extrait de
Friot, B.: Histoires pressées, Éd. Milan 1991, p. 70-72.
Annotations
adresser la parole à qn - parler à qn
faire son baluchon – (sein Bündel schnüren, sich reisefertig machen, weggehen)
file te coucher - va te coucher
Unterrichtsvoraussetzungen
Das Bild ist gut zu erfassen und der Text ist inhaltlich und sprachlich eher einfach gestaltet, da er die Gedanken eines Kindes wiedergibt. Bild und Text eignen sich deshalb gut
für eine mündliche Prüfung.
Sie betten sich ein in Unterrichtsreihen über „Leben in der Familie“ und „zwischenmenschliche Beziehungen“ (vgl. Rahmenrichtlinien für das Gymnasium. Klassen 7-10.
Französisch. S. 9 f), Themen, welche auch die gängigen Lehrwerke für die Klasse 10 enthalten.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Un petit garçon devant une porte, un ascenseur (?) Il porte un pantalon, un pull, des
baskets. Et il voit/rêve de(s) chiffres. Les chiffres vont de 14 à 20. Les chiffres sont imprimées de façon différente. On voit trois fois le dix-neuf et on a l’impression que les chiffres deviennent de plus en plus importants, peut-être même dangereux, quand on regarde le petit garçon qui semble avoir peur/qui semble être triste. L’élève peut penser
que l’enfant a peut-être peur des notes qui vont de 0 à 20, mais, dans ce cas-là, ce seraient de très bonnes notes.
33
Zu Aufgabe 2
C’est le petit garçon qui raconte l’histoire lui-même. Il vit seul avec sa mère et il a
l’impression qu’elle ne l’aime plus. Alors, il essaie d’attirer son attention sur lui. Il entre
dans la salle de séjour, mais comme il est timide, il ne lui parle pas. Il reste à l'entrée du
salon. Il veut compter jusqu’à vingt. Pendant qu’il compte, il fait des réflexions sur les
raisons pourquoi il croit devoir attirer l’attention de sa mère sur lui.
Zu Aufgabe 3
Il pense qu’elle ne l’aime pas.
•
Il a peur de la perdre (elle pourrait sortir sans lui, se remarier).
•
Il ne comprend pas pourquoi elle se fait des soucis. («cette nuit, elle a pleuré»).
•
Elle ne l’a pas embrassé depuis des mois.
A la fin, il est content qu’elle ait réagi, même si c’est de manière négative.
Bewertung
Bewertet wird die sprachlich angemessene und inhaltlich komplexe Wiedergabe des Bildbzw. Textinhalts sowie das Begründen der Handlung des Icherzählers in möglichst verständlicher und flüssiger Darstellung.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Mère(s) et fille(s)/mère(s) et fils.
•
Les années ado.
•
Des parents divorcés.
Aufgabenbeispiel 2
Aufgabenart
Hörtext mit Bildimpuls (Einzelprüfung)
34
Devoirs
1. Regarde la photo et décris ce que tu vois.
2. Avant d’écouter le texte, lis les explications suivantes:
Bertrand de Broc – nom d’un sportif
un concurrent – ici: un participant à la course à la voile
une course à la voile en solitaire – une course de bateaux à voile avec une seule personne à bord
Kerguelen – nom d’un groupe d’îles françaises du sud de l’océan Indien
le PC = le poste de commandement
Quimper – nom d’une ville de Bretagne
blessé,e – (verletzt)
le télex – un moyen de communication écrite qui a été remplacé par la télécopie (fax) et
le message électronique (e-mail)
la langue – (hier: die Zunge)
la radio de bord – (hier: das Bordfunkgerät)
3. Maintenant écoute le texte «Opération par télex» en prenant des notes. Réponds ensuite aux questions suivantes:
35
a) Qui est Bertrand de Broc?
b) Qui sont Anne Tanguy et Loïc?
c) Où se trouvent-ils?
d) Pourquoi est-ce que Bertrand de Broc envoie un télex?
e) Qu’est-ce que le docteur demande de faire à Bertrand de Broc?
f)
Comment est-ce qu’elle peut le joindre?
4. Imagine ce que Anne Tanguy peut dire à Bertrand de Broc. Pense au titre du texte.
Hörtext (nicht für den Prüfling bestimmt)
La narratrice: C’est une histoire vraie que nous allons vous raconter, l’histoire d’un sportif,
Bertrand de Broc, et de sa passion pour la mer... Cette histoire, on pourrait l’appeler «De
Broc ou le courage». Parce qu’il lui a fallu encore plus de courage qu’aux autres concurrents de cette course à la voile en solitaire autour du monde. Tout avait très bien commencé pour Bertrand de Broc qui, après plusieurs jours de course, était deuxième. Il se
trouvait alors aux îles Kerguelen, à 4000 km des côtes d’Afrique et d’Australie. Son moral
était bon, malgré le mauvais temps, un mauvais temps qui se transformait peu à peu en
tempête. Le jour où l’accident est arrivé, il y avait des vagues de 12 à 15 mètres de haut.
Ce jour-là, à 18 heures, le bateau semblait voler comme un surf à l’intérieur d’une
énorme vague.
(Bruit)
Maintenant, nous sommes au PC de la course, à Quimper en Bretagne. Le docteur Anne
Tanguy, le médecin de la course, vient d’arriver dans le bureau de Loïc, responsable de
la communication avec les concurrents.
Loïc: Un des concurrents est blessé, docteur.
Anne Tanguy: C’est qui?
Loïc: Bertrand de Broc.
Anne Tanguy: Et qu’est-ce qu’il a? C’est grave?
Loïc: Je vous lis le texte de son télex. Nous l’avons reçu à 18 h 30: «J’ai une blessure à
la langue. Je perds beaucoup de sang. Qu’est-ce que je dois faire? Signé: Bertrand de
Broc.»
Anne Tanguy: Les concurrents sont en pleine tempête, n’est-ce pas?
Loïc: Oui. Il a sûrement reçu quelque chose sur le visage ou sur la tête.
Anne Tanguy: Bon. Loïc, tout d’abord, on va lui envoyer un télex. Et ensuite, il faudra essayer de le joindre par la radio de bord. Alors, voici le texte du télex: «Décrivez votre
blessure.»
Loïc (tapant le texte): «... votre blessure.»
36
Anne Tanguy (poursuivant): «Signé: Docteur Anne Tanguy.»
Loïc(achevant de taper le texte): «... Anne Tanguy.» OK. Ça part.
Anne Tanguy: Maintenant, essayez de le joindre par radio, s’il vous plaît. Ce serait tout
de même plus facile.
Loïc: Oui, mais peut-être qu’il ne pourra pas parler. Sa langue...
Anne Tanguy: Il pourra au moins m’entendre.
Loïc: D’accord, j’essaie. Qu’est-ce que vous allez lui dire?
Anne Tanguy: Ce que je vais lui proposer ne sera pas très agréable, mais il n’y a pas
d’autre solution.
Source
Études Françaises. Découvertes. Band 4. Série verte. Lehrerbuch. Klett, Stuttgart, p. 146
f. Der Text ist auf der Lehrerkassette verfügbar.
Photo
Études Françaises. Découvertes. Band 4. Série verte. Klett, Stuttgart, p. 84.
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Schülerinnen und Schüler müssen vom Unterricht her mit Hörverstehensübungen
vertraut sein, wie sie im Übrigen auch die Rahmenrichtlinien vorschreiben. Zu den zu
bewältigenden Textarten gehören auch Gespräche, insbesondere Telefonate und andere
Formen der Telekommunikation.
Die Geschichte, von der hier nur der erste Teil vorgestellt wird, eignet sich vom Thema
her und auf Grund ihres lebendigen Charakters für eine Überprüfung des Global- und gelenkten Detailverstehens. Das Thema lässt sich entsprechend der Rahmenrichtlinien in
verschiedene Kontexte einbetten: Sport, zwischenmenschliche Beziehungen, Personen.
Das Thema „Sport“ (hier allerdings mit seinen Verletzungsrisiken) bietet zahlreiche
Sprechanlässe. Außerdem ermöglicht es eine Erweiterung in Richtung auf Freizeit und
Ferien.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Sur la photo, on voit un grand bateau à voiles en mer. Il fait du vent, parce que le bateau
s’avance vite vers nous. A l’avant du voilier, on voit un homme qui range les voiles et les
cordes.
Zu Aufgabe 2
---.
37
Zu Aufgabe 3
a) C’est un sportif. Il fait de la voile en solitaire autour du monde. Il se trouve aux îles
Kerguelen, entre l’Afrique et l’Australie.
b) Anne Tanguy est le médecin de la course. Loïc est responsable de la communication
avec les concurrents.
c) Ils se trouvent dans le bureau de Loïc à Quimper.
d) Il envoie un télex parce qu’il a une blessure à la langue.
e) Le docteur demande à Bertrand de décrire sa blessure.
f)
Elle lui envoie un télex.
Zu Aufgabe 4
Elle peut lui expliquer comment il peut être guéri. Elle peut lui donner des instructions
comment il peut s’opérer lui-même, parce qu’il n’y aura personne à l'aider. Ou bien elle
peut lui conseiller d’abandonner et de se faire soigner dans un hôpital, mais ce serait très
difficile à cause de la tempête et à cause du fait que le bateau se trouve à 4000 km des
côtes d’Afrique et d’Australie.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Faire une course à la voile en solitaire autour du monde. Qu’est-ce que tu penses de
ce sport?
•
Est-ce qu’il y a d'autres sports que tu aimes? Pourquoi?
Aufgabenbeispiel 3
Aufgabenart
Textimpuls (Zweierprüfung)
Devoirs pour l’élève 1
1. Lis d’abord le texte No 1 pour que tu connaisses le contexte, dans lequel se déroulent tes devoirs.
2. Ensuite tu prépares le procès. Mets-toi à la place du juge. A l’aide du formulaire cijoint (texte No 2), tu devras poser les questions nécessaires à Amer pendant ton
examen. Ton/ta camarade de classe qui représentera Amer répondra à tes questions
pendant votre dialogue.
3. Finalement, mets-toi à la place des gens du Pays bleu. Imagine ce qu’ils reprochent
à Amer.
Dans un dialogue avec ton/ta camarade de classe, tu exprimes tes reproches.
38
Devoirs pour l’élève 2
1. Lis d’abord le texte No 1 pour que tu connaisses le contexte, dans lequel se déroulent tes devoirs.
2. Ensuite tu prépares ton procès. Mets-toi à la place d’Amer. A l’aide du formulaire cijoint (texte No 2), tu devras répondre aux questions du juge pendant ton examen. Tu
feras un dialogue avec ton/ta camarade de classe qui représentera le juge.
3. Finalement, mets-toi à la place de Méthylène, l’amie bleue d’Amer. Que dit Méthylène pour défendre son ami du Pays de Cuivre?
Texte No 1 (pour l’information des deux élèves)
Amer, qui vit au Pays de Cuivre et qui a donc les cheveux rouges, quitte son pays pauvre
pour trouver du travail dans le pays bleu. Il a des difficultés énormes de franchir la frontière parce qu’ on ne veut pas de lui au Pays des bleus qui est riche et où tout le monde a
les cheveux bleus. Arrivé au pays des bleus, il cherche du travail. Il veut y faire de la musique.
Petit à petit, il commence à comprendre les choses bleues, à parler la langue bleue du
Pays bleu. Le Comptable qui est responsable de la caisse, veut l'aider à trouver du travail. Comme Amer ne réussit pas à un examen, il doit accepter tous les travaux que d'autres ne veulent pas faire: balayer les rues, ramasser les ordures etc. Il est confronté à
l’indifférence puis aux sarcasmes des gens du Pays bleu. Méthylène est la seule personne bleue qui lui parle gentiment et qui s’intéresse à sa musique.
Entre-temps, deux gangsters volent la caisse bleue de l’état. Alors, on accuse Amer
d’avoir volé l’argent et on lui fait le procès au haut tribunal du Pays bleu.
Annotations
cuivre (m) – un métal rougeâtre (Kupfer)
ordures (f) – les déchets, ce qu’on jette à la poubelle
indifférence (f) – (Desinteresse, Gleichgültigkeit)
les sarcasmes (m) – les moqueries, on se moque d’Amer
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Texte No 2
Palais de Justice
du Pays Bleu
Haut Tribunal
Nom de l’accusé
Date de naissance
Pays d’origine
Langues parlées
Résidant au Pays Bleu
depuis
Raisons pour immigrer au
Pays Bleu
Formation / qualifications
Occupation
Délit
L’accusé plaide
coupable
non-coupable
40
Annotations
formation (f) – (Ausbildung)
coupable – le contraire de innocent
Texte No 1 d’après
Yendt, M.: Histoire aux cheveux rouges. Klett, Stuttgart 2001 et Delieux, F. u.a.: Maurice
Yendt: Histoire aux cheveux rouges. Vorschläge zur szenischen Arbeit im Französischunterricht. RAAbits Französisch März 2001, I/E 4, S. 29 ff.
Texte No 2
Entwurf: Irmhild Reimers.
Unterrichtsvoraussetzungen
Inhaltlich sollen sich die Schülerinnen und Schüler im Unterricht mit dem Thema der
Fremdenfeindlichkeit auseinander gesetzt haben und auf Grund der Lektüre von entsprechenden Ganzschriften aus der französischen Kinder- und Jugendliteratur für dieses
Thema sensibilisiert worden sein.
Ebenso sind dialogisches Sprechen und weitgehend freie Interaktion im Unterricht geübt
worden, wie auch die Schülerinnen und Schüler immer wieder angeleitet worden sind,
kreative Ideen in der Zielsprache zu entwickeln.
Die Gruppenüberprüfung sollte im Unterricht geübt worden sein.
Erwartete Leistungen
Ohne das erwähnte Jugendtheaterstück zu kennen, sollen die Schülerinnen und Schüler
zunächst in einem ersten - gelenkten - Schritt dialogisch ihr Verständnis von inhaltlichen
Zusammenhängen unter Beweis stellen. Die Schülerinnen und Schüler sollen dabei wesentlich allein agieren und ohne Impulse der Prüferin bzw. des Prüfers auskommen.
Sprachlich müssen sie die Fragebildung beherrschen. In einem zweiten Schritt sollen sie
auf Grund der Kenntnisse, die sie im Umgang mit dem Einleitungstext und den „Prozessaussagen“ gewonnen haben, eine mögliche Fortsetzung der Episode dialogisch kreativ
gestalten. Sie sollen dabei Erfahrungen aus dem Unterricht bzw. aus dem täglichen Leben einbringen.
Die Aufgaben sind so gestaltet, dass die Anteile der Gesprächspartner gleichwertig sind
und damit getrennt voneinander bewertet werden können. Der jeweilige Partnerbezug ist
sowohl im ersten Prüfungsteil als auch im Gespräch mit der Lehrerin bzw. dem Lehrer zu
ermitteln und zu bewerten.
41
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Erfahrungen von Kindern ausländischer Arbeitnehmer.
•
Wie entstehen Vorurteile?
•
Voyages en francophonie.
3.1.4 Latein
Fachbezogene Hinweise
Der mündlichen Überprüfung ist ein im Unterricht nicht behandelter lateinischer Text zu
Grunde zu legen, der dem Niveau einer 10. Klasse entspricht. Mit Rücksicht auf die Besonderheit und Erstmaligkeit einer mündlichen Überprüfungssituation sollte dieser Text
keine besonderen sprachlichen und gedanklichen Schwierigkeiten aufweisen. Wird kein
zweisprachiges Wörterbuch als Hilfsmittel zur Verfügung gestellt, ist dies bei der Zahl und
Art der angegebenen Hilfen zu berücksichtigen. Als Textumfang sind etwa 30 - 40 Wörter
angemessen. Eine Übersetzung des Textes sollte grundsätzlich verlangt werden, da die
Übersetzungskompetenz einen wesentlichen Bestandteil der Mindestanforderungen für
den Jahrgang 10 darstellt.
Im Anschluss an die Übersetzung des Textes veranlasst die Prüferin/der Prüfer in einem
Gespräch den Prüfling zu einer Auseinandersetzung mit dem Text, die u.a. folgende Aspekte enthalten könnte:
•
sprachlich-stilistische Gestaltung des Textes,
•
inhaltliche Vertiefung (z. B. Klärung von Leitbegriffen, Einordnung in größere Zusammenhänge, Klärung von Sachfragen),
•
Rezeption (ggf. Vergleich mit bereits bekannten Texten und/oder Materialien).
Auch bei einer Gruppenprüfung gemäß Erlass, Ziffer 3.3 sollte jedem Prüfling eine individuelle zu übersetzende Textgrundlage vorgelegt werden, die geeignet ist, sowohl die individuelle Leistung erkennbar zu machen als auch ein Gruppengespräch zu ermöglichen.
Die mündlichen Überprüfungsaufgaben müssen so angelegt sein, dass grundsätzlich jede Note erreichbar ist. Bei der Bewertung sollte das Schwergewicht auf der Übersetzung
liegen.
42
Die mündliche Überprüfung stellt für die Prüflinge eine völlig neue Situation dar. Daher ist
es notwendig, dass die Prüferin/der Prüfer hierauf besondere Rücksicht nimmt. Hierzu
gehören insbesondere eine angemessene Vorbereitung im Unterricht und eine entsprechende atmosphärische Gestaltung der Prüfung.
Aufgabenbeispiele
Da bereits die Übersetzung ihren Schwerpunkt in den Anforderungsbereichen II und III
hat, sollten Zusatzaufgaben und weiteres Gespräch keine zu hohen Anforderungen stellen.
Aufgabenbeispiel 1
Aufgabenstellung
Übersetzungsaufgabe
Textstelle:
Gellius, Noctes Atticae XX, 1, 40 f.
Fundort:
Lateinisches Lehrbuch für die Anfangslektüre, hrsg. von Wilhelm
Uhlmann und Julius Uppenkamp. Paderborn/München 1976, S. 46.
Textlänge:
35 Wörter.
Textveränderung:
Der Gelliustext wurde gekürzt und adaptiert, um dem Lernstand
gerecht zu werden und um eine inhaltliche Abrundung zu erreichen.
Hilfsmittel:
Es soll keine Benutzung des Wörterbuches gestattet werden.
Einleitung
Ein römischer Schriftsteller des 2. Jahrhunderts nach Christus schreibt über die altrömische fides:
Text
Romani maxime omnium virtutum fidem coluerunt sanctamque habuerunt, tam privatim
2
quam publice. Sic patres clientem in fidem acceptum etiam contra cognatos tuendum esse censuerunt. Neque ullum facinus peius existimabatur, quam si quis clientis commoda
4
neglexerat.
43
Hilfen
1/2 tam - quam: sowohl - als auch
2
cognatus: (Bluts-)Verwandter
2
tueri, tueor: verteidigen, schützen
Zusatzaufgaben
1. Benenne und erläutere einige typische lateinische Konstruktionen, die sich im Übersetzungstext finden.
2. Erläutere ausgehend vom lateinischen Text das römische Klientelwesen.
Unterrichtsvoraussetzungen
Dieses Beispiel ist für eine 10. Klasse gedacht, die noch wenig Erfahrung mit Originaltexten besitzt. Vorausgesetzt werden Grundkenntnisse im römischen Klientelwesen.
Erwartete Leistungen zu Zusatzaufgaben
Zu Zusatzaufgabe 1
A.c.I. (Z.2/3)/N.c.I. (Z.3)/doppelter Akk. (Z.1); nd-Form mit esse (Z.2).
Zu Zusatzaufgabe 2
Das gegenseitige Treueverhältnis (fides), das sich auf alle Bereiche des Lebens bezog
(privatim/publice, Z.1/2), galt als heilig und damit unverletzlich (sanctam, Z.1). Der Patron
hat die Schutzherrschaft über seine Klienten wie ein Vater (daher: patres, Z.2).
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Weitere Phänomene der sprachlich-grammatikalischen Gestaltung: Kurzform quis =
aliquis (Z.3); Participium coniunctum (Z.2); Tempusgebrauch: Funktion des Perfekts
(Z.1 und 3) und Imperfekts (Z.3); Zeitverhältnis (Plusquamperfekt in Z.4).
•
Stilistische Gestaltung: regelmäßige Wortstellung, Funktion der Endstellung (Z.1/2:
tam privatim quam publice).
•
Inhaltliche Vertiefung: Definition und Klärung des altrömischen fides-Begriffes.
•
Problematisierung: Moralische Tragweite des etiam contra cognatos tuendam esse.
Aufgabenbeispiel 2
Aufgabenstellung
Übersetzungsaufgabe
44
Textstelle:
Velleius Paterculus II 56 (1).
Fundort:
C. Velleius Paterculus, Historia Romana - Römische Geschichte.
Lateinisch/Deutsch, übers. u. hrsg. von M. Giebel, Stuttgart 1989.
Textlänge:
34 Wörter.
Textveränderung:
Nach urbem ist quod humanam excedat fidem ausgelassen worden, est wurde nach regressus und et nach urbem eingefügt.
Hilfsmittel:
Es soll keine Benutzung des Wörterbuches gestattet werden.
Einleitung
Caesar hat alle Kämpfe mit Pompeius sowie in Ägypten, im Osten und in Afrika erfolgreich beendet...
Text
Caesar omnium victor regressus est in urbem et omnibus, qui contra se arma tulerant,
2
ignovit, magnificentissimisque gladiatorii muneris, naumachiae et equitum et peditatum,
simul elephantorum certaminis spectaculis epulique per multos dies dati celebratione
4
eam replevit.
Hilfen
1 regredi, -ior, regressus sum: zurückkehren
2 munus gladiatorium: Gladiatorendarbietung
2 naumachia, -iae f.: Seeschlacht
3 epulum, -i n.: Festschmaus
3 celebratio, -ionis f.: Feier
verbinde „magnificentissimis“ mit „spectaculis“
Zusatzaufgaben
1. Lies den lateinischen Text sinnvoll vor.
2. Erläutere die im Text sichtbar werdenden Leistungen und das Verhalten Caesars.
Unterrichtsvoraussetzungen
Es wird vorausgesetzt, dass der Prüfung eine Lektüre von Abschnitten aus Caesars Bellum Civile oder Bellum Gallicum vorausgegangen ist und in diesem Rahmen auch eine
Auseinandersetzung mit dem Lebensweg Caesars, seinen Leistungen und seinem Ende
stattgefunden hat.
45
Erwartete Leistungen
Neben der Übersetzung wird erwartet, dass der Prüfling überblicksartig Caesars Feldzüge und seinen Werdegang darstellen kann. Insbesondere müsste mit Blick auf den Inhalt
von Zeile 1 die „clementia Caesaris“ angesprochen werden.
Themen für das Prüfungsgespräch
Der weitere Verlauf könnte auf Caesars Ende Bezug nehmen und ggf. die Verhältnisse
im Rom des 1. Jahrhunderts v. Chr. thematisieren. Unter sprachlich-literarischen Gesichtspunkten könnte die Darstellungsart und der Wahrheitsgehalt von Caesars eigenen
Werken angesprochen werden.
Aufgabenbeispiel 3
Aufgabenstellung
Übersetzungsaufgabe
Textstelle:
Caesar, BG VI 17,1-2 (1.Satz).
Fundort:
C. Iulii Caesaris comentarii rerum gestarum, ed. O. Seel, Leipzig
1961.
Textlänge:
37 Wörter.
Textveränderung:
keine.
Hilfsmittel:
Es soll keine Benutzung eines Wörterbuches gestattet werden.
Einleitung
Caesar berichtet über die religiösen Gebräuche der Gallier.
Text
Deorum maxime Mercurium colunt. Huius sunt plurima simulacra, hunc omnium inven2
torem artium ferunt, hunc viarum atque itinerum ducem, hunc ad quaestus pecuniae mercaturasque habere vim maximam arbitrantur. Post hunc Apollinem et Martem et Iovem et
4
Minervam.
Hilfen
1
maxime: besonders
1/2 inventor, -oris m.: Erfinder, Urheber
2
46
ferre: hier: rühmen als
2
quaestus, -us m.: Erwerb
2/3 mercatura, -ae f.: Handelsgeschäft
3
post hunc: erg. colunt
Zusatzaufgaben
1. Vorlesen des lateinischen Textes.
2. Betrachte die sprachliche Form des Textes und benenne die dir auffallenden Besonderheiten.
3. Prüfe, welche Absichten der Autor mit diesen Besonderheiten verfolgt.
Unterrichtsvoraussetzungen
Es wird vorausgesetzt, dass im Rahmen der Caesarlektüre auch Kenntnisse der Mythologie vertieft sowie sprachlich-stilistische Untersuchungen durchgeführt wurden.
Erwartete Leistungen
Neben der Übersetzung und einem sinnvollen Vorlesen des Textes sollte der Prüfling den
anaphorischen Charakter der Demonstrativpronomina, den kolonförmigen, asyndetischen
Aufbau des 2. Satzes sowie das Polysyndeton in Zeile 4 benennen und deren Absicht erläutern können.
Themen für das Prüfungsgespräch
Erläuterung der Götternamen, interpretatio Romana.
Aufgabenbeispiel 4
Aufgabenstellung
1. Lesen des Textes.
2. Benenne die Infinitivkonstruktion im ersten Satz.
3. Übersetzung des Textes.
Textstelle:
Cicero, In Caecilium 4, 11.
Fundort:
Marci Tulli Ciceronis Orationes III, ed. G. Petersen, Oxford 1978.
Textlänge:
42 Wörter.
Textveränderung:
keine.
Hilfsmittel:
Es soll ein Lateinisch - Deutsches Wörterbuch zugelassen werden.
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Einleitung
Im Verres-Prozess erklärt Cicero den Richtern:
Text
Siciliam provinciam C. Verres per triennium depopulatus esse, Siculorum civitates
2
vastasse, domos exinanisse, fana spoliasse dicitur. Adsunt, queruntur Siculi universi; ad
meam fidem, quam habent spectatam iam et cognitam, confugiunt; auxilium sibi per me a
4
vobis atque a populi Romani legibus petunt.
Hilfen
1 depopulari: verwüsten, verheeren
2 exinanire: ausplündern
2 spoliare: berauben
3 spectatus et cognitus: erprobt und bekannt
Unterrichtsvoraussetzungen
Vorausgegangen muss die Lektüre von Cicero Verres sein.
Erwartete Leistungen
Der Prüfling sollte zunächst kurz den N.c.I. in Zeile 1 f. benennen und den Text angemessen übersetzen.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Verres Handlungsweise.
•
Sprachliche Gestaltung des Textes.
•
Ciceros Funktion, seine Motive.
•
Rolle der Sizilier.
•
Die Römer und ihre Bundesgenossen.
3.1.5 Griechisch
Fachbezogene Hinweise
Da im Fach Griechisch erst gegen Ende der 10. Klasse die Phase der Originallektüre erreicht ist und zum Zeitpunkt der Prüfung in der Regel noch mit dem Lehrbuch gearbeitet
wird, muss der mündlichen Überprüfung nicht unbedingt ein Originaltext zu Grunde ge-
48
legt werden. Es kann daher entweder ein Originaltext, ein an den erreichten Kenntnisstand adaptierter Originaltext oder ein an den Lektionsinhalten orientierter Kunsttext in
der Prüfung vorgelegt werden. Als Textumfang sind etwa 35-40 Wörter angemessen. Die
Benutzung eines Wörterbuches sollte nur dann gestattet werden, wenn zum Zeitpunkt
der Prüfung im Unterricht bereits mit einem Wörterbuch gearbeitet wird. Unbekannte und
selten vorkommende Wörter sind als Hilfen anzugeben. Eine Übersetzung muss grundsätzlich verlangt werden, da die Übersetzungskompetenz einen wesentlichen Bestandteil
der Mindestanforderungen für den Jahrgang 10 darstellt.
Im Anschluss an die Übersetzung trägt der Prüfling seine Lösung der Zusatzaufgaben
vor, die folgende Aspekte enthalten könnten:
•
morphologisch-syntaktische Gesichtspunkte,
•
sprachliche Formung,
•
inhaltliche Vertiefung,
•
Stellungnahme.
In dem folgenden Prüfungsgespräch sollten weitere, vom vorgelegten Text unabhängige
Aspekte angesprochen werden.
Auch bei einer Gruppenprüfung gemäß Erlass, Ziffer 3.3 sollte jedem Prüfling eine nur
von ihm zu übersetzende Textstelle vorgelegt werden, die geeignet ist, sowohl die individuelle Leistung deutlich zu machen als auch ein Gruppengespräch zu ermöglichen.
Bei der Bewertung sollte das Schwergewicht auf der Übersetzung liegen.
Die mündliche Überprüfung stellt für die Prüflinge eine völlig neue Situation dar. Daher ist
es notwendig, dass die Prüferin bzw. der Prüfer hierauf besondere Rücksicht nimmt.
Hierzu gehören insbesondere eine angemessene Vorbereitung im Unterricht und eine
entsprechende atmosphärische Gestaltung der Prüfung.
Aufgabenbeispiel
Aufgabenstellung
1. Lies den gesamten Text laut vor.
2. Übersetze den griechischen Text.
49
3. Bestimme die Formen:
4. Zeige in einem Vergleich, welche Vorstellung vom Glück Kroisos und welche Solon
vertritt.
Textstelle:
Herodot 1, 30 (adaptiert).
Fundort:
Herodoti Historiae, ed. Hude, Bd. I, 3. Aufl. Oxford 1927.
Textlänge:
42 Wörter.
Textveränderung:
Der Text wurde gekürzt und adaptiert.
Hilfsmittel:
Es soll keine Benutzung eines Wörterbuches gestattet werden.
Einleitung
Solon, der in der Antike zu den „sieben Weisen“ zählte, besucht auf einer Reise den für
seinen Reichtum bekannten König Kroisos:
Text
Hilfen
Unterrichtsvoraussetzungen
Es wird vorausgesetzt, dass der Prüfling über Grundkenntnisse aus der Flexionslehre
und Syntax verfügt.
50
Erwartete Leistungen
Neben der richtigen Übersetzung und Bestimmung der Formen wird erwartet, dass der
Prüfling in einem Vergleich der materiell orientierten Glücksvorstellung des Kroisos die
ethisch orientierte Solons gegenüberstellt.
Themen für das Prüfungsgespräch
Die o.g. Thematik könnte in einem Prüfungsgespräch mit einer (aktualisierenden) Stellungnahme vertieft werden.
Es könnten aber auch weitere Fragen zu einzelnen Formen und deren Funktion gestellt
werden, um die Sprachkenntnisse der Schülerin bzw. des Schülers genauer zu überprüfen.
3.1.6 Musik
Fachbezogene Hinweise
In der mündlichen Überprüfung zeigen die Schülerinnen und Schüler ihre Fähigkeiten,
sich mit Musik anhand einer vorgegebenen Aufgabenstellung sachgerecht auseinander
zu setzen, insbesondere sie angemessen zu beschreiben, zu untersuchen, nach bestimmten Kriterien zu interpretieren oder ggf. zu gestalten.
Die Prüfungsaufgaben beziehen sich auf den vorausgegangenen Unterricht des Jahrganges 10 und damit auf die von der Fachlehrerin/vom Fachlehrer ausgewählten
Schwerpunkte gemäß der Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Schuljahrgänge 7-10,
Musik. Anhaltspunkt für die zu überprüfenden fachspezifischen Fähigkeiten und Kennt1
nisse sind die Mindestanforderungen Ende Klasse 10 . Dabei muss berücksichtigt werden, dass nach den z.Zt. gültigen Stundentafeln das Fach Musik in den Klassen 9 und
2
10 entweder nur zweistündig epochal oder einstündig ganzjährig unterrichtet wird. Falls
das Fach im Wahlpflichtbereich unterrichtet wurde, ist von den Mindestanforderungen
Ende Klasse 10 auszugehen.
Grundlage für eine Prüfungsaufgabe kann sein:
•
1
2
ein kurzes Hörbeispiel,
Vgl. Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Schuljahrgänge 7-10, Musik, Pkt. 2.4, S. 31 f.
Vgl. Stundentafel A/B, Erlass „Die Arbeit in den Jahrgängen 7-10 des Gymnasiums“ vom 14.03.
1995, zuletzt geändert am 04.02. 2000.
51
•
ein gut überschaubares Notenbeispiel,
•
eine begrenzte und klar umrissene Gestaltungsaufgabe
oder eine Kombination der genannten Elemente.
Eine Gestaltungsaufgabe kann sich z. B. auf die Harmonisierung eines kurzen Liedbeispiels, die angemessene Notierung von Rhythmen oder melodischen Gestaltformen
und/oder die praktische Erarbeitung von musikalischen Abläufen beziehen. Die Erarbeitung vorgegebener Musik bezieht sich auf ein dem Prüfling unbekanntes Musikstück.
Gestaltungsaufgaben müssen in besonderem Maße die kurze Prüfungszeit von 15 Minuten berücksichtigen.
Das ausgewählte Material muss für die Aufgabenstellung geeignet und im Umfang und
Komplexitätsgrad dem Lernstand einer 10. Klasse angemessen sein. Die Aufgabenstellung berücksichtigt gelernte fachspezifische Kenntnisse z. B. der Musiklehre, erschöpft
sich jedoch nicht darin. Unbeschadet einer schwerpunktmäßigen Beschränkung auf ei3
nen der in den Rahmenrichtlinien genannten Lernbereiche sollte die Prüfung die Möglichkeit der Einbeziehung auch anderer Lernbereiche im Prüfungsgespräch eröffnen.
Im ersten Prüfungsteil äußert sich der Prüfling selbstständig zu den gestellten Aufgaben
bzw. zum Ergebnis der Gestaltungsaufgabe. Die Aufgaben sind so zu stellen, dass zunächst eine Bearbeitung des vorgelegten Materials ermöglicht wird. Das nachfolgende
Prüfungsgespräch bezieht sich darauf und berücksichtigt weitergehende und vertiefende
Aspekte.
Die mündlichen Überprüfungen müssen so angelegt sein, dass jede Note erreichbar ist.
Durch eine angemessene Vorbereitung im Unterricht sind die Prüflinge mit einer Prüfungssituation vertraut zu machen.
Aufgabenbeispiele
Aufgabenbeispiel 1
Aufgabenart
Höranalyse eines Jazz-Stückes
3
Vgl. Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Schuljahrgänge 7-10, Musik, Pkt. 2.2, S. 6.
52
Aufgabenstellung
Analysiere das im New-Orleans-Stil gespielte Stück „Oh, when the saints“.
1. Beschreibe den Ablauf des Stückes anhand der Tabelle. Trage die jeweiligen improvisierenden, Melodie spielenden bzw. begleitenden Instrumente ein.
2. Beschreibe an Beispielen die Spielweise der einzelnen Instrumente. Erläutere den
Ursprung dieser Spielweisen.
Material
Tabelle zum Ausfüllen.
Abschnitte
Wer spielt die
Melodie?
Wer improvisiert?
Wer begleitet?
Quelle
Hörbeispiel aus Heister, H.W.: Musik Aktuell, Jazz, Bärenreiter Kassel, S. 20 f, Beispiel
auf der dazu gehörenden LP, Aufnahme von 1945, RCA 42340.
Unterrichtsvoraussetzungen
Das Aufgabenbeispiel bezieht sich auf eine Unterrichtseinheit Jazz im Jahrgang 10, die
schwerpunktmäßig das Thema Musikarten und -stile im Rahmen des Lernbereiches 2 am
53
Beispiel der Entwicklung des Jazz konkretisiert. Unterschiedliche Gestaltungsmittel und
Formen in der Musik wie z. B. Reihungsformen, Variationsformen und Begriffe wie Thema und Motiv, Verarbeitung müssen im Unterricht behandelt worden sein. Darüber hinaus erfordert die Aufgabe eine Hörschulung im Hinblick auf das Erkennen von Instrumenten, Klangfarben sowie charakteristischen Spielweisen der Instrumente. Improvisation als
Fachbegriff muss erarbeitet und eventuell auch praktisch erprobt worden sein. Die geforderte Höranalyse berücksichtigt auch die Fähigkeit, musikalische Form- und Klangverläufe wahrzunehmen und sie angemessen zu beschreiben. Die Tabelle dient als Hörhilfe.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Tabelleneintragung.
Abschnitte
Wer spielt die
Melodie?
Wer improvisiert?
Wer begleitet?
Einleitung
4 Takte Piano
1. Chorus
tp
cl
tb
rhythm section
2. Chorus
tp Variation der
Melodie
cl
tb
„
3. Chorus
cl
„
4. Chorus
cl
„
5. Chorus
Piano
drums/b
(ohne banjo)
6. Chorus
tb
rhythm section
7. Chorus
tb
„
cl
tb
„
9. Chorus
Kollektiv Improvisation
„
10. Chorus
Kollektiv Improvisation
„
8. Chorus
tp Melodievariation
Zu Aufgabe 2
Afro-amerikanische Stilmittel sind:
•
„off-beat“-Spielweise der „melody-section“, „Four-beat”-Stil des Jazz,
•
„call-and-response“-Elemente,
54
•
die Posaune und die Klarinette spielen mit afro-amerikanischer Tongebung,
•
„dirty-tones“ spielen die Posaune, Trompete,
•
„hot-intonation“ spielen z. B. die Klarinette und die Trompete,
•
die Begriffe „off-pitchness“ und „blue note“ sollen erläutert werden.
Europäische Elemente sind in der „rhythm section“ zu finden: durchgehende „on-beat“Spielweise und die Instrumentierung (Klavier, Trompete, Klarinette, Posaune). Auf den
Ursprung des Stückes als Spiritual, das als Vorlage dient, sollte eingegangen werden.
Bewertung
Bewertet werden sollte vor allem die Genauigkeit der Höranalyse und die Verbalisierung
der gefundenen Ergebnisse und Klangeindrücke.
Themen für das Prüfungsgespräch
Je nach Unterrichtsvoraussetzung können angesprochen werden:
•
Das 12-taktige Bluesschema.
•
Vergleich der Blues-Skala mit Dur- bzw. Molltonleitern.
•
Jazzstile nach dem New-Orleans und Vorformen der Jazzmusik, z. B. Rag-Time.
Aufgabenbeispiel 2
Aufgabenart
Analyse einer musikalischen Form - Hörbeispiel mit Noten
Aufgabenstellung
1. Bestimme die Tonart des Stückes, die dazugehörigen Hauptdreiklänge und weise sie
an den gekennzeichneten Stellen nach.
2. Teile das Stück in sinnvolle Abschnitte und weise die periodische Gestaltung nach.
3. Begründe, weshalb in vielen Musikstücken, Liedern und Songs Formschemata dieser
Art verwendet werden. Nenne dir bekannte Beispiele.
55
Notenmaterial
Quelle
Ludwig van Beethoven, Sonate op 49, 2, 2. Satz - Ausschnitt Hörbeispiel.
Hinweis: Es eignen sich für solche Aufgabentypen ebenso Songs und Lieder, die in den
10. Klassen gern gesungen werden. Als Beispiel könnten „Boat on the River“, „Blowing‘ in
the wind“, „Dona, Dona“, „Streets of London“ oder einige Beatles-Songs „When I’m sixty
four“, „All my loving“ u.v.m. dienen. Ebenso eignet sich diese Aufgabenstellung in abgewandelter Form für das Unterrichtsthema „Jazz“. Hier könnte ein Ragtime als Musikbeispiel dienen.
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Aufgabenstellung bezieht sich sowohl auf die Wiederholung und Festigung der Musiklehre als auch auf die in der 10. Klasse vorgesehene Unterrichtseinheit „Formbildende
Elemente/Gestaltungsprinzipien“ - Lernbereich 2. In der Betrachtung und möglichen
Nachgestaltung von Songs oder klassischen Musikwerken können Formabläufe bewusst
gemacht werden. Wo möglich sollte auch auf die Erfindung eigener Beispiele Wert gelegt
werden. Begriffe wie Wiederholung, Variation, Motiv, Phrase, Periode sollten erarbeitet
56
und an Beispielen geübt sein. Kadenz, Hauptdreiklänge in Dur, Halb- und Ganzschlüsse
sowie der einfache Dominantseptakkord müssen bekannt und geübt worden sein.
Der Nachweis eines bekannten Formschemas an einem unbekannten Musikbeispiel erfordert eine relativ selbstständige Anwendung vergleichender und abwägender Arbeitsmethoden, die in Klasse 10 geübt werden müssen. Gleichzeitig ist eine Sensibilisierung
für Formabläufe nicht nur im Sinne der Verwendung eines Schemas, sondern als individuelle Gestaltung anzustreben.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Tonart G-Dur, die zu G-Dur gehörenden Kadenzdreiklänge, der D7-Akkord werden bestimmt. Zuordnung der Dreiklänge zu den jeweiligen Takten im Notenblatt! Im Prüfungsgespräch kann evtl. noch auf charakteristische Dreiklangsbildungen im Mittelteil eingegangen werden. Erläuterung des Begriffes Kadenz!
Zu Aufgabe 2
Der Ausschnitt lässt sich in eine Groß- und Kleinform gliedern.
Großform: A - B - A‘; Takte 1-8 mit Auftakt, 9-12 mit Auftakt, 13-20 mit Auftakt; Proportionalität der Teile: 8 Takte, 4 Takte, 8 Takte; dreiteilige Liedform sollte erkannt werden.
Einschnitte jeweils durch Pausen und Wiederholung deutlich erkennbar, der Teil A‘ unterscheidet sich von den Takten 1-8 durch die Oktavversetzung der Melodie. Die achttaktige
Periode ist in den Takten 1-8 enthalten, wobei hier besonders die individuelle Gestaltung
herausgestellt werden kann. Durch die Motivik und die Begleitung gehen Abschnitte im
Sinne des Phrasen- und Vordersatz-Nachsatz-Prinzips weitgehend ineinander über.
Zu Aufgabe 3
Bezugnahme auf Erfahrungen aus dem Unterricht mit periodischer Gestaltung von Liedern, Themengestaltung im Rondo, Sonaten u.v.m..
Begründung für die Verwendung periodischer Gestaltungen:
•
leichte Singbarkeit, Erleichterung des Hörens,
•
Überschaubarkeit der Form, Wiedererkennungswert,
•
Grundlage für Tanzfolgen - Bezug zur Tanzmusik,
•
Grundlage für Improvisationen; evtl. Vergleich mit Blues.
Themen für das Prüfungsgespräch
Je nach Anlage des Unterrichts kann das Prüfungsgespräch auf Vergleiche mit anderen,
größeren Formbildungen, z. B. Rondo, Variation, Suite oder Sonate abheben; periodische Formbildungen im Thema; musikalische Prinzipien der Gestaltung und Formbildung.
57
Aufgabenbeispiel 2 – Handlungsorientierte Variante
Aufgabenart
Analyse einer musikalischen Form - Notenmaterial und Hörbeispiele A-D
Hinweis: Die folgende Aufgabe kann als handlungsorientierte Abwandlung der vorhergehenden verstanden werden. Die Erwartungen für die Prüfungsleistung sind vergleichbar.
Ein Klavier als Hilfsmittel sollte vorhanden sein.
Aufgabenstellung
Nimm an, einem Musiker wurde ein Streich gespielt, sein Notenblatt ist zerrissen worden.
Er weiß aber, dass das Stück von W.A. Mozart stammt, dass es sich um eine dreiteilige,
periodisch gestaltete Form mit einer Coda handelt. Nun muss er sich die Teile wieder zusammensetzen.
1. Bringe die Abschnitte wieder in die richtige Reihenfolge.
2. Begründe ausführlich mit Hilfe deiner Kenntnisse die Liedform. Bestimme dabei die
Tonart des Stückes, die Hauptdreiklänge dieser Tonart, und weise sie an den gekennzeichneten Stellen nach.
58
Notenmaterial
Quelle
Ausschnitte aus W.A. Mozart, Klaviersonate A-Dur, KV 331, Thema.
Hinweis: Zum Notenbeispiel sollte ein Hörbeispiel dem Material entsprechend gegeben
werden, also in der Abfolge A bis D. Auch eine Aufteilung in weitere Puzzle-Teile kann
59
sinnvoll sein. Von den Unterrichtsvoraussetzungen wird es u.a. abhängen, ob auf die
Hörbeispiele verzichtet werden kann.
Unterrichtsvoraussetzungen
siehe Aufgabenbeispiel 2.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Das Zusammenfügen der Teile kann auf dem Overhead-Projektor geschehen. Dazu erhalten die Prüflinge die auf Folie kopierten vorbereiteten Notenabschnitte (s. Material).
Die Abschnitte A und C sind fünftaktig im Vergleich zu den anderen jeweils viertaktigen.
Der Abschnitt C enthält bereits den ersten Takt des A‘-Teiles der ABA-Form. Diese Erschwernis kann auch herausgenommen werden, indem man den letzten Takt des Abschnittes C als ersten Takt des Abschnittes A anfügt. Die richtige Reihenfolge lautet:
B – D – C – A.
Zu Aufgabe 2
Tonart A-Dur, Bestimmung der Kadenz-Dreiklänge und Zuordnung zu den auszufüllenden Kästchen! Die Kadenzbezüge - Ganzschluss/Halbschluss an den Notenzeilenenden
- sollen erkannt werden. Die Prüflinge können auf vielfältige Weise ihre Lösung begründen: Vergleich gleicher oder ähnlicher Abschnitte, Vergleich der Binnengliederungen, Berücksichtigung periodischer Formabschnitte, Anwendung der Kenntnisse über die dreiteilige Liedform.
Themen für das Prüfungsgespräch
Im folgenden Prüfungsgespräch kann auf ähnliche Punkte eingegangen werden wie im
Aufgabenbeispiel 2. Erfahrungen aus dem Unterricht mit entsprechenden Liedbeispielen
können einbezogen werden, die leichte Verständlichkeit der Form, die Nachsingbarkeit,
das klassische Formideal! Bezüge zu den Komponisten Mozart und Haydn sind möglich.
60
Aufgabenbeispiel 3
Aufgabenart
Analyse und Interpretation - Notenvorlage und Hörbeispiel zum Thema Musiktheater
(Musical)
Aufgabenstellung
West-Side-Story: „I feel Pretty“ von Leonhard Bernstein.
1. Gib den Inhalt des Liedtextes mit eigenen Worten wieder und ordne das Stück in die
Handlung des Musicals ein.
2. Untersuche die wesentlichen musikalischen Merkmale des Stückes und setze sie in
Beziehung zur Aussage.
•
Berücksichtige Tonart, Takt, Tempo, die Grob- und Feingliederung des Stückes.
•
Untersuche besonders die Melodie, die Begleitung und den Spannungsverlauf
der ersten 8 Takte.
Text
I feel pretty,
oh so pretty,
I feel pretty an witty and bright,
and I pitty
any girl who isn't me tonight.
Ich bin hübsch,
....
ich bin hübsch, adrett und anziehend
und mir tun alle Frauen leid,
die heute Abend nicht in meiner Haut stecken.
I feel charming,
oh so charming
it's alarming how charming I feel!
And so pretty
that I hardly can believe I'm real.
Ich bin charmant.
....
Es ist erstaunlich, wie reizend ich mich fühle,
ja so entzückend, dass ich kaum begreifen
kann, dass ich das selber bin.
See the pretty girl in that mirror there!
Who can that attractive girl be?
Such a pretty face, such a pretty dress,
such a pretty smile, such a pretty me!
Schau das hübsche Mädchen im Spiegel,
wer könnte dieses attraktive Mädchen sein?
Dieses Gesicht, diese Kleidung,
dieses Lächeln, das bin ich?!
I feel stunning
and entracing,
feel like running and dancing for joy,
for I‘m loved by a pretty wonderful boy!
Ich fühle mich umwerfend schön
und kann auftreten,
ich fühle mich, als renne und tanze ich aus
Freude, weil ich von einem hübschen Jungen geliebt werde.
61
Notenmaterial
(L. Bernstein: West-Side-Story, daraus: I feel pretty (Ausschnitt))
62
63
Quelle
Notenmaterial aus Bernstein, L.: West-Side-Story, „I feel Pretty“, Schirmer Verlag, London 1987, S. 137 ff.
Hörbeispiel auf LP - Musik aus dem Film - Soundtrack.
64
Unterrichtsvoraussetzungen
Das Aufgabenbeispiel bezieht sich auf das in Klasse 10 vorgeschlagene Unterrichtsthema „Musiktheater - Musical“ aus dem Lernbereich 3 „Musik in Verbindung mit Sprache“.
Dieses Musical eignet sich wegen seiner besonderen kompositorischen Dichte und seiner immer noch aktuellen Thematik sehr gut für den Unterricht, zumal vielfältige Unterrichtseinheiten in Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien gerade auf dieses Musical
abheben. Musik und Sprache, Wirkungen der Musik im Zusammenhang mit der Handlung, Verstärkung, Kontrastierung sowie wesentliche Funktionen der Musik im Rahmen
des Musiktheaters müssen Schwerpunkte des Unterrichts gewesen sein. Gleichzeitig
können auch mit dieser Thematik Inhalte aus dem Lernbereich 2 (Gestaltungselemente)
einbezogen werden, Formbildungen, Satz- und Melodiebau, Motivbildungen sowie Instrumentation.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
In dieser Aufgabe wird die angemessene Wiedergabe des Textes verlangt, wobei die
Prüflinge auf die sprachliche Gestaltung des Textes (Wortwiederholungen, Reime usw.)
als auch auf die Einfachheit der Aussage eingehen sollen. Bei der Interpretation wird die
Aufgeregtheit einer jungen Frau (Maria) über ihre erste Liebe und die Rückwirkung auf ihr
Verhalten im Mittelpunkt stehen. Marias Entwicklung eines jungen puertoricanischen
Mädchens zur liebenden jungen Frau wird mit diesem Lied deutlich, die Einordnung in die
Handlung kann hieran anknüpfen: Maria erwartet Tony in dem Bekleidungsgeschäft, in
dem sie arbeitet. Die Prüflinge können auch auf die wesentlichen Inhalte der West-SideStory eingehen.
Zu Aufgabe 2
Wesentliche musikalischen Merkmale sind:
•
Tonart, Takt, Rhythmus, Tempo: schneller 3/8-Takt, schwingende, tänzerische Wirkung des Stückes, Auftaktigkeit verstärkt die Wirkung, rhythmische Positionierung einer Sechzehntel auf der ersten Zählzeit treibt das Tempo voran.
•
Ähnliche, vergleichende Beobachtungen können zur Melodie gemacht werden, die
sich vom c‘ bis zum c‘‘ sprunghaft bewegt, jedoch insgesamt einer bogenförmigen
melodischen Linie folgt.
•
Motivwiederholungen entsprechen den Textwiederholungen und charakterisieren
gleichzeitig die Aufgeregtheit.
65
•
Formablauf: Großform
4 Takte
T. 1-16
T. 17-33
T. 34-48
T. 49-65
Vorspiel
A
A‘
B
A‘‘
Auftaktigkeit
Melodieton endurch Bassfigur det auf c‘, Akkord F-Dur
Melodie endet
auf f‘, Begleitung in T. 33
moduliert nach
B-Dur
Mittelteil verwendet Begleitungsmotiv
quasi Wiederholung von A,
aber Steigerung
Die Binnenform ist ein 8-taktiger musikalischer Satz, der sich in 4-taktige Phrasen
gliedern lässt. Motivverarbeitung ist deutlich erkennbar.
•
Die Instrumentalbegleitung unterstützt die melodische Bewegung, führt sie weiter und
treibt die Bewegung durch Motivwiederholungen voran, wenn die Singstimme auf
langen Tönen ausharrt (Beispiel T. 14 ff und ähnliche Stellen ).
Maria steigert sich immer mehr in ein Glücksgefühl hinein, die Tonsprünge und die
rhythmische und harmonische Begleitung des Orchesters sorgen für eine tänzerische
Stimmung, die gleichzeitig eine Vorfreude auf die Begegnung mit Tony widerspiegelt.
Bewertung
Bewertet werden sollte vor allem die Fähigkeit, eine Verbindung von musikalischem Ausdruck und Inhalt angemessen darstellen zu können.
Themen für das Prüfungsgespräch
Das Prüfungsgespräch kann sich auf weitere Songs der West-Side-Story beziehen, auf
die Funktion bestimmter musikalischer Formen im Musiktheater, auf die Verknüpfung der
Motivbildung im Gesamtwerk, mit denen musikalisch Hass/Gewalt aber auch Liebe verdeutlicht werden soll. Ebenso sind Vertiefungen im Bereich Harmonielehre möglich. Dabei soll das Prinzip der Modulation (vgl. T. 31 ff) mit Hilfe des Dominantseptimakkordes
erläutert werden.
Aufgabenbeispiel 4
Aufgabenart
Gestaltungsaufgabe mit Analyse am Beispiel eines Rock‘n‘Roll
66
Aufgabenstellung
Bei dem dir vorliegenden Notenbeispiel handelt es sich um einen Rock’n‘Roll von Elvis
Presley. Es fehlt die Notation der Harmonien.
1. Höre das Original, ergänze die Dreiklänge und spiele sie auf dem Instrument vor.
Hinweis: Du kannst als Vereinfachung den jeweiligen Dreiklang im Viertel- oder Halbe-Metrum spielen.
2. Beurteile das Ergebnis und erläutere die wesentlichen Merkmale dieses Rock’n‘Roll.
3. Rap, Hip-Hop aber auch Hard-Rock-Stile prägen die Rockmusik heute. Erläutere
Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Vergleich zur Rock-Musik der 50er Jahre.
Text
Blue Suede Shoes
Well it`s one for the money
two for the show,
three to get ready,
now go, cat, go!
But don`t you step
on my Blue suede shoes.
You can do anything but lay
off of my Blue suede shoes.
Der Inhalt des Textes frei übersetzt:
Auf die Plätze,
fertig - los...
gehe, du toller Kerl ... und tanze!
Aber trete nicht auf meine
blauen Wildlederschuhe!
Du kannst alles tun, aber, bleib mir
von meinen Wildlederschuhen weg.
Well, you can knock me down,
step in my face,
slander my name all over the place.
Do anything that you want to do,
but honey, lay off of my shoes,
don’t you step on my Blue suede shoes.
Du kannst mich niederschlagen,
in mein Gesicht treten,
mich überall verleumden,
tu‘ alles was du willst, aber...
„Honey”, bleib weg von meinen Schuhen.
Burn my house,
steal my car,
Du kannst mein Haus anzünden,
mein Auto stehlen,
meinen Schnaps aus meinem alten
Fruchtbecher trinken, tu alles was du willst,
aber...
drink my liquor from my old-fruit jar;
Do anything that you ....
67
Notenmaterial
68
Quelle
„Elvis‘ Forty Greatest“ - easy guitar arrangements - Wise Puplications, S. 8.
Hörbeispiel von LP, Elvis Greatest Hits.
Unterrichtsvoraussetzungen
Das Aufgabenbeispiel bezieht sich auf eine Unterrichtseinheit Rock-Musik, die sowohl
den Lernbereich 1 (Musik machen) als auch die Lernbereiche 2 und 4 berücksichtigt. Dabei liegt hier der Schwerpunkt auf einer eng begrenzten Gestaltungsaufgabe, der Unterrichtspraxis entsprechend. So können auch Prüflinge, die nicht über weitergehende instrumentale Fähigkeiten verfügen, diese Aufgabe lösen. Das zu verwendende Instrument
(Klavier, Gitarre, Keyboard usw.) hängt von den im Unterricht gemachten Erfahrungen
und den Fertigkeiten des Prüflings ab. Für die weiteren Aufgaben ist die intensive Beschäftigung mit der Entwicklung der Rockmusik, mit typischen musikalischen Merkmalen
des Rock’n‘Roll sowie mit musiktheoretischen Kenntnissen hinsichtlich Tonart, Dreiklängen, eventuell auch Dominantseptimakkorden und Grundkenntnissen über Blues Voraussetzung.
Erwartete Leistungen
Hinweis: Die TA 3 kann auch Thema des Prüfungsgesprächs sein.
Zu Aufgabe 1
Die zu verwendenden Dreiklänge folgen im Prinzip dem Harmonieschema des
Rock’n’Roll. Abweichungen sind zu begründen.
T. 1-4
F- Dur/F
T. 5/6
7
T. 7/8
7
B-Dur/B
F-Dur
T. 13-18
T. 19/20
T. 21/22
F-Dur
F
7
7
B/B
T. 9-10
C
7
T. 23/24
F-Dur
T. 11
7
T. 12
F/B
F-Dur/evtl.C
T. 25/26
T. 27/28
C
7
7
7
F/B /F-Dur
Zu bewerten ist in erste Linie nicht die Spielfertigkeit, sondern die Korrektheit der Akkordwechsel nach selbst gewähltem Metrum, die Tempogenauigkeit, evtl. auch mögliche
rhythmische oder melodische Abwandlungen durch typische Begleitungspattern.
Hinweis:
Das Aufgabenbeispiel kann entsprechend der unterrichtlichen Voraussetzungen und der
Spielfertigkeiten der Prüflinge verändert werden. Einem Prüfling, der bereits längere Zeit
in einer Rock-Band spielt, sollte das Beispiel mit erweiterter Aufgabenstellung gegeben
69
werden, bei der z. B. die Entwicklung von Improvisationen, typische Bass-Figuren des
Rock’n’Roll u.ä. berücksichtigt werden. Eine Präsentation mit gleichzeitigem Gesang und
Gitarrenbegleitung ist ebenso denkbar wie eine eigenständige, von der Vorlage abweichende Interpretation. In diesem Fall sollte auf ein Hörbeispiel verzichtet werden.
Zu Aufgabe 2
Der Prüfling soll erkennen, inwieweit er die richtigen Akkorde an die richtige Stelle gesetzt hat. Ergänzend kann auch auf die Schwierigkeit eingegangen werden, mit den beschränkten Mitteln einen Rock’n‘Roll originalgetreu wiederzugeben.
Die Merkmale des Rock’n‘Roll sollen am Beispiel erläutert werden:
•
Verschmelzung von Rhythm & Blues mit Country & Western Musik,
•
Harmonieschema und Verwendung von „blue-Notes“, hier als Septakkordtöne,
•
„four-beat“ Metrum mit typischen Bass-Figuren,
•
Instrumentalgruppe einer Rock-Band,
•
Übernahme von Blues-Elementen mit leichten „off-beat“-Verschiebungen, Synkopierungen, aber nur wenig afro-amerikanische Tongebung,
•
Bedeutung von Aufführungspraxis und Rock-Kultur.
Zu Aufgabe 3
In dieser Aufgabe können die Prüflinge Informationen über die Geschichte der RockMusik als eine Musik der Jugendlichen der 50er Jahre vergleichend mit Erfahrungen aus
der aktuellen Rock-Musik einbringen. Wesentliche musikalische Elemente des Rap und
des Hip-Hop sollten genannt und erläutert werden. Die Prüflinge sollten zur Entwicklung
vergleichbarer Tendenzen der Rockmusik (Protest, Gegensatz zur Erwachsenenwelt) wie
auch zur Problematik der Kommerzialisierung Stellung nehmen können.
Themen für das Prüfungsgespräch
Im Prüfungsgespräch, das sich u.a. auf die TA 3 beziehen kann, ist eine Vertiefung des
Themas, den unterrichtlichen Voraussetzungen entsprechend, durch einen Vergleich mit
dem Blues möglich. Hierbei kann auf folgende Punkte eingegangen werden:
•
Soziokulturelle
Unterschiede
in
der
Entstehungsgeschichte
bei
Blues
und
Rock’n‘Roll.
•
Verwendung afro-amerikanischer Stilmittel, meist freie Gestaltung z. B. des mit Gitarre begleiteten Blues, Improvisation, „blues-feeling“, „off-beat“– Rhythmik, fallender
Duktus der Blues-Melodik im Gegensatz zum Rock’n‘Roll.
•
Rock’n‘Roll als quasi domestizierter Protest und geglätteter Ausdruck, erkennbar
durch die musikalische Gestaltung am Beispiel der Melodik, Rhythmik und Harmonik.
70
Außerdem eignen sich für das Prüfungsgespräch auch Nachfragen zur Harmonielehre, z.
B. die Verwendung des Dominantseptimakkordes beim Blues oder Rock’n’Roll.
3.1.7 Kunst
Fachbezogene Hinweise
In der mündlichen Prüfung zeigen die Schülerinnen und Schüler ihre Fähigkeiten, Bildmaterial anhand einer vorgegebenen Aufgabenstellung sachgerecht beschreiben, untersuchen und inhaltlich auswerten zu können. Sie bezieht sich auf die Themenkreise der
Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Schuljahrgänge 7-10, Kunst.
Das Bildmaterial ist die Grundlage für den ersten Prüfungsteil. Das anschließende Gespräch sollte damit in einem Zusammenhang stehen. Das Bild muss für die Aufgabe geeignet sein. Es muss in seiner Ergiebigkeit, seinem Komplexitäts- und Schwierigkeitsgrad
der kurzen Vorbereitungszeit und der besonderen Prüfungssituation angemessen sein.
Es sollte bei der Anlage der Aufgaben vermieden werden, die Leistung auf die bloße
Wiedergabe von Kenntnissen zu reduzieren, vielmehr müssen durch geeignete Arbeitsaufträge alle Anforderungsbereiche angesprochen werden.
Voraussetzung für die Durchführung der Prüfung ist die Vertrautheit der Schülerinnen
und Schüler mit der Vortragsituation und der eines weiterführenden Gesprächs. Der vorangegangene Unterricht muss hierauf vorbereiten und die Grundlagen setzen.
Da es im Wesentlichen in den Überprüfungen um die Erarbeitung eines Bildverständnisses geht, dürfte es nur sehr bedingt möglich sein, in einer Gruppenprüfung alle Mitglieder
mit gleicher Aufgabenstellung zum gleichen Bild zu prüfen.
In der Prüfungssituation können kreativ-gestalterische Leistungen nur in Ansätzen erwartet werden. Die Darstellung einer Komposition oder einer Farbanlage wären Möglichkeiten fachpraktischer Anteile.
Für die Aspekte der Anlage und der Bewertung gelten die Aussagen der EPA und der
Rahmenrichtlinien für die Klassen 7-10 sinngemäß.
71
Aufgabenbeispiele
Aufgabenbeispiel 1
Aufgabenart
Bildbetrachtung
Aufgabenstellung
Beschreibe das dir in einer Abbildung vorliegende Bild „Abtei im Eichwald" von Caspar
David Friedrich.
Stelle den Aufbau des Werkes und die Anlage der Farbigkeit des Bildes dar.
Entwickle einen begründeten Deutungsansatz.
Hinweise zur Bearbeitung: entfällt.
Material
Kopie des Bildes „Abtei im Eichwald“, Ölfarbe auf Leinwand, 110,4 x 171 cm, 1810.
Abbildung aus Caspar David Friedrich, Katalog der Hamburger Kunsthalle, 1974, Kat. Nr.
78.
72
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Aufgabe bezieht sich schwerpunktmäßig auf die Unterrichtseinheit „Landschaft Raum und Farbe“ (Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Schuljahrgänge 7-10, Kunst,
TK 14), die fordert, die Schülerinnen und Schüler mit Methoden der Analyse und der Interpretation vertraut zu machen.
In den Zielen der Rezeption wird hier ausdrücklich auf Darstellungen von C.D. Friedrich
verwiesen, da diese als Wertung von Wirklichkeit gesehen werden.
Methoden der Bildbetrachtung werden aufsteigend im gesamten Sekundarbereich I in
sich systematisch entwickelnder Form behandelt und eingeübt.
Die Besonderheit der Aufgabe liegt in der deutlichen und spannungsvollen Gliederung
des Werkes, die für Schülerinnen und Schüler der Alterstufe gut zu erkennen ist.
Auch die Farbigkeit des Bildes verweist nicht nur auf formale, sondern auch auf inhaltliche Aspekte. Die Bildsprache, die vielfältige Gesprächsanlässe gewährleistet, ist für zeitgenössische Rezipienten gut zu erschließen.
Erwartete Leistungen
1. Fähigkeit, eine Beschreibung in sachlich und sprachlich angemessener Form anzulegen.
Z. B. Ordnung in zwei Bildebenen oder in Haupt- und Nebenszene, sinnfällige Trennung von Wesentlichem und Unwesentlichem, Darstellung der Friedhofsszenerie mit
dem offenen Grab im vorderen Grund, des Zuges der sargtragenden Mönche, der
gotischen Architekturrelikte mit Kruzifix im Portal und Maßwerk im Fenster, der vier
Gruppen von Eichbäumen in ihrer spezifischen Anordnung, des Verlaufs der konkav
gewölbten Nebelgrenze und der konvexen des Himmels, etc.
2. Fähigkeit, eine formale Analyse in sachlich und sprachlich angemessener Form anzulegen.
Z. B. Darstellung
•
der Wirkung des ruhigen Querformats,
•
der Gliederung des Bildraumes durch die spannungsvoll im unteren Bilddrittel
angeordnete konkave Lichtgrenze und ihrer konvexen Entsprechung im oberen
Himmelsteil,
•
der Betonung der Mittelachse durch die Stellung der Architektur,
•
der fast symmetrischen Anordnung der Eichbäume und ihrer rhythmisierenden
Funktion,
•
der Definition der Blickführung durch die Anordnung der Mönchsgruppe und der
damit korresponierenden perspektivischen Anlage der Grabreihen, des irishaften
73
Verlaufs des Himmels und seiner Funktion als Leerraum, des Gegensatzes von
grafischen und malerischen Mitteln, der Randschnitte und der Lage des Horizontes,
•
der Anlage der tonig gestimmten Farbigkeit, des Hell-Dunkel- und des WarmKaltkontrastes, der Künstlichkeit der Lichtsituation, des hellsten Punktes, des
Gegensatzes von opaker und lasierender Farbigkeit, des Duktus, etc.
3. Fähigkeit, von der Beschreibung und der Analyse ausgehend einen das Bild deutenden Interpretationsansatz zu formulieren.
Z. B. erkennen
•
der Motivkette, der das Werk zugehörig ist,
•
der Deutung des Geschehens der Begräbnissituation,
•
der Deutung der Bildsymbole, die auf Vergehen, Schlaf, Tod, Hoffnung und Wiederauferstehung verweisen,
•
des Einbezugs des Betrachters über die Randschnitte und die Blickführung,
•
eines zusammenfassenden Ansatzes der Deutung, etc.
Bewusst verzichtet wird bei den Leistungserwartungen auf die Auseinandersetzung mit
den politischen und pantheistischen Vorstellungen des Romantikers Friedrich, die sich
ebenfalls in dem vorliegenden Werk niederschlagen, da dies den Horizont einer mündlichen Überprüfung in Klase 10 offensichtlich übersteigen würde.
Themen für das Prüfungsgespräch
Die zwei naturalistischen Studien von C.D. Friedrich, die Zeichnung eines Eichbaumes
und die erscheinungsgetreue Darstellung der Ruine Eldena, können Anlass geben zu einem weiterführenden Gespräch über die Verdichtung künstlerischer Arbeit innerhalb der
Motivkette der Landschaft von der Studie zum Bild, von erscheinungsgetreuer Darstellung zur Überhöhung des Motivs.
In diesem Teil kann im Vergleich mit Vorzeichnungen und Studien auf unterschiedliche
Intentionen des Künstlers Bezug genommen werden, so dass die Positionen zwischen
Abbild und Wertung von Wirklichkeit erarbeitet werden können.
Material
a) „Ruine Eldena“, Bleistift, Tusche, Aquarell, 17,8 x 22,9 cm.
b) „Eichenstudie“, Bleistift, 36 x 26 cm.
Aus Caspar David Friedrich, Katalog der Hamburger Kunsthalle, 1974, S. 278 und 150.
74
a)
b)
75
Erwartete Leistungen
Fähigkeit, ein weiterführendes Gespräch unter Einbezug einfachen Bildmaterials zu führen.
Z. B. Erläuterung
•
der Inhalte, Bedeutungsebenen und Bezüge zum Bild,
•
der Entwicklungen von der Studie und ihrer Funktion zum bildhaft und inhaltlich determinierten Werk, etc.
Aufgabenbeispiel 2
Aufgabenart
Bildbetrachtung
Aufgabenstellung
Beschreibe das dir in einer Abbildung vorliegende Blatt von M.C. Escher.
Stelle den Aufbau und die Anlage der Zeichnung dar.
Entwickle einen begründeten Deutungsansatz.
Hinweise zur Bearbeitung: entfällt.
76
Material
Kopie von „Hand mit spiegelnder Kugel“, Lithographie, Zeichnung auf Stein,
31,8 x 21,4 cm, aus Escher, M.C.: Die Welten des M.C. Escher. Herrsching 1971, S. 67.
77
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Aufgabe bezieht sich schwerpunktmäßig auf die Unterrichtseinheit „Menschendarstellung“ (Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Schuljahrgänge 7-10, Kunst, TK 16), die
fordert, die Schülerinnen und Schüler mit Methoden der Analyse und der Interpretation
vertraut zu machen.
Darüber hinaus sind Bezüge zu den Unterrichtseinheiten „Leitbild, Wunschbild, Image“
(Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Schuljahrgänge 7-10, Kunst, TK 15) und „Wohnbedürfnisse und Wohnformen“ (Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Schuljahrgänge 710, Kunst, TK 13) herzustellen.
Methoden der Bildbetrachtung werden aufsteigend im gesamten Sekundarbereich I in
sich systematisch entwickelnder Form behandelt und eingeübt.
Die Besonderheit der Aufgabe liegt in der Erzählfreude des Blattes, seiner interessanten
und vielschichtigen Komposition, seiner durchgearbeiteten zeichnerischen Anlage und
schließlich in seinen differenzierten Bedeutungsebenen, die vielfältige Gesprächsanlässe
gewährleisten.
Erwartete Leistungen
1. Fähigkeit, eine Beschreibung in sachlich und sprachlich angemessener Form anzulegen.
Z. B. Benennung des Formats und der Technik, Anlage einer sinnvollen Gliederung
etwa nach Bildgrund, Hand und Spiegelung, sinnfällige Trennung von Wesentlichem
und Unwesentlichem, Entwicklung einer dem Bildmaterial angemessenen Dichte der
Beschreibung, hier besonders beim Interieur und der Figur.
2. Fähigkeit, eine formale Analyse in sachlich und sprachlich angemessener Form
anzulegen.
Z. B. Darstellung
•
der Wirkung des Hochformats,
•
der Gliederung des spannungsvollen und etwas unruhigen Raumes durch die auf
der Mittelsenkrechten angeordnete Achse, die im unteren Bereich in ihrer stabilisierenden Funktion durch die Dunkelheit des Hintergrundspiegels, der eine Basis
formt, unterstützt wird,
•
der aufwärts gerichteten Hand und ihrer Entfaltung, die das in sich kreis- und spiralförmig gegliederte Element der Kugel trägt,
•
der Blickführung über die Hand und ihre Spiegelung, die auf den Schwerpunkt
des Blattes, die Figur des Künstlers, verweist, wobei die Platzierung der Augen
78
auf die fiktive Linie eines Horizontes zeigt, der wiederum den Betrachterstandpunkt „Aug` in Aug`“ festlegt,
•
der Funktionen der Leerräume und des unteren Randbezuges,
•
der zeichnerischen Mittel, die den Eindruck von Räumlichkeit, Plastizität, Materialität und einer Lichtsituation über Hell-Dunkelverteilung in und mit der Modulation von Graustufen hervorrufen, etc.
3. Fähigkeit, von der Beschreibung und der Analyse ausgehend einen das Blatt deutenden Interpretationsansatz zu formulieren.
Z. B. erkennen und erläutern
•
der ersten Ebene der Deutung von der konkreten Bildsituation der Figur ausgehend, die eine Kugel in der Hand hält, in der sich der Raum des Geschehens
spiegelt,
•
des Einbezugs des Betrachters, der ja scheinbar die haltende Hand stellt,
•
der Darstellung des Künstlers im Selbstporträt,
•
der informativen, repräsentativen und übersteigerten Funktionen der Abbildung,
•
der zweiten Ebene der Deutung, die sich mit dem Prozess des Zeichnens, dem
Erwecken eines dreidimensionalen Eindrucks auf einer zweidimensionalen Fläche auseinandersetzt, den Escher hier auch darstellt, wobei er letztlich die Frage
nach der Aufgabe des Künstlers aufwirft, etc.
Themen für das Prüfungsgespräch
In diesem Teil kann auf den Themenkreis „Leitbild, Wunschbild, Image“ (Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Schuljahrgänge 7-10, Kunst, TK 15) Bezug genommen werden,
da der Zeichner sich hier durchaus in seiner Rolle als Künstler definiert hat.
Im Vergleich mit einem zweiten, sehr einfach gehaltenen ausschnitthaften Selbstporträt
können dann auch unterschiedliche Intentionen des Künstlers angesprochen werden.
Material
Selbstporträt 1943, Lithographie, 24,8 x 25,5 cm, aus: Escher, M.C.: Die Welten des M.C.
Escher. Herrsching 1971, S. 118.
79
Erwartete Leistungen
Fähigkeit, in einem weiterführenden Vergleich eine Auseinandersetzung über den Bereich des Selbstporträts und seiner Spezifik zu führen.
Z. B. erläutern
•
der Vorstellungen des Zeichners Escher über die Aufgabe des Selbstporträts,
•
des zweiten Beispiels und seiner dokumentarischen Funktion, die jedoch auch der
Selbstbefragung und -bestimmung dient, etc.
Aufgabenbeispiel 3
Aufgabenart
Bildbetrachtung
80
Aufgabenstellung
Beschreibe das dir in einer Abbildung vorliegende Bild „Caspar David Friedrich in seinem
Atelier“.
Stelle den Aufbau und die Anlage der Farbigkeit dar.
Entwickle einen begründeten Deutungsansatz.
Hinweise zur Bearbeitung: entfällt.
Material
Kopie des Bildes von Georg Friedrich Kersting, Öl auf Leinwand, 51 x 40 cm, entstanden
1819, aus: Malerei der Deutschen Romantik. Herrsching 1977, Abbildung 11.
81
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Aufgabe bezieht sich schwerpunktmäßig auf die Unterrichtseinheit „Wohnbedürfnisse und Wohnformen“ (Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Schuljahrgänge 7-10,
Kunst, TK 14), die fordert, die Schülerinnen und Schüler mit Methoden der Analyse und
der Interpretation an Beispielen aus dem Bereich der Genre- und Interieurdarstellungen
vertraut zu machen.
Darüber hinaus sind Bezüge zu den Unterrichtseinheiten „Menschendarstellungen“
(Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Schuljahrgänge 7-10, Kunst, TK 16) und „Leitbild,
Wunschbild, Image“ (Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Schuljahrgänge 7-10, Kunst,
TK 15) zu erkennen.
Über den Inhalt besteht die Möglichkeit, den TK „Landschaft, Raum und Farbe“ einzubeziehen, wie es im zweiten Teil der Prüfung über das Zitat von C.D. Friedrich intendiert ist.
Methoden der Bildbetrachtung werden aufsteigend im gesamten Sekundarbereich I in
sich systematisch entwickelnder Form behandelt und eingeübt.
Die Besonderheit der Aufgabe liegt in der klar angelegten Gliederung und Farbgestaltung
des Bildes, seiner in aufeinander aufbauenden Schichten zu erkennenden Bedeutungsvielfalt, die auf differenzierte Weise auf mehrere Themenkomplexe zu beziehen ist. Dadurch bietet es Gesprächsanlässe, die für die Altersgruppe sehr angemessen erscheinen.
Erwartete Leistungen
1. Fähigkeit, eine Beschreibung in sachlich und sprachlich angemessener Form anzulegen.
Z. B. Benennung des Formats und der Technik, Anlage einer sinnvollen Gliederung
etwa nach Darstellung des Raumes, der Figur und der Accessoires, sinnfällige Trennung von Wesentlichem und Unwesentlichem, Darstellung der perspektischen Anlage und Konstruktion des Raumes mit der parallelen Anordnung der Rückwand mit ihren Fenstern zur Bildebene, der Figur mit Mimik, Gestik, Kleidung, Accessoires,
Ansätze zur Darlegung des Gestus, der mit der Untersuchung der Atelierutensilien
und -situation korrespondiert, etc.
2. Fähigkeit, eine formale Analyse in sachlich und sprachlich angemessener Form anzulegen.
Z. B. Darstellung
•
der Wirkung des Hochformats,
•
der Gliederung des Raumes durch die Architektur mit der versetzten Hauptsenkrechten über die Raumecke und die Figur,
82
•
der rhythmisierenden Anordnung der Fenster mit ihren krönenden Wölbungen,
•
des dreieckigen Aufbaus der Staffelei mit dem ihr vorgelagerten Bezug zum unteren Bildrand durch den übereck dargestellten Tisch,
•
der Funktionen der Auf- und Untersicht,
•
der Blickführung,
•
der Anlage der tonig gestimmten Farbigkeit, des Hell-Dunkel- und des WarmKaltkontrastes, der Lichtsituation, des Duktus etc.
3. Fähigkeit, von der Beschreibung und Analyse ausgehend einen das Bild deutenden
Interpretationsansatz zu formulieren.
Z. B. erkennen und erläutern
•
der Darstellung der Ateliersituation
•
und des Künstlers im Porträt,
•
des Einbezugs des Betrachters, dem der Blick auf das entstehende Werk verwehrt wird,
•
der inhaltlichen Bedeutung der Fensterdarstellung und der Lichtsituation,
•
eines zusammenfassenden Ansatzes der Deutung, etc.
Themen für das Prüfungsgespräch
In diesem Teil kann auf den Themenkreis „Landschaft, Raum und Farbe“ (Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Schuljahrgänge 7-10, Kunst, TK 15) Bezug genommen werden,
da die Art der Darstellung der Ateliersituation mit den verdeckten Fenstern in Verbindung
mit der Erläuterung der Aussage des Zitates von C.D. Friedrich direkt auf die Position des
Künstlers verweist.
Zitat:
„Schließe dein leibliches Auge, damit du mit dem geistigen Auge zuerst siehest dein Bild.
Dann fördere zutage, was du im Dunklen gesehen, dass es rückwirke auf andere von
außen nach innen.“
C.D. Friedrich, Katalog der Hamburger Kunsthalle. 1974, S. 74.
Möglicherweise könnte in diesem Kontext ein rasch zu erschließendes Bild von C.D.
Friedrich - etwa „Mönch am Meer“ oder „Wanderer über dem Nebelmeer“ - als zusätzliches Mittel eingesetzt werden.
83
Erwartete Leistungen
Fähigkeit, ein weiterführendes Gespräch unter Einbezug eines Zitats zu führen.
Z. B. erläutern
•
der Inhalte und Bedeutungsebenen,
•
der Positionen und des Selbstverständnisses des Künstlers und
•
der Bezüge zum Bild, etc.
84
3.2
Aufgabenfeld B
3.2.1 Geschichte
Fachbezogene Hinweise
Die mündliche Überprüfung richtet sich nach den in den Rahmenrichtlinien Geschichte für
die Schuljahrgänge 7 – 10 formulierten Zielen, Inhalten und Methoden. Der Prüfling stellt
dabei seine Fähigkeiten unter Beweis, eine materialgebundene Aufgabenstellung unter
Anwendung fachspezifischer Verfahren zu lösen.
Die Prüfungsinhalte orientieren sich an den Themen, in die sich die dem Schuljahrgang
10 verbindlich zugeordneten Themenbereiche 11 bis 14 aufgliedern; sie lassen eines der
Leitprobleme historischen Lernens erkennen, unter dem diese Themen jeweils erschlossen worden sind. Prüfungsaufgabe und/oder Prüfungsgestaltung geben Hinweise darauf,
dass die Dimensionen historischer Forschung und die Formen historischer Untersuchung
im Unterricht in angemessener Weise berücksichtigt worden sind.
Prüfungsaufgaben sollten erkennen lassen, dass der Geschichtsunterricht Beiträge zur
Ausprägung von und zu kritischem Umgang mit Geschichtsbewusstsein und historischer
Identität sowie zur politischen Bildung leistet.
Die mündliche Überprüfung setzt eine methodische Schulung voraus, die die Schülerinnen und Schüler mit der Anforderung vertraut macht, mehrere Minuten im zusammenhängenden, weitgehend freien Vortrag zu einem von ihnen erarbeiteten, begrenzten
Fachthema zu sprechen sowie auf Fragen, Impulse, Hilfen der prüfenden Fachlehrkraft in
einem etwas längeren Gespräch einzugehen.
Als Ausgangspunkt für die mündliche Überprüfung dient eine begrenzte, gegliederte,
schriftlich formulierte Aufgabe auf der Grundlage nicht im Unterricht behandelter Materialien, die in Schülerinnen und Schülern einsichtiger Weise an bis zum Prüfungstermin im
Fachunterricht des Schuljahrgangs 10 behandelte Themen anknüpft. Umfang und Abstraktionsgrad des Materials sowie der Arbeitsanweisungen müssen eine angemessene
Bearbeitung in der gegebenen Vorbereitungs- und Prüfungszeit ermöglichen.
Die Materialauswahl braucht sich nicht auf die verschiedenen Formen schriftlicher Quellen oder Auszüge aus der Sekundärliteratur zu beschränken. Sie kann durchaus die methodisch facetten- und variantenreiche Unterrichtsgestaltung widerspiegeln und auch auf
andere den Schülerinnen und Schülern vertraute, für eine mündliche Prüfung geeignete
Materialien (z. B. Bildquellen, Geschichtskarten, Statistiken, Diagramme) zurückgreifen.
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Mit Rücksicht auf das erstmalige Erfahren dieser Prüfungssituation sollte das ausgewählte Material keine besonderen sprachlichen und gedanklichen Schwierigkeiten aufweisen;
falls erforderlich kann die Bearbeitung auch durch die eine oder andere Hilfe erleichtert
werden.
Die Arbeitsanweisungen werden in erster Linie eine sorgfältige Untersuchung der vorgelegten Materialien (durchaus mit quellenkritischem Ansatz) und eine Einordnung in die im
Unterricht erarbeiteten historischen Zusammenhänge fordern. Material und Arbeitsanweisungen sollen zu einem zusammenhängenden Vortrag anregen, aber auch die Basis für
eine flexible, weitgehend thematisch geschlossene Weiterführung der Überprüfung im
Prüfungsgespräch bieten, so dass im Prüfungsverlauf inhalts- und methodenbezogene
Fähigkeiten und Kenntnisse auf allen Leistungsebenen unter Beweis gestellt werden
können und grundsätzlich jede Note erreichbar ist. Nicht auf das Prüfungsthema bezogene Einzelfragen sind zu vermeiden.
Da die Erarbeitung vorgelegten Materials einen wesentlichen Prüfungsaspekt darstellt,
sind Gruppenprüfungen im Fach Geschichte Grenzen gezogen. Vorstellbar erscheint in
erster Linie, dass eine Gruppe von bis zu drei Schülerinnen und Schülern dieselbe(n)
Quelle(n) unter verschiedenen Aspekten oder eine textdifferenzierte Materiallage unter
gleicher Hauptperspektive untersucht. Bei Planung und Gestaltung einer Gruppenprüfung
ist mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, dass die beteiligten Schülerinnen und Schüler vor gleich schwierige Anforderungen gestellt werden und sowohl im Vortrag als auch
im Prüfungsgespräch gleiche Chancen haben, das von ihnen jeweils Erarbeitete einzubringen.
Auch wenn die Schülerinnen und Schüler im Unterricht mit den unterschiedlichen Anforderungen, die diese Überprüfung stellt, vertraut gemacht worden sind, so ist doch auf eine dem Schuljahrgang 10 entsprechende atmosphärische Gestaltung der Prüfung zu
achten.
Dazu kann gehören, dass - bei aller gebotenen Zurückhaltung - die prüfende Fachlehrkraft während des Vortrags auf die Intentionen der Aufgabenstellung verweist (z. B. strukturierende Materialwiedergabe, Einbringen von Kenntnissen und Einsichten in den durch
den Text geforderten Zusammenhängen).
Das Prüfungsgespräch darf sich nicht auf kurzschrittige Fragen beschränken, auch nicht
überwiegend auf die Berichtigung des vom Prüfling Vorgetragenen konzentrieren. Das
Frageniveau soll an die Vortragsleistung des Prüflings anknüpfen und soweit wie möglich
gesteigert werden. Das Eingehen auf größere fachliche Zusammenhänge wird spätestens jetzt dazu führen, dass Prüfungsaspekte überprüft, reflektiert, bewertet werden bzw.
der Prüfling Stellung bezieht oder eine Alternative aufzeigt. In dieser Prüfungsphase soll
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deutlich werden, in welcher Weise der Prüfling im Dialog mit der prüfenden Lehrkraft situationsadäquat und sprachlich angemessen reagieren kann.
In der mündlichen Überprüfung geht es besonders um folgende, dem Schuljahrgang 10
angemessene Fähigkeiten:
•
sich klar und hinlänglich differenziert auszudrücken,
•
Arbeitsanweisungen präzise und in gegliederter Form auszuführen,
•
zentrale fachspezifische Grundbegriffe und geübte Verfahrensweisen anzuwenden,
•
die Inhalte des vorgelegten Materials zu erfassen und das behandelte Thema bzw.
Problem zu erläutern,
•
unter Anleitung eine Einordnung der Prüfungsthematik in größere Zusammenhänge
vorzunehmen,
•
sich mit den Sachverhalten und Problemen des vorgelegten Materials im Dialog mit
der Lehrkraft auseinanderzusetzen und gegebenenfalls begründet Stellung zu beziehen.
Aufgabenbeispiele
Die folgenden Prüfungsaufgaben sind chronologisch geordnet und greifen jeweils inhaltliche Schwerpunkte der für den 10. Schuljahrgang verbindlichen Themenbereiche 11 bis
13 auf. Sie versuchen - als Alternative zur üblichen Textquelle - die aus dem Unterricht
gewohnte Materialvielfalt auch in der mündlichen Überprüfung widerzuspiegeln.
Die Beispiele werden zunächst so präsentiert, wie sie den Prüflingen vorgelegt werden
können (Thema - Arbeitsaufträge - Materialien); dann folgen die notwendigen Erläuterungen (Unterrichtsvoraussetzungen - erwartete Prüfungsleistungen). Letztere sind unterschiedlich gestaltet, um die Bandbreite bezüglich der Intensität und des Umfangs dieser
Angaben deutlich zu machen. Auch ist darauf hinzuweisen, dass diese vor dem Hintergrund bestimmter unterrichtlicher Voraussetzungen vorgenommen worden sind und sich
bei anderen Abläufen andere Zuordnungen, Erwartungen und Gewichtungen ergeben
können.
Aufgabenbeispiel 1
Thema der Prüfungsaufgabe
Germany and the Treaty of Versailles
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Aufgabenstellung
1. Study the map (Material 1) and explain the territorial changes in 1919. Also refer to
the newspaper article (Material 2).
2. Comment on the headline „THE PEACE THAT IS NO PEACE“.
Material1: Germany after the Treaty of Versailles
Material 2
Zur Materialvorlage
White, A., Hadley, E.: Germany 1918-1949. Collins Educational, London 1995.
Dieses aus dem bilingualen Unterricht erwachsene Beispiel bezieht sich auf das verbindliche Teilthema „Versuch einer neuen Friedensordnung für Europa“. Leitprobleme: Krieg
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und Frieden, Gleichheit und Ungleichheit; Dimensionen: Politik-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte.
Arbeitsaufträge und Materialien dokumentieren, dass die unterschiedlichen Formen historischer Untersuchung im Zentrum des Unterrichts gestanden haben und die Berücksichtigung der Vielfalt historischer Zeugnisse ein ständiges Anliegen gewesen ist.
Unterrichtsvoraussetzungen
Final stage of the Great War in the East and in the West; United States enters the war;
Wilson publishes Fourteen Points; surrender of the imperial forces; peace conferences of
the victorious powers.
Erwartete Leistungen
Terms and results of the peace conference (Versailles); full blame for Germany - harsh
punishment (territorial losses, reparations, restrictions etc.); different interests and ideas
of the „Big Three“ and consequences; condemnation of the treaty as a „Diktat“ in postwar Germany; political destabilization of the Weimar Republic (burden - interior and foreign affairs); rising tensions in Eastern Europe (new states: Poland/Czechoslowakia - minority problems) and new wave of nationalism; failure of a policy of reconciliation and the
rise of the dictators; new and aggressive attempts of a policy of revision.
Themen für das Prüfungsgespräch
Das Gespräch knüpft an die Ausführungen des Prüflings zur Arbeitsanweisung 2 an und
schlägt einen Bogen zu Aspekten des Themenbereichs 13 („Deutschland, Europa und
die Welt im Zeichen der Bipolarität“). - Options:
•
Growing aggression and conflict (WW II, Cold War).
•
Unification/cooperation in Europe (OEEC, KSZE, EU etc.).
Aufgabenbeispiel 2
Thema der Prüfungsaufgabe
„Bewältigte“ Vergangenheit?
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Aufgabenstellung
1. Ordne das Dokument nach formaler und inhaltlicher Analyse in den allgemeinen
nachkriegsgeschichtlichen Zusammenhang ein.
2. Erläutere und bewerte das Verfahren, dem sich der Landwirt Heinrich R. zu unterziehen hat.
Material
Am 8. November 1948 entscheidet der Entnazifizierungs-Hauptausschuss des Landkreises Braunschweig u.a. aufgrund dieser eidesstattlichen Erklärung, dass der „Betroffene
(Landwirt Heinrich R.) ... in die Kategorie IV eingestuft“ wird.
Zur Materialvorlage
Bein, R., Vogel, B.: Nachkriegszeit - Das Braunschweiger Land 1945-1950. Döring Druck,
Braunschweig 1995, S. 157.
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Unterrichtsvoraussetzungen
Die ausgewählte Textquelle ermöglicht unter Wahrung der größeren thematischen Einheit sowohl Aspekte des Themenbereichs 13 (Deutschland, Europa und die Welt im Zeichen der Bipolarität) als auch des Themenbereichs 12 (Das nationalsozialistische
Deutschland) zum Gegenstand der Prüfung zu machen. Den Intentionen der Rahmenrichtlinien entsprechend sind als erste Themenschwerpunkte der Nachkriegszeit in Unterrichtseinheiten die Interessen und deutschlandpolitische Konzeptionen der Alliierten, die
Entwicklung in Deutschland unter alliierter Besatzung, die Krisen- und Entscheidungsjahre 1947-1949 erarbeitet und ist die Frage nach Schuld und Verantwortung gestellt worden. Die Prüfungsaufgabe greift auf Kenntnisse und Einsichten zurück, die zu den Themenaspekten „Herrschaftstechnik des Nationalsozialismus“ und „Verfolgung“ im Dritten
Reich vermittelt worden sind (TB 12).
Die Aufgabenstellung soll erkennen lassen, dass der Unterricht nicht nur politik-, sondern
durchgehend auch sozial- und wirtschaftsgeschichtlich ausgerichtet war, dass er sich neben den jeweils verbindlichen (TB 12: „Herrschaft und Freiheit“, TB 13: „Krieg und Frieden“) auch an den die Prüfung bestimmenden Leitproblemen „Mensch und Gesellschaft“
sowie „Menschenbild und Weltdeutung“ orientierte und dass Einzelfalluntersuchung und
Biographie dem Prüfling vertraute Formen historischer Untersuchung sind.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Vortrag: Schülerinnen und Schüler des 10. Schuljahrgangs sind mit den Grundsätzen historischer Quellenarbeit so vertraut, dass sie als Grundlage für die weitere Bearbeitung
dem vorgelegten Material (einschließlich einer evtl. Einleitung und/oder Anmerkungen)
Angaben zur Quellenart (hier: Primärquelle), zur Textsorte (hier u.a.: Selbstzeugnis, für
öffentliche Verwendung bestimmtes Dokument) und zum Zeitpunkt der Entstehung (genau zwei Jahre nach Kriegsende) entnehmen können. Je intensiver diese Hinweise reflektiert werden, desto besser ist die Prüfungsleistung zu bewerten.
Die Inhaltsanalyse muss einleitend oder abschließend zu dem Ergebnis kommen, dass
hier ein Mitglied der NSDAP durch ein Leumundszeugnis, einen sog. „Persilschein“, entlastet werden soll. Herauszuarbeiten ist, dass das Dokument über zwei Biographien in
den Jahren zwischen 1933 und 1945 Aufschluss gibt: die politischen Aktivitäten des
Landwirts Heinrich R. (Parteimitglied seit 1933, Bürgermeister 1934-1942, Ortsbauernführer) und das Schicksal des nunmehrigen Regierungsschulrats Walter J. (SPD-Mitglied
seit 1920; als „politisch unzuverlässig“ 1933 aus dem Schuldienst entlassen; als Handelsvertreter auf die berufliche Unterstützung des Bürgermeisters angewiesen). Differen-
91
zierende Hinweise auf die Mischung von Sachangaben und entlastende Wertungen steigern die Prüfungsleistung.
Die Darstellung der ersten Nachkriegsereignisse kann sich nach allgemeinen Angaben
(deutsche Kapitulation, Kriegsende in Fernost, Potsdamer Abkommen) auf die Deutschlandpläne der Alliierten konzentrieren. Es erhöht den Wert der Prüfungsleistung, wenn in Überleitung zum zweiten Teil des Vortrags - darauf verwiesen wird, dass auf der Potsdamer Konferenz als gemeinsames Ziel die Ausrottung von „Militarismus und Nazismus“
festgelegt worden ist.
Zu Aufgabe 2
Vortrag: Diese Teilantwort könnte einsetzen mit Angaben zur Direktive JCS 1067 (veröffentlicht am 17. Okt. 1945) und zur Direktive Nr. 24 des Alliierten Kontrollrats (12. Jan.
1946), in denen Ziele, Begriffsbestimmungen und geplante Abläufe schrittweise konkretisiert werden. In diesem Zusammenhang sind Ausführungen zum Nürnberger Prozess
gegen die Hauptkriegsverbrecher (Prozessgegenstand, Beklagte, Ablauf, Problematik)
denkbar; sie sollten allerdings kurz gehalten, evtl. im Gespräch wieder aufgegriffen und
vertieft werden. Unter Verweis auf das „Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus
und Militarismus“ vom 5. März 1946 kann der Prüfling den Ablauf eines Entnazifizierungsverfahrens in Niedersachsen (Entnazifizierungsausschüsse, Fragebögen, Einteilung
der Beschuldigten in Kategorien) schildern; der Textbezug ist bei diesem Vortragsteil besonders wichtig. Angaben zur unterschiedlichen Praxis in den verschiedenen Besatzungszonen, zu Umfang und Ergebnissen bis zur Verabschiedung der „Richtlinien des
Bundestages zum Abschluss der Entnazifizierung“ vom 15. Dez. 1950 können den Vortrag abrunden.
Themen für das Prüfungsgespräch
Das Gespräch könnte mit Überlegungen zur Problematik der geschilderten Ereignisse
und Verhaltensweisen an den Vortrag anknüpfen. Im wesentlichen wird es um eine kontextbezogene Erörterung der Lebensumstände des Walter J. und des Heinrich R. gehen.
Aufgabenbeispiel 3
Thema der Prüfungsaufgabe
Der Grundlagenvertrag - ein wichtiger Beitrag zur Entspannung
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Aufgabenstellung
1. Stellt eurem Prüfungspartner den von euch bearbeiteten Textauszug vor und klärt im
Gespräch die Gemeinsamkeiten und den jeweiligen besonderen Akzent, den die
Redner setzen.
2. Ordnet den Vertrag ein in die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR während der Großen und der Sozialliberalen Koalition. (Prüfling
B: bis 1970; Prüfling A: ab 1970). Bezieht in diese Darstellung die in eurer Karikatur
zum Ausdruck kommende Wertung ein.
Material
Die Materialvorlage sollte (nach synoptischem Prinzip) so gestaltet werden, dass jeder
Prüfling gleichzeitig Einblick in die dem Mitprüfling vorgelegte Textquelle und Karikatur
hat.
Prüfling A
Material 1
Auszug aus der Erklärung von Dr. Michael Kohl, Staatssekretär beim Ministerrat der
DDR, anlässlich der Paraphierung des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik
am 8. November 1972:
Der vorliegende Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Deutschen
Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland ordnet sich ein in das
System der Verträge der UdSSR und der VR Polen mit der BRD, die den Beginn einer
neuen Etappe des friedlichen Zusammenlebens der Völker und Staaten auf unserem
5
Kontinent markieren. Die Verträge in ihrer Gesamtheit sind Ausdruck der aktiven Politik
der UdSSR, der DDR und anderer sozialistischer Staaten. Sie widerspiegeln zugleich
auch, dass die Regierung der BRD in den Verhandlungen Sinn für Realitäten bewies.
Die wahrscheinlich historische Bedeutung des Vertrages liegt darin, dass (...) nunmehr
eine umfassende, dauerhafte Grundlage dafür vorbereitet werden konnte, die Beziehun-
10
gen zwischen den beiden von einander unabhängigen Staaten mit ihren gegensätzlichen
Gesellschaftsordnungen entsprechend den Zielen und Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen, insbesondere gemäß dem Grundsatz der souveränen Gleichheit aller Staaten, zu gestalten. Dies wird - falls dieser Weg nicht durch ewig Gestrige blockiert wird ein bedeutender Beitrag zur Entspannung in Europa sein.
15
Ein weiteres sehr wesentliches Ergebnis unserer Verhandlungen ist die Unterzeichnung
des Briefwechsels zur Erlangung der Mitgliedschaft der Deutschen Republik und der
93
Bundesrepublik Deutschland in der Organisation der Vereinten Nationen. (...) Der Vertrag
über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der DDR und der BRD wird bedeutende
internationale Auswirkungen haben auch hinsichtlich einer aktiven, gleichberechtigten
20
Mitwirkung der DDR und der BRD in Vorbereitung und Durchführung der Europäischen
Sicherheitskonferenz. (...)
Material 2
Der Grundlagenvertrag im Spiegel der politischen Karikatur
Nürnberger Nachrichten, 11. Dez. 1972.
Prüfling B
Material 1
Auszug aus der Erklärung von Egon Bahr, Staatssekretär des Bundeskanzleramtes, anlässlich der Paraphierung des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik am 8.
November 1972:
Der heute paraphierte Vertrag ist ein unentbehrlicher Baustein für die internationalen
Bemühungen um Entspannung und Zusammenarbeit in Europa. Die beiden deutschen
Staaten schalten sich damit aktiv in diese Entwicklung ein.
Der heute paraphierte Vertrag stellt den Abschluss langer Verhandlungen dar. Sie be5
gannen am 27. November 1970. Seit fast zwei Jahren haben wir über das Verhältnis zwischen der BRD und der DDR gesprochen. (...) Dabei handelt es sich um einen ehrlichen
Vertrag. Wir verschweigen nicht, dass es in grundsätzlichen Fragen unüberbrückbare unterschiedliche Auffassungen gibt und auch weiter geben wird. Wir tun nicht so, als könnte
der eine den anderen zwingen, seine Überzeugung aufzugeben. Das gilt auch und gera-
10
de für die nationale Frage. Wir wollten und konnten auch nicht die völkerrechtliche Lage
94
ändern, die sich in den Rechten und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte manifestiert.
Aber wir wollten und können dennoch unsere Beziehungen normalisieren.
Damit wird der Abschluss der Verhandlungen zum eigentlichen Beginn eines Weges, der
über das organisierte Nebeneinander hinaus zu einem Miteinander führen soll. Dieser
15
Vertrag wird nicht nur geschlossen, weil die Regierungen dies so wollen, sondern weil die
Menschen in den beiden Staaten ihn brauchen. Deshalb haben wir so großen Wert auf
die praktischen Regelungen auf allen wichtigen Gebieten des täglichen Lebens gelegt.
(...)
Niemand wird an der Tatsache vorbeigehen können, dass es nach über zwei Jahrzehn-
20
ten möglich geworden ist, durch diesen Vertrag die Voraussetzungen zu schaffen, die
Gräben zwischen den beiden deutschen Staaten einzuebnen.
Material 2
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. Nov.. 1972.
Zur Materialvorlage
Texte entnommen aus: Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, Presse- und
Informationsamt der Bundesregierung, Bundesdruckerei Bonn 222556 11.72, S. 65 ff.
Karikaturen entnommen aus: Marienfeld, W.: Die Geschichte des Deutschlandproblems
im Spiegel der politischen Karikatur. Herausgegeben von der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung, Hannover 1989, S. 175 und 179.
Die Fülle an Textdokumenten und Karikaturen zu diesem Thema erlaubt, nach komparativem oder kontrastivem Prinzip Materialien auch für Gruppenprüfungen zusammenzustellen. Im vorstehenden Beispiel kommen zwei Prüflinge über unterschiedliche Materialien ins Gespräch. - Als Alternative denkbar wäre eine teilidentische Quellenlage: ein für
95
alle gleicher Text als Basismaterial (z. B. Auszug aus den Erklärungen des Bundeskanzlers Willy Brandt, des Innenministers Egon Franke oder des Außenministers Walter
Scheel zur Paraphierung) zusammen mit einer für jeden Prüfling unterschiedlichen zeitnahen Karikatur. Die o.g. Sammlung politischer Karikaturen bietet dazu zahlreiche
Wahlmöglichkeiten.
Die für beide Prüflinge geltenden Arbeitsaufträge wurden so formuliert, dass einerseits
der individuelle Anteil der jeweils geforderten Prüfungsleistung deutlich wird, andererseits
jeder auf den Prüfungsanteil seines Partners eingestimmt ist. Die vorgesehene Zweiteilung der Prüfung in Vortrag und Gespräch wurde hier zugunsten einer kommunikativen
Situation aufgegeben, in der die Prüflinge mehrfach im Wechsel vortragen und Gesprächsbeiträge liefern. Für eine Gruppenprüfung erscheint dieser flexible Umgang mit
dem sonst üblichen Ablauf vertretbar und sinnvoll, wenn die unmittelbare gedankliche
Nähe des Gesprächs zum Vortrag gewahrt bleiben soll.
Unterrichtsvoraussetzungen
Dieses Prüfungsbeispiel verdeutlicht, dass sich der Unterricht konsequent an den zum
Themenbereich 13 formulierten Intentionen orientiert hat. Die Bearbeitung der verbindlichen Themen „Die Zweiteilung der Welt“ und „Zwei deutsche Staaten“ hat die Interdependenzen zwischen globaler und nationaler Entwicklung wie auch die „permanent konfliktträchtigen Beziehungen beider deutscher Staaten (...) sowie die Bedeutung der neuen
Ostpolitik ab 1969 als Beitrag zur Entspannung auch im deutsch-deutschen Verhältnis“
deutlich werden lassen (RRL S. 54).
Die Prüfung erfolgt unter den Leitproblemen „Herrschaft und Freiheit“, „Krieg und Frieden“. Vorherrschende Dimension ist die Politikgeschichte; im Gespräch werden - je nach
Verlauf - wirtschafts-, sozial- und mentalitätsgeschichtliche Aspekte angesprochen werden.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Die Vortragenden sollten hervorheben, dass Kohl einerseits den Vertrag in das System
der Ostverträge des Jahres 1970 einordnet, dabei aber die aktive Rolle des Ostblocks
betont, andererseits besonders auf die Souveränität der DDR und ihre gewachsene außenpolitische Bedeutung verweist. Bahr spricht einleitend ebenfalls von einem „Baustein
für die internationalen Bemühungen um Entspannung und Zusammenarbeit in Europa“
(Z. 2 f.), legt dann das Schwergewicht seiner Ausführungen aber auf den weiten Weg,
den beide deutsche Staaten vom Nebeneinander zu einem Miteinander noch zurückzule-
96
gen hätten. Die Prüfungsleistung wird gesteigert, wenn anknüpfend an eine formale Analyse (Quellenart/Textsorte, Autor/Adressat) allgemein oder konkret auf das Procedere
beim Abschluss völkerrechtlicher Verträge (Paraphierung, Ratifikation) eingegangen und
auf Beiträge des Mitprüflings angemessen reagiert wird.
Zu Aufgabe 2
Die Prüflinge teilen sich die Analyse der innenpolitischen Entwicklung seit 1966 (Große
Koalition, Sozialliberale Koalition), die Ausführungen zu den Anfängen der neuen Ostpolitik, den Verträgen mit Moskau (12. Aug. 1970) und Warschau (7. Dez. 1970) in umgekehrter Reihenfolge. Angaben zu den Inhalten des Vertrages über die Grundlagen der
Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik und - falls nicht in der Antwort zu Arbeitsanweisung 1 geschehen - zu
den innenpolitischen Reaktionen (Klage der Bayerischen Staatsregierung vor dem Bundesverfassungsgericht) sollten die Gesprächsbeiträge abrunden. Die beiden Karikaturen
wurden gewählt, weil sie ihre unterschiedlichen Wertungen am gleichen Motiv (Mauer)
verdeutlichen, sich die Erörterung also zügig der zentralen Problematik zuwenden kann.
Zu Aufgabe 3
Themen für das Prüfungsgespräch
In diesem Prüfungsabschnitt werden die Prüflinge im von der Lehrkraft moderierten gemeinsamen Gespräch die weltpolitischen Zusammenhänge untersuchen und Beiträge zur
im Unterricht behandelten Entwicklung vom Kalten Krieg bis zur Entspannung (KSZE
Aug. 1975) leisten. Die Prüfungsleistung gewinnt an Qualität, wenn darauf verwiesen
wird, dass der „Wandel durch Annäherung“ eine Verständigung mit den Siegermächten
des Zweiten Weltkrieges voraussetzte und von diesen nicht ohne gewisse Bedenken verfolgt wurde.
3.2.2 Politik
Fachbezogene Hinweise
Die mündliche Überprüfung richtet sich nach den in den Rahmenrichtlinien Politik für die
Schuljahrgänge 7 - 10 formulierten Zielen, Inhalten und Methoden. Der Prüfling stellt dabei seine Fähigkeit unter Beweis, eine materialgebundene Aufgabenstellung unter Anwendung fachspezifischer Verfahren zu lösen.
97
Die Prüfungsbeispiele können aus allen Lernfeldern kommen. Von den sechs Lernfeldern
sind die Lernfelder 1 - 4 verbindlich in den Jahrgängen 9 und 10 zu behandeln. Da die
Reihenfolge der Behandlung nicht in den Rahmenrichtlinien (RRL) festgelegt ist, können
die Prüfungsbeispiele aus den ersten vier Lernfeldern stammen. Prüfungsgegenstand
können aber auch Inhalte der Lernfelder 5 und 6 sein, die „nach Möglichkeit“ (RRL S. 16)
thematisiert werden sollen. Welche Lernfelder im 10. Jahrgang behandelt werden, ist abhängig von den Beschlüssen der einzelnen Fachkonferenzen und deshalb von Schule zu
Schule unterschiedlich. Möglich sind damit Prüfungsbeispiele, die thematisch aus allen
sechs Lernfeldern stammen können.
Die Prüfungsaufgaben sollen erkennen lassen, dass der Politikunterricht sich an den jeweiligen Schlüsselproblemen und Intentionen der einzelnen Lernfelder orientiert hat. Es
soll darüber hinaus deutlich werden, dass der Unterricht der sach- und wissenschaftsbezogenen Aufklärung verpflichtet ist, die den Schülerinnen und Schülern erst ermöglicht,
gesellschaftliches und politisches Geschehen verstehen und erklären zu können. Dies ist
die Grundlage dafür, einen begründeten Standpunkt zu gewinnen. Dabei ist altersadäquat vorzugehen. Die Voreinstellungen und Erfahrungswelt der Jugendlichen sind einzubeziehen.
Die mündliche Überprüfung setzt eine methodische Schulung voraus, die die Schülerinnen und Schüler mit der Anforderung vertraut gemacht hat, mehrere Minuten im zusammenhängenden, weitgehend freien Vortrag zu einem von ihnen erarbeiteten, begrenzten
Fachthema zu sprechen sowie auf Fragen, Impulse, Hilfen der prüfenden Lehrkraft in einem etwas längeren Gespräch einzugehen.
Als Ausgangspunkt für die mündliche Überprüfung dient eine begrenzte, gegliederte,
schriftlich formulierte Aufgabe auf der Grundlage nicht im Unterricht behandelter Materialien, die in für Schülerinnen und Schüler einsichtiger Weise an bis zum Prüfungstermin im
Fachunterricht des Schuljahrgangs 10 behandelte Themen anknüpft. Umfang und Abstraktionsgrad des Materials sowie der Arbeitsanweisungen müssen eine angemessene
Bearbeitung in der gegebenen Vorbereitungs- und Prüfungszeit ermöglichen.
Bei der Materialauswahl können neben unterschiedlichen Textarten ebenfalls Diagramme, Schaubilder, Tabellen, Karikaturen, Fotos u.a. verwendet werden. Dabei sollte darauf
geachtet werden, dass den Schülerinnen und Schülern die Art des Materials aus dem
Unterricht bekannt und der Umgang damit bereits geübt worden ist. Wichtig ist ebenfalls,
dass das Material nicht nur als Gesprächsaufhänger benutzt, sondern mithilfe der Arbeitsaufträge bearbeitet wird.
Die Arbeitsanweisungen werden in erster Linie eine sorgfältige Untersuchung der vorgelegten Materialien und eine Einordnung in die im Unterricht erarbeiteten Zusammenhän-
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ge fordern. Material und Arbeitsanweisungen sollen zu einem zusammenhängenden Vortrag anregen, aber auch die Basis für eine flexible, weitgehend thematisch geschlossene
Weiterführung der Überprüfung im Prüfungsgespräch bieten, so dass im Prüfungsverlauf
inhalts- und methodenbezogene Fähigkeiten und Kenntnisse auf allen Leistungsebenen
unter Beweis gestellt werden können und grundsätzlich jede Note erreichbar ist.
Da die Erarbeitung des vorgelegten Materials einen wesentlichen Prüfungsaspekt darstellt, sind Gruppenprüfungen im Fach Politik Grenzen gezogen. Vorstellbar erscheint,
dass eine Gruppe von bis zu drei Schülerinnen und Schülern dasselbe Material unter
verschiedenen Aspekten untersucht. Möglich erscheint auch, dass derselbe Text mit drei
unterschiedlichen Karikaturen passend zum Inhalt der Materialvorlage Prüfungsgegenstand ist. Bei der Planung einer Gruppenprüfung ist mit besonderer Sorgfalt darauf zu
achten, dass die beteiligten Schülerinnen und Schüler vor gleich schwierige Anforderungen gestellt werden und sowohl im Vortrag als auch im Prüfungsgespräch gleiche Chancen haben, das von ihnen jeweils Erarbeitete einzubringen.
Auch wenn die Schülerinnen und Schüler im Unterricht mit den unterschiedlichen Anforderungen, die diese Überprüfung stellt, vertraut gemacht worden sind, so ist doch auf eine dem Schuljahrgang 10 entsprechende atmosphärische Gestaltung der Prüfung zu
achten.
Dazu kann gehören, dass - bei aller gebotenen Zurückhaltung - die prüfende Lehrkraft
während des Vortrags auf die Intentionen der Aufgabenstellung verweist (z. B. strukturierende Materialwiedergabe, Einbringen von Kenntnissen und Einsichten in die durch das
Material geforderten Zusammenhänge).
Das Prüfungsgespräch darf sich nicht auf kurzschrittige Fragen beschränken, sich auch
nicht überwiegend auf die Berichtigung des vom Prüfling Vorgetragenen konzentrieren.
Das Frageniveau soll an die Vortragsleistung des Prüflings anknüpfen und soweit wie
möglich gesteigert werden. Das Eingehen auf größere fachliche Zusammenhänge wird
spätestens jetzt dazu führen, dass Prüfungsaspekte überprüft, reflektiert, bewertet werden bzw. der Prüfling Stellung bezieht oder eine Alternative aufzeigt. In dieser Prüfungsphase soll deutlich werden, in welcher Weise der Prüfling im Dialog mit der prüfenden
Lehrkraft situationsadäquat und sprachlich angemessen reagieren kann.
In der mündlichen Überprüfung geht es um folgende, dem Schuljahrgang 10 angemessene Fähigkeiten:
•
sich klar und hinlänglich differenziert auszudrücken,
•
Arbeitsanweisungen präzise und in gegliederter Form auszuführen,
99
•
zentrale fachspezifische Kenntnisse, Grundbegriffe und geübte Methoden anzuwenden,
•
die Inhalte des vorgelegten Materials zu erfassen und das behandelte Thema bzw.
Problem zu erläutern,
•
unter Anleitung eine Einordnung der Prüfungsthematik in größere Zusammenhänge
vorzunehmen,
•
sich mit den Sachverhalten und Problemen des vorgelegten Materials im Dialog mit
der Lehrkraft auseinanderzusetzen und gegebenenfalls begründet Stellung zu beziehen.
Aufgabenbeispiele
Aufgabenbeispiel 1
Thema der Prüfungsaufgabe
Streit über das geplante Gleichstellungsgesetz
Aufgabenstellung
1. Stelle die Hauptaussagen von Material 1 als Mindmap dar.
2. Vergleiche die Aussagen des BDA (Material 1) zur Gleichberechtigung von Frauen
und Männern mit den Ausführungen von DaimlerChrysler (Material 2).
3. Überlege, ob eine gesetzliche Regelung zur Frauenförderung in der Wirtschaft oder
eine freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen zur Durchsetzung von Art. 3
Abs. 2 GG zweckmäßiger ist.
100
Material 1
Material 2
Zur Materialvorlage
Material 1 aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.11.2000.
Material 2 aus Hannoversche Allgemeine Zeitung, 25.11.2000.
101
Unterrichtsvoraussetzungen
Das Prüfungsbeispiel „Streit über das geplante Gleichstellungsgesetz“ ist dem verbindlichen Lernfeld 1 „Öffentlichkeit und politische Beteiligung“ (vgl. RRL, S. 17 ff.) mit dem
dazugehörigen Schlüsselproblem „Herrschaft und politische Ordnung“ zuzuordnen. Der
dem Prüfungsbeispiel zugrundeliegende Politikunterricht bearbeitete den verbindlichen
thematischen Aspekt „Grundrechte“ (vgl. ebd. S. 18). Inhaltlicher Schwerpunkt dieser Unterrichtseinheit waren „Fragen zur Funktion der Grundrechte und ihrer konsensfähigen
Ausgestaltung“ (ebd.). Das Prüfungsbeispiel konkretisiert den didaktischen Ansatz des
problemorientierten Politikunterrichts (vgl. ebd. S. 17), der aktuelle politische und gesellschaftliche Problemlagen und die damit verbundenen unterschiedlichen Interessen analysiert. Die hier gewählte problemhaltige Situation ist nicht nur aktuell, sondern sie verdeutlicht auch ein grundlegendes gesellschaftliches Problem, das für das zukünftige
Leben der Schülerinnen und Schüler von großer Bedeutung sein wird. Das Prüfungsbeispiel vermittelt ebenfalls, dass Politik ein Ringen um Verständigung und um die Herstellung von Konsens unterschiedlicher Interessen darstellt.
Methodisch steht die Analyse von zwei kurzen Zeitungsartikeln im Vordergrund. Zusätzlich soll die zuvor im Unterricht geübte Methode der Visualisierung durch Mindmapping
angewendet werden. Dieses Verfahren ist eine einfache, nicht aufwendige und vielseitig
anzuwendende Methode. Das Anfertigen von „Gedankenlandkarten“ spricht sowohl das
Analytisch-Sprachliche als auch das Kreativ-Bildhafte an. Das Mindmapping eignet sich
für das Ordnen und Gliedern von Informationen, das Auswerten von Texten, das kreative
Sammeln von Ideen, das Vorbereiten von Vorträgen und Referaten u.a.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Zur Erfassung und Strukturierung des Textes (Material 1) soll der Prüfling ein Mindmap
erstellen. Die Informationen des Textes müssen als Mindmap mit drei Hauptästen umgesetzt werden. Diese sind: der Inhalt des geplanten Gesetzes, die Argumente der Bundesregierung und die Gegenargumente der Arbeitgeber (BDA). Sinnvoll wäre es, wenn der
Prüfling sein Mindmap auf einer Folie darstellen könnte, um sie in der Prüfung mithilfe
des Overheadprojektors präsentieren zu können.
102
Zu Aufgabe 2
Hier müsste der Prüfling erkennen und herausstellen, dass die Argumentation des BDA
vorwiegend den bestehenden gesellschaftlichen Zustand beschreibt. D. Heise (BDA)
weist zu Recht daraufhin, dass die Chancengleichheit nicht nur am Arbeitsplatz festzumachen sei und dass die Kindererziehung überwiegend in den Händen der Frauen liege.
Er führt weiter aus, dass die Arbeitgeber dies nicht ändern könnten. DaimlerChrysler ist
hier offensichtlich anderer Meinung, weil - laut Material 2 - die Unternehmensleitung und
der Gesamtbetriebsrat Überlegungen anstellen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie
und Beruf. Dies bedeutet, dass das Unternehmen einen Beitrag zur Überwindung des
bestehenden Zustands leisten will. Von der Einführung der Frauenquote und anderer
Maßnahmen erhofft sich DaimlerChrysler, langfristig unternehmerisch erfolgreicher zu
sein.
103
Zu Aufgabe 3
Der Prüfling wird vermutlich eine interessengeleitete Beurteilung abgeben. Diese könnte
u.a. davon abhängig sein, ob eine Schülerin oder ein Schüler Stellung bezieht. Dieser
Sachverhalt könnte im Prüfungsgespräch thematisiert werden. Generell betrachtet ist davon auszugehen, dass größere Durchsetzungschancen zur Gleichstellung in den Betrieben bestehen, wenn ein gesellschaftlicher Konsens über dieses Ziel hergestellt worden
ist. Dies könnte z. B. dann geschehen, wenn die Betriebe die darin liegenden unternehmerischen Vorteile erkennen würden (siehe Material 2). Zu bedenken wären auch betriebliche Bedingungen, wie z. B. die Größe des Unternehmens.
Themen für das Prüfungsgespräch
Neben der Klärung und Vertiefung der im ersten Teil der Prüfung genannten Aspekte
könnten folgende Inhalte, abhängig vom stattgefundenen Unterricht, Schwerpunkte des
Gesprächs sein.
•
Funktion der Grundrechte: Der Doppelcharakter der Grundrechte als Rechte des Individuums (subjektive Rechte) und Grundrechte als Bestandteil der objektiven
Rechtsordnung könnten thematisiert werden. Umstritten ist die Frage, wie weit die
Grundrechte auch im privaten und sozialen Bereich Geltung haben sollen, z. B. für
das hier vorliegende Beispiel des Verhältnisses zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Da die sogenannte Drittwirkung der Grundrechte nicht unmittelbar vorliegt,
ist zur Durchsetzung des Art. 3 Abs. 2 GG im privatwirtschaftlichen Bereich eine gesetzliche Regelung erforderlich.
•
Transfer auf andere aktuelle Beispiele: Thematisiert werden könnte die Änderung des
Artikels 12a GG am 27. Oktober 2000. Diese Maßnahme war nach dem Urteil des
Europäischen Gerichtshofs vom 11. Januar 2000 erforderlich geworden. Ab Januar
2001 können Frauen freiwillig in die Bundeswehr eintreten und in allen militärischen
Bereichen Dienst leisten.
•
Auswirkungen auf die Betriebe: Eine Vielzahl von Aspekten sind hier denkbar. Die
Verabschiedung des geplanten Gleichstellungsgesetzes würde beispielsweise zur
verstärkten Einrichtung von Betriebskindergärten führen.
•
Auswirkungen auf das Geschlechterverhältnis: Hier könnte thematisiert werden, dass
es zu größeren Konkurrenzen zwischen Männern und Frauen am Arbeitsplatz kommen könnte. Denkbar ist auch, dass Veränderungen hinsichtlich einer partnerschaftlicheren Arbeitsteilung in der Hausarbeit und Kindererziehung eintreten könnten.
104
Aufgabenbeispiel 2
Thema der Prüfungsaufgabe
Strukturwandel in der Wirtschaft
Aufgabenstellung
1. Kennzeichne die besonderen Merkmale der beiden Diagramme und stelle ihren Inhalt
dar.
2. Ordne den dargestellten Inhalt in größere wirtschaftliche Zusammenhänge sowie
Entwicklungen ein und vergleiche die Art der Darstellung.
3. Nimm Stellung zu der Frage, ob der Strukturwandel in der Wirtschaft für deine Berufswahl von Bedeutung ist.
Material 1
aus: Das Parlament Nr. 12, 16. März 2001, S. 15.
105
Material 2
aus: Statistisches Jahrbuch 2000 für die Bundesrepublik Deutschland, S. 105.
Unterrichtsvoraussetzungen
Das Prüfungsbeispiel „Strukturwandel in der Wirtschaft“ ist dem verbindlichen Lernfeld 2
„Arbeit und Konsum“ (vgl. RRL, S. 19 ff.) zuzuordnen. Es entstammt der Unterrichtseinheit „Von der Industrie- zur Informationsgesellschaft?“. Dieser Unterricht behandelte Inhalte der beiden thematischen Aspekte „Beruf und Berufswahl“ sowie „Arbeitsmarkt- und
Sozialpolitik“ (vgl. ebd. S. 20). Didaktisch war der Unterricht der Analyse und Klärung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Tatbestände verpflichtet. Ausgehend vom Erfahrungshorizont der Schülerinnen und Schüler wurden ihre vorhandenen Einstellungen auf
der Grundlage neuer Erkenntnisse erweitert und eventuell revidiert (vgl. ebd. S. 4 f.). Dieses Vorgehen hat auch Auswirkungen auf die Berufswahl der Jugendlichen.
Einen weiteren Schwerpunkt des Unterrichts stellte das Methodenlernen dar. Dabei stand
die Analyse von Diagrammen, Tabellen und Schaubildern im Vordergrund. Dieser methodische Aspekt bietet sich aus sachlichen Gründen gerade für dieses Lernfeld an. Diagramme und Schaubilder spielen in populärwissenschaftlichen und tagesaktuellen Medien eine immer größere Rolle und sind darüber hinaus fester Bestandteil der
wissenschaftlichen Literatur. Ihre Bedeutung wird angesichts ihrer durch Computer sehr
einfach gewordenen Herstellung weiter zunehmen. Deshalb müssen die Schülerinnen
106
und Schüler in die Lage versetzt werden, kompetent und kritisch mit ihnen umzugehen.
Sie sollten zur Präsentation von Fakten und Prozessen lernen, selbst Diagramme und
Schaubilder herzustellen.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Material 1 ist ein Kurvendiagramm, Material 2 ein Kreisdiagramm. Ein Kurvendiagramm
eignet sich zur Darstellung einer bestimmten Entwicklung in angegebenen Zeitabläufen.
Ein Kreisdiagramm verdeutlicht einen Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt, denn es
stellt Anteile an Gesamtmengen grafisch dar. Inhaltlich zeigt Material 1 die Veränderung
von Erwerbstätigen nach Wirtschaftsbereichen von 1991 bis 2000. Abgenommen hat die
Anzahl der Erwerbstätigen im primären und sekundären Sektor. Zugenommen hat die
Zahl der Beschäftigten in den drei genannten Dienstleistungsbereichen. Mit 50 Erwerbstätigen von 1000 hat der Wirtschaftszweig „Finanzierung, Vermietung, Unternehmensdienstleister“ absolut am stärksten zugenommen. Die relativ größte Zunahme hat der Bereich „Öffentliche und private Dienstleister“ zu verzeichnen, der mit 284 Beschäftigten
(von 1000) im Jahr 2000 an erster Stelle steht. Dieser Bereich hat das produzierende
Gewerbe - gemessen an 1991 - überholt.
Material 2 zeigt die Beschäftigung von Erwerbstätigen im April 1999 geordnet nach Wirtschaftsbereichen und unterschieden nach Männern und Frauen. Die Darstellung nach
Wirtschaftsbereichen ist mit vier Unterteilungen weniger differenziert als Material 1. Dafür
gibt Material 2 Aufschluss über geschlechtsspezifische Differenzierung hinsichtlich der
genannten Wirtschaftszweige bzw. Sektoren. Material 1 zeigt sehr deutlich die Überrepräsentation der Frauen im Dienstleistungsbereich bzw. die Überrepräsentation der Männer im produzierenden Gewerbe.
Zu Aufgabe 2
Um den Strukturwandel innerhalb einer Volkswirtschaft zu erklären, unterscheidet man
traditionell drei Sektoren voneinander: den landwirtschaftlichen (primären) und den produzierenden (sekundären) Sektor sowie den Dienstleistungssektor (tertiären). Das Modell
wird zunehmend erweitert um einen vierten, den Informationssektor. Dieser wird gebildet,
indem man die Erwerbstätigen, die mit Informationsbeschaffung und -verarbeitung zu tun
haben, aus den traditionellen Sektoren ausgliedert. Der Informationssektor hat die größten Zuwachsraten. Je nach Unterrichtsverlauf ist darauf einzugehen, dass das vorliegende Material diesen Sektor nicht ausweist. Verschiebungen zwischen den Sektoren lassen
sich zum einen an ihrem variierenden Anteil am Bruttoinlandsprodukt und zum anderen
an der veränderten Zahl der in den jeweiligen Sektoren Beschäftigen erkennen (Material
107
1). Abhängig vom stattgefundenen Unterricht kann der Prüfling die Verschiebung zwischen den Sektoren analysieren bzw. in wirtschaftliche Zusammenhänge und Entwicklungen einordnen.
In der methodischen Analyse sollte vor allem auf Genauigkeit geachtet werden. Die Vergleichbarkeit der beiden Diagramme ist nur bedingt möglich. Dies ergibt sich zum einen
aus der unterschiedlichen Art der Diagramme. Zum anderen sind die verwendeteten Kategorien nur z.T. identisch, weil in Material 1 nach sechs und in Material 2 nach vier Wirtschaftszweigen unterschieden wird. Inhaltlich aufschlussreich ist jedoch, dass in Material
2 geschlechtsspezifisch differenziert wird. Abhängig vom Unterrichtsverlauf („Frauen und
Arbeitsmarkt“, vgl. RRL, S. 20) kann dieser Sachverhalt in der Prüfung thematisiert werden.
Zu Aufgabe 3
Der Prüfling wird vermutlich darlegen, dass die Entwicklung der Wirtschaftssektoren für
seine Überlegungen hinsichtlich der Berufswahl von Bedeutung ist, weil diese Entwicklung eine Basisinformation darstellt. Dabei könnte er auf die abnehmende Bedeutung des
sekundären Sektors bzw. auf die zunehmende Wichtigkeit des Dienstleistungs- und Informationssektors eingehen. Der Prüfling könnte auch zu der Erkenntnis gelangen, dass
seine Interessen wichtiger für seine Berufswahl sind als die genannte Entwicklung. Es ist
ebenfalls möglich, dass der Jugendliche die Ansicht vertritt, dass es sinnvoll ist, unter Berücksichtigung seiner besonderen Fähigkeiten die objektiven Bedingungen hinsichtlich
seines Berufswunsches zu prüfen. Abschließend könnte der Prüfling die Meinung äußern, dass die Verschiebung innerhalb der Sektoren nur einen ersten Anhaltspunkt hinsichtlich seiner Berufsorientierung bietet und er genauere Informationen z. B. über Berufsbilder benötigt.
Themen für das Prüfungsgespräch
Neben der Klärung und Vertiefung der im ersten Teil der Prüfung genannten Aspekte
könnten folgende Inhalte, abhängig vom stattgefundenen Unterricht, Schwerpunkte des
Gesprächs sein.
•
Ursachen der sektoralen Verschiebung: Hier ist die Behandlung einer Vielzahl von
Aspekten möglich. Thematisiert werden könnte der Wegfall von Arbeitsplätzen im sekundären Sektor durch technologischen Wandel und Globalisierungsprozesse. Behandelt werden könnte auch eine differenzierte Analyse des Dienstleistungs- und Informationssektors. Rasant angestiegen ist vor allem - trotz Rationalisierungseffektes
durch neue Informationstechniken - der Anteil der Erwerbstätigen, die am Arbeitsplatz überwiegend mit Informationsverarbeitung zu tun haben. Dies gilt auch für den
sekundären Sektor.
108
•
Arbeitsmarktprobleme: In diesem Zusammenhang könnte der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in der Informationstechnologie in Deutschland angesprochen werden. Hier könnte auf die Greencard-Initiative der Bundesregierung eingegangen werden.
•
Qualifikationen: Im Mittelpunkt dieser Diskussion könnten die Qualifikationen stehen,
die von den Schülerinnen und Schülern erwartet werden: lebenslanges Lernen, Mobilität/Flexibilität, Schlüsselqualifikationen, fundierter Umgang mit Informationstechnologien u.a.
•
Geschlechtsspezifik des Arbeitsmarktes: Diese Fragestellung könnte in Anlehnung
an Material 2 diskutiert werden. Es ist außerdem festzustellen, dass sich die Berufswünsche der Schülerinnen und Schüler geschlechtsspezifisch unterscheiden.
•
Methodenlernen: Die zunehmende Bedeutung von Diagrammen und Schaubildern
könnte an anderen Inhalten verdeutlicht werden. Denkbar sind hier z. B. Wahlanalysen, Zugang und Nutzung des Internet u.a.
Aufgabenbeispiel 3
Thema der Prüfungsaufgabe
Wie das Internet die Weltpolitik verändert
Aufgabenstellung
1. Beschreibe die im Text dargestellten Auswirkungen des Internet auf die internationale
Politik.
2. Arbeite die Chancen und Risiken der im Text dargestellten Entwicklung heraus.
3. Überprüfe, ob du die Einschätzung des Autors hinsichtlich der „mangelnden Legitimierung“ (Z. 27) der NGOs teilst.
Karl Kaiser: Wie das Internet die Weltpolitik verändert
Keine der großen Erfindungen der technischen Neuzeit hat sich so schnell ausgebreitet
wie das Internet. In nur wenig mehr als drei Jahrzehnten entstand ein gigantisches Netzwerk mit weltweit etwa 550 Milliarden archivierten Dokumentenseiten. Der InternetVerkehr verdoppelt sich alle hundert Tage, und die Zahl der Nutzer dürfte bis 2004 auf
5
eine Milliarde Menschen steigen. Das Internet schafft die geographische Entfernung als
Kommunikationshindernis ab. Jeder Akteur kann mit jedem anderen auf der ganzen Welt
in Kontakt treten und zwar in Echtzeit. Das Internet wird zum Turbolader der Globalisierung, nicht nur in ökonomischer, sondern zunehmend auch in politischer Hinsicht. Dank
109
der Kommunikation in Echtzeit können sich virtuelle, weltumspannende Koalitionen bil10
den, um einander durch Informationsaustausch zu helfen, Handlungsstrategien zu erarbeiten oder umzusetzen. Nicht geographische Nähe, sondern Gleichheit der Ziele führt
sie zusammen und macht aus verstreuten Einzelgängern mächtige Koalitionen, die in einer weltweiten Aktion - „dial locally, act globally“ - Druck auf Regierungen ausüben können. Die Zahl der NGOs dürfte weltweit bei mindestens 30 000 liegen und wächst, auch
15
dank des Internet, ständig weiter.
Zunehmend wird das Internet dazu benutzt, aus Anlass wichtiger internationaler Konferenzen medienwirksamen Protest zu organisieren. Die Konferenz der WTO 1999 in Seattle beispielsweise demonstrierte dies in spektakulärer Weise. Da Widerstand gegen so-
20
zialen, ökonomischen oder politischen Wandel in allen Gesellschaften unvermeidlich und
letztlich normal ist, bietet das Internet ein neues und höchst effektives Instrument internationaler, ja globaler Potenzierung, mit der sich je nach Thema und Koalition durch Druck
auf Weltöffentlichkeit und möglichst viele Regierungen eine Blockade oder Durchsetzung
von Politik betreiben lässt. NGOs werden häufig als demokratisches Korrektiv angese-
25
hen. Angesichts der in einer Welt gegenseitiger Abhängigkeit abnehmenden Kontrollfähigkeit von Regierungen müssten diese Gruppierungen, so wird häufig argumentiert, zum
neuen Kontrollinstrument werden. Dies scheitert jedoch an der mangelnden Legitimierung. Obwohl NGOs gerne vorgeben, im Namen des Gemeinwohls zu handeln, vertreten
sie immer nur Teilinteressen, besitzen keinen demokratisch legitimierten Auftrag und sind
30
nur gegenüber Mitgliedern, nicht jedoch der Wählerschaft verantwortlich. Sie können
deshalb nützliche und sogar unentbehrliche Funktionen ausüben, nicht jedoch demokratisch legitimierte Kontrollorgane ersetzen.
aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.01.2001 (gekürzte und leicht bearbeitete Fassung).
Unterrichtsvoraussetzungen
Das Prüfungsbeispiel „Wie das Internet die Weltpolitik verändert“ ist dem verbindlichen
Lernfeld 3 „Information und Kommunikation“ (vgl. RRL, S. 22 ff.) zuzuordnen. Der dem
Prüfungsbeispiel zugrundeliegende Politikunterricht wollte „die Möglichkeiten und Risiken
einer alle Lebensbereiche erfassenden Informations- und Kommunikationskultur aufzeigen und die Wahrnehmung von Selbstbestimmung und Eigeninitiative fördern“ (ebd. S.
22). Entsprechend dem verbindlichen Schlüsselproblem dieses Lernfeldes stand im Unterricht die Veränderung der Politik durch das Internet im Mittelpunkt. Thematisch wurde
das Lernfeld 3 verknüpft mit Inhalten des Lernfeldes 6 „Die Eine Welt“ (vgl. ebd. S. 29 ff.).
110
Inhaltlicher Schwerpunkt des Unterrichts aus dem Lernfeld 6 war der thematische Aspekt
„Weltwirtschaftsordnung und Verflechtungen auf dem Weltmarkt (Z)“ (vgl. ebd. S. 30).
Der gewählte Text verdeutlicht die Intention der RRL, dass durch die Entwicklung der
Kommunikationsmittel „die Jugendlichen immer mehr erfahren, in einer gemeinsamen
Welt zu leben“ (ebd. S. 29). Das Prüfungsbeispiel setzt voraus, dass Lernfeld 1 bereits
behandelt worden ist, weil diesbezügliche Kenntnisse hier angewendet werden sollen.
Durch zunehmende Nutzung des Internet kann der Politikunterricht „die Bereitschaft bei
den Schülerinnen und Schülern wecken, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für das politische Gemeinwesen zu engagieren.“ (ebd. S. 17). Der Unterricht sollte die Jugendlichen
auf eine verantwortliche politische Nutzung des Internet vorbereiten.
Methodisch steht die Analyse eines relativ komplexen Zeitungsartikels im Vordergrund.
„Im Politikunterricht dominiert die Beschäftigung mit Texten“ (ebd. S. 12). Dabei ist es im
Sinne der Methodenschulung zunächst nicht von Bedeutung, ob die Texte aus Lehrbüchern, Zeitungen oder dem Internet stammen. Wichtig ist vor allem, dass die Schülerinnen und Schüler stufenweise in die Lage versetzt werden, deren Inhalte zu erfassen, zu
analysieren und zu bewerten.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Auszuführen ist, dass durch das Internet eine direkte weltweite Kommunikation „in Echtzeit“ (Z. 7) erfolgen kann und damit die Möglichkeiten politischer Aktivitäten und deren
Effektivität enorm vergrößert werden können. Damit werden aus „verstreuten Einzelgängern“ (Z. 12) mächtige politische Akteure, die Druck auf Regierungen und weltweite Organisationen ausüben. Dies war in der beschriebenen Form bisher ohne Internet nicht
möglich. Der Autor erläutert diese neue Entwicklung am Beispiel der Nichtregierungsorganisationen.
Zu Aufgabe 2
Die Chancen bestehen in einer weltweiten Gegenöffentlichkeit (Kontrolle bzw. Beeinflussung von global wichtigen Entscheidungen) durch bisher weniger politisch einflussreiche
Gruppierungen. Diese können nun durch Organisation über Internet weltweit Druck auf
Regierungen und Organisationen ausüben. Die Risiken bestehen in der mangelnden
Kontrolle und fehlenden demokratischen Legitimation dieser global handelnden Gruppen.
Sie sind hauptsächlich ihren Mitgliedern verantwortlich und vertreten i. d. R. gesellschaftliche Teilinteressen.
111
Zu Aufgabe 3
Auf dem Hintergrund der Behandlung des Lernfelds 1 im Unterricht muss hier der Prüfling
seine Vorkenntnisse mobilisieren und in einem anderen Zusammenhang reorganisieren.
Die Schülerin oder der Schüler könnte der Meinung des Autors aus dem Demokratieverständnis des Grundgesetzes heraus zustimmen. Der Prüfling könnte auch aus Parteinahme für weniger einflussreiche Mitglieder der WTO beispielsweise die Bedeutung der
NGOs für die Interessen dieser Länder hervorheben. Bei dieser Überlegung bliebe aber
die Textkritik der mangelnden Legitimation der Nichtregierungsorganisationen bestehen.
Themen für das Prüfungsgespräch
Neben der Klärung und Vertiefung der im ersten Teil der Prüfung genannten Aspekte
könnten folgende Inhalte, abhängig vom stattgefundenen Unterricht, Schwerpunkte des
Gesprächs sein.
•
Nutzung des Internet zur politischen Einflussnahme: Hier sind außer dem Textbeispiel Aktionen zur Demokratisierung und Durchsetzung der Menschenrechte zu thematisieren. Neben der Nutzung des Internet zur Demokratisierung autoritärer Regime
könnte z. B. die „International Campaigne to Ban Landmines“ angesprochen werden.
Diese Kampagne, an der 1300 NGOs teilnahmen, endete mit einem weltweiten Verbotsabkommen gegen Herstellung und Einsatz von Landminen und der Verleihung
des Friedensnobelpreises an diese Gruppierung im Jahr 1997. Als negative Auswirkung könnte andererseits auf die Verbreitung rassistischer und rechtsextremistischer
Propaganda im Internet eingegangen werden.
•
Die technologische Abkoppelung der Entwicklungsländer: Das Internet ist vornehmlich ein Phänomen der hochentwickelten und aufsteigenden Volkswirtschaften. 40 %
der Nordamerikaner, 15 % der Deutschen aber weniger als 1 % der Menschen in
Afrika haben Zugang zum Internet. Die Ursachen der Unterentwicklung schlagen
auch in diesem Bereich voll durch: Mangel an Kapital für Rechner, wenig Telefonanschlüsse, fehlende Elektrizität u.a.
•
Rechtliche Probleme der Nutzung des Internet: Rechtlich ungeklärt sind beispielsweise bisher Fragen des Datenschutzes und des Urheberrechtes.
•
Internetnutzung der Jugendlichen bzw. des Prüflings: Die häufigste Nutzung des Internet bestand in Deutschland im Jahr 1999 im Videos herunterladen und Livemusik
hören. Dieser Sachverhalt könnte erörtert werden.
•
Politische Beteiligung und Internet: Im Sinne „der Erziehung zur Bereitschaft und Fähigkeit, sich zu engagieren und aktiv an politischen Entscheidungsprozessen teilzunehmen“ (Rahmenrichtlinien, S. 4), bietet sich z. B. ein Gespräch mit dem Prüfling zu
112
folgender handlungsorientierter Frage an: Kann das Internet zu einer stärkeren politischen Partizipation gerade der Jugendlichen führen („Vom User zum Netizen“)?
3.2.3 Erdkunde
Fachbezogene Hinweise
In der mündlichen Überprüfung soll der Prüfling seine Fähigkeit unter Beweis stellen,
fachspezifische Materialien anhand einer vorgegebenen Aufgabenstellung sachgerecht
zu untersuchen und unter Anwendung der Fachsprache auszuwerten.
Geht man davon aus, dass die mündlichen Überprüfungen erst Mitte bis Ende Juni, also
fast am Ende des Schuljahres, durchgeführt werden, dann bedeutet diese Terminierung,
dass die für den 10. Jahrgang vorgesehenen Inhalte der beiden übergreifenden Themenbereiche „Deutschland in Europa“ und „Globale Beziehungen und Abhängigkeiten in der
Einen Welt“ prüfungsrelevant sind. Anderenfalls sind, dem Verlauf des Unterrichts entsprechend, Abstriche zu machen.
Ein inhaltlicher Jahresübergriff ist nicht zulässig. Als Grundlage für die Prüfungsaufgaben
eignen sich u.a. Karten, Kartogramme, Tabellen, Diagramme, Luftbilder, Fotos, Profile
und die verschiedensten Textarten.
Besonders zu berücksichtigen ist dabei die Tatsache, dass die Schülerinnen und Schüler
der Stundentafel entsprechend nicht durchgängig von Klasse 7-10 im Fach Erdkunde unterrichtet werden. Zu bedenken ist ferner, dass das geografische Raumwissen und die
fachspezifischen Methoden noch unvollständig sind, und es zu einer Vertiefung erst im
Sekundarbereich II kommt.
Die den Prüflingen vorgelegte Prüfungsaufgabe ist als materialgebundene Sachbehandlung mit Raumbezug anzulegen und sollte aus zwei bis maximal drei Teilaufgaben bestehen. Dabei bildet jede Prüfungsaufgabe eine thematische Einheit. Da das möglichst aktuelle Material sowohl Grundlage für den ersten Teil der Überprüfung als auch Anlass für
das anschließende Prüfungsgespräch ist, muss es für die Aufgabe ergiebig und vom Umfang und Schwierigkeitsgrad her der Vorbereitungszeit von 20 Minuten angemessen sein.
Dabei sollte die Prüfungsaufgabe so gestellt werden, dass sich die Leistungen in der
mündlichen Überprüfung entsprechend der Vorarbeit im Unterricht hauptsächlich auf das
Wiedergeben von Kenntnissen und auf das Auswerten von Materialien konzentrieren.
Transferleistungen und eine sachbezogene Problemorientierung sollten auch deutlich
werden.
113
Bei der Aufgabenstellung ist darauf zu achten, dass ein präziser, den Prüflingen aus dem
Unterricht vertrauter, Arbeitsauftrag zu einer gründlichen Bearbeitung des vorgelegten
Materials führt, so dass eine flexible Weiterführung der Überprüfung im folgenden Prüfungsgespräch ermöglicht wird. In diesem Zusammenhang sollten bereits vorher weitergehende Fragen, ein sinnvoller Übergriff zum zweiten Themenbereich oder eventuelle
mögliche Vergleiche vom Prüfenden für das Prüfungsgespräch eingeplant werden.
Da der Prüfling seine Ergebnisse, zu denen er mit Hilfe der Prüfungsaufgabe gekommen
ist, in einem zusammenhängenden freien Vortrag präsentieren und dann in dem folgenden Gespräch auf übergreifende fachliche Inhalte, die sich nur aus den Unterrichtsinhalten des gesamten Jahrganges 10 ergeben, eingehen können soll, muss er mit der
Anforderung vertraut sein, etwa sieben bis acht Minuten zusammenhängend zu einer von
ihm stichwortartig erarbeiteten Thematik frei zu sprechen. Übungen im Unterricht sind
daher unbedingt erforderlich, um die Fertigkeiten zu entwickeln, im zusammenhängenden
freien Vortrag über einen der Vortragsdauer bei der mündlichen Prüfung angenäherten
Zeitrahmen geographische Sachverhalte möglichst sicher zu präsentieren sowie auf Fragen, Impulse bzw. Hilfen des Prüfenden in einem ebenfalls sieben bis acht Minuten dauernden Dialog auch sprachlich angemessen zu reagieren. Hierzu bieten sich beispielsweise das Vortragen der Ergebnisse einer umfangreicheren Hausaufgabenbearbeitung
oder Kurz- bzw. Gruppenreferate an.
Während des ersten Teils der Prüfung sollte der Prüfling bei seinem Vortrag möglichst
nicht unterbrochen werden, es sei denn, eine Hilfestellung ist aus pädagogischen Gründen erforderlich.
Gruppenprüfungen bieten sich nur bedingt an. Denkbar sind sie, wenn ein Thema unter
verschiedenen Aspekten aufbereitet und dann im anschließenden Prüfungsgespräch
gemeinsam erarbeitet werden soll. Bei einer derartigen Prüfung ist sorgfältig darauf zu
achten, dass sowohl die Aufgabenformulierung als auch das ausgewählte Material gleiche Anforderungen an die beteiligten Schüler stellen. Damit die Schülerinnen und Schüler während der Prüfung die gleichen Chancen haben, einerseits das von ihnen
Erarbeitete vorzutragen und andererseits im anschließenden Prüfungsgespräch sich
auch im angemessenen Umfang einbringen zu können, sollte die Gruppe nur aus zwei
Schülerinnen/Schülern bestehen. Beiden Prüflingen ist das gesamte Material zur
Verfügung zu stellen.
Die Beurteilung muss sich auf Leistungen beschränken, die innerhalb der zeitlichen Vorgaben von einer Schülerin/einem Schüler des 10. Jahrgangs auch erreichbar sind.
114
Neben den fachlich-inhaltlichen Gesichtspunkten und der Beherrschung geografischer
Arbeitsmethoden ist das kommunikative Verhalten des Prüflings für die Beurteilung von
Bedeutung.
Eine gute bzw. sehr gute Leistung zeichnet sich sowohl durch eine sorgfältige Bearbeitung des Materials als auch durch die Fähigkeit aus, sich auf der Basis des Erarbeiteten
im Prüfungsgespräch mit dem Sachverhalt vertiefend und erweiternd auseinander zu setzen. Dabei sind reproduzierende Anteile geringer, Transferleistungen auf der Basis von
Strukturwissen und Methodenkompetenz entsprechend stärker zu gewichten.
Aufgabenbeispiele
Die nachfolgenden Aufgabenbeispiele orientieren sich an den von den Rahmenrichtlinien
vorgesehenen Themenbereichen. Dabei soll durch sie keine einheitliche Norm festgeschrieben werden. Sie sollen lediglich Hinweise auf das Anforderungsniveau geben und
als eine Orientierungshilfe verstanden werden.
Aufgabenbeispiel 1
Thema der Prüfungsaufgabe
Strukturwandel im Saarland
Aufgabenstellung
1. Beschreibe die wichtigsten Standortfaktoren für die industrielle Entwicklung des Saarlandes bis 1957.
2. Erläutere den Strukturwandel von 1957 bis heute.
Zur Materialvorlage
Thematische Karte Saarland/Lothringen/Luxemburg, in: Diercke Weltatlas. 4. akt. Aufl.
1996, S. 40.
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Prüfungsaufgabe ist dem Themenbereich „Deutschland in Europa“ zuzuordnen. Innerhalb dieses Themenbereichs sollen zentrale und periphere Räume in Europa und deren Verflechtungen verdeutlicht werden. Weitere wichtige Kategorien sind die Standortfaktoren der Industrie und der Wandel ihrer Bewertung.
115
In diesem fachinhaltlichen Kontext steht die Prüfungsaufgabe „Strukturwandel im Saarland“. Alle in Niedersachsen eingeführten Lehrbücher verdeutlichen den strukturellen
Wandel in altindustrialisierten Räumen nur an Raumbeispielen aus dem Ruhrgebiet und
Mittelengland.
Diese Prüfungsaufgabe setzt somit fachinhaltliche Fähigkeiten im Hinblick auf eine räumliche Transferleistung sowie methodische Fähigkeiten im Hinblick auf eine Kartenbeschreibung bzw. -erläuterung voraus.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
In der 1. Teilaufgabe sollen in beschreibender Form die für die industrielle Entwicklung
des Raumes bis 1957 bedeutenden Standortfaktoren dargelegt werden. Anzusprechen
sind:
•
industriell geprägt durch die Steinkohleförderung,
•
Nähe zu Eisenerzvorkommen,
•
Steinkohle dominanter Standortfaktor für die Entwicklung der Eisen- und Stahlindustrie, der Walz- und Röhrenwerke, des Maschinenbaus, der Stromgewinnung durch
Kohlekraftwerke,
•
Folge: monostrukturierter Raum (Montanindustrie).
Zu Aufgabe 2
In der 2. Teilaufgabe ist der Strukturwandel zu erläutern, wobei zur Veranschaulichung
auf geeignete Raumbeispiele zu verweisen ist:
•
signifikante Reduktion der Kohleförderung, deren Ursachen (Substitution der saarländischen Kohle durch seinerzeit billiges Erdöl/-gas bzw. preiswertere Importkohle)
müssen erläutert werden,
•
Krise der eisenschaffenden Industrie; Reduktion der Anzahl der verarbeitenden Industriebetriebe,
•
Rationalisierung und fortschreitende Mechanisierung,
•
Strukturwandel zu anderen Industriezweigen (Leder: Saarbrücken und Sulzbach;
Chemie: Neunkirchen; Gummi: St. Ingbert; Nahrungsmittel: Saarbrücken und Saarlouis; Kraftfahrzeugbau: Saarlouis),
•
Zunahme der Nutzung der Steinkohle zur Verstromung (Ausbau der Kohlekraftwerke
Quierschied, Bexbach),
•
begünstigend wirkt die Verbesserung der Infrastruktur und die zentrale Lage des
Saargebietes innerhalb der EU.
116
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Vergleich mit altindustrialisierten Räumen im Ruhrgebiet und/oder Mittelengland.
•
Bewertung von Standortfaktoren wie Steinkohle für die Entwicklung neuer Industrieräume (Standortfaktoren im Wandel).
•
Raumstrukturelle Folgen des Wandels für das Saarland.
•
Möglichkeiten grenzüberschreitender Kooperation mit Lothringen im Rahmen der EU.
Aufgabenbeispiel 2
Thema der Prüfungsaufgabe
Peru - Probleme eines Entwicklungslandes
Aufgabenstellung
1. Beschreibe die zahlenmäßige Entwicklung der Bevölkerung in Peru im Zeitraum von
1961 bis 2000.
2. Erläutere den Zusammenhang zwischen der natürlichen Ausstattung, der wirtschaftlichen Entwicklung und der Bevölkerungsverteilung innerhalb des Landes.
Material
M 1: Entwicklung der
größten Städte Perus
von 1961 – 2000
117
M 2: Anteil der Regionen an der Bevölkerungsentwicklung Perus
1876 – 1993 (1)
(1993 = letzte amtliche Zählung)
Einw. in Mio.
25
20
15
10
5
0
1876
1940
1961
Costa
Sierra
1972
1981
1993
Selva
Zur Materialvorgabe
M1: Paulukat, I.: Metropolisierung in Lateinamerika (II. Teil). In: Zeitschrift für den Erdkundeunterricht, Heft 9, 1991, S. 318.
M2: Datenquelle: http://www.ventanaperu.com/Geografia/Geografia und Mikus, W.: Peru.
Raumstrukturen und Entwicklungen in einem Andenhochland. Klett, Stuttgart 1988,
S. 175 f.
Unterrichtsvoraussetzungen
Behandlung des Fallbeispiels „Peru“ mit einem der eingeführten Lehrwerke. Dabei müssen dem Prüfling die naturräumliche Gliederung Perus, die besonderen Merkmale der
drei Naturräume und typische Probleme von Ländern der Dritten Welt bekannt sein.
Erwartete Leistungen
Es geht bei dieser Aufgabe um die Wiedergabe und Anwendung des Gelernten durch
Konfrontation mit neuen, aussagekräftigen Materialien.
Zu Aufgabe 1
In der 1. Teilaufgabe soll die erkennbare zahlenmäßige Entwicklung der Einwohner beschrieben und räumlich zu den drei Regionen Costa, Sierra, Selva zugeordnet werden.
118
Zu M 1:
Beschreibung der erkennbaren zunehmenden Verstädterung anhand der ablesbaren
Veränderungen von 1961 bis 2000. Besonders betroffen von dieser Entwicklung sind neben der Metropole Lima im Bereich der Costa noch Piura und Trujillo.
Das Ausmaß der Veränderungen ist unter Zuhilfenahme der Legende zu veranschaulichen.
Zu M 2:
Erwartet wird die Beschreibung der erkennbaren Veränderungen bei den Anteilen der
drei Naturräume im Zeitraum von 1961 (Costa 23%, Sierra 72%, Selva 5%) bis 1993
(Costa 52%, Sierra 36%, Selva 12%), hierbei kommt der Umsetzung von absoluten Zahlen in prozentuale Anteile besondere Bedeutung bei.
Eine sehr gute Aufgabenbearbeitung verlangt die Verknüpfung beider Materialien.
Zu Aufgabe 2
In der 2. Teilaufgabe geht es um mögliche Erklärungsansätze der in der 1. Teilaufgabe
beschriebenen Entwicklung. Die Costa mit Lima (= Bevölkerungsmagnet) ist als Zielgebiet von Migrationen darzustellen. Anzusprechen sind neben den Wanderungsbewegungen auch deren Ursachen, insbesondere die unterschiedliche ökonomische Situation in
der Costa und der Sierra. Erwartet wird die Anwendung entsprechender Fachtermini wie
z. B. Subsistenzwirtschaft, Latifundien, Minifundien, Landflucht, Push- und Pull-Faktoren,
wobei jeweils Beispiele zu geben sind.
Themen für das Prüfungsgespräch
Für das Prüfungsgespräch bieten sich verschiedene Ansatzpunkte an:
•
Mit der Migration und dem Bevölkerungswachstum verbundene Probleme, insbesondere für die Agglomeration Lima; Tugurios und Barriadas könnten hier einen Schwerpunkt bilden.
•
Probleme Stadt - Land.
•
Lösungsmöglichkeiten zum Abbau räumlicher und sozialer Disparitäten.
•
Erörtern von möglichen Wegen zur Entwicklung.
Aufgabenbeispiel 3
Thema der Prüfungsaufgabe
US-Landwirtschaft
119
Aufgabenstellung
1. Erläutere die aus den Strukturdaten der US-Landwirtschaft ablesbaren Veränderungen und ihre Hintergründe (M 1).
2. Werte das Klimadiagramm aus, bezüglich seiner
a) grundlegenden Merkmale,
b) räumlichen Einordnung,
c) Bedeutung für den Ackerbau in dieser Region (M 2).
3. Erkläre die regionale Verteilung der Bewässerungsflächen in den USA (M 3).
Material
M 1: Zahlen zur Landwirtschaft in der USA
1930
1990
1999
Farmen (in Mio.)
6,5
2,1
2,2
Farmgröße (in ha)
57
186
174,8
Getreideproduktion (in Mio. t)
140
312,6
334,4
Traktoren (in Mio.)
1,1
4,7
4,8
Mineraldüngerverbrauch (kg/ha)
15
98,5
106,4
3,4
3,2
Erwerbstätige
(in Mio.)
in
der
Landwirtschaft 11
1
M 2: Klimadiagramm North Platte
North Platte
120
8,9 ºC
492mm
Wert für 1997
1
M 3: Regionale Verteilung der Bewässerungsflächen in den USA 1997
Zur Materialvorgabe
Material 1:
von Baretta, M.: Fischer Weltalmanach 1992. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt
a.M. 1991, S. 835.
von Baretta, M.: Fischer Weltalmanach 2001. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt
a.M. 2000, S. 1135.
Bender, H.-U. u.a.: Fundamente. Geographisches Grundbuch für die Sekundarstufe II.
Klett Verlag, Stuttgart 1980, S. 304.
Klohn, W., Windhorst, H.-W.: Die Landwirtschaft der USA. 3. erw. Aufl.. Vechta 2000,
S. 204. (= Vechtaer Materialien zum Geographieunterricht. Heft 1)
Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Länderbericht Vereinigte Staaten 1994. Metzler, Poeschel, Wiesbaden 1995.
U.S. Census Bureau. Statistical Abstract of the United States: 2000 (http://www.census.gov)
http://stats.bls.gov/ceshome.htm
http://apps.fao.org
Material 2:
Datenquelle: Schröder, P.: Die Klimate der Welt. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2000,
S. 102.
Material 3:
Klohn, W., Windhorst, H.-W.: Die Landwirtschaft der USA. 3. erw. Aufl.. Vechta 2000,
S. 204. (= Vechtaer Materialien zum Geographieunterricht. Heft 1).
121
Unterrichtsvoraussetzungen
Behandlung der Thematik „Wirtschaft in den USA“ mit einem der eingeführten Lehrwerke.
Dauer und Verfahren der Prüfung bei zwei Prüflingen
Als Prüfungsdauer sind etwa 25 Minuten einzuplanen. Beide Prüflinge erhalten alle drei
Materialien. Während Prüfling A sich schwerpunktmäßig mit den Materialien 1 und 3 auseinandersetzt, beschäftigt sich Prüfling B mit den Materialien 2 und 3.
Erwartete Leistungen
Zu Material 1
Eine grundlegende Erwartungsebene ist die Einbettung der einzelnen Entwicklungen in
den aus dem unterrichtlichen Zusammenhang bekannten Strukturwandel der USLandwirtschaft. Ein positives Merkmal wäre die korrekte Benutzung zentraler Fachtermini
wie „Familienfarm (family-size-farm)", „Agrobusiness", „Intensivierung", „Rationalisierung".
Ein wesentlicher Ansatzpunkt für die Bewertung ist das methodische Geschick, mit dem
das Zahlenmaterial (Tabelle) ausgewertet wird. Werden nur die Daten aus der Tabelle
übernommen oder werden sie auch „verarbeitet"? (Beispiel: „Die Zahl der Farmen sank
auf weniger als ein Drittel des Ausgangswertes"). Werden Bezüge zwischen den einzelnen Werten hergestellt? (Beispiel: Zahl der Farmen ⇔ Farmgröße; oder auch Düngemittelverbrauch ⇔ Getreideproduktion). Eine sehr gute Leistung verlangt auch die Fähigkeit,
die Größenordnung von zwei Entwicklungen zu vergleichen. (Beispiel: Zahl der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft sinkt stärker als die Zahl der Betriebe ⇒ erkennbare
Rationalisierung).
Zu Material 2
a) Das Klimadiagramm ist der Gemäßigten Zone zuzuordnen. Auffällig ist die ausgeprägte Kontinentalität, der mit nur 500 mm geringe Jahresniederschlag. Es gibt keine
ariden Monate.
b) Die Kontinentalität ist durch die Lage im Zentrum der USA (100º W), in den zentralen
Great Plains, östlich der Rocky Mountains zu erklären.
c) Der Lee-Effekt der Rocky Mountains ist die Ursache für die geringen Niederschläge.
Die Lage nahe der agronomischen Trockengrenze bedeutet Dürregefahr durch Variabilität der Niederschläge von Jahr zu Jahr; Vergleich zu „dust bowl“ (Unterrichtsbezug). Sehr gut wäre es, wenn auf die geringe Aussagefähigkeit der gemittelten Daten
eines Klimadiagramms aus diesem Raum (Bezugszeitraum: 1961 - 1990) hingewiesen würde, da die Schwankungen sowohl der Temperaturen wie auch der Nieder-
122
schläge von Jahr zu Jahr wegen des nach N und S offenen Charakters der zentralen
Ebenen sehr erheblich sind.
Zu Material 3
Erwartet wird neben einer knappen Beschreibung des offensichtlichen Ost-WestGegensatzes eine Erklärung dieser Disparitäten durch:
a) klimatische Sachverhalte, hier z. B. ein Bezug zu Material 2,
b) einen Bezug zu den agrarräumlichen Schwerpunkten der Produktion und die beispielhafte Benennung derselben. Bewertungskriterien wären die Einbeziehung der
Fachterminologie („arid", „humid", „agronomische Trockengrenze", „belts"), die Detailliertheit der Ausführungen (Werden Größenordnungen abgelesen?) und der Blick für
Details (Beispiel: Florida als „Ausnahme“ im Osten).
Themen für das Prüfungsgespräch
Sie ergibt sich vor allem aus den Inhalten und der methodischen Qualität der Ausführungen der Prüflinge. Transfermöglichkeiten bieten sich beim Strukturwandel der deutschen Landwirtschaft und der Ernährungsfrage in der Dritten Welt an.
3.2.4 Evangelische Religion
Fachbezogene Hinweise
In der mündlichen Überprüfung zeigt der Prüfling seine Fähigkeiten, ein Material - in der
Regel wird es sich um einen Text oder ein Bild handeln; sofern die Unterrichtsvorbereitung und die knappe Prüfungszeit es erlauben, sind aber auch ein Musikbeispiel oder eine Filmsequenz möglich - anhand einer vorgegebenen Aufgabenstellung sachgerecht
auszuwerten. Die Aufgabe erwächst aus den Unterrichtsgegenständen des Jahrgangs
10; ihre Ergebnisse sind in die unterrichtlichen Zusammenhänge einzuordnen.
Das Material ist Grundlage für den ersten Teil der Überprüfung; das Prüfungsgespräch
soll damit im Zusammenhang stehen. Das Material muss für die Aufgabe ergiebig, im
Umfang und Schwierigkeitsgrad der kurzen Vorbereitungszeit angemessen sein, damit
der Prüfling die Möglichkeit hat, sich mit dem Material während der Vorbereitungszeit intensiv auseinander zu setzen. In jedem Fall soll vermieden werden, dass sich die Leistungen in der mündlichen Überprüfung auf das bloße Wiedergeben von Kenntnissen beschränken. Die Auswertung des Materials soll zu altersangemessenen selbstständigen
Überlegungen führen.
123
Grundlage für eine gute Leistung ist die sorgfältige Erarbeitung eines Materials.
Die Schülerinnen und Schüler sollen sieben bis acht Minuten im zusammenhängenden
freien Vortrag ihre am Material erarbeiteten Ergebnisse möglichst sicher präsentieren
sowie in dem anschließenden Gespräch auf Impulse der oder des Prüfenden eingehen
und den Gegenstand in Zusammenhänge stellen. Im Prüfungsgespräch erfolgt eine Erweiterung und Vertiefung, falls nötig aber auch die Nachfrage nach Kenntnissen. Die weiterführenden Schritte (Fragen, Vergleiche, Urteile, Themenübergriffe) sollten von der
oder dem Prüfenden vorgeplant sein.
Neben den fachlich-inhaltlichen Gesichtspunkten ist auch das kommunikative Verhalten
für die Beurteilung von Bedeutung. Für die Aspekte der Bewertung mündlicher Leistungen gelten die Aussagen in den Rahmenrichtlinien sinngemäß.
Aufgabenbeispiele
Die nachfolgenden Aufgabenbeispiele orientieren sich an den Leitthemen der Rahmenrichtlinien. Nicht nur bei konfessionell kooperativem Religionsunterricht können auch die
Beispiele für das Fach Katholische Religion mit zur Verdeutlichung des formalen und inhaltlichen Spektrums sowie des Anspruchsniveaus herangezogen werden.
Aufgabenbeispiel 1
Thema der Prüfungsaufgabe
Zeit in den Schöpfungsgeschichten
Aufgabenstellung
Stelle dar, welche Bezüge die Schöpfungsgeschichten zum Thema „Zeit“ aufweisen.
(Damit du zum Belegen und Zitieren Unterstreichungen vornehmen kannst, liegt der dir
bekannte Text bei.)
Zum Text und zu anderen Materialien
Das Erste Buch Mose (Genesis) - I. Mose 1,1-2.4 (z. B. Lutherbibel, 1984; der Prüfling
erhält den Text in der aus dem Unterricht bekannten Übersetzung).
Adam, J.: Projekt Zeit. Verlag an der Ruhr, Mühlheim 1993.
Gendolla, P.: Zur Geschichte der Zeiterfahrung. dumont tb, Köln 1992.
Elias, N.: Über die Zeit. Stw, Frankfurt/M. 1988.
124
Unterrichtsvoraussetzungen
Erster Bezugspunkt zum vorausgegangenen Unterricht ist die Unterrichtseinheit „Unsere
Zeit“. In diesem Unterrichtszusammenhang war(en) zur Sprache gekommen:
•
eigene Zeiterfahrungen,
•
Gedichte, Bilder, Lieder zum Thema „Zeit“,
•
Geschichte der Zeiterfahrung,
•
Geschichte der gemessenen Zeit, Entwicklung der Kalendarien, Wochentage etc.,
Uhren der Natur und mechanische Uhren,
•
verschiedene Definitionsansätze (Augustin „Was ist die Zeit?“, Seneca),
•
Bibelstellen zum Thema „Zeit“, insbesondere Psalmen und Kohelet,
•
Zeit im Christentum und in anderen Kulturen und Religionen: insbesonders Zeitvorstellung im Hinduismus,
•
die Unterscheidung von linearer und zyklischer Zeitvorstellung,
•
das Gebot der Sabbatruhe - verbunden mit der damals aktuellen Debatte um Aufhebung des Ladenschlussgesetzes.
Zweiter Bezugspunkt der Aufgabe ist die Behandlung des Themas „Paradies und Schöpfung“, bei dem die beiden biblischen Schöpfungstexte behandelt wurden, allerdings ohne
jeden Bezug zur „Zeit-Thematik“.
Erwartete Leistungen
Die Schülerinnen und Schüler sollen bei dem vorgegebenen Text (Gen 1/2) folgende Bezugspunkte erkennen und herausarbeiten:
•
das 7-Tage-Schema (also eine klare zeitliche Gliederung),
•
den Bezug zum Sabbat und zum Sabbatgebot (Gen 2,1- 4a),
•
traditionelle Zeitgeber (Tag-Nacht-Rhythmus; Sonne, Mond und Gestirne).
•
Für eine gute Leistung:
Den religiösen Bezug von Zeit (Gott selbst handelt innerhalb eines „Zeitschemas“ anders als die im Unterricht behandelten Psalmen und Kohelet),
die „lineare“ Zeitvorstellung.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Vergleich mit anderen Bibelstellen zum Thema „Zeit“.
•
Konfrontation mit Zeitvorstellungen im Hinduismus.
125
Aufgabenbeispiel 2
Thema der Prüfungsaufgabe
Der Sonntag
Aufgabenstellung
1. Stelle die Aussagen einander gegenüber.
2. Erläutere die Bedeutung des jüdischen Sabbats.
3. Nimm Stellung zur Bedeutung eines wöchentlichen Feiertages für den Einzelnen und
die Gesellschaft.
Material 1
Fritz-Heinz Himmelreich, Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände
Sonntags an die Werkbank?
„Vom Arbeitsverbot am Sonntag müssen die Aufsichtsbehörden in Zukunft weitere Ausnahmen ermöglichen, und zwar auch aus wirtschaftlichen Gründen: etwa wenn die Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens unzumutbar beeinträchtigt ist oder Arbeitsplätze
durch die Sonntagsarbeit gesichert werden können ... Die Regelungen zum Arbeitsverbot
am Sonntag dürfen kein Wettbewerbshemmnis bleiben, wenn es um den Wirtschaftsstandort Deutschland geht.“
Material 2
Wolfgang Böhme, Arbeitskreis evangelischer Unternehmer
„Der aus der Bibel stammende Rhythmus, wonach der Mensch sechs Tage arbeiten,
aber am siebten ruhen soll, hat einen hohen Stellenwert.
Er dient nicht nur der notwendigen Erholung, sondern hält gleichzeitig fest, dass Arbeit
nicht alles ist, dass der Mensch „nicht vom Brot allein lebt“. „Ruhen“ soll nicht einfach
„Untätigkeit“ bedeuten, sondern Hinwendung zu der Quelle, aus der alles Leben fließt.
Darum steht der Gottesdienst im Mittelpunkt der Feiertagsheiligung, wie die Bibel sie versteht.“
Zur Materialvorgabe
Versöhnung lernen 9/10, S.135.
Unterrichtsvoraussetzungen
Unterrichtseinheit: Judentum, besonders: Feste der Juden, Kennzeichen des Judentums.
Unterrichtseinheit: Jesus Christus, besonders: Jesu Auferstehung als Glaubensaussage.
126
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Ausnahme vom Arbeitsverbot am Sonntag aus wirtschaftlichen Gründen, Erhaltung der
Konkurrenzfähigkeit und Wettbewerbsmöglichkeit Deutschlands vs. Beibehaltung der
Feiertagsheiligung und des Rhythmus' von Arbeit und Ruhe, wobei - und das gehörte zu
einer guten Leistung - Ruhe Besinnung auf die Grundlagen des Lebens bedeutet.
Zu Aufgabe 2
Jüdischer Sabbat:
•
Erinnerung an die Schöpfungsordnung Gottes,
•
Verbot, die Schöpfung zu verändern, daher die vielen Sabbatvorschriften,
•
einzelne Riten: festliche Kleidung und Stimmung, Anzünden der Kerzen, geflochtene
Weißbrote, Synagogenbesuch, festgelegte Segensworte und Lieder,
•
für eine gute Leistung: insgesamt Sabbatheiligung als Kennzeichen des Judentums
in der Diaspora.
Zu Aufgabe 3
Bedeutung für den Einzelnen:
•
Erholung,
•
Bewusstsein, dass Arbeit nicht alles im Leben ist,
•
Besinnung auf das, was Kraft für das Leben und den Alltag gibt,
•
für eine gute Leistung: Beschäftigung mit sich selbst ohne Zweckbestimmung,
•
Bedeutung für die Gesellschaft,
•
Möglichkeiten für soziale und gemeinschaftsbildende Kontakte,
•
dem Leben der Gesellschaft einen Rhythmus geben gegen das Einerlei.
•
Für eine gute Leistung:
Verdeutlichung, dass die Gesellschaft zwar Arbeit und Leistung braucht, aber zur
Vollständigkeit eines Lebens noch andere Dinge gehören.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Begründung des christlichen Sonntags in Jesu Auferstehung.
•
Kreuz und Auferstehung Jesu.
Aufgabenbeispiel 3
Thema der Prüfungsaufgabe
Bergpredigt und Gerechtigkeit
127
Aufgabenstellung
Wie deutet der Künstler den Zusammenhang zwischen seiner Situation und der Bergpredigt? Beschreibe zunächst das Bild und gehe dann auf Stellen aus der Bergpredigt ein.
(Informationen zum Bild: Azaria Mbatha ist ein schwarzer südafrikanischer Künstler. Er
gestaltete dieses Bild 1962 und gab ihm den Titel „Die Bergpredigt“.)
Bild
Unterrichtsvoraussetzungen
Hauptbezug: Unterrichtseinheit „Rolle der Kirchen in Südafrika“ (mit Auszügen aus Nelson Mandela: Der lange Weg zur Freiheit. Frankfurt/Main 1994. Allister
Sparks: Morgen ist ein anderes Land/Südafrikas geheime Revolution.
Berlin 1995).
Zweiter Bezug: Unterrichtseinheit „Die Bergpredigt“ (insbesondere mit Bibliodrama zu Mt
5, 38-42).
Beide Themen sind hier für den Prüfling neu zu verknüpfen.
Ein weiterer Übergriff auf die Unterrichtseinheit „Hunger nach Gerechtigkeit - Umgang mit
der 3. Welt“ soll im Gespräch erfolgen.
128
Erwartete Leistungen
•
Ein Prediger, dem Titel nach Jesus, steht in einer segnenden Haltung auf einem
Berg.
•
Die Gesegneten vor ihm sind Schwarze in Zulu-Tracht.
•
Damit werden die Schwarzen als die Adressaten der Seligpreisungen und ihrer Verheißungen angesehen.
•
Den scheinbar Ohnmächtigen und Unterdrückten wird eine Reaktionsmöglichkeit
empfohlen, nämlich durch Gewaltlosigkeit die eskalierende Gewaltspirale zu durchbrechen.
•
Für eine gute Leistung:
Jesu Gesicht und Hände sind auf der einen Seite schwarz, auf der anderen weiß:
damit wird Jesus den leidenden Schwarzen und zugleich den weißen Unterdrückern
zugeordnet; dem entspricht die gegensätzliche Haltung der Kirchen in Südafrika: die
burische versucht die Apartheid theologisch zu rechtfertigen; die anderen, kleineren
treten für gleiche Menschenrechte aller Menschen ein.
Das Licht hinter Jesus lässt sich wie ein Heiligenschein verstehen, kann auf das Wort
Jesu „Ich bin das Licht der Welt“ hinweisen sowie darauf, dass den Schwarzen, die
Hörer der Bergpredigt sind, die Verheißung und der Auftrag gelten „Ihr seid das Licht
der Welt“.
Auch der Baum links und die Pflanzen vorn spielen auf Jesusworte an.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Feindesliebe im Alltag.
•
Gandhis gewaltlose Aktionen.
3.2.5 Katholische Religion
Fachbezogene Hinweise
In der mündlichen Überprüfung zeigt der Prüfling seine Fähigkeiten, ein Material anhand
einer vorgegebenen Aufgabenstellung sachgerecht auszuwerten. In der Regel wird es
sich um einen Text handeln, grundsätzlich sind andere Materialarten (etwa Bilder, auch
ergänzend) denkbar. Das Material ist Grundlage für den ersten Teil der Überprüfung; das
Prüfungsgespräch sollte damit im Zusammenhang stehen. Auch über die Materialbearbeitung hinausgehende Schritte (weitergehende Fragen, Themenübergriff, Vergleiche,
Urteile) sollten für das Prüfungsgespräch eingeplant werden. Die Leistungen in der
129
mündlichen Überprüfung sollen sich nicht auf das bloße Wiedergeben von Kenntnissen
beschränken. Neben den fachlich-inhaltlichen Gesichtspunkten ist auch das kommunikative Verhalten des Prüflings für die Beurteilung von Bedeutung. Dabei ist der Stand der
Entwicklung und des Trainings von Fertigkeiten zu beachten, wie er im Jahrgang 10 erzielt werden kann. Für die Aspekte der Bewertung mündlicher Leistungen gelten die Aussagen in den Rahmenrichtlinien sinngemäß.
Die nachfolgenden Aufgabenbeispiele orientieren sich an den Themen der Rahmenrichtlinien. Die Beispiele für das Fach Evangelische Religion können mit zur Verdeutlichung
des formalen und inhaltlichen Spektrums sowie des Anspruchsniveaus herangezogen
werden, vor allem bei konfessionell-kooperativem Religionsunterricht.
Aufgabenbeispiele
Aufgabenbeispiel 1
Thema der Prüfungsaufgabe
Religionskritik
Aufgabenstellung
1. Gib den Gedankengang des Textes von B. Russell mit eigenen Worten wieder.
2. Vergleiche Russell´s Auffassung mit der eines anderen Religionskritikers deiner
Wahl.
3. Nenne Argumente, die für die Existenz Gottes sprechen, und wäge Pro und Contra
ab. Setze dich dabei auch mit den Gottesbeweisen von Thomas von Aquin auseinander.
Bertrand Russell (1872-1970), engl. Philosoph und Nobelpreisträger für Literatur
Dann gibt es noch ein sehr eigenartiges moralisches Argument, nämlich die Behauptung, die Existenz Gottes sei nötig, um Gerechtigkeit in diese Welt zu bringen. In dem
Teil des Universums, den wir kennen, herrscht große Ungerechtigkeit. Oft leiden die Guten, während es den Schlechten wohl ergeht, und es ist schwer zu sagen, was ärgerlicher ist. Wenn jedoch im Universum als Ganzem Gerechtigkeit herrschen soll, muss man
annehmen, dass ein zukünftiges Leben den Ausgleich zum irdischen Leben herstellen
wird. So wird also behauptet, es müsse einen Gott geben und es müsse Himmel und Hölle geben, damit auf die Dauer Gerechtigkeit herrschen könne. Das ist ein sehr merkwür-
130
diges Argument. Wollte man die Angelegenheit vom wissenschaftlichen Standpunkt aus
betrachten, so müsste man sagen: „Schließlich kenne ich nur diese Welt. Ich weiß nicht,
wie das übrige Universum beschaffen ist, aber soweit man überhaupt mit der Wahrscheinlichkeit argumentieren kann, muss man annehmen, dass diese Welt ein gutes Beispiel für das Universum ist und dass, wenn es hier Ungerechtigkeit gibt, sie höchstwahrscheinlich auch anderswo vorhanden sein wird.“ ...
Und so würde auch ein wissenschaftlich denkender Mensch das Universum beurteilen.
Er würde sagen: „Hier in dieser Welt finden wir sehr viel Ungerechtigkeit, und das ist ein
Grund anzunehmen, dass nicht Gerechtigkeit die Welt regiert; es liefert uns ein moralisches Argument gegen Gott und nicht für Gott.“ Natürlich weiß ich, dass nicht solche
verstandesmäßigen Argumente, wie ich sie Ihnen dargelegt habe, die Menschen wirklich
bewegen. Was sie dazu bewegt, an Gott zu glauben, ist überhaupt kein verstandesmäßiges Argument. Die meisten Menschen glauben an Gott, weil man es sie von frühester
Kindheit an gelehrt hat, und das ist der Hauptgrund. Der zweitstärkste Beweggrund ist
wohl der Wunsch nach Sicherheit, nach einer Art Gefühl, dass es einen großen Bruder
gibt, der sich um einen kümmert. Das trägt sehr wesentlich dazu bei, das Verlangen der
Menschen nach einem Glauben an Gott hervorzurufen.
Zum Text
Russell, B.: Warum ich kein Christ bin, Sczesny-Verlag, München 1963, S. 25 f.
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Aufgabe nimmt Bezug auf das verbindliche Themenfeld „Gottesbilder“ der Rahmenrichtlinien für die Klassen 9/10. Die didaktischen Aspekte weisen auf die Problematik der
Gottesbilder und die Notwendigkeit der Auseinandersetzung u.a. mit atheistischen Positionen hin. Zur Bearbeitung der Aufgabe sind folgende Kenntnisse erforderlich:
•
Grundaussagen der klassischen Religionskritiker Feuerbach, Marx und Freud,
•
Grundkenntnisse über den Argumentationsgang der Gottesbeweise von Thomas von
Aquin,
•
Gottesverständnis der Bibel, z. B. die Unverfügbarkeit und Geschichtsmächtigkeit
Gottes im Zeugnis der Exoduserfahrung und des Christusereignisses.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
In der 1. Teilaufgabe soll eine knappe Inhaltsangabe geleistet werden, die folgende Aspekte hervorhebt: Der Autor versucht, das moralische Argument der notwendigen Existenz Gottes auf Grund der Ungerechtigkeit in der Welt zu widerlegen. Die Annahme eines
131
Himmels könne nicht überzeugend aus der Ungerechtigkeit in der Welt abgeleitet werden, der Himmel sei lediglich eine Kompensation dieser. Darüber hinaus sei aus wissenschaftlicher Sicht die Ungerechtigkeit eher ein Argument gegen Gott als für Gott, da nur
eine ungerechte Welt bekannt und das gesamte Universum vermutlich nicht anders als
diese Welt sei. Gegenüber diesen verstandesmäßigen Überlegungen seien die Motive für
den Gottesglauben nicht rationaler, sondern vielmehr emotionaler Art und haben ihren
Grund in der frühen Kindheit und dem Wunsch nach Sicherheit.
Zu Aufgabe 2
Zum Vergleich bieten sich in der 2. Teilaufgabe die Auffassungen von Feuerbach, Marx
und Freud an. Parallelen zu Russels Kompensationsthese sind in der Entzweiungs- und
Projektionsthese Feuerbachs, der Entfremdungstheorie und Opiumthese Marx‘ und der
Infantilitäts- und Illusionsthese Freuds zu sehen. Vor allem Letzterer hebt ebenfalls wie
Russell auf das Schutz- und Sicherheitsbedürfnis des Menschen in der Motivanalyse ab.
Der Prüfling soll lediglich auf einen dieser Religionskritiker Bezug nehmen.
Zu Aufgabe 3
In der 3. Teilaufgabe sind zunächst u.a. Argumente der Gottesbeweise von Thomas von
Aquin zu referieren, z. B. das Rückschlussverfahren des kausalen und teleologischen
Beweisganges. Die Erörterung der Argumente Für und Wider die Existenz Gottes sollte
die Unterschiedlichkeit und Einseitigkeit der jeweiligen Erfahrungsansätze (Ungerechtigkeit und Ohnmacht bzw. Sinnerfahrung) aufzeigen, das Rückschlussverfahren in seiner
logischen Stringenz problematisieren sowie die Unbeweisbarkeit und Unwiderlegbarkeit
der Hypothese „Gott“ als Patt der Vernunft darstellen.
Maßstab für das Anspruchsniveau der Bearbeitung der Teilaufgaben und des Prüfungsgesprächs ist die Darstellung der Thematik in den gängigen Unterrichtswerken für das
Gymnasium.
Themen für das Prüfungsgespräch
An die Erörterung kann sich zur Vertiefung eine Entfaltung des Gotteszeugnisses der Bibel anschließen, z. B.:
•
Dimensionen des Gottesnamens Jahwe nach Ex 3,14: Zuverlässigkeit, Unverfügbarkeit und Ausschließlichkeit,
•
die Offenbarung Gottes in Jesus: „Gott ist Liebe“ (1 Joh 4,8),
•
die Gottesrede angesichts des Leids, z. B. Hiob.
Darüber hinaus könnte auch die Aktualität der klassischen Religionskritik anhand von
Tendenzen neuen religiösen Bewusstseins problematisiert und der Blick auf Gottesvorstellungen anderer Religionen ausgeweitet werden.
132
Aufgabenbeispiel 2
Thema der Prüfungsaufgabe
Euthanasie
Aufgabenstellung
Als erstes Land der Welt haben die Niederlande Sterbehilfe durch Ärzte legalisiert. Befürworter der neuen Regelung sprachen von einem Sieg der Patientenrechte, Gegner
protestierten, das Gesetz ersetze Fürsorge durch Totschlag.
1. Nenne die Bedingungen, unter denen Sterbehilfe in den Niederlanden erlaubt sein
soll, und die Motive, die zur Legalisierung der Sterbehilfe geführt haben.
2. Erkläre folgende Begriffe mit je einem Beispiel: passive Euthanasie, indirekte Euthanasie, aktive Euthanasie.
Ordne den Fall der niederländischen Rechtsprechung diesen Formen zu und zeige
Probleme auf, die sich mit der niederländischen Entscheidung stellen.
3. Stelle die Ziele der Hospizbewegung dar und erörtere in diesem Zusammenhang,
was „humanes Sterben“ heißt.
Holland erlaubt Ärzten Sterbehilfe
„Ärzte sollen nicht wie Kriminelle behandelt werden. Hiermit wird Sicherheit sowohl für
Ärzte als auch für Patienten geschaffen“, erklärte Gesundheitsministerin Eis Borst. Mit
der Legalisierung werde die Sterbehilfe aus dem Verborgenen geholt, sagte Borst. Nach
den niederländischen Richtlinien muss ein Patient „aussichtslos und unerträglich leiden“,
bevor Hilfe beim Sterben geleistet werden darf. Der Kranke muss über alle medizinischen Möglichkeiten aufgeklärt sein und mindestens einen zweiten Arzt befragt haben.
Der Wunsch nach Sterbehilfe muss bei freiem Willen und klarem Verstand ausgesprochen werden. Ärzte dürfen die Möglichkeit nicht von sich aus vorschlagen. Das neue Gesetz erlaubt es den Patienten, in einer schriftlichen Erklärung um Sterbehilfe zu bitten und
so den Ärzten das Recht einzuräumen, im Ernstfall eine Entscheidung zu treffen.
Sterbehilfe und ärztliche Hilfe bei Selbstmorden werden in den Niederlanden bereits
seit Jahren praktiziert: 1993 wurden vom Parlament Richtlinien verabschiedet, aus denen
hervorging, dass Ärzte im Falle von Sterbehilfe nicht strafrechtlich verfolgt würden. Der
Straftatbestand mit einer Höchststrafe von zwölf Jahren Gefängnis blieb zugleich bestehen. Auch in der Schweiz, in Belgien und Kolumbien werden nach Angaben der Gesundheitsbehörden ähnliche Praktiken toleriert. Im US-Staat Oregon sprachen sich die
Wähler 1994 für Sterbehilfe aus; seit das Gesetz 1997 in Kraft trat, beendeten 43 Men-
133
schen in Oregon ihr Leben mit Hilfe anderer.“
Hannoversche Allgemeine Zeitung, 29.11.2000, S. 2.
Zum Text
Hannoversche Allgemeine Zeitung, 29.11.2000, S. 2.
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Aufgabe nimmt Bezug auf die verbindlichen Themenfelder „Das fünfte Gebot“, „Gottesbilder“ und das mögliche Themenfeld „Exodustradition im Alten Testament“ der Rahmenrichtlinien für die Klassen 9/10. Zur Bearbeitung der Aufgabe sind folgende Kenntnisse erforderlich:
•
Formen der Euthanasie und Rechtslage in Deutschland,
•
der ursprüngliche Sinn des fünften Gebotes,
•
„Präambel“ der Zehn Gebote,
•
Bedeutung des Gottesnamens Jahwe,
•
Hospizbewegung.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
In der 1. Teilaufgabe soll eine vorstrukturierte Inhaltsangabe geleistet werden.
Die Bedingungen für eine straffreie Sterbehilfe sind:
•
aussichtsloses und unerträgliches Leiden des Patienten,
•
Aufklärung über alle medizinischen Möglichkeiten,
•
Befragung eines zweiten Arztes,
•
freier Wille und klarer Verstand des Patienten,
•
schriftliche Erklärung für den Ernstfall als Entscheidungsgrundlage für Ärzte.
Die Motive zur Freigabe der Sterbehilfe sind:
•
Sicherheit für Patienten und Ärzte,
•
die Sterbehilfe aus dem Verborgenen holen.
Zu Aufgabe 2
In der 2. Teilaufgabe wird zur Präzisierung der ethischen Frage zunächst eine Begriffserklärung erwartet, die die aktive Sterbehilfe von der indirekten und passiven unterscheidet.
Das ethische Problem ist sodann auf die aktive Form der Sterbehilfe zuzuspitzen, da es
sich hierbei im Gegensatz zu den anderen in Deutschland auch rechtlich erlaubten Formen um eine direkte Tötung handelt. Neben der Gefahr des möglichen Missbrauchs, der
nicht auszuschließen ist, und der Problematisierung des Verfügungsanspruchs über das
eigene Leben, wäre es unter Bezugnahme auf die Unterrichtsvoraussetzungen wün134
schenswert, dass der Prüfling den Fall auch vor dem Hintergrund des 5. Gebotes im Kontext der Sinaitradition erörtert. Damit würde die Würde und Unverfügbarkeit menschlichen
Lebens auch in einen engeren theologischen Kontext gestellt werden. Der Glaube an die
Schöpferliebe Gottes, der seine Treue im Dasein für den leidenden Menschen zeigt, ermöglicht es dem betroffenen Menschen, sein leidvolles Leben anzunehmen.
Zu Aufgabe 3
In der 3. Teilaufgabe soll dieser Gedanke anhand der Praxis der Hospizbewegung vertieft
werden, die durch menschliche Zuwendung ein menschenwürdiges Sterben gewährleisten will. Der Maßstab für ein menschenwürdiges Sterben orientiert sich nicht nur an biologischen und medizinischen Kategorien wie Schmerzlinderung, sondern am Menschen
als einem personalen Wesen, das auf menschlichen Kontakt und emotionale Geborgenheit paradoxerweise gerade auch im Sterben, dem bewussten Loslassen von allen Beziehungen zu Dingen und Personen, angewiesen ist.
Themen für das Prüfungsgespräch
An die Erörterung kann sich zur Vertiefung eine Entfaltung des Gottesglaubens der Exodustradition anschließen, wobei ein besonderer Akzent auf dem Erweis des Gottseins
Gottes im Engagement für die Menschen liegen könnte. Dieser Gedanke könnte bis in
die Passion Jesu im Zweiten Testament verfolgt werden. Darüber hinaus wäre auch eine
Erörterung analoger ethischer Probleme wie Schwangerschaftsabbruch oder Todesstrafe
ein möglicher Gegenstand des Prüfungsgesprächs.
Aufgabenbeispiel 3
Thema der Prüfungsaufgabe
Selbstfindung und Religionen
Aufgabenstellung
1. Deute die Erzählung „Der Sannyasi“ auf dem Hintergrund fernöstlicher religiöser Lebensauffassungen.
2. Vergleiche diese Form der Askese mit den Idealen und Zielen monastischen Lebens
im Christentum.
3. Nenne Gründe, warum der Buddhismus in der westlichen Welt gegenüber dem Christentum an Attraktivität gewonnen hat, und nimm Stellung zu diesem Trend.
135
Anthony de Mello S.J. (1931 - 1987), spiritueller Meister, weltweit bekannter Autor erfolgreicher Weisheitsbücher
Der Sannyasi (wandernder Mönch) hatte den Dorfrand erreicht und ließ sich unter einem Baum nieder, um dort die Nacht zu verbringen, als ein Dorfbewohner angerannt kam
und sagte: „Der Stein! Gib mir den kostbaren Stein.“
„Welchen Stein?“ fragte der Sannyasi.
„Letzte Nacht erschien mir Gott Shiwa im Traum“, sagte der Dörfler, „und sagte mir, ich
würde bei Einbruch der Dunkelheit am Dorfrand einen Sannyasi finden, der mir einen
kostbaren Stein geben würde, so dass ich für immer reich wäre.“
Der Sannyasi durchwühlte seinen Sack und zog einen Stein heraus. „Wahrscheinlich
meinte er diesen hier“, sagte er, als er dem Dörfler den Stein gab. „Ich fand ihn vor einigen Tagen auf einem Waldweg. Du kannst ihn natürlich haben.“
Staunend betrachtete der Mann den Stein. Es war ein Diamant. Wahrscheinlich der
größte Diamant der Welt, denn er war so groß wie ein menschlicher Kopf.
Er nahm den Diamanten und ging weg. Die ganze Nacht wälzte er sich im Bett und
konnte nicht schlafen. Am nächsten Tag weckte er den Sannyasi bei Anbruch der Dämmerung und sagte: „Gib mir den Reichtum, der es dir ermöglicht, diesen Diamanten so
leichten Herzens wegzugeben.“
Zum Text
De Mello, A.: Warum der Vogel singt. Herder/Spektrum Bd. 4149, Freiburg, Basel, Wien
1992, S. 103 (vergriffen). In: Walter, R. (Hrsg.): Leben ist mehr. Das Lebenswissen der
Religionen und die Frage nach dem Sinn des Lebens. Herder/Spektrum Bd. 4360, Freiburg, Basel, Wien 1995, S. 19.
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Aufgabe nimmt Bezug auf die verbindlichen Themenfelder „Fremdbestimmung Selbstbestimmung“, „Jugend und Kirche“ und das mögliche Themenfeld „Östliche Hochreligionen“ der Rahmenrichtlinien für die Klassen 9/10.
Zur Bearbeitung der Aufgabe sind folgende Kenntnisse erforderlich:
•
Glaube und Leben der Hindus,
•
Glaube und Leben der Buddhisten,
•
Formen kirchlichen Lebens: das Mönchstum,
•
Askese und Mystik im Christentum.
136
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
In der 1. Teilaufgabe soll das Ideal einer geistigen Freiheit dargestellt werden, das es
dem Menschen erlaubt, sich vom Besitz materieller Güter völlig zu lösen. Der Prüfling
kann diese Haltung sowohl mit dem vierten Lebensziel der Hindus als auch mit dem achtteiligen Pfad des Buddhismus erläutern.
Zu Aufgabe 2
Zum Vergleich soll der Prüfling in der 2. Teilaufgabe zunächst den Sinn der drei mönchischen Gelübde darlegen: Armut, Gehorsam und Keuschheit - Verzicht auf Besitz, Herrschaft und geschlechtliche Liebe. Der freiwillige Verzicht auf diese Grundinteressen des
Menschen wird im Christentum um der mystischen Vereinigung mit dem dreifaltigen Gott
willen angestrebt. Die Parallele zur fernöstlichen Askese liegt im Prozess des Loslassens. Im Unterschied zur westlichen Vorstellung, die eine spirituelle personale Begegnung zum Ziel hat, wird im Buddhismus mit dieser Übung die „Ichlosigkeit“ angestrebt,
die diesseitige Erfahrungen schlechthin transzendiert und auf Grund der Analogielosigkeit
nicht beschreibbar ist.
Zu Aufgabe 3
Gründe für die Attraktivität des Buddhismus sind in folgenden Akzentsetzungen der Lehre
zu sehen, die postmodernem Denken westlicher Prägung entgegenkommt:
•
fehlende Berufung auf Gott,
•
Faszination der einfachen, auf die Praxis ausgerichteten Lehre des Buddhismus,
•
lockere Form der Verbindung und eher mangelhafte Gesetzlichkeit der buddhistischen Gemeinde.
Es bleibt allerdings zu fragen, ob das westliche, auf Autonomie ausgerichtete Interesse
an Buddhismusrezeption die eigentliche buddhistische Zielsetzung überhaupt trifft.
Themen für das Prüfungsgespräch
An die Erörterung können sich zur Vertiefung der christlichen Sicht Aspekte des verbindlichen Themas der Rahmenrichtlinien „Fremdbestimmung - Selbstbestimmung“ anschließen:
•
das christliche Freiheitsverständnis nach Paulus (Gal 5,1; 2 Kor 3,17),
•
das Doppelgebot der Liebe (Mk 12, 28-31).
Ferner bietet sich eine existentialistische Betrachtung der Exoduserzählung (mögliches
Thema der Rahmenrichtlinien) an, in der die Befreiungsgeschichte als Beispiel eines
Selbstwerdungsprozesses im Sinne von Identität als geschenkter Freiheit gelesen wird.
137
3.2.6 Werte und Normen
Fachbezogene Hinweise
In der mündlichen Prüfung zeigt der Prüfling seine Fähigkeiten, ein Material anhand einer
vorgegebenen Aufgabenstellung sachgerecht auszuwerten. In der Regel wird es sich um
einen Text handeln, grundsätzlich sind auch andere Materialien wie z. B. Bilder, Karikaturen, Plakate usw. denkbar. Das Material und die Aufgabenstellung beziehen sich auf die
Unterrichtsgegenstände des 10 Schuljahrgangs.
Das Material ist Grundlage für den ersten Teil der Überprüfung. Es muss für die Aufgabenstellung ergiebig sein, Umfang und Schwierigkeitsgrad müssen der kurzen Vorbereitungszeit in angemessener Weise entsprechen, so dass der Prüfling sich während der
Vorbereitungszeit eingehend mit dem Material auseinander setzen kann. Auf keinen Fall
dürfen sich die Leistungen in der Prüfung auf die bloße Wiedergabe von Kenntnissen beschränken. Die Auswertung des Materials soll zu altersangemessenen selbstständigen
Überlegungen führen.
Der Prüfling soll in der ersten Hälfte der Prüfung mit einem möglichst zusammenhängenden freien Vortrag seine am Material erarbeiteten Ergebnisse präsentieren. Im anschließenden Gespräch erfolgt eine Erweiterung und Vertiefung, falls nötig auch eine Nachfrage nach Kenntnissen. Der Prüfling soll dabei auf die Impulse der Prüfenden eingehen,
aber auch Gelegenheit haben, eigenständige Überlegungen zu entwickeln. Die weiterführenden Schritte (z. B. Fragen, Vergleiche, Urteile, Themenübergriffe) sollten von der oder
dem Prüfenden vorbereitet sein.
Für die Beurteilung der Leistung ist neben den fachlich-inhaltlichen Gesichtspunkten
auch das kommunikative Verhalten relevant. Die Aussagen und Kriterien der Rahmenrichtlinien gelten sinngemäß.
Aufgabenbeispiele
Aufgabenbeispiel 1
Thema der Prüfungsaufgabe
Sterbehilfe
Aufgabenstellung
1. Fasse den Text kurz in eigenen Worten zusammen.
138
2. Erläutere die im Text beschriebene Problematik der so genannten Sterbehilfe. Unterscheide dazu die Begriffe „aktive Sterbehilfe“ und „passive Sterbehilfe“.
3. Es gibt die Forderung, jeder Mensch habe ein Recht darauf, „in Würde zu sterben“.
Darf daraus aus deiner Sicht gefolgert werden, dass jeder Mensch über seinen eigenen Tod entscheiden darf? Begründe deine Auffassung.
Wer entscheidet über die Todesstunde?
Christoph Beyer erzählt die Sterbegeschichte seiner Mutter, die an Unterleibskrebs litt.
Die Ärzte gaben die Patientin schließlich auf. Sie galt, wie es im Klinikjargon heißt, als
„austherapiert“. Als die Schmerzen unerträglich wurden, wollte sie nicht mehr leben. (...)
Im Oktober 1999 fuhr er mit seiner Mutter in die Schweiz. „Sterbetourismus“ nennen Kritiker solche Reisen. Das Hospiz Dignitas nahm die alte Dame auf. Ärzte führten mit ihr viele Gespräche, um die Ernsthaftigkeit ihres Todeswunsches zu erspüren. Dann ein letztes
Lieblingsgericht, Schweizer Rösti. Ein Arzt löst tödliches Barbiturat in Wasser auf, stellt
das Glas auf den Tisch. Die Mutter sagt: „Ich muss jetzt leider gehen.“ Nimmt das Glas,
trinkt es aus. Der Sohn führt sie zum Bett, sie legt sich hin und sagt: „Ist es nicht wunderschön, so zu sterben?“ Dann schläft sie ein. (...)
Nicht nur ältere, viele junge Menschen haben in der hannoverschen Marktkirche diese
Geschichte angehört. Das Thema geht unter die Haut. „Aktive Sterbehilfe: Gibt es das
Recht auf einen gnädigen Tod?“ Tacheles, der Kirchen-Talk am roten Tisch, hat eingeladen. Und es ist den ernsten Gesichtern anzusehen: Die Zuhörer denken an das eigene
Sterben, vielleicht begleitet von starken Schmerzen. (...) Darf ein Arzt das Leben beenden - mit einem Giftbecher oder einer tödlichen Injektion?
Pieter Admiraal ist gekommen, ein Arzt aus den Niederlanden. Er hat mehr als hundert
schwerkranken Patienten Sterbehilfe geleistet. Wird ihm der EKD-Ratsvorsitzende Manfred Kock, Repräsentant von 27 Millionen evangelischen Christen in Deutschland, das 5.
Gebot „Du sollst nicht töten“ um die Ohren schlagen? In Deutschland ist das Töten auf
Verlangen gesetzlich verboten. Den Haag duldet es seit Jahrzehnten unter bestimmten
Bedingungen und will es nun legalisieren. Bröckelt in Europa ein Tabu?
Manfred Kock soll sagen, was er davon hält, wie er das Sterben der Mutter von
Chistopher Beyer einordnet. „Diesen Fall und viele andere Einzelfälle könnte ich respektieren. Aber meine Frage bleibt: Können wir Menschen nicht auch begleiten ohne eine
solche Nachhilfe? Dürfen wir Sterbehilfe legalisieren?“ (...)
Hannoversche Allgemeine Zeitung, 22.3.2001, S. 3 (Auszüge)
Zum Text
Hannoversche Allgemeine Zeitung, 22.3.2001, S. 3 (Auszüge).
139
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Aufgabe nimmt Bezug auf den verbindlichen Themenbereich „Tod und Sterben“ für
die Schuljahrgänge 9/10. Die Intentionen des Themenbereichs verweisen auf die Ausgrenzung und Technisierung von Tod und Krankheit, die von den Schülerinnen und
Schülern erörtert und reflektiert werden sollen.
Zur Bearbeitung der Aufgabe sind folgende Kenntnisse erforderlich:
•
Aspekte des Umgangs mit Krankheit, Alter und Tod; z. B. Hospizbewegung, die so
genannte „Reparaturmentalität“ im Umgang mit Krankheiten,
•
Grundkenntnisse im Argumentationsgang über aktive und passive Sterbehilfe sowie
Euthanasie,
•
Kenntnisse des thematischen Aspekts (d) der RRL: Sterbehilfe als ethisches und
rechtliches Problem.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
In der ersten Teilaufgabe soll eine knappe Zusammenfassung des Inhalts in eigenen
Worten erfolgen. Hervorzuheben sind hier die öffentliche Diskussion über Sterbehilfe, die
von einzelnen Fällen (Beispiel: Tod der Mutter, s. Text) ausgeht und wegen der potentiellen Betroffenheit ein breites Interesse findet. Diese Diskussion thematisiert das grundsätzliche Problem im Umgang mit Tod und Sterben, ob und unter welchen Bedingungen
aktive Sterbehilfe geleistet werden darf. Im ersten Teil des Textes werden implizit die Kriterien der Unheilbarkeit und des Leidens betont. Da in der Schweiz und in den Niederlanden eine aktive Sterbehilfe legal ist, gibt es den so genannten „Sterbetourismus“, wie
ihn Kritiker nennen.
Zu Aufgabe 2
In der zweiten Aufgabe wäre zu erläutern, dass angesichts der bedrückenden Problemfälle Diskussionsbedarf und Entscheidungsdruck für den einzelnen Kranken, seine Angehörigen, die Ärzte und letztlich auch für den Gesetzgeber besteht. Die beiden Begriffe
sollen sachlich zutreffend erklärt werden: Unter aktiver Sterbehilfe versteht man das gezielt den Tod einleitende Handeln, unter passiver Sterbehilfe die Unterlassung lebenserhaltender Maßnahmen.
Zu Aufgabe 3
Die Stellungnahme in der dritten Teilaufgabe kann inhaltlich sehr unterschiedlich akzentuiert sein. Es ist zu berücksichtigen, dass ggf. mittelbare persönliche Erfahrungen den
Standpunkt beeinflussen können. Daher ist unabhängig vom inhaltlich artikulierten
Standpunkt der Schwerpunkt in einer begründeten, möglichst differenzierten Stellungnahme zu sehen.
140
Themen für das Prüfungsgespräch
Im Rahmen der Aufgaben 2 und 3 kann auf Unterrichtsergebnisse zurückgegriffen werden. Dies könnten z. B. ethische Positionen sein (Epikur, Stoa, Kant, Schweitzer), aber
auch grundsätzliche Überlegungen zur Legitimität und Legalität verschiedener Reaktionen. Es könnte auch auf das Thema Euthanasie eingegangen werden. Möglichkeiten der
Vertiefung bieten sich für analoge ethische Probleme an, etwa Schwangerschaftsabbruch
oder Todesstrafe.
Aufgabenbeispiel 2
Thema der Prüfungsaufgabe
Gerechtigkeit
Aufgabenstellung
1. Stelle in eigenen Worten die Vorschläge charakterisierend vor, ordne sie nach Kriterien, die dir sinnvoll erscheinen.
2. Erläutere ausführlich das Problem, ein „möglichst gerechtes“ Verfahren zu bestimmen.
3. Wäge mit Argumenten ab, welcher Vorschlag aus deiner Sicht besonders geeignet
wäre, und begründe deine Position.
„Der Förderverein eines Gymnasiums spendet 5 000,- DM als „Starthilfe-Stipendium“ für
Schülerinnen oder Schüler, die „herausragende Leistungen“ erbracht haben. Die Vorsitzende des Fördervereins bittet darum, Vorschläge einzureichen, damit „möglichst gerecht“ entschieden werden kann. Bei der Abitur-Feier soll der Preis in einem angemessenen Rahmen überreicht werden.
Die Vorschläge nennen verschiedene mögliche Preisträger und Entscheidungswege:
1. Der Abiturient bzw. die Abiturientin mit der besten Durchschnittsnote.
2. Kai B., der an einer Muskelschwunderkrankung leidet, seit Jahren an den Elektrorollstuhl gefesselt ist und überragende Leistungen in Informatik erbracht hat; er kann fast
nur noch seinen PC bedienen und daher in anderen Fächern kaum Leistungen erzielen. „Kai hat es einfach verdient“ steht auf dem Zettel.
3. Sonja P., weil sie bei der deutschen Mathematik-Olympiade einen dritten Preis gewonnen hat. Darüber hatten die Zeitungen begeistert berichtet.
141
4. Erkan G., weil er als „Ausländer“ und ehemaliger Realschüler einen phantastischen
Leistungssprung geschafft hat: Durchschnittsnote 1,9! Damit ist er seit langer Zeit der
beste ehemalige Realschüler.
5. Muhammad K., dessen Familie nach Deutschland fliehen musste und seit dem von
der Sozialhilfe lebt. Er ist das aktivste Mitglied der Theater-AG ist, für die er fast seine
gesamte Freizeit opfert. „Er hat es nicht leicht und engagiert sich so wie niemand
sonst!“ steht ergänzend auf dem Zettel.
6. Der Preis soll unter den 10 Besten des Jahrgangs verlost werden.
7. Es soll eine schwierige fächerübergreifende Aufgabe gestellt werden, die alle lösen
müssen, die sich für den Preis interessieren. Die Siegerin/Der Sieger bekommt ihn.
8. Es solle abgestimmt werden im Jahrgang, wer den Preis bekommen soll. Kriterium:
Zahl der Stimmen.
9. Der Preis soll abwechselnd für weibliche und männliche Jugendliche verliehen werden.
10. Die Kinder reicher Eltern dürften nicht den Preis bekommen, weil sie genug Geld haben.
11. Preisträger müssten sich auch allgemein vorbildlich verhalten, weil es peinlich sei,
wenn jemand zwar sehr leistungsstark, aber „menschlich nicht akzeptabel“ sei.
Zum Text
Nach Höffe, O.: Lexikon der Ethik, C.H. Beck, München 1992, S. 84 ff.
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Aufgabe nimmt Bezug auf das verbindliche Thema „Recht und Gerechtigkeit“ für die
Klassen 9/10 (vgl. RRL, S. 46). Die dort skizzierten Intentionen weisen auf die Problematik hin, dass die Jugendlichen vermutlich eher ungenaue Vorstellungen von den differenzierten Aspekten der Gerechtigkeit haben. Zur Bearbeitung der Aufgabe sind folgende
Kenntnisse erforderlich:
•
Kenntnisse im Bereich der Kriterien für Gerechtigkeit (vgl. RRL S. 46, Thematische
Aspekte (b) und (d), z. B. Maßstäbe der Verteilungsgerechtigkeit, Einzelfallgerechtigkeit im Spannungsverhältnis zu Grundsätzen der Gleichheit und Allgemeinheit.
•
Kenntnisse ethischer Positionen können für die Bearbeitung hilfreich sein.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
In der ersten Aufgabe soll ein knapper, charakterisierender Überblick in eigenen Worten
formuliert werden, der sich auch an Kriterien für eine Ordnung der Vorschläge orientiert.
142
Hier könnte auf das Kriterium der absoluten und der relativen Leistung hingewiesen werden (Vorschläge 1, 3, 6, 7 bzw. 2, 4), auf das Kriterium der Gleichheit und der Allgemeinheit (Vorschläge 7, 8, 9) sowie auf Argumente, die indirekt berücksichtigt werden sollen
(Vorschläge 5, 10, 11).
Zu Aufgabe 2
Die Lösung zur zweiten Aufgabe kann auf Kenntnisse aus dem Unterricht zurückgreifen,
vor allem auf Aspekte der Gerechtigkeitskriterien und der ethischen Probleme im Zusammenhang mit Gerechtigkeit. Dabei müsste deutlich werden, dass es eine absolute
Gerechtigkeit nicht geben kann, sondern immer nur eine an möglichst rationalen und intersubjektiven Kriterien orientierte Entscheidung für eine relative Gerechtigkeit. Diese
muss Präferenzen benennen und ggf. zur Diskussion stellen (z. B. hinsichtlich der Frage,
ob und inwiefern soziale Aspekte eine Rolle spielen sollen).
Zu Aufgabe 3
Damit ist auch die Überleitung zur dritten Aufgabe deutlich, in der ein begründetes, möglichst differenziertes und abwägendes Urteil formuliert werden soll. Die inhaltliche Position wird von der subjektiven Betrachtung geprägt sein, insofern bezieht sich eine positive
Bewertung in erster Linie auf eine differenzierte und abwägende Argumentation.
Themen für das Prüfungsgespräch
An die Beurteilung kann sich eine Vertiefung anschließen, in der die ethische Problematik
verdeutlicht und erweitert wird: Die Maßstäbe der Verteilungsgerechtigkeit müssten hinsichtlich des Einzelfalles einerseits und des Anspruches auf eine allgemeingültige Regelung andererseits geprüft werden. Hier ließe sich auch diskutieren, ob und inwiefern relevante Nebenaspekte (soziale Situation, „Intelligenzquotient“, „Behinderung“ usw.) in
einen Kriterienkatalog aufgenommen werden können.
Ergänzend könnte auf ethische Prinzipien eingegangen werden, z. B. hinsichtlich der
Frage, ob die Verleihung des Preises letztlich auch solchen Prinzipien folgen müsste
(„Gemeinwohl vor Eigenwohl“, Utilitarismus, Förderung der „Schwächeren“, Zufallsprinzip
einer Auslosung als Vermeidungsstrategie für mögliche Konflikte usw.).
Ebenso könnte das Gespräch aber auch auf Fälle der Gerechtigkeitsproblematik im
Spannungsverhältnis zum Recht eingehen, etwa auf das Problem der Strafmündigkeit,
der angemessenen juristischen Urteilsfindung, der Verantwortung für Folgen des eigenen
Handelns usw.
143
Aufgabenbeispiel 3
Thema der Prüfungsaufgabe
Moral im Alltag: Das Problem der Lüge
Aufgabenstellung
1. Fasse den Text in eigenen Worten zusammen.
2. Erläutere das Problem, dass „Wert gegen Wert steht“, an einem eigenen Beispiel.
3. „Es gibt Situationen, in denen man lügen muss, wenn man sich richtig verhalten will!“
Diskutiere diese These, berücksichtige dabei dir bekannte ethische Grundsätze oder
Positionen.
Nicolai Hartmann: Kann man immer die Wahrheit sagen?
„Wahrheitsliebe oder Wahrhaftigkeit als Wert mit einem besonderen moralischen Anspruch lässt keine Ausnahmen zu. Was wir eine Notlüge nennen, ist immer ein Anti-Wert
- jedenfalls vom Standpunkt der Wahrhaftigkeit als Wert aus. Es gibt keinen Zweck, der
das Mittel der bewussten Täuschung rechtfertigt - oder sie auch nur moralisch weniger
verwerflich machen würde.
Und doch sehen wir uns einem sehr schwerwiegenden moralischen Problem gegenüber,
das sich keineswegs dadurch lösen lässt, dass man jegliche Lüge kategorisch ablehnt.
Es gibt Situationen, in denen ein Mensch vor die unentrinnbare Alternative gestellt ist,
sich entweder gegen das Gebot der Wahrhaftigkeit oder aber gegen einen anderen,
ebenso hoch oder noch höher stehenden Wert zu versündigen. (...) Der Kriegsgefangene, der beim Verhör durch den Feind unter Druck militärische Geheimnisse seiner Armee
preisgibt, macht sich des Hochverrats schuldig. (...)
Es sind gerade die moralisch gereiften und ernsthaften Menschen, die dazu neigen, hier
zugunsten des anderen Werts zu entscheiden und die Verantwortung für die Lüge auf
sich zu nehmen. Denn es liegt im Wesen solcher moralischer Konflikte, dass in ihnen
Wert gegen Wert steht und dass es unmöglich ist, sich ihnen zu entwinden, ohne schuldig zu werden.“
Zum Text
Hartmann, N.: Ethics, Volume II, Landau 1932, S.283. Zitiert nach Gerber, U. u.a.: ethik
9/10. Ein Arbeitsbuch für den Ethikunterricht im 9. und 10. Schuljahr, Diesterweg/Kösel,
Frankfurt. a.M. 1986, S. 12.
144
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Aufgabe nimmt Bezug auf das verbindliche Themenfeld „Eine Moral oder viele Moralen?“ (vgl. RRL, S. 51); die Lüge ist ein Beispiel für eine weit verbreitete, moralisch fragwürdige, aber alltägliche Verhaltensweise, die allerdings im Lichte verschiedener ethischer Konzeptionen diskussionswürdig ist. Für eine Bearbeitung der Aufgabe sind
Kenntnisse bezüglich der folgenden drei thematischen Aspekte des Themenbereichs erforderlich:
•
Formen und Konsequenzen problematischer Lebensweisen (z. B. Beliebigkeit,
Opportunismus, Amoralität),
•
moralisch-ethische Ansprüche (z. B. die „Goldene Regel“, das Wohlergehen aller),
•
Konzepte der Ethik (z. B. Utilitarismus, ethischer Egoismus, Hedonismus, kategorischer Imperativ).
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
In der ersten Aufgabe soll der Text in eigenen Worten zusammengefasst werden. Das
Problem, auf das Hartmann verweist, liegt in der Unlösbarkeit des Anspruchs, alle moralischen Ansprüche gleichrangig zu berücksichtigen. In dem Moment, in dem zwei (oder
mehr) Werthaltungen im Widerspruch zueinander stehen, muss eine Entscheidung zugunsten eines Wertes getroffen werden. Hartmann verdeutlicht dies am Beispiel des
Kriegsgefangenen. Schließlich deutet er in allgemeiner Form an, dass die Lüge u.U. im
Sinne eines höherwertigen Ziels verantwortet werden muss.
Zu Aufgabe 2
In der zweiten Aufgabe soll ein eigenes Beispiel entwickelt werden; dieses muss der Konfliktsituation adäquat entsprechen. Mögliche Beispiele: geringfügige Lüge für einen
Freund um der Freundschaft willen; unwahre Information eines Arztes gegenüber einem
Patienten, um diesen nicht verzweifeln zu lassen. Das Beispiel sollte der Wahrhaftigkeit
einen gleichrangigen oder (subjektiv) höherwertigen Wert gegenüberstellen.
Zu Aufgabe 3
Aufgabe 3 verlangt eine Berücksichtigung ethischer Grundsätze oder Positionen. Hier soll
der Konflikt einer Entscheidung mit explizit theoretischem Bezug zu ethischen, ggf. auch
zu religionskundlichen Aspekten reflektiert werden. Die konkreten Beispiele hängen von
Kenntnissen aus dem Unterricht zusammen, mögliche Beispiele: die „Goldene Regel“,
die 10 Gebote bzw. das Verbot der Lüge in vielen Religionen, Aspekte der Folgenabschätzung (Utilitarismus) oder der Pflichtethik (kategorischer Imperativ). Da hier subjektiv
geprägte Lösungen zu erwarten sind, orientiert sich die Bewertung der Leistung an einer
möglichst differenzierten, folgerichtigen und in sich stimmigen Erörterung. Diese muss
145
nicht zwingend zu einer klaren Entscheidung führen, sie kann sich auch auf eine umfassende und reflektierte Vorstellung des Dilemmas konzentrieren.
Themen für das Prüfungsgespräch
Es bieten sich Vertiefungen an mit Bezug zu ethischen Positionen, die von den Prüflingen
nicht berücksichtigt wurden. Es lässt sich auch provokativ erörtern, ob angesichts des alltäglichen Lügens nicht eine Legitimation der Lüge nachdenkenswert sein könnte. In diesem Zusammenhang könnte auch eine Gewichtung von Lügen in unterschiedliche „qualitative Grade“ erörtert werden, die unterschiedlich negative oder ggf. sogar positive
Folgen haben.
Das Gespräch könnte auch auf den fakultativen Themenbereich „Wahrheit und Wirklichkeit“ eingehen (vgl. RRL S. 47) und die Möglichkeiten und Grenzen für „wahre“ Aussagen
thematisieren. Hier kann erörtert werden, ob „unwahre“ Aussagen nicht allein aufgrund
unvollständigen Wissens unvermeidlich sind.
146
3.3
Aufgabenfeld C
3.3.1 Physik
Fachbezogene Hinweise
In der mündlichen Prüfung sollen die Prüflinge Gelegenheit erhalten, physikalische Sachverhalte im freien Vortrag darzustellen und im Gespräch zu physikalischen Problemen
Stellung zu nehmen. Dabei sind Fachwissen, Überblick und Methodenverständnis gefordert. Die Schülerinnen und Schüler sind im Unterricht rechtzeitig über den Prüfungsablauf, die in einer Prüfung geforderten Leistungen und die Bewertungskriterien zu informieren. Es wird empfohlen, im Rahmen einer Beratung auch vorbereitende Übungsmöglichkeiten anzubieten.
Grundlage der Aufgabenstellung sind die Unterrichtsinhalte, die bis zum Zeitpunkt der
Prüfung behandelt worden sind. Die Aufgabenstellung ist insgesamt an den Zielen und
Inhalten, die durch die Rahmenrichtlinien für Physik im Sekundarbereich I des Gymnasiums vorgegeben sind, zu orientieren.
Das Schwergewicht der Prüfung soll im selbstständigen Darstellen bekannter Sachverhalte liegen. Die Aufgabenstellung ist so anzulegen, dass prinzipiell jede Note erreichbar
ist. Bei der Formulierung der Aufgaben ist darauf zu achten, dass die Prüflinge noch nicht
die Fähigkeiten und Fertigkeiten bzw. die Übersicht von Abiturienten haben können.
Ausgangspunkt der Aufgabenstellung wird in der Regel ein überschaubares Experiment
oder geeignetes Material sein. Daran schließt sich die weitere Aufgabenstellung an. So
genannte physikalische Rechenaufgaben sind zu vermeiden. Für das dem ersten Teil der
Prüfung folgende Gespräch werden dem Prüfling keine Fragestellungen vorgelegt.
Sollte die Prüfung als Gruppenprüfung stattfinden, muss unbedingt darauf geachtet werden, dass jeder Schülerin bzw. jedem Schüler etwa der gleiche zeitliche und inhaltliche
Anteil an der Prüfung eingeräumt wird. Insbesondere muss jedem Prüfling die Gelegenheit gegeben werden, auch die beste Note zu erreichen. Da sich im Fach Physik die Prüfung auf nur ein überschaubares Experiment bzw. auf ein in der zur Verfügung stehenden
Zeit auswertbares Material bezieht, wird eine Gruppenprüfung wegen der damit verbundenen Einschränkungen eher die Ausnahme sein.
Der Fachprüfungsausschuss muss rechtzeitig über die Aufgabenstellung und das geplante Prüfungsgespräch informiert werden.
147
Bei der Bewertung der mündlichen Prüfung sind insbesondere folgende Gesichtpunkte
relevant:
•
Umfang des Fachwissens,
•
sachgerechte Darstellung (Fachsprache),
•
Gliederung der Darstellung,
•
Grad der Selbstständigkeit,
•
Reaktionen auf Fragen, Einwände und Hilfen.
Grundsätzlich ist die erbrachte Leistung als Ganzes zu beurteilen.
Aufgabenbeispiele
Aufgabenbeispiel 1
Thema der Prüfungsaufgabe
Elektrizitätslehre
Aufgabenstellung
1. Beschreibe den Versuchsaufbau und die Versuchsdurchführung. Nenne deine Beobachtungen.
2. Erläutere kurz den prinzipiellen Aufbau eines Dynamos und sein physikalisches
Funktionsprinzip. Erörtere, wovon die Ausgangsspannung am Dynamo abhängt.
3. Deute die beiden Versuchsteile auch unter energetischen Gesichtspunkten.
Versuch
Ein Massestück hängt über eine Schnur am Reibrad eines Dynamos. Das Massestück
bewegt sich nach dem Loslassen relativ schnell abwärts (Teil 1). Schließt man eine Lampe an den Dynamo, leuchtet sie auf, und das Massestück sinkt langsamer abwärts (Teil
2).
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Unterrichtsvoraussetzungen sind in den geltenden Rahmenrichtlinien beschrieben.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Beschreibung des Aufbaus und der Durchführung wie in der Versuchsbeschreibung.
Beobachtung: Das Massestück sinkt im Teil 2 deutlich langsamer als im Teil 1.
148
Zu Aufgabe 2
Aussagen zum Aufbau eines Dynamos aus Spulen und Magnet.
Induktionsvorgang beim Dynamo beschreiben (Innenpolgenerator).
Abhängigkeit der Induktionsspannung von den Bauteilen (Spulen, Magnet) und von der
Drehfrequenz angeben und qualitativ beschreiben, ggf. Einfluss der Belastung andeuten.
Zu Aufgabe 3
Höhenenergie wird umgewandelt in Bewegungsenergie (Teil 1).
Im zweiten Teil bleibt die Bewegungsenergie nach Erreichen der maximalen Geschwindigkeit konstant, Höhenenergie wird in elektrische Energie umgewandelt.
Es bedeutet eine höherwertige Leistung, wenn die Unterschiede zwischen Teil 1 und Teil
2 energetisch gedeutet werden können.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Vergleichende Betrachtung der Erzeugung einer Induktionsspannung durch eine Relativbewegung bzw. durch eine Magnetfeldänderung.
•
Der Generator als Elektromotor (Energieumwandlung).
•
Physikalische Vorgänge am Transformator (Übertragung der Magnetfeldänderung
durch den Eisenkern, Einfluss der Windungszahlen).
•
Einsatz von Transformatoren bei den Überlandleitungen (Spannungswandler,
Stromwandler, Energiebetrachtungen).
Aufgabenbeispiel 2
Thema der Prüfungsaufgabe
Kernphysik
Aufgabenstellung
1. Auf der Briefmarke ist die Entdeckung von Otto Hahn und Lise Meitner dargestellt.
Erläutere, was die einzelnen Symbole bedeuten. Gehe dabei auf deine Vorstellung
vom Aufbau der Atome ein.
2. Beschreibe den auf der Briefmarke abgebildeten Vorgang und seine Bedeutung für
die Energiegewinnung.
149
Material
Die Aufgabe stützt sich auf vorgelegtes Material.
Unterrichtsvoraussetzungen
Die Unterrichtsvoraussetzungen sind in den geltenden Rahmenrichtlinien beschrieben.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Neutronen, Protonen und deren Eigenschaften, Kern des Urans, Kerne der (etwa gleich
massiven) Bruchstücke, dargestellt sind nur die Kerne, Aufbau von Atomen aus Kern und
Hülle, Angabe der Größenverhältnisse.
Zu Aufgabe 2
Kernspaltung durch Beschuss schwerer Kerne mit langsamen Neutronen. Dabei teilt sich
der beschossene Kern in etwa gleiche Teile. Es werden weitere Neutronen frei. Eine Kettenreaktion ist möglich, wenn diese wieder Spaltungen hervorrufen können. Die kinetische Energie der Bruchstücke kann im Reaktor ausgenutzt werden, um Wasser zu verdampfen, mit dessen Hilfe dann Turbine und Generator angetrieben werden.
Es bedeutet eine höherwertige Leistung, wenn mit der Bindungsenergie je Nukleon sinnvoll argumentiert werden kann.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Radioaktivität der Bruchstücke: Strahlungsarten und Strahlenschutz.
•
Nachweis der Strahlung radioaktiver Stoffe.
•
Beschreibung der Induktion in einem Generator.
150
•
Darstellung der Energieübertragung vom Kraftwerk zum Abnehmer in einem Energieflussdiagramm.
3.3.2 Chemie
Fachbezogene Hinweise
In der mündlichen Prüfung soll der Prüfling zeigen, dass er über chemische Sachverhalte
in freiem Vortrag berichten und im Gespräch zu chemischen Fragen Stellung nehmen
kann. Dabei soll er nachweisen, in welchem Umfang er
•
über Fachwissen verfügt,
•
Überblick über Zusammenhänge besitzt,
•
Verständnis für fachspezifische Denk- und Arbeitsweisen hat,
•
Einblick in chemische Problemstellungen und Ergebnisse gewonnen hat.
Bei vorgesehenem Schülerexperiment kann eine Verlängerung der Vorbereitungszeit
vorgesehen werden. Bei der mündlichen Prüfung mit Experiment ist eine Einzelprüfung
anzustreben. Der Prüfungsablauf wird in den allgemeinen Hinweisen beschrieben.
Die mündliche Prüfung besteht aus zwei Teilen.
Grundlage für den ersten Teil der Prüfung ist die angemessen begrenzte, gegliederte
Aufgabe, die dem Prüfling zu Beginn der Vorbereitung schriftlich vorgelegt wird.
In der Regel soll ein übersichtliches Experiment oder geeignetes Material zur Aufgabenstellung verwendet werden. Bei mathematischen Darstellungen sind die chemischen Interpretationen hervorzuheben, längere Deduktionen und Rechnungen sind zu vermeiden.
Die Darstellung und Begründung von Sachverhalten soll in der mündlichen Prüfung im
Vordergrund stehen.
Die Aufgabenstellung für den ersten Teil der mündlichen Prüfung muss
•
einen einfachen Einstieg erlauben und so angelegt sein, dass in der Prüfung jede Note erreichbar ist,
•
sich auf die Inhalte des vorangegangenen Unterrichtes im 10. Jahrgang beziehen,
•
nach Umfang und Komplexität in der vorgegebenen Vorbereitungszeit bearbeitet und
in etwa der Hälfte der Prüfungszeit vorgetragen werden können.
Liegt der Aufgabe ein Experiment zugrunde, mit dem während der Prüfungsvorbereitungen quantitative Arbeitsunterlagen zu erbringen sind, so sind diese bereits beim Erstellen
der Aufgabe zu sichern. Auf diese Weise ist es möglich, bei eventuellem Misslingen des
151
Experiments dem Prüfling die erforderlichen Daten für die weitere Bearbeitung zur Verfügung zu stellen.
Für das Prüfungsgespräch im zweiten Teil wird dem Prüfling die geplante Problemstellung nicht zur Vorbereitung vorgelegt.
Die schriftlich vorgelegte Aufgabe und die Planung für das Prüfungsgespräch sind dem
anderen Mitglied des Fachprüfungsausschusses und der Schulleiterin oder dem Schulleiter - wenn sie oder er den Vorsitz übernimmt - rechtzeitig vor Beginn der Prüfung vorzulegen. Der Fachprüfungsausschuss ist darüber hinaus vor der Prüfung schriftlich oder
mündlich über die zu erwartenden Leistungen zu informieren.
Dem Charakter einer mündlichen Prüfung entsprechend sollen neben der sachgerechten
Darstellung und dem Umfang des gezeigten Fachwissens auch folgende Kriterien Berücksichtigung finden:
•
verständliche und anschauliche Darlegung, Gliederung und Aufbau der Darstellung,
•
Herausarbeiten der wesentlichen Aspekte,
•
Grad der Selbstständigkeit,
•
Flexibilität bei Fragen, Einwänden und Hilfen.
Aufgabenbeispiele
Aufgabenbeispiel 1
Aufgabenart
Material, Demonstrationsversuch und Schülerexperiment
Themen
Redoxreaktionen und Säuren
Aufgabenstellung
1. Wasserstoff und Chlor reagieren heftig miteinander, wenn sie z. B. dem Blitzlicht eines Fotoapparates ausgesetzt werden.
Deute diese Aussagen ausführlich. Ziehe hierzu auch das Periodensystem der chemischen Elemente und das Schalenmodell heran. Formuliere die Reaktionsgleichung
für die oben gemachte Aussage unter Verwendung von Valenzstrichformeln.
152
2. Mit verdünnter Salzsäure wird eine Elektrolyse (Demonstrationsversuch) durchgeführt. Beschreibe kurz den Aufbau, schildere die Beobachtungen und erkläre die Vorgänge an den Elektroden mit Reaktionsgleichungen.
3. Gib zu ca. 5 ml Salzsäure eine Spatelspitze Zinkpulver (Schülerversuch). Äußere
dich über die Versuchsbeobachtungen und erkläre sie mithilfe einer Reaktionsgleichung in Ionenschreibweise. Hinweis: Zinkionen sind zweifach positiv geladen.
Unterrichtsvoraussetzungen
Die folgenden Themen wurden u.a. im 10. Jahrgang behandelt: Elementfamilie der Halogene, Energiestufen, Elektronenschalen, Schalenmodell, Elektronenpaarbindung, saure
und alkalische Lösungen, Salze, Elektrolyse, Salzbildungsreaktionen.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Schalenmodelle vom Wasserstoff- und vom Chloratom; Valenzstrichformeln der Moleküle; Atombindung; scheinbare Edelgaskonfiguration; exothermer Reaktionsverlauf:
H2(g) + Cl2(g) → 2 HCl(g); exotherm bzw. Energie wird frei.
Zu Aufgabe 2
U-Rohr; Graphit-Elektroden; Gasentwicklung an beiden Elektroden; Farbe der Gase; Erklärung der Abnahme der Bläschengröße beim Chlor; Erklärung der Elektrodenvorgänge:
+
Kathode: 2 H
Anode:
(aq)
-
2 Cl
-
+ 2 e → H2(g)
(Reduktion)
-
→ Cl2 (g/aq)+ 2 e
(aq)
(Oxidation)
Zu Aufgabe 3
Versuchsbeobachtung: Gasentwicklung; klare Lösung
Reaktionsgleichung:
+
Zn(s) + 2 H
(aq) +
-
2+
2 Cl (aq) → Zn
(aq) +
-
2 Cl (aq) + H2(g)
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Umkehrbarkeit von Reaktionen; die Elektrolyse ist eine endotherme Reaktion.
•
Nachweis der Produkte aus den Aufgaben 2) und 3): Knallgasprobe; Bleichwirkung
von Chlor; Gewinnung des Salzes Zinkchlorid durch Eindampfen der Lösung.
•
Elektrolyse einer wässrigen Zinkchlorid-Lösung.
•
Beschreibung des Springbrunnenversuchs.
•
Verhalten von blauer Lackmuslösung gegenüber Salzsäure.
•
Salzbildungsreaktionen.
153
Aufgabenbeispiel 2
Aufgabenart
Schülerexperiment und materialgebundene Aufgabe
Themen
Nachweisreaktionen/Atombau
Aufgabenstellung
1. Reagenzglas I enthält eine wässrige Lösung von Silber(I)-nitrat.
Reagenzglas II enthält eine wässrige Lösung von Magnesiumchlorid.
1.1 Gib den Inhalt von Reagenzglas I in das Reagenzglas II und schwenke um.
Beschreibe deine Beobachtungen und deute sie mit Begründung.
1.2 Formuliere die Reaktionsgleichung in Ionenschreibweise und die gekürzte Ionengleichung.
2. Schwefel steht in der 3. Periode und in der 6. Hauptgruppe des Periodensystems.
Das Schwefelatom könnte wie folgt symbolisiert sein:
32
S
16
Leite aus den Angaben den Aufbau des Schwefelatoms ab.
Stelle das Schwefelatom 1) im Schalenmodell und 2) in der Lewis-Schreibweise dar.
Unterrichtsvoraussetzungen
Die folgenden Themen wurden u.a. im 10. Jahrgang behandelt: Salze, Ionennachweise in
Alltagsstoffen, Atommodelle mit Elektronenschalen, Proton, Neutron, Kern, Kernladungszahl, Ordnungszahl, Valenzelektronen, Oktettregel, Hauptgruppenelemente.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
1.1 Beobachtung: weißer Niederschlag (u.U. Verfärbung im Sonnenlicht).
Deutung: Der Niederschlag ist Silberchlorid, denn Silberchlorid ist schwer löslich.
Begründung: Alle Nitrate sind in Wasser leicht löslich. Daher bildet sich kein festes
Magnesiumnitrat.
154
1.2 Reaktionsgleichung:
2+
(aq) +
2 Cl (aq) + 2 Ag
2+
(aq) +
2 (NO3 )(aq) + 2 Ag Cl (s)
Mg
Mg
+
gekürzte Ionengleichung: Ag
(aq) +
-
+
+
-
2 (NO3 )(aq) →
+
-
-
(aq) +
-
-
Cl (aq) → Ag Cl (s)
Zu Aufgabe 2
16: Ordnungszahl; Kernladungszahl; Kernladung 16+; d.h. 16 Protonen, da 1 p die Ladung 1+ besitzt.
32: Atommasse in u: 32 u; d.h. 32 Nukleonen (Protonen und Neutronen); da beide Teilchenarten jeweils die Masse 1u besitzen, ergeben sich 16 Neutronen.
Das elektrisch neutrale Schwefelatom muss also 16 Elektronen in der Hülle aufweisen.
3. Periode: Die Elektronen befinden sich auf drei Schalen (2+8+6)/Elektronenpunktschreibweise.
6. Hauptgruppe: 6 Valenzelektronen; Lewisformel.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Formeln der Verbindungen aus
a) Wasserstoff und Schwefel,
b) Calcium und Schwefel.
•
Bindungsarten, Edelgaskonfiguration.
•
Stellung der Metalle und Nichtmetalle im Periodensystem.
•
Vergleich der physikalischen Eigenschaften von Schwefelwasserstoff und Wasser.
•
Schwefelsäure-Molekül in der Lewisschreibweise (u.U. Oktettaufweitung).
Aufgabenbeispiel 3
Aufgabenart
Materialgebundene Aufgabe
Themen
Rutherford-Versuch/Atommodelle/Stickstoff
Aufgabenstellung
1. Beschreibe mithilfe der Abbildung den Rutherford-Versuch (Aufbau und Beobachtungen).
Welches Modell entwickelte Rutherford aus diesem Versuch für den Bau eines
Atoms?
155
2. Nils Bohr, ein Schüler von Ernest Rutherford, entwickelte 1913 das Schalenmodell.
Zeichne für das Stickstoffatom den schalenförmigen Aufbau und beschreibe die Zusammensetzung des Kerns.
3. Kohlenstoffdioxid und Ammoniak (NH3) sind dir aus dem Unterricht bekannt. Zeichne
die Lewis-Formeln und die räumlichen Modelle der beiden Moleküle. Äußere dich begründend zu deren Polarität.
Abb.: Schema zum Aufbau und zum Ergebnis eines Streuversuches
Die Abbildung stammt aus Stoff-Formel-Umwelt, Chemie 1, C.C. Buchners Verlag, 1996,
S. 126.
Unterrichtsvoraussetzungen
Die folgenden Themen wurden u.a. im 10. Jahrgang behandelt: Kern-Hülle-Modell des
Atoms mit Rutherford-Versuch, Schalenmodell, Elektronenpaarbindung und Molekülbau,
Dipolmoleküle, Elementfamilien, Hauptgruppen, Düngemittel.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Versuchsaufbau; Beobachtungen: Verteilung der schwarzen Punkte, Loch der Blende
wird nur unscharf abgebildet, die Dichte der schwarzen Punkte nimmt stark ab, wenn
man sich vom Zentrum entfernt; sehr wenige Teilchen werden abgelenkt, noch weniger
reflektiert.
Winziger Atomkern und vergleichsweise riesige Atomhülle (Elektronenhülle); positiv geladener Kern und nahezu masselose, negativ geladene Elektronen.
156
Zu Aufgabe 2
Skizze des Schalenaufbau der Hülle (2+5 Elektronen); Aufbau des Kerns (7 Protonen
und 7 Neutronen, falls Reinelement).
Zu Aufgabe 3
Lewis-Formeln und räumliche Modelle; unpolares Kohlenstoffdioxidmolekül; polares Ammoniakmolekül.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Bildung von Magnesiumnitrid im Inneren eines „abgebrannten“ Magnesiumkegels,
•
Reaktionsgleichung (Bildung von Magnesiumoxid und -nitrid, Edelgaskonfiguration
der Ionen).
•
Ionenbindung, Ionengitter.
•
Bildung von Ammoniak aus Magnesiumnitrid.
•
Springbrunnenversuch mit Ammoniak.
3.3.3 Biologie
Fachbezogene Hinweise
Mit den mündlichen Überprüfungen am Ende der 10. Klasse sind sowohl grundlegende
Fachkenntnisse einzufordern als auch fachliche Qualifikationen zu erfassen, die für den
Biologieunterricht in der Oberstufe von Bedeutung sein werden.
Biologie wird in der 10. Klasse epochal unterrichtet; hieraus resultieren besondere
Schwierigkeiten. Aufgrund der zeitlichen Lücke muss eine Verbindung zwischen dem auf
konkrete Vorgänge im menschlichen Körper ausgerichteten Unterricht der 9. Klasse und
dem erheblich stärker abstrahierenden Kursunterricht der 11. Klasse hergestellt werden.
Der Biologieunterricht in der Klasse 10 geht deshalb aus von Phänomenen, die in verschiedenen Richtungen vertieft werden können. Dieses Verfahren bestimmt dann auch
die mündliche Überprüfung: Am komplexen Beispiel können wesentliche Kenntnisse,
grundlegendes Verständnis und fachliche Qualifikationen eingefordert werden.
Bei der Ausgestaltung der Aufgaben ist zu berücksichtigen, dass die Schülerinnen und
Schüler der 10. Klasse i.d.R. keine Erfahrung mit mündlichen Prüfungssituationen haben.
•
Es empfiehlt sich daher interessante und überschaubare Themenbereiche zu wählen.
•
Über den Einstieg kann Sicherheit gegeben werden.
157
•
Die Aufgabenstellungen sollen ohne weitere Erläuterungen verständlich und eindeutig sein.
In Bezug auf die Struktur der Aufgabenstellungen (Eigenständigkeit der Bearbeitung gegenüber strukturierenden Teilaufgaben) sollten die unterrichtlichen Traditionen berücksichtigt werden.
Die in der mündlichen Überprüfung zu erbringenden Leistungen sind vielfältig. Ausgehend von einem angemessenen Verständnis des Materials und der Aufgabenstellung
müssen die Schülerinnen und Schüler Fachwissen reproduzieren, ihre fachlichen Kenntnisse und Kompetenzen auf eine neue Situation anwenden und eigenständig zu einer
Lösung gelangen. Die in der Vorbereitungszeit erarbeiteten Ergebnisse sollen in einem
freien Vortrag verständlich und zusammenhängend präsentiert und im Gespräch erläutert
und erweitert werden.
In der Vorbereitung der Überprüfungsaufgaben kann der fremde Blick eines Kollegen
bzw. einer Kollegin helfen, die die Aufgabenstellung anhand der kurzen Angabe der erwarteten Leistungen überprüft.
•
Die Aufgabenstellung muss reproduktive Anteile enthalten, aber auch eigenständige
gedankliche Entwicklungen einfordern. Der Schwerpunkt liegt im Bereich der Anwendung von im Unterricht gelernten Kenntnissen und Verfahren auf vergleichbare Situationen.
•
Die längere selbstständige Darstellung im ersten Teil der Überprüfung kann durch
Materialien (z. B. Folien, Modelle und andere Anschauungsmittel) erleichtert werden.
•
Der zweite Teil der Überprüfung schließt sinnvoll innerhalb des gewählten Zusammenhangs an, dabei wird jedoch ein deutlich anderer Aspekt vertieft.
•
Gruppenüberprüfungen erscheinen nur sinnvoll, wenn die Überprüfung auf eine Diskussionsrunde ausgerichtet ist und eine solche Kommunikationsform im Unterricht
vorbereitet wurde.
Eine Leistung, die sich auf eine weitgehend richtige, einfache Reproduktion beschränkt,
wird nicht besser als mit ausreichend bewertet werden können. Eine gute Leistung kann
dann bescheinigt werden, wenn der reproduktive Anteil richtig und zusammenhängend
dargestellt wird und die Anwendung der Kenntnisse und Kompetenzen auf das Fallbeispiel in wichtigen Aspekten gelingt.
Die Situation der mündlichen Überprüfung unterscheidet sich von der gewohnten unterrichtlichen Situation: Die Kommunikationssituation wirkt durch die ungeteilte Aufmerksamkeit zweier Lehrkräfte für eine Schülerin bzw. einen Schüler ungewohnt und belastend, und es wird eine zeitlich wie inhaltlich besonders umfangreiche eigenständige
158
Leistung erwartet. Daher ist eine Vorbereitung auf diese Situation durch praktische
Übungen pädagogisch wichtig. Phasen materialgestützter eigenständiger Erarbeitung
gehören zu den guten Traditionen des Biologieunterrichtes, sie können mit Blick auf die
mündliche Überprüfung verstärkt werden. Dabei lassen sich weitere Kompetenzen schulen, z. B. Vorbereitung und Durchführung eines kleinen Vortrags, Reflexion von Erfahrungen und Krisenmanagement bei problematischem Aufgaben- und Materialverständnis.
Aufgabenbeispiele
Die folgenden Aufgabenbeispiele beziehen sich auf fachliche Inhalte, die entsprechend
den Rahmenrichtlinien in Klasse 10 behandelt werden; dabei liegt der Schwerpunkt auf
Themen der angewandten Biologie. Die Aufgabenstellungen können an unterschiedlichen Fallbeispielen in vielfältiger Form variiert werden.
Für die Fortsetzung der Überprüfung im Gespräch werden jeweils mehrere Möglichkeiten
angegeben, dabei wird im Regelfall nur eine der Varianten umgesetzt werden können.
Aufgabenbeispiel 1
Thema der Prüfungsaufgabe
Blutgruppen.
Die Blutgruppen „A“, „B“, „AB“ und „0“ werden durch die Allele „A“, „B“ und „0“ vererbt.
Das Allel „0“ verhält sich gegenüber den beiden anderen Allelen rezessiv, die Allele „A“
und „B“ sind kodominant, d.h. die entsprechenden Blutgruppenmerkmale A und B werden
beide nebeneinander ausgebildet. Anders ist hingegen die Vererbung des Rhesusfaktors:
Hier liegt ein klarer dominant-rezessiver Erbgang vor, das Allel für das Antigen (Rh+)
verhält sich gegenüber dem zweiten Allel (rh-) dominant.
Aufgabenstellung
1. Welche Genotypen können Menschen mit den folgenden Blutgruppenmerkmalen haben?
Blutgruppenmerkmale:
Genotypen:
AB, Rh+
_____________________________
B, rh-
_____________________________
2. In einer Klinik sind zwei neugeborene Kinder vertauscht worden. Die Kinder haben
folgende Bluteigenschaften:
159
Kind
Mutter
Vater
A rh0 Rh+
Folgende Elternpaare (Mutter/Vater) kommen in Frage:
Eltern 1: A, Rh+ und B, rhEltern 2: AB, rh- und 0, Rh+
Trage die richtigen Elternpaare in die Tabelle ein und begründe Deine Zuordnung
durch Angabe der in diesen Fällen möglichen Genotypen der Eltern.
3. Für die Blutgruppenbestimmung gibt es Testkarten, auf denen zwei verschiedene Arten von Blutplasma („A“ und „B“) aufgetragen sind. Erkläre, was geschieht, wenn man
Blut einer beliebigen Blutgruppe auf diese Flächen gibt.
Zeichne in die Kreise, welches Bild sich unter dem Mikroskop ergeben würde und erkläre die Reaktion.
Blutplasma „A“
Blutplasma „B“
Unterrichtsvoraussetzungen
Blutgruppen des ABO-Systems, klassische Genetik, dihybrider Erbgang an einem anderen Beispiel, Blutgruppenbestimmung, Agglutination
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
AB Rh+Rh+, AB Rh+rhBB rh-rh-, B0 rh-rhZu Aufgabe 2
160
Kind
Mutter
Vater
A rh-
AB rh-rh-
00 Rh+rh-
0 Rh+
A0 Rh+rh- oder
A0 Rh+Rh+
B0 rh-rh-
Zu Aufgabe 3
Zuordnung Blutplasma-Antikörper, Zuordnung Blut-Antigene und Antikörper. Reaktion an
z. B. Antigen „A“ und Antikörper „anti-A“, Schlüssel-Schloss-Prinzip, Agglutination der roten Blutkörperchen.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Verfahren zur Feststellung der Blutgruppen.
•
Blutgruppenunverträglichkeit (Immunbiologie).
•
Funktionen des Blutes, Bedeutung von Bluttransfusionen.
Aufgabenbeispiel 2
Thema der Prüfungsaufgabe
Leukämie.
Leukämie ist eine schwere Krebserkrankung, bei der Stammzellen des Knochenmarks
betroffen sind.
Aufgabenstellung
1. Beschreibe das Schema 1 und erkläre dabei die Funktion der Stammzellen beim gesunden Menschen.
2. Bei Leukämie produzieren die Stammzellen in hoher Zahl veränderte weiße Blutkörperchen, die nicht funktionsfähig sind.
Folgende Symptome treten bei Leukämie häufig auf:
•
Schwellung der Lymphknoten und der Milz,
•
verstärkte Anfälligkeit für Infektionen, Kopfschmerzen und Fieber,
•
Neigung zu Blutungen,
•
Abgeschlagenheit, Müdigkeit,
•
blasse Hautfarbe und Anämie (=„Blutarmut“).
Versuche diese Symptome zu erklären.
3. In schweren Fällen kann nur noch eine Knochenmarkstransplantation helfen: Hierfür
werden zunächst mit einer Chemotherapie sämtliche Stammzellen des Patienten getötet, dann erhält er eine Infusion mit Stammzellen eines Spenders.
Überlege, welche Chancen und Risiken in dieser Behandlung liegen.
161
Material
Abbildung 1:
Darstellung der lymphatischen
Organe und Gewebe
Schema 1:
Funktion der Stammzellen
(vereinfachte Darstellung)
Unterrichtsvoraussetzungen
Blut und Blutzellen, Immunsystem und lymphatisches System, Reaktion des Körpers auf
Infektionskrankheiten, Abstoßungsreaktion.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Bedeutung der verschiedenen Blutzellen (Reproduktion): Sauerstoffversorgung, Wundverschluss, Immunabwehr. Abgeleitete Bedeutung der Stammzellen: Bedarfsgerechte
Produktion z. B. bei Blutverlust und Infektion.
Zu Aufgabe 2
Hohe Produktion anormaler weiße Blutkörperchen: Anreicherung in den lymphatischen
Organen (= Schwellung). Infektionen (verbunden mit Fieber und Kopfschmerzen), da sie
nicht funktionsfähig sind. Blutungsneigung = Mangel an Blutplättchen, mangelnde Leistungsfähigkeit durch schlechte Sauerstoffversorgung, vermutlich zu wenig rote Blutkör-
162
perchen, ebenso Anämie und Blässe. Also: Produktion der veränderten weißen Blutkörperchen zu Lasten der anderen Blutzellen.
Zu Aufgabe 3
Risiken: Die fremden Stammzellen müssen vom Körper akzeptiert werden (Gefahr der
Abstoßungsreaktion durch das Immunsystem). Weitere Aspekte:
Unmittelbar vor und nach der Transplantation ist das Immunsystem sehr geschwächt:
u.a. Risiko von Infektionen, Gefahr von Blutungen. Wenn die Transplantation misslingt:
Längerfristig kann ein Mensch ohne Stammzellen nicht überleben.
Andererseits: Austausch der kranken Stammzellen gegen gesunde ist die einzige Chance, daher trotz der erheblichen Risiken sinnvoll.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Verlauf und Behandlung von Infektionskrankheiten.
•
Blutbildungsprozesse.
Aufgabenbeispiel 3
Thema der Prüfungsaufgabe
Das Klinefelter-Syndrom.
Mit einer Häufigkeit von ca. 1/1000 tritt bei männlichen Neugeborenen dieses Chromosomenbild auf:
Quelle: Centrum für Pränatale Diagnostik, Linden (22.03.01)
Fruchtwasseruntersuchung, 19. Schwangerschaftswoche
163
Aufgabenstellung
1. Beschreibe das Verfahren, mit dem man ein solches Bild erstellen kann und stelle
dar, inwiefern hier ein ungewöhnliches Ergebnis vorliegt.
2. Überlege, wie diese Chromosomenverteilung entstanden sein könnte.
a.
Als Ursache für das Auftreten des Klinefelter-Syndroms wird ein Fehler bei einer
Zellteilung, die zur Bildung der Geschlechtszellen führt, angenommen. Verwende
Pfeifenputzer
(formbar!)
als Chromosomen und die beleuchtete Fläche des
Overheadprojektors als Fläche des Zellkerns, um zunächst zu demonstrieren,
wie aus Körperzellen Geschlechtszellen werden.
b.
Zeige dann, wie das Klinefelter-Syndrom zustande kommen kann.
Unterrichtsvoraussetzungen
Karyogramm, Fruchtwasseruntersuchung, Zellteilungen.
Erwartete Leistungen
Zu Aufgabe 1
Fruchtwasseruntersuchung mit Zellen des Embryos, Anfärben der Chromosomen (Ringelung), Photographie eines Teilungsstadiums (Prophase), Zerschneiden des Bildes und
Sortieren. XXY statt XX (weiblich) oder XY (männlich).
Zu Aufgabe 2
Entstehung des Klinefelter-Syndroms.
a. Darstellung: Reduktion auf die Geschlechtschromosomen, Darstellung der Chromosomenpaare mit jeweils 2 Chromatiden (daher 6 lange und 2 kurze Pfeifenputzer bereitlegen), Reduktionsteilung mit anschließender mitotischer Teilung (Benennung der
Phasen nicht sinnvoll). Evtl. geschlechtsspezifische Unterschiede: Eizelle und 3 Polkörperchen, 4 Spermien.
b. Z. B. Eizelle XX oder Spermium XY, Fehler bei Reduktionsteilung oder der Trennung
der Chromatiden.
Themen für das Prüfungsgespräch
•
Einfluss des Alters der Mutter auf chromosomale Anomalien.
•
Geschlechtsgebundene Vererbung: Analyse von Erbgängen, Prognosen.
164