Sonderdruck Dental Magazin

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Sonderdruck Dental Magazin
Das Forum für fachliche Meinungsbildung
SONDERDRUCK
DM 1/2011, S. 18–25 + DM 2/2011, S. 48–51
Aktuelle Trends in
der Füllungstherapie
Nachdruck — auch auszugsweise —, Vervielfältigung, Mikrokopie, Einspeicherung in elektronische Datenbanken
und Übersetzung nur mit Genehmigung der Deutscher Ärzte-Verlag GmbH, 50832 Köln, Postfach 40 02 65
DENTAL MAGAZIN
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DENTAL MAGAZIN
EDITORIAL
Aktuelle Trends in der Füllungstherapie
„Machbar, Akzeptierbar, Finanzierbar“ – unter diesem Titel
trafen sich 2008 Experten der Wasserwirtschaft in Dortmund
zu einem Runden Tisch. Wäre dies nicht auch eine gute Überschrift für unsere aktuelle Situation in der Füllungstherapie?
Als Hochschullehrer bin ich sehr bemüht, den angehenden
Zahnärzten/-innen den aktuellen Stand in der restaurativen
Zahnheilkunde speziell auf dem Gebiet der Kinderzahnheilkunde zu vermitteln. Im Mittelpunkt steht dabei eine substanzschonende, minimal-invasive Versorgung und zugleich die
schnelle und einfache Restauration bei Patienten mit zumeist
geringer Compliance. Im sogenannten „Kinderkurs“ kommen
ausschließlich bewährte Materialien mit klinischen Langzeitdaten zum Einsatz. Aber bereiten wir die neuen Kollegen damit
korrekt auf die tägliche Praxis vor?
Frisch approbierte Kollegen stehen vor einem Dilemma. Da
in der täglichen Praxis alles häufig schnell und einfach funktionieren muss, sind aufwendige, wissenschaftlich fundierte Verfahren nicht mehr gefragt. Damit steht die Wirtschaftlichkeit
und Finanzierbarkeit des jeweiligen restaurativen Konzepts
auf dem Prüfstand. Man fühlt sich an den oben genannten
Runden Tisch versetzt: „Was soll das alles kosten, wer soll das
bezahlen?“ Doch ist für eine wirtschaftliche Grundversorgung
ausschließlich Amalgam das Mittel der Wahl?
Betrachten wir die Trends der letzten 20 Jahre, so waren
die „Fast-Track-Angebote“, die häufig als Amalgamersatz
auf den Markt kamen, eher Flops statt Tops. Eine Amalgamähnliche „stopfbare“ Kompositverarbeitung hat heute keine
Bedeutung mehr. Ionenaktive Komposite, die als Revolution
angekündigt wurden und wie Amalgam den „Randspalt
managen“ sollten, haben nicht nur den Rand verschlossen,
sondern gleich den ganzen Zahn auseinandergesprengt.
Neue intelligente Füllkörpertechnologien haben sich bald
als so porös gezeigt, dass das Material keine ausreichende
mechanische Festigkeit für die Kaubelastung aufweisen
konnte. Dies sind nur drei Beispiele für Materialien, die die
„Platzreife“ nicht erreicht haben, wobei hier bedauerlicherweise praktisch tätige Zahnärzte als „Warentester“ (nur
ohne Stiftung im Hintergrund) der Industrie fungierten.
Demgegenüber zeigten sich andere, durch kontrollierte
klinische Studien erprobte Entwicklungen durchaus als innovativ und wegweisend. Seit der Einführung von ästhetischen
Kompositen ist es beispielsweise möglich, auch bei schweren
Strukturveränderungen der Frontzähne die Natur bereits
„chairside“ zu simulieren. Dabei ist es von Vorteil, dass nun
nicht mehr der gesamte Vita-Farbring zur Farbauswahl
benötigt wird, sondern einfache Farbsysteme für Dentin und
Schmelz die korrekte Farbauswahl erleichtern. Auch die Einführung der „Nanofiller“ hat die wichtige Eigenschaft der
Transluzenz und damit der verbesserten Farbadaptation
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ermöglicht. Erfreulich ist,
dass diese Komposite universell im Front- und Seitenzahnbereich eingesetzt werden können. Auch die sogenannten Flowables, also
fließfähige Komposite, sind
aus unserem Praxisalltag
nicht mehr wegzudenken.
Die adhäsive Zahnheilkunde
hat sich im Vergleich zu meinen Studentenzeiten sogar
radikal verändert. Und in
Fällen, in denen wir früher
(Teil-)Kronen oder Veeners
angefertigt haben, werden
heute Komposit-Aufbauten
DENTAL MAGAZIN-Beiratsoder adhäsive Frontzahnre- mitglied Prof. Dr. Dr. Norbert
konstruktionen angefertigt. Krämer, Direktor der Poliklinik
für Kinderzahnheilkunde an der
Die Zeit des „Extension for
Universität Gießen. Schwerpunkte: adhäsive Zahnheilkunde, FülPrevention“ gehört längst
lungstherapie.
der Vergangenheit an. Heute
ist es Standard, dass wir
stattdessen kleine defektorientierte Füllungen anfertigen oder defekte Restaurationen
reparieren. Das vollständige Entfernen der Restauration kostet dagegen nur gesunde Zahnhartsubstanz.
Allerdings sind diese beschriebenen Neuerungen nicht als
„Fast-Track-Dentistry“ zu bezeichnen. Zum einen warten
wir nach wie vor auf die zündende Idee für eine deutlich
wirtschaftlichere Grundversorgung neben dem Amalgam.
Zum anderen kommen wir bei stabilen adhäsiven Versorgungen auch heute nicht an der Total-Etch- und Mehrschrittadhäsiv-Technik vorbei. Ob wir vielleicht wirklich
einmal den Trend von drei Fläschchen bis hin zu Null
Fläschchen beschreiten werden, wird die Zukunft zeigen.
Bislang haben selbstadhäsive Füllungen, welche in einer
Schicht aushärten, die Tests noch nicht bestanden. Daher
empfehle ich Gelassenheit bei Neuentwicklungen, insbesondere wenn uns „revolutionäre“ Konzepte vorgestellt werden. Bewährte Konzepte braucht man deswegen noch längst
nicht über Bord zu werfen. Das sollte einen jedoch nicht
davon abhalten, neuen Konzepten und innovativen Produkten mit der gebotenen Neugier und Offenheit gegenüberzustehen.
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Aktuelle Trends in
der Füllungstherapie
Die Erfolgsgeschichte direkter Kompositrestaurationen hält an. Sie werden mehr und mehr zu
allgemein akzeptierten Konkurrenten indirekter Keramikversorgungen wie Inlays, Onlays, Teilkronen und Veneers. Der Therapieentscheid – direkte oder indirekte Versorgung – hängt unter
anderem vom individuellen Kariesrisiko, der Größe der Restauration und der Möglichkeit der
Trockenhaltung ab. ANNE BARFUß
Professor Frankenberger, liegen direkte Kompositrestaurationen im Trend?
FRANKENBERGER: Wir sehen uns bei unseren Patienten
natürlich stets das Kariesrisiko an und erwägen dann die
Indikation. Trotzdem treffen wir heute viel häufiger die Entscheidung zugunsten der direkten Technik mit Kompositrestaurationen als noch vor zehn Jahren. Denn Kompositfüllungen schonen Zahnhartsubstanz und Minimalinvasivität
steht bei uns klar im Vordergrund.
Mit anderen Worten, stößt Komposit an seine Grenzen,
greifen Sie zur Keramik?
FRANKENBERGER: Die Möglichkeiten und Grenzen direkter
Kompositrestaurationen klar zu benennen ist nicht einfach.
Indirekte Restaurationen erwägen wir zum Beispiel bei präexistenten indirekten Versorgungen und bei Höckerersatz.
Hier ist Keramik noch immer stabiler als Komposit. Aber:
Einzelne Höcker restaurieren wir bereits in der direkten
Technik.
Herr Dr. Krause, direkt versus indirekt – wann plädieren Sie für welches Vorgehen?
KRAUSE: Inlays, Onlays, Teilkronen und Kronen empfehle
ich hauptsächlich bei stark ausgedehnten, schwer zugänglichen Defekten. Direkte Restaurationen mit Komposit sind
vor allem bei kleinen und mittelgroßen Läsionen indiziert.
Bei guter Mundhygiene des Patienten und aufgrund der
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guten physikalischen Werte moderner Kompositmaterialien
halte ich eine Versorgung auch größerer Defekte mit Kompositen für durchaus vertretbar.
Sprechen Sie hier auch indirekte Kompositversorgungen an?
Ja, mit modernen Nanohybridkompositen lassen
sich durchaus auch indirekte Restaurationen realisieren,
zum Beispiel Inlays herstellen.
Generell sehe ich in der Verwendung von Komposit Vorteile
aufgrund des weiten Anwendungsspektrums,
der Zahnhartsubstanzschonung und
der Zeit- und Kostenreduzierung.
KRAUSE:
Herr Kober, was sagen Sie als Praktiker?
KOBER: Ausschlaggebend ist die gute Mundhygiene mit effizienter Plaquekontrolle. Aufgrund der stetigen Verbesserung
der Komposite und der Haftvermittler und solange der
okklusionstragende Anteil nicht allein im Bereich der Füllung liegt, sind Größe und Lage einer Kavität untergeordnete Faktoren für den Therapieentscheid.
Heißt das, Sie raten heute bei guter Mundhygiene und
unproblematischer Okklusion unabhängig von der Kavitätsgröße und -lage eher zur Komposittherapie?
KOBER: Im Grunde ja. In der Praxis zeigt sich aber, dass trotz
der Entwicklung effizienter Dentinadhäsive auf eine ausreichende Retentionsfläche im Schmelz nicht verzichtet werden kann.
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Expertenzirkel – Ein Thema, drei Meinungen
Prof. Dr. Roland Frankenberger
ist seit 2009 Direktor der Abteilung für Zahnerhaltungskunde, Med. Zentrum für ZMK an
der Philipps-Universität Marburg. Der
Spezialist für Adhäsive und adhäsive Befestigungstechnik ist Miller-Preisträger des Jahres
2001, des bedeutendsten Wissenschaftspreises
der DGZMK.
Kontakt: frankbg@med.uni-marburg.de
TITELGESCHICHTE
Priv.-Doz. Dr. Felix Krause
ist Lehrbeauftragter der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive
Zahnheilkunde des Zentrums für Zahn-,
Mund- und Kieferheilkunde am Universitätsklinikum Bonn und Leiter der Abteilung Wissenskommunikation, Fa. VOCO, Cuxhaven.
Er ist Autor von über 40 Publikationen.
Kontakt: f.krause@voco.de
ZA Thomas Kober
1 Thema,
3 Meinungen
Wissen aus Praxis,
Hochschule und Industrie
Entscheidend für eine erfolgreiche Restauration ist
neben der Entfernung des Biofilms die vollständige
Kariesexkavation im Schmelz und in weiten Bereichen
des Dentins, so dass eine optimale Voraussetzung für
einen dichten adhäsiven Verschluss gewährleistet ist.
Wie soll der Zahnarzt vorgehen?
FANKENBERGER: Oberste Priorität im Rahmen der Kariesexkavation hat für uns die Vitalerhaltung der Pulpa. Daher
schrecken wir auch vor zweizeitiger Exkavation nicht
zurück. Wenn dadurch die Pulpa vital erhalten werden
kann, ist es ein gutes Rezept, denn die beste Wurzelfüllung
ist die vitale Pulpa. Ansonsten hat sich hier nicht so viel
geändert: Infiziertes Dentin wird entfernt.
Zu welchen diagnostischen Hilfsmitteln greifen Sie?
FRANKENBERGER: Kariesdetektor verwenden wir didaktisch und in schwer einsehbaren Bereichen gerne, aber
keinesfalls bei jeder Dentinkaries. Außerdem führt die
Anwendung von Kariesdetektoren meist zur Überexkavation. Für kariös veränderten Schmelz gibt es ja mittlerweile neben der rotierenden Entfernung auch die Infiltratio.
Wann ist die taktile Kontrolle per Sonde indiziert? Der
Druck an der Sondenspitze ist ja nicht unerheblich. “So
erzeugt ein Druck mit 10 p auf der Sondenspitze einen
Druck von 100 Atmosphären oder 1000 p/mm2“, so
Prophylaxe-Experte Dr. Lutz Laurisch im Dental Magazin 6/2007 (S. 11). Eine Glattflächenkaries oder „subsurface lesion“ dürfe deshalb keinesfalls mit der Sonde
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studierte von 1988 bis 1994 Zahnmedizin an
der RWTH Aachen, von 1994 bis 2005 war
er als Sanitätsoffizier tätig. Im Jahr 2005
eröffnete er seine eigene Praxis in Cuxhaven.
Seine Schwerpunkte liegen vor allem in der
ästhetisch-restaurativen Zahnheilkunde und
der Parodontologie.
Kontakt: zahn@rztkober.de
malträtiert werden, da ein Einbruch der oberflächlichen
Schmelzstruktur eine eventuell in der Prävention geplante Remineralisierung unmöglich mache. Das gelte auch
für den approximalen Bereich, falls dieser überhaupt
mit der Sonde erreichbar sein sollte.
KOBER: Meines Erachtens ist die taktile Kontrolle nach
erfolgter Exkavation mittels spitzer Sonde unverzichtbar,
auch wenn alle Bereiche der Kavität zugänglich sind. Bisweilen ist die Lupenbrille hilfreich bei der optischen Beurteilung
der Zahnhartsubstanz, die für sich allein genommen aber
von eher geringer Aussagekraft ist.
Immer mehr Zahnärzte schwören auf Kariesdetektor als
„besseres“ diagnostisches Hilfsmittel? Ist das heute
Goldstandard?
KOBER: Ich wage zu behaupten, dass der Erfolg der Exkavation an sich in der Regel mit der Sonde überprüft wird, selten mit Detektor oder anderen Methoden.
Herr Dr. Krause, auch Sie raten zum Einsatz der spitzen
Sonde.
KRAUSE: Der Endpunkt der vollständigen Kariesentfernung
sollte mithilfe einer spitzen zahnärztlichen Sonde bestimmt
werden, denn die Härte des Dentins stellt nach wie vor den
einzigen klinisch relevanten Parameter für den Behandler
zur Differenzierung zwischen infiziertem und nicht infiziertem Dentin während der Exkavation dar (Banerjee et
al., 2000; Kidd et al., 1993, 1996). An neueren, vor allem
optischen Systemen zur Kariesdiagnostik finden vor allem
Verfahren Anwendung, die auf Laserfluoreszenzmessungen beruhen (Lussi et al., 2001, 2004, 2006; Braun et al.,
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TITELGESCHICHTE
Expertenzirkel – Ein Thema, drei Meinungen
Abb. 1: Transmissionselektronenmikroskop-Aufnahme des Nanohybridkomposits GrandioSO (VOCO). Man erkennt die Glaskeramikfüller und funktionalisierten Nanopartikel einer Größe von 20 bis
40 Nanometer in der Harzmatrix. Zum Vergleich: 1 Nanometer entspricht einem Millionstel Millimeter. Die Kombination aus speziellen
Glaskeramiken und funktionalisierten Nanopartikeln sorgt für einen
besonders hohen Füllstoffgehalt (89 Gew.-%). Der daraus resultierende geringe Harzanteil führt zu einer sehr geringen Schrumpfung bei
der Polymerisation. TEM-Aufnahme: Prof. Dr. Detlef Behrend, Universität Rostock.
Abb. 2: Minimalinvasive Kompositfüllung nach sechs Jahren (35 distal). Es sind kaum Veränderungen detektierbar.
2000). Diese haben sich aber bisher nur für die frühe
Detektion von kariösen Defekten in bzw. unterhalb der
Fissur (unterminierende Karies) etabliert. Diese Technik,
eingebaut als Rückkopplungssystem in z. B. Lasersystemen
für die Zahnhartsubstanzbearbeitung und Kariesentfernung (Dommisch et al., 2008; Krause et al., 2008), zeigt
aber jetzt schon erfolgversprechende Ergebnisse.
Die häufigsten Misserfolge von Kompositen sind der
Technikintensität der Adhäsive geschuldet, heißt es.
Wo sehen Sie für den Praktiker die größten Hürden?
KOBER: Klar im Bereich der approximalen Kavität.
Bitte konkretisieren Sie das.
KOBER : Einerseits ist das für die Retention zur Verfügung
stehende Schmelzangebot oft nur gering oder gar nicht vorhanden. Andererseits ist das sichere Platzieren der Inkremente im Kasten oft mit Schwierigkeiten verbunden, die der
Konsistenz der Komposite geschuldet sind.
Trifft das auch auf neue, moderne Komposite zu?
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KOBER: Das Handling wurde deutlich verbessert.
Moderne, hochgefüllte Komposite zeigen
eine hohe Umgebungslichtbeständigkeit,
geschmeidige Konsistenz,
geringe Klebrigkeit und
gute Stopfbarkeit, so dass sie leicht in die Kavitäten einzubringen und bei ausreichend langer Verarbeitungszeit sehr
gut zu modellieren sind.
Herr Dr. Krause – welche Ursachen für Misserfolge
überwiegen aus Ihrer Sicht?
KRAUSE: Häufig handelt es sich um Anwendungsfehler.
Doch das ist weniger auf die Technikintensität der Adhäsive
zurückzuführen. Ursache ist vielmehr die nicht korrekte
Anwendung des Materials.
Salopp formuliert: So mancher schlampt beim Lesen der
Gebrauchsanweisung?
KRAUSE: Jedenfalls ist der Anwender generell gut beraten,
sich vor Einsatz des Adhäsivs mit der entsprechenden
Gebrauchsinformation sachkundig zu machen. Bereits
dadurch lassen sich Misserfolge oft vermeiden.
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Expertenzirkel – Ein Thema, drei Meinungen
TITELGESCHICHTE
Abb. 4: Zahn 16 mit ausladender Kompositüllung nach sechs Jahren
mit teilweisem Höckerersatz. Es sind deutliche Abrasionsspuren und
Randaussprengungen sichtbar.
Ihr Tipp für die Praxis?
FRANKENBERGER: Für beide Schritte gilt: Erfolgreiche Adhäsivtechnik kostet Zeit und ist nicht auf der Überholspur zu
bewältigen.
Abb. 3: Minimalinvasive Kompositfüllung nach sechs Jahren (35 distal). Es ist wenig Abrasion im Bereich des okklusalen Kontakts
sichtbar.
Unterscheiden sich die Systeme denn so gravierend?
KRAUSE: Es gibt Unterschiede, was etwa die Einwirk- und
Lichthärtezeit der auf dem Markt befindlichen Adhäsivsysteme angeht. Auch die Empfehlungen des Ätzvorganges z. B.
bei Systemen mit vorheriger Verwendung von Phosphorsäure sollten genauestens befolgt werden. Diese und auch weitere Faktoren, die auf eine erfolgreiche und damit langfristige
Klebung Einfluss nehmen können, werden auch in einer erst
kürzlich erschienenen Übersicht von Ernst (2010) aufgegriffen.
Prof. Frankenberger, führt die Technikintensität der
Adhäsive zu den meisten Kompositdesastern?
FRANKENBERGER: Diese Aussage ist mir zu pauschal. Natürlich weisen Adhäsive eine gewisse Techniksensitivität auf.
Das gilt aber für die simplifizierten Systeme genauso wie für
die Mehrflaschensysteme. Nur wenn man sein Adhäsiv korrekt anwendet, kann es klinisch langfristig funktionieren.
Ich bin mir aber sicher, dass im Rahmen der Photopolymerisation mindestens genauso viele Fehlerquellen versteckt sind
wie bei der Adhäsivtechnik.
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Kommen wir zur Trockenlegung. Ist Kofferdam ein
Muss? Viele Zahnärzte verzichten darauf.
KOBER: Im eingespielten Team ist das Anlegen von
Kofferdam rasch erledigt. Bezüglich der Adhäsion lassen
sich dann bestmögliche Ergebnisse erzielen. Oft ist
eine absolute Trockenlegung aufgrund der Defektmorphologie nicht möglich. Allerdings lässt sich auch mit
einer sorgfältigen relativen Trockenlegung – bewährt hat
sich das Austamponieren mit Gaze – eine Kontamination der Kavität mit Speichel oder Blut suffizient vermeiden.
Herr Dr. Krause, muss der Behandler im Rahmen der
Adhäsivtechnik Kofferdam anwenden – ja oder nein?
KRAUSE: Ich rate definitiv zum Einsatz von Kofferdam. Im
Rahmen der Adhäsivtechnik kommt es auf eine adäquate
Kontaminationskontrolle an, d. h., dass der zu behandelnde
Zahn vor Zutritt von Sulkusflüssigkeit, Blut und Speichel
geschützt wird.
Aber das lässt sich doch auch mit relativer Trockenlegung erreichen, oder?
KRAUSE: Unter Umständen ja. Doch der Erfolg hängt von
vielen Parametern ab wie z. B. der Mitarbeit des Patienten
und der Lage und Ausdehnung der Füllung. Auch muss
eine mit Holz- oder Kunststoffkeilen suffiziente zervikale
Abdichtung der Kavität durch ein Matrizenband gewährleistet sein. Insgesamt betrachtet, stellt Kofferdam nach
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TITELGESCHICHTE
Expertenzirkel – Ein Thema, drei Meinungen
Abb. 5: Amalgamersatzrestaurationen an den oberen Molaren nach
sechs Jahren: Die Füllungen sind intakt, der 7er zeigt okklusal einen
Riss im Komposit. [Abb. 2 bis 5: Frankenberger]
Abb. 6: Fraktur keramische Krone 21 [Abb. 6 und 7: Kober]
wie vor das beste Mittel zur Kontaminationskontrolle
dar. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass dieser auch
dicht ist!
gen, so dass die Versorgung mit Amalgam heute die Ausnahme bleibt.
FRANKENBERGER: Wenn ein Patient nur Amalgamfüllungen
hat und bei der Erneuerung wieder Amalgam wünscht,
bekommt er es sehr gerne von mir. Das kommt aber bei uns
im Jahr weniger als fünfmal vor.
Professor Frankenberger, ist Kofferdam zwingend notwendig?
FRANKENBERGER: Nein, es kommt nicht auf die Art der Trockenlegung an, es kommt darauf an, dass man überhaupt
richtig trockenlegt. Die Trockenlegung funktioniert nun mal
am einfachsten mit Kofferdam. Ich würde nie ein Keramikinlay am unteren 7er ohne Kofferdam einsetzen, das ist mir
viel zu stressig.
Lassen Sie uns zum Abschluss über Amalgam sprechen.
In puncto Lebensdauer schnitt Amalgam in der Vergangenheit ja besser ab als Komposit. Dennoch ist es mehr
oder weniger out. Warum?
KOBER: Obwohl es bei der Aufklärung des Patienten im
Rahmen der Füllungstherapie als zuverlässiges und haltbares Material vorgestellt wird, habe ich im abgelaufenen Jahr
genau eine Amalgamfüllung gelegt.
Überwiegen ästhetische oder die in der Presse „breitgetretenen“ angeblichen gesundheitlichen Risiken?
KOBER: Klar ästhetische Bedenken. Gesundheitliche Bedenken äußern Patienten eher selten.
KRAUSE: Wir setzen Amalgam nur noch bei Patienten ein,
die nicht mehr regulär behandelt werden können, bei
denen eine Behandlung zum Beispiel nur im Rahmen einer
Intubationsnarkose möglich ist. Diese Patienten sind nicht
imstande, eine Mundhygiene auszuführen, wie es bei
Kompositrestaurationen erforderlich wäre. Generell ist
bei den meisten Patienten der Wunsch nach zahnfarbenen
Restaurationen in den letzten zehn Jahren enorm gestie-
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Auf Basis der Komposite und Glasionomere gibt es interessante Weiterentwicklungen, die in der jeweiligen Indikation eine Füllungsalternative darstellen können und
dem Patienten eine gute, ästhetische und wirtschaftliche
Alternative bieten.
Wie beurteilen Sie die derzeitigen Amalgamalternativen?
Wie sieht es mit wissenschaftlichen Studien dazu aus?
KRAUSE: Was die Lebensdauer anbetrifft, so schnitt Amalgam
in älteren Querschnittsstudien im Vergleich zu Komposit
besser ab. Longitudinalstudien der letzten 20 Jahre zeigen
dagegen etwa gleich gute bis sogar bessere Ergebnisse für
Komposite (Manhart et al., 2004, Opdam et al., 2010).
Auch Studien der jüngeren Jahre, in denen das Verhalten
von Kompositen nach mehrjähriger Tragedauer miteinander
verglichen wird, zeigen hervorragende klinische Ergebnisse
für diese Materialklasse (Krämer et al., 2009, 2011). Derzeit
stellen neben Amalgam indirekte Restaurationen und Kompositmaterialien die beste Möglichkeit dar, Zähne im okklusionstragenden Gebiet langfristig stabil zu versorgen. Die
Verwendung von Amalgam wird jedoch von vielen Patienten
abgelehnt. Dies weniger aufgrund der gesundheitlichen Diskussion um das Material, sondern eher aus ästhetischen
Überlegungen. Insgesamt hängt die Lebensdauer von Kompositrestaurationen aber generell von einer adäquaten Verarbeitung des Zahnarztes sowie einer guten Mundpflege des
Patienten ab (Goldstein, 2010).
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Expertenzirkel – Ein Thema, drei Meinungen
TITELGESCHICHTE
Abb 7: Reparatur mit Spezialadhäsiv und Komposit
(GrandioSO, VOCO)
Abb. 8: Amalgamfüllungen mit Sekundärkaries an Zahn 15 und
Zahn 14
Abb. 9: Exkavierte Zähne
Abb. 10: Zahn 15 bereits gefüllt, 14 zur Füllung vorbereitet
Können Kompositrestaurationen die Lebensdauer von
Amalgam je erreichen?
FRANKENBERGER: Die wissenschaftliche Datenlage ist gut.
Studien aus unserer Arbeitsgruppe, aus München oder Nijmegen belegen für Komposit im Seitenzahnbereich gute klinische
Langzeitresultate, die mit Amalgam vergleichbar sind.
Die Abbildungen 2 bis 5 entstammen einer klinischen
Studie mit Komposit über sechs Jahre. Nach sechs Jahren
musste noch keine Füllung ausgetauscht werden, man sieht
aber, dass große Füllungen mit teilweisem Höckerersatz
nach sechs Jahren mehr Abrasionsspuren und Risse aufweisen als minimalinvasive Restaurationen.
KOBER: Wir setzen auf Komposite und indirekte Restaurationen. Es gibt derzeit keine Materialalternative für Füllungen in okklusionstragenden Arealen. Im Bereich der modifizierten Glasionomere hat sich einiges getan. Auch die Komposite selbst finden in immer mehr Bereichen Verwendung,
z. B. in Zementen, bei der Verblendungsreparatur oder im
Bereich der Prothetik.
Abb. 11: Endergebnis: Füllungen mit Komposit (GrandioSO, VOCO)
- funktionell und farblich einwandfrei
[Abb. 8 bis 11: Dr. Walter Denner, Fulda]
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TITELGESCHICHTE
Expertenzirkel – Ein Thema, drei Meinungen
Welche konkreten Verbesserungen wünschen Sie sich für
Ihre tägliche Arbeit?
KOBER: Komposit-Füllungswerkstoffe sind meiner Ansicht
nach trotz ständiger Weiterentwicklung noch zu optimieren.
Das betrifft vor allem die Verarbeitungsmöglichkeiten.
Auch scheint eine weitere Verringerung der Schrumpfung
möglich.
Wie reagiert VOCO auf die Wünsche der Praktiker?
KRAUSE: Mit der Entwicklung moderner Nano-HybridKomposite, die einen besonders hohen Füllstoffanteil aufweisen und optimal zu verarbeiten sind. Gerade diese
Klasse von Füllungsmaterialien ermöglicht langfristig stabile Restaurationen, die zugleich auch hohen ästhetischen
Ansprüchen gerecht werden. Das gilt hier für Versorgungen sowohl im Seiten- als auch im Frontzahnbereich.
Was kann aus zahnmedizinischer Sicht in den Bereichen
Hochschule, Praxis und Industrie verbessert werden?
FRANKENBERGER : Ich freue mich immer über klinische Studien und beteilige mich auch rege daran. Neben innovativen
und applikationsoptimierten Kompositen verfolgen wir in
Marburg im Rahmen klinischer Studien auch die Entwicklung von Glasionomerzementen als Amalgamalternativen.
Des Weiteren sind wir der Sekundärkaries auf der Spur
und versuchen in einem EU-Projekt, antiinfektive Materialien zu entwickeln. Für Praktiker gilt: Kontinuität
schafft Qualität. Wer sich mit Produktketten perfekt auskennt und über Jahre mit den gleichen Materialen arbeitet, wird auch klinisch erfolgreich sein. Und: Die Materialien werden kontinuierlich verbessert – da mache ich mir
keine Sorgen. Wir untersuchen im Labor heute schon die
Materialien von morgen, und ich freue mich auf weitere
[]
Verbesserungen.
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www.dentalmagazin.de zur Verfügung.
Zusammenfassung
Wenn möglich, sollten direkte Kompositfüllungen indikreten
Keramikrestaurationen vorgezogen werden. Das schont die Zahnhartsubstanz und Minimalinvasivität steht heute an erster Stelle.
Die Möglichkeiten und Grenzen von Kompositrestaurationen
klar zu definieren, ist ausgesprochen schwierig.
Direkte Restaurationen mit Komposit sind vor allem bei kleinen und mittelgroßen Läsionen indiziert. Bei guter Mundhygiene des Patienten und aufgrund der physikalischen Werte
moderner Kompositmaterialien ist es heute aber auch vertretbar, größere Defekte mit Kompositen zu restaurieren.
Oberste Priorität im Rahmen der Kariesexkavation hat die
Vitalerhaltung der Pulpa.
Der Erfolg der Exkavation wird selten mit Kariesdetektor oder
anderen Methoden überprüft. Vielmehr ist nach wie vor die
taktile Kontrolle mit der Sonde zu empfehlen, keinesfalls aber
im Schmelzbereich.
Die größte Misserfolgsgefahr von Kompositfüllungen liegt im
Bereich der approximalen Kavität. Dazu kommen Anwendungsfehler der Behandler, häufig aufgrund von Zeitmangel.
Definitiv gilt: Erfolgreiche Adhäsivtechnik ist nicht auf der
Überholspur zu bewältigen.
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Das Anlegen von Kofferdam ist kein Muss. Nicht die Art der
Trockenlegung ist wichtig, sondern dass überhaupt richtig
trockengelegt wird. Aber: Mit Kofferdam funktioniert es am
einfachsten.
Amalgamfüllungen werden von der Mehrheit der Patienten
aus ästhetischen, nicht etwa aus gesundheitlichen Gründen
abgelehnt.
Wissenschaftliche Studien belegen für Komposit im Seitenzahnbereich gute klinische Langzeitresultate, die mit denen
für Amalgam vergleichbar oder besser sind.
Gute Ergebnisse lassen sich vor allem mit Nanohybridkompositen erzielen, die einen besonders hohen Füllstoffanteil
aufweisen und optimal zu verarbeiten sind. Diese Füllungsmaterialien ermöglichen langfristig stabile Restaurationen,
die zugleich auch hohen ästhetischen Ansprüchen gerecht
werden. Das gilt sowohl für Versorgungen im Seiten- als auch
im Frontzahnbereich.
Kompositfüllungswerkstoffe sind trotz ständiger Weiterentwicklung noch zu optimieren. Forschungsbedarf besteht
vor allem in puncto Verarbeitungsmöglichkeiten und
Schrumpfungsverhalten.
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Für alle Kavitätenklassen
Nicht nur im Frontzahnbereich lassen sich mit Nanoyhybridkompositen minimalinvasive, langlebige Restaurationen realisieren. Inzwischen liegen vielversprechende klinische Daten für den Seitenzahnbereich vor. Das Fallbeispiel veranschaulicht das Vorgehen. DR. WALTER DENNER
Zahnfarbene, direkte Restaurationen sind aus der heutigen
Zahnarztpraxis nicht mehr wegzudenken. Neben den klinischen Vorteilen wie minimalinvasive Präparation und Stabilisierung des Zahns durch adhäsiven Verbund der Restauration ist es vor allem auch der Wunsch der Patienten
nach „unsichtbaren“ Restaurationen, der Füllungskomposite heute als Restaurationsmaterial der Wahl erscheinen
lässt.
Wurden Füllungskomposite zunächst nur im Frontzahnbereich eingesetzt, ist mittlerweile auch ihre Verwendung im
Seitenzahnbereich „State of the Art“. So hat die DGZMK in
ihrer Stellungnahme „Direkte Kompositrestaurationen im
Seitenzahnbereich – Indikation und Lebensdauer“ die Indikation im Seitenzahnbereich (neben der Versorgung von
Klasse-V-Läsionen) für Klasse-I- und Klasse-II-Läsionen
(einschl. Ersatz einzelner Höcker) freigegeben [Literatur 1].
Insbesondere Hybridkomposite haben in den letzten Jahren in zahlreichen Langzeitstudien durch ihre positiven
Resultate überzeugen können [Literatur 2, 3]. Die Ursache
für diese positiven klinischen Resultate ist neben der Verbesserung der Adhäsivtechnik die deutliche Verbesserung der
physikalischen Eigenschaften der Hybridkomposite gegenüber den älteren Mikrofüller- und Makrofüller-Kompositen.
Durch Einsatz nanoskaliger Füllstoffe wurden die Mikrohybridkomposite zu Nanohybridkompositen weiterentwickelt.
Durch diesen Schritt konnten der Füllstoffgehalt der Materialien deutlich gesteigert und deren physikalische Eigenschaften erheblich verbessert werden [Literatur 4, 5]. Mitt-
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lerweile liegen für diese Nanohybridkomposite sehr vielversprechende klinische Daten auch für den Seitenzahnbereich
vor [Literatur 6, 8]. Zu den Nanohybridkompositen der
jüngsten Generation zählt das erst kürzlich im Markt eingeführte Füllungsmaterial GrandioSO (VOCO), das im vorliegenden Fall zur Anwendung kam.
Klinischer Fall
Eine 33-jährige Patientin stellte sich in unserer Praxis mit
dem Wunsch ein, die alten, insuffizienten Amalgamfüllungen und Inlays im ästhetisch relevanten Bereich durch
unsichtbare Versorgungen ersetzen zu lassen. Nach Befundnahme, Anfertigung von Bissflügelröntgenaufnahmen und
einer eingehenden Beratung wurde beschlossen, die Amalgamfüllungen und Nichtedelmetall-Inlays in den OberkieferPrämolaren (Abb. 1, 9) durch Kompositrestaurationen zu
ersetzen. Da sowohl der klinische als auch röntgenologische
Befund keine Komplikationen erwarten ließ, konnten beide
Quadranten zeitgleich in einer Sitzung saniert werden.
Vor der Behandlung wurde die Farbe der Zähne mit dem
systemzugehörigen Farbschlüssel bei Tageslicht abgeglichen.
Die Farbbestimmung erfolgt vor der (absoluten) Trockenlegung, da durch den Feuchtigkeitsverlust die Zähne unnatürlich hell erscheinen und zudem die Kontrastfarbe des Kofferdams die Zahnfarbe verfälscht. Durch die Isolation des
Arbeitsgebiets mit Kofferdam wird das Behandlungsfeld elegant gegen die Mundhöhle abgeschirmt, so dass ein effekti-
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NACHLESE FÜLLUNGSTHERAPIE Langlebige Restaurationen
Abb. 1: Erster Quadrant: Ausgedehnte Amalgamfüllungen an 14, 15
Abb. 2: Anlegen von Kofferdam und Entfernen der alten Restaurationen
Abb. 3: Anlegen und Verkeilen der Teilmatrizen. Applikation des Bondings an Zahn 15
Abb. 4: Aufbau der mesialen Randleiste; 1. okklusales Inkrement
ves und sauberes Arbeiten gewährleistet ist. Insbesondere
bei größeren Sanierungen stellt dieses Separieren des
Behandlungsfelds sowohl für den Behandler als auch für den
Patienten einen unschätzbaren Vorteil dar.
an Zahn 15 mit dem Nanohybridkomposit GrandioSO in
der Farbe A3.
Dazu wird zunächst die Klasse-II-Kavität durch Aufbau
der distalen und mesialen Randleisten in eine rein okklusal
begrenzte Kavität überführt (Abb. 4). Die angenehme, nichtklebrige Konsistenz von GrandioSO erleichtert dabei die
Adaptation des Materials und die Konturierung der Approximalwände. Nach Fertigstellung der Approximalwände
können die Matrizen und Spannringe zur besseren Übersicht
entfernt werden. In die nun rein okklusale Kavität wird das
Komposit GrandioSO in einzelnen Inkrementen eingebracht
und mittels Blaulicht jeweils zehn Sekunden auspolymerisiert. Die einzelnen Schichten werden dabei anatomisch richtig, d. h. möglichst dem okklusalen Relief folgend, gestaltet,
was bei der anschließenden Ausarbeitung viel Zeit einspart.
Abbildung 5 zeigt die fertig gelegte und vorkonturierte Füllung des Zahns 15. Analog wird nun am Zahn 14 verfahren.
Die Teilmatrizen werden angelegt und verkeilt (Abb. 6), das
Bonding appliziert, verblasen und auspolymerisiert. Erneut
Erster Quadrant
Zunächst wurde der erste Quadrant saniert. Dazu wurden
der Kofferdam am Zahn 16 mittels einer Klammer fixiert
und die alten Amalgam-Füllungen und Inlays entfernt
(Abb. 2). Die verwendeten Teilmatrizen (Compositight, Garrison) wurden mit einem Spannring (Palodent, Dentsply)
fixiert und mit Holzkeilen adaptiert. Dem passgenauen
Adaptieren der Matrize sollte man große Beachtung schenken, weil dadurch Überschüsse minimiert werden, was sich
im Nachhinein durch geringeren Aufwand beim Ausarbeiten
der Füllung auszahlt.
Nach der Applikation des Haftvermittlers (Futurabond
DC, VOCO) erfolgt das inkrementelle Auffüllen der Kavität
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DENTAL MAGAZIN
Langlebige Restaurationen NACHLESE FÜLLUNGSTHERAPIE
Abb. 5: Vorkonturierte Füllung an Zahn 15
Abb. 6: Anlegen der Teilmatrizen an Zahn 14. Applikation des Adhäsivs
Abb. 7: Vorkonturierte Füllungen vor der Ausarbeitung
Abb. 8: Fertige Füllungen des 1. Quadranten
Abb. 9: Zweiter Quadrant: zu erneuernde Restaurationen (Amalgam,
NE-Inlay) an 24, 25
Abb. 10: Anlegen von Kofferdam und Exkavation der alten Füllung
wurden zunächst die Approximalwände rekonstruiert und
anschließend die okklusale Füllung inkrementell aufgefüllt
und vorkonturiert (Abb. 7). Abbildung 8 zeigt die fertige
Füllung nach Politur und Okklusionskontrolle.
Füllungen in Zahn 24 und Zahn 25 exkaviert (Abb. 10).
Zur Sicherstellung einer vollständigen Kariesexkavation
wurde Caries Marker (VOCO) benutzt. Am Zahn 25
wurden Teilmatrizen angelegt und anschließend in beide
Kavitäten das Self-Etch-Adhäsiv Futurabond DC appliziert und ausgehärtet. Nach Aufbau der distalen Randleiste am Zahn 25 erfolgten die Rekonstruktion der
mesialen Wand sowie das Auffüllen des tiefen distalen
Kastens in mehreren horizontalen Schichten. Parallel
dazu wurde zuerst der bukkale, danach der palatinale
Zweiter Quadrant
Nachdem die Füllungen im ersten Quadranten fertiggestellt waren, wurden zur Restauration des zweiten Quadranten der Kofferdam am Zahn 26 fixiert und die alten
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NACHLESE FÜLLUNGSTHERAPIE Langlebige Restaurationen
Abb. 11: Einbringen weiterer Inkremente des Komposits GrandioSO
in die Kavitäten von 24, 25
Dr. Walter Denner
studierte Zahnmedizin in Würzburg und
arbeitete anschließend als wissenschaftlicher
Mitarbeiter der Poliklinik für Zahnerhaltung
und Parodontologie der Universität Würzburg
(Direktor: Prof. Dr. B. Klaiber). Hauptarbeitsgebiete: adhäsive Restaurationstechniken im
Front- und Seitenzahnbereich; Endodontie
Kontakt: praxis@dr-denner.de
Anteil der okklusalen Kavität in Zahn 24 mit GrandioSO
A3 versorgt. Die Kavität in Zahn 25 wurde mit weiteren
GrandioSO-Inkrementen anatomisch aufgefüllt und an-
Abb. 12: Fertige, hochästhetische Restaurationen
schließend ausgearbeitet (Abb. 11). Nach dem Ausarbeiten der Füllungen wurde der Kofferdam entfernt, die statische und dynamische Okklusion überprüft und zum
Abschluss wurden alle Füllungen mit Silikonpolierern auf
Hochglanz poliert. Die Abbildungen 8 und 12 zeigen die
fertigen, ästhetisch ansprechenden Restaurationen.
Fazit
Moderne Nanohybridkomposite ermöglichen dem Zahnarzt
ebenso minimalinvasive wie langlebige Versorgungen, die
gerade auch die für den Seitenzahn notwendige Stabilität
mit der vom Patienten gewünschten optimalen Ästhetik
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vereinen.
GrandioSO auf einen Blick
Indikationen/Einsatzzweck
Füllungen der Klassen I bis V
Rekonstruktion von traumatisch beschädigten Frontzähnen
Verblendung von verfärbten Frontzähnen
Form- und Farbkorrekturen zur Verbesserung der Ästhetik
Verblockung, Schienung von gelockerten Zähnen
Facettenreparaturen
Restauration von Milchzähnen
Kronenstumpfaufbauten
Composite-Inlays
Vorteile
Zahnähnliches Füllungsmaterial für zuverlässige Restaurationen
Für höchste Ansprüche im Front- und Seitenzahnbereich universell einsetzbar
Hohe Lichtbeständigkeit
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Optimale Bestimmung von Opazität und Transluzenz für zahnähnliche Ergebnisse mit nur einer Farbe
Intelligentes Farbsystem mit neuen sinnvollen Farben vcA3.25
und vcA5 für jede klinische Situation
Geschmeidige Konsistenz, nicht-klebrig, beste Modellierbarkeit
Einfache Hochglanzpolitur – dauerhaft glatte Oberflächen
Mit allen konventionellen Bondings kompatibel
Leistungsprofil
Füllstoffgehalt: 89 Gew% (73 Vol%)
Elastizitätsmodul: 16650 MPA
3-Punkt-Biegefestigkeit: 187 MPa
Druckfestigkeit: 439 MPa
Oberflächenhärte: 211 MHV
Abrasion, 200.000 Zyklen: 18 µm
Durchhärtetiefe, 800 mW/cm2 > 2,8 mm/20 s
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