Untersuchung der zukünftigen Frequenzbedarfe
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Untersuchung der zukünftigen Frequenzbedarfe
Technische Universität Braunschweig | Institut für Nachrichtentechnik Schleinitzstraße 22 | 38106 Braunschweig | Deutschland Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Referat I C 4 Herrn Baumeister Technische Universität Braunschweig Institut für Nachrichtentechnik Schleinitzstraße 22 38106 Braunschweig Deutschland Prof. Dr.-Ing. Thomas Kürner Prof. Dr.-Ing. Ulrich Reimers 53107 Bonn Tel. +49 (0) 531 391-2480 Fax +49 (0) 531 391-5192 u.reimers@tu-bs.de www.ifn.ing.tu-bs.de Datum: 21. Januar 2013 Untersuchung der zukünftigen Frequenzbedarfe des terrestrischen Fernsehens und des Mobilfunkdienstes sowie weiterer Funknutzungen im Frequenzband 470-790 MHz sowie Bewertung von Optionen zur Verteilung der Frequenznutzungen unter sozio-ökonomischen und frequenztechnischen Gesichtspunkten insbesondere im Teilfrequenzband 694-790 MHz Abschlussbericht Prof. Dr.-Ing. Thomas Kürner Prof. Dr.-Ing. Ulrich Reimers Dr.-Ing. Kin Lien Chee Dipl.-Ing. Thomas Jansen, M. Sc. Dipl.-Ing. Frieder Juretzek Dipl.-Ing. Peter Schlegel i Mit Schreiben vom 27. August 2012 hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie dem Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig einen Sachverständigenauftrag (Projekt-Nr.: 85/12) mit dem o. a. Titel erteilt. Der vorliegende Bericht stellt die Abschlussdokumentation zu diesem Sachverständigenauftrag dar. Zusammenfassende Darstellung – Executive Summary Vor dem Hintergrund der Entscheidung der World Radiocommunication Conference (WRC) 2012 über die Tagesordnung der WRC 2015, bei der es unter anderem um Untersuchungen zur möglichen zukünftigen Nutzung des Frequenzbandes von 694 MHz bis 790 MHz für den Mobilfunkdienst gehen soll, analysiert das vorliegende Gutachten anfänglich die Perspektiven der bisher in diesem Frequenzband stattfindenden terrestrischen TVVerteilung. Es entwickelt drei mögliche Szenarien, von denen nur das Szenario „Umstieg von DVB-T auf DVB-T2“ und das Szenario „Ausstieg aus der terrestrischen TV-Verbreitung“ als realistisch angesehen werden. Sollte ein Umstieg von DVB-T auf DVB-T2 erfolgen, so kann ab ca. 2018 in den Ballungsräumen und ab ca. 2020 bundesweit ein Teil des 700-MHz-Bandes für andere Dienste genutzt werden, sofern eine Koordinierung mit dem Ausland erfolgreich verläuft. Im Zuge einer Umnutzung müssen hunderte TV-Sendeanlagen verändert werden. Die Belange der Kabelnetzbetreiber, in deren Netzen in dem betrachteten Frequenzbereich sowohl TVals auch Internetdienste betrieben werden, sind zu berücksichtigen. Betreiber von PMSESystemen benötigen Frequenzzuweisungen außerhalb des UHF-Bandes. Das Gutachten schlägt für dieses Szenario Bandpläne unter Berücksichtigung von Mobilfunkdiensten und Diensten der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) vor, in denen insbesondere auch Koexistenz-Bedingungen zwischen unterschiedlichen Funknutzungen berücksichtigt werden. Auch für den Fall eines Ausstieges aus der terrestrischen TV-Verteilung, der unter bestimmten Umständen bereits 2019 abgeschlossen sein könnte, stellt das Gutachten Bandpläne vor. Eine Vielzahl von offensichtlichen und weniger offensichtlichen Konsequenzen ist in einem solchen Fall zu bedenken. Neben der bereits erwähnten Koordinierung mit dem Ausland und der Berücksichtigung der Belange der Kabelnetzbetreiber müssen beispielsweise Finanzierungsmodelle für die Zukunft des privaten und des öffentlich-rechtlichen Hörfunks gefunden werden, da dieser die Mitbenutzungsmöglichkeiten von TV-Sendemasten etc. verliert. Die Betreiber von PMSESystemen benötigen in diesem Fall für sie reservierte Frequenzbereiche. Für die Übertragung von Live-Video zu portablen und mobilen, auch in Fahrzeuge fest verbauten, Empfangsgeräten müssen innovative Lösungen jenseits heutiger Mobilfunkstandards gefunden werden. Dabei sollte die Übertragung von Live-Video außerhalb der von Mobilfunknetzbetreibern in ihren Kunden-Verträgen vorgegebenen Daten-Volumen-Grenzen ermöglicht werden und evtl. mit einer Must-Carry-Verpflichtung verbunden sein u. v. a. m. Das Gutachten stellt abschließend Forschungsansätze vor, mittels derer das immer drängender werdende Problem der ko-operativen bzw. ko-primären Nutzung von ii terrestrischen Frequenzen für Rundfunk- und Mobilfunkdienste gelöst werden kann und plädiert für Forschungs- und Entwicklungsförderung auf diesem wichtigen Feld. iii iv Inhaltsverzeichnis 1 2 Einleitung ...................................................................................................................... 1 1.1 Aufgabenstellung .................................................................................................. 1 1.2 Vorgehensweise ................................................................................................... 1 1.3 Bemerkungen zur Unterscheidung Mobilfunk / Broadcast .................................... 2 Frequenzbedarf für die terrestrische TV-Versorgung .............................................. 4 2.1 Terrestrische Fernsehversorgung mit DVB-T ....................................................... 4 2.2 Perspektiven der Einführung von DVB-T2 ............................................................ 7 2.3 Frequenzbedarf im Jahr 2020 ............................................................................... 8 2.3.1 Fortführung der DVB-T-Ausstrahlung im Umfang des Jahres 2012 ............ 9 2.3.2 Umstieg von DVB-T auf DVB-T2 ................................................................. 9 2.3.3 Ausstieg aus der terrestrischen TV-Verbreitung ........................................ 10 2.4 3 4 Empfehlung zur Zukunft der terrestrischen TV-Verbreitung ............................... 11 Frequenzbedarf für PMSE-Systeme (PMSE: Program Making and Special Events) im UHF-Band ................................................................................................ 13 3.1 Einsatz von PMSE-Geräten ................................................................................ 13 3.2 Derzeitige Frequenzsituation der PMSE-Systeme.............................................. 14 3.3 Randbedingungen bei der Nutzung von Frequenzen/Kanälen durch PMSE ...... 16 3.4 Zusammenstellung von Anforderungen an Spektrum für PMSE-Systeme basierend auf Gesprächen mit Systemherstellern, Anwendern sowie auf Recherchen ........................................................................................................ 17 3.5 Mögliche Szenarien ............................................................................................ 20 Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums durch Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes .......................... 24 4.1 Ausgangssituation der Spektrums-Nutzung durch den Mobilfunk in Deutschland ........................................................................................................ 24 4.2 Stand der Diskussion bezüglich Verkehrsprognosen und Spektrumsbedarf ...... 25 4.3 Möglichkeiten zur Deckung des steigenden Kapazitätsbedarfs.......................... 35 4.4 Leistungsfähigkeit von Mobilfunksystemen......................................................... 37 4.5 Potential zur Nutzung des UHF-Spektrums durch den kommerziellen Mobilfunk ............................................................................................................ 38 4.6 Fazit .................................................................................................................... 42 v 5 6 Untersuchungen des Frequenzbedarfs für Breitbandanwendungen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Militär und Betreiber kritischer Infrastrukturen .......................................................................... 43 5.1 Hintergrund zu Spektrumsnutzung von BOS in Deutschland ............................. 43 5.2 Stand der Diskussion zum Spektrumsbedarf für BOS ........................................ 45 5.3 Diskussion der Kandidatenbänder ...................................................................... 47 5.3.1 Diskussionsstand in der CEPT ECC FM49 ............................................... 47 5.3.2 Perspektiven der BOS-Dienste in den Frequenzbändern 400 MHz bzw. 700 MHz ............................................................................................ 49 5.4 Stand der Diskussion zum Spektrumsbedarf bei militärischen Anwendungen ..................................................................................................... 50 5.5 Spektrumsbedarf für Betreiber kritischer Infrastrukturen im Energie-, Transport- und Industriebereich .......................................................................... 51 5.6 Fazit .................................................................................................................... 51 Neuartige Ansätze zur gemeinsamen Spektrumsnutzung durch terrestrische TV- und Mobilfunknetze ...................................................................... 53 6.1 6.1.1 Effiziente Spektrumsnutzung durch den Einsatz von Punkt-zuMultipunkt Übertragung (Point-to-Multipoint - P2MP) ................................ 53 6.1.2 Effiziente P2MP Übertragung innerhalb von Mobilfunknetzen durch den Einsatz eines Tower-Overlays ............................................................ 54 6.1.3 Nutzung bestehender Broadcast-Technik für den Tower Overlay ............. 56 6.1.4 Zusammenfassung .................................................................................... 57 6.2 7 Tower-Overlay für LTE-Netze ............................................................................. 53 Dynamic Broadcast ............................................................................................. 58 Empfehlungen und Handlungsoptionen .................................................................. 60 Literatur ................................................................................................................................. 66 1 Einleitung 1.1 Aufgabenstellung Mit Schreiben vom 27. August 2012 hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie dem Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig einen Sachverständigenauftrag (Projekt-Nr.: 85/12) mit dem Titel „Untersuchung der zukünftigen Frequenzbedarfe des terrestrischen Fernsehens und des Mobilfunkdienstes sowie weiterer Funkanwendungen im Frequenzband 470-790 MHz sowie der Bewertung von Optionen zur Verteilung der Frequenznutzungen unter sozio-ökonomischen und frequenztechnischen Gesichtspunkten insbesondere im Teilfrequenzband 694-790 MHz“ erteilt. Die Untersuchungen sollten sich zunächst schwerpunktmäßig an folgenden im Ausschreibungstext geforderten Punkten orientieren: Untersuchungen zur Nutzung durch terrestrische TV-Übertragung und drahtlose Produktionstechniken Untersuchungen zur erweiterten Nutzungsmöglichkeit für den Mobilfunkdienst Untersuchungen zur Nutzung durch Breitbandanwendungen für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) Hybride Ansätze zur gemeinschaftlichen Nutzung des Spektrums, insbesondere Dynamic Broadcast-Ansätze. Eine erste Zwischenpräsentation zu unseren Untersuchungen fand im Rahmen der Informationsveranstaltung "Mobile Media 2020" im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) am 12. November 2012 vor interessierten Kreisen statt. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde seitens des BMWi auch das Diskussionspapier „Mobile Media 2020“ [64] vorgestellt. Im Nachgang zu dieser Veranstaltung hatten alle Beteiligten die Gelegenheit zu Stellungnahmen sowohl zum Diskussionspapier als auch zu unserer Zwischenpräsentation. Der vorliegende Bericht stellt die Abschlussdokumentation zu diesem Sachverständigenauftrag dar. In diesem Abschlussbericht fanden insbesondere auch die im Diskussionspapier und in den eingegangen Stellungnahmen aufgeführten Aspekte Berücksichtigung. 1.2 Vorgehensweise Für die Untersuchung gingen wir in drei Schritten vor: Zunächst wurden die Frequenzbedarfe der unterschiedlichen Dienste im UHF-Band einzeln analysiert. Gegenstand dieses Teils der Untersuchung waren die terrestrische TV-Versorgung (Kapitel 2), PMSE (Program Making and Special Events; Kapitel 3), die Breitbandversorgung durch den kommerziellen Mobilfunkdienst (Kapitel 4) sowie die Breitbandanwendungen der Behörden und Organisationen mit Einleitung Sicherheitsaufgaben (BOS) Infrastrukturen (Kapitel 5). 1.3 2 und des Militärs und der Betreiber kritischer In einem zweiten Schritt wurden die in Kapitel 6 vorgestellten neuartigen, am Institut für Nachrichtentechnik entwickelten, Ansätze zur gemeinsamen Spektrumsnutzung durch terrestrische TV- und Mobilfunknetze in die Betrachtungen einbezogen. Basierend auf den Ergebnissen aus den Kapiteln 2 bis 6 wurden Handlungsoptionen und Empfehlungen abgeleitet und für verschiedene Szenarien jeweils konkrete Bandpläne entwickelt (Kapitel 7). Bemerkungen zur Unterscheidung Mobilfunk / Broadcast Die Erfahrung aus vielfältigen Gesprächen zeigt, dass die Stakeholder im Mobilfunk und die in Hörfunk und Fernsehen (hier als Broadcast zusammen gefasst) die grundsätzlichen Unterschiede ihrer „Welten“ häufig nicht verstehen oder nicht zur Kenntnis nehmen. Dieser Abschnitt beschreibt daher einige dieser grundsätzlichen Unterschiede. Ein Mobilfunknetz-Betreiber erwirbt einen bestimmten Frequenzblock, in dem nur sein Service angeboten wird. Sein Service ist die Bereitstellung einer Kommunikationsleistung, nicht die eines spezifischen Inhaltes. Nutzer dieses Service erwarten die Bereitstellung einer bestimmten Datenrate bzw. einer bestimmten Quality of Service und es ist ihnen egal, welche Frequenz oder welche Netzzelle ihnen den Service bereitstellt. Ein Frequenzwechsel, z. B. an der Versorgungsgrenze einer Netzzelle, führt wieder zu einer Frequenz des einen Netzbetreibers, dessen SIM-Karte in ihrem Endgerät steckt, innerhalb der von ihm erworbenen Frequenzzuteilung und damit wieder zu derselben Kommunikationsleistung. Ein Broadcast-Netzbetreiber nutzt die dem Broadcast zugewiesene Frequenzen nicht zur Bereitstellung einer Kommunikationsleistung, sondern zur Übertragung von spezifischen Inhalten. Daher stehen die Anbieter dieser Inhalte untereinander im Wettbewerb um die Frequenzausstattung – selbst wenn sie einen gemeinsamen Broadcast-Netzbetreiber beauftragt haben. Insofern überträgt jede Frequenz einen anderen Inhalt. Ein Frequenzwechsel führt automatisch zu einem anderen Inhalt. Wenn an einem Empfangsort drei oder auch sieben TV-Kanäle empfangbar sind, so werden darüber z. B. 12 oder 28 unterschiedliche Programme angeboten. Kundinnen und Kunden eines Mobilfunknetz-Betreibers erwerben ihre Endgeräte üblicherweise von ihm. Diese Endgeräte sind in den meisten Fällen im Preis subventioniert, da mit ihrem Erwerb ein z. B. zweijähriger Nutzungsvertrag verbunden ist. Die Kundinnen und Kunden erfahren daher den realen Marktpreis des Endgerätes nicht. Nach typischerweise zwei Jahren erhalten sie ein neues Gerät – mit einem neuen Vertrag. Käuferinnen und Käufer eines TV-Empfängers sind über die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (und den Landesmedienanstalten) in gewisser Weise vertraglich verbunden. Sie erstehen das Gerät ohne Subventionierung und bezahlen den Marktpreis. Einen Incentive zum Tausch des Gerätes gibt es erst dann, wenn das Gerät funktionsunfähig wird, oder wenn z. B. der Wunsch entsteht, HDTV nutzen zu wollen. Die typische Lebensdauer des Einleitung 3 Fernsehempfängers liegt in einer Größenordnung von fünf bis 10 Jahren. Insbesondere die in den Jahren 2011 ff gekauften Geräte bieten von ihrer technischen Ausstattung meist so viele Möglichkeiten (HDTV, 3DTV, HbbTV etc.), dass ein Neukauf in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Jede Veränderung der Ressourcen für die TV-Übertragung tangiert daher potentiell Millionen von Menschen, die in die Endgeräte privat investiert haben. 2 Frequenzbedarf für die terrestrische TV-Versorgung Dieses Kapitel analysiert anfänglich den heute erreichten Stand der terrestrischen TVVersorgung in Deutschland. Besonders betrachtet wird hierbei die derzeitige Nutzung des Frequenzbereichs 694 MHz bis 790 MHz. Im Anschluss daran wird das System DVB-T2 vorgestellt, dessen mögliche Einführung eine Weiterentwicklung der terrestrischen TVVersorgung, beispielsweise mit dem Ziel der Einführung von HDTV, erlaubt. Anschließend erfolgt eine Betrachtung alternativer Szenarien der zukünftigen Nutzung des UHF-Bereiches für die terrestrische TV-Versorgung. Das Kapitel schließt mit einer Empfehlung zur Zukunft der terrestrischen TV-Versorgung. 2.1 Terrestrische Fernsehversorgung mit DVB-T Beginnend mit dem Jahr 2003 wurde in Deutschland das analoge terrestrische Fernsehen Region nach Region durch DVB-T [1] ersetzt [2]. Ende 2008 war der Umstieg beendet. Zu diesem Zeitpunkt waren 488 DVB-T-Sender in Betrieb [3]. Während anfänglich die Landesrundfunkanstalten der ARD noch auf der Nutzung des VHFFrequenzbereiches für DVB-T bestanden hatten, wurden die dort in Betrieb genommenen Sender, insbesondere wegen der hohen Belastung dieses Frequenzbereichs durch den sogenannten Man-Made-Noise, später wieder außer Betrieb genommen. Alle DVB-T-Sender sind damit auf den Frequenzbereich 470 bis 790 MHz konzentriert. Hier befinden sich die 40 Kanäle 21 bis 60, deren jeweiliger Kanalabstand 8 MHz beträgt. In dem im Zusammenhang mit der WRC 2015 speziell zu betrachtenden Frequenzbereich 694 MHz bis 790 MHz liegen die 12 Kanäle 49 bis 60, also 30% der derzeit für die DVB-T-Ausstrahlung genutzten Ressourcen. Eine aktuelle, nach Bundesländern sortierte, Liste der DVB-T-Sender incl. der Angabe der Programmbelegung ist in [4] zu finden. Von den in Deutschland tatsächlich in Betrieb befindlichen DVB-T-Sendern finden sich 139 Sender im Bereich der Kanäle 49 bis 60 [5]. Die Leistung (ERP) dieser Sender reicht bis zu 100 kW. Hier erkennt man einen wesentlichen Unterschied zu der Situation, die im Bereich 791 MHz bis 862 MHz vor der sogenannten Digitalen Dividende herrschte. Während dort nur relativ wenige DVB-T-Sender in Betrieb waren, werden die Kanäle 49 bis 60 intensiv genutzt. Die Karte in Abbildung 2-1 zeigt die Versorgung Deutschlands mit DVB-T per Mai 2012 [6]. Während die öffentlich-rechtlichen Programmanbieter ARD und ZDF einen Empfang von jeweils mindestens vier Programmen per Dachantenne nahezu überall in Deutschland ermöglichen, sind die privaten Programmanbieter im Wesentlichen in Ballungsräumen mit Programmen vertreten. In der Konsequenz entstehen im UHF-Frequenzbereich mehr oder weniger bedeutende „TV White Spaces“. Dies sind regionale Frequenzlücken in dem eigentlich für die Fernsehversorgung vorgesehenen Frequenzbereich, in denen unter gewissen Umständen andere Funkanwendungen gestattet werden könnten, ohne dass dadurch der Fernsehempfang gestört wird [7]. Abbildung 2-2 zeigt diese TV White Spaces für den Beispielfall eines Empfangs „outdoor“ bei einem realistisch ermittelten Frequenzbedarf für die terrestrische TV-Versorgung 5 Empfangsleistungs-Grenzwert von -72 dBm [8] unter Berücksichtigung der bei der Bundesnetzagentur dokumentierten Sender der Nachbarländer und unter Annahme weiterer Randbedingungen. Nicht einbezogen sind die besonderen Eigenschaften der Ausbreitung über Wasser, welche insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern einen gewissen Einfluss auf die Zahl der „TV White Spaces“ hätte. Die in der nebenstehenden Skala abzulesende Zahl der als „TV White Spaces“ verfügbaren TV-Kanäle sollte hier nicht überinterpretiert werden, da sie natürlich von der Empfindlichkeit des genutzten TV-Empfängers abhängt. Die Abbildung zeigt aber, dass als Folge der in Abbildung 2-1 dokumentierten ungleichmäßigen Nutzung der verfügbaren TV-Kanäle Frequenzressourcen im UHF-Band heute schon brach liegen. Abbildung 2-1: DVB-T-Empfangsmöglichkeiten in Deutschland (Mai 2012) Mittels DVB-T werden in Deutschland in einem Kanal mit einer Netto-Datenrate von 13,27 Mbit/s typischerweise vier TV-Programme in der Qualität SDTV (Standard Definition TeleVision) übertragen. Es gibt jedoch, beispielsweise in Berlin, auch eine DVB-T-Variante mit einer Netto-Datenrate von 22,12 Mbit/s worüber sechs TV- und 7 Radioprogramme in einem einzigen Kanal übertragen werden können. Frequenzbedarf für die terrestrische TV-Versorgung 6 Abbildung 2-2: TV White Spaces im UHF-Band in Deutschland Die Zahl der an einem Empfangsort empfangbaren Programme variiert deswegen erheblich, weil die privaten Programmanbieter im Wesentlichen nur in den Ballungsräumen auf die Programmverbreitung per DVB-T setzen. In der Folge liegt die Zahl der per DVB-T empfangbaren Programme beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern bei nur 9, in Berlin aber bei nahezu 40 [4]. Die Haushaltsnutzung von DVB-T wird jährlich im Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten dokumentiert. Die nachfolgende Grafik (Abbildung 2-3) entstammt dem Digitalisierungsbericht 2012 [9]. Abbildung 2-3: DVB-T-Nutzung in den Bundesländern Frequenzbedarf für die terrestrische TV-Versorgung 7 Eine wichtige Erkenntnis, die aus Abbildung 2-3 abgeleitet werden kann ist die, dass nur dort, wo sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Fernsehprogramme zu empfangen sind, die Nutzung von DVB-T den einstelligen Prozentbereich überschreitet. Sollten die privaten Programmanbieter also beschließen, die terrestrische TV-Verbreitung aufzugeben, ist mit einer massiven Erosion der Nutzung zu rechnen. Dem Digitalisierungsbericht 2012 ist ebenfalls zu entnehmen, dass im Jahr 2012 etwa 4,8 Mio. der insgesamt 38 Mio. Haushalte in Deutschland DVB-T nutzen. Im Vergleich zu 2011 ist ein Zuwachs um etwa 0,3 Mio. Haushalte zu verzeichnen. Von den DVB-T-Nutzern sehen etwa 3,7 Mio. Haushalte DVB-T am ersten TV-Gerät und etwa 1,1 Mio. nur an weiteren TV-Geräten. DVB-T wird aber nicht nur am klassischen Fernsehempfänger, sondern auch am PC oder Laptop sowie im Automobil genutzt. Von den im Digitalisierungsbericht 2012 ermittelten etwa 5,8 Mio. Haushalten, in denen auch per PC oder Laptop TV gesehen wird, nutzen mindestens 33,7 % DVB-T – dies sind also etwa 2 Mio. Haushalte. Nach Schätzungen der Deutschen TVPlattform sind etwa 1 Mio. PKWs mit DVB-T-Empfängern ausgestattet. 2.2 Perspektiven der Einführung von DVB-T2 Mit DVB-T2 steht ein System der zweiten Generation für die terrestrische Programmverbreitung zur Verfügung, das im Vergleich zu DVB-T weitreichende Verbesserungen der Programmversorgung ermöglicht. Mit DVB-T2 ist es beispielsweise möglich, die in terrestrischen TV-Netzen benötigte Sendeleistung unter Beibehaltung der bereits bei DVB-T genutzten Datenrate pro Kanal deutlich zu senken. Alternativ ist es möglich, die Datenrate pro Kanal unter Beibehaltung der heute für DVB-T genutzten Sendeleistungen deutlich zu erhöhen. DVB-T2 bietet neben vielen anderen innovativen Merkmalen „Multiple Physical Layer Pipes (MPLP)“. Mittels MPLP können in einem Kanal Signale unterschiedlicher Robustheit ausgestrahlt werden, so dass z. B. einige der Programme mit einer kleinen Stabantenne am Gerät empfangen werden können, während zum Empfang anderer Programme im selben Übertragungskanal hochwertige Antennen erforderlich sind. Mit DVB-T2 sind Gleichwellennetze (SFNs) realisierbar, in denen der Senderabstand deutlich größer ist, als in den heutigen DVB-T-Netzen. DVB-T2 ermöglicht den Empfang auch im schnell fahrenden Fahrzeug etc. etc. Im Rahmen des DVB-T2 Modellversuchs Norddeutschland wurde DVB-T2 ausführlich untersucht. Die Technische Leitung des Modellversuchs lag bei den Autoren dieses Gutachtens. Der Abschlussbericht [10] dokumentiert die Ergebnisse des Modellversuches. Im Ergebnis der Untersuchungen verständigten sich die beteiligten öffentlich-rechtlichen und privaten Programmanbieter, Netzbetreiber, Medienanstalten und Hersteller auf drei mögliche Szenarien für eine Einführung von DVB-T2, die im Folgenden beschrieben werden: Szenario 1: Schwerpunktsetzung auf portablen und mobilen Empfang von SDTVProgrammen. Hier wird der DVB-T2-Modus [16 k FFT, 16 QAM, Coderate 3/5] verwendet. Für sicheren Empfang wird ein Störabstand von 11 dB bei stationärem und portablem Empfang und von 14,0 dB bei mobilem Empfang benötigt. Die verfügbare Datenrate liegt bei 14,8 Mbit/s, von denen nach Abzug der für den gesamten Multiplex benötigten Datenrate von 0,7 Mbit/s für Program Specific Information/Service Information (PSI/SI) und Nullpakete 14,1 Frequenzbedarf für die terrestrische TV-Versorgung 8 Mbit/s verbleiben. Diese Datenrate reicht in Abhängigkeit von Detail-Entscheidungen der Programmanbieter zur Übertragung von 7 oder 8 SDTV-Programmen aus, wenn die Videocodierung H.264/AVC MPEG-4 part 10 genutzt wird. Szenario 2: Versorgung stationärer, portabler und mobiler Empfangsgeräte mit in der Bildqualität verbessertem SDTV (SDTV+).Hier wird der DVB-T2-Modus [16 k FFT, 64 QAM, Coderate 3/5] verwendet. Für stationären und portablen Empfang wird ein Störabstand von 16,4 dB und für mobilen Empfang von 24,4 dB benötigt. Die verfügbare Datenrate liegt bei 22,2 Mbit/s, von denen nach Abzug der für den gesamten Multiplex benötigten Datenrate von 0,7 Mbit/s für PSI/SI und Nullpakete 21,5 Mbit/s verbleiben. Diese Datenrate reicht in Abhängigkeit von Detail-Entscheidungen der Programmanbieter zur Übertragung von 7 oder 8 SDTV+-Programmen aus, wenn die Videocodierung H.264/AVC MPEG-4 part 10 genutzt wird. Alternativ könnten auch 4 oder 5 SDTV+-Programme und ein HDTV-Programm in einem Kanal ausgestrahlt werden. Szenario 3: Schwerpunktsetzung auf Versorgung stationärer und portabler HDTVEmpfangsgeräte. Hier wird der DVB-T2-Modus [32 k FFT, 64 QAM, Coderate 2/3] verwendet. Für sicheren Empfang in stationären und portablen Empfangssituationen wird ein Störabstand von 17,0 dB benötigt. Die verfügbare Datenrate liegt bei 27,3 Mbit/s, von denen nach Abzug der für den gesamten Multiplex benötigten Datenrate von 0,7 Mbit/s für PSI/SI und Nullpakete 26,6 Mbit/s verbleiben. Diese Datenrate reicht in Abhängigkeit von DetailEntscheidungen der Programmanbieter zur Übertragung von 3 oder 4 HDTV-Programmen aus, wenn die Videocodierung H.264/AVC MPEG-4 part 10 genutzt wird. In der nicht nur theoretischen Vielzahl an Kombinationen von Dienste-Szenarien und Parametersätzen zeigen sich die Flexibilität des Systems DVB-T2 und sein Charakter als Toolbox. Eine Entscheidung zur Einführung von DVB-T2 ist in Deutschland bisher nicht gefallen, allerdings mehren sich insbesondere in den Monaten Oktober und November 2012 die Aussagen, dass DVB-T2 in Deutschland eingeführt werden sollte, z. B. [11]. 2.3 Frequenzbedarf im Jahr 2020 Die Zukunft der terrestrischen TV-Verbreitung in Deutschland ist derzeit (Jahresende 2012) nicht abschließend prognostizierbar. Der Versuch einer Vorhersage des tatsächlichen Frequenzbedarfs kann daher nur in Szenarien erfolgen. Bei allen im Folgenden dargestellten Varianten ist zu berücksichtigen, dass die Nutzung der für die TV-Verbreitung verfügbaren Kanäle in internationalen Vereinbarungen geregelt ist und dass Deutschland an diese Vereinbarungen gebunden ist. Das terrestrische Fernsehen spielt in einigen Nachbarländern Deutschlands weiterhin eine bedeutende Rolle als primärer Verbreitungsweg für TVProgramme und es ist zu vermuten, dass diese Länder unabhängig von möglichen Entscheidungen in Deutschland an der terrestrischen Verbreitung festhalten werden. In Anbetracht der Tatsache, dass nicht absehbar ist, ob und gegebenenfalls wann die Nachbarländer Deutschlands bereit sind, die existierenden Vereinbarungen zu ändern, stehen die Szenarien sämtlich unter dem Vorbehalt der internationalen Koordinierbarkeit. Frequenzbedarf für die terrestrische TV-Versorgung 9 In den folgenden Szenarien werden innovative Ansätze, wie z. B. Dynamic Broadcast oder der Einsatz von Broadcast-Netzen als Overlay über zellularen Netzen nicht berücksichtigt. Auf diese Ansätze geht Kapitel 6 des Gutachtens ein. 2.3.1 Fortführung der DVB-T-Ausstrahlung im Umfang des Jahres 2012 In diesem Szenario wird davon ausgegangen, dass die Programmanbieter die DVB-TVersorgung im bisherigen Umfang dauerhaft aufrechterhalten werden. In diesem Fall erscheint es dringend erforderlich, die regional unterschiedliche Nutzung der verfügbaren Kanäle zu konsolidieren. Im Rahmen der Planung der DVB-T-Versorgung in Deutschland forderten die privaten Programmanbieter eine Frequenzausstattung, die derjenigen vergleichbar war, die den öffentlich-rechtlichen Programmanbietern zur Verfügung gestellt werden konnte [2]. In der Realität wird diese Frequenzausstattung jedoch nicht adäquat genutzt. Ebenfalls ungenutzt ist der Kanal, der für den Betrieb von DVB-H (Handheld) vorgesehen worden war. Im Rahmen einer Neuplanung der DVB-T-Versorgung in Deutschland wird es gelingen, den Frequenzbedarf für die terrestrische Fernsehversorgung zu reduzieren. Bisher nicht veröffentlichte Erkenntnisse einer Arbeitsgruppe der BNetzA („UHF klein“) deuten darauf hin, dass bis auf wenige Ausnahmen eine Zusammenführung in den Kanälen 21 bis 48 möglich sein wird. Grundsätzlich erscheint es also möglich, die Kanäle 50 bis 60 mittelfristig für eine neue Nutzung freizugeben. Der Kanal 49 wird an einigen Orten für die DVB-T-Ausstrahlung benötigt. An diesen Orten ist der Kanal 50 (ggf. teilweise) vermutlich als Schutzkanal von neuen Nutzungen freizuhalten. In den übrigen Regionen muss der Kanal 49 (ggf. teilweise) als Schutzkanal definiert werden. Die Fortführung der DVB-T-Ausstrahlung birgt das Risiko, dass die terrestrische TVVersorgung mittelfristig auch in den Regionen an Akzeptanz verliert, in denen DVB-T heute noch in nennenswertem Umfang genutzt wird (vgl. Abbildung 2-3). Nach Prognosen der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu, Pressemitteilung vom 20. 11. 2012) werden allein im Jahr 2012 in Deutschland 10 Millionen, vermutlich sämtlich HDTV-fähige, Fernsehempfänger verkauft werden. Die Zahl der Haushalte, die empfängerseitig für den HDTV-Empfang ausgestattet sind, nimmt damit weiter zu. Es darf vermutet werden, dass die Besitzer dieser Geräte zunehmend auf einen Verbreitungsweg umsteigen werden, der auch tatsächlich HDTV-Qualität bietet. Da DVB-T dies nicht bieten kann, muss von einem Absinken der Nutzerzahlen ausgegangen werden. In der Konsequenz könnte z. B. im Jahr 2020 die DVB-T-Ausstrahlung unwirtschaftlich geworden sein. Forderungen der Programmanbieter bzw. der Netzbetreiber nach Fortführung der dauerhaften DVB-T-Ausstrahlung im Umfang des Jahres 2012 sind nicht bekannt. 2.3.2 Umstieg von DVB-T auf DVB-T2 In einer Pressemitteilung vom 12. September 2012 erklärt die ARD, dass mit DVB-T2 portabler und mobiler Empfang erreicht werden solle. Für die lineare Programmverbreitung werde HDTV-Bildqualität angestrebt. Ein Einstieg in DVB-T2 komme frühestens 2016 bis 2018 in Betracht [10]. Es darf wohl davon ausgegangen werden, dass das ZDF eine ähnliche Zielsetzung verfolgt. Von Seiten der privaten Programmanbieter gibt es zur Einführung von Frequenzbedarf für die terrestrische TV-Versorgung 10 DVB-T2 derzeit keine verbindlichen Aussagen. Die Media Broadcast GmbH schlägt vor, im Frühjahr 2014 mit der Ausstrahlung von DVB-T2 in einem Kanal zu beginnen. Vermutlich handelt es sich dabei um den Kanal, der ursprünglich für die Ausstrahlung von DVB-H (Handheld) vorgesehen war. Diese Ausstrahlung soll in den Regionen erfolgen, in denen bereits derzeit sowohl öffentlich-rechtliche wie auch private Programmanbieter DVB-T ausstrahlen [12]. Die über DVB-T2 übertragenen Programme sollen aus dem Angebot der öffentlich-rechtlichen Programmanbieter stammen und in HDTV-Qualität angeboten werden. Im Verlauf des Jahres 2016 sollen entsprechend den Vorstellungen von Media Broadcast dann die bisherigen DVB-T-Angebote nach einer relativ kurzen Simulcast-Phase (Simulcast: Simultaneous Broadcast) von DVB-T und DVB-T2 auf DVB-T2 umgestellt werden. Etwa ab Mitte 2017 würden dann in sechs oder sieben Kanälen DVB-T2-Signale ausgestrahlt werden. Der Frequenzbedarf entspräche damit dem, der bereits in Abschnitt 2.3.1 für den Fall der weiteren Ausstrahlung von DVB-T identifiziert worden war. Ein seit langem bekanntes Problem bei einer Einführung von DVB-T2 liegt darin, dass, wie in Abschnitt 2.2 beschrieben, mit DVB-T2 unterschiedliche Ziele realisiert werden können. Es gibt Protagonisten der Idee, DVB-T2 für die Übertragung von HDTV-Programmen zu nutzen. Ginge man von vier HDTV-Programmen pro Kanal aus (Abschnitt 2.2, Szenario 3), so bliebe der Frequenzbedarf gegenüber der heutigen DVB-T-Ausstrahlung in erster Näherung unverändert. Es muss allerdings gefragt werden, ob alle heute per DVB-T ausgestrahlten Programme zukünftig in HDTV-Qualität angeboten werden. Es ist außerdem davon auszugehen, dass die privaten Programmanbieter das bereits bei der Satellitenübertragung ihrer HDTV-Programme genutzte HD+-Konzept auch terrestrisch umsetzen werden. Die Vielfalt der dann unverschlüsselt empfangbaren Programme wird dadurch auf die Programmangebote der öffentlich-rechtlichen Programmanbieter reduziert. Zuschauerinnen und Zuschauer würden also auch bei der Nutzung von DVB-T2 eine gewisse Gebühr zahlen müssen, um die derzeit in den Ballungsräumen genutzte DVB-T-Programmvielfalt auch weiter erleben zu können. Dazu kommt die Frage, ob nicht diejenigen Zuschauerinnen und Zuschauer, die an HDTV interessiert sind, bis zu einer HDTV-Einführung per DVB-T2 auf einen anderen Verbreitungsweg (Kabel, Satellit oder IPTV) umgestiegen sein werden (vgl. die Prognose der Verkaufszahlen von HDTV-fähigen Fernsehempfängern in Abschnitt 2.3.1). 2.3.3 Ausstieg aus der terrestrischen TV-Verbreitung Dem Vernehmen nach haben die Verträge privater Programmanbieter mit der Media Broadcast GmbH über die Ausstrahlung ihrer Programme per DVB-T eine Laufzeit bis zum Jahresende 2014. Verhandlungen zwischen den Vertragspartnern über eine Fortführung der Ausstrahlung über das Jahresende 2014 hinaus finden nach mündlicher Auskunft der Verhandlungspartner gegenüber den Autoren dieser Studie derzeit statt. Sollten diese nicht zu einer Verlängerung der Ausstrahlung führen, so ist davon auszugehen, dass bereits im Jahr 2015 die Akzeptanz von DVB-T auch in den Bundesländern erheblich zurückgehen wird, in denen nach Abbildung 2-3 DVB-T besonderen Anklang findet. Damit steht die Wirtschaftlichkeit der terrestrischen Fernsehverbreitung auch für die öffentlich-rechtlichen Programmanbieter in Frage. Sie werden im Frühjahr 2015 ihren Finanzbedarf für die Jahre 2017 bis 2020 bei der Kommission für die Ermittlung des Finanzbedarfs der Frequenzbedarf für die terrestrische TV-Versorgung 11 Rundfunkanstalten (KEF) anzumelden haben. Es ist zu bezweifeln, dass die KEF nach einem Ausstieg der privaten Programmanbieter einen Finanzbedarf für die Fortsetzung der DVB-T-Ausstrahlung für diesen gesamten Zeitraum als wirtschaftlich anerkennen können wird. Möglicherweise würde dies zu einer Beendigung der terrestrischen TV-Verbreitung z. B. zum Jahresende 2018 führen. Sollte es zu dieser Situation kommen, so hätte diese vermutlich erhebliche Auswirkungen für die terrestrische Hörfunkverbreitung, da die Hörfunk-Sendeanlagen in vielen Fällen an Standorten betrieben werden, die derzeit auch für die DVB-T-Ausstrahlung genutzt werden. Nach einer eventuellen DVB-T-Abschaltung würden die Hörfunkanbieter die bisher mit dem Fernsehen geteilten Standortkosten dann alleine tragen müssen. Es wäre zu erwägen, die zukünftigen Nutzer der in diesem Szenario vom Fernsehen geräumten Frequenzen zur Beteiligung an den Kosten der Hörfunk-Ausstrahlung zu verpflichten. Im Falle einer Beendigung der terrestrischen TV-Verbreitung könnten die TV-Sender gegebenenfalls dazu genutzt werden, Broadcast-Daten (Audio, Video, Daten) in einer Form auszustrahlen, die in Kapitel 6 als „Tower Overlay over LTE-Advanced“ beschrieben wird. Die Sender würden also ihre Funktion nicht grundsätzlich verlieren, sondern würden statt für den klassischen TV-Rundfunk zukünftig für eine Versorgung mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablets mit Medieninhalten genutzt. 2.4 Empfehlung zur Zukunft der terrestrischen TV-Verbreitung In Anbetracht der zu Jahresende 2012 existierenden Ungewissheit bzgl. der Fortführung der terrestrischen TV-Verbreitung seitens der privaten Programmanbieter stellt die nachfolgende Empfehlung einen Versuch dar, aus den drei vorgestellten Szenarien diejenigen zu identifizieren, welche die sinnvollste Nutzung des UHF-Spektrum bieten und dabei eine terrestrische Verbreitung von Live-Video ermöglichen. Die dauerhafte Fortführung der DVBT-Ausstrahlung im Umfang des Jahres 2012 kann nicht empfohlen werden. Also ist von einem Umstieg auf DVB-T2 oder, nach Beendigung einer klassischen terrestrischen TVVerbreitung, von innovativen Konzepten für die Übertragung von Live-Video speziell zu mobilen und portablen Endgeräten auszugehen, wobei es allerdings den Programmanbietern überlassen bleiben muss, zu entscheiden, ob im Fall des Umstiegs auf DVB-T2 dann HDTV oder SDTV+ angeboten wird, und ob die Programme unverschlüsselt (die öffentlichrechtlichen Programmanbieter haben sich dazu entschlossen) oder verschlüsselt übertragen werden. Bei einem Umstieg auf DVB-T2 wird dieser voraussichtlich – gegebenenfalls mit dem im Abschnitt 2.3.2 beschriebenen Vorlauf in dem für DVB-H vorgesehenen Kanal – ab 2016 erfolgen. Er wird in den Ballungsräumen im Jahr 2018 abgeschlossen sein. Zu diesem Zeitpunkt wird zumindest dort eine Reduzierung des für die terrestrische TV-Versorgung benötigten Frequenzbereiches auf die Kanäle 21 bis 48 (gegebenenfalls bis Kanal 49, siehe Abschnitt 2.3.1) erfolgt sein können. Der Umstieg wird unter Umständen außerhalb der Ballungsräume bis zu zwei Jahre länger, also bis 2020, dauern. Ab dem Jahr 2019 werden in den von der TV-Verbreitung freigeräumten Kanälen, gegebenenfalls zeitlich und regional gestaffelt, alternative Funknutzungen ermöglicht. Diese werden unter Berücksichtigung Frequenzbedarf für die terrestrische TV-Versorgung 12 möglicher Störeinflüsse auf Fernseh-Kabelnetze implementiert. Zu überlegen ist in dieser Hinsicht, die zulässigen Uplink- und Downlink-Sendeleistungen der alternativen Funknutzungen in Ballungsräumen, dort wo also die Kabelnetze besonders stark ausgebaut sind, stärker einzuschränken, als außerhalb der Ballungsräume, wo eventuelle Funkzellen größer sein werden, als in den Ballungsräumen sind. Bei einer Beendigung der klassischen terrestrischen TV-Verbreitung, z. B. zum Jahresende 2018, wird, um eine effiziente Verbreitung von Live-Video zu mobilen und portablen Endgeräten zu ermöglichen, empfohlen, den in Kapitel 6 beschriebenen innovativen Ansatz eines Tower Overlay über den zellularen Mobilfunknetzen oder ein vergleichbares Verfahren zu implementieren. Mittels dieser Ansätze wird unter anderem erreicht, dass die Mobilfunknetz-Betreiber, die dann ab 2019 möglicherweise Teile des UHF-Spektrums nutzen können, Live-Video nicht mehrfach, im Extremfall in jedem der Mobilfunknetze parallel, bereit stellen müssen. Es wird darüber hinaus empfohlen, durch entsprechende Auflagen sicher zu stellen, dass die Übertragung von Live-Video außerhalb der von den Mobilfunk-Betreibern in ihren Kunden-Verträgen vorgegebenen Daten-Volumen-Grenzen ermöglicht wird. Bei Annahme heute typischer Daten-Volumen-Grenzen (z. B. 15 GByte pro Monat) wäre dieses Volumen nämlich bei Empfang von Hochqualitäts-Live-Video innerhalb weniger Stunden aufgebraucht. Es sollte schließlich erwogen werden, den Mobilfunknetzbetreibern für bestimmte Live-Video-Angebote („Fernsehprogramme“) eine Must-Carry-Verpflichtung aufzuerlegen. Für den Fall der Beendigung der klassischen terrestrischen TV-Verbreitung ist den Betreibern der PMSE-Dienste auf geeignetem Weg gesichertes Spektrum für ihre Dienste zur Verfügung zu stellen. 3 Frequenzbedarf für PMSE-Systeme (PMSE: Program Making and Special Events) im UHF-Band In diesem Abschnitt wird anfänglich die derzeitige Frequenzsituation für PMSE-Systeme erläutert und es werden Randbedingungen für die Vergabe von Spektrum an PMSESysteme definiert. Abschließend werden unterschiedliche Szenarien für eine mögliche Nutzung des UHF-Bandes unter Berücksichtigung von PMSE-Systemen vorgestellt. 3.1 Einsatz von PMSE-Geräten Zu den PMSE-Systemen gehören drahtlose Mikrofone, Regie- und Kommandofunk, In-EarMonitoring, Konferenzsysteme sowie Anlagen für Schwerhörige und drahtlose Führungssysteme. PMSE-Systeme kommen hauptsächlich in der professionellen Veranstaltungstechnik und Veranstaltungsproduktion im Bühnen- und Rundfunkbereich zum Einsatz und sind somit auch wichtige Hilfsmittel in der Kultur- und Kreativwirtschaft, die im Jahr 2010 in Deutschland schätzungsweise einen Beitrag in Höhe von 63,7 Milliarden Euro zur Bruttowertschöpfung leistete [13]. PMSE-Systeme lassen sich in mobile und ortsfeste Anlagen unterteilen, wobei der größte Anteil auf ortsfeste Anlagen fällt. Mobile Anlagen sind nur temporär an einem Ort und nur für die Dauer der Veranstaltung/des Events im Einsatz. Zu diesen Events gehören Fernsehproduktionen, Sportveranstaltungen, Wahlen, Konzerte im Rahmen von Tourneen und der Entertainmentbereich. Festinstallierte PMSE-Systeme in Studios, in Veranstaltungsräumen wie zum Beispiel auch Universitäts-Hörsälen, in MusicalHallen, in Theatern, in Kirchen oder in Tagungsräumen sind unter Umständen permanent im Einsatz oder werden täglich in Betrieb genommen. Die folgende Übersicht zeigt, wie viele PMSE-Kanäle typischerweise bei unterschiedlichen Veranstaltungen genutzt werden. Bei Standard-Einsätzen, wie bei Theatervorführungen, in Musicals, in Konzerten, bei Konferenzen sowie in Universitäten, Kirchen, Hotels, Schulen usw. werden bis zu 50 PMSE-Kanäle benötigt, z. B.: o Oper Hannover: 32 UHF-PMSE-Kanäle o TU Braunschweig: 32 UHF-PMSE-Kanäle (Stand 2010) Bei großen Events, wie z.B. bei Fernseh-, Film- und Showproduktionen sowie bei besonders großen Musical- und Theatervorführungen kommen ca. 50 – 150 PMSEKanäle zum Einsatz. o Schauspielhaus Hannover : 62 PMSE-Kanäle o Musical „Mama Mia“ bzw. „König der Löwen“ : 60 bzw. 82 PMSE-Kanäle Bei sehr großen Events werden über 150 PMSE-Kanäle verwendet, z.B. o Landtagswahl in Hannover 2008: 380 Kanäle [14] o Bürgerschaftwahl 2008 in Hamburg: 309 Kanäle [14] Frequenzbedarf für PMSE-Systeme (PMSE: Program Making and Special Events) im UHF-Band 14 o Eurovision Song Contest 2011: 212 Kanäle waren koordiniert Laut Spektrum-Aufzeichnung des DKE waren im Maximum 126 Kanäle gleichzeitig in Betrieb. Nahezu das komplette UHF-Band von 470 – 790 MHz wurde – mit Ausnahme der von DVB-T-Sendern belegten Kanäle – mit PMSESystemen belegt [15]. o Olympische Spiele in Sydney: über 800 Kanäle o Olympische Spiele 2012 in London: 248,3 MHz an Spektrum wurden im UHFBand für PMSE-Systeme genutzt. Die Gesamtzahl der Zuteilungen im Rahmen der Spiele belief sich auf 6052 drahtlose Mikrofone und 1468 In-EarMonitoring Systeme [16]. Auch in vielen öffentlich-rechtlichen, dem Gemeinwohl dienenden Einrichtungen in Wissenschaft, Bildung, Kunst und Kultur, die aus öffentlicher Hand finanziert werden, sind PMSE-Geräte im Einsatz [17]. Eine Studie der Leibnitz Universität Hannover zeigte am Beispiel eines Innenstadtszenarios in Berlin, dass an bestimmten Stellen ein Tagesbedarf von 96 MHz für PMSE-Geräte benötigt wird [18]. Insgesamt ist eine steigende Tendenz der PMSE-Nutzung zu beobachten. Die Bandbreite eines PMSE-Audio-Kanals beträgt unabhängig von der eingesetzten Technik bis auf wenige Ausnahmen 200 kHz. Für jede PMSE-Übertragungsstrecke wird ein eigener 200-kHz-Kanal benötigt. 3.2 Derzeitige Frequenzsituation der PMSE-Systeme PMSE-Geräte werden derzeit hauptsächlich im UHF-Spektrum als sekundäre Nutzer neben dem terrestrischen Rundfunk betrieben. Die Frequenzverteilung erfolgt auf nationaler Ebene. Im Ergebnis der Digitalen Dividende stehen im UHF-Band von 470 – 790 MHz zwei Frequenzbereiche für den Einsatz von PMSE-Geräten zur Verfügung. Laut Frequenznutzungsplan der Bundesnetzagentur (Stand: August 2011) sind die folgenden Frequenzen für PMSE-Geräte im UHF-Band zugewiesen[19]: Funkmikrofone: 470 – 606 MHz Einseitige Übertragung von Sprach-, Musik- und Tonsignalen zur Nutzung durch Funkmikrofone Maximal zulässige äquivalente Strahlungsleistung: 50 mW ERP Kanalbandbreite: 200 kHz Kanalraster: 25 kHz Mitbenutzung der Fernsehkanäle 21 – 37 Funkmikrofone: 614 – 790 MHz Einseitige Übertragung von Sprach-, Musik- und Tonsignalen zur Nutzung durch Funkmikrofone Maximal zulässige äquivalente Strahlungsleistung: 50 mW ERP Kanalbandbreite: 200 kHz Frequenzbedarf für PMSE-Systeme (PMSE: Program Making and Special Events) im UHF-Band Kanalraster: Mitbenutzung der Fernsehkanäle 39 – 60 15 25 kHz Der Fernsehkanal 38 (606 – 614 MHz) steht für PMSE-Geräte nicht zur Verfügung, da die zugehörigen Frequenzen in der Radioastronomie genutzt werden. Frequenzzuteilung des terrestrischen Rundfunks im UHF-Band: DVB-T: 470 MHz – 790 MHz Übertragung von digitalen Bild-, Ton- und Datendiensten auf der Basis des DVB-TStandards Kanalbandbreite: 8 MHz Kanalraster: 8 MHz Die Übertragung von Rundfunk hat Vorrang vor der Übertragung sonstiger Inhalte (Mediendienste, Teledienste). Weitere Zuweisungen für PMSE-Geräte außerhalb des betrachteten UHF-Bandes: Funkmikrofone: 790 – 862 MHz Einseitige Übertragung von Sprach-, Musik- und Tonsignalen zur Nutzung durch Funkmikrofone Maximal zulässige äquivalente Strahlungsleistung: 50 mW ERP Kanalbandbreite: 200 kHz Kanalraster: 25 kHz Allgemeinzuteilungen: Vfg. 91/2005 [20]und Vfg. 09/2011[21] Die Nutzung durch Funkmikrofone ist gegenüber Rundfunknutzungen, Nutzungen des Festen Funkdienstes und Nutzungen des Drahtlosen Netzzugangs zum Angebot von Telekommunikationsdiensten nachrangig. Funkmikrofone: 863 - 865 MHz (SRD-Band) Maximal zulässige äquivalente Strahlungsleistung: 10 mW ERP Kanalbandbreite: 200 kHz (max. 300 kHz) Kanalraster: kein Allgemeinzuteilung Vfg. 68/2003 befristet bis 31.12.2013 [22] Funkmikrofone: 1452 -1477,5 MHz (L-Band) Maximal zulässige äquivalente Strahlungsleistung: 50 mW ERP Kanalbandbreite: 50 kHz Kanalraster: k. A. Die Nutzung durch Funkmikrofone ist gegenüber Rundfunknutzungen nachrangig. Im Rahmen der europäischen Harmonisierung werden für den Frequenzbereich 1452 – 1492 MHz neue Nutzungsmöglichkeiten diskutiert. Funkmikrofone: 1785 - 1805 MHz (LTE-1800 Duplexlücke) Maximal zulässige äquivalente Strahlungsleistung: 50 mW ERP Kanalbandbreite: k. A. Kanalraster: k. A. Allgemeinzuteilung Vfg. 10/2011 befristet bis 31.12.2021 [23] Frequenzbedarf für PMSE-Systeme (PMSE: Program Making and Special Events) im UHF-Band 16 Im Frequenzbereich von 790 - 862 MHz existieren derzeit zwei Blöcke mit Einzelzuteilung und folgende Allgemeinzuteilungen der Bundesnetzagentur: Vfg. 91/2005 (Frequenzbereich von 790 – 814 MHz und von 838 – 862 MHz) befristet bis zum 31.12.2015 und die Vfg. 09/2011 (Frequenzbereich von 823 – 832 MHz (LTE-800 Duplexlücke)) befristet bis zum 31.12.2021[20], [21]. Aufgrund des zunehmenden LTE-800-Ausbaus und der Befristung der Allgemeinzuteilung Vfg. 91/2005 bis zum 31.12.2015 verliert der Frequenzbereich von 790 – 814 MHz und von 838 – 862 MHz für PMSE-Systeme zunehmend an Bedeutung, da eine störungsfreie Nutzung in Gegenwart leistungsstarker Mobilfunksignale nicht mehr gewährleistet ist [24]. Der laut Allgemeinzuteilung Vfg. 09/2011 zugeteilte Frequenzbereich von 823 – 832 MHz steht zwar längerfristig zur Verfügung, aber Verträglichkeitsmessungen zwischen LTE-800 und PMSE-Geräten, die im Juni 2012 bei der Firma Sennheiser durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass es in diesem Bereich zu erheblichen Störungen durch den LTE-800-Uplink kommen kann [25]. Für die professionelle Nutzung von PMSEGeräten steht also im Frequenzbereich von 790 - 862 MHz nur noch der 9-MHz-Block von 823 – 832 MHz zur Verfügung, der aber aufgrund möglicher LTE-Störungen in der Praxis dennoch nicht genutzt werden kann [24]. Der Frequenzbereich von 863 - 865 MHz kann zwar durch PMSE-Geräte per Allgemeinzuteilung genutzt werden, aber im gleichen Band kommen auch Short Range Devices für beliebige Funkübertragungen zum Einsatz, so dass ein störungsfreier Betrieb nicht gewährleistet ist [24]. Im UHF-Frequenzbereich unterhalb 790 MHz gibt es keine Allgemeinzuteilung, daher ist immer eine Einzelzuteilung erforderlich. In diesem Frequenzbereich können PMSE-Geräte als sekundäre Nutzer zum Rundfunk betrieben werden. Da die Rundfunksender sich auf festen Frequenzen befinden, liegen in diesem Frequenzbereich konstante, statische Bedingungen für PMSE-Geräte vor. Durch die Struktur der Rundfunknetze ergeben sich im Frequenzband sogenannte TV White Spaces (ungenutzte Kanäle), die derzeit von PMSEGeräten genutzt werden. Der Frequenzbereich von 470 – 710 MHz wird für Rundfunkproduktionen und rundfunknahe Produktionen verwendet. Der Frequenzbereich zwischen 710 MHz und 790 MHz steht für alle Produktionen zur Verfügung, die nicht unter den Begriff Rundfunk fallen. Dieses 80-MHz breite Band stellt die Basis für die PMSENutzungen bei den meisten Veranstaltungen dar [24]. Bei mobilen Veranstaltungen muss jeweils vor Ort noch eine Anpassung an die DVB-T-Kanalbelegung erfolgen, da eine Gleichkanalbelegung mit DVB-T nicht möglich ist. PMSE-Systeme benötigen zu DVB-TKanälen einen Schutzabstand von 600 KHz. 3.3 Randbedingungen bei der Nutzung von Frequenzen/Kanälen durch PMSE Beim Betrieb von mehreren drahtlosen Mikrofonen muss der Frequenzabstand zweier benachbarter Mikrofone mindestens 400 kHz betragen. Wenn zahlreiche Geräte am selben Ort zum Einsatz kommen, vergrößert sich der erforderliche Frequenzabstand, da Intermodulationsprodukte (IM3, IM5) berücksichtigt werden müssen. Die folgende Tabelle (Quelle: Fa. Sennheiser) zeigt, wie viele Geräte in unterschiedlichen Kanalbandbreiten Intermodulations-frei betrieben werden können: Frequenzbedarf für PMSE-Systeme (PMSE: Program Making and Special Events) im UHF-Band 17 Anhand der Tabelle ist zu erkennen, dass ein gestückeltes Spektrum, bestehend aus mehreren verteilten Blöcken, effektiver genutzt werden kann, als ein durchgehender Frequenzblock, da mehrere Kanäle Intermodulations-frei zur Verfügung stehen, sobald die Frequenzblöcke weit über das Frequenzband verteilt liegen. Da sich bei einer gleichzeitigen Nutzung von drahtlosen Mikrofonen und In-Ear-Monitoren Sender und Empfänger in direkter räumlicher Nachbarschaft befinden, wird in diesem Fall zwischen den Frequenzbereichen für drahtlose Mikrofone und drahtlose Kopfhörer eine Duplexlücke von mindestens 7 MHz benötigt. Bandbreite in MHz Drahtlose Mikrofone (Normale Anforderungen) Drahtlose In-Ear-Monitore Mikrofone Mono (Normale (Anspruchsvolle Anforderungen) Anforderungen) In-Ear-Monitore Stereo (Anspruchsvolle Anforderungen) 8 10 10 10 7 16 16 15 12 10 24 20 18 14 12 32 28 24 18 13 40 32 26 22 14 48 34 27 24 15 56 36 29 26 17 64 38 30 28 18 Tabelle 3-1: Anzahl Intermodulations-frei betriebener Geräte in Abhängigkeit der Kanalbandbreite 3.4 Zusammenstellung von Anforderungen an Spektrum für PMSE-Systeme basierend auf Gesprächen mit Systemherstellern, Anwendern sowie auf Recherchen Frequenzbereichs-Zuweisungen für PMSE-Geräte müssen eine längerfristige Gültigkeit haben, damit für die Hersteller und Nutzer Planungssicherheit besteht [27]. Systemkomponenten wie Sender, Antennen, Booster, Splitter, aktive Combiner und Empfänger müssen bei einem Bandwechsel neu entwickelt werden und eine Zulassung der Systeme ist oft kostenaufwendig. Für Anwender von PMSE-Geräten sind Band- und Frequenzwechsel mit erheblichen Kosten verbunden, sofern die Schaltbandbreite der Systeme überschritten wird. Der 700-MHz-Frequenzbereich wurde nach der Digitalen Dividende in erster Linie für PMSE-Geräte zugeteilt, so dass die Nutzer der Geräte bei einer Umwidmung des Bandes erneut durch eine Umstellung und mit den damit verbundenen Kosten belastet werden. Frequenzbedarf für PMSE-Systeme (PMSE: Program Making and Special Events) im UHF-Band 18 PMSE-Geräte benötigen ein interferenzfreies Spektrum ohne Störsignale und ohne Man-Made-Noise. Da PMSE-Systeme hauptsächlich in Live-Veranstaltungen eingesetzt werden, kann eine gestörte Übertragungsstrecke zum kompletten Ausfall einer Veranstaltung führen. Die ISM-Bänder (Industrial, Scientific and Medical), SRDBänder (Short Range Devices) oder auch die Duplexlücken zwischen Down- und Uplink im Mobilfunkbereich sind aufgrund möglicher Störsignale in den meisten Fällen ungeeignet. Alle Frequenzen unterhalb des UHF-Bandes, inklusive des VHFBandes, sind aufgrund von Man-Made-Noise für PMSE-Geräte mittlerweile kaum noch nutzbar. Das L-Band (1452 - 1477,5 MHz oder 1452 - 1492 MHz) stellt eine Alternative zu dem durch die Digitale Dividende verloren gegangenen Spektrum im UHF-Band dar, da für dieses Band derzeit neue, europaweit harmonisierte Nutzungsmöglichkeiten diskutiert werden. Für nicht ortsfest genutzte PMSE-Systeme sollten bundesweit (europaweit) nutzbare Frequenzbereiche (mit Allgemeinzuteilung) zur Verfügung stehen, wie es bereits im 1800-MHz-Band der Fall ist, damit nicht an jedem Veranstaltungsort eine neue Frequenzzuteilung erforderlich wird. Für die Hersteller und Nutzer von PMSE-Systemen wäre es von Vorteil, wenn europaweit harmonisierte Frequenzen zur Verfügung stünden. Falls die Frequenzzuweisungen für den täglichen Bedarf von PMSE-Geräten künftig in Frequenzbereiche oberhalb von 1 GHz fallen sollten, werden im UHF-Band weiterhin mindestens 64 MHz benötigt, die für Großveranstaltungen oder für Veranstaltungen wie Sportevents kurzzeitig genutzt werden können. Bei manchen Veranstaltungen kann auf die guten Ausbreitungsbedingungen im UHF-Band nicht komplett verzichtet werden. Mobilen Anlagen für Tourneen oder Events und ortsfesten Anlagen sollten unterschiedliche Frequenzbereiche zugewiesen werden, da eine Frequenzkoordinierung vor Ort nur schwer möglich ist und durch unterschiedliche Frequenzbereiche Störungen von vornherein vermieden werden. Aus technischen Gründen lassen sich bei den derzeit verfügbaren PMSE-Systemen nicht alle Frequenzen im UHF-Band abdecken. Mögliche Schaltbandbreiten analoger Anlagen liegen je nach Ausstattung und Qualität der Systeme bei 24 MHz, 40 MHz, 90 MHz und 180 MHz. Zwischen drahtlosen Mikrofonen und In-Ear-Monitoring-Systemen Duplexlücke von mindestens 7 MHz benötigt. An Standorten mit ausreichend räumlicher Trennung ist eine Verkämmung der Kanäle möglich, so dass die Frequenzen effektiver genutzt werden können. In städtischer Umgebung (keine Sichtverbindung) ist bei einer Gleichkanalbelegung zweier PMSE-Geräte ein Schutzabstand von mindestens 400 m erforderlich. wird eine Frequenzbedarf für PMSE-Systeme (PMSE: Program Making and Special Events) im UHF-Band 19 Heutzutage werden für digitale und analoge Systeme mit nur einem Audiokanal 200 kHz HF-Bandbreite benötigt. Da aber auch auf dem Audiosektor Entwicklungen in Richtung höherer Dynamik und höherer Qualität stattfinden, könnten künftig auch größere Kanalbandbreiten erforderlich sein. Bei einigen Großveranstaltungen wird derzeit das komplette UHF-Spektrum mit Ausnahme der durch DVB-T belegten Kanäle (z.B. 320 MHz – 48 MHz (6 x DVB-T) = 272 MHz) für PMSE-Geräte eingesetzt [26]. In Großstädten ist es durchaus möglich, dass an einzelnen Stellen für das Tagesgeschäft mehr als 96 MHz an Spektrum für PMSE-Systeme benötigt werden[18]. Meistens wird das Spektrum aber nur für die Dauer einer Veranstaltung genutzt und liegt dann wieder bis zur nächsten Nutzung brach. Im Frequenzbereich verteilte Frequenzblöcke in einer Größe von etwa 24 MHz lassen sich aufgrund von Intermodulation und erforderlicher Duplexlücke effektiver nutzen. Die 24 MHz entsprechen auch der kleinsten Schaltbandbreite der Systeme. Für einen störungsfreien PMSE-Betrieb ist es erforderlich, zu DVB-T-Kanälen einen Schutzabstand von 600 kHz einzuhalten. Digitale PMSE-Verfahren bieten derzeit keine Vorteile gegenüber analoger Technik, sofern es um die Spektrums-Effizienz geht. Verzögerungen und Laufzeitunterschiede, bedingt durch digitale Signalverarbeitung, sind in der Veranstaltungstechnik nicht vertretbar. Daher können nur geringe Signalkompressionen und wenig effektive Fehlerschutzverfahren eingesetzt werden. Das benötigte Spektrum lässt sich derzeit durch Digitalisierung nicht reduzieren [26][24]. Eine sekundäre Zuteilung von Spektrum für PMSE-Geräte ist nur dann sinnvoll, wenn die primäre Nutzung vorhersehbar ist und auch ausreichend Spektrum für den sekundären Nutzer frei bleibt. Für PMSE-Systeme muss im Vorfeld feststehen, dass das Spektrum störungsfrei genutzt werden kann. Frequenzbereiche, die vom Mobilfunk tatsächlich belegt sind, können nicht mehr von PMSE-Systemen verwendet werden. Nur wo Mobilfunkfrequenzen großflächig nicht genutzt werden, könnten PMSE-Systeme mit sekundärer Zuteilung betreiben werden. Eine Symbiose zwischen PMSE und dem Rundfunk ist aber möglich, da der Rundfunk statische Frequenzbelegungen nutzt und bei Rundfunknetzen an jedem Ort ausreichend freie Frequenzen für die sekundäre Nutzung verbleiben. Trotzdem kann es sinnvoll sein, Mobilfunkfrequenzen auf sekundärer Basis auch an PMSE-Systeme zuzuweisen, da die Vergangenheit gezeigt hat, dass nicht alle Mobilfunkbetreiber alle Frequenzen flächendeckend in Nutzung haben. Der DVB-T-Kanal 38 (606 – 614 MHz) steht für PMSE-Systeme nicht zur Verfügung, da diese Frequenzen in der Radioastronomie genutzt werden. Die dargestellten Randbedingungen zeigen, dass eine konkrete Aussage über das benötigte Spektrum für PMSE-Systeme nicht abschließend getroffen werden kann. Die entscheidenden Aspekte lassen sich wie folgt zusammenfassen. Für PMSE-Systeme stellt das UHF-Band derzeit den besten Kompromiss dar. Die Frequenzbänder unterhalb des Frequenzbedarf für PMSE-Systeme (PMSE: Program Making and Special Events) im UHF-Band 20 UHF-Bandes sind weitgehend durch Man-Made-Noise für anspruchsvolle Produktionen unbrauchbar geworden und die Frequenzen oberhalb von 1 GHz bieten aufgrund von schlechteren Ausbreitungsbedingungen oft nicht die erforderliche Durchdringung. Auch in Frequenzbändern, die für jedermann offen stehen oder die sich künftig in direkter Nachbarschaft zum LTE-Uplink befinden, kann ein störungsfreier Betrieb von PMSESystemen nicht mehr gewährleistet werden. Der terrestrische Rundfunk bietet, bedingt durch die Netzstruktur, sogenannte TV White Spaces, die eine sekundäre Nutzung von PMSEGeräten ermöglichen. Eine flächendeckende Belegung des UHF-Bandes durch LTE ließe keine Lücken für sekundäre Nutzer, da in benachbarten Mobilfunkzellen die gleichen Frequenzen zum Einsatz kommen. Der Bedarf an Spektrum von PMSE-Systemen ist bei ortsfesten Anlagen planbar und stabil, bei großen Events und großen mobilen Veranstaltungen kann jedoch kurzzeitig der gesamte UHF-Bereich (ca. 270MHz) erforderlich sein. Eine Digitalisierung von PMSE-Geräten bietet keine Vorteile, sofern es um die Spektrums-Effizienz geht. Nach der Digitalen Dividende mussten viele Anwender neue PMSE-Systeme erwerben oder bestehende Systeme umrüsten lassen, was größtenteils mit erheblichen Kosten verbunden war. Damit Hersteller und Nutzer von drahtloser PMSETechnik längerfristige Planungssicherheit haben, bedarf es auch längerfristig geltender Frequenzzuweisungen. 3.5 Mögliche Szenarien Die folgenden Szenarien beziehen sich auf die in Kapitel 2 diskutierten Szenarien für die zukünftige Nutzung des UHF-Bandes für Broadcast. Beibehaltung des Status Quo im Frequenzbereich von 470-790 MHz bis mindestens 2020/2025 Im UHF-Band in Symbiose mit dem Rundfunk liegen derzeit für PMSE-Geräte gute Bedingungen vor. Dieses Szenario bietet längerfristig für die Nutzer und Hersteller von PMSE-Geräten eine gute Perspektive. Alle Systeme, die nach der Digitalen Dividende umgerüstet wurden, oder die nicht von ihr betroffen waren, können weiterhin genutzt werden. Nutzung des UHF-Spektrums bis 2018 für die terrestrische TV-Verteilung bei Umstellung auf DVB-T2 im Zeitraum von 2016 bis 2018, Zuweisung des Bandes 694 – 790 MHz ab 2018 an Mobilfunkdienste und BOS Für die Nutzer von PMSE-Systemen im betrachteten UHF-Band würde sich bei dieser Option bis zum Jahr 2016 nichts ändern. Im Zeitraum von 2016 bis 2018 wären im Rahmen der Umstellung auf DVB-T2 während der Simulcast-Phase DVB-T/DVB-T2 voraussichtlich zwei zusätzliche DVB-Tx-Kanäle erforderlich, die dann für die Dauer der Umstellungsphase nicht mehr für PMSE-Geräte zur Verfügung stünden. Eine Zuweisung des Frequenzbereiches von 694 – 790 MHz ab dem Jahr 2018 an den Mobilfunkdienst würde bewirken, dass sich die Frequenzkapazitäten für PMSE-Systeme im UHF-Band um knapp 38% reduzieren. Im Frequenzbereich von 470 MHz – 790 MHz stehen für PMSE-Geräte derzeit 40 Kanäle mit 8 MHz Bandbreite, abzüglich der mit DVB-T belegten Kanäle und des Kanals 38, zur Verfügung. Beispielsweise sind im Raum Hannover / Braunschweig 7 DVB-T-Kanäle im Frequenzbedarf für PMSE-Systeme (PMSE: Program Making and Special Events) im UHF-Band 21 Betrieb, so dass 32 Kanäle mit 8 MHz Kanalbandbreite, die in Summe 256 MHz ergeben, von PMSE-Geräten genutzt werden können. Wenn der Frequenzbereich auf 470 – 694 MHz reduziert wird, verbleiben für PMSE-Geräte nur noch 20 Kanäle mit 8 MHz Bandbreite. Diese verbleibenden 160 MHz können ggf. auf Grund von Störungen durch in NachbarFrequenzbereichen betriebener LTE-Uplinks nicht komplett genutzt werden. Die Reduzierung von 256 MHz auf 160 MHz hätte zur Folge, dass etwa 96 MHz an Spektrum für PMSE-Systeme außerhalb des betrachteten UHF-Bandes als Ersatz gefunden werden müssten. Spätestens ab dem Jahr 2015 müsste dieses Ersatzspektrum zugeteilt sein, damit die Hersteller ausreichend Vorlauf für neue Entwicklungen hätten. Einen Teil des im UHFBand verlorengegangenen Spektrums könnte das L-Band ersetzen, da es aufgrund der Ausbreitungseigenschaften dem UHF-Band noch am Ähnlichsten ist. Für dieses Band werden derzeit neue, europaweit harmonisierte, Nutzungsmöglichkeiten diskutiert. Für PMSE-Systeme existiert zurzeit eine Zuteilung als Sekundärnutzer im L-Band im Bereich von 1452 - 1477,5 MHz. Eine Erweiterung der Zuteilung auf den Bereich 1452 – 1492 MHz (oder gar 1452 - 1518 MHz) wäre erforderlich, um den größten Teil des Verlustes im UHF-Band kompensieren zu können. Im L-Band stünden dann 25,5 MHz oder nach einer Erweiterung sogar 40 MHz (66 MHz) zur Verfügung, die z.B. für ortsfeste Anlagen mit Einzelzulassung genutzt werden könnten. Die Zuweisung des L-Bandes an PMSE-Systeme hätte aber zur Folge, dass dieses Band, aufgrund des benötigten Störabstandes, gleichzeitig für andere Funkdienste nur sehr eingeschränkt nutzbar wäre. Daher wäre es sinnvoll, eine primäre Zuteilung für PMSE-Systeme einzuführen, die möglichst auch europaweit harmonisiert ist. Der Frequenzbereich von 1785 -1805 MHz und auch die LTE-Duplexlücke im 800-MHz-Band sollten zur Unterstützung für Systeme mit Allgemeinzulassung erhalten bleiben. Allerdings sind all diese Bänder nur dann eine Alternative, sofern auch die oben genannten Randbedingungen in Bezug auf Störsignale eingehalten werden. Die vorgestellte Option bietet sowohl für die Nutzer als auch für die Hersteller von PMSESystemen eine gewisse Planungssicherheit. Die Hersteller dieser Systeme hätten genug Vorlauf, um Systeme für neue Frequenzbereiche zu entwickeln, sofern für das verloren gegangene Spektrum möglichst schnell Ersatz gefunden wird. Allerdings müssten, durch die Abgabe des Bereiches von 694 – 790 MHz, viele Nutzer ihre PMSE-Systeme umbauen lassen bzw. neu beschaffen, was mit erheblichen Kosten verbunden wäre. Es gäbe Nutzer, die schon durch die Digitale Dividende zur Umrüstung gezwungen wurden und nun erneut betroffen wären. Kollaborative Nutzung der Frequenzen sowohl durch den terrestrischen Rundfunk (Dynamic Broadcasting) als auch durch alternative Nutzer (LTE, PMSE…) Besonders bei kollaborativer Nutzung des Spektrums muss gewährleistet sein, dass für PMSE-Systeme weiterhin störungsarme und möglichst wenig durch Man-Made-Noise beeinträchtigte Kanäle zur Verfügung stehen. Unerwünschte Aussendungen von Low-CostGeräten können den Betrieb von PMSE-Systemen auch in benachbarten Frequenzbereichen erheblich beeinträchtigen. Eine kollaborative Nutzung über ein zentral verwaltetes Dynamic Broadcast Konzept (siehe Abschnitt 6.2) hätte den Vorteil, dass je nach Größe einer Veranstaltung zusätzliches Spektrum für PMSE-Systeme beantragt werden könnte, das Frequenzbedarf für PMSE-Systeme (PMSE: Program Making and Special Events) im UHF-Band 22 anderen Systemen mit geringerer Priorität entzogen wird. Dieses könnte ein Konzept für mobile PMSE-Anwendungen bei größeren Events sein, die nur für die Dauer dieser Veranstaltung in Betrieb sind. Für ortsfeste Anlagen, die vielfach täglich verwendet werden, stellt Dynamic Broadcast gegenüber der bis heute üblichen statischen Belegung der TVKanäle eine Verschlechterung der Situation dar. Auch im Fall der Einführung von Dynamic Broadcast sollten Frequenzbereiche mit Allgemeinzuteilung erhalten bleiben, da sonst für jede kleine Veranstaltung die Frequenznutzung über zentrale Datenbanken verwaltet werden müsste. Auch die Schaltbandbreiten der Systeme müssen ggf. bei dynamischer Zuweisung berücksichtigt werden. Eine Lösung für die Zukunft könnte der Einsatz kognitiver Funktechnik für PMSE-Systeme sein. Anfang April 2011 ist deshalb das Forschungsprojekt C-PMSE - „Cognitive Program Making and Special Event“ Systeme - gestartet worden, das Lösungen zur Verbesserung der Frequenznutzung und Koexistenz für PMSE Systeme durch kognitive Verfahren erarbeiten soll. Es besteht aus 9 Partnern aus der Industrie, von Forschungsinstituten bzw. Universitäten. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert. Der Projektträger ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Das Ziel des Projekts ist Entwurf, Entwicklung, Test und Untersuchung eines kognitiven PMSE-Systems zur kooperativen Koexistenz mit anderen C-PMSE Systemen, White Space Devices, dem Rundfunk und dem Mobilfunk [28]. Rundfunk verzichtet ab ca. 2020 auf die terrestrische TV-Verbreitung In diesem Fall würde voraussichtlich der größte Teil des Spektrums an Mobilfunkbetreiber zugeteilt werden. Eine sekundäre Nutzung des UHF-Spektrums durch PMSE-Systeme parallel zum Mobilfunk oder zu mobilfunkähnlichen Diensten (BOS) wäre nur möglich, wenn kein flächendeckender Netzausbau auf Mobilfunkseite erfolgt. Daher wird es erforderlich, für PMSE-Systeme Frequenzblöcke im UHF-Band primär zuzuweisen. In dieser Studie werden zwei Szenarien vorgestellt, bei denen jeweils zwei Frequenzblöcke, 26 MHz + 16 MHz oder 2 x 26 MHz, für PMSE primär zugeteilt werden. Die Blockgröße ergibt sich aufgrund von Intermodulationsbetrachtungen. In den Frequenzdiagrammen im Kapitel 7 dieser Studie ist die genaue Positionierung im UHF-Band dargestellt. Diese Blöcke wurden so verteilt, dass die vorangegangenen Betrachtungen soweit wie möglich Berücksichtigung finden. Die Positionierung der PMSE-Frequenzen um den TV-Kanal 38, der in der Radioastronomie zum Einsatz kommt, hat sich hierbei als günstig erwiesen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Mobilfunkbetreiber ihre Frequenzen nicht überall flächendeckend im Einsatz haben, daher sollte eine sekundäre Zuweisung für PMSE sowohl in allen LTE-Duplexlücken als auch in den Mobilfunkbändern erfolgen. Sofern in einem LTEDownlink kein Signal detektiert wird, kann im Normalfall davon ausgegangen werden, dass auch der dazugehörige LTE-Uplink-Bereich ungenutzt ist. Da die primär zugewiesenen Frequenzblöcke in diesem Szenario den Bedarf für PMSESysteme nicht abdecken, müssen auch in diesem Fall weitere Frequenzbereiche außerhalb des UHF-Bandes zugeteilt werden. Frequenzbedarf für PMSE-Systeme (PMSE: Program Making and Special Events) im UHF-Band 23 Die vorgeschlagenen Frequenzzuweisungen sollten den Nutzern und Herstellern von PMSESystemen ausreichend Zeit geben, sich auf die neue Situation einzustellen. Allerdings müssten auch in diesem Fall die meisten Nutzer die vorhandenen PMSE-Systeme umbauen lassen bzw. neue Systeme beschaffen, was mit erheblichen Kosten verbunden ist. 4 Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums durch Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Analyse des Spektrumsbedarfs des kommerziellen Mobilfunkdienstes in Deutschland. Nach einer kurzen Darstellung zur Ausgangsituation der Spektrumsnutzung durch den Mobilfunk in Deutschland in Abschnitt 4.1 erfolgt in Abschnitt 4.2 eine Analyse des gesamten Spektrumsbedarfs für den kommerziellen Mobilfunkdienst in Deutschland. Der folgende Abschnitt zeigt die grundsätzlichen Möglichkeiten auf, den steigenden Kapazitätsbedarf von Mobilfunknetzen zu befriedigen. Die Leistungsfähigkeit der sich am Markt bzw. in der Standardisierung befindenden Systeme wird in Abschnitt 4.4 analysiert. In Abschnitt 4.5 erfolgt eine Analyse des Potentials zur Versorgung ländlicher Gebiete in Abhängigkeit der Verfügbarkeit unterschiedlicher Bandbreiten im UHF-Bereich. Das Kapitel schließt mit einem Fazit ab. 4.1 Ausgangssituation der Spektrums-Nutzung durch den Mobilfunk in Deutschland Seit 1990 wurden Frequenznutzungsrechte für den digitalen Mobilfunk in Deutschland in insgesamt sieben Vergaberunden im Umfang von 613 MHz in den Frequenzbereichen bei 800 MHz, 900 MHz, 1800 MHz, 2100 MHz und 2600 MHz vergeben. Die letzte Vergaberunde in Form einer Auktion fand vom 12. April bis zum 20. Mai 2010 statt. Bei dieser wurden Frequenznutzungsrechte im Umfang von insgesamt 358,8 MHz ersteigert. Dabei wurden auch 60 MHz Spektrum im 800 MHz-Band vergeben, die im Rahmen der „Digitalen Dividende“ durch Umwidmung von Spektrum des terrestrischen Fernsehens für den Mobilfunk nutzbar wurden. Das Spektrum wird in Deutschland von vier Mobilfunkbetreibern genutzt, die Netze nach den 3GPP-Standards GSM, UMTS und LTE betreiben. GSM ist in allen vier Netzen flächendeckend in ganz Deutschland vorhanden. Ende des 3. Quartals 2012 wurden über diese Netze in Deutschland 114,2 Millionen Mobilfunkanschlüsse bedient [31]. Nach der während der WRC 2012 getroffenen Entscheidung über die Tagesordnung der WRC 2015 wurden zwei Tagesordnungspunkte (TOP 1.1 und 1.2) über die Zuteilung weiterer Frequenzen für Mobilfunkdienste identifiziert. Tagesordnungspunkt 1.1 beschreibt zusätzliche Frequenzzuweisungen für die Mobilfunkdienste auf primärer Basis und die Identifizierung weiterer Frequenzbänder für International Mobile Telecommunications (IMT) zur Erleichterung der Entwicklung der terrestrischen mobilen breitbandigen Anwendungen. Tagesordnungspunkt 1.2 untersucht die Verwendung des Frequenzbandes von 694 bis 790 MHz für die Mobilfunkdienste in Region 1 (Europa-Afrika). Die Initiative für die Zuweisung dieses Frequenzbandes war eine Reaktion auf die Forderung afrikanischer und arabischer Staaten, in denen das 800-MHz-Band nicht für den Mobilfunkdienst zur Verfügung steht [29]. Diese Behörden beabsichtigten, ihren Engpass bei 800 MHz aufzulösen, indem sie die IMTAnwendungen im 700-MHz-Band einführen möchten, welches noch nicht für digitale Rundfunk-Anwendungen in den jeweiligen Ländern verwendet wird. In Europa wurde das Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 25 800-MHz-Band kurz nach der WRC 2007 für Mobilfunkdienste freigegeben, begleitet von entsprechenden regulatorischen Maßnahmen, die einen störungsfreien Betrieb anderer Dienste gewährleisten sollen. Hierzu gehören z. B. die Behandlung von Störungen der Rundfunkdienste bei Frequenzen unterhalb von 790 MHz, Maßnahmen zum Schutz des Kabelfernsehens bei 800 MHz und die Umverteilung von Spektrum für PMSE-Anwendungen aus dem 800-MHz-Band auf andere Bänder. Frequenzen im UHF-Bereich sind von großem Interesse für die Mobilfunknetzbetreiber. Es wird angenommen, dass durch die Zuweisung von zusätzlichen Frequenzen unterhalb von 1 GHz Netzbetreiber deutlich weniger Zellen für eine flächendeckende Versorgung benötigen, als bei höheren Frequenzen [30]. Beispielsweise wird geschätzt, dass bei einem Mobilfunkstandard der 3. Generation bei 700 MHz etwa 30 % der Zellen benötigt werden, die bei 2100 MHz für dieselbe Versorgung benötigt werden. Spektrum im 700 MHz-Bereich erlaubt auch eine effiziente Wiederverwendung von Standorten, die für GSM 900 verwendet werden, was einen kostengünstigeren Netzaufbau ermöglicht. 4.2 Stand der Diskussion bezüglich Verkehrsprognosen und Spektrumsbedarf Positionen Dieser Abschnitt befasst sich mit dem Frequenzbedarf für Mobilfunkdienste in den nächsten 5 bis 10 Jahren. Hierzu werden Prognosen für den mobilen Datenverkehr aus verschiedenen öffentlich zugänglichen Quellen analysiert. Nach den Statistiken des Cisco Visual Networking Index [32] stieg der globale Datenverkehr von Mobilfunkdiensten zwischen 2008 und 2010 um rund 522 % und ein Gesamt-Datenverkehr von etwa 237 Petabyte pro Monat wurde im Jahr 2010 erreicht. Die enormen Wachstumsraten sind die Folge der technologischen Weiterentwicklung sowie der Einführung neuer Dienste. So wurde die durchschnittliche Verbindungsgeschwindigkeit in Mobilfunknetzen von 101 kbit/s im Jahr 2009 auf 215 kbit/s im Jahr 2010 und schließlich auf 315 kbit/s im Jahr 2011 erhöht. Aufgrund der Auswirkungen der Einführung von Systemen der vierten Generation bis 2016 wird die durchschnittliche Mobilfunknetz-Geschwindigkeit im Jahr 2016 oberhalb von 2,9 Mbit/s liegen [33]. Dies wird insgesamt die Nutzungsmöglichkeiten der Mobilfunknetze weiter deutlich verbessern. Auch hat die Verbreitung neuer Dienste, wie z.B. die Verwendung von Mobilfunk-Apps für Spiele, Nachrichten, soziale Netzwerke, Karten sowie die Einführung von neuen Gerätegenerationen, z.B. Smartphones, Tablets und Dongles zur Zunahme der mobilen Internetnutzung beigetragen. Videobasierte Dienste wie Youtube und Flash haben wesentlich zum Wachstum des weltweiten mobilen Datenverkehrs beigetragen. Im Folgenden werden die Prognosen erörtert. Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 26 Cisco-Studie Nach der Datenverkehrsprognose von Cisco [33] ist der globale mobile Datenverkehr allein im Jahr 2011 um 133 Prozent gewachsen. Die Tendenz zeigt, dass der weltweite mobile Datenverkehr circa 6,9 ExaByte (EB) pro Monat im Jahr 2015 und 10,8 EB pro Monat bis 2016 erreichen wird. Der Markteintritt von diversifizierten Mobilfunkgeräten wird als einer der wichtigsten Gründe für das Wachstum des mobilen Datenverkehrs identifiziert. Fast die Hälfte des gesamten mobilen Datenverkehrs im Jahr 2016 wird von Smartphones (48,3 %) erzeugt werden und den gesamten mobilen Datenverkehr von Laptops und Netbooks (24,2 %) übersteigen. Außerdem wird sich von 2011 bis 2016 der durchschnittliche Datenverkehr pro Gerät voraussichtlich um das 3,3-fache erhöhen. Für Smartphones und Tablets wird geschätzt, dass sich der durchschnittliche Datenverkehr jeweils um das 17,2-fache bzw. 8,2fache erhöhen wird. Aufgrund der weit verbreiteten mobilen Videoanwendungen und der Tatsache, dass mobile Videoinhalte viel höhere Bitraten haben, als andere mobile Inhalte-Typen, wird angenommen, dass im Jahr 2016 70% des gesamten mobilen Datenverkehrs von 10,8 EB pro Monat dem mobilen Videoverkehr zugeschrieben werden kann. Abbildung 4-1 beschreibt die Prognose für den globalen mobilen Datenverkehr der Jahre 2011 bis 2016. 6 Mobile Data Traffic [TB/month] 12 10 8 x 10 North America Western Europe Asia Pacific Latin America Central and Eastern Europe Middle East and Africa 6 4 2 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Abbildung 4-1: Die globale mobile Datenverkehrsprognose von Cisco [33]. UMTS Forum Report: Mobile Traffic Forecast [34] Die mobilen Datenverkehrsprognosen für 2010-2020 [34] aus dem UMTS-Forum identifizieren die wichtigsten Trends und Treiber, die zum Wachstum des mobilen Datenverkehrs beitragen. Nachdem der mobile Sprachverkehr im Jahr 2009 vom mobilen Datenverkehr überholt wurde, wird erwartet, dass im Jahr 2020 der mobile Datenverkehr sogar weit dominiert. Es wird geschätzt, dass der gesamte weltweite mobile Datenverkehr im Jahr 2020 mehr als 127 EB (Abbildung 4-2) erreichen wird. Das ist ca. 33-mal mehr als im Jahr 2010. Im Vergleich zu dem geschätzten Verkehr aus der Prognose von Cisco [32] liegt der geschätzte weltweite mobile Datenverkehr mit weniger als 4 EB pro Monat im Jahr 2015 etwas niedriger. Als Treiber für das Wachstum wird die erwartete Markteinführung neuer mobiler Geräte wie Tablets, Dongles und Smartphones gesehen. Darüber hinaus wird der für Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 27 2015 geplante Einsatz von LTE und LTE-Advanced, der Einsatz von kleinen Zellen und Femto-Zellen zur Erhöhung der Netzkapazität beitragen und damit den gesamten mobilen Datenverkehr ebenfalls deutlich erhöhen. Abbildung 4-3 beschreibt den geschätzten monatlichen Datenverkehr pro Gerät in den westeuropäischen Ländern, in denen der größte Teil des mobilen Datenverkehrs von Dongles herrührt, die mit Laptops oder Netbooks verbunden sind. Diese Prognose ist jedoch im Widerspruch zu den oben erwähnten Prognosen, die eher von einer Dominanz durch die Smartphonenutzung ausgehen. 140 Yearly Traffic in EB 120 100 Europe America Asia Rest of the world World 80 60 40 20 0 2010 2015 2020 Abbildung 4-2: Der gesamte mobile Datenverkehr (EB pro Jahr) [34]. 16000 14000 MB per month 12000 10000 Low-end phones Mid-range smartphones High-end smartphones Dongles Connected Devices M2M 8000 6000 4000 2000 0 2010 2015 2020 Abbildung 4-3: Der monatliche mobile Datenverkehr pro Gerät (Westeuropäische Länder) [34]. Analysys Mason Die Prognose des mobilen Datenverkehrs von Analysys Mason gilt als die konservativste Prognose aller veröffentlichten Studien. Obwohl die Einführung von diversifizierten mobilen Geräten auf dem Markt die allgemeine Nachfrage des mobilen Datenverkehrs erhöhen könnte, wird angenommen, dass der Großteil des von Smartphones und Tablets verursachten datenintensiven Verkehrs im Fall der Nutzung innerhalb von Gebäuden über Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 28 WLAN oder das Festnetz und nicht über zellulare Funknetze abgeführt wird, wie von vielen anderen Studien vorhergesagt [35]. Es wird prognostiziert, dass sich der mobile Datenverkehr in Westeuropa von 2012 bis 2017 um das 3,6-fache erhöhen wird, dies entspricht der niedrigsten Wachstumsrate aller Regionen. Der weltweite mobile Datenverkehr wird sich von 2012 bis 2017 auf das 5,5-fache erhöhen. Abbildung 4-4 zeigt den Wachstumsfaktor von Analysys Mason für den mobilen Datenverkehr von 2012 bis 2017. 10 9 8 6 Worldwide Sub-Saharan Africa The Middle East and North Africa 0 Caribbean and Latin America 1 Central and Eastern Europe 2 DevelopedAsia Pacific 3 North America 4 Emerging Asia Pacific 5 Western Europe Growth Multiple 7 Abbildung 4-4: Der Wachstumsfaktor für den mobilen Datenverkehr von 2012 bis 2017 in verschiedenen Regionen gemäß Analysys Mason [35]. Lüders/Sörries [36] Eine weitere Studie, die den Spektrumsbedarf für zukünftige LTE-Netze zum Gegenstand hat, wurde von den Autoren Lüders und Sörries im Jahr 2012 veröffentlicht [36]. Im Jahr 2010 wurde der mobile Datenverkehr in Deutschland mit 65 MB/Monat pro Einwohner angegeben. Die Studie geht von einem Datenverkehr von etwa 2 GB/Monat pro Einwohnerim Jahr 2015 und eine weiteren Erhöhung auf 6 GB/Monat pro Einwohner im Jahr 2020 aus. In einem weiteren Schritt wurden die Auswirkungen von verschiedenen Frequenzbändern auf den Gesamtspektrumsbedarf von den Autoren untersucht. Die Autoren vergleichen die Leistungsfähigkeit der Mobilfunksysteme durch verschiedene Simulationen bei 800, 2600 und 3500 MHz für städtische, vorstädtische und für ländliche Szenarien. In Gebieten mit städtischer Bebauung (bei Basisstations-Abständen von bis zu 1 km) und in solchen mit vorstädtischer Bebauung (bei Basisstations-Abständen von bis zu 4 km) werden hinsichtlich der spektralen Kapazität keine signifikanten Unterschiede zwischen den Frequenzen bei 800, 2600 und 3500 MHz festgestellt. Diese wird mit 5 Mbit/s/MHz/Standort bestimmt. Aufgrund der geringeren Ausbreitungsverluste bei niedrigeren Frequenzen wird das Spektrum unterhalb von 1 GHz zu einer wichtigen Ressource für die Versorgung von ländlichen Gebieten mit Mobilfunkdiensten. Die Studie weist jedoch darauf hin, dass eine Wellenlänge von 12 cm bei 2600 MHz viel effizienter für die Realisierung von MIMO-Technik (Multiple-Input-Multiple-Output) ist, als die Wellenlänge von circa 40 cm bei 700 oder 800 MHz. Die Autoren stellen daher die Frage in den Raum, ob die Zuweisung des zusätzlichen Spektrums bei 694 bis 790 MHz für Mobilfunkdienste während der nächsten WRC-2015 Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 29 tatsächlich dazu beitragen wird, dem schnellen Wachstum der Mobilfunk-Industrie gerecht zu werden. Die Studie schätzt den Downlink-Spektrumsbedarf für verschiedene Szenarien ab und kommt zu dem Schluss, dass für einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren das derzeit für die Mobilfunkbetreiber zugewiesene Spektrum ausreicht. Danach wird weiteres Spektrum im Umfang von 50 MHz benötigt, um das Wachstum des Downlink-Verkehrs aufzufangen, wobei dieser zusätzliche Bedarf durch die Verbesserung der spektralen Effizienz in den LTEAdvanced-Systemen weiter reduziert werden kann. ITU-R M.2243 [37] Der ITU-R Report M.2243 beschreibt u. a. die in den Jahren 2003 bis 2005 durchgeführte Marktanalyse, die dem Bericht ITU-R M.2072 [38] zugrunde liegt. Der Bericht basiert auf internen und externen Studien aus verschiedenen Quellen und vermittelt so einen Einblick in die marktbezogenen Parameter in verschiedenen Regionen. Darüber hinaus wird auch der gesamte mobile Datenverkehr der Jahre 2008 bis 2010 aus verschiedenen Quellen in diesem Bericht vorgestellt. Abbildung 4-5 beschreibt den gesamten mobilen Breitbanddatenverkehr pro Monat für die CEPT-Mitgliedsländer (European Conference of Postal and Telecommunications Administrations) im Jahr 2010. Abbildung 4-6 beschreibt den entsprechenden gesamten täglichen Datenverkehr pro Abonnement. Obwohl der mobile Datenverkehr pro Monat in Deutschland der höchste unter den CEPT-Ländern ist, beträgt der durchschnittliche tägliche Verkehr nur 4,8 MByte pro Abonnement. Im Vergleich zum täglichen mobilen Datenverkehr in Schweden und Finnland wird der gesamte tägliche mobile Datenverkehr pro Abonnement in Deutschland unter den europäischen Nationen als gering angesehen. Große Schwankungen beim mobilen Datenverkehr zwischen den CEPTLändern, die weitgehend auch durch die Datenverkehrs-Tarife und die Marktdurchdringung des Netzes beeinflusst werden, zeigen Abbildung 4-5 und 4-6. Mobile Broadband Total Traffic [TB/month] 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 l . d k n s a a a d y d an d e nd tria lan ar lan uga ep and nia ati ss i a n alt r m Swe h erla Aus Fin e nm Ire Port a k Ritzer l Esto Cr o Ru Icel M e v D t G o w l e S S N Abbildung 4-5: Der breitbandige mobile Datenverkehr pro Monat in CEPT-Ländern im Jahr 2010 [34]. Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 30 Mobile Broadband Daily Traffic [MB/subscription] 70 60 50 40 30 20 10 0 ry rk ia p . ny nd ia en nd n d nd t ia ed nla nga ma ustr Irela cela ston r oa k Re r ma erla A I C va Ge e th E Sw Fi Hu De n N Slo Abbildung 4-6: Der tägliche breitbandige mobile Datenverkehr pro Abonnent im Jahr 2010 [34]. Speculator [39] Die Informationen im ITU-R Report M.2072 dienen als Eingangsdaten für das Spektrumsbedarfsberechnungstool (Abkürzung: Speculator), das im Rahmen des WINNERProjekts entwickelt wurde (IST-4-027.756 WINNER II) [39]. Speculator baut auf der Spektrumsprognosemethode von ITU-R M.1768 [40] auf und ist darüber hinaus auch ausführlich im Buch von Takagi und Walke [41] beschrieben. Der damit abgeleitete Spektrumsbedarf wurde im Report ITU-R M.2078 dokumentiert [42]. Für die Berechnung des Spektrumsbedarfs wurden 20 Dienste-Kategorien, die aus 4 verschiedenen VerkehrsKlassen (Sprache, Streaming, Interaktiv, Hintergrund) und 5 Dienstetypen (Multimedia-Daten mit superhoher, hoher, mittlerer und niedriger Rate bzw. Daten mit sehr niedriger Datenrate, z. B. Sprache und SMS) bestehen, jeweils im dichten innerstädtischen, vorstädtischen und ländlichen Szenario berücksichtigt. Außerdem wurden 4 Mobilitätsklassen mit unterschiedlichen Nutzungsraten für Unicast- und Multicast-Verkehr betrachtet. Basierend auf den Markt-Statistiken im Report ITU-R M. 2072 wurde der Spektrumsbedarf für unterschiedliche Funkzugangstechnologien (engl. Radio Access Technologies RAT) für die Jahre 2010, 2015 und 2020 vorgestellt. Hierzu wurden die Funkzugangstechnologien in zwei Klassen eingeteilt (RATG 11 und RATG 22). Da die Aufteilung des Verkehrs auf den europäischen Markt abhängig von der Marktdurchdringung erheblich variieren kann wurde die Prognose mit zwei verschiedenen Marktannahmen durchgeführt. Der höhere (niedrige) Marktanteil entspricht dabei 25 % (5%) der in ITU-R M. 2072 dokumentierten maximalen Teilnehmerzahl pro km2. 1 2 Pre-IMT-Systeme, IMT-2000 und Erweiterungen: GSM, UMTS und die anderen 3G-Systeme IMT-Advanced: LTE, LTE-Advanced, WiMAX II sowie die anderen 4G-Systeme. Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 31 Parameter Makrozelle Mikrozelle Picozelle 20 40 40 Anwendungsdatenrate (Mbit/s) 250 50 4 Höchstgeschwindigkeit (km/h) 0 0 0 Guardbänder zwischen den Netzbetreibern (MHz) 40 40 40 Mindestaufbau pro Netzbetreiber pro Funkumwelt (MHz) Ja Ja Ja Multicast-Übertragungsmodus 1 1 1 Anzahl des überlappenden Netzaufbaus Tabelle 4-1: Parameter des Funksysteme nach RATG 1. Hotspot - Parameter Makrozelle Mikrozelle Picozelle 50 100 1000 Anwendungsdatenrate (Mbit/s) 250 50 4 Höchstgeschwindigkeit (km/h) 0 0 0 Guardbänder zwischen den Netzbetreibern (MHz) 20 20 120 Mindestaufbau pro Netzbetreiber pro Funkumwelt (MHz) Ja Ja Ja Multicast-Übertragungsmodus 1 1 1 Anzahl des überlappenden Netzaufbaus Tabelle 4-2: Parameter des Funksysteme nach RATG 2. Hotspot 1000 4 0 - 120 Ja 1 Jahre Makrozelle Modus 2010 2015 2020 Unicast 1 1,5 2 Multicast 0,5 0,75 1 Unicast 2 3 4 Mikrozelle Multicast 1 1,5 2 Unicast 2 3 4 Picozelle Multicast 1 1,5 2 Unicast Hotspot Multicast Tabelle 4-3: Spektrale Effizienz für RATG 1 in Bit/s/Hz/Zelle. Jahre Makrozelle Modus 2010 2015 2020 Unicast 2 4,25 4,5 Multicast 1 2,125 2,25 Unicast 2,5 5,5 6 Mikrozelle Multicast 1,25 2,75 3 Unicast 3 7 7,5 Picozelle Multicast 1,5 3,5 3,75 Unicast 5 8,25 9 Hotspot Multicast 2,5 4,125 4,5 Tabelle 4-4: Spektrale Effizienz für RATG 2 in Bit/s/Hz/Zelle. Die Berechnung des Spektrumsbedarfs für RATG 1 und RATG 2 basiert auf den Parametern der Funksysteme, die in Tabelle 4-1 und 4-2 zusammengefasst sind. Vier Funkumgebungen – Makrozellen, Mikrozellen, Picozellen und Hotspots – werden berücksichtigt. Es wird angenommen, dass jede der Funkumgebungen durch spezifische Datenraten und Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 32 spezifisches Nutzerverhalten beschrieben wird. Es wird davon ausgegangen, dass Hotspots nicht in RATG 1 existieren. Higher market setting Spectrum Requirements [MHz] Spectrum Requirements [MHz] Die spektralen Effizienzen für RATG 1 bzw. RATG 2 in den Jahren 2010, 2015 und 2020 mit Unicast- und Multicast-Übertragungsmodus sind in Tabelle 4-3 und 4-4 dargestellt. Die spektrale Effizienz für Multicasting beträgt 50 % der spektralen Effizienz für Unicast. Dies liegt daran, dass bei Multicastbetrieb die Funkressourcen gemäß den Benutzern mit den schwächsten Empfangsbedingungen verwendet werden [41]. Es wird davon ausgegangen, dass sich die spektrale Effizienz von RATG 1 und RATG 2 im Laufe der Zeit verbessert, vor allem wenn die vorhandenen Funksysteme, z.B. GSM, schrittweise vom Markt genommen werden und durch effizientere Verfahren ersetzt werden. Ebenso wird erwartet, dass die Weiterentwicklung von MIMO in LTE-Advanced die gesamte spektrale Effizienz von RATG 2 weiter verbessern wird. Lower market setting 800 600 400 200 0 2010 2015 RATG1 2020 Higher market setting Lower market setting 800 600 400 200 0 2010 2015 RATG2 2020 400 Multicast Unicast 300 200 100 0 Macro Cell Micro Cell RATG1 Pico Cell Spectrum Requirements [MHz] Spectrum Requirements [MHz] Abbildung 4-7: Prognostizierter Spektrumsbedarf für RATG 1 und RATG 2 [42]. 400 Multicast Unicast 300 200 100 0 Macro Cell Micro Cell Pico Cell RATG2 Hot Spot 1000 Macro Cell Micro Cell Pico Cell Total 800 600 400 200 0 Dense Urban Suburban RATG1 Rural Spectrum Requirements [MHz] Spectrum Requirements [MHz] Abbildung 4-8: Prognostizierter Spektrumsbedarf für RATG 1 und RATG 2 in 2020 für dichte innerstädtische Gebiete nach Zelltypen [42]. 1000 Macro Cell Micro Cell Pico Cell Hot Spot Total 800 600 400 200 0 Dense Urban Suburban RATG2 Rural Abbildung 4-9: Prognostizierter Spektrumsbedarf für RATG 1 und RATG 2 nach Umgebungen und Zelltypen in 2020 [42]. Abbildung 4-7 beschreibt den vorhergesagten Spektrumsbedarf für RATG 1 und RATG 2 für jeweils einen niedrigeren und einen höheren Marktanteil. Für den Fall des niedrigeren Marktanteils beträgt der geschätzte Gesamtspektrumsbedarf für RATG 1 in den Jahren 2010, 2015 und 2020 entsprechend 760 MHz, 800 MHz und 800 MHz. Für IMT-AdvancedSysteme und solche Systeme, die in der Gruppe RATG 2 eingestuft sind, beträgt der Gesamtspektrumsbedarf in den Jahren 2015 und 2020 500 MHz bzw. 480 MHz. Dies führt zu einem Gesamtspektrumsbedarf für den Fall des niedrigeren Marktanteils von 760 MHz für Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 33 das Jahr 2010, 1300 MHz für das Jahr 2015 und 1280 MHz für das Jahr 2020 für die gesamten RATG 1- und RATG 2-Systeme [41]. Für die Prognose mit höherem Marktanteil beträgt der Gesamtspektrumsbedarf für die Jahre 2010, 2015 und 2020 entsprechend 840 MHz, 1300 MHz bzw. 1720 MHz. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass der abgeleitete Gesamtspektrumsbedarf sowohl für RATG 1 als auch für RATG 2 im Jahr 2020 zwischen 1280 und 1720 MHz liegt. Dies umfasst auch die Frequenzbereiche, die bereits für RATG 1 im Einsatz sind, wie z.B. GSM und UMTS. [42]. Abbildung 4-8 beschreibt den Spektrumsbedarf für RATG 1 und RATG 2 für dichte innerstädtische Gebiete im Jahr 2020. Abbildung 4-9 beschreibt den Spektrumsbedarf nach Umgebungen und Zelltypen für RATG 1 und RATG 2 im Jahr 2020. Für RATG 1 ist zu beachten, dass Mikrozellen nicht im ländlichen Gebiet eingesetzt werden. Der Spektrumsbedarf für RATG 1 wird vom Bedarf vorstädtischer Gebiete dominiert, während für RATG 2 der Spektrumsbedarf vom Bedarf in Innenstädten dominiert wird. Für RATG 1 haben Makrozellen den größten Spektrumsbedarf, wobei der höchste Spektrumsbedarf für RATG 2 aus dem Mikrozellen-Szenario stammt. Im Fall von RATG 2 werden die zugewiesenen Frequenzen wiederverwendet, da Pikozellen und Hot Spots sich nicht räumlich überlappen. Daher wird der gesamte Spektrumsbedarf für RATG 2 aus der Summation von Makro- und Mikro-Zellen und den Maxima der Picozellen und Hotspots abgeleitet. Vergleich der Prognosen Dieser Abschnitt beschreibt den Vergleich verschiedener Datenverkehrsprognosen für die nächsten 5 bis 10 Jahren. Abbildung 4-10 zeigt die Prognosen aus dem Bericht ITU-T M.2072, die als Eingangsdaten für die Berechnungen mit Speculator dienten. Das Ergebnis besteht aus einer Reihe von Datenverkehrsprognosen (blau, siehe Abbildung 4-10), die aus unterschiedlichen Szenarien und Funkumgebungen abgeleitet wurden. Im Vergleich mit dem tatsächlichen mobilen Datenverkehr, wie er von Cisco [32] für den Zeitraum 2007 bis 2010 angegeben wird (gelbe Linie in Abbildung 4-10), ist die Datenverkehrs-Prognose aus dem Bericht ITU-R M. 2072 pessimistischer und weit niedriger als die tatsächlichen Verkehrsdaten. Nach einer erweiterten Vorhersage von Cisco wird geschätzt, dass der Verkehr im Jahr 2015 mehr als 5-mal größer als die Prognose in dem Bericht ITU-R M. 2072 sein wird. Dies bedeutet, dass der berechnete Spektrumsbedarf von 1280 MHz mit Speculator nur einen Mindestbedarf darstellen kann. Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 34 Abbildung 4-10: Der Vergleich zwischen der Prognose von ITU-R M.2072 (blaue Kurven) und dem aktuellen Datenverkehr (gelbe Kurve) bzw. erweiterten Prognose von Cisco [37] (rote Kurve). Zum weiteren Vergleich der Prognosen zeigt Abbildung 4-11 die Prognose des globalen mobilen Datenverkehrs von 2011 bis 2015 aus verschiedenen Quellen. Die Prognosen von Cisco und Alcatel-Lucent zeigen, dass das Wachstum des gesamten Datenverkehrs in den nächsten 4 bis 5 Jahren rasch zunehmen wird, mit einem mobilen Datenverkehr von insgesamt über 6,5 EB pro Monat. Andererseits beschreibt die Prognose des UMTS-Forums [34], dass das Wachstum des mobilen Datenverkehrs in einem langsameren Tempo voranschreiten wird. Die Prognose von Ericsson ist ähnlich und vergleichbar mit der Prognose des UMTS-Forums. Die konservativste mobile Datenverkehrsprognose wurde von Analysys Mason erstellt, wonach der mobile Datenverkehr um das 5,5-fache zwischen 2010 und 2015 steigen wird. Bei Mittelung der Prognosen aller verfügbaren globalen mobilen Datenverkehrs-Quellen liegt die Prognose von Ericsson dem entsprechenden Mittelwert am nächsten. Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 35 Abbildung 4-11: Die Prognose des globalen mobilen Datenverkehrs zwischen 2011 und 2015 [37]. 4.3 Möglichkeiten zur Deckung des steigenden Kapazitätsbedarfs Aus der Analyse der Verkehrsprognosen und des daraus abgeleiteten Spektrumsbedarfs lässt sich folgendes feststellen: Es gibt zwar Schwankungen zwischen den verschiedenen Verkehrsprognosen, allen Prognosen ist jedoch gemein, dass der mobile Datenverkehr bis zum Jahr 2020 sehr stark ansteigen wird. Die Verkehrsprognose für die Jahre 2005 bis 2020, auf deren Basis im Jahr 2005 ein Gesamtspektrumsbedarf für das Jahr 2020 von 1280-1720 MHz ermittelt wurde, wurde im Jahr 2011 durch das tatsächliche Datenverkehrsaufkommen um den Faktor 5 übertroffen. Zur Deckung des durch das starke Verkehrswachstum Kapazitätsbedarfs gibt es prinzipiell folgende Möglichkeiten: verursachten erhöhten 1. Verdichtung des Netzes: Diese Möglichkeit ist mit zusätzlichen Investitionen in die Netzinfrastruktur verbunden. 2. Off-Load über WLAN-Zugangspunkte bzw. den Einsatz von Femtozellen: In diesen Fällen wird der durch die Nutzung von mobilen Endgeräten verursachte Datenverkehr über WLAN bzw. Femtozellen abgeführt, die über das Festnetz angebunden sind. Diese beiden Möglichkeiten können jedoch nur dort zum Einsatz kommen, wo eine ausreichende Festnetzanbindung vorhanden ist und dürfte vor allem zur Deckung des Kapazitätsbedarfs in Ballungsgebieten zum Tragen kommen. Andererseits wird z.B. in Großbritannien (vgl. die Planungen der OFCOM[68] zur Nutzung von TV White Spaces) auch der Ausbau von regionalen WLAN-Netzen in Betracht gezogen. Hinsichtlich des Einsatzes von Femtozellen prognostiziert das Smallcell Forum, dass Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 36 im Jahr 2016 90% aller Basisstationen Femtozellen sind [56]. Bezüglich der zukünftigen Möglichkeiten des Off-Load über WLAN sollte in Betracht gezogen werden, dass mit dem im Jahr 2012 fertiggestellten 802.11ad-Standard [57], der bei 60-GHz arbeitet, ein weltweit harmonisiertes Spektrum von 7 GHz zur Verfügung steht. Allerdings sind die Anwendungsbereiche aufgrund der hohen Ausbreitungsdämpfungen bei 60 GHz nicht für alle Funkumgebungen geeignet. 3. Erhöhung der spektralen Effizienz: Mit der Weiterentwicklung der Mobilfunktechnik wurden Übertragungsverfahren entwickelt, die über eine höhere spektrale Effizienz verfügen. Eine Übersicht über die spektrale Effizienz verschiedener Varianten und Generationen von Mobilfunksystemen ist in Tabelle 4-5 dargestellt. Somit kann eine Erhöhung der Kapazität auch durch eine schrittweise Ersetzung von Mobilfunksystemen der zweiten und dritten Generation, z. B. GSM und UMTS, durch die Systeme der vierten Generation, wie LTE-Advanced, erreicht werden. Es wird erwartet, dass zumindest die Nutzung von GSM im Zeitraum von 2020 bis 2025 deutlich zurückgeht [58]. 4. Bereitstellung von zusätzlichem Spektrum: Für diese Option muss zusätzliches Spektrum identifiziert werden, das bisher von anderen Funkdiensten genutzt wird und umgewidmet werden kann. Legt man den oben vorgesagten Gesamtspektrumsbedarf von 1280 bis 1720 MHz sowie ein derzeit für den kommerziellen Mobilfunk bereits identifiziertes Spektrum von 1013 MHz [43], [44] zugrunde, ergibt sich ein zusätzlicher Spektrumsbedarf von ca. 270-700 MHz. 5. Tarifierung: Tarifierung des Datenverkehrs in einer Art und Weise, die das prognostizierte Wachstum mindert. 6. Innovative Technologie für Broadcast-Anwendungen: Einführung der in Kapitel 6 beschriebenen innovativen Ansätze, insbesondere Einführung von Point-toMultipoint-Lösungen auch in Mobilfunknetzen wie eMBMS, Tower Overlay über zellularen Netzen oder Dynamic Broadcast. 7. Einführung einer Digitalen Dividende auch im Mobilfunk: Die Digitale Dividende in der terrestrischen TV-Übertragung basierte darauf, dass das ineffiziente analoge Fernsehen durch das weit effizientere DVB-T ersetzt wurde. Eine vergleichbare digitale Dividende wäre bei Ablösung des GSM-Systems durch IMT-AdvancedSysteme zu erwarten. 8. Festnetzinfrastrukturen: Ausbau von Festnetz-Infrastrukturen auch in ländlichen Regionen, wodurch Datenverkehr gerade in diesen Gebieten aus den Mobilfunknetzen in die Festnetze ausgelagert werden könnte. Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes 4.4 durch 37 Leistungsfähigkeit von Mobilfunksystemen In diesem Abschnitt wird die Leistungsfähigkeit der modernen mobilen Funksysteme beschrieben, um den Spektrumsbedarf für den Aufbau von solchen Systemen besser verstehen zu können. Tabelle 4-5 beschreibt die theoretische maximale spektrale Effizienz verschiedener Mobilfunksysteme im Vergleich zu den Werten, wie sie im Rahmen von Simulationen bei 3GPP bzw. durch Feldversuche ermittelt oder von der amerikanischen Regulierungsbehörde FCC angenommen werden. Generell liegt die theoretisch erreichbare spektrale Effizienz für Systeme der zweiten Generation wie z.B. GSM und EDGE, unter 0,2 Bit/s/Hz. In Systemen der dritten Generation wird die spektrale Effizienz deutlich auf 0,4 Bit/s/Hz für UMTS, 1,44 Bit/s/Hz für HSPA Rel. 5, 2,88 Bit/s/Hz für HSPA Rel. 6 und auf bis zu 4,2 Bit/s/Hz für HSPA+ Rel. 7 erhöht. Ein modernes mobiles Funksystem wie LTE bietet eine maximale theoretische spektrale Effizienz von etwa 5 Bit/s/Hz. Der Vergleich der mit der 3GPP Simulation ermittelten spektralen Effizienz mit der theoretischen maximalen spektralen Effizienz ergibt einen Wert, der um den Faktor 2-bis 8 geringer ist, als theoretisch erwartet. Die Werte aus der 3GPP-Simulation stimmen andererseits gut mit Werten aus Feldversuchen für das LTE mit MIMO [48, 55] überein. Gemäß der 3GPP-Simulation liegt die gemittelte spektrale Effizienz für Mobilfunksysteme, die in RATG 1 enthalten ist, zwischen 0 bis 1 Bit/s/Hz/Zelle. Für RATG 2 liegt die gemittelte spektrale Effizienz der 3GPP-Simulation zwischen 1 und 5,5 Bit/s/Hz/Zelle. Diese Werte passen recht gut zu den in [39] getroffenen Annahmen, die in den Tabellen 4-3 und 4-4 für das Jahr 2010 vorgestellt werden. Tabelle 4-5 soll als Orientierung für die Beurteilung der Ergebnisse der in Abschnitt 4.5 beschriebenen Untersuchung zum Potential der Zuweisung zusätzlichen Spektrums für den kommerziellen Mobilfunk dienen. Technologien GSM GPRS EDGE UMTS HSPA (Rel. 5) HSPA (Rel. 6) HSPA+ (Rel. 7) LTE (Rel. 8) LTE (Rel. 8) 1x2 MIMO LTE (Rel. 8) 2x2 MIMO 3 Maximal Spektrale Effizienz (bit/s/Hz) 3GPP Specification 0,04 [49] 3 0,05 [49,50] 4 0,2 [49, 50]5 0,4 [53] 1,44 [51-53] 2,88 [51-53] 4,2 [51-53] 5 8,64 [53] Spektrale Effizienz (bit/s/Hz/Cell) 3GPP Simulation Spektrale Effizienz (bit/s/Hz/Cell) FCC Assumptions Spektrale Effizienz (bit/s/Hz/cell) Field Trials 0,19 [46] 0,45-0,50 [46] 0,68-0,76 [46] 0,68-1,13 [46] 1,12 [46] 1,32 [46] 0,03 [45] 0,09 [45] 0,16-0,24 [45] 0,48 [45] 0,72 [45] 1,08-1,29 [45] 1,36-1,5 [45] - 0,40 [54] 1,57-2,10 [48] Annahme eines Frequenzwiederholungsfaktors von 12 Annahme eines Frequenzwiederholungsfaktors von 12 5 Annahme eines Frequenzwiederholungsfaktors von 12 4 Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes Technologien Maximal Spektrale Effizienz (bit/s/Hz) 3GPP Specification 16,3 [47] durch Spektrale Effizienz (bit/s/Hz/Cell) 3GPP Simulation Spektrale Effizienz (bit/s/Hz/Cell) FCC Assumptions 2,08 [46] - 38 Spektrale Effizienz (bit/s/Hz/cell) Field Trials Verdoppelt von 2x2 MIMO [55] 2,09 [46] LTE (Rel. 10) 2x2 MIMO 2,60 [46] LTE (Rel. 10) 4x2 MIMO 5,44 [46] LTE (Rel. 10) 8x4 MIMO 30,6 [47] LTE (Rel. 10) 8x8 MIMO Tabelle 4-5: Spektrale Effizienz von verschiedenen Mobilfunksystemen. LTE (Rel. 8) 4x2 MIMO LTE (Rel. 8) 4x4 MIMO 4.5 Potential zur Nutzung des UHF-Spektrums durch den kommerziellen Mobilfunk Potentiell verfügbares Spektrum im UHF-Bereich ist aus zwei Gesichtspunkten für den kommerziellen Mobilfunk von Interesse. Zum einen kann das UHF-Spektrum einen Beitrag zur Deckung des Gesamtspektrumsbedarfs leisten, zum anderen bietet Spektrum im UHFBereich aufgrund der günstigen Ausbreitungsbedingungen Vorteile bei der Flächenversorgung insbesondere von ländlichen Gebieten. Eine konkrete Studie zum Bedarf von Spektrum unterhalb 1 GHz lag zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens nicht vor. Andererseits verweist das Diskussionspapier Mobile Media 2020 des BMWi [64] auf das Ziel der Bundesregierung, im Jahr 2018 jeder Einwohnerin bzw. jedem Einwohner einen Breitbandanschluss von 50 Mbit/s zu ermöglichen, wofür explizit auch zellulare Mobilfunktechnologien zur Erreichung dieses Ziels herangezogen werden. In ihren Stellungnahmen zum Diskussionspapier greifen Bitkom [65] und Deutsche Telekom [66] diesen Punkt auf und weisen darauf hin, dass Spektrum im UHF-Bereich zur Erreichung dieser Ziele beitragen kann. E-Plus setzt sich in seiner Stellungnahme [67] kritisch mit diesem Punkt auseinander sieht die Erreichung des Ziels von 50 Mbit/s als unrealistisch an. Um einen Eindruck zu gewinnen, welche Datenraten mit wie viel Spektrum im UHF-Bereich erreichbar sind, haben die Gutachter im Rahmen der Erstellung dieses Gutachtens eigene Simulationen für ein System nach LTE Rel. 8 (ohne Annahme von MIMO) durchgeführt. Die Simulationsannahmen orientieren sich im Wesentlichen an entsprechenden Dokumenten von 3GPP [59], [60] und sind wie folgt: 19 Basisstationen mit 3-fach Sektorisierung in einem hexagonalen Grid Variation der Basisstationsabstände von 500 m bis 10 km Berechnung des Pfadverlusts nach Okumura-Hata mit Penetrationsverlust von 20 dB (TR 36.814 - Table A.2.1.1-1) Standardabweichung für Lognormalschwund: 8dB Berücksichtigung der Antennendiagramme nach 3GPP TR 36.814 V9.0.0 [60] einem zusätzlichen Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 39 Sendeleistung der Basisstation: 46 dBm Kabelverluste: 3dB Für die Berechnung der Interferenz wird von einer Worst-Case-Abschätzung ausgegangen, d. h. alle Ressourcenblöcke der Nachbarzellen sind belegt Annahme von Round Robin Scheduling Annahme von 20 gleichzeitigen Nutzern/km2 (zum Vergleich: Gebiete mit 150 Personen/km2 und weniger gelten in Deutschland als ländliche Gebiet [61], durchschnittlich leben gemäß Bundesamt für Statistik in einem Haushalt zwei Personen Für jedes Szenario wurden 1000 Snapshots erzeugt, bei denen die Teilnehmer zufällig mit einer gleichverteilten Wahrscheinlichkeitsdichte in der Zellfläche verteilt wurden Empirical CDF 1 0.9 0.8 0.7 F(x) 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 -10 0 10 20 30 SINR [dB] 40 50 60 Abbildung 4-12: Kumulative Wahrscheinlichkeitsverteilung des aus der Simulation ermittelten SINR (Zwei Beispiele zur Erläuterung: mit einer Wahrscheinlichkeit von 82% liegt der SINRWert unter 10 dB, in 65% der Fälle liegt der SINR-Wert unter 5 dB) Die Verteilung des aus der Simulation ermittelten SINR (Signal-to-Noise-and-InterferenceRatios) ist in Abbildung 4-12 dargestellt. Die Darstellung in Abbildung 4-12 ist in sehr guter Übereinstimmung mit den entsprechenden Darstellungen in [36]. Der Zusammenhang zwischen SINR und spektraler Effizienz in der in Abbildung 4-13 dargestellten Kurve wurde aus einer Linklevel-Simulation mit dem Simulator aus [63] ermittelt. Dabei sind neben dem Rauschen auch Fadingeffekte in die Betrachtung eingegangen. Sie unterscheidet sich daher von der in [36] verwendeten Kurve. Für die in Abbildung 4-12 und 4-13 dargestellten Kurven wurden mittleres SINR von 4,4 dB und eine mittlere spektrale Effizienz von 0,78 Bit/s/Hz ermittelt. Dieser Wert ist etwas geringer als der in Tabelle 4-5 angegebene Wert bei Verwendung von LTE Rel. 8 mit 1x2 MIMO. Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 40 4.5 4 Spektrale Effizienz [bit/s/Hz] 3.5 3 2.5 2 1.5 1 0.5 0 -10 -5 0 5 10 15 20 SINR [dB] 25 30 35 40 Abbildung 4-13: Zusammenhang zwischen spektraler Effizienz und SINR, ermittelt aus eigener Link-Level Simulation für LTE Rel. 8. In Abbildung 4-14 sind die erreichbaren Datenraten je Nutzer für verschiedene Bandbreiten im Downlink und verschiedene Basisstationsabstände dargestellt. Die gewählten Bandbreiten orientieren sich dabei an den verfügbaren Bandbreiten, entsprechend der in Kapitel 7 vorgestellten Bandpläne. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die ab LTE Release 10 verfügbare Carrier Aggregation eine Zusammenfassung von Kanälen nur bis zu einer Gesamtbandbreite von 100 MHz vorsieht. Es wird deutlich, dass Datenraten von 50 Mbit/s nur bei Basisstations-Abständen von 500 m und einer zur Verfügung stehenden Bandbreite von 140 MHz möglich sind. Bei einer Bandbreite von 60 MHz und einem BasisstationsAbstand von 2,5 km stehen 50% der Nutzerinnen und Nutzer nur eine Datenrate von 1 Mbit/s zur Verfügung. Allerdings ist zu bemerken, dass die Ergebnisse sowohl mit der Teilnehmerzahl als auch mit der spektralen Effizienz skalieren. Bei Annahme der 2,5-fachen spektralen Effizienz, wie sie z. B. durch die Verwendung von 2*2 MIMO erreicht werden kann (machbare Antennengrößen für die MIMO-Antenne im Endgerät vorausgesetzt, s. o.) und der Annahme von nur einem zu einem bestimmten Zeitpunkt aktiven Nutzer pro km2 wären auch mit 65 MHz 50 Mbit/s für diesen Nutzer mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% realisierbar. In der Simulation wurde für die Mobilstation omnidirektionaler Empfang angenommen. Durch Erhöhung des SINR um 10 dB, was beispielsweise durch Verwendung gerichteter Antennen für den stationären Empfang realisiert werden kann, erhöht sich die mittlere spektrale Effizienz auf einen Wert von 3,36 Bit/s/Hz. Die Ergebnisse sind für einen Basisstationsabstand von 2,5 km in Abbildung 4-15 dargestellt. Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes ISD 500 m durch 41 ISD 1000 m 50 10 30 Mbit/s Mbit/s 40 20 5 10 0 P50 P40 P30 P20 P10 P5 P3 P2 55 P1 130 65 60 135 0 P50 140 P40 P30 P20 P10 P5 P3 Perzentil 55 60 65 135 140 Bandbreite [MHz] ISD 5000 m 2 400 1.5 300 kbit/s Mbit/s P1 Perzentil ISD 2500 m 1 200 100 0.5 0 P50 P2 Bandbreite [MHz] 130 0 P50 P40 P30 P20 P10 P5 P3 P2 55 P1 60 65 130 135 P40 140 P30 P20 P5 P3 P2 Perzentil Bandbreite [MHz] Perzentil P10 P1 55 60 65 130 135 140 Bandbreite [MHz] ISD 10000 m 40 kbit/s 30 20 10 0 P50 P40 P30 P20 P10 P5 P3 Perzentil P2 P1 55 60 65 130 135 140 Bandbreite [MHz] Abbildung 4-14: Perzentile der erreichbaren Datenraten je Nutzer für verschiedene Bandbreiten im Downlink und Basisstations-Abstände (ISD: Inter Site Distance) Untersuchungen zur Nutzung des UHF-Spektrums Breitbandanwendungen des kommerziellen Mobilfunkdienstes durch 42 ISD 2500 m, SINR + 10 dB Mbit/s 6 4 2 0 P50 P40 P30 P20 P10 P5 P3 Perzentil P2 P1 55 60 65 130 135 140 Bandbreite [MHz] Abbildung 4-15: Perzentile der erreichbaren Datenraten je Nutzer für verschiedene Bandbreiten im Downlink bei einem Basisstationsabstand von 2,5 km und einem um 10 dB verbesserten Wert des SINR Die in diesem Abschnitt erzielten Ergebnisse zeigen deutlich, dass für die Erreichung der von der Bundesregierung geforderten Breitbandzugänge mit Datenraten von 50 MBit/s auf der Basis von LTE-A in ländlichen Gebieten für den Downlink Spektrum in der Größenordnung von 50 bis 100 MHz im UHF-Bereich zur Verfügung gestellt werden muss und aufgrund der benötigten Basisstationsabstände deutlich unter 10 km zusätzlich enorme Investitionen in die Infrastruktur erforderlich sind um dieses Ziel auch nur annähernd zu erreichen. 4.6 Fazit Die Zuweisung von zusätzlichem Spektrum im UHF-Bereich für den kommerziellen Mobilfunkdienst macht sowohl im Hinblick auf die Befriedigung des zukünftigen Gesamtspektrums-Bedarfs von mindestens 1280 MHz als auch im Hinblick auf das Potential zur Versorgung ländlicher Gebiete Sinn. Da das im UHF-Bereich benötigte Spektrum sehr stark von den Annahmen zum Verkehr, der Basisstationsdichte und der spektralen Effizienz der verwendeten Technologie abhängt, kann ein genauer Wert für den Mindestbedarf an Spektrum im UHF-Bereich nur schwer bestimmt werden. Allerdings zeigen die durch Simulation gewonnenen Ergebnisse deutlich, dass die Erreichung des Ziels in den ländlichen Gebieten eine Breitbandversorgung mit einer Datenrate von 50 Mbit/s zumindest punktuell zu realisieren nur durch die Bereitstellung von Spektrum von 50 bis 100 MHz allein im Downlink und der Realisierung einer für ländliche Regionen relativ hohen Basisstationsdichte möglich ist. Die mit der spektralen Effizienz bzw. der Basisstationsdichte einhergehenden Skalierungseffekte ermöglichen andererseits auch die Zuweisung eines Teils des Spektrums für andere Funkdienste wie BOS oder PMSE ohne die Entwicklungsmöglichkeiten des kommerziellen Mobilfunks nachhaltig zu begrenzen. Bei der Versorgung dünn besiedelter ländlicher Gebiete erscheint eine mehrfache Abdeckung durch verschiedene Mobilfunkbetreiber nicht unbedingt erforderlich. Um die großen benötigten Bandbreiten zu erreichen, wäre ggf. auch eine Bündelung des Spektrums mehrerer Mobilfunkbetreiber eine Lösung. Hierfür müssten jedoch die geeigneten regulatorischen Rahmenbedingungen geschaffen werden. 5 Untersuchungen des Frequenzbedarfs für Breitbandanwendungen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Militär und Betreiber kritischer Infrastrukturen Vergleichbar den Untersuchungen zum kommerziellen Mobilfunkdienst erfolgt auch hier eine Recherche der bisher verfügbaren Positionen und Angaben zum Spektrumsbedarf und den derzeit diskutierten Frequenzbereichen. Wesentliche Quellen für diese Untersuchungen sind die öffentlich verfügbaren Dokumente der CEPT ECC FM49 sowie eigene – bereits veröffentlichte – Ergebnisse aus einem vom BMWi geförderten Kooperationsprojekt6. Während für BOS7 zahlreiche öffentlich zugängliche Studien verfügbar sind, gibt es zum Spektrumsbedarf für die militärische Nutzung keine Veröffentlichungen. Leider liegt den Autoren zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens keine Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung zum Diskussionspapier „Mobile Media 2020“ [64] vor. Im Verlauf der Anhörung im BMWi am 12. November 2012 signalisierte ein Vertreter des Bundes die Bereitschaft, mit den BOS über eine gemeinsame Frequenznutzung zu sprechen. 5.1 Hintergrund zu Spektrumsnutzung von BOS in Deutschland Status quo von BOS in Deutschland Für analogen BOS-Funk steht in Deutschland ein Spektrum von insgesamt 12,7 MHz in den Frequenzbereichen 34,35-39,85 MHz, 74,205 bis 87,265 MHz und 165,2 bis 173,99 MHz zur Verfügung [82]. Derzeit wird daneben ein BOS-Digitalfunknetz nach dem TETRA-Standard aufgebaut. In seinem für Ende 2014 geplanten Endausbauzustand wird das Netz aus ca. 4500 Basisstationen bestehen, von denen Mitte November 2012 3456 aufgebaut und 2580 im Netz integriert sind [69]. In Abbildung 5-1 ist der derzeitige Ausbaustand dargestellt. Das Digitalfunknetz ist für Sprachkommunikation und eine schmalbandige Datenübertragung mit Datenraten von bis zu 28 kbit/s ausgelegt [70]. Das Digitalfunknetz wird im 400 MHz-Band in den Duplexbändern 380-385 MHz und 390-395 MHz betrieben. Nutzer sind die Polizei der Länder und des Bundes, die Feuerwehren, die Rettungsdienste, Katastrophen- und Zivilschutzbehörden, die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) und die Bundeszollverwaltung. Das Netz ist für 500.000 Nutzer dimensioniert. Im September 2012 waren bereits 240.000 Teilnehmer registriert. Anwendungen für breitbandige Systeme Im Bereich BOS existiert ein Bedarf für einsatzkritische Hochgeschwindigkeitsdatenkommunikation, der sich unter anderem aus Anwendungen wie Helmkameras, Videoübertragungen zu Einsatzzentralen, der Anbindung mobiler Einsatzkräfte an zentrale Datenbanken und der Übermittlung von Lageinformationen aus Helikoptern ergibt. Daneben 6 Förderprojekt Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand ZIM Fördernummer KF2340906 Im englischen Sprachgebrauch wird der Begriff Public Protection and Disaster Relief (PPDR) verwendet. 7 Untersuchungen des Frequenzbedarfs für Breitbandanwendungen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Militär und Betreiber kritischer Infrastrukturen 44 kommen auch verstärkt unbemannte Luft- und Landfahrzeuge zum Einsatz. Im Rahmen einer vom Bundesinnenministerium beauftragten und von der IABG im Jahr 2011 durchgeführten Studie [70] wurden die Anforderungen an breitbandige Systeme ermittelt. Hierzu fanden Interviews mit insgesamt 20 Behörden statt, in denen 18 vordefinierte Kommunikationsszenarien hinsichtlich deren Relevanz für die jeweilige Behörde und ihren technischen Anforderungen hinterfragt wurden. Abbildung 5-1: Ausbaustand des digitalen BOS-Funks in Deutschland (Stand November 2012) [69] Die 18 Kommunikationsszenarien teilen sich in je 6 Szenarien der Kategorien A (Normalbetrieb der Behörden), B (Massenveranstaltungen aus Sport und Kultur sowie Demonstrationen) und C (Katastrophenszenarien einschließlich Naturkatastrophen) auf. Insgesamt gab es 78 Nennungen von relevanten Kommunikationsszenarien. Ein Ergebnis der Studie ist, dass 75% der von den Behörden als relevant eingestuften Szenarien als „Mission critical“ eingestuft wurden, bei denen ein Versagen der Kommunikationsverbindung direkt Menschenleben gefährden würde. Eine hohe Verfügbarkeit wurde für 90% der relevanten Szenarien gefordert. Darüber hinaus wurden die Kommunikationsszenarien auch hinsichtlich ihrer Anforderungen an die Datenübertragungsrate und die Reichweiten charakterisiert. Ein wesentliches Ergebnis ist dabei die Erkenntnis, dass für alle drei Untersuchungen des Frequenzbedarfs für Breitbandanwendungen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Militär und Betreiber kritischer Infrastrukturen 45 Kategorien und damit insbesondere auch für den Normalbetrieb Datenraten von einigen Mbit/s und Reichweiten von teilweise mehr als 10 km gefordert werden. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Kombination der Anforderungen an eine hohe Verfügbarkeit, hohe Datenübertragungsraten und große Reichweiten nahelegen, dass zumindest ein Teil des Spektrumsbedarfs für breitbandige BOS-Systeme im Frequenzbereich unterhalb 1 GHz gedeckt werden sollte. Die Forderung nach hoher Verfügbarkeit von BOS-Systemen legt auch die Zuweisung von dediziertem Spektrum für BOS nahe. Eine Mitnutzung kommerzieller Netze birgt große Risiken. Auf die Notwendigkeit dedizierten Spektrums für die einsatzkritische Kommunikation weist auch der Verband Professioneller Mobilfunk e. V. in seiner Stellungnahme [81] zum Diskussionspapier „Mobile Media 2020“ hin. Systeme, die für eine breitbandige Nutzung in Frage kommen In der oben erwähnten IABG-Studie [70] wird auch untersucht über welche Systeme bzw. Frequenzbereiche die Kommunikationsszenarien realisiert werden können. Die in der IABGStudie erwähnten Systeme sind WLAN (802.11 a/g/n/p), Richtfunk, Satellitenkommunikation, ein nicht näher spezifiziertes Funksystem im VHF-Bereich für die Versorgung innerhalb von Gebäuden sowie LTE. Während WLAN – insbesondere im 5GHz-Bereich – vor allem als Kandidat für die Ad-Hoc Kommunikation betrachtet wird, kommt LTE als System für eine flächendeckende Breitbandabdeckung in Betracht. Die US-Regulierungsbehörde FCC hat frühzeitig entschieden [71] LTE 700 als breitbandiges BOS-System zu nutzen. Nach Umwidmung von weiterem Spektrum im Februar 2012 stehen in den USA jetzt 2x10 MHz in den Frequenzbereichen 758 bis 768 MHz und 788 bis 798 MHz für breitbandige BOSDienste zur Verfügung [85]. Die Entscheidung in den USA hat auch in Deutschland und Europa eine entsprechende Diskussion in Gang gesetzt in deren Folge auch Machbarkeitsstudien durchgeführt wurden, z. B. [72]. Die Entscheidung in den USA für LTE 700 als breitbandiges BOS-System ist aus zwei Gründen richtungsweisend auch für andere Länder. Zum einen stellen die USA selbst einen großen Markt dar, so dass durch die dadurch zu erwartenden Stückzahlen sowohl bei der Infrastruktur als auch bei den Endgeräten Kostenvorteile entstehen können, zumal auch Komponenten aus der kommerziellen Mobilfunktechnik wiederverwendet werden können. Zum anderen sind auch in der Standardisierung bei 3GPP Aktivitäten gestartet worden, die die Spezifikation von BOS-spezifischen Leistungsmerkmalen wie z. B. Gruppenkommunikation in zukünftigen Releases von LTE zum Ziel haben [74]. 5.2 Stand der Diskussion zum Spektrumsbedarf für BOS Erste Studien zum Spektrumsbedarf für BOS-Anwendungen wurden in Deutschland in den Jahren 2010 und 2011 [70], [73] durchgeführt. Am Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig wurde im Rahmen eines durch das BMWi im Programm ZIM geförderten Kooperationsprojekts mit der Rohde&Schwarz PMR GmbH8 im 8 Heute Hytera Mobilfunk GmbH Untersuchungen des Frequenzbedarfs für Breitbandanwendungen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Militär und Betreiber kritischer Infrastrukturen 46 Jahr 2011 eine Machbarkeitsstudie zum Einsatz von LTE für BOS-Anwendungen durchgeführt. Auf europäischer Ebene findet derzeit in der CEPT ECC FM49 eine Diskussion über den Spektrumsbedarf und mögliche Kandidatenbänder für breitbandige BOS-Systeme statt. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Studien sowie der derzeitige Stand der Diskussionen im der CEPT ECC FM 49 zusammengefasst. IABG-Studie [70] Auf der Basis der in den oben erwähnten Interviews mit den Behörden gesammelten Erkenntnisse wird in der Studie folgender Spektrumsbedarf abgeleitet: 60 MHz Spektrum (20 MHz für den Downlink, 40 MHz für den Uplink) für LTE 60 MHz Spektrum für die Ad-Hoc Kommunikation bei 5 GHz 14 MHz im VHF-Bereich unterhalb von 80 MHz für die temporäre Versorgung innerhalb von Gebäuden. Leider weist die Herleitung des Spektrumsbedarfs Inkonsistenzen bei der Bewertung des Spektrumsbedarfs von LTE Rel. 8 und LTE Rel. 10 auf. Die im Folgenden beschriebene WIK-Studie [73] greift die Verkehrsannahmen der IABG-Studie auf und leitet daraus einen wesentlich geringeren Spektrumsbedarf ab. WIK-Studie [73] In der vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragten WIK-Studie wird der Spektrumsbedarf für breitbandiges BOS in nachvollziehbarer Weise hergeleitet und wie folgt ermittelt: 25 MHz (15 MHz Uplink; 10 MHz im Downlink) unterhalb 1 GHz für Systeme, die mit einem IMT-Advanced-Standard, z. B. LTE Advanced oder IEEE 802.11m (WiMAX) betrieben werden. Weiternutzung des Spektrums im Bereich 5150-5250 MHz für Ad-Hoc-Anwendungen ergänzt durch zusätzliches Spektrum im Bereich 1452 bis 1479 MHz. mindestens 15 MHz ungepaartes Spektrum im Frequenzbereich zwischen 1 und 5 GHz für die Luft-Boden-Kommunikation Bei der Herleitung des Spektrumsbedarfs unterhalb 1 GHz wird zunächst der Verkehrsbedarf für verschiedene Kommunikationsszenarien abgeleitet. Der Gesamtverkehr eines einzelnen Ereignisses im Normalbetrieb (Kategorie A, siehe oben) wird mit 1200 kbit/s im Downlink bzw. 1900 kbit/s im Uplink bestimmt. Es wird weiterhin angenommen, dass ein derartiges Ereignis am Zellrand auftritt und ein gleichzeitig eintretendes weiteres Ereignis zu betrachten ist, dass sich in einiger Entfernung vom Zellrand befindet. Da bei BOS die Verfügbarkeit eine hohe Priorität besitzt, wird weiterhin angenommen, dass am Zellrand das Übertragungsverfahren mit der höchsten Störfestigkeit (QPSK, Coderate 78/1024) angewendet werden muss. Dieses Verfahren hat eine spektrale Effizienz von 0,15 Bit/s/Hz. Für die Position des zweiten Ereignisses wird angenommen, dass es so weit vom Zellrand entfernt ist, dass damit ein Übertragungsverfahren mit einer spektralen Effizienz von 1,5 Bit/s/Hz verwendet werden kann. Es wird damit ein Spektrumsbedarf von 14 MHz im Uplink 47 Untersuchungen des Frequenzbedarfs für Breitbandanwendungen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Militär und Betreiber kritischer Infrastrukturen und 8,8 MHz im Downlink hergeleitet. Auf der Basis von 5 MHz breiten Kanälen bei LTE ergibt sich damit ein Spektrumsbedarf von 15 MHz im Uplink und 10 MHz im Downlink. Die WIK-Studie und der daraus abgeleitete Spektrumsbedarf war Eingangsdokuments der deutschen Verwaltung in die CEPT ECC FM 49 [75]. Basis eines Machbarkeitsstudie der Technischen Universität Braunschweig [72] Zielsetzung dieser Studie war jedoch nicht die Ermittlung des Spektrumsbedarfs sondern das Aufzeigen der grundsätzlichen Realisierbarkeit von breitbandigen BOS-Diensten mit LTE im UHF-Bereich, was Einfluss auf die gewählten Szenarien und die getroffenen Annahmen hatte. Die Studie wurde auf der Basis von Ray-Tracing-Simulationen in einem Innenstadtszenario durchgeführt. Die Annahme des hypothetischen Netzes orientiert sich hinsichtlich der Dichte und der Höhe der Basisstationsantennen eher an der typischen Auslegung von Mobilfunknetzen, wobei drei Netze unterschiedlicher Basisstationsdichte Gegenstand der Untersuchungen waren. Untersucht wurden Kommunikationsszenarien bei Alltagsanwendungen der Polizei bzw. bei einem Großbrand. Eine Verfügbarkeit > 95 % bei Alltagsanwendungen der Polizei lässt sich in dem gewählten Szenario mit 2x5 MHz realisieren. Beim Kommunikationsszenario Großbrand erhöht sich die Verfügbarkeit durch den Einsatz von 2 x 10 MHz deutlich gegenüber dem Einsatz von 2 x 5 MHz ohne jedoch einen Wert von 95% zu erreichen. Zur Erhöhung der Verfügbarkeit sind weitergehende Maßnahmen, wie z. B. der Einsatz mobiler Repeater erforderlich. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass sich mit einem Spektrum, das sich in der Größenordnung des von der WIKStudie ermittelten Bedarfs befindet, grundsätzlich breitbandige BOS-Dienste mit LTE realisieren lassen. CEPT ECC FM49 Innerhalb der CEPT ECC FM49 wurde eine Arbeitsgruppe (Correspondence Group Spectrum Requirements) eingerichtet, die den Spektrumsbedarf für breitbandige BOSAnwendungen ermitteln soll [76]. Erste Ergebnisse zum Spektrumsbedarf liegen noch nicht vor, jedoch wurde die in der WIK-Studie angewendete Methode als Referenzmethode ebenso übernommen wie die der WIK-Studie zugrunde liegenden Annahmen zum Linkbudget. 5.3 5.3.1 Diskussion der Kandidatenbänder Diskussionsstand in der CEPT ECC FM49 In der CEPT ECC FM49 werden derzeit verschiedene Kandidatenbänder für die Realisierung von breitbandigen BOS-Diensten untersucht. Der aus [77] entnommene Stand der Diskussion wird im Folgenden kurz zusammengefasst. 84.5 bis 108 MHz Dieses Frequenzband wurde als langfristige Option (Zeitraum 20 Jahre) durch die Administration der Schweiz eingebracht und mit einer möglichen Digital-Radio-Dividende Untersuchungen des Frequenzbedarfs für Breitbandanwendungen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Militär und Betreiber kritischer Infrastrukturen 48 begründet [78]. Aufgrund der Langfristigkeit der Lösung scheidet dieses Band für kurz- und mittelfristige Lösungen aus. 380 bis 400 MHz Das Band ist zum Teil durch TETRA, das als Sprachkommunikationssystem für BOS komplementär zu einer Breitband-BOS-Lösung weiterhin existieren soll und durch die NATO belegt. Lösungen in einzelnen Ländern erscheinen zwar möglich, eine europaweite Harmonisierung scheint hingegen nur sehr schwer realisierbar. 400 bis 470 MHz Hier sind Bänder in den Frequenzbereichen 410-430 MHz und 450-470 MHz in einzelnen Ländern verfügbar, jedoch ist eine europaweite Harmonisierung nur schwer realisierbar. 470 bis 698 MHz Dieses Band ist derzeit durch terrestrisches Fernsehen belegt und es gibt keine Zuweisung für den Mobilfunkdienst. Eine Nutzung ist daher nur durch kognitive Lösungen bzw. in einzelnen Ländern möglich, in denen das Band zumindest teilweise nicht mehr für terrestrisches Fernsehen benötigt wird. 694 bis 790 MHz Dieses Band ist für den Mobilfunkdienst in den ITU-Regionen II und III zugewiesen. Der Tagessordnungspunkt 1.2 für die Weltfunkkonferenz (WRC) 2015 beschäftigt sich mit einer möglichen Zuweisung für den Mobilfunkdienst auch in Region I. Nach dem derzeitigen Diskussionsstand haben in diesem Band angesiedelte Lösungen die größte Chance auf eine europaweite Harmonisierung. Auch Vorschläge für konkrete Bandpläne [79], [80] in diesem Frequenzband existieren bereits. Die Bänder für breitbandige BOS-Dienste werden dabei jeweils an der unteren Bandgrenze angesiedelt. Zusätzlich wird eine Lösung angestrebt, die eine möglichst flexible Aufteilung der Bänder zwischen BOS und kommerziellem Mobilfunk in verschiedenen Staaten erlaubt. 790 bis 862 MHz Hierbei handelt es sich um das Band der „Digitalen Dividende“, das in Deutschland sowie einigen anderen europäischen Staaten bereits für den kommerziellen Mobilfunk vergeben ist. In diesem Band sind nur Insellösungen in einzelnen Staaten, jedoch keine europäisch harmonisierte Lösung möglich. Bänder oberhalb von 870 MHz In der Liste der diskutierten Bänder erschienen auch die GSM-Bänder sowie die in vielen Staaten nicht genutzten T-DAB-Bänder bei 1452 bis 1479 MHz bzw. UMTS-TDD–Bänder bei 1900-1920 MHz und 2010-2025 MHz. Aufgrund der intensiven Nutzung der GSM-Bänder durch den kommerziellen Mobilfunk werden diese nicht ernsthaft weiterverfolgt. Die T-DAB bzw. UMTS-TDD-Bänder sind aufgrund der Frequenzlage und der damit verbundenen Ausbreitungsbedingungen eher als Kandidaten für Kommunikationsszenarien mit Ad-HocKommunikation geeignet. Untersuchungen des Frequenzbedarfs für Breitbandanwendungen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Militär und Betreiber kritischer Infrastrukturen 5.3.2 49 Perspektiven der BOS-Dienste in den Frequenzbändern 400 MHz bzw. 700 MHz Nach dem derzeitigen Stand der Diskussion in der CEPT ECC FM49 verbleiben als einzige realistische Kandidaten für weitere BOS-Dienste das 400 MHz-Band (380 bis 470 MHz) und das 700 MHz-Band (694 bis 790 MHz). Im 400 MHz-Band ist eine europaweite Harmonisierung – vor allem in vielen Mitgliedsstaaten der NATO - zwar schwierig, dennoch gibt es Befürworter innerhalb der CEPT für diese Lösung. Vor allem die französische Regierung unterstützt diesen Vorschlag [81] und nennt eine Reihe von Vorteilen: Die derzeitigen schmalbandigen Lösungen (TETRA) werden genau in diesem Frequenzbereich betrieben. Damit könnten die existierenden Standorte wiederverwendet werden, was sich günstig auf die anstehenden Investitionen auswirken würde. Da sowohl das Militär als auch die Betreiber privater professioneller Mobilfunknetze über Frequenzen in diesem Band verfügen, wird eine „Economy of Scale“ für die Endgeräte erwartet. Aufgrund der zahlreichen möglichen LTE-Bandbreiten wird bei dieser Lösung auch die Möglichkeit zu einem flexiblen Refarmingprozess gesehen, an dessen Ende TETRA vollständig durch LTE ersetzt werden könnte. Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit TETRA überhaupt vollständig durch LTE abgelöst werden soll, da einige Hersteller auch an Lösungen arbeiten bei denen sich die TETRANetze mit LTE-Netzen verbinden lassen. Derartige Konzepte wurden bereits auf dem TETRA World Congress 2011 vorgestellt [82]. Auf der anderen Seite bietet das 700 MHz Band eine Reihe von Vorteilen: Die Entscheidung in den USA, das 700 MHz-Band für BOS-Anwendungen zu nutzen, hat ebenfalls eine „Economy of Scale“ zur Folge, die aufgrund der Marktgröße in den USA möglicherweise bedeutender ausfällt, als in dem oben beschriebenen Fall bei 400 MHz. Dies kann sich auch auf die Verfügbarkeit und den Preis der Infrastrukturseitigen Geräte auswirken, was möglicherweise auch die Nachteile bei den Standortkosten zumindest teilweise wieder ausgleicht. Breitbandige Lösungen zielen vor allem auf hohe Datenraten ab, für deren Realisierung Mehrantennensysteme auch auf der Seite der Endgeräte vorgesehen sind. Gerade bei den Endgeräten wird aufgrund der größeren Wellenlänge bei 400 MHz die Realisierung von Mehrantennensystemen bei niedrigeren Frequenzen zunehmend schwieriger. Zwar hat die CEPT ECC FM49 derzeit noch keine Entscheidung über die Auswahl der Kandidatenbänder getroffen, jedoch wird durch die Gutachter das 700 MHz-Band – insbesondere aufgrund der deutlich größeren Chancen für eine europaweite Harmonisierung – präferiert. Auch werden innerhalb der CEPT ECC FM49 für dieses Szenario bereits konkrete Bandpläne diskutiert [79,80]. In den Handlungsempfehlungen in Kapitel 7 dieses Gutachtens werden daher entsprechende Bandpläne nur für dieses Szenario entwickelt. Im Untersuchungen des Frequenzbedarfs für Breitbandanwendungen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Militär und Betreiber kritischer Infrastrukturen 50 Falle einer Entscheidung der CEPT ECC FM 49 zugunsten des 400 MHz-Bandes lassen sich die Bandpläne entsprechend modifizieren. 5.4 Stand der Diskussion Anwendungen zum Spektrumsbedarf bei militärischen In [64] wird auch ein Spektrumsbedarf von 2x15 MHz für die Bundeswehr erwähnt. Begründet wird dieser Bedarf damit, dass die derzeit bei der Bundeswehr eingeführten Funksysteme künftigen Kommunikationsanforderungen nicht in vollem Umfang erfüllen. Weiterhin wird ausgeführt, dass dieser Kommunikationsbedarf zukünftig durch hochmobile zellulare LTE-Netze im Frequenzbereich unterhalb 1 GHz gedeckt werden soll. Studien oder Publikationen, die diesen Frequenzbedarf untermauern könnten, sind leider nicht verfügbar. Aus Sicht der Gutachter macht eine deutschlandweite Zuweisung von Spektrum für eine flächendecke Versorgung eines LTE-basierten Bundeswehrnetzes nur Sinn, wenn beabsichtigt wird, ein flächendeckendes LTE-Netz durch die Bundeswehr aufzubauen. Die Finanzierung eines derartigen zellularen Netzes bleibt selbstverständlich den Beschlüssen des Gesetzgebers vorbehalten. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit eines flächendeckenden Netzes für die Bundeswehr ist folgenden Aspekten Rechnung zu tragen: Die operativen Einsatzbereiche der Bundeswehr befinden sich primär im Ausland. Für die Erfüllung dieser Aufgaben leistet ein eigenes flächendeckendes zellulares Netz wenig bis gar keine Beiträge. In diesem Zusammenhang darf angemerkt werden, dass die Bundeswehr derzeit auch über kein flächendeckendes schmalbandiges zellulares Netz verfügt und darüber hinaus in der jüngsten Vergangenheit Spektrum unterhalb 1 GHz abgegeben hat, beispielsweise in dem Frequenzband, dass jetzt für E-GSM verwendet wird. In sehr begründeten, besonderen Ausnahmesituationen kann die Bundeswehr auch im Inland eingesetzt werden (vgl. Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. August 2012 [85]). Die in diesen Ausnahmefällen zu erledigenden Aufgaben, wie beispielsweise im bisher größten Einsatz der Bundeswehr beim OderHochwasser im Jahr 1997, bei dem 30.000 Soldaten im Einsatz waren [86], sind dann vergleichbar den Aufgaben von BOS. Es ist daher in diesen Fällen eine Mitnutzung des BOS-Netzes vorstellbar. Für Ausbildungs- und Übungszwecke, z. B. in Kasernen und auf Truppenübungsplätzen, erscheint die Nutzung eines zellularen LTE-Netzes zwar sinnvoll, jedoch bietet sich auch hier eine Mitnutzung des BOS-Netzes oder zumindest des BOS-Spektrums an. Untersuchungen des Frequenzbedarfs für Breitbandanwendungen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Militär und Betreiber kritischer Infrastrukturen 5.5 51 Spektrumsbedarf für Betreiber kritischer Infrastrukturen im Energie-, Transport- und Industriebereich In seiner Stellungnahme zum Diskussionspapier „Mobile Media 2020“ [83] hat der Verband Professioneller Mobilfunk e. V. dediziertes Spektrum für breitbandige Datenapplikationen der Betreiber kritischer Infrastrukturen im Energie-, Transport- und Industriebereich gefordert. Betreiber solcher Systeme nutzen für die Sprachkommunikation und schmalbandige Datenapplikationen derzeit sowohl analoge Funksysteme sowie Digitalfunksysteme nach dem TETRA-Standard und können hierfür dediziertes Spektrum im Frequenzbereich 410 bis 430 MHz nutzen. Studien und Informationen zu den möglichen Kommunikationsszenarien und dem hierfür benötigten Bedarf an Spektrum liegen den Gutachtern nicht vor. Daher kann im Rahmen dieses Gutachtens keine abschließende Stellungnahme zum Spektrumsbedarf für Betreiber kritischer Infrastrukturen im Energie-, Transport- und Industriebereich abgegeben werden. Zur Deckung des ggf. bestehenden Spektrumsbedarfs wird empfohlen folgende Optionen eingehend zu prüfen: Option 1: Zuweisung von dediziertem Spektrum im UHF-Bereich. In Bezug auf die in Kapitel 7 vorgeschlagenen Bandpläne würde diese Option zu Lasten der Zuweisung von Spektrum für den kommerziellen Mobilfunk, BOS oder PMSE gehen. Option 2: Zuweisung von Spektrum oberhalb 1 GHz. Dieses Spektrum eignet sich insbesondere für Betreiber von Netzen kleiner Reichweite, z. B. auf einem Werksgelände. Option 3: Mitnutzung kommerzieller Mobilfunknetze für nicht kritische Anwendungen, z. B. die Übertragung breitbandiger Fahrgastinformationen in Fahrzeuge des öffentlichen Nahverkehrs. Option 4: Mitnutzung zumindest eines Teils des für BOS zugewiesenen Spektrums für kritische Anwendungen. Denkbar wäre es zum Beispiel, einen Teil des Spektrums BOS dediziert zuzuweisen und einen Teil für eine gemeinsame Nutzung mit den Betreibern kritischer Infrastrukturen bereit zu stellen. Ggf. sind auch Kombinationen aus den vorgestellten Optionen denkbar. 5.6 Fazit Für den Aufbau eines breitbandigen BOS-Netzes wird nach dem derzeitigen Stand der Untersuchungen dediziertes Spektrum in der Größenordnung von 20 bis 30 MHz benötigt. Der genaue Spektrumsbedarf wird derzeit von der CEPT ECC FM 49 ermittelt. Die bisher detailliertesten Untersuchungen gehen von einem Spektrumsbedarf von 25 MHz in Deutschland aus. Für die Spektrumsnutzung durch das Militär bzw. die Betreiber kritischer Infrastrukturen im Energie-, Transport- und Industriebereich gibt es derzeit keinen quantifizierbaren Spektrumsbedarf. Hinsichtlich der Kandidatenbänder hat von allen in Abschnitt 5.3 erwähnten Frequenzbändern das Band 694-790 MHz die größten Chancen auf eine europäische Harmonisierung der Bänder für ein breitbandiges BOS-System. Untersuchungen des Frequenzbedarfs für Breitbandanwendungen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Militär und Betreiber kritischer Infrastrukturen 52 Vor dem Hintergrund der noch nicht abgeschlossenen Ermittlung des Spektrumbedarfs für BOS und dem nicht quantifizierten Bedarf durch das Militär bzw. die Betreiber kritischer Infrastrukturen im Energie-, Transport- und Industriebereich werden im Rahmen dieses Gutachten drei Optionen, jeweils im Frequenzbereich 694-790 MHz, betrachtet und in Kapitel 7 im Gesamtkontext mit dem Spektrumsbedarf für andere Funkdienste diskutiert: Option 1: Dedizierte Zuweisung von 2 x 5 MHz im Band 694-790 MHz Option 2: Dedizierte Zuweisung von 2 x 10 MHz im Band 694-790 MHz Option 3: Dedizierte Zuweisung von 2 x 15 MHz im Band 694-790 MHz Für die Nutzung von LTE durch die Bundeswehr wird eine Mitnutzung der BOS-Frequenzen durch die Bundeswehr empfohlen. Vor dem Hintergrund dieser Mitnutzung und der möglichen weiteren Mitnutzung durch Betreiber kritischer Infrastrukturen im Energie-, Transport- und Industriebereich sowie des durch die WIK-Studie ermittelten Spektrumsbedarfs von 25 MHz werden daher die Optionen 2 und 3 durch die Gutachter präferiert. 6 Neuartige Ansätze zur gemeinsamen Spektrumsnutzung durch terrestrische TV- und Mobilfunknetze Während eine gemeinsame Nutzung des Frequenzspektrums durch PMSE-Systeme und Systeme für die terrestrische TV-Übertragung seit Jahrzehnten erfolgt, ist eine gemeinsame Spektrums-Nutzung durch terrestrische Rundfunk- und Mobilfunknetze bisher unbekannt. Vor dem Hintergrund von Empfehlungen der WRC 2012 zur Untersuchung von ko-primärer Spektrums-Nutzung scheint es an der Zeit zu sein, mittels neuer Konzepte das Miteinander unterschiedlicher Systeme im selben Frequenzspektrum zum Gegenstand von Forschung und Entwicklung zu machen. Daher verfolgt das Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig seit Jahren zwei unterschiedliche Forschungsrichtungen. Zum einen geht es dabei um Dynamic Broadcast, bei dem die terrestrische TV-Übertragung in der klassischen Form, z. B. mittels DVB-T oder DVB-T2 weiterhin erhalten bleibt, jedoch nicht mehr zu jeder Zeit alle die bisher dem Fernsehen zugewiesenen Kanäle nutzt. Zum anderen geht es um die Nutzung von bisher für die terrestrische TV-Übertragung verwendeten Sendernetzen als Erweiterung von zellularen (LTE-Advanced-) Services. Dieses Verfahren wird als „Tower Overlay“ bezeichnet, womit die aus der Welt des Mobilfunks bekannte Begrifflichkeit „High Power / High Tower“ übernommen wird. 6.1 Tower-Overlay für LTE-Netze Motiviert durch die Zunahme des Datenvolumens innerhalb der Mobilfunknetze und der Entscheidung auf der diesjährigen Weltfunkkonferenz (WRC 2012) zur Forderung nach koprimärer Nutzung des 700 MHz-Bandes (694-790 MHz) durch den Mobilfunk und den terrestrischen TV-Rundfunk im Anschluss an die nächste Weltfunkkonferenz in Jahre 2015 entstand das Konzept des Tower-Overlay für LTE-Netze. Dessen Zielsetzungen lauten wie folgt: 1. Effizienteste Nutzung der dem Mobilfunk zur Verfügung stehenden Frequenzressourcen für den Fall der Übertragung speziell von Video, um den Frequenzbedarf der Mobilfunknetzbetreiber reduzieren zu können. 2. Reduzierung der Bereitstellungskosten der über Mobilfunknetzwerke zur Verfügung gestellten (Medien-) Inhalte. 3. Vermeidung der Mehrfachübertragung von Live-Video in zellularen Mobilfunknetzen 4. Nutzung von bisher durch Broadcast genutzten Infrastrukturen zur Adressierung von LTE-Advanced Endgeräten. 6.1.1 Effiziente Spektrumsnutzung durch den Einsatz von Punkt-zu-Multipunkt Übertragung (Point-to-Multipoint - P2MP) In heutigen Mobilfunknetzen werden bisher sämtliche Übertragungen von Nutzdaten mit Hilfe separater, nutzerspezifischer Punkt-zu-Punkt-Verbindungen (P2P) zu den einzelnen Neuartige Ansätze zur gemeinsamen Spektrumsnutzung durch terrestrische TV- und Mobilfunknetze 54 Endgeräten realisiert. Dabei belegt jede einzelne Verbindung einen Teil der zur Verfügung stehenden spektralen Ressourcen innerhalb eines Mobilfunkkanals. Dies hat zur Folge, dass im Falle identischer Daten, die von verschiedenen Nutzern gleichzeitig oder innerhalb eines bestimmten (kurzen) Zeitraumes angefordert werden, diese mehrmals übertragen werden müssen und somit mehrfach Ressourcen auf dem Funkkanal belegen. In Anbetracht des z. B. in der Cisco VNI Mobile Studie 2012 [33] prognostizierten dramatischen Anstiegs der Videonutzung auf mobilen Endgeräten ist davon auszugehen, dass dieser in zunehmendem Maße durch den Konsum von Live-Video erfolgen und so die Mobilfunknetze belasten wird. Die durch die Mehrfachübertragung identischer Daten verursachte Redundanz kann durch den gezielten Einsatz von Punkt-zu-Multipunkt-Übertragungen (P2MP) verhindert werden. Dabei werden mit Hilfe eines einzelnen Datenstromes mehrere Nutzer innerhalb eines Versorgungsgebietes mit den angeforderten Daten versorgt. Während die benötigten Frequenzressourcen für einzelne Punkt-zu-Punkt-Übertragungen mit der Anzahl der Nutzer skalieren, sind diese bei P2MP-Übertragungen davon vollkommen unabhängig. Die P2MP-Übertragung ist für Live-Übertragungen, wie z.B. Live-TV, Radio, Live-Streams aus dem Internet, etc. besonders vorteilhaft. Diese werden von allen Nutzern (nahezu) gleichzeitig konsumiert. Hierzu gehören Programme mit hohen Zuschauermarktanteilen (Radio und TV) und Events mit hohem allgemeinem Interesse, wie z.B. große Sportveranstaltungen und Nachrichtensendungen. Zum Beispiel konnten die Olympia Live Angebote über die Internetplattformen der ARD und des ZDF zu den Olympischen Spielen in London 2012 eine sehr hohe Zuschaueranzahl verbuchen [88]. Sollte entsprechend dem in Abschnitt 2.3.3 dargestellten Szenario die Ausstrahlung von Live-TV über die BroadcastSendernetze eingestellt werden, wird voraussichtlich die Übertragung von Live-Video innerhalb der Mobilfunknetze eine noch wichtigere Rolle spielen, da dann nur noch darüber die Zuschauerinnen und Zuschauer erreicht werden können, die derzeit noch per USB-TVEmpfänger, über DVB-T-Empfänger im Fahrzeug etc. erreicht werden können. Es ist also zu befürchten, dass ohne eine innovative Erweiterung der Mobilfunknetze die Live-Video-Inhalte im P2P-Verfahren mehrfach übertragen werden müssen. Hier hilft auch eine Einführung der für LTE spezifizierten Erweiterung eMBMS nur wenig weiter. Auch eMBMS setzt auf (kleine) Mobilfunkzellen und erlaubt keine Provider-übergreifende Übertragung. Konkret heißt das, dass im Extremfall selbst nach einer Einführung von eMBMS jeder der vier Netzbetreiber in Deutschland in jeder Netzzelle denselben Live-Video-Inhalt parallel bereitstellen muss. Der Umstieg auf eine effektive P2MP-Lösung - vor allem für Fernsehprogramme mit hohen Marktanteilen – ist also unerlässlich. 6.1.2 Effiziente P2MP Übertragung innerhalb von Mobilfunknetzen durch den Einsatz eines Tower-Overlays Ein weiterer Nachteil von eMBMS ist die in der Spezifikation vorgegebene Koexistenz dieses Dienstes mit P2P-Daten innerhalb eines gemeinsamen Trägers. Grund hierfür ist das Ziel, jederzeit eine simultane Nutzung von P2MP und P2P zu gewährleisten, so dass z.B. auch während des Konsums von Live-TV über eMBMS der gleichzeitige Empfang eines eingehenden Telefonats ermöglicht wird. Im Zuge dessen können nur bestimmte Bereiche Neuartige Ansätze zur gemeinsamen Spektrumsnutzung durch terrestrische TV- und Mobilfunknetze 55 (subframes) eines LTE-Trägers für eMBMS verwendet werden, was die Effizienz von eMBMS durch folgende Punkte stark einschränkt: LTE-Träger können nicht effektiv für eine dedizierte eMBMS Übertragung verwendet werden, da maximal 60 % der verfügbaren Ressourcen für solche Dienste zur Verfügung stehen. Die restlichen Ressourcen müssen in solchen Szenarien für P2PVerbindungen reserviert werden. Die Übertragung von eMBMS ist an die mehr oder weniger kleinzellige Infrastruktur der Mobilfunknetze gebunden, deren Betrieb im Vergleich zu einer klassischen Broadcast-Infrastruktur, bestehend aus wenigen leistungsfähigen Sendern mit einem z. B. für Deutschland typischen Abstand von etwa 60 km, kostenintensiver ist ([89], [90], [91]). Mit dem Ziel, eine möglichst effiziente P2MP-Verteilung, insbesondere von LiveMedieninhalten, zu LTE-Endgeräten zu erreichen, entstand das Konzept des Tower Overlay (Abbildung 6-1). Dabei werden dedizierte P2MP-Träger, welche ausschließlich P2MP-Daten beinhalten, mit Hilfe von leistungsstarken Sendern, wie sie bisher ausschließlich für die terrestrische TV-Verbreitung Verwendung finden, ausgestrahlt. Gewöhnliche LTE Zellen P2MP Tower Overlay Abbildung 6-1: Konzept eines Tower-Overlays für LTE Der hier vorgestellte Ansatz ermöglicht im Vergleich zu kleinzellularen Netzen eine kostengünstigere Übertragung von populären Inhalten innerhalb von Mobilfunknetzen. Für den dafür notwendigen dedizierten Träger existieren Ansätze im LTE Standard der 3GPP (3rd Generation Partnership Project) [92], sowie Studien über mögliche spezifische Trägerstrukturen [93]. Um weiterhin den gleichzeitigen Empfang von P2P- und P2MP-Daten zu sichern, wird u. a. eine Technik verwendet, welche zusammen mit LTE-Advanced, der Erweiterung von LTE, ohnehin Einzug halten dürfte. Dabei handelt es sich um die sogenannte Carrier Aggregation, die Bündelung von bis zu 5 LTE-Trägern aus möglicherweise ganz unterschiedlichen Frequenzbereichen zu einem Gesamtträger, der die gesamte zur Verfügung stehende Datenrate innerhalb einer Zelle erhöht. Somit werden normale LTE Träger mit den dedizierten P2MP-Trägern gebündelt, um die gleichzeitige Verfügbarkeit von P2P- und P2MP-Diensten zu gewährleisten. Mittels geeigneter Signalisierung auf den LTE-Trägern Neuartige Ansätze zur gemeinsamen Spektrumsnutzung durch terrestrische TV- und Mobilfunknetze 56 besitzen Endgeräte die Kenntnis über die Existenz und die genaue Lokalisation dieser P2MP-Träger. Die vom Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig verfolgte innovative Idee ist es, Carrier Aggregation nicht etwa auf die Nutzung unterschiedlicher Träger innerhalb eines klassischen zellularen Netzwerks zu beschränken, sondern auch Träger einzubinden, die der großflächigen Versorgung dienen. Abbildung 6-2 beschreibt dabei ein mögliches Szenario mit einem lokalen LTE Träger mit Signalisierungsinformationen und nutzerspezifischen Daten, welche per Unicast übertragen werden, sowie der Aggregation eines für P2MP-Dienste dedizierten Trägers [94]. f LTE - Lokaler Träger (primär) z.B. 2600 MHz … … P2MP Träger (sekundär) … z.B. 700 MHz t Trägerübergreifende Signalisierung Engmaschiges Netz für Unicast Dienste (P2P): • VoIP • Web • M2M • Gaming • … Große Versorgungsflächen für P2MP-Dienste: • Mobile Video • Radio • Populäre Datendienste • … Abbildung 6-2: Mögliches Szenario für die Aggregation verschiedener LTE-Träger Um die Gesamtzahl der Mobilfunknutzer innerhalb der gesamten Versorgungsfläche eines Tower-Senders Provider-unabhängig mit populärem Inhalt versorgen zu können, sollten sich die Mobilfunknetzbetreiber auf eine Möglichkeit der providerübergreifenden Nutzung eines solchen P2MP-Trägers einigen. Es erscheint beispielsweise nicht sinnvoll, dass die vier nationalen Netzbetreiber jeweils ihre eigenen Live-TV-Angebote ausstrahlen, wenn doch mit Hilfe eines gemeinsam genutzten Tower Overlay der Gesamtbedarf an Spektrum weiter reduziert werden könnte. Eine entsprechende Zusammenarbeit und Koordination zwischen den Mobilfunknetzbetreibern ist somit von erheblicher Bedeutung, um vorhandene Ressourcen möglichst effizient zu nutzen und den Bedarf an weiterem Frequenzspektrum zu reduzieren. Betrachtet man zusätzlich die Reduktion der Betriebskosten, die unter Verwendung eines Tower-Overlay möglich wären, in Verbindung mit dem prognostizierten Anstieg des zukünftigen Datenverkehrs (In Mobilfunknetzen skalieren die Kosten mit dem Datenaufkommen), werden Mobilfunknetzbetreiber nicht umhin kommen, Konzepte zu verfolgen, mit denen die eigenen Betriebskosten minimiert werden können. 6.1.3 Nutzung bestehender Broadcast-Technik für den Tower Overlay Die Realisierung eines Tower Overlay kann z.B. mit Hilfe von DVB-T2 realisiert werden. Dieser aktuelle digitale Rundfunkstandard bietet mit den so genannten Future Extension Frames (FEF) die Möglichkeit, Systemerweiterungen innerhalb eines DVB-T2 Datenträgers im Zeitmultiplex einzubetten [95]. Diese Frames können also entweder dafür verwendet werden, den DVB-T2 Standard um neue Broadcast-spezifische Dienste zu erweitern, oder Neuartige Ansätze zur gemeinsamen Spektrumsnutzung durch terrestrische TV- und Mobilfunknetze 57 aber auch dazu, andere Funkstandards, wie z.B. einen dedizierten P2MP Träger für LTE, einzubetten. Entsprechende Rundfunk- als auch Mobilfunk-Endgeräte sind durch geeignete Signalisierung in der Lage, das DVB-T2-Signal nur innerhalb der Zeitabschnitte zu decodieren, in denen eine ihrem Standard entsprechende Ausstrahlung stattfindet. Ein LTEfähiges Smartphone muss somit nicht mit einem zusätzlichen DVB-T2 Empfänger ausgestattet werden sondern kann P2MP-Inhalte als LTE-Signale empfangen. Abbildung 6-3 zeigt das aus Abbildung 6-2 bekannte und erweiterte System. Mit Hilfe eines an einem Sender installierten hybriden Modulators werden die Daten der beiden Standards - DVB-T2 und LTE - im Zeitmultiplex auf einen gemeinsamen Träger moduliert. f LTE - Lokaler Träger … z.B. 2600 MHz … … z.B. 700 MHz DVB‐T2‐ Modulator T2‐ Data LTE P2MP‐ Modulator LTE‐ P2MP DVB‐T2 + P2MP DVB-T2/P2MP Träger … t T2‐ T2‐ T2‐ P2MP P2MP P2MP Data Data Data Hybrider Modulator Trägerübergreifende Signalisierung Abbildung 6-3: Beispiel einer Carrier Aggregation eines LTE-Downlink-Signals in einen DVBT2-Träger Der Anteil der im DVB-T2-Signal für LTE verfügbaren Ressourcen kann variiert werden. Somit kann man den verschiedenen Ansprüchen an die jeweils benötigten Datenraten beider Standards gerecht werden und im Extremfall das DVB-T2-Signal (nahezu) komplett für einen LTE-Tower Overlay nutzen. Mit den DVB-T2 Future Extension Frames bietet sich also eine Möglichkeit der ko-primären Frequenznutzung durch den terrestrischen TV-Rundfunk bis hin zu einer reinen DownlinkLösung eines Tower-Overlays für LTE. Die verfügbaren Ressourcen eines Trägers können dabei variabel unter den beiden Funkstandards aufgeteilt werden. Zusätzlich können beide Seiten durch die gemeinsame Nutzung einer einzigen Tower-Infrastruktur von der dadurch erzielten Teilung der Betriebskosten profitieren. Das Ziel der ko-primären Spektrumsnutzung ist erreichbar. 6.1.4 Zusammenfassung Die Effizienz von Mobilfunksystemen kann durch den Einsatz von P2MP in der Bereitstellung von Medieninhalten optimiert werden. Gegenüber nutzerspezifischen P2P-Verbindungen kann die Übertragung mehrfach angeforderter Daten auf dedizierten P2MP-Trägern die dafür insgesamt benötigten Funkressourcen reduzieren. Die Bereitstellung dieser Träger kann mit Hilfe einer Tower-Infrastruktur deutlich günstiger realisiert werden, als dies mit Hilfe von eMBMS innerhalb eines engmaschigen zellularen Netzes möglich ist. Um genauere Aussagen in Bezug auf eine Verbesserung der Spektrumseffizienz durch P2MP und die Neuartige Ansätze zur gemeinsamen Spektrumsnutzung durch terrestrische TV- und Mobilfunknetze 58 Kostenreduktion durch ein Tower-Overlay treffen zu können, ist eine Weiterentwicklung des vom Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig vorgeschlagenen Konzeptes erforderlich. Ideal wäre eine Weiterentwicklung in Zusammenarbeit mit Mobilfunknetzbetreibern. Durch eine entsprechende Kooperation der vier deutschen Netzbetreiber, mit einem gemeinsamen Zugriff auf einen einzigen P2MPTräger, könnte in Deutschland die Leistungsfähigkeit eines P2MP Tower-Overlays weiter gesteigert werden. 6.2 Dynamic Broadcast Geht man davon aus, dass auch zukünftig die terrestrische TV-Verteilung entsprechend dem in Abschnitt 2.3.2 beschriebenen Szenario erhalten bleibt, so ergeben sich mittels des vom Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig entwickelten Systems „Dynamic Broadcast" dennoch Möglichkeiten zur ko-primären Nutzung von Frequenzspektrum. Die Übertragung von TV-Inhalten erfolgt hierbei nicht mehr ausschließlich über ein terrestrisches TV-Sendernetz, sondern alternativ auch über ein separates Breitbandnetz. Ziel ist es, durch neuartige Verfahren für die Übertragung von Medieninhalten eine möglichst effiziente Nutzung des terrestrischen Fernsehspektrums zu erreichen. Dynamic Broadcast steht also für eine mögliche Zukunft des Fernseh-Rundfunks. Fernsehempfänger besitzen einen Tuner für den terrestrischen TV-Empfang per DVB-T und/oder DVB-T2, sind gleichzeitig mit dem Breitband-Internet verbunden und besitzen eine eingebaute Computerfestplatte. Nun müssen nicht mehr alle Rundfunkinhalte Live über das terrestrische Sendernetz ausgestrahlt werden. Ziel ist es, den TV-Programmanbietern weiterhin die Möglichkeit zu erhalten, TV-Programme wie bisher anzubieten und gleichzeitig den Zuschauerinnen und Zuschauern das gewohnte Fernseherlebnis zu bewahren, dafür jedoch weniger Frequenzspektrum und weniger elektrische Energie einzusetzen. Dynamic Broadcast ermöglicht die Verteilung von TV-Programmen über die Kombination von terrestrischen Sender- und von Breitbandnetzen. Hier werden manche Inhalte in Echtzeit, andere vor dem eigentlichen Sendezeitpunkt übertragen – in Echtzeit oder zeitlich komprimiert. Diese Inhalte werden auf der Festplatte des Empfängers aufgezeichnet und stehen zur Ausspielung nach entsprechender Signalisierung durch den Programmanbieter bereit. Sie können auch vielfach genutzt werden, wenn – wie heute nicht unüblich – Inhalte z. B. am Folgetag wiederholt werden. Dynamisch verändert werden auch die Programmmultiplexe auf den unterschiedlichen Übertragungskanälen, die Belegung von Senderfrequenzen und die Leistungsmerkmale der TV-Sender. Das Playout- und NetworkManagement bietet Lösungen für die Signalisierung der vielfältigen, dynamisch veränderten Parameter zum Endgerät. Das Endgerät für Dynamic Broadcast besitzt neben Empfangstunern für das Digitale Fernsehen einen Internetzugang und eine eingebaute Computerfestplatte. Mittels einer komplexen Steuersoftware ermöglicht das Endgerät die Darstellung von Fernsehprogrammen in der heute üblichen Art, obwohl die dargestellten Inhalte teils über die Neuartige Ansätze zur gemeinsamen Spektrumsnutzung durch terrestrische TV- und Mobilfunknetze 59 Empfangstuner, teils über den Internetzugang und teils von der Festplatte bereitgestellt werden. Die Umschaltung zwischen diesen Empfangswegen erfolgt mittels Signalisierungsinformationen, die über die Übertragungswege geliefert werden. Im Dynamic Broadcast wird das Frequenzspektrum dann nicht mehr permanent für die Fernsehausstrahlung benötigt. Zeitweilig kann es für die (Sekundär-) Nutzung durch unabhängige drahtlose Breitbandnetze freigegeben werden. Um dem Sekundärnutzer freies Spektrum zu signalisieren, werden u.a. dynamische Spektrums-Datenbanken eingesetzt. Abbildung 6-4 zeigt den Aufbau eines Dynamic-Broadcast-Systems. Abbildung 6-4: Dynamic-Broadcast-Systemübersicht Die temporäre Vergabe eines bestimmten Anteils des Spektrums kann dabei zum Ziel der Systemoptimierung durch die Netzlogik gemacht werden, wodurch Sekundärnutzern Planungssicherheit bei der Implementierung eigener Funknetz-Dienste geboten wird. Dazu werden ihnen unter anderem Informationen über die freien Spektrums-Ressourcen einschließlich deren Verfügbarkeitsdauer zur Verfügung gestellt. Diese Signalisierung freier Frequenzen kann dabei sowohl über das terrestrische Sendernetz als auch über ein Netzwerk, zum Beispiel mittels eines Datenbanksystems, erfolgen. Störungen durch Interferenzen können dadurch vermieden werden, dass die nun entstehenden „weißen Flecken“ im Spektrum, die international als „White Spaces" bezeichnet werden, kontrolliert erzeugt und zugewiesen werden. Dadurch kann die Betriebssicherheit der beiden koexistierenden Netze ("Fernsehrundfunk" und "Drahtloses Internet") sichergestellt werden. Das gesamte System wurde erstmalig im Rahmen der IFA 2012 im Betrieb vorgestellt. Es existieren umfangreiche Veröffentlichungen, die alle Aspekte der Lösung beschreiben, z. B.: [96], [97], [98], [99], [100]. 7 Empfehlungen und Handlungsoptionen Das vorliegende Gutachten befasst sich mit der Untersuchung der zukünftigen Frequenzbedarfe des terrestrischen Fernsehens und des Mobilfunkdienstes sowie weiterer Funknutzungen im Frequenzband 470-790 MHz sowie mit der Bewertung von Optionen zur Verteilung der Frequenznutzungen unter sozio-ökonomischen und frequenztechnischen Gesichtspunkten, insbesondere im Teilfrequenzband 694-790 MHz. Ausgangspunkt war das Diskussionspapier „Mobile Media 2020“ des BMWi, in dem vier verschiedene Optionen für die zukünftige Nutzung der Frequenzbereiche 470-790 MHz genannt werden: Option 1: Beibehaltung des Status Quo im Frequenzbereich 470-790 MHz bis 2025 Option 2: Vergabe des Frequenzteilbereichs 694-790 MHz an den kommerziellen Mobilfunkdienst ab 2016 Option 3: Kollaborative Nutzung der Frequenzen sowohl durch den terrestrischen Rundfunk (Dynamic Broadcasting) als auch durch alternative Nutzer (LTE, LTE-Mil. LTE-BOS, PMSE,…) mit dem Ziel einer Commonly Used Network Structure (CUNST) Option 4: Rundfunk verzichtet infolge veränderter Rahmenbedingungen auf Terrestrik. Im Gutachten wurden zunächst die Anforderungen und Rahmenbedingungen unterschiedlicher Nutzer untersucht und daraus deren Frequenzbedarf im UHF-Bereich abgeleitet. Die wesentlichen Schlussfolgerungen sind: Terrestrisches Fernsehen: Es werden drei mögliche Szenarien entwickelt, von denen nur das Szenario „Umstieg von DVB-T auf DVB-T2“ und das Szenario „Ausstieg aus der terrestrischen TV-Verbreitung“ als realistisch angesehen werden. Diese beiden Szenarien, die den Optionen 2 (jedoch nur teilweise), 3 (auch hier nur teilweise) und 4 des Diskussionspapiers entsprechen, werden im Folgenden betrachtet. PMSE: Für den Fall, dass das Szenario „Ausstieg aus der terrestrischen TVVerbreitung“ zum Tragen kommt, benötigt PMSE die Zuweisung dedizierten Spektrums. Kommerzieller Mobilfunk: Die Zuweisung von Spektrum im UHF-Bereich würde sowohl einen Beitrag zur Deckung des prognostizierten Gesamt-Spektrumsbedarfs liefern als auch die Versorgung ländlicher Gebiet mit Breitbandanschlüssen unterstützen. BOS: Es wird dediziertes Spektrum in der Größenordnung von 2x5 MHz bis 2x15 MHz benötigt, das aufgrund der größeren Chancen für eine europäische Harmonisierung idealerweise im 700MHz-Band liegen sollte. Militär und Betreiber kritischer Infrastrukturen: Hierfür gibt es derzeit keinen quantifizierten Spektrumsbedarf. Dieser Bedarf muss ggf. aus dem für den kommerziellen Mobilfunk bzw. BOS vorgesehenen Spektrumsbereich gedeckt werden. Empfehlungen und Handlungsoptionen 61 Basierend auf diesen Erkenntnissen wurden verschiedene Szenarien identifiziert und für diese Szenarien jeweils konkrete Bandpläne entwickelt, die auch den für die einzelnen Nutzer teilweise ermittelten Unsicherheiten Rechnung tragen. Zwei Szenarien mit jeweils drei bzw. vier Bandplan-Varianten werden im Folgenden diskutiert. Szenario 1: Umstieg von DVB-T auf DVB-T2. Sollte ein Umstieg von DVB-T auf DVB-T2 erfolgen, so kann ab ca. 2018 in den Ballungsräumen und ab ca. 2020 bundesweit ein Teil des 700-MHz-Bandes für andere Dienste genutzt werden, sofern eine Koordinierung mit dem Ausland erfolgreich verläuft. Im Zuge einer Umnutzung müssen hunderte TV-Sendeanlagen verändert werden. Die Belange der Kabelnetzbetreiber, in deren Netzen in dem betrachteten Frequenzbereich sowohl TVals auch Internetdienste betrieben werden, sind zu berücksichtigen. Betreiber von PMSESystemen benötigen Frequenzzuweisungen außerhalb des UHF-Bandes. Das Gutachten schlägt für dieses Szenario Bandpläne unter Berücksichtigung von Mobilfunkdiensten und Diensten der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) vor, in denen insbesondere auch Koexistenz-Bedingungen zwischen unterschiedlichen Funknutzungen berücksichtigt werden. Abhängig vom noch zu ermittelnden Spektrumsbedarf für BOS (2x5 MHz, 2x10 MHz oder 2x15 MHz) werden in Abbildung 7-1 drei Varianten für Bandpläne mit unterschiedlicher Nutzung durch BOS bzw. den kommerziellen Mobilfunk vorgeschlagen, wobei von einer Duplexlücke zwischen UL und DL von 9 MHz ausgegangen wird. Unter Beachtung der möglichen Schutzabstände am oberen bzw. unteren Ende des Frequenzbandes kann damit eine möglichst effiziente Nutzung des Spektrums erreicht werden. Abhängig vom Frequenzbedarf für die Betreiber kritischer Infrastrukturen können sich die für BOS bzw. den kommerziellen Mobilfunk vorgesehenen Bandbreiten noch verändern. Bei diesem Szenario wird eine kooperative Nutzung des Frequenzbandes 470-694 MHz vorgeschlagen. Das Gutachten stellt in Kapitel 6 Forschungsansätze vor, mittels derer das immer drängender werdende Problem der ko-operativen bzw. ko-primären Nutzung von terrestrischen Frequenzen für Rundfunk- und Mobilfunkdienste gelöst werden kann und plädiert für Forschungs- und Entwicklungsförderung auf diesem wichtigen Feld. Empfehlungen und Handlungsoptionen 62 Digitale Dividende II Legende Rundfunk Mobilfunk BOS DuplexLücke MHz 680 Mobilfunk 35 MHz UL 700 720 791 751 756 Mobilfunk 35 MHz DL 5 MHz 742 702 707 49 9 MHz 48 5 MHz 47 694 686 Vorschlag 1: 740 760 Mobil DL 780 800 MHz 48 680 700 720 791 761 751 742 702 712 Mobilfunk 30 MHz UL BOS 10 MHz 49 Mobilfunk 30 MHz DL BOS 10 MHz 9 MHz 47 694 686 Vorschlag 2: 740 760 Mobil DL 780 800 MHz 680 48 700 BOS 15 MHz Mobilfunk 25 MHz UL 720 740 BOS 15 MHz 760 791 766 751 742 717 702 49 9 MHz 47 694 686 Vorschlag 3: Mobilfunk 25 MHz DL 780 Mobil DL 800 Abbildung 7-1: Bandpläne für unterschiedliche Varianten der Nutzung durch die BOS bzw. den kommerziellen Mobilfunkdienst Empfehlungen und Handlungsoptionen 63 Szenario 2: Ausstieg aus der terrestrischen TV-Verteilung Für den Fall eines Ausstieges aus der terrestrischen TV-Verteilung, der unter bestimmten Umständen bereits 2019 abgeschlossen sein könnte, werden Bandpläne für vier Varianten vorgestellt. Die Betreiber von PMSE-Systemen benötigen in diesem Fall für sie reservierte Frequenzbereiche. Für die Übertragung von Live-Video zu portablen und mobilen, auch in Fahrzeuge fest verbauten, Empfangsgeräten müssen innovative Lösungen jenseits heutiger Mobilfunkstandards gefunden werden. Dabei sollte die Übertragung von Live-Video außerhalb der von Mobilfunknetzbetreibern in ihren Kunden-Verträgen vorgegebenen DatenVolumen-Grenzen ermöglicht werden und evtl. mit einer Must-Carry-Verpflichtung verbunden sein u. v. a. m. Das in Kapitel 6.1 dieses Gutachtens vorgestellte Tower-Overlay-Konzept stellt eine Möglichkeit zur Umsetzung dieser Verpflichtung dar. Die vier betrachteten Varianten berücksichtigen unterschiedlich große Zuweisungen für PMSE jeweils mit bzw. ohne dediziertes Spektrum für die Realisierung eines Tower-Overlay-Konzeptes. Die vier Varianten sind in den Abbildungen 7-2 bis 7-5 dargestellt. In Szenario 2 erweist sich eine Duplexlücke von 10 MHz als vorteilhafter. Um Störungen durch Nebenaussendungen durch LTE-Endgeräte soweit wie möglich zu reduzieren, wird PMSE ein zusammenhängender Spektrumsblock zugewiesen, der lediglich durch die Zuweisung der Bänder für die Radioastronomie unterbrochen wird. In den Duplexlücken könnten evtl. weitere PMSE-Nutzungen vorgesehen werden. Darüber hinaus wäre zu untersuchen, welche White Spaces in den von kommerziellen Mobilfunkdiensten genutzten Frequenzbereichen vorhanden sind und wofür diese genutzt werden können. Um derartige Nutzungen zu ermöglichen, wären Spektrumsmasken vor allem in den LTE-Endgeräten, die die Nebenausendungen besser unterdrücken, von Vorteil. In Szenario 2 ist für BOS ein Block von 2x15 MHz im 700MHz-Band vorgesehen. Dieser Spektrumsbedarf stellt die Obergrenze der in Kapitel 5 diskutierten Spektrumsbedarfe dar. Empfehlungen und Handlungsoptionen 64 Abbildung 7-2: Szenario Fernsehübertragung 1 der Bandbelegung bei Einstellung der terrestrischen Abbildung 7-3: Szenario Fernsehübertragung 2 der Bandbelegung bei Einstellung der terrestrischen MHz 8 MHz PMSE 16 MHz Mobilfunk 50 MHz UL 640 620 660 PMSE 20 MHz 700 Mobilfunk 50 MHz DL 720 740 790 775 725 620 715 600 BOS 15 MHz UL 680 614 8 MHz 606 590 580 650 TowerOverlay 16 MHz PMSE 20 MHz 600 560 PMSE 16 MHz 700 540 634 520 614 500 606 480 Mobilfunk 55 MHz DL 10 MHz Mobilfunk 55 MHz UL MHz 65 535 525 10 MHz 470 Empfehlungen und Handlungsoptionen BOS Mobil 15 MHz DL DL 760 780 800 Legende & Zusammenfassung 36 MHz PMSE 2 * 105 MHz Mobilfunk 2 * 15 MHz BOS 2 * 10 MHz DuplexLücke 16 MHz TowerOverlay MHz 600 620 614 terrestrischen Mobilfunk 50 MHz DL 720 740 790 775 725 620 BOS 15 MHz UL 700 der PMSE 20 MHz 715 650 680 Einstellung 600 700 580 Mobilfunk 50 MHz UL 660 8 MHz PMSE 26 MHz 560 TowerOverlay 16 MHz 640 606 580 540 634 PMSE 20 MHz bei 10 MHz 8 MHz PMSE 26 MHz Bandbelegung Mobilfunk 50 MHz DL 520 614 500 606 480 der 530 520 Mobilfunk 50 MHz UL MHz 3 10 MHz 470 Abbildung 7-4: Szenario Fernsehübertragung BOS Mobil 15 MHz DL DL 760 780 800 Legende & Zusammenfassung 42 MHz 46 PMSE 2 * 100 105 MHz Mobilfunk 2 * 15 MHz BOS 2 * 10 MHz DuplexLücke 16 MHz TowerOverlay Abbildung 7-5: Szenario Fernsehübertragung 4 der Bandbelegung bei Einstellung der terrestrischen Literatur [1] Reimers, U. 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