Stolpersteine bei der Visavergabe

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Stolpersteine bei der Visavergabe
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S pec ia l : China
AB-Spe c ial 0 9 : 2 0 1 5
Stolpersteine bei der Visavergabe
Die chinesische Regierung nutzt die neuen Visaregelungen als umfassendes Werkzeug,
um den Arbeitsmarkt und die lokale Wirtschaft zu schützen. Denn der administrative
und der finanzielle Aufwand machen eine Zusammenarbeit mit Firmen aus dem
Ausland für alle Seiten weniger attraktiv.
Von Nils Seibert und Thomas Vogt-
::: China ist als zweitgrößte
Volkswirtschaft der Welt einer der
wichtigsten Handelspartner deutscher Firmen. Grenzüberschreitende
Dienstleistungen spielen dabei eine
immer größere Rolle. Mitarbeiterentsendungen von Deutschland nach
China waren in der Vergangenheit
für einen Entsendezeitraum von
bis zu 90 Tagen relativ einfach. Der
Erlass eines ministeriellen „Rundschreibens zum relevanten Bearbeitungsverfahren für Ausländer, die
China zwecks Erfüllung kurzzeitiger
Arbeitsaufträge betreten“, anwendbar seit Januar dieses Jahres, bringt
nun einen Verwaltungsaufwand mit
sich, der bestimmte Arten von Entsendungen in Zukunft aufwendiger
und teurer machen wird.
meier
Bei Mitarbeiterentsendungen kam
bisher prinzipiell die Beantragung
von M-Visa (Geschäftsvisa), F-Visa
(nicht kommerzielle Aufenthalte), ZVisa (Arbeitsvisa) und von J1- und J2Visa für Journalisten in Betracht. Das
M- und Z-Visum sind für deutsche
Unternehmen die gebräuchlichsten
Visatypen. Ein M-Visum kann prinzipiell kurzfristig und unproblematisch beantragt werden.
Für die Beantragung eines Z-Visums, das zur Einreise zwecks
Aufnahme einer Arbeitstätigkeit mit Arbeitserlaubnis berechtigt, müssen lokal unterschiedlich geregelte Anforderungen
an die Qualifikation des Mitarbeiters erfüllt werden. So sind
oft ein Hochschulabschluss, eine zweijährige Berufserfahrung und ein Mindestalter von 27 Jahren nötig. Der hohe administrative Aufwand, die damit verbundenen Kosten und die
Qualifikationsanforderungen verhindern in der Praxis nicht
selten eine erfolgreiche Beantragung. Für Mitarbeiterentsendungen über nur wenige Monate versuchen Unternehmen
meist eine Konstellation zu finden, die die Beantragung von
Z-Visa vermeidet.
Ein Z-Visum war bei Mitarbeiterentsendungen bis Ende
vergangenen Jahres nur erforderlich, wenn ein Arbeitsauf-
enthalt für dasNicht alle Business-Reisende nach
selbe Projekt für
China haben es schwer: Ein Geschäftseine Gesamtdauer
visum lässt sich im Vergleich zu einem
von mindestens 90
Arbeitsvisum relativ leicht beschaffen.
Tagen notwendig
wurde. Keine Rolle spielt es dabei, wenn der Aufenthalt zeitlich immer wieder
unterbrochen wird. Bei einer Anstellung mit einem lokalen
Arbeitsvertrag, beispielsweise bei einem verbundenen Unternehmen mit Sitz in China, ist bereits vom ersten Tag an
ein Z-Visum erforderlich. Das Rundschreiben führt eine ZVisapflicht auch für Aufenthalte kürzer als 90 Tage ein. Da
sich die Visaanforderungen an kurzzeitige Arbeitseinsätze
von denen unterscheiden, die bei längeren Einsätzen gelten,
wird im Folgenden von „Kurzzeit-Z-Visa“ gesprochen.
Bild: Zhao yian Kang, Shutterstock
Erschwerte Entsendungen
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Das Rundschreiben sieht vor, dass bei den folgenden Tätigkeiten ein Kurzzeit-Z-Visum beantragt werden muss:
• Erfüllung bestimmter technischer, wissenschaftlicher
Forschungs-, Management- oder Leitungstätigkeiten
bei Kooperationspartnern in China
• Filmdrehs
• Ausführung von Training in einer Sporteinrichtung in
China (umfasst Trainer und Athleten)
• Durchführung einer Modeshow
• Darbietungen mit Auslandsbezug, die einen
kommerziellen Charakter haben
Die Aufzählung ist nicht abschließend. Es
können auch andere Tätigkeiten von der zuständigen Abteilung für Personalwesen und Soziale
Sicherheit einbezogen werden. Erfreulicherweise enthält das Rundschreiben auch einen Katalog
mit Ausnahmetatbeständen, bei deren Vorliegen
die Beantragung eines M-Visums genügt. Dazu
zählen unter anderem Montagetätigkeiten, die
Leitung, Überwachung oder Inspektion eines
Projektes in China, das durch Ausschreibung
gewonnen wurde, sowie die Entsendung an
Zweigniederlassungen, um kurzzeitige Arbeiten
zu erledigen.
Beachtet werden sollte, dass sogenannte
­Huckepack-Entsendungen, also Entsendungen
von Mitarbeitern im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung im Zusammenhang mit dem
Verkauf von Maschinen oder Ausrüstungsgegenständen, nicht unter die vorgenannten Montagetätigkeiten fallen.
Für die Beantragung eines Kurzzeit-Z­Visums ist durch das kooperierende chinesische
Unternehmen zunächst ein Nachweis des Beschäftigungsverhältnisses bei der zuständigen
Behörde für Personalwesen und Soziale Sicherheit auf Provinzebene zu erbringen und eine
Arbeitserlaubnis zu beantragen. Überschreitet
die Entsendung einen Zeitraum von 30 Tagen,
muss darüber hinaus eine Aufenthaltserlaubnis
beantragt werden. Wichtig ist deshalb, dass der
chinesische Vertragspartner die Beantragung
unterstützt, was in den Vertragsverhandlungen geklärt werden sollte.
Visaausstellung kann sich stark verzögern
Die Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich das kooperierende Unternehmen seinen Sitz hat, bearbeitet den Vorgang.
Eine Verlängerung dieser Arbeitserlaubnis ist nicht möglich.
Ob zumindest eine Neubeantragung des Kurzzeit-Z-Visums
eine Option ist, wenn unvorhergesehenerweise eine längere
Entsendung erforderlich ist, eine Gesamtdauer von 90 Tagen
aber nicht erreicht wird, ist nicht klar geregelt. Besondere
Qualifikationen, was seine Ausbildung oder mögliche Berufserfahrung angeht, muss der Mitarbeiter bei Aufenthalten von
weniger als 90 Tagen aktuell offenbar nicht erfüllen. Bis zur
Ausstellung eines Kurzzeit-Z-Visums durch die chinesischen
SP ECIAL : China
Behörden und das chinesische Generalkonsulat/dier chinesische Botschaft sollen offiziell maximal 14 Arbeitstage nötig
sein. Es fehlt aber auf allen Seiten an Erfahrungswerten, weshalb bis auf Weiteres mit einer deutlich längeren Antragsdauer von ein bis zwei Monaten einschließlich Vorbereitung aller
Unterlagen gerechnet werden sollte.
Bei der Z-Visumspflicht beantragt der zukünftige chinesische „Arbeitgeber“, beispielsweise der chinesische Kunde
oder das verbundene Unternehmen mit Sitz in China, eine
Einstellungsgenehmigung und eine Einladung. Mit diesen
Unterlagen beantragt der Mitarbeiter das für die Einreise
notwendige Z-Visum. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen sodann innerhalb von 15 Tagen nach Einreise in China
die Arbeitserlaubnis beantragen. Schließlich muss innerhalb
von 30 Tagen nach Einreise die Aufenthaltsgenehmigung unter Vorlage der Arbeitserlaubnis beantragt werden.
Für die Beantragung eines Z-Visums sind in der Regel
zwei bis drei Monate einzuplanen, einschließlich Vorbereitung aller Unterlagen. Bei Erfahrung mit dem Verfahren im
Unternehmen kann die Beantragung auch deutlich schneller
gehen.
Einkommensteuerpflicht birgt Schlupflöcher
Alle in China tätigen ausländischen Arbeitnehmer sind zur
Teilnahme am chinesischen Sozialversicherungssystem verpflichtet, sobald sie eine Arbeitserlaubnis erhalten. Nach
telefonischer Auskunft der Sozialversicherungsbehörden in
verschiedenen Regionen Chinas soll die Sozialversicherungspflicht auch für Mitarbeiter mit Kurzzeit-Z-Visum gelten. In
diesem Fall müssen seitens der Arbeitgeber und Mitarbeiter Sozialversicherungsbeiträge zur Renten-, Arbeitslosen-,
­Betriebsunfall-, Kranken- und Mutterschaftsversicherung
abgeführt werden. Die Verrechnung der entstehenden Kosten und die Unterstützung bei der Abführung der Zahlungen
sollten ebenfalls frühzeitig mit dem chinesischen Vertragspartner besprochen werden.
Daneben ist grundsätzlich jeder in China beschäftigte
Arbeitnehmer einkommensteuerpflichtig. Jedoch müssen
ausländische Arbeitnehmer, die sich nicht länger als 90 Tage
in China aufhalten und nicht von einem chinesischen Unternehmen bezahlt werden, keine Einkommensteuer zahlen.
Bei deutschen Arbeitnehmern verlängert sich diese Ausnahme aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen
Deutschland und China durch Antrag auf einen Zeitraum
von 183 Tagen. Mit Ausstellung einer Arbeitserlaubnis und
bei Begründung einer steuerlichen Betriebsstätte eines deutschen Unternehmens in China werden ausländische Mitarbeiter allerdings bereits ab dem ersten Tag der Beschäftigung
in China dort auch einkommensteuerpflichtig. Diese Einkommensteuerpflicht gilt jedoch nicht bei Erteilung einer
Arbeitserlaubnis für ein Kurzzeit-Z-Visum. :::
Dr. Nils Seibert ist Rechtsabteilungsleiter der German Industry and Commerce (GIC) Greater China in Beijing. Thomas Vogtmeier ist Rechtsreferendar am Landgericht Düsseldorf und derzeit in der Rechtsabteilung
der GIC in Beijing tätig. Kontakt: seibert.nils@bj.china.ahk.de
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