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Nur zur persönlichen Verwendung!!! Die WEG –Reform in der Praxis Die erweiterte Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer Diplom-Volkswirt Volker Bielefeld, Düsseldorf 5. Spezialseminar für Verwaltungsbeiräte GRUVA – Grundverwaltung Düsseldorf Samstag, 31. Januar 2009, Handwerkskammer Düsseldorf Nachdruck und jede andere Art der Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Autors ___________________________________________________________________ Nur zur persönlichen Verwendung!!! Inhaltsverzeichnis 1. Allgemeine Grundsätze der Lasten- und Kostenverteilung 1 2. Die Abänderbarkeit der Verteilung der Betriebs- und Verwaltungskosten 2 2.1 Änderung durch Mehrheitsbeschluss 3 2.2 Was gehört zu den Betriebskosten ? 1. Laufende öffentliche Lasten 2. Kosten der Wasserversorgung 3. Kosten der Entwässerung 4. Kosten der Heizung und Warmwasserversorgung 5. Kosten des Betriebs des Personen- und Lastenaufzugs 6. Kosten der Straßenreinigung 7. Kosten der Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung 8. Kosten der Gartenpflege und weitere Betriebskosten 3. Abänderbarkeit der Kostenverteilung bei Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten und bei Kosten für bauliche Veränderungen und Modernisierungsmaßnahmen 4 5 5 7 7 8 9 10 10 11 4. Keine Sonderregelung bei Öffnungsklauseln 13 5. Erweiterte Beschlusskompetenz in Zahlungsangelegenheiten 13 6. Beschlussfassung bei baulichen Veränderungen und Modernisierungsmaßnahmen 14 6.1 Bauliche Veränderungen 15 6.1.1 Wintergarten statt Loggia 15 6.1.2 Umbau einer Dachterrasse in einen Wintergarten 16 6.1.3 Zustimmungsfreie bauliche Veränderung: Verlegung einer Gasleitung 17 6.2 Modernisierung 17 6.2.1 Fahrstuhleinbau als Modernisierungsmaßnahme 18 6.2.2 Gebrauchswerterhöhung durch Balkonbau 18 6.2.3 Anbau einer Balkontreppe in den Garten 19 Nur zur persönlichen Verwendung!!! Die WEG – Reform in der Praxis Die erweiterte Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer Diplom-Volkswirt Volker Bielefeld, Düsseldorf Am 1. Juli 2007 ist das „Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze“ in Kraft getreten 1. Mit diesen neuen gesetzlichen Bestimmungen müssen sich seither Wohnungseigentümer, Verwalter, Rechtsanwälte, Notare, Richter und alle anderen, die im Bereich des Wohnungseigentums tätig sind, auseinandersetzen. Im Mittelpunkt stehen dabei insbesondere die neuen Regelungen zur Erweiterung der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer. Rechtsprechung und Schrifttum haben dazu bisher schon einzelne Fragen geklärt, jedoch gibt es nach wie vor in Einzelfragen auch unterschiedliche Auffassungen, die noch einer endgültigen Klärung bedürfen. Allerdings werden Wohnungseigentümer und Verwalter hier noch viel Geduld aufbringen müssen bis sich die Gerichte auf eine einheitliche und Rechtsklarheit bringende Linie einigen. 1. Allgemeine Grundsätze der Lasten- und Kostenverteilung Zunächst geht es bei der Erweiterung der Beschlusskompetenz um die Verteilung der Lasten und Kosten. Die grundsätzliche Regelung zur Lasten- und Kostenverteilung ergibt sich zunächst aus § 16 Abs. 2 WEG. Danach ist jeder Wohnungseigentümer gegenüber den anderen Wohnungseigentümern verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis der im Grundbuch für jeden Eigentümer eingetragenen Miteigentumsanteile zu tragen. Von dieser grundsätzlichen Regelung konnte nach früherer Rechtsauffassung nur durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG abgewichen werden. Dies hatte der BGH mit seiner Jahrhundertentscheidung 2 zum „Zitterbeschluss“ bzw. zur „Ersatzvereinbarung“ entgegen allerdings einer lange Jahre auch vom BGH selbst getragenen Rechtsprechung endgültig klar gestellt. Mehrheitsbeschlüsse, die von einer gesetzlichen Regelung oder einer Vereinbarung bzw. von einer ihr gleichstehenden Regelung in der Teilungserklärung oder in der Gemeinschaftsordnung abweichen, waren nach dieser Entscheidung als • gesetzes- oder vereinbarungsändernde Mehrheitsbeschlüsse mangels ausdrücklich eingeräumter Beschlusskompetenz – rückwirkend – nichtig. 1 2 Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007 (BGBl. 2007 I, S. 350) BGH, 20.9.2000, B ZV 58/99, BGHZ 145, 145 = DWE 2000, 113 = NZM 2000, 11848 Nur zur persönlichen Verwendung!!! Ausgenommen waren • vereinbarungsersetzende Mehrheitsbeschlüsse, bzw. gesetzes- oder vereinbarungswidrige die nicht nichtig, sondern nur anfechtbar waren. Das betraf Gebrauchsregelungen und Verwaltungsangelegenheiten, für die das Gesetz den Wohnungseigentümern im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung grundsätzlich eine Beschlusskompetenz einräumt, sofern nicht durch Vereinbarung eine andere Regelung getroffen war. Da einerseits die „Rückkehr“ zum starren Ein- oder Allstimmigkeitsprinzip bei fehlender Beschlusskompetenz eine Anpassung vielfach einseitig vom Bauträger getroffener Kostenverteilungsregelungen in der Praxis nahezu unmöglich machte und andererseits weder Rechtsprechung noch Rechtswissenschaft Rechtsklarheit hinsichtlich der vom BGH vorgenommenen Differenzierung der „nicht nichtigen, sondern nur anfechtbaren Mehrheitsbeschlüsse“ schaffen konnten, hat es der Gesetzgeber als geboten angesehen, „aus Gründen der Klarstellung und wegen der Bedeutung der Frage für die Praxis“ die Frage der Beschlusskompetenz ausdrücklich zu normieren 3. 2. Die Abänderbarkeit der Verteilung der Betriebs- und Verwaltungskosten gemäß § 16 Abs. 3 WEG Aus diesen Gründen und um schließlich den Wohnungseigentümern gerade auch in Fragen einer sachgerechten Kostenverteilung den dazu notwendigen Gestaltungsspielraum einzuräumen, gestatten die neuen gesetzlichen Regelungen durch Erweiterung der Beschlusskompetenz die Kostenverteilung in bestimmten Fällen und unter bestimmten Voraussetzungen durch Mehrheitsbeschluss zu ändern. Durch die Einführung des Mehrheitsprinzips sollen Individualinteressen und Mehrheitsinteressen zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden. Der Minderheitenschutz ist dabei durch die Anfechtungsmöglichkeit gewährleistet mit der Folge der Ungültigerklärung solcher Beschlüsse, die ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen. Soweit bestehende Regelungen unter Berücksichtigung der Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG grundsätzlich dem Bestandsschutz unterliegen, sind Änderungen nach Auffassung des Gesetzgebers gleichwohl zulässig, „da insoweit dem öffentlichen Interesse an einer Erleichterung der Willensbildung jeweils mehr Gewicht zukommt als einem Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage“ 4. Grundsätzlich können die Wohnungseigentümern nach der jetzt geltenden Regelung des § 16 Abs. 3 WEG im Rahmen ihrer privatrechtlichen Selbstbestimmung mit einfacher Mehrheit beschließen, dass abweichend von § 16 Abs. 2 WEG • die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums im Sinne des § 556 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, und • die Kosten der Verwaltung • nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder 3 4 BT-Drucksache 16/887, S. 22 BT-Drucksache 16/887, S. 11 Nur zur persönlichen Verwendung!!! • nach einem anderen Maßstab verteilt werden, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. 2.1 Änderung durch Mehrheitsbeschluss Die Regelung bestimmt zunächst, dass die Änderung der Verteilung der Betriebskosten und der Verwaltungskosten der Mehrheitsentscheidung durch die Wohnungseigentümer unterworfen wird. Es obliegt allerdings ihrer privatrechtlichen Entscheidungsautonomie, ob und mit welchem Verteilungsschlüssel sie von der ihnen neu eingeräumten Beschlusskompetenz zur Änderung der Verteilung der Betriebs- und Verwaltungskosten Gebrauch machen oder nicht. Für eine entsprechende Änderung bzw. Umstellung der Kostenverteilung reicht der einfache Mehrheitsbeschluss der gemäß § 25 Abs. 3 WEG beschlussfähigen Wohnungseigentümerversammlung. Ist keine abweichende Stimmrechtsregelung getroffen, gilt gemäß § 25 Abs. 2 WEG das gesetzliche Kopfprinzip. Voraussetzung ist allerdings, dass der Mehrheitsbeschluss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen und es – ähnlich wie bei einer Öffnungsklausel – einen sachlichen Grund geben muss, die Änderung der Kostenverteilung also nicht willkürlich erfolgen darf 5. Was insoweit als sachlich ausreichend begründet und ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechend anzusehen ist, wird immer nur im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu entscheiden sein. Die Änderung muss jedenfalls die Interessen der Gemeinschaft und des einzelnen Eigentümers gleichermaßen angemessen berücksichtigen und darf insbesondere auch nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führen 6. Als unbeachtlich unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Benachteiligung wird der Einwand eines vermietenden Wohnungseigentümers anzusehen sein, er könne eine Änderung des Verteilungsschlüssels aufgrund entsprechender mietvertraglicher Regelungen nicht einseitig durchsetzen. Deshalb wird im Falle der Anfechtung eines entsprechenden Beschlusses zur Änderung der Kostenverteilung in einem solchen Fall auch keine Ungültiger- klärung durch das Gericht erfolgen 7. Damit allerdings in einem solchen Fall der betroffene Eigentümer gegenüber seinem Mieter gemäß Mietvertrag abrechnen kann, muss ihm der Verwalter die entsprechenden Abrechnungsunterlagen zur Einsichtnahme zur Verfügung stellen. Diese durch § 16 Abs. 3 WEG eingeführte Beschlusskompetenz kann gemäß § 16 Abs. 5 WEG durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer weder eingeschränkt noch ausgeschlossen werden. 5 6 7 Vgl. dazu BT-Drucksache 16/877, S. 23; ebenso Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, § 16 Rz. 41; a.A. Hügel / Elzer, a.a.O. § 5 Rdnr. 22, wonach ein „sachlicher Grund“ nicht gegeben sein muss, sondern die Veränderung der Verteilungsschlüssel – lediglich – ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen muss; zum Erfordernis des sachlichen Grundes bei Änderung aufgrund einer Öffnungsklausel vgl. BGHZ 95, 137 = NJW 1985; OLG Hamm, NZM 2000, 505 Vgl. dazu auch BT-Drucksache 16 /887, S. 23 Vgl. dazu auch Elzer, WuM 2007, 292 / 299 Nur zur persönlichen Verwendung!!! Das bedeutet, dass bisher in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung vereinbarte Verteilungsschlüssel ebenfalls mehrheitlich im Sinne des § 16 Abs. 3 WEG abänderbar sind. Das gilt auch für vereinbarte Öffnungsklauseln. Grundsätzlich bleibt im Übrigen zu beachten, dass eine auf die Zukunft ausgerichtete und dauerhaft wirksame Änderung der Verteilung der Betriebs- und Verwaltungskosten stets eines gesonderten Mehrheitsbeschlusses bedarf. Ein unangefochten gebliebener Mehrheitsbeschluss über eine gesetzes- oder vereinbarungswidrige Abrechnung dieser Kosten (nur) in der Jahresgesamtabrechnung und in den daraus hergeleiteten Einzelabrechnungen bewirkt keine für die Zukunft wirksame abändernde Regelung der Verteilung der Betriebs- und Verwaltungskosten. 2.2 Was gehört zu den Betriebskosten ? Abweichend von der in § 16 Abs. 2 WEG erfolgten Differenzierung der Lasten und Kosten stellt die Neuregelung in § 16 Abs. 3 WEG ausdrücklich auf den mietrechtlichen Betriebskostenbegriff nach § 556 Abs. 1 BGB ab. Danach sind Betriebskosten die Kosten, die dem Eigentümer durch das Eigentum oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen und Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt gemäß § 556 Abs. 1 Satz 3 BGB die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 8. Wegen der ausdrücklichen Bezugnahme auf § 556 Abs. 1 BGB ist die insoweit geltende Rechtslage uneingeschränkt auf das Wohnungseigentum anzuwenden ist. Wegen der Unabdingbarkeit des § 16 Abs. 3 WEG können deshalb auch einzelne der in der Betriebskostenverordnung genannten Kostenarten weder durch Vereinbarung noch durch Beschluss der Abänderbarkeit des Verteilungsschlüssels für diese Kosten entzogen werden. Die Betriebskostenverordnung regelt abschließend, was im Einzelnen zu den Betriebskosten zählt. 1. Laufende öffentliche Lasten des Grundstücks Zu den öffentlichen Lasten des Grundstücks zählen Gebühren und Abgaben sowie Anliegerbeiträge. Die Gebühren (Abwasser, Müllabfuhr, Straßenreinigung, Kaminreinigung) sind dabei gesondert erfasst. Die ebenfalls zu den laufenden öffentlichen Lasten im Sinne von § 2 Nr. 1 BetrKV zählende Grundsteuer fällt allerdings nicht unter § 16 Abs. 3 WEG, da sie nach § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG für jedes Sondereigentum von dessen Eigentümer direkt zu tragen ist. Auch die sogenannten Erschließungsbeiträge im Sinne von § 134 BauGB sind anteilig direkt von den einzelnen Wohnungseigentümern zu zahlen. 2. Kosten der Wasserversorgung Der BGH 9 hatte bereits früher entschieden, dass grundsätzlich im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung mit einfacher Mehrheit die Umstellung auf die verbrauchsabhängige Abrechnung der Kaltwasserkosten beschlossen werden kann. Dies 8 9 Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten (Betriebskostenverordnung – BetrKV) vom 25.11.2003, BGBl. I S. 2346 BGH, 25.9.2003, V ZB 21/03, BGHZ 156, 192 =DWE 2003, 131 = NZM 2003, 952 Nur zur persönlichen Verwendung!!! aber nur dann, wenn bisher nach Miteigentumsanteilen abgerechnet wurde. der gesetzlichen Regelung, also nach War bereits ein abweichender Verteilungsmaßstab – beispielsweise nach Wohnfläche oder auch nach Köpfen - in der Teilungserklärung bzw. in der Gemeinschaftsordnung vereinbart, war eine Umstellung durch mehrheitliche Beschlussfassung im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung nicht möglich, vielmehr bedurfte es nach der Entscheidung des BGH in solchen Fällen einer neuen Vereinbarung. Soweit inzwischen nicht ohnehin aufgrund entsprechender Vorschriften in den Landesbauordnungen die verbrauchsabhängige Wasserkostenabrechnung vorgeschrieben ist und deshalb als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung auch von jedem einzelnen Wohnungseigentümer – auch als klagbarer Anspruch – verlangt werden kann, kann nach der jetzigen Bestimmung des § 16 Abs. 3 WEG eine Umstellung auf eine rein verbrauchsabhängige Abrechnung der Wasserkosten durch einfache mehrheitliche Beschlussfassung erfolgen. Dies gilt auch – entgegen der früheren BGH-Rechtsprechung – in den Fällen, in denen eine von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Vereinbarung bereits getroffen war. Nach der ausdrücklichen Regelung des § 16 Abs. 5 WEG kann die Beschlusskompetenz zur Änderung der Verteilung der Betriebskosten durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann. Grundsätzlich bleibt bei der Umstellung auf eine verbrauchsabhängige Abrechnung der Wasserkosten jedoch zu berücksichtigen, dass zu unterscheiden ist zwischen dem im Bereich des Sondereigentums zu erfassenden und abzurechnenden Verbrauch und dem gemeinschaftlichen Verbrauch, beispielsweise dem Verbrauch in der gemeinschaftlichen Waschküche, der Sauna, dem Schwimmbad und dem Wasserverbrauch für die Bewässerung der gemeinschaftlichen Gartenanlage (s. dazu unten unter 8). Es kann allerdings im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass die Umstellung auf eine verbrauchsabhängige Erfassung und Abrechnung der Wasserkosten gegebenenfalls einer ordnungsmäßigen Verwaltung widersprechen kann, wenn nämlich – analog zur entsprechenden Einschränkung gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1a der Heizkostenverordnung – die Kosten für den Einbau der Wasserzähler unverhältnismäßig sind, weil sie die in einem Zeitraum von zehn Jahren zu erwartenden Einsparungen übersteigen 10. Unter diesen Voraussetzungen widerspricht ein Mehrheitsbeschluss zur Umstellung auf eine verbrauchsabhängige Wasserkostenabrechnung ordnungsmäßiger Verwaltung und ist im Falle der Anfechtung für ungültig zu erklären. Dass es aber auch bei einer Umstellung der Wasserkostenabrechnung nach Verbrauch in der Praxis zu zunächst nicht vorhersehbaren Problemen kommen kann und es d i e klare und einheitliche Lösung nicht geben wird, mag ein Beispiel aus der jüngsten Praxis zeigen. In einer aus mehreren „Untereinheiten“ bestehenden Wohnungseigentumsanlage hatten die Eigentümer beschlossen, dass es jeder Untergemeinschaft überlassen bleibt, ob sie den durch einen Zentralzähler für die jeweilige Gemeinschaft getrennt erfassten Wasserverbrauch und die danach in Rechnung gestellten Wasserkosten im Innenverhältnis unter den (jeweils drei) Eigentümern nach Verbrauch oder einem anderen Maßstab ermittelt und verteilt. Der einzelne Eigentümer sollte entscheiden können, ob er seinen individuellen Verbrauch durch Wasseruhren, und zwar an jeder Zapfstelle, ermittelt und ihm nur dieser Verbrauch in 10 BGH, NJW 2004, 3476/ 3479 Nur zur persönlichen Verwendung!!! Rechnung gestellt wird, und der „übrige“ Verbrauch als Differenz zum Gesamtverbrauch ermittelt unter den anderen Eigentümern im Verhältnis der Miteigentumsanteile zu verteilen ist. Der gemeinschaftliche Wasserverbrauch sollte dabei in der jeweiligen Untergemeinschaft durch Wasseruhren ermittelt werden, ebenso der individuelle Außenverbrauch zur Gartenbewässerung durch die Erdgeschossbewohner. In dem bisher noch nicht abgeschlossenen Rechtsstreit vertrat das Gericht die Auffassung, dass es grundsätzlich in der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer gemäß § 16 Abs. 3 WEG liegt, auch einen kombinierten Abrechnungsmaßstab – teils nach tatsächlichem, durch Wasseruhren ermittelten Verbrauch, teils nach Miteigentumsanteilen für den Restverbrauch als Differenz zum Gesamtverbrauch – zu beschließen. Dass es dabei zu Mehrbelastungen der Eigentümer kommen kann, für die die Kosten des gesamten Restverbrauchs – unter Einbeziehung der Verbrauchsdifferenz durch Messungenauigkeiten und durch Leitungsverluste – nach Miteigentumsanteilen verteilt werden, sah das Gericht insoweit nicht als erheblich und nicht als ausreichend an, um einen solchen Beschluss für ungültig zu erklären. Ob im Übrigen alle zu den im Sinne von § 2 BetrKV zu zählenden Kosten der Wasserversorgung verbrauchs- oder verursacherabhängig oder nach „anderen Maßstäben“ zu ermitteln und zu verteilen sind, ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu entscheiden. Zu den Kosten der Wasserversorgung zählen gemäß § 2 Nr. 2 der BetrKV im Einzelnen: Die Kosten des Wasserverbrauchs, die Grundgebühren, die Kosten für die Anmietung oder anderer Arten der Gebrauchsüberlassung von Wasserzählern sowie die Kosten ihrer Verwendung einschließlich der Kosten der Eichung sowie der Kosten der Berechnung und Aufteilung, die Kosten der Wartung von Wassermengenreglern, die Kosten des Betriebs einer hauseigenen Wasserversorgungsanlage und einer Wasseraufbereitungsanlage einschließlich der Aufbereitungsstoffe. Aus praktischen Gründen oder auch aus „sachlichen Gründen“ wird es jedenfalls im Einzelfall zu empfehlen sein, unterschiedliche Maßstäbe für die Kostenverteilung zugrunde zu legen, die beispielsweise auf die direkte Zurechenbarkeit abstellen. Dies kann bei den Kosten für die Anschaffung, Anbringung, Wartung und Nacheichung oder Austausch der Wasserzähler der Fall sein 11. Sofern jedoch eine direkte Zurechenbarkeit nicht möglich ist, so auch bei Messdifferenzen zwischen Gesamtverbrauch und durch Zähler ermitteltem Verbrauch, wird die Kostenverteilung herkömmlich nach Miteigentumsanteilen vorzunehmen sein 12. 3. Kosten der Entwässerung Zu den Kosten der Entwässerung gehören gemäß § 2 Zif. 3 BetrKV die Gebühren für die Haus- und Grundstücksentwässerung, die Kosten des Betriebs einer entsprechenden nicht öffentlichen Anlage und die Kosten des Betriebs einer Entwässerungspumpe. 11 12 Für eine Verteilung nach Miteigentumsanteilen in diesen Fällen Niedenführ, a.a.O., § 16 Rz. 48; ebenso Häublein NJW 2003, 3529 / 3530 Für eine Verteilung der Messdifferenzen nach Miteigentumsanteilen Häublein, NJW 2003, 3529 / 3530; a.A. Peters, NZM 2000,696, insoweit individuell verbrauchsabhängig Nur zur persönlichen Verwendung!!! Diese Kosten können verbrauchsabhängig verteilt werden und zwar im Verhältnis des individuell im Sondereigentum ermittelten Verbrauchs und des gemeinschaftlichen Gebrauchs, bei letzterem im Verhältnis der Miteigentumsanteile. 4. Kosten der Heizung und Warmwasserversorgung Die Verteilung der unter Zif. 4. bis 6. genannten Betriebskosten betreffen die Kosten der Heizung und der Warmwasserversorgung. Für deren Verteilung gelten die Vorschriften der HeizkostenV, von denen durch mehrheitliche Beschlussfassung gemäß § 16 Abs. 3 WEG nicht abgewichen werden kann. Sofern nicht schon nach diesen Bestimmungen der HeizkostenV abgerechnet wird, besteht ein klagbarer Anspruch durch jeden einzelnen Wohnungseigentümer. Ein individuelles einseitiges Kürzungsrecht, wie es dem Mieter zusteht, kann der einzelne Wohnungseigentümer jedoch nicht geltend machen. Hinsichtlich der Abänderbarkeit des Verteilungsmaßstabes der Heizund Warmwasserkosten ist nach der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Änderung der Heizkostenverordnung 13 zu berücksichtigen, dass der Verteilungsmaßstab – mindestens 50% höchstens 70% der Kosten der zentralen Heizungsanlage sind nach dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer zu erfassen – nunmehr gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 (neu) dann geändert werden kann, wenn dies aus sachgerechten Gründen geboten ist. Hierzu reicht ein einfacher Mehrheitsbeschluss aus. 5. Kosten des Betriebs des Personen- und Lastenaufzuges Zu diesen Kosten zählen gemäß § 2 Zif. 7 BetrKV die Kosten des Betriebsstroms, die Kosten der Beaufsichtigung, der Bedienung, Überwachung und Pflege der Anlage, der regelmäßigen Prüfung ihrer Betriebsbereitschaft und Betriebssicherheit einschließlich der Einstellung durch eine Fachkraft sowie die Kosten der Reinigung der Anlage. Nach bisheriger Rechtsauffassung waren diese Kosten, wenn nicht bereits eine abweichende Vereinbarung getroffen worden war, grundsätzlich von allen Wohnungseigentümern zu tragen, und zwar im Verhältnis der Miteigentumsanteile. Dies galt unabhängig davon, ob die einzelnen Eigentümer die Aufzugsanlage nutzen oder nicht mit der Folge, dass sich Mehrhausanlagen sämtliche Eigentümer an den Aufzugskosten zu beteiligen hatten, auch wenn sie in einem der Häuser ohne Aufzug wohnten. Nach der Neuregelung des § 16 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer grundsätzlich auch in diesen Fällen eine Änderung der Kostenverteilung mehrheitlich beschließen, sofern die Voraussetzungen einer verbrauchs- oder verursacherbezogenen Kostenverteilung erfüllt werden. Eine solche Regelung muss insoweit den Nutzungsmöglichkeiten Rechnung tragen 14, allerdings ebenso auch der konkreten Nutzung und der dadurch direkt verursachten Kosten. Allerdings wird eine Änderung der Kostenverteilung eines sachlichen Grundes bedürfen, folglich einer Prüfung, ob die bisherige Kostenverteilung unverhältnismäßig ist. Nach einem nach der neuen Rechtslage entschiedenen Fall entspricht ein Mehrheitsbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Kosten des Aufzuges im 13 14 Verordnung zur Änderung der Verordnung über Heizkostenabrechnung vom 2.12.2008, BGBl. I S. 2375 Niedenführ, a.a.O., § 16 Rz. 52 Nur zur persönlichen Verwendung!!! Verhältnis der Miteigentumsanteile auf alle Eigentümer umgelegt werden, auch auf den Eigentümer einer gewerblichen Einheit im Souterrain, wenn der Aufzug auch ausgehend von dieser Gewerbeeinheit genutzt werden kann 15. Andererseits wird man in einer Mehrhausanlage zu prüfen haben, ob beispielsweise eine allgemeine Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen nicht schon bereits dadurch gerechtfertigt sein kann, dass deren Bemessung unter Berücksichtigung der Ausstattung einzelner Häuser mit Aufzüge erfolgte. 6. Kosten der Straßenreinigung und der Müllbeseitigung Zu den Kosten der Straßenreinigung gehören nach § 2 Zif. 8 BetrKV die für die öffentliche Straßenreinigung gehörenden Gebühren und Kosten entsprechender nicht öffentlicher Maßnahmen. Die Verteilung dieser Kosten kann zwar gemäß § 16 Abs. 3 WE ebenfalls abweichend von § 16 Abs. 2 WEG geregelt werden, jedoch dürfte es in der Regel an entsprechenden verbrauchs- oder verursacherbezogenen bzw. anderen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechenden Abrechnungsmaßstäben fehlen. Insofern wird es im Regelfall bei der Abrechnung nach Miteigentumsanteilen bleiben. Zu den Kosten der Müllbeseitigung gehören namentlich die für die Müllabfuhr zu entrichtenden Gebühren, die Kosten entsprechender nicht öffentlicher Maßnahmen, die Kosten des Betriebs von Müllkompressoren, Müllschluckern, Müllabsauganlagen sowie des Betriebs von Müllmengenerfassungsanlagen einschließlich der Kosten der Berechnung und Aufteilung. Grundsätzlich können die Wohnungseigentümer mehrheitlich beschließen, Müllbeseitigungskosten verbrauchs- oder verursacherabhängig zu verteilen, sofern entsprechenden technischen Voraussetzungen hierfür geschaffen werden können und Kosten nicht nur nicht unverhältnismäßig sind, sondern möglicherweise sogar Einsparungen führen. die die die zu Grundsätzlich ist bei einer Beschlussfassung zur Umstellung auf eine verbrauchsabhängige Erfassung und Abrechnung jedoch nach Sondereigentums- und Gemeinschaftsmüll zu unterscheiden 16. Eine Erfassung und Abrechnung nach Personenzahl wird mangels zutreffender Erfassung der Personenzahl in der Regel als ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechend abzulehnen sein 17. So ist generell bei der Abrechnung der Betriebskosten nach Personenzahl nach jüngster BGH-Rechtsprechung davon auszugehen, dass in diesen Fällen nicht auf das amtliche Einwohnermelderegister zurückgegriffen werden kann. Es käme auf die tatsächliche Benutzung an. Das Einwohnermelderegister sei keine hinreichend exakte Grundlage für die Feststellung der wechselnden Personenzahl in einem Haus mit einer Vielzahl von Wohnungen. Vielmehr sei bei einer Umlage nach Personenzahl für bestimmte Stichtage die tatsächliche Belegung der Wohnungen festzustellen 18. Befinden sich in einer Anlage gewerbliche Einheiten, die erfahrungsgemäß einen größeren Müllanfall haben, kann für diese Einheiten eine entsprechende Sonderregelung in der Weise geschaffen werden, dass für diese Einheiten gesonderte Müllbehälter angeschafft werden. 15 16 17 18 AG Dresden, Urteil vom 123.12.2007 152 C 6477/07, NZM 2008, 135 OLG Köln, NZM 2006, 467 / 468 Vgl. dazu BayObLG, WuM 1996, 439 BGH, 23.1.2008, VIII ZR 82/07 Nur zur persönlichen Verwendung!!! 7. Kosten der Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung Zu den Kosten der Gebäudereinigung gehören die Kosten für die Säuberung der von den Bewohnern gemeinsam genutzten Gebäudeteile, wie Zugänge, Flure, Treppen, Keller, Bodenräume, Waschküchen, Fahrkorb des Aufzuges. Diese Kosten sind, sofern nicht für eine besondere Nutzung getrennt ermittelbar, im Regelfall nach Miteigentumsanteilen zu verteilen. Eine getrennte Erfassung der Reinigungskosten kann insbesondere bei gewerblicher Nutzung nach dem Verursacher- oder Verbrauchsprinzip mehrheitlich beschlossen werden. 8. Kosten der Gartenpflege Zu den Kosten der Gartenpflege gehören die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen, der Pflege von Spielplätzen, einschließlich der Erneuerung von Sand und der Pflege von Plätzen, Zugängen und Zufahrten, die dem nicht öffentlichen Verkehr dienen. Im Regelfall werden diese Kosten im Verhältnis der Miteigentumsanteile zu verteilen sein. Abweichende Regelungen können, sofern dies nicht bereits in der Teilungserklärung bzw. in der Gemeinschaftsordnung vereinbart wurde, grundsätzlich gemäß § 16 Abs. 3 WEG in erster Linie für solche Anlagen zu beschließen sein, für die Sondernutzungsrechte eingeräumt sind. Zu den weiteren Betriebskosten gemäß Betriebskostenverordnung zählen: • • • • • • • die Kosten der Beleuchtung, die Kosten der Schornsteinreinigung, die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung, Kosten für den Hauswart, die Kosten des Betriebs der Gemeinschaftsantennenanlage und die Kosten des Betriebs der mit einem Breitbandkabelnetz verbundenen privaten Verteilanlage 19, die Kosten des Betriebs der Einrichtungen für die Wäschepflege, sonstige Betriebskosten. Erfolgt die Ermittlung und Abrechnung nach Verbrauch oder nach Verursachung, ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang es sich um Kosten handelt, die im Bereich des Sondereigentums und / oder des gemeinschaftlichen Eigentums anfallen. Da in der Bestimmung nach § 16 Abs. 3 WEG ohne Einschränkung auf die für das Mietrecht geltende Definition abgestellt ist, zählen nunmehr entgegen der früheren Rechtsauffassung wohnungseigentumsrechtlich auch Wartungskosten zu den Betriebskosten. Das bedeutet, dass auch insoweit eine von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Kostenverteilung mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann. 2.3 Verwaltungskosten Da Verwaltungskosten nicht zu den Betriebskosten zählen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV), sind diese ausdrücklich in § 16 Abs. 3 WEG genannt, um den Wohnungseigentümern die 19 Zur Umlage nach Wohnungseinheiten durch Mehrheitsbeschluss vgl. OLG München 11.7.2007, 34 Wx 021/07, DWE 2007, 102 Nur zur persönlichen Verwendung!!! Möglichkeit zu eröffnen, auch für diese Kosten eine abweichende Verteilung mehrheitlich zu beschließen. Somit ist es jetzt möglich, durch einfachen Mehrheitsbeschluss auch die Verteilung der an den Verwalter zu zahlenden Vergütung, anders als nach der bisher geltenden gesetzlichen Regelung, im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nicht mehr nach Miteigentumsanteilen, sondern je Wohnungseinheit (Euro / Wohnung / Monat bzw. Jahr) zu regeln. Der Begriff „Verwaltungskosten“ im Sinne der neuen Bestimmung nach § 16 Abs. 3 WEG beschränkt sich nicht allein auf die Verwaltervergütung, sondern darüber hinaus auf sämtliche Kosten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. So fallen unter die Kosten der Verwaltung auch die Kosten eines Rechtsstreits über die Entziehung des Wohnungseigentums und die Kosten für den Ersatz eines Schadens im Sondereigentum als Folge von Maßnahmen zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Auch die Kosten, die dem Verwalter durch die ihm obliegende neue Verpflichtung zur unverzüglichen Information aller Wohnungseigentümer über anhängige Rechtsstreitigkeiten entstehen, zählen zu den Verwaltungskosten. Ebenso die Kosten für einen besonderen Verwaltungsaufwand 20. 3. Abänderbarkeit der Kostenverteilung bei Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten und bei baulichen Veränderungen und Modernisierungsmaßnahmen Nach den am 1. Juli vergangenen Jahres in Kraft getretenen neuen Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes können die Wohnungseigentümer im Rahmen der ihnen vom Gesetzgeber zuerkannten erweiterten Beschlusskompetenz im • Einzelfall jetzt auch mit Mehrheit beschließen, dass die Kosten für Maßnahmen zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums abweichend von der gesetzlich geregelten Kostenverteilung gemäß § 16 Abs. 2 WEG nicht nach Miteigentumsanteilen zu verteilen sind, sondern nach einem anderen Maßstab, • der dem Gebrauch oder • der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Erforderlich für eine solche mehrheitliche Beschlussfassung ist allerdings gemäß § 16 Abs. 4 WEG eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer, die darüber hinaus mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, also eine doppelt qualifizierte Mehrheit auf sich vereinigen müssen. Wollen die Wohnungseigentümer die Kostenverteilung für diese Maßnahmen auf Dauer abweichend von § 16 Abs. 2 WEG regeln, bedarf es dazu nach wie vor einer Vereinbarung, ein Mehrheitsbeschluss ist als gesetzesändernder Mehrheitsbeschluss nichtig. 20 Vgl. dazu AG Dortmund, Urt. Vom 26.10.2008, 512 C 39/08 Nur zur persönlichen Verwendung!!! Nach der neuen Bestimmung des § 16 Abs. 4 WEG können die Wohnungseigentümer beispielsweise bei Balkonsanierungen durch Beschluss eine Regelung treffen, nach der die Kosten für die erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen allein von dem Eigentümer des sanierungsbedürftigen Balkons zu tragen sind 21. Ein solcher von § 16 Abs. 2 WEG abweichender Kostenverteilungsbeschluss trägt bei notwendigen und ordnungsmäßig beschlossenen Balkonsanierungen der nach § 16 Abs. 4 WEG geforderten Berücksichtigung der Gebrauchsmöglichkeit durch die Wohnungseigentümer Rechnung, weil Balkone in der Regel nur von dem jeweiligen Eigentümer genutzt und nur durch die jeweils zugehörige Wohnung erreicht werden können. Nicht erforderlich ist es, dass in einem solchen Fall gleichzeitig auch über die Sanierung anderer Balkone entschieden werden muss. Insofern steht der Wirksamkeit eines solchen Beschlusses auch nicht entgegen, dass die Wohnungseigentümer getrennt und zeitlich versetzt entsprechende Beschlüsse für weitere Balkonsanierungen fassen können. Zu beachten bleibt hierbei im Übrigen, dass auch ein Mehrheitsbeschluss, der nicht die an sich erforderliche doppelt qualifizierte Mehrheit findet, rechtswirksam wird, wenn er nicht innerhalb Monatsfrist beim zuständigen Amtsgericht angefochten wird. Verkündet aber der Verwalter einen Beschluss als angenommen, obwohl die nach dem Gesetz oder nach einer Vereinbarung erforderliche Mehrheit nicht erreicht wurde, verletzt er – so eine aktuelle Entscheidung unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage nach der WEG-Reform – seine Pflichten in gröblicher Weise. Ihn trifft gemäß § 49 Abs. 2 WEG ein grobes Verschulden mit der Folge, dass ihm die vollen Verfahrenskosten auferlegt werden können, weil das Tätigwerden des Gerichts im Falle einer dann erfolgenden Beschlussanfechtung durch ihn veranlasst wurde 22. Bisher strittig ist die Frage, ob die nach § 16 Abs. 4 WEG getroffenen Einzelfallentscheidungen Zukunftswirkung insoweit entfalten, oder ob bei späteren Entscheidungen in sachlich gleichartig gelagerten Fällen wie beispielsweise der Balkonsanierung eine andere Kostenverteilung beschlossen werden kann. Hier wird bisher wohl vorherrschend die Auffassung vertreten, dass dann, wenn im Einzelfall für eine anstehende konkrete Balkonsanierung beschlossen wird, dass der betroffene Eigentümer die Kosten selbst zu tragen hat, auch bei später folgenden Balkonsanierungen in der gleichen Anlage auch nur in gleicher Weise entschieden werden kann 23. Gleiches gilt für Folgekosten von baulichen Veränderungen, für die gemäß § 16 Abs. 4 WEG eine abweichende Kostenverteilung beschlossen wird 24. 4. Keine Sonderregelung bei Öffnungsklauseln Sind aufgrund einer Öffnungsklausel abweichende Regelungen getroffen, unterliegen auch sie der Abänderbarkeit durch mehrheitliche Beschlussfassung, jedenfalls dann, wenn es sich um Betriebs- oder Verwaltungskosten im Sinne von § 16 Abs. 3 WEG handelt. Auch hier reicht ein einfacher Mehrheitsbeschluss aus, selbst dann, wenn nach der Öffnungsklausel eine Zwei-Drittel- oder eine Dreiviertel-Mehrheit vorgeschrieben sein sollte. 21 22 23 24 AG Oldenburg, Urteil vom 19. Februar 2008, 10 C 10016/07, NZM 2008, 495 vgl. dazu AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, 11.1.2008, 72 C 141/07 WEG Vgl. insoweit Becker in Bärmann WEG § 16 Rn 113 ff. Vgl. Becker, a.a.O.; Häublein, NZM 2007, 752 Nur zur persönlichen Verwendung!!! Die Unabdingbarkeit hat aber nicht zur Folge, dass Mehrheitsbeschlüsse, die nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, nichtig sind. Sie sind als gesetzeswidrige Mehrheitsbeschlüsse (nur) anfechtbar, im Falle der Anfechtung allerdings für ungültig zu erklären. 5. Erweiterte Beschlusskompetenz in Zahlungsangelegenheiten gemäß § 21 Abs. 7 WEG Die Regelung der Zahlungsangelegenheiten im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nach altem Recht war in der Praxis nicht konsequent gelöst. So reichte bisher beispielsweise zwar ein Mehrheitsbeschluss für die Einführung des Lastschriftverfahrens aus, die Festlegung einer Pauschale bei Nichtteilnahme wird dagegen hinsichtlich der Frage eines Mehrheitsbeschlusses oder einer Vereinbarung unterschiedlich beurteilt . Gleiches gilt für die Fälligkeit von Beitragsvorschüssen. Hier reicht bei einer Regelung im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über einen konkreten Wirtschaftsplan ein Mehrheitsbeschluss, eine allgemeine Fälligkeitsregelung bedarf einer Vereinbarung. Um diese Fälle praxisgerechter lösen zu können, können die Wohnungseigentümer künftig gemäß § 21 Abs. 7 WEG mehrheitlich Regelungen beschließen • • • • • über die Art und Weise von Zahlungen, zur Fälligkeit beschlossener Zahlungen (Wirtschaftsplan, Abrechnung, Umlagen), zu Folgen des Verzugs sowie zur Zahlung von Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder über Zahlungen für einen besonderen Verwaltungsaufwand. Mit diesen ergänzenden Bestimmungen werden Regelungen möglich zu • Vertragsstrafen bei Verstoß gegen Vermietungsbeschränkungen, • höheren als den nach § 288 Abs. 1 BGB zulässigen Verzugszinsen bei Hausgeldrückständen, • An- und Zurechenbarkeit von Kosten für die besondere Nutzung von Gemeinschaftseigentum und • An- und Zurechenbarkeit von Kosten für besondere Verwaltungsmaßnahmen, z.B. Umzugskostenpauschalen, Zusatzgebühr bei Nichtteilnahme am Lastschriftverfahren, Zusatzkosten für die Information der Wohnungseigentümer über Rechtsstreitigkeiten gemäß § 43 WEG, • Sondervergütung für die Aufnahme von Beschlüssen in die Beschluss-Sammlung, die vor dem 1. Juli 2007 gefasst wurden 25; • Sondervergütung für die Ausstellung von Bescheinigungen für haushaltsnahe Dienstleistungen 26; • Vergütung an Dritte für Online-Kosten bei Führung der Beschluss-Sammlung im Internet; • zusätzliche Vergütungsregelungen im Verwaltungsvertrag für Zusatzleistungen des Verwalters neben den gesetzlich zu erbringenden Leistungen, z.B. bei gerichtlicher 25 26 Vgl. dazu AG Aachen, Urteil vom 22.2.2008, ZMR 2008, 833, m. Anmerkung Sauren LG Bremen, Beschluss vom 19.5.2008, 4 T 438/07; LG Düsseldorf, Beschluss vom 8.2.2008, 19 T 489/07, NZM 2008, 453 Nur zur persönlichen Verwendung!!! Vertretung (Vergütungsregelung nach RVG) 27, Baubetreuungsleistungen (Vergütung nach HOAI) 28. 6. Bauliche Veränderungen und Modernisierungsmaßnahmen Änderungen durch die WEG-Reform haben auch die Bestimmungen über bauliche Veränderungen gemäß § 22 WEG erfahren. Dabei geht es insbesondere um die neuen Bestimmungen zu mehrheitlich beschließbaren Maßnahmen zur Modernisierung des gemeinschaftlichen Eigentums. Insbesondere zu den letzteren Bestimmungen liegen erste Entscheidungen vor, die allerdings bereits deutlich machen, dass es in der Abgrenzung zwischen Modernisierungsmaßnahmen und baulichen Veränderungen zu ähnlichen Problemstellungen kommt wie sich schon bisher aus der Rechtsprechung zu baulichen Veränderungen bekannt sind. 6.1 Bauliche Veränderungen Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können gemäß § 22 Abs. 1 WEG beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht über das unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden. Obwohl mit dieser neuen Formulierung eigentlich nur eine redaktionelle Anpassung an die herrschende Auffassung erfolgen sollte, dass nämlich bauliche Veränderungen „beschlossen“ werden können, hat die neue Formulierung zu neuen strittigen Diskussionen geführt. So wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, dass entgegen der früheren Rechtslage die erforderliche Zustimmung grundsätzlich nur in der Versammlung der Wohnungseigentümer, nicht mehr dagegen außerhalb der Versammlung, möglicherweise durch schriftliche Zustimmungserklärung der beeinträchtigten Eigentümer, erteilt werden kann 29. Das würde allerdings dazu führen, dass ungeachtet des Zustimmungserfordernisses nur eines oder nur weniger Eigentümer immer ein Mehrheitsbeschluss der beschlussfähigen Versammlung erforderlich wäre. Damit würde aber die Regelung, wonach nur die beeinträchtigten Eigentümer zuzustimmen haben, ins Leere gehen und damit das beabsichtigte Ziel konterkarieren. Hinsichtlich der Beurteilung, nach welchen Kriterien eine bauliche Veränderung zu beurteilen ist, und wann bauliche Veränderungen die Zustimmung aller Eigentümer erfordern, hat sich an der bisherigen Rechtslage nichts geändert. 6.1.1 Wintergarten statt Loggia 30 27 28 29 30 AG Düsseldorf, Beschluss vom 11.9.2007, 290 I 71/07 AG Hamburg-Harburg, Urteil vom 28.12.2007, 611 C 146/07, ZMR 2008, 1006 So Merle in Bärmann WEG § 22 Rn 119 ff. AG Hamburg-Altona, Urteil vom 7. August 2007, 316 C 425/06, zwar ergangen zum Mietrecht, jedoch entsprechend auf das Wohnungseigentum anzuwenden Nur zur persönlichen Verwendung!!! Bauliche Maßnahmen, die die Eigenart der Wohnungseigentumsanlage verändern, können von den Wohnungseigentümern nicht mit Mehrheit beschlossen werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers umfasst die Mehrheitsmacht zur Beschlussfassung über Modernisierungsmaßnahmen nicht die Umgestaltung der Wohnanlage, die deren Eigenart ändert. Dies ist insbesondere der Fall beim Anbau eines Wintergartens, einer Aufstockung oder bei einem Abriss von Gebäudeteilen oder anderen vergleichbaren Veränderungen des inneren und äußeren Gebäudebestandes. Auch die nachhaltige Veränderung des optischen Gesamteindrucks gilt als Änderung der Eigenart der Wohnanlage. Das ist der Fall, wenn nur einzelne, nicht aber alle Balkone verglast werden oder wenn beim Bau von Dachgauben in einer vorhandenen Dachgeschosswohnung die Symmetrie des Hauses nicht eingehalten wird. Im Sinne dieser Rechtsauffassung fällt auch die Umwandlung einer Loggia in einen Wintergarten nicht unter den mietrechtlichen Modernisierungsbegriff, der entsprechend § 559 Abs. 1 BGB auch auf den Bereich des Wohnungseigentums anzuwenden ist. Das besondere Merkmal einer Loggia besteht darin, dass diese – vergleichbar einem Balkon – dem Nutzer die Möglichkeit gibt, unmittelbar Kontakt zur äußeren Umgebung herzustellen, den klimatischen Verhältnissen der Umwelt ausgesetzt zu sein. Ein Wintergarten hingegen vergrößert zwar die benutzbare Wohnfläche, zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass er den Bewohner vor den klimatischen Verhältnissen der Umwelt schützt. Ein Wintergarten stellt deshalb im Verhältnis zur Loggia ein anderes, ein sogenanntes „aliud“ dar. Eine Loggia soll gerade keinen Schutz vor äußeren Einflüssen bieten, während dieser Schutz Zweck eines Wintergartens ist. Deshalb kann nach Auffassung des AG Hamburg-Altona die Umwandlung einer Loggia in einen Wintergarten auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Energieeinsparung als Verbesserung der „Mietsache“ angesehen werden. Bei dem Maßstab, ob es sich um eine Wohnwertverbesserung handelt, kommt es nicht auf die individuelle Wertung eines Einzelnen an, sondern auf die Verkehrsanschauung. Entscheidend sei, ob allgemein der Maßnahme eine Wohnwertverbesserung zugemessen wird. Davon, dass Mieter oder Wohnungseigentümer generell einen Wintergarten gegenüber einem Freisitz bevorzugen, könne jedenfalls nicht die Rede sein. 6.1.2 Umbau einer Dachterrasse in einen Wintergarten 31 Die Umgestaltung von Dachterrassen zu verglasten Wintergärten stellt grundsätzlich eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG dar. Es handelt sich dabei um eine nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung, die darüber hinaus zu einer optischen, von allen Seiten sichtbaren Beeinträchtigung des Gesamteindrucks der Wohnanlage führt. Daher reicht ein Mehrheitsbeschluss zur Genehmigung der baulichen Maßnahmen nicht aus. Auch ein qualifizierter Mehrheitsbeschluss, wie er für eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG vorgeschrieben ist, reicht nicht aus. Bei der Umgestaltung einer Dachterrasse in einen Wintergarten handelt es sich nicht um eine Modernisierungsmaßnahme gemäß § 559 BGB. Auch wenn sich der Nutzer einer Dachterrasse durch Witterungseinflüsse in der Nutzung gestört oder beeinträchtigt fühlt, wird 31 AG Konstanz, Urteil vom 13.3.2008, 12 C 17/07 Nur zur persönlichen Verwendung!!! durch Wintergärten der Gebrauchswert der Wohnung nicht nachhaltig erhöht. Vielmehr kann die Auffassung vertreten werden, dass ein Wintergarten eine andere Qualität der Nutzung der entsprechenden Fläche ermöglicht, damit jedoch nicht notwendig eine Verbesserung einhergeht. Hinzu kommt, dass die Umgestaltung von Dachterrassen in Wintergärten die Eigenart der Wohnanlage im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG verändert und auch aus diesem Grunde eine Einstufung als Modernisierungsmaßnahme ausscheidet. 6.1.3 Zustimmungsfreie bauliche Veränderung: Verlegung einer Gasleitung 32 Für die Verlegung einer unterirdischen Gasleitung über den gemeinschaftlichen Zugangsweg zur Versorgung des Rückgebäudes einer aus diesem Gebäude und dem Vordergebäude bestehen Wohnungseigentumsanlage kann im Einzelfall die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer mangels Beeinträchtigung ihrer Rechte über das nach § 14 Nr. 1 WEG zulässige Maß hinaus entbehrlich sein. Das Gericht stellte bei der Beurteilung der konkreten Fallgestaltung maßgeblich auf die Neufassung des § 22 Abs. 1 WEG ab, die sich jedoch im Wesentlichen – so das Gericht – auf eine sprachliche Klarstellung beschränkt, insbesondere aber die für die Zustimmungsbedürftigkeit maßgebliche Schwelle des § 14 Nr. 1 WEG nicht verändert. Die Vorschrift des § 22 Abs. 2 WEG zur Zulässigkeit eines Mehrheitsbeschlusses bei baulichen Veränderungen spiele schon deshalb keine Rolle, weil ein einzelner Wohnungseigentümer einen Anspruch auf die in dieser Vorschrift geregelten Modernisierungsmaßnahmen nicht habe 33. 6.2 Modernisierung Eine entscheidende Neuerung im Rahmen der Erweiterung der Beschlusskompetenz hat die Regelung zur Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen gebracht. Nach dieser Neuregelung können gemäß § 22 Abs. 2 WEG bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehen, die aber der Modernisierung im mietrechtlichen Sinne entsprechend § 559 Abs. 1 BGB oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dienen, • • die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen, abweichend von § 22 Abs. 1 WEG • • durch eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne von § 25 Abs. 2 WEG (Kopfprinzip) und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen werden. Diese Befugnis kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Aus der Rechtsprechung liegen zwischenzeitlich die ersten Entscheidungen zu dieser Problematik vor. Sie machen allerdings deutlich, dass jeder Einzelfall konkret nach den 32 33 OLG München, Beschluss vom 6.9.2007, 34 Wx 33/07, NZM 2008, 320 BT-Drucksache 16/887, S. 31 Nur zur persönlichen Verwendung!!! jeweils gegebenen Umständen unter Berücksichtigung der durch § 22 Abs. 2 WEG normierten Voraussetzungen zu prüfen und zu entscheiden ist. 6.2.1 Fahrstuhleinbau gilt grundsätzlich als Modernisierungsmaßnahme 34 Grundsätzlich stellt die Errichtung von Fahrstühlen eine Modernisierungsmaßnahme gemäß §§ 22 Abs. 2 WEG, 559 Abs. 1 BGB dar, da hierdurch die Wohnverhältnisse verbessert werden. Das ergibt sich auch aus der Begründung zur WEG-Novellierung, auch wenn dort vom „Einbau“ und nicht vom „Anbau“ die Rede ist. Entscheidend ist bei dieser Frage auf die Funktion des Fahrstuhls abzustellen, der insoweit eine Verbesserung der Wohnsituation darstellt. Darüber hinaus findet die Modernisierung eine besondere Ausprägung im Anspruch auf Barrierefreiheit, der auch das Interesse einer gehbehinderten Person an einem Lift zum Inhalt haben kann. Der Anbau eines Personenaufzuges durch doppelt qualifizierten Mehrheitsbeschluss gemäß § 22 Abs. 2 WEG kann allerdings daran scheitern, dass die Umsetzung dieses Beschlusses zu einer Änderung der Eigenart der Wohnanlage führen würde. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollte das Recht zur mehrheitlichen Beschlussfassung – die Mehrheitsmacht – nicht das Recht zur Umgestaltung der Wohnanlage beinhalten, wenn die bisherige Eigenart dadurch geändert wird, dass ein Anbau, eine Aufstockung oder ein Abriss von Gebäudeteilen erfolgt oder vergleichbare Änderungen des inneren oder äußeren Bestandes erfolgen oder der optische Gesamteindruck nachteilig verändert wird. Im vorliegenden Fall hätte die Massivität des baulichen Eingriffs und die damit verbundene erhebliche nachteilige Änderung des optischen Gesamteindrucks die Eigenart der Wohnanlage verändert. Der Ungültigerklärung des mit der erforderlichen doppelt qualifizierten Mehrheit gefassten Beschlusses stand im entschiedenen Fall auch der Anspruch auf Barrierefreiheit nicht entgegen. Auch wenn man altersbedingte Bewegungseinschränkungen als Behinderung in weiterem Sinne betrachten würde, bedeute das nicht zwangsläufig, dass deshalb jede bauliche Maßnahme zulässig wäre. So kämen anstelle eines äußeren Aufzugsanbaus der Einbau eines Innenaufzuges oder auch der Einbau eines Treppenlifts in Betracht. 6.2.2 Gebrauchswerterhöhung durch Balkonanbau 35 Der erstmalige Anbau eines Balkons stellt wegen des hohen Nutzwertes zu Erholungs- und Freizeitzwecken eine Gebrauchswerterhöhung und somit eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG dar. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die betreffende Wohnung bereits über eine Dachterrasse verfügt. Ein zusätzlicher Balkon erhöht trotzdem den Wohnwert, zumal er darüber hinaus auch noch die Nutzfläche vergrößert. Eine Veränderung der Eigenart der Wohnanlage liegt durch den Balkonanbau liegt dann nicht vor, wenn die Ausführung in gleicher Art und Größe erfolgt wie bei den schon vorhandenen Balkonen. Eine unbillige Beeinträchtigung kann sich jedoch daraus ergeben, dass durch die Aufstockung andere Balkone eine andere Qualität erhalten und darüber hinaus die Lichtverhältnisse sich in darunter liegenden Balkonen verschlechtern. 34 35 AG Konstanz, Urteil vom 13.3.2008, 12 C 17/07 AG Konstanz, Urteil vom 25. Oktober 2007, 12 C 10/07, NZM 2007, 888 Nur zur persönlichen Verwendung!!! Deshalb kann ein Wohnungseigentümer, dessen Wohnung bei Erwerb einen nach oben nicht abgeschirmten Balkon aufweist, eine Beeinträchtigung der gegenwärtigen Lichtverhältnisse auf seinem Balkon und in seiner Wohnung, die durch den mehrheitlich beschlossenen erstmaligen Anbau eines Balkons über seiner Balkonfläche hervorgerufen wird, jedenfalls dann erfolgreich durch Anfechtung des entsprechenden Beschlusses geltend machen, wenn der Balkonanbau darüber hinaus einen zusätzlichen Luxus darstellt, weil die Oberwohnung bereits über eine Dachterrasse verfügt. 6.2.3 Anbau einer Balkontreppe in den Garten 36 Zu den mehrheitlich beschließbaren Modernisierungsmaßnahmen, die im Sinne der gesetzlichen Regelung zu einer nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswertes führen, gehört auch die Genehmigung der Anlage von Balkontreppen, die von den Erdgeschosswohnungen in den Garten der Wohnungseigentumsanlage führen. Als Maßnahmen zur Gebrauchswerterhöhung zählen solche, die die Nutzung der Wohnung bequemer, sicherer, gesünder, angenehmer oder weniger arbeitsaufwendig machen. Die Anlage der Treppen diene dem bequemeren Zugang zum Garten. Das ist aber nach Auffassung des AG Hannover gerade einer der Aspekte, die eine nachhaltige Gebrauchswerterhöhung begründen können. Eine unbillige Beeinträchtigung, die einer mehrheitlichen Genehmigung der Anlage der Balkontreppen entgegenstehen könnte, sei nicht ersichtlich, zumal die Eigentümer der Erdgeschosswohnungen die Kosten in voller Höhe selber trage. Auch werde die Eigenart der Wohnanlage durch die nur unwesentliche Veränderung des optischen Erscheinungsbildes nicht verändert. 36 AG Hannover, Urteil vom 2. Oktober 2007, 484 C 9870/07