Josef-Humar-Institut e

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Josef-Humar-Institut e
Nur zur persönlichen Verwendung!!!
Die WEG –Reform in der Praxis
Die erweiterte Beschlusskompetenz
der Wohnungseigentümer
Diplom-Volkswirt Volker Bielefeld, Düsseldorf
5. Spezialseminar für Verwaltungsbeiräte
GRUVA – Grundverwaltung
Düsseldorf
Samstag, 31. Januar 2009, Handwerkskammer Düsseldorf
Nachdruck und jede andere Art der Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Autors
___________________________________________________________________
Nur zur persönlichen Verwendung!!!
Inhaltsverzeichnis
1.
Allgemeine Grundsätze der Lasten- und Kostenverteilung
1
2.
Die Abänderbarkeit der Verteilung der Betriebs- und Verwaltungskosten
2
2.1
Änderung durch Mehrheitsbeschluss
3
2.2
Was gehört zu den Betriebskosten ?
1. Laufende öffentliche Lasten
2. Kosten der Wasserversorgung
3. Kosten der Entwässerung
4. Kosten der Heizung und Warmwasserversorgung
5. Kosten des Betriebs des Personen- und Lastenaufzugs
6. Kosten der Straßenreinigung
7. Kosten der Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung
8. Kosten der Gartenpflege und weitere Betriebskosten
3.
Abänderbarkeit der Kostenverteilung bei Instandhaltungs- und
Instandsetzungskosten und bei Kosten für bauliche Veränderungen und
Modernisierungsmaßnahmen
4
5
5
7
7
8
9
10
10
11
4.
Keine Sonderregelung bei Öffnungsklauseln
13
5.
Erweiterte Beschlusskompetenz in Zahlungsangelegenheiten
13
6.
Beschlussfassung bei baulichen Veränderungen und Modernisierungsmaßnahmen
14
6.1
Bauliche Veränderungen
15
6.1.1
Wintergarten statt Loggia
15
6.1.2
Umbau einer Dachterrasse in einen Wintergarten
16
6.1.3
Zustimmungsfreie bauliche Veränderung: Verlegung einer Gasleitung
17
6.2
Modernisierung
17
6.2.1
Fahrstuhleinbau als Modernisierungsmaßnahme
18
6.2.2
Gebrauchswerterhöhung durch Balkonbau
18
6.2.3
Anbau einer Balkontreppe in den Garten
19
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Die WEG – Reform in der Praxis
Die erweiterte Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer
Diplom-Volkswirt Volker Bielefeld, Düsseldorf
Am 1. Juli 2007 ist das „Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und
anderer Gesetze“ in Kraft getreten 1.
Mit diesen neuen gesetzlichen Bestimmungen müssen sich seither Wohnungseigentümer,
Verwalter, Rechtsanwälte, Notare, Richter und alle anderen, die im Bereich des
Wohnungseigentums tätig sind, auseinandersetzen.
Im Mittelpunkt stehen dabei insbesondere die neuen Regelungen zur Erweiterung der
Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer. Rechtsprechung und Schrifttum haben
dazu bisher schon einzelne Fragen geklärt, jedoch gibt es nach wie vor in Einzelfragen auch
unterschiedliche Auffassungen, die noch einer endgültigen Klärung bedürfen. Allerdings
werden Wohnungseigentümer und Verwalter hier noch viel Geduld aufbringen müssen bis
sich die Gerichte auf eine einheitliche und Rechtsklarheit bringende Linie einigen.
1. Allgemeine Grundsätze der Lasten- und Kostenverteilung
Zunächst geht es bei der Erweiterung der Beschlusskompetenz um die Verteilung der
Lasten und Kosten. Die grundsätzliche Regelung zur Lasten- und Kostenverteilung ergibt
sich zunächst aus § 16 Abs. 2 WEG.
Danach ist jeder Wohnungseigentümer gegenüber den anderen Wohnungseigentümern
verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der
Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen
Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis der im Grundbuch für
jeden Eigentümer eingetragenen Miteigentumsanteile zu tragen.
Von dieser grundsätzlichen Regelung konnte nach früherer Rechtsauffassung nur durch
Vereinbarung der Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG abgewichen
werden.
Dies hatte der BGH mit seiner Jahrhundertentscheidung 2 zum „Zitterbeschluss“ bzw. zur
„Ersatzvereinbarung“ entgegen allerdings einer lange Jahre auch vom BGH selbst
getragenen Rechtsprechung endgültig klar gestellt.
Mehrheitsbeschlüsse, die von einer gesetzlichen Regelung oder einer Vereinbarung bzw.
von einer ihr gleichstehenden Regelung in der Teilungserklärung oder in der
Gemeinschaftsordnung abweichen, waren nach dieser Entscheidung als
•
gesetzes- oder vereinbarungsändernde Mehrheitsbeschlüsse
mangels ausdrücklich eingeräumter Beschlusskompetenz – rückwirkend – nichtig.
1
2
Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007
(BGBl. 2007 I, S. 350)
BGH, 20.9.2000, B ZV 58/99, BGHZ 145, 145 = DWE 2000, 113 = NZM 2000, 11848
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Ausgenommen waren
•
vereinbarungsersetzende
Mehrheitsbeschlüsse,
bzw.
gesetzes-
oder
vereinbarungswidrige
die nicht nichtig, sondern nur anfechtbar waren. Das betraf Gebrauchsregelungen und
Verwaltungsangelegenheiten, für die das Gesetz den Wohnungseigentümern im Rahmen
ordnungsmäßiger Verwaltung grundsätzlich eine Beschlusskompetenz einräumt, sofern
nicht durch Vereinbarung eine andere Regelung getroffen war.
Da einerseits die „Rückkehr“ zum starren Ein- oder Allstimmigkeitsprinzip bei fehlender
Beschlusskompetenz eine Anpassung vielfach einseitig vom Bauträger getroffener
Kostenverteilungsregelungen in der Praxis nahezu unmöglich machte und andererseits
weder Rechtsprechung noch Rechtswissenschaft Rechtsklarheit hinsichtlich der vom BGH
vorgenommenen Differenzierung der „nicht nichtigen, sondern nur anfechtbaren
Mehrheitsbeschlüsse“ schaffen konnten, hat es der Gesetzgeber als geboten angesehen,
„aus Gründen der Klarstellung und wegen der Bedeutung der Frage für die Praxis“ die Frage
der Beschlusskompetenz ausdrücklich zu normieren 3.
2.
Die Abänderbarkeit der Verteilung der Betriebs- und Verwaltungskosten
gemäß § 16 Abs. 3 WEG
Aus diesen Gründen und um schließlich den Wohnungseigentümern gerade auch in Fragen
einer sachgerechten Kostenverteilung den dazu notwendigen Gestaltungsspielraum
einzuräumen, gestatten die neuen gesetzlichen Regelungen durch Erweiterung der
Beschlusskompetenz die Kostenverteilung in bestimmten Fällen und unter bestimmten
Voraussetzungen durch Mehrheitsbeschluss zu ändern.
Durch die Einführung des Mehrheitsprinzips sollen Individualinteressen und
Mehrheitsinteressen zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden. Der
Minderheitenschutz ist dabei durch die Anfechtungsmöglichkeit gewährleistet mit der Folge
der Ungültigerklärung solcher Beschlüsse, die ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen.
Soweit bestehende Regelungen unter Berücksichtigung der Eigentumsgarantie gemäß Art.
14 Abs. 2 Satz 2 GG grundsätzlich dem Bestandsschutz unterliegen, sind Änderungen nach
Auffassung des Gesetzgebers gleichwohl zulässig, „da insoweit dem öffentlichen Interesse
an einer Erleichterung der Willensbildung jeweils mehr Gewicht zukommt als einem
Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage“ 4.
Grundsätzlich können die Wohnungseigentümern nach der jetzt geltenden Regelung des §
16 Abs. 3 WEG im Rahmen ihrer privatrechtlichen Selbstbestimmung mit einfacher Mehrheit
beschließen, dass abweichend von § 16 Abs. 2 WEG
•
die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums
im Sinne des § 556 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die nicht unmittelbar
gegenüber Dritten abgerechnet werden, und
•
die Kosten der Verwaltung
•
nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem
oder
3
4
BT-Drucksache 16/887, S. 22
BT-Drucksache 16/887, S. 11
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•
nach einem anderen Maßstab
verteilt werden, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.
2.1 Änderung durch Mehrheitsbeschluss
Die Regelung bestimmt zunächst, dass die Änderung der Verteilung der Betriebskosten und
der Verwaltungskosten der Mehrheitsentscheidung durch die Wohnungseigentümer
unterworfen wird. Es obliegt allerdings ihrer privatrechtlichen Entscheidungsautonomie, ob
und mit welchem Verteilungsschlüssel sie von der ihnen neu eingeräumten
Beschlusskompetenz zur Änderung der Verteilung der Betriebs- und Verwaltungskosten
Gebrauch machen oder nicht.
Für eine entsprechende Änderung bzw. Umstellung der Kostenverteilung reicht der einfache
Mehrheitsbeschluss
der
gemäß
§
25
Abs.
3
WEG
beschlussfähigen
Wohnungseigentümerversammlung. Ist keine abweichende Stimmrechtsregelung getroffen,
gilt gemäß § 25 Abs. 2 WEG das gesetzliche Kopfprinzip.
Voraussetzung ist allerdings, dass der Mehrheitsbeschluss den Grundsätzen
ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen und es – ähnlich wie bei einer Öffnungsklausel –
einen sachlichen Grund geben muss, die Änderung der Kostenverteilung also nicht
willkürlich erfolgen darf 5.
Was insoweit als sachlich ausreichend begründet und ordnungsmäßiger Verwaltung
entsprechend anzusehen ist, wird immer nur im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung
der Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu entscheiden sein.
Die Änderung muss jedenfalls die Interessen der Gemeinschaft und des einzelnen
Eigentümers gleichermaßen angemessen berücksichtigen und darf insbesondere auch nicht
zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führen 6.
Als unbeachtlich unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Benachteiligung wird der
Einwand eines vermietenden Wohnungseigentümers anzusehen sein, er könne eine
Änderung des Verteilungsschlüssels aufgrund entsprechender mietvertraglicher Regelungen
nicht einseitig durchsetzen. Deshalb wird im Falle der Anfechtung eines entsprechenden
Beschlusses zur Änderung der Kostenverteilung in einem solchen Fall auch keine
Ungültiger- klärung durch das Gericht erfolgen 7.
Damit allerdings in einem solchen Fall der betroffene Eigentümer gegenüber seinem Mieter
gemäß Mietvertrag abrechnen kann, muss ihm der Verwalter die entsprechenden
Abrechnungsunterlagen zur Einsichtnahme zur Verfügung stellen.
Diese durch § 16 Abs. 3 WEG eingeführte Beschlusskompetenz kann gemäß § 16 Abs. 5
WEG durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer weder eingeschränkt noch
ausgeschlossen werden.
5
6
7
Vgl. dazu BT-Drucksache 16/877, S. 23; ebenso Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG,
§ 16 Rz. 41; a.A. Hügel / Elzer, a.a.O. § 5 Rdnr. 22, wonach ein „sachlicher
Grund“ nicht gegeben sein muss, sondern die Veränderung der Verteilungsschlüssel – lediglich – ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen muss; zum Erfordernis des sachlichen Grundes bei Änderung aufgrund
einer Öffnungsklausel vgl. BGHZ 95, 137 = NJW 1985; OLG Hamm, NZM 2000, 505
Vgl. dazu auch BT-Drucksache 16 /887, S. 23
Vgl. dazu auch Elzer, WuM 2007, 292 / 299
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Das bedeutet, dass bisher in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung
vereinbarte Verteilungsschlüssel ebenfalls mehrheitlich im Sinne des § 16 Abs. 3 WEG
abänderbar sind. Das gilt auch für vereinbarte Öffnungsklauseln.
Grundsätzlich bleibt im Übrigen zu beachten, dass eine auf die Zukunft ausgerichtete und
dauerhaft wirksame Änderung der Verteilung der Betriebs- und Verwaltungskosten stets
eines gesonderten Mehrheitsbeschlusses bedarf.
Ein unangefochten gebliebener Mehrheitsbeschluss über eine gesetzes- oder
vereinbarungswidrige Abrechnung dieser Kosten (nur) in der Jahresgesamtabrechnung und
in den daraus hergeleiteten Einzelabrechnungen bewirkt keine für die Zukunft wirksame
abändernde Regelung der Verteilung der Betriebs- und Verwaltungskosten.
2.2 Was gehört zu den Betriebskosten ?
Abweichend von der in § 16 Abs. 2 WEG erfolgten Differenzierung der Lasten und Kosten
stellt die Neuregelung in § 16 Abs. 3 WEG ausdrücklich auf den mietrechtlichen
Betriebskostenbegriff nach § 556 Abs. 1 BGB ab.
Danach sind Betriebskosten die Kosten, die dem Eigentümer durch das Eigentum oder
durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen
und Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der
Betriebskosten gilt gemäß § 556 Abs. 1 Satz 3 BGB die Betriebskostenverordnung vom 25.
November 2003 8.
Wegen der ausdrücklichen Bezugnahme auf § 556 Abs. 1 BGB ist die insoweit geltende
Rechtslage uneingeschränkt auf das Wohnungseigentum anzuwenden ist. Wegen der
Unabdingbarkeit des § 16 Abs. 3 WEG können deshalb auch einzelne der in der
Betriebskostenverordnung genannten Kostenarten weder durch Vereinbarung noch durch
Beschluss der Abänderbarkeit des Verteilungsschlüssels für diese Kosten entzogen werden.
Die Betriebskostenverordnung regelt abschließend, was im Einzelnen zu den
Betriebskosten zählt.
1. Laufende öffentliche Lasten des Grundstücks
Zu den öffentlichen Lasten des Grundstücks zählen Gebühren und Abgaben sowie
Anliegerbeiträge. Die Gebühren (Abwasser, Müllabfuhr, Straßenreinigung, Kaminreinigung)
sind dabei gesondert erfasst.
Die ebenfalls zu den laufenden öffentlichen Lasten im Sinne von § 2 Nr. 1 BetrKV zählende
Grundsteuer fällt allerdings nicht unter § 16 Abs. 3 WEG, da sie nach § 93 Abs. 1 Satz 1
BewG für jedes Sondereigentum von dessen Eigentümer direkt zu tragen ist.
Auch die sogenannten Erschließungsbeiträge im Sinne von § 134 BauGB sind anteilig direkt
von den einzelnen Wohnungseigentümern zu zahlen.
2. Kosten der Wasserversorgung
Der BGH 9 hatte bereits früher entschieden, dass grundsätzlich im Rahmen
ordnungsmäßiger Verwaltung mit einfacher Mehrheit die Umstellung auf die
verbrauchsabhängige Abrechnung der Kaltwasserkosten beschlossen werden kann. Dies
8
9
Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten (Betriebskostenverordnung – BetrKV) vom 25.11.2003,
BGBl. I S. 2346
BGH, 25.9.2003, V ZB 21/03, BGHZ 156, 192 =DWE 2003, 131 = NZM 2003, 952
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aber nur dann, wenn bisher nach
Miteigentumsanteilen abgerechnet wurde.
der
gesetzlichen
Regelung,
also
nach
War bereits ein abweichender Verteilungsmaßstab – beispielsweise nach Wohnfläche oder
auch nach Köpfen - in der Teilungserklärung bzw. in der Gemeinschaftsordnung vereinbart,
war eine Umstellung durch mehrheitliche Beschlussfassung im Rahmen ordnungsmäßiger
Verwaltung nicht möglich, vielmehr bedurfte es nach der Entscheidung des BGH in solchen
Fällen einer neuen Vereinbarung.
Soweit inzwischen nicht ohnehin aufgrund entsprechender Vorschriften in den
Landesbauordnungen die verbrauchsabhängige Wasserkostenabrechnung vorgeschrieben
ist und deshalb als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung auch von jedem einzelnen
Wohnungseigentümer – auch als klagbarer Anspruch – verlangt werden kann, kann nach
der jetzigen Bestimmung des § 16 Abs. 3 WEG eine Umstellung auf eine rein
verbrauchsabhängige Abrechnung der Wasserkosten durch einfache mehrheitliche
Beschlussfassung erfolgen.
Dies gilt auch – entgegen der früheren BGH-Rechtsprechung – in den Fällen, in denen eine
von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Vereinbarung bereits getroffen war. Nach der
ausdrücklichen Regelung des § 16 Abs. 5 WEG kann die Beschlusskompetenz zur
Änderung der Verteilung der Betriebskosten durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer
nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann.
Grundsätzlich bleibt bei der Umstellung auf eine verbrauchsabhängige Abrechnung der
Wasserkosten jedoch zu berücksichtigen, dass zu unterscheiden ist zwischen dem im
Bereich des Sondereigentums zu erfassenden und abzurechnenden Verbrauch und dem
gemeinschaftlichen Verbrauch, beispielsweise dem Verbrauch in der gemeinschaftlichen
Waschküche, der Sauna, dem Schwimmbad und dem Wasserverbrauch für die
Bewässerung der gemeinschaftlichen Gartenanlage (s. dazu unten unter 8).
Es kann allerdings im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass die Umstellung auf eine
verbrauchsabhängige Erfassung und Abrechnung der Wasserkosten gegebenenfalls einer
ordnungsmäßigen Verwaltung widersprechen kann, wenn nämlich – analog zur
entsprechenden Einschränkung gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1a der Heizkostenverordnung – die
Kosten für den Einbau der Wasserzähler unverhältnismäßig sind, weil sie die in einem
Zeitraum von zehn Jahren zu erwartenden Einsparungen übersteigen 10. Unter diesen
Voraussetzungen widerspricht ein Mehrheitsbeschluss zur Umstellung auf eine
verbrauchsabhängige Wasserkostenabrechnung ordnungsmäßiger Verwaltung und ist im
Falle der Anfechtung für ungültig zu erklären.
Dass es aber auch bei einer Umstellung der Wasserkostenabrechnung nach Verbrauch in
der Praxis zu zunächst nicht vorhersehbaren Problemen kommen kann und es d i e klare
und einheitliche Lösung nicht geben wird, mag ein Beispiel aus der jüngsten Praxis zeigen.
In einer aus mehreren „Untereinheiten“ bestehenden Wohnungseigentumsanlage hatten die
Eigentümer beschlossen, dass es jeder Untergemeinschaft überlassen bleibt, ob sie den
durch einen Zentralzähler für die jeweilige Gemeinschaft getrennt erfassten
Wasserverbrauch und die danach in Rechnung gestellten Wasserkosten im Innenverhältnis
unter den (jeweils drei) Eigentümern nach Verbrauch oder einem anderen Maßstab ermittelt
und verteilt.
Der einzelne Eigentümer sollte entscheiden können, ob er seinen individuellen Verbrauch
durch Wasseruhren, und zwar an jeder Zapfstelle, ermittelt und ihm nur dieser Verbrauch in
10
BGH, NJW 2004, 3476/ 3479
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Rechnung gestellt wird, und der „übrige“ Verbrauch als Differenz zum Gesamtverbrauch
ermittelt unter den anderen Eigentümern im Verhältnis der Miteigentumsanteile zu verteilen
ist.
Der gemeinschaftliche Wasserverbrauch sollte dabei in der jeweiligen Untergemeinschaft
durch Wasseruhren ermittelt werden, ebenso der individuelle Außenverbrauch zur
Gartenbewässerung durch die Erdgeschossbewohner.
In dem bisher noch nicht abgeschlossenen Rechtsstreit vertrat das Gericht die Auffassung,
dass es grundsätzlich in der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer gemäß § 16
Abs. 3 WEG liegt, auch einen kombinierten Abrechnungsmaßstab – teils nach
tatsächlichem, durch Wasseruhren ermittelten Verbrauch, teils nach Miteigentumsanteilen
für den Restverbrauch als Differenz zum Gesamtverbrauch – zu beschließen.
Dass es dabei zu Mehrbelastungen der Eigentümer kommen kann, für die die Kosten des
gesamten Restverbrauchs – unter
Einbeziehung der Verbrauchsdifferenz durch
Messungenauigkeiten und durch Leitungsverluste – nach Miteigentumsanteilen verteilt
werden, sah das Gericht insoweit nicht als erheblich und nicht als ausreichend an, um einen
solchen Beschluss für ungültig zu erklären.
Ob im Übrigen alle zu den im Sinne von § 2 BetrKV zu zählenden Kosten der
Wasserversorgung verbrauchs- oder verursacherabhängig oder nach „anderen Maßstäben“
zu ermitteln und zu verteilen sind, ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu
entscheiden.
Zu den Kosten der Wasserversorgung zählen gemäß § 2 Nr. 2 der BetrKV im Einzelnen:
Die Kosten des Wasserverbrauchs, die Grundgebühren, die Kosten für die Anmietung oder
anderer Arten der Gebrauchsüberlassung von Wasserzählern sowie die Kosten ihrer
Verwendung einschließlich der Kosten der Eichung sowie der Kosten der Berechnung und
Aufteilung, die Kosten der Wartung von Wassermengenreglern, die Kosten des Betriebs
einer hauseigenen
Wasserversorgungsanlage und einer Wasseraufbereitungsanlage
einschließlich der Aufbereitungsstoffe.
Aus praktischen Gründen oder auch aus „sachlichen Gründen“ wird es jedenfalls im
Einzelfall zu empfehlen sein, unterschiedliche Maßstäbe für die Kostenverteilung zugrunde
zu legen, die beispielsweise auf die direkte Zurechenbarkeit abstellen. Dies kann bei den
Kosten für die Anschaffung, Anbringung, Wartung und Nacheichung oder Austausch der
Wasserzähler der Fall sein 11.
Sofern jedoch eine direkte Zurechenbarkeit nicht möglich ist, so auch bei Messdifferenzen
zwischen Gesamtverbrauch und durch Zähler ermitteltem Verbrauch, wird die
Kostenverteilung herkömmlich nach Miteigentumsanteilen vorzunehmen sein 12.
3. Kosten der Entwässerung
Zu den Kosten der Entwässerung gehören gemäß § 2 Zif. 3 BetrKV die Gebühren für die
Haus- und Grundstücksentwässerung, die Kosten des Betriebs einer entsprechenden nicht
öffentlichen Anlage und die Kosten des Betriebs einer Entwässerungspumpe.
11
12
Für eine Verteilung nach Miteigentumsanteilen in diesen Fällen Niedenführ, a.a.O., § 16 Rz. 48; ebenso
Häublein NJW 2003, 3529 / 3530
Für eine Verteilung der Messdifferenzen nach Miteigentumsanteilen Häublein, NJW 2003, 3529 / 3530; a.A.
Peters, NZM 2000,696, insoweit individuell verbrauchsabhängig
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Diese Kosten können verbrauchsabhängig verteilt werden und zwar im Verhältnis des
individuell im Sondereigentum ermittelten Verbrauchs und des gemeinschaftlichen
Gebrauchs, bei letzterem im Verhältnis der Miteigentumsanteile.
4. Kosten der Heizung und Warmwasserversorgung
Die Verteilung der unter Zif. 4. bis 6. genannten Betriebskosten betreffen die Kosten der
Heizung und der Warmwasserversorgung. Für deren Verteilung gelten die Vorschriften der
HeizkostenV, von denen durch mehrheitliche Beschlussfassung gemäß § 16 Abs. 3 WEG
nicht abgewichen werden kann.
Sofern nicht schon nach diesen Bestimmungen der HeizkostenV abgerechnet wird, besteht
ein klagbarer Anspruch durch jeden einzelnen Wohnungseigentümer. Ein individuelles
einseitiges Kürzungsrecht, wie es dem Mieter zusteht, kann der einzelne
Wohnungseigentümer jedoch nicht geltend machen.
Hinsichtlich
der
Abänderbarkeit
des
Verteilungsmaßstabes
der
Heizund
Warmwasserkosten ist nach der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Änderung der
Heizkostenverordnung 13 zu berücksichtigen, dass der Verteilungsmaßstab – mindestens
50% höchstens 70% der Kosten der zentralen Heizungsanlage sind nach dem erfassten
Wärmeverbrauch der Nutzer zu erfassen – nunmehr gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 (neu)
dann geändert werden kann, wenn dies aus sachgerechten Gründen geboten ist. Hierzu
reicht ein einfacher Mehrheitsbeschluss aus.
5. Kosten des Betriebs des Personen- und Lastenaufzuges
Zu diesen Kosten zählen gemäß § 2 Zif. 7 BetrKV die Kosten des Betriebsstroms, die
Kosten der Beaufsichtigung, der Bedienung, Überwachung und Pflege der Anlage, der
regelmäßigen Prüfung ihrer Betriebsbereitschaft und Betriebssicherheit einschließlich der
Einstellung durch eine Fachkraft sowie die Kosten der Reinigung der Anlage.
Nach bisheriger Rechtsauffassung waren diese Kosten, wenn nicht bereits eine
abweichende
Vereinbarung
getroffen
worden
war,
grundsätzlich
von
allen
Wohnungseigentümern zu tragen, und zwar im Verhältnis der Miteigentumsanteile. Dies galt
unabhängig davon, ob die einzelnen Eigentümer die Aufzugsanlage nutzen oder nicht mit
der Folge, dass sich Mehrhausanlagen sämtliche Eigentümer an den Aufzugskosten zu
beteiligen hatten, auch wenn sie in einem der Häuser ohne Aufzug wohnten.
Nach der Neuregelung des § 16 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer
grundsätzlich auch in diesen Fällen eine Änderung der Kostenverteilung mehrheitlich
beschließen, sofern die Voraussetzungen einer verbrauchs- oder verursacherbezogenen
Kostenverteilung erfüllt werden. Eine solche Regelung muss insoweit den
Nutzungsmöglichkeiten Rechnung tragen 14, allerdings ebenso auch der konkreten Nutzung
und der dadurch direkt verursachten Kosten.
Allerdings wird eine Änderung der Kostenverteilung eines sachlichen Grundes bedürfen,
folglich einer Prüfung, ob die bisherige Kostenverteilung unverhältnismäßig ist.
Nach einem nach der neuen Rechtslage entschiedenen Fall entspricht ein
Mehrheitsbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Kosten des Aufzuges im
13
14
Verordnung zur Änderung der Verordnung über Heizkostenabrechnung vom 2.12.2008, BGBl. I S. 2375
Niedenführ, a.a.O., § 16 Rz. 52
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Verhältnis der Miteigentumsanteile auf alle Eigentümer umgelegt werden, auch auf den
Eigentümer einer gewerblichen Einheit im Souterrain, wenn der Aufzug auch ausgehend von
dieser Gewerbeeinheit genutzt werden kann 15.
Andererseits wird man in einer Mehrhausanlage zu prüfen haben, ob beispielsweise eine
allgemeine Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen nicht schon bereits dadurch
gerechtfertigt sein kann, dass deren Bemessung unter Berücksichtigung der Ausstattung
einzelner Häuser mit Aufzüge erfolgte.
6. Kosten der Straßenreinigung und der Müllbeseitigung
Zu den Kosten der Straßenreinigung gehören nach § 2 Zif. 8 BetrKV die für die öffentliche
Straßenreinigung gehörenden Gebühren und Kosten entsprechender nicht öffentlicher
Maßnahmen.
Die Verteilung dieser Kosten kann zwar gemäß § 16 Abs. 3 WE ebenfalls abweichend von §
16 Abs. 2 WEG geregelt werden, jedoch dürfte es in der Regel an entsprechenden
verbrauchs- oder verursacherbezogenen bzw. anderen ordnungsmäßiger Verwaltung
entsprechenden Abrechnungsmaßstäben fehlen. Insofern wird es im Regelfall bei der
Abrechnung nach Miteigentumsanteilen bleiben.
Zu den Kosten der Müllbeseitigung gehören namentlich die für die Müllabfuhr zu
entrichtenden Gebühren, die Kosten entsprechender nicht öffentlicher Maßnahmen, die
Kosten des Betriebs von Müllkompressoren, Müllschluckern, Müllabsauganlagen sowie des
Betriebs von Müllmengenerfassungsanlagen einschließlich der Kosten der Berechnung und
Aufteilung.
Grundsätzlich können die Wohnungseigentümer mehrheitlich beschließen,
Müllbeseitigungskosten verbrauchs- oder verursacherabhängig zu verteilen, sofern
entsprechenden technischen Voraussetzungen hierfür geschaffen werden können und
Kosten nicht nur nicht unverhältnismäßig sind, sondern möglicherweise sogar
Einsparungen führen.
die
die
die
zu
Grundsätzlich ist bei einer Beschlussfassung zur Umstellung auf eine verbrauchsabhängige
Erfassung und Abrechnung jedoch nach Sondereigentums- und Gemeinschaftsmüll zu
unterscheiden 16. Eine Erfassung und Abrechnung nach Personenzahl wird mangels
zutreffender Erfassung der Personenzahl in der Regel als ordnungsmäßiger Verwaltung
widersprechend abzulehnen sein 17.
So ist generell bei der Abrechnung der Betriebskosten nach Personenzahl nach jüngster
BGH-Rechtsprechung davon auszugehen, dass in diesen Fällen nicht auf das amtliche
Einwohnermelderegister zurückgegriffen werden kann. Es käme auf die tatsächliche
Benutzung an. Das Einwohnermelderegister sei keine hinreichend exakte Grundlage für die
Feststellung der wechselnden Personenzahl in einem Haus mit einer Vielzahl von
Wohnungen. Vielmehr sei bei einer Umlage nach Personenzahl für bestimmte Stichtage die
tatsächliche Belegung der Wohnungen festzustellen 18.
Befinden sich in einer Anlage gewerbliche Einheiten, die erfahrungsgemäß einen größeren
Müllanfall haben, kann für diese Einheiten eine entsprechende Sonderregelung in der Weise
geschaffen werden, dass für diese Einheiten gesonderte Müllbehälter angeschafft werden.
15
16
17
18
AG Dresden, Urteil vom 123.12.2007 152 C 6477/07, NZM 2008, 135
OLG Köln, NZM 2006, 467 / 468
Vgl. dazu BayObLG, WuM 1996, 439
BGH, 23.1.2008, VIII ZR 82/07
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7.
Kosten der Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung
Zu den Kosten der Gebäudereinigung gehören die Kosten für die Säuberung der von den
Bewohnern gemeinsam genutzten Gebäudeteile, wie Zugänge, Flure, Treppen, Keller,
Bodenräume, Waschküchen, Fahrkorb des Aufzuges.
Diese Kosten sind, sofern nicht für eine besondere Nutzung getrennt ermittelbar, im
Regelfall nach Miteigentumsanteilen zu verteilen.
Eine getrennte Erfassung der Reinigungskosten kann insbesondere bei gewerblicher
Nutzung nach dem Verursacher- oder Verbrauchsprinzip mehrheitlich beschlossen werden.
8. Kosten der Gartenpflege
Zu den Kosten der Gartenpflege gehören die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter
Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen, der Pflege von
Spielplätzen, einschließlich der Erneuerung von Sand und der Pflege von Plätzen, Zugängen
und Zufahrten, die dem nicht öffentlichen Verkehr dienen.
Im Regelfall werden diese Kosten im Verhältnis der Miteigentumsanteile zu verteilen sein.
Abweichende Regelungen können, sofern dies nicht bereits in der Teilungserklärung bzw. in
der Gemeinschaftsordnung vereinbart wurde, grundsätzlich gemäß § 16 Abs. 3 WEG in
erster Linie für solche Anlagen zu beschließen sein, für die Sondernutzungsrechte
eingeräumt sind.
Zu den weiteren Betriebskosten gemäß Betriebskostenverordnung zählen:
•
•
•
•
•
•
•
die Kosten der Beleuchtung,
die Kosten der Schornsteinreinigung,
die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung,
Kosten für den Hauswart,
die Kosten des Betriebs der Gemeinschaftsantennenanlage und die
Kosten des Betriebs der mit einem Breitbandkabelnetz verbundenen
privaten Verteilanlage 19,
die Kosten des Betriebs der Einrichtungen für die Wäschepflege,
sonstige Betriebskosten.
Erfolgt die Ermittlung und Abrechnung nach Verbrauch oder nach Verursachung, ist zu
berücksichtigen, in welchem Umfang es sich um Kosten handelt, die im Bereich des
Sondereigentums und / oder des gemeinschaftlichen Eigentums anfallen.
Da in der Bestimmung nach § 16 Abs. 3 WEG ohne Einschränkung auf die für das Mietrecht
geltende Definition abgestellt ist, zählen nunmehr entgegen der früheren Rechtsauffassung
wohnungseigentumsrechtlich auch Wartungskosten zu den Betriebskosten.
Das bedeutet, dass auch insoweit eine von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Kostenverteilung
mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann.
2.3 Verwaltungskosten
Da Verwaltungskosten nicht zu den Betriebskosten zählen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV), sind
diese ausdrücklich in § 16 Abs. 3 WEG genannt, um den Wohnungseigentümern die
19
Zur Umlage nach Wohnungseinheiten durch Mehrheitsbeschluss vgl. OLG München 11.7.2007, 34 Wx
021/07, DWE 2007, 102
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Möglichkeit zu eröffnen, auch für diese Kosten eine abweichende Verteilung mehrheitlich zu
beschließen.
Somit ist es jetzt möglich, durch einfachen Mehrheitsbeschluss auch die Verteilung der an
den Verwalter zu zahlenden Vergütung, anders als nach der bisher geltenden gesetzlichen
Regelung, im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nicht mehr nach
Miteigentumsanteilen, sondern je Wohnungseinheit (Euro / Wohnung / Monat bzw. Jahr) zu
regeln.
Der Begriff „Verwaltungskosten“ im Sinne der neuen Bestimmung nach § 16 Abs. 3 WEG
beschränkt sich nicht allein auf die Verwaltervergütung, sondern darüber hinaus auf
sämtliche Kosten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. So fallen unter die
Kosten der Verwaltung auch die Kosten eines Rechtsstreits über die Entziehung des
Wohnungseigentums und die Kosten für den Ersatz eines Schadens im Sondereigentum als
Folge von Maßnahmen zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen
Eigentums.
Auch die Kosten, die dem Verwalter durch die ihm obliegende neue Verpflichtung zur
unverzüglichen Information aller Wohnungseigentümer über anhängige Rechtsstreitigkeiten
entstehen, zählen zu den Verwaltungskosten. Ebenso die Kosten für einen besonderen
Verwaltungsaufwand 20.
3. Abänderbarkeit der Kostenverteilung bei Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten und bei baulichen Veränderungen und Modernisierungsmaßnahmen
Nach den am 1. Juli vergangenen Jahres in Kraft getretenen neuen Bestimmungen des
Wohnungseigentumsgesetzes können die Wohnungseigentümer im Rahmen der ihnen
vom Gesetzgeber zuerkannten erweiterten Beschlusskompetenz im
•
Einzelfall
jetzt auch mit Mehrheit beschließen, dass die Kosten für Maßnahmen zur Instandhaltung
und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums abweichend von der gesetzlich
geregelten Kostenverteilung gemäß § 16 Abs. 2 WEG nicht nach Miteigentumsanteilen zu
verteilen sind,
sondern nach einem anderen Maßstab,
•
der dem Gebrauch oder
•
der Möglichkeit des Gebrauchs
durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt.
Erforderlich für eine solche mehrheitliche Beschlussfassung ist allerdings gemäß § 16 Abs.
4 WEG eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer, die
darüber hinaus mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, also eine doppelt qualifizierte
Mehrheit auf sich vereinigen müssen.
Wollen die Wohnungseigentümer die Kostenverteilung für diese Maßnahmen auf Dauer
abweichend von § 16 Abs. 2 WEG regeln, bedarf es dazu nach wie vor einer
Vereinbarung, ein Mehrheitsbeschluss ist als gesetzesändernder Mehrheitsbeschluss
nichtig.
20
Vgl. dazu AG Dortmund, Urt. Vom 26.10.2008, 512 C 39/08
Nur zur persönlichen Verwendung!!!
Nach der neuen Bestimmung des § 16 Abs. 4 WEG können die Wohnungseigentümer
beispielsweise bei Balkonsanierungen durch Beschluss eine Regelung treffen, nach der
die Kosten für die erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen allein von dem Eigentümer
des sanierungsbedürftigen Balkons zu tragen sind 21.
Ein solcher von § 16 Abs. 2 WEG abweichender Kostenverteilungsbeschluss trägt bei
notwendigen und ordnungsmäßig beschlossenen Balkonsanierungen der nach § 16 Abs. 4
WEG
geforderten
Berücksichtigung
der
Gebrauchsmöglichkeit
durch
die
Wohnungseigentümer Rechnung, weil Balkone in der Regel nur von dem jeweiligen
Eigentümer genutzt und nur durch die jeweils zugehörige Wohnung erreicht werden
können.
Nicht erforderlich ist es, dass in einem solchen Fall gleichzeitig auch über die Sanierung
anderer Balkone entschieden werden muss. Insofern steht der Wirksamkeit eines solchen
Beschlusses auch nicht entgegen, dass die Wohnungseigentümer getrennt und zeitlich
versetzt entsprechende Beschlüsse für weitere Balkonsanierungen fassen können.
Zu beachten bleibt hierbei im Übrigen, dass auch ein Mehrheitsbeschluss, der nicht die an
sich erforderliche doppelt qualifizierte Mehrheit findet, rechtswirksam wird, wenn er nicht
innerhalb Monatsfrist beim zuständigen Amtsgericht angefochten wird.
Verkündet aber der Verwalter einen Beschluss als angenommen, obwohl die nach dem
Gesetz oder nach einer Vereinbarung erforderliche Mehrheit nicht erreicht wurde, verletzt
er – so eine aktuelle Entscheidung unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage nach der
WEG-Reform – seine Pflichten in gröblicher Weise.
Ihn trifft gemäß § 49 Abs. 2 WEG ein grobes Verschulden mit der Folge, dass ihm die
vollen Verfahrenskosten auferlegt werden können, weil das Tätigwerden des Gerichts im
Falle einer dann erfolgenden Beschlussanfechtung durch ihn veranlasst wurde 22.
Bisher strittig ist die Frage, ob die nach § 16 Abs. 4 WEG getroffenen
Einzelfallentscheidungen Zukunftswirkung insoweit entfalten, oder ob bei späteren
Entscheidungen in sachlich gleichartig gelagerten Fällen wie beispielsweise der
Balkonsanierung eine andere Kostenverteilung beschlossen werden kann.
Hier wird bisher wohl vorherrschend die Auffassung vertreten, dass dann, wenn im Einzelfall
für eine anstehende konkrete Balkonsanierung beschlossen wird, dass der betroffene
Eigentümer die Kosten selbst zu tragen hat, auch bei später folgenden Balkonsanierungen
in der gleichen Anlage auch nur in gleicher Weise entschieden werden kann 23.
Gleiches gilt für Folgekosten von baulichen Veränderungen, für die gemäß § 16 Abs. 4 WEG
eine abweichende Kostenverteilung beschlossen wird 24.
4. Keine Sonderregelung bei Öffnungsklauseln
Sind aufgrund einer Öffnungsklausel abweichende Regelungen getroffen, unterliegen auch
sie der Abänderbarkeit durch mehrheitliche Beschlussfassung, jedenfalls dann, wenn es sich
um Betriebs- oder Verwaltungskosten im Sinne von § 16 Abs. 3 WEG handelt. Auch hier
reicht ein einfacher Mehrheitsbeschluss aus, selbst dann, wenn nach der Öffnungsklausel
eine Zwei-Drittel- oder eine Dreiviertel-Mehrheit vorgeschrieben sein sollte.
21
22
23
24
AG Oldenburg, Urteil vom 19. Februar 2008, 10 C 10016/07, NZM 2008, 495
vgl. dazu AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, 11.1.2008, 72 C 141/07 WEG
Vgl. insoweit Becker in Bärmann WEG § 16 Rn 113 ff.
Vgl. Becker, a.a.O.; Häublein, NZM 2007, 752
Nur zur persönlichen Verwendung!!!
Die Unabdingbarkeit hat aber nicht zur Folge, dass Mehrheitsbeschlüsse, die nicht den
Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, nichtig sind. Sie sind als
gesetzeswidrige Mehrheitsbeschlüsse (nur) anfechtbar, im Falle der Anfechtung allerdings
für ungültig zu erklären.
5. Erweiterte Beschlusskompetenz in Zahlungsangelegenheiten
gemäß § 21 Abs. 7 WEG
Die Regelung der Zahlungsangelegenheiten im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nach altem Recht war in der Praxis nicht konsequent gelöst.
So reichte bisher beispielsweise zwar ein Mehrheitsbeschluss für die Einführung des
Lastschriftverfahrens aus, die Festlegung einer Pauschale bei Nichtteilnahme wird dagegen
hinsichtlich der Frage eines Mehrheitsbeschlusses oder einer Vereinbarung unterschiedlich
beurteilt .
Gleiches gilt für die Fälligkeit von Beitragsvorschüssen. Hier reicht bei einer Regelung im
Zusammenhang mit der Beschlussfassung über einen konkreten Wirtschaftsplan ein
Mehrheitsbeschluss, eine allgemeine Fälligkeitsregelung bedarf einer Vereinbarung.
Um diese Fälle praxisgerechter lösen zu können, können die Wohnungseigentümer künftig
gemäß § 21 Abs. 7 WEG mehrheitlich Regelungen beschließen
•
•
•
•
•
über die Art und Weise von Zahlungen,
zur Fälligkeit beschlossener Zahlungen (Wirtschaftsplan, Abrechnung, Umlagen),
zu Folgen des Verzugs sowie
zur Zahlung von Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen
Eigentums oder
über Zahlungen für einen besonderen Verwaltungsaufwand.
Mit diesen ergänzenden Bestimmungen werden Regelungen möglich zu
• Vertragsstrafen bei Verstoß gegen Vermietungsbeschränkungen,
• höheren als den nach § 288 Abs. 1 BGB zulässigen Verzugszinsen bei
Hausgeldrückständen,
• An- und Zurechenbarkeit von Kosten für die besondere Nutzung von
Gemeinschaftseigentum und
• An- und Zurechenbarkeit von Kosten für besondere Verwaltungsmaßnahmen, z.B.
Umzugskostenpauschalen,
Zusatzgebühr
bei
Nichtteilnahme
am
Lastschriftverfahren, Zusatzkosten für die Information der Wohnungseigentümer
über Rechtsstreitigkeiten gemäß § 43 WEG,
• Sondervergütung für die Aufnahme von Beschlüssen in die Beschluss-Sammlung,
die vor dem 1. Juli 2007 gefasst wurden 25;
• Sondervergütung für die Ausstellung von Bescheinigungen für haushaltsnahe
Dienstleistungen 26;
• Vergütung an Dritte für Online-Kosten bei Führung der Beschluss-Sammlung im
Internet;
• zusätzliche Vergütungsregelungen im Verwaltungsvertrag für Zusatzleistungen des
Verwalters neben den gesetzlich zu erbringenden Leistungen, z.B. bei gerichtlicher
25
26
Vgl. dazu AG Aachen, Urteil vom 22.2.2008, ZMR 2008, 833, m. Anmerkung Sauren
LG Bremen, Beschluss vom 19.5.2008, 4 T 438/07; LG Düsseldorf, Beschluss vom 8.2.2008, 19 T 489/07,
NZM 2008, 453
Nur zur persönlichen Verwendung!!!
Vertretung (Vergütungsregelung nach RVG) 27, Baubetreuungsleistungen (Vergütung
nach HOAI) 28.
6. Bauliche Veränderungen und Modernisierungsmaßnahmen
Änderungen durch die WEG-Reform haben auch die Bestimmungen über bauliche
Veränderungen gemäß § 22 WEG erfahren. Dabei geht es insbesondere um die neuen
Bestimmungen zu mehrheitlich beschließbaren Maßnahmen zur Modernisierung des
gemeinschaftlichen Eigentums.
Insbesondere zu den letzteren Bestimmungen liegen erste Entscheidungen vor, die
allerdings bereits deutlich machen, dass es in der Abgrenzung zwischen
Modernisierungsmaßnahmen und baulichen Veränderungen zu ähnlichen Problemstellungen
kommt wie sich schon bisher aus der Rechtsprechung zu baulichen Veränderungen bekannt
sind.
6.1 Bauliche Veränderungen
Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung
oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können gemäß § 22
Abs. 1 WEG beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer
zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte
Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte
eines Wohnungseigentümers nicht über das unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt
werden.
Obwohl mit dieser neuen Formulierung eigentlich nur eine redaktionelle Anpassung an die
herrschende Auffassung erfolgen sollte, dass nämlich bauliche Veränderungen
„beschlossen“ werden können, hat die neue Formulierung zu neuen strittigen Diskussionen
geführt.
So wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, dass entgegen der früheren Rechtslage die
erforderliche Zustimmung grundsätzlich nur in der Versammlung der Wohnungseigentümer,
nicht mehr dagegen außerhalb der Versammlung, möglicherweise durch schriftliche
Zustimmungserklärung der beeinträchtigten Eigentümer, erteilt werden kann 29.
Das würde allerdings dazu führen, dass ungeachtet des Zustimmungserfordernisses nur
eines oder nur weniger Eigentümer immer ein Mehrheitsbeschluss der beschlussfähigen
Versammlung erforderlich wäre. Damit würde aber die Regelung, wonach nur die
beeinträchtigten Eigentümer zuzustimmen haben, ins Leere gehen und damit das
beabsichtigte Ziel konterkarieren.
Hinsichtlich der Beurteilung, nach welchen Kriterien eine bauliche Veränderung zu beurteilen
ist, und wann bauliche Veränderungen die Zustimmung aller Eigentümer erfordern, hat sich
an der bisherigen Rechtslage nichts geändert.
6.1.1 Wintergarten statt Loggia 30
27
28
29
30
AG Düsseldorf, Beschluss vom 11.9.2007, 290 I 71/07
AG Hamburg-Harburg, Urteil vom 28.12.2007, 611 C 146/07, ZMR 2008, 1006
So Merle in Bärmann WEG § 22 Rn 119 ff.
AG Hamburg-Altona, Urteil vom 7. August 2007, 316 C 425/06, zwar ergangen zum Mietrecht, jedoch
entsprechend auf das Wohnungseigentum anzuwenden
Nur zur persönlichen Verwendung!!!
Bauliche Maßnahmen, die die Eigenart der Wohnungseigentumsanlage verändern, können
von den Wohnungseigentümern nicht mit Mehrheit beschlossen werden. Nach dem Willen
des Gesetzgebers umfasst die Mehrheitsmacht zur Beschlussfassung über
Modernisierungsmaßnahmen nicht die Umgestaltung der Wohnanlage, die deren Eigenart
ändert.
Dies ist insbesondere der Fall beim Anbau eines Wintergartens, einer Aufstockung oder bei
einem Abriss von Gebäudeteilen oder anderen vergleichbaren Veränderungen des inneren
und äußeren Gebäudebestandes.
Auch die nachhaltige Veränderung des optischen Gesamteindrucks gilt als Änderung der
Eigenart der Wohnanlage. Das ist der Fall, wenn nur einzelne, nicht aber alle Balkone
verglast werden oder wenn beim Bau von Dachgauben in einer vorhandenen
Dachgeschosswohnung die Symmetrie des Hauses nicht eingehalten wird.
Im Sinne dieser Rechtsauffassung fällt auch die Umwandlung einer Loggia in einen
Wintergarten nicht unter den mietrechtlichen Modernisierungsbegriff, der entsprechend §
559 Abs. 1 BGB auch auf den Bereich des Wohnungseigentums anzuwenden ist.
Das besondere Merkmal einer Loggia besteht darin, dass diese – vergleichbar einem Balkon
– dem Nutzer die Möglichkeit gibt, unmittelbar Kontakt zur äußeren Umgebung herzustellen,
den klimatischen Verhältnissen der Umwelt ausgesetzt zu sein.
Ein Wintergarten hingegen vergrößert zwar die benutzbare Wohnfläche, zeichnet sich aber
gerade dadurch aus, dass er den Bewohner vor den klimatischen Verhältnissen der Umwelt
schützt. Ein Wintergarten stellt deshalb im Verhältnis zur Loggia ein anderes, ein
sogenanntes „aliud“ dar. Eine Loggia soll gerade keinen Schutz vor äußeren Einflüssen
bieten, während dieser Schutz Zweck eines Wintergartens ist.
Deshalb kann nach Auffassung des AG Hamburg-Altona die Umwandlung einer Loggia in
einen Wintergarten auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Energieeinsparung als
Verbesserung der „Mietsache“ angesehen werden.
Bei dem Maßstab, ob es sich um eine Wohnwertverbesserung handelt, kommt es nicht auf
die individuelle Wertung eines Einzelnen an, sondern auf die Verkehrsanschauung.
Entscheidend sei, ob allgemein der Maßnahme eine Wohnwertverbesserung zugemessen
wird. Davon, dass Mieter oder Wohnungseigentümer generell einen Wintergarten gegenüber
einem Freisitz bevorzugen, könne jedenfalls nicht die Rede sein.
6.1.2 Umbau einer Dachterrasse in einen Wintergarten 31
Die Umgestaltung von Dachterrassen zu verglasten Wintergärten stellt grundsätzlich eine
bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG dar. Es handelt sich dabei um eine
nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung, die darüber hinaus zu einer optischen, von allen
Seiten sichtbaren Beeinträchtigung des Gesamteindrucks der Wohnanlage führt.
Daher reicht ein Mehrheitsbeschluss zur Genehmigung der baulichen Maßnahmen nicht
aus. Auch ein qualifizierter Mehrheitsbeschluss, wie er für eine Modernisierungsmaßnahme
im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG vorgeschrieben ist, reicht nicht aus.
Bei der Umgestaltung einer Dachterrasse in einen Wintergarten handelt es sich nicht um
eine Modernisierungsmaßnahme gemäß § 559 BGB. Auch wenn sich der Nutzer einer
Dachterrasse durch Witterungseinflüsse in der Nutzung gestört oder beeinträchtigt fühlt, wird
31
AG Konstanz, Urteil vom 13.3.2008, 12 C 17/07
Nur zur persönlichen Verwendung!!!
durch Wintergärten der Gebrauchswert der Wohnung nicht nachhaltig erhöht. Vielmehr kann
die Auffassung vertreten werden, dass ein Wintergarten eine andere Qualität der Nutzung
der entsprechenden Fläche ermöglicht, damit jedoch nicht notwendig eine Verbesserung
einhergeht.
Hinzu kommt, dass die Umgestaltung von Dachterrassen in Wintergärten die Eigenart der
Wohnanlage im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG verändert und auch aus diesem Grunde eine
Einstufung als Modernisierungsmaßnahme ausscheidet.
6.1.3 Zustimmungsfreie bauliche Veränderung: Verlegung einer Gasleitung 32
Für die Verlegung einer unterirdischen Gasleitung über den gemeinschaftlichen
Zugangsweg zur Versorgung des Rückgebäudes einer aus diesem Gebäude und dem
Vordergebäude bestehen Wohnungseigentumsanlage kann im Einzelfall die Zustimmung
der übrigen Wohnungseigentümer mangels Beeinträchtigung ihrer Rechte über das nach §
14 Nr. 1 WEG zulässige Maß hinaus entbehrlich sein.
Das Gericht stellte bei der Beurteilung der konkreten Fallgestaltung maßgeblich auf die
Neufassung des § 22 Abs. 1 WEG ab, die sich jedoch im Wesentlichen – so das Gericht –
auf eine sprachliche Klarstellung beschränkt, insbesondere aber die für die
Zustimmungsbedürftigkeit maßgebliche Schwelle des § 14 Nr. 1 WEG nicht verändert.
Die Vorschrift des § 22 Abs. 2 WEG zur Zulässigkeit eines Mehrheitsbeschlusses bei
baulichen Veränderungen spiele schon deshalb keine Rolle, weil ein einzelner
Wohnungseigentümer einen Anspruch auf die in dieser Vorschrift geregelten
Modernisierungsmaßnahmen nicht habe 33.
6.2 Modernisierung
Eine entscheidende Neuerung im Rahmen der Erweiterung der Beschlusskompetenz hat die
Regelung zur Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen gebracht.
Nach dieser Neuregelung können gemäß § 22 Abs. 2 WEG bauliche Veränderungen und
Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung
hinausgehen, die aber der Modernisierung im mietrechtlichen Sinne entsprechend § 559
Abs. 1 BGB oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der
Technik dienen,
•
•
die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und
keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen,
abweichend von § 22 Abs. 1 WEG
•
•
durch eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer
im Sinne von § 25 Abs. 2 WEG (Kopfprinzip) und
mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile
beschlossen werden. Diese Befugnis kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer
nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
Aus der Rechtsprechung liegen zwischenzeitlich die ersten Entscheidungen zu dieser
Problematik vor. Sie machen allerdings deutlich, dass jeder Einzelfall konkret nach den
32
33
OLG München, Beschluss vom 6.9.2007, 34 Wx 33/07, NZM 2008, 320
BT-Drucksache 16/887, S. 31
Nur zur persönlichen Verwendung!!!
jeweils gegebenen Umständen unter Berücksichtigung der durch § 22 Abs. 2 WEG
normierten Voraussetzungen zu prüfen und zu entscheiden ist.
6.2.1 Fahrstuhleinbau gilt grundsätzlich als Modernisierungsmaßnahme 34
Grundsätzlich stellt die Errichtung von Fahrstühlen eine Modernisierungsmaßnahme gemäß
§§ 22 Abs. 2 WEG, 559 Abs. 1 BGB dar, da hierdurch die Wohnverhältnisse verbessert
werden. Das ergibt sich auch aus der Begründung zur WEG-Novellierung, auch wenn dort
vom „Einbau“ und nicht vom „Anbau“ die Rede ist.
Entscheidend ist bei dieser Frage auf die Funktion des Fahrstuhls abzustellen, der insoweit
eine Verbesserung der Wohnsituation darstellt. Darüber hinaus findet die Modernisierung
eine besondere Ausprägung im Anspruch auf Barrierefreiheit, der auch das Interesse einer
gehbehinderten Person an einem Lift zum Inhalt haben kann.
Der Anbau eines Personenaufzuges durch doppelt qualifizierten Mehrheitsbeschluss gemäß
§ 22 Abs. 2 WEG kann allerdings daran scheitern, dass die Umsetzung dieses Beschlusses
zu einer Änderung der Eigenart der Wohnanlage führen würde.
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollte das Recht zur mehrheitlichen
Beschlussfassung – die Mehrheitsmacht – nicht das Recht zur Umgestaltung der
Wohnanlage beinhalten, wenn die bisherige Eigenart dadurch geändert wird, dass ein
Anbau, eine Aufstockung oder ein Abriss von Gebäudeteilen erfolgt oder vergleichbare
Änderungen des inneren oder äußeren Bestandes erfolgen oder der optische
Gesamteindruck nachteilig verändert wird.
Im vorliegenden Fall hätte die Massivität des baulichen Eingriffs und die damit verbundene
erhebliche nachteilige Änderung des optischen Gesamteindrucks die Eigenart der
Wohnanlage verändert.
Der Ungültigerklärung des mit der erforderlichen doppelt qualifizierten Mehrheit gefassten
Beschlusses stand im entschiedenen Fall auch der Anspruch auf Barrierefreiheit nicht
entgegen. Auch wenn man altersbedingte Bewegungseinschränkungen als Behinderung in
weiterem Sinne betrachten würde, bedeute das nicht zwangsläufig, dass deshalb jede
bauliche Maßnahme zulässig wäre. So kämen anstelle eines äußeren Aufzugsanbaus der
Einbau eines Innenaufzuges oder auch der Einbau eines Treppenlifts in Betracht.
6.2.2 Gebrauchswerterhöhung durch Balkonanbau 35
Der erstmalige Anbau eines Balkons stellt wegen des hohen Nutzwertes zu Erholungs- und
Freizeitzwecken eine Gebrauchswerterhöhung und somit eine Modernisierungsmaßnahme
im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG dar. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die
betreffende Wohnung bereits über eine Dachterrasse verfügt. Ein zusätzlicher Balkon erhöht
trotzdem den Wohnwert, zumal er darüber hinaus auch noch die Nutzfläche vergrößert.
Eine Veränderung der Eigenart der Wohnanlage liegt durch den Balkonanbau liegt dann
nicht vor, wenn die Ausführung in gleicher Art und Größe erfolgt wie bei den schon
vorhandenen Balkonen.
Eine unbillige Beeinträchtigung kann sich jedoch daraus ergeben, dass durch die
Aufstockung andere Balkone eine andere Qualität erhalten und darüber hinaus die
Lichtverhältnisse sich in darunter liegenden Balkonen verschlechtern.
34
35
AG Konstanz, Urteil vom 13.3.2008, 12 C 17/07
AG Konstanz, Urteil vom 25. Oktober 2007, 12 C 10/07, NZM 2007, 888
Nur zur persönlichen Verwendung!!!
Deshalb kann ein Wohnungseigentümer, dessen Wohnung bei Erwerb einen nach oben
nicht abgeschirmten Balkon aufweist, eine Beeinträchtigung der gegenwärtigen
Lichtverhältnisse auf seinem Balkon und in seiner Wohnung, die durch den mehrheitlich
beschlossenen erstmaligen Anbau eines Balkons über seiner Balkonfläche hervorgerufen
wird, jedenfalls dann erfolgreich durch Anfechtung des entsprechenden Beschlusses geltend
machen, wenn der Balkonanbau darüber hinaus einen zusätzlichen Luxus darstellt, weil die
Oberwohnung bereits über eine Dachterrasse verfügt.
6.2.3 Anbau einer Balkontreppe in den Garten 36
Zu den mehrheitlich beschließbaren Modernisierungsmaßnahmen, die im Sinne der
gesetzlichen Regelung zu einer nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswertes führen, gehört
auch die Genehmigung der Anlage von Balkontreppen, die von den Erdgeschosswohnungen
in den Garten der Wohnungseigentumsanlage führen.
Als Maßnahmen zur Gebrauchswerterhöhung zählen solche, die die Nutzung der Wohnung
bequemer, sicherer, gesünder, angenehmer oder weniger arbeitsaufwendig machen. Die
Anlage der Treppen diene dem bequemeren Zugang zum Garten. Das ist aber nach
Auffassung des AG Hannover gerade einer der Aspekte, die eine nachhaltige
Gebrauchswerterhöhung begründen können.
Eine unbillige Beeinträchtigung, die einer mehrheitlichen Genehmigung der Anlage der
Balkontreppen entgegenstehen könnte, sei nicht ersichtlich, zumal die Eigentümer der
Erdgeschosswohnungen die Kosten in voller Höhe selber trage.
Auch werde die Eigenart der Wohnanlage durch die nur unwesentliche Veränderung des
optischen Erscheinungsbildes nicht verändert.
36
AG Hannover, Urteil vom 2. Oktober 2007, 484 C 9870/07