Outsourcingoptionen für Verpflegungssysteme im Krankenhaus

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Outsourcingoptionen für Verpflegungssysteme im Krankenhaus
8.2015 das
Krankenhaus
Organisation
Robert Orsag/Tilo Kurz
Gestaltungsmöglichkeiten und
­Outsourcingoptionen für Verpflegungssysteme im Krankenhaus
Auf der Suche nach Einsparpotenzialen oder Effizienzsteigerungen stellen sich Krankenhäuser schon seit Jahren die
Frage, ob Leistungen insbesondere aus dem Sekundärbereich nicht kostengünstiger von fremden Anbietern erbracht
werden sollten. Neben Wäscherei, Reinigungs- und Apothekenleistungen rückt das Thema Küche in den Fokus –
auch, weil etwa ein Drittel der Krankenhausküchen in Deutschland in sanierungswürdigem Zustand sind. Bevor das
Krankenhausmanagement eine kostspielige Grunderneuerung vornimmt, lohnt es sich daher, zu prüfen, ob Outsourcing eine wirtschaftlich lohnende Alternative sein kann. Hierdurch können gegebenenfalls nicht benötigte investive
Mittel in eine Verbesserung des medizinischen Kernleistungsbereichs gelenkt werden.
E
in Forschungsgutachten des Deutschen Krankenhausinstituts in Zusammenarbeit mit der Curacon aus dem Jahr
2014 konstatierte, dass bereits etwa 41 Prozent aller Krankenhäuser im Bereich Küche Outsourcing betreiben (u Abbildung 1).
Doch bevor im Zuge einer Grunderneuerung erwogen
wird, Speisen über einen Dienstleister zu beziehen, sollte die
für das Krankenhaus sinnvollste Kombination von Küchenund Produk­tionssystem gefunden werden. Dabei geht es um
eine passgenaue Lösung unter Berücksichtigung der hauseigenen Gegebenheiten und der eigenen Unternehmensziele.
Abbildung 1
Wäscherei
80,4 %
Reinigung
65,9 %
Apotheke
53,4 %
Küche
Radiologie
21,3 %
Quelle: DKI 2013
Küchensystem
27,7 %
22,0 %
IT
Abbildung 2
39,4 %
Hol- und Bringedienst
Sterilisation
Im Hinblick auf das Küchensystem stehen drei Varianten zur
Auswahl: die Einzelküche, die Zentralküche mit Relaisküche
und die Zentralküche mit Verteilerküche (u Abbildung 2).
Bei der Einzelküche finden Zubereitung und Verzehr aller
Speisen im gleichen Haus statt. Bei der Zentralküche mit Relaisküche übernimmt die Zentralküche das Vorbereiten der
Speisen und die Zubereitung von unempfindlichen Speisen,
die dann warm zur Relaisküche transportiert werden. Sofern
erforderlich, werden noch empfindliche Speisen in der
Relaisküche gegart und letzte Zubereitungsschritte unter­
nommen, bevor das Essen zu den Patienten gelangt. Bei der
Zentralküche mit Verteilerküche hingegen übernimmt die
Zentrale sämtliche Aufgaben des Zubereitens. Die Speisen
werden lediglich in geeigneten Thermobehältern zur Verteilerküche transportiert, wo sie dann portioniert und ausgegeben werden.
40,7 %
Labor
Bettenaufbereitung
Die Entscheidung für ein Küchen­system ist abhängig von der
Größe
20,0 %
17,9 %
Outsourcing
Einzelküche
Zentralküche
mit
Relaisküche
Zentralküche
mit
Verteilerküche
1
Organisation
das
Krankenhaus 8.2015
lais- oder Verteilerküchen geliefert werden können. Der Ausgabezeitpunktund -ort ist demnach unabhängig von
Zentrale Speisenproduktion mit entkoppelten
Zeitpunkt und Ort der Speiseproduk­
Systemen
tion und kann ohne Qualitätsverluste
Zentralküche
innerhalb von fünf Tagen stattfinden.
EigenCook & Chill
Die Speisen werden unmittelbar vor
oder
oder
Zulieferer?
Fremdregie?
dem Verzehr regeneriert, wodurch das
Cook & Freeze
Hygienerisiko sinkt und die Speisen
frischer beim Patienten ankommen.
Bekannt ist ebenfalls das Tiefkühlsystem
(Cook & Freeze), bei dem die
Krankenhaus
Krankenhaus
Speisen direkt nach der Zubereitung
bei Temperaturen von –40 °C schockgefroren und danach bei –18 °C gelagert
Krankenhaus
Eigenoder
werden. Im Normalfall werden die
RelaisRelais-oder
oder
Relais- oder
Fremdregie?
Verteilerküche
Verteilerküche
Verteilerküche
Speisen allerdings industriell gefertigt,
da eine Reihe von Spezifikationen, die
Zulieferer?
Relais- oder
ein langes Gefrieren ermöglichen, im
Verteilerküche
Herstellungsprozess greifen muss. In
der Relaisküche, wo die Regenerierung
der Speisen stattfindet, können frische Komponenten wie Salat
Systeme der Speisenproduktion
oder Desserts ergänzt werden. Da Produktion und Verzehr
Mit der Entscheidung für ein Küchensystem ist ebenfalls das wieder losgelöst voneinander betrachtet werden können,
passende Produktionssystem für ein Krankenhaus zu finden. spricht man hier – ebenso wie bei Cook & Chill – von einem
entkoppelten System.
Es wird zwischen vier Varianten unterschieden.
Bei der Frisch- und Mischküche (Cook & Serve) wird in der
Regel in einem Krankenhaus gekocht und serviert. Diese Va­ Die Wahl von Küchensystem und Speiseproduktion bestimmt
riante findet sich oft in Einzelküchen wieder. Produktion und die Möglichkeiten zum Outsourcing
Ausgabe der Speisen folgen direkt zeitlich und räumlich auf­
einander. Der Begriff der Mischküche sagt dabei nur aus, in- Im Entscheidungsprozess für die Erneuerung einer Krankenwiefern frische Zutaten und Convenience-Produkte „gemischt“ hausküche spielen viele Determinanten eine Rolle. Zwei bewerden. Die größte Herausforderung bei dieser Zubereitungs- sonders wichtige sind hierbei die Anzahl der benötigten Mahlvariante ist das Management des Hygienerisikos, das bei län- zeiten pro Tag und die Distanz zwischen der Küche und dem
gerer Standzeit etwa in Tablettwagen auf den Stationen an- Ausgabeort der Speise. Für Krankenhausverbünde bietet sich
steigt, und die Erhaltung der sensorisch-visuellen Qualität der eine zentrale Steuerung des Verpflegungsmanagements an.
Aber auch Einzelkrankenhäuser sollten unbedingt die MögSpeise.
Die Warmverpflegung (Cook & Hold) ist ein bekanntes Ver- lichkeiten einer regionalen Kooperation mit anderen Krankenpflegungssystem, weil es überall dort greift, wo keine eigene häusern/lokalen Einrichtungen prüfen. Denn rein wirtschaftKüche in der Einrichtung zur Verfügung steht, oder wo eine lich macht es wenig Sinn, in jedem Haus eine Einzelküche
Verteilerküche oder Ähnliches letztlich nur das Anrichten vorzuhalten, die mit Cook & Serve ihre Patienten verpflegt.
Rein qualitativ und mit Blick auf die Patientenzufriedenübernehmen kann. Die zeitliche und räumliche Entkopplung
von Produktion und Ausgabe wird durch spezielle Transport- heit verbessern sich die Krankenhäuser tendenziell durch entwagen überbrückt, die bestimmte Temperaturbereiche einhal- koppelte Systeme, da die Auswahl durch den Rückgriff auf
ten. Auch hier stellt die Einhaltung der Hygienebestimmungen viele gefrorene Einzelkomponenten deutlich ansteigt und das
durch die Transportzeiten eine große Herausforderung dar. fertige Essen direkt nach der Erwärmung ans Patientenbett geBesonders vor dem Hintergrund qualitativer Überlegungen bracht werden kann, sodass lange Standzeiten in der Regel vergeht die Entwicklung weg von den heute noch vorherrschen- mieden werden können.
Mit Blick auf das Thema Outsourcing gibt es im Kontext
den Einzelküchen mit Cook & Serve oder der langen Warmhaltezeit im Zuge von Cook & Hold, hin zu alternativen Produk­ der Zentralküchen diverse Ausgestaltungsoptionen (u Abbiltionssystemen.
dung 3).
Die Erfahrungen zeigen, dass das Kühlkostsystem (Cook &
So kann in einem ersten Schritt die Zentralküche entweder
Chill) immer häufiger bevorzugt wird. Die Speisen werden ge- ganz durch externe Zulieferer ersetzt werden oder ihre Eigenkocht und unmittelbar im Anschluss auf etwa 0 bis 2 °C herun- produktion durch Fremdbezug ergänzen. In einem zweiten
tergekühlt. Dadurch erlangen die Speisen eine Haltbarkeit von Schritt kann dann auch die Relais- oder Verteilerküche teilweibis zu fünf Tagen, in denen sie zur Wiederaufbereitung in Re- se oder vollständig ausgegliedert werden. Vor einer EntscheiAbbildung 3
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Organisation
dung für Outsourcing sollte zunächst eine Investitionsrechnung aufzeigen, dass die zu realisierenden Einsparungen die
voraussichtlichen Investitions- bzw. Outsourcingkosten überwiegen. Ein wesentlicher wirtschaftlicher Vorteil dieser Produktionssysteme ist losgelöst vom Gedanken des Fremdbezugs
die Erhöhung der Flexibilität der Leistungserbringung zum
Beispiel durch „Vorkochen“ von Speisen für mehrere Tage.
Hierdurch ergeben sich variabel gestaltbare Personaldienstpläne und es muss an Wochenenden nicht mehr unbedingt gekocht werden. Ebenso kann bei kurzfristigen Personalengpässen flexibel reagiert und auf teures Fremdpersonal verzichtet
werden. Entkoppelte Systeme lassen sich ab etwa 500 bis 800
Verpflegungseinheiten pro Tag rentabel in Eigenregie betreiben. Bei der Eigenproduktion von Kühl- und Tiefkühlspeisen
zum Beispiel im Zuge von Cook & Freeze in Eigenregie gelten
hohe hygienische Standards, weshalb Krankenhausküchen zunehmend auf eine Belieferung von Speisekomponenten durch
spezialisierte externe Zubereitungsunternehmen zurückgreifen. Bei kleineren Küchen etabliert sich zunehmend der
Fremdbezug von Speisen anstelle der Vorhaltung einer eigenen Zentralküche.
gehaltene Küche dem externen Küchendienstleister zur Nutzung überlassen wird und die Räumlichkeiten mit der Kücheneinrichtung aus sogenannten zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert worden sind.
Steuerliche Auswirkungen
Speiseversorgung der Zukunft
Bei der Erstellung einer Investitionsrechnung müssen auch
steuerliche Auswirkungen eingepreist werden. Dabei sind letztere zunächst danach zu differenzieren, ob das Outsourcing im
Sinne einer bloßen Fremdvergabe an einen externen Küchendienstleister oder mittels Ausgliederung auf eine eigene Konzerngesellschaft verstanden wird.
Bei einer reinen Fremdvergabe spielt insbesondere die
Umsatzsteuer eine entscheidende Rolle, da der Fremdeinkauf
von Küchenleistungen regelmäßig der Umsatzsteuer mit
19 Prozent unterliegt. Der Krankenhausträger kann aufgrund
umsatzsteuerfreier Ausgangsumsätze keinen entsprechenden
Vorsteuerabzug geltend machen. Die von dem Küchendienstleister in Rechnung gestellte Umsatzsteuer muss demnach als
Kostenfaktor berücksichtigt werden.
Eine gänzliche Umsatzsteuerentlastung kann nur mittels
Outsourcing der Küchenleistungen in eine eigene Tochterbzw. Konzerngesellschaft erreicht werden, die – ggf. unter Einbindung eines gewerblichen Küchendienstleisters als Minderheitsgesellschafter – in eine sogenannte umsatzsteuerliche
Organschaft eingebunden werden kann.
Soweit die Ausgliederung auf eigene Konzerngesellschaften nicht möglich oder gewünscht ist, kann bei dem Einkauf
von Küchenleistungen zumindest über eine Reduzierung der
umsatzsteuerlichen Belastung auf den ermäßigten Steuersatz
von derzeit 7 Prozent nachgedacht werden. Dies kann durch
die Vereinbarungen bloßer „Essenslieferungen“ ohne wesentliche Dienstleistungsanteile erreicht werden.
Daneben können bei Krankenhäusern, die dem sogenannten Non-Profit-Bereich angehören, auch gemeinnützigkeitsrechtliche Restriktionen eine gewichtige Rolle spielen. Dies
kann unter anderem dann der Fall sein, wenn im Rahmen des
Outsourcing-Modells beispielsweise die im Krankenhaus vor-
Die gerade genannten Beispiele der Küchen- und Verpflegungssysteme einschließlich der vor- und nachgelagerten Bereiche verdeutlichen die Herausforderungen, die sich dem
Krankenhausmanagement bei der Modernisierung seiner
Krankenhausküche stellen.
Insgesamt ist in der Krankenhauslandschaft ein eindeutiger Trend hin zur Bildung von Zentralküchen mit Relais- oder
Verteilerküchen zu beobachten. Hierbei werden überwiegend
räumlich entkoppelte Systeme eingerichtet. Größere bzw. im
Verbund organisierte Krankenhäuser haben hierbei aufgrund
der größeren Mengen Vorteile.
Geht der Blick noch etwas weiter in die Zukunft, ist beispielsweise eine automatisierte, gekoppelte Speisen- und Medikamentenversorgung denkbar. Hierzu laufen bereits Forschungsarbeiten durch die Initiative „Hospital Engineering –
Innovationspfade für das Krankenhaus der Zukunft“.
Wird heute eine Entscheidung über das Küchen- oder Produktionssystem oder über den Fremdbezug von Speisekomponenten, Personal oder ganzen Relais- oder Verteilerküchen getroffen, dann sollte abseits der erhofften wirtschaftlichen Effekte immer auch eine Verbesserung der Qualität des Essens
für den Patienten im Vordergrund stehen. Denn an gutes Essen erinnern sich Patienten auch lange nach ihrem Krankenhausaufenthalt noch, wenn sie nach einer Empfehlung für
­einen Krankenhausaufenthalt gefragt werden.
Speisenerfassung und -transport
Neben der Frage nach dem Küchen- bzw. Produktionssystem
sollte ein Krankenhaus überlegen, wie die Essenswünsche und
der Transport der Mahlzeit zum Patienten nach der Produktion
gestaltet werden. Mit der Aufnahme der Essenspräferenz können interne oder externe Personen betraut werden. Rückläufig
ist Erfassung über Pflegepersonal, wohingegen beispielsweise
Ernährungsberater, Hostessen oder das Servicepersonal der
Küche diese Funktion immer häufiger übernehmen. Die Erfassung erfolgt meist digital etwa über Pen Pads, Kartensysteme
oder Strichcodes. Der Transport der Speisen auf die Station
wird in der Regel durch einen Hol- und Bringdienst (hauseigen
oder hausfremd) oder wiederum durch das Küchen- oder Pflegepersonal geleistet. In der Regel kommen die Tabletts fertig
portioniert zum Austeilen auf das jeweilige Stockwerk.
Anschrift der Autoren
Robert Orsag, Seniorberater Prüfungsnahe Beratung Curacon GmbH
Münster/Tilo Kurz, Rechtsanwalt und Steuerberater, Niederlassungsleiter Steuerberatung Curacon GmbH Darmstadt
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