Jahresbericht 2015 PDF
Transcription
Jahresbericht 2015 PDF
MACHER AM WERK MAGAZIN 2015 MACHER AM WERK 04 20 28 2016 – DIE TRANSFORMATION GREIFT … KUNDEN ÜBERZEUGEN WELTWEIT ES MUSS ANDERS WERDEN … Der Unternehmensumbau von Heraeus nimmt sichtbar Gestalt an. Jan Rinnert, Vorsitzender der Heraeus Holding Geschäftsführung über ein ereignisreiches Jahr und gute Perspektiven. Jeden Tag arbeiten Heraeus Mitarbeiter in allen Regionen der Welt daran, ihre Kunden vor Ort noch erfolgreicher zu machen. Ein Blick an die Orte, wo Zusammenarbeit entsteht. 08 22 WO DIE SONNE AUFGEHT … WIR SEHEN CHANCEN! Dr. Weiming Zhang über die Vereinbarkeit seiner Doppelrolle als Leiter Sales und Chefentwickler für Heraeus Photovoltaics und die Herausforderungen in China, dem größten Photovoltaikmarkt der Welt. Das Geschäft mit Knochenzement boomt: Heraeus Medical Components gehört zu den am stärksten wachsenden Business Units im Konzern. Das ist auch ein Ergebnis der besonderen Innovationskultur. 14 26 ZEMENT ANMISCHEN FÜR WEITERES WACHSTUM INNOVATIONEN SCHAFFEN Von Wehrheim aus liefert Heraeus Medical Knochenzement in alle Welt – bei ständig wachsender Nachfrage. Dr. Britta Bär ist für den weiteren Ausbau der Produktion verantwortlich. 16 AN DIE IDEE GLAUBEN So geht Teamarbeit im globalisierten Umfeld: Die Heraeus Innovationspreisträger Florian Richardt und Bikash Agarwal berichten, wie sie alte Denk- und Organisationsstrukturen mit ihrem innovativen Preismodell „Flexible Forward“ aufbrechen. Ein Überblick zu den Finalisten und Preisträgern der Heraeus Innovationspreise 2015. Dr. Jürgen Heraeus, Aufsichtsratsvorsitzender der Heraeus Holding GmbH beschreibt, warum Unternehmen heute wie damals wandlungsfähig bleiben müssen. 32 KONSEQUENT AUF ERFOLG AUSGERICHTET Wolfgang Stang, Geschäftsführer von Heraeus Noblelight beschreibt, mit welchen Mitteln er den Turn around im stagnierenden Lichtgeschäft schaffte. 34 DIE PRODUKTION DER ZUKUNFT BAUEN Zwei Orte, zwei Menschen, ein Ziel: Die Projektmanager Hendrik Trute und Vincent Ji bauen die Edelmetallfabrik der Zukunft. In Hanau und Nanjing. 36 EXZELLENZ BRAUCHT EIN GUTES TEAM Wo ist die Produktion bei Heraeus richtig gut? Zum Beispiel in Wilmington, North Carolina. Ein Besuch bei Produktionsleiter Bruce Bratz. 38 HERAEUS IM JAHR 2015 22 28 16 36 Heraeus hat im Jahr 2015 seine Transformation zielstrebig vorangetrieben. Das Unternehmen hat sich neu und funktional auf seine Märkte ausgerichtet, viele Prozesse optimiert und ist so insgesamt für seine Kunden leistungsfähiger geworden. Damit das auch in Zukunft so bleibt, laufen weiterhin viele Initiativen auf dem Weg zu globaler Exzellenz. Doch Transformation ist harte Arbeit. Menschen sind die treibende Kraft, täglich entwickeln sie jeden Bereich des Unternehmens weiter. Doch wer sind sie und was motiviert sie? Lernen Sie einige Gestalter bei Heraeus kennen. 08 32 34 14 2 MEILENSTEINE 2015 APRIL JULI Heraeus Electro-Nite übernimmt CPP Thermo Devices Pvt. Ltd. Best Supplier Award der Firma Continental Heraeus Electro-Nite übernimmt CPP Thermo Devices. Das indische Unternehmen ist spezialisiert auf die Produktion und den Vertrieb von Messsensoren für die Stahlindustrie in Indien, Südostasien, dem Nahen Osten sowie Afrika und beschäftigt rund 140 Mitarbeiter. Die Firma Continental zeichnet Heraeus mit dem „Best Supplier Award“ in der Kategorie „Product Related Auxiliaries (PRA)“ aus. Eine große Rolle spielt das neue Produkt „Flexible Forward“ von Heraeus. Mehr dazu ab Seite 16. JULI APRIL Heraeus Noblelight in Cambridge, UK, erhält Queen’s Award für Unternehmen in der Kategorie »Innovation« Der Queen’s Award ist die äußerst renommierte Anerkennung des britischen Königshauses für exzellente unternehmerische Leistungen. Heraeus Noblelight UK erhält die Auszeichnung für die langjährige, erfolgreiche Weiterentwicklung der automatisierten Fertigung von Flash-Lampen. So wurden die Technologie führerschaft und weitere Marktanteile gewonnen. JUNI »Top 100«-Preisverleihung: Heraeus Medical ist top-innovatives Unternehmen Heraeus Medical wird beim Summit des Deutschen Mittelstands erneut als Top-Innovator ausgezeichnet. Damit das Unternehmen seinem Ruf als Weltmarktführer weiter gerecht bleibt, widmen sich über ein Drittel der Beschäftigten in Deutschland ausschließlich innovativen Prozessen – von der Optimierung bestehender Produkte bis zur Neuentwicklung. Grundsteinlegung des Innovationszentrums in Hanau Mit der Grundsteinlegung startet der Bau des neuen Innovations zentrums am Standort Hanau. Bereits Anfang 2017 soll das repräsentative Gebäude fertig gestellt sein und Platz für rund 200 Arbeitsplätze bieten. AUGUST Neues Touchpanel mit Heraeus Innovation entwickelt Heraeus hat gemeinsam mit ITRI Taiwan erstmals ein voll funktionsfähiges, biegbares 7-Zoll-Touchpanel auf der Touch Taiwan Exhibition vorgestellt. Als Folienbeschichtung kamen leitfähige Polymere (Clevios™ PEDOT) zum Einsatz. Die Innovation eröffnet neue Möglichkeiten für flexible, faltbare und tragbare Displays. 3 AUGUST NOVEMBER Ausbau der Aktivitäten von Heraeus Medical in Wehrheim Chinesisches Heraeus Joint Venture feiert 20-jähriges Jubiläum und eröffnet neuen Produktionsstandort Heraeus Medical investiert rund 17 Mio. Euro in den Um- und Neubau von Produktionseinrichtungen am Standort Wehrheim. Der Standort bietet ideale Voraussetzungen für die globalen Aktivitäten des Unternehmens. SEPTEMBER 30 Jahre Heraeus in Singapur Vor 50 Jahren wurde Singapur eigenständig, vor 30 Jahren startete Heraeus in dem Stadtstaat mit rund zehn Mitarbeitern – heute arbeiten rund 650 Mitarbeiter an fünf Standorten in Singapur. Schwerpunkte der Tätigkeiten liegen in den Bereichen Elektronik, Festplatten, Halbleiter, Medizintechnik und Photovoltaik. Mit dem 20-jährigen Jubiläum der Heraeus (Zhaoyuan) Precious Metal Materials (HZPM) und der Eröffnung eines neuen Produktionsstandorts des Joint Ventures gibt es für Heraeus gleich zwei feierliche Anlässe. Das Gemeinschaftsunternehmen war das erste Joint Venture zwischen einem chinesischen und einem ausländischen Unternehmen in der Gold verarbeitenden Industrie. Am neuen Produktionsstandort können mit modernsten Produktionsanlagen, hohen Betriebsstandards und intelligenten Informationsmanagement-Systemen Produktivität und Produktqualität verbessert und die Elektronik- und Halbleiterindustrie in Greater China gestärkt werden. NOVEMBER OKTOBER Werkseröffnung in Rumänien Heraeus Innovationspreis 2015 Mit dem Heraeus Innovationspreis würdigt Heraeus seit 2003 eigene Forscher und Entwickler für herausragende Ideen und Leistungen. Die diesjährigen Gewinnerteams stellen wir Ihnen auf der Seite 26 in diesem Magazin vor. Heraeus hat mit Timişoara einen idealen Standort für seinen neuen Produktionsstandort in Rumänien gewählt. Die Region bietet eine gute Infrastruktur und kurze Transportwege. Produziert werden Lotpasten, Pulver und andere Kontaktmittel, vor allem für Automobilzulieferer. OKTOBER Heraeus und Northam Platinum schließen langfristige Partnerschaft für Edelmetallraffination und -vertrieb Heraeus und der südafrikanische Hersteller von Platingruppenmetallen (PGM) Northam Platinum, Ltd., geben die Ausweitung ihrer bestehenden, langfristigen Partnerschaft bekannt. Im Rahmen der Zusammenarbeit, für die eine Laufzeit von 20 Jahren vereinbart wurde, raffiniert Heraeus alle PGM-Erzkonzentrate von Northam. Darüber hinaus erwirbt Heraeus bis zu 40 Prozent dieser raffinierten Edelmetalle. So sichert Heraeus seinen Kunden einen zuverlässigen Zugang zu Platingruppenmetallen. DEZEMBER Verleihung des HPS Awards Spitzenleistungen bei der Weiterentwicklung unserer Produktion und der Einführung des Heraeus Produktionssystems (HPS) – dafür werden zum ersten Mal drei Teams mit dem hausinternen HPS Award ausgezeichnet. Beim zweiten HPS Jahresevent werden die Preise an die Gewinnerteams aus Bitterfeld, Kleinostheim und Yverdon-les-Bains vergeben. »2016 WIRD DAS JAHR, IN DEM DIE TRANSFORMATION GREIFT…« Interview mit JAN RINNERT, Vorsitzender der Heraeus Holding Geschäftsführung zu den unternehmensweiten Veränderungsprozessen. Herr Rinnert, Sie haben einen sehr umfangreichen Veränderungsprozess bei Heraeus angestoßen. Warum war das notwendig? Handeln erlaubt. Die neuen Global Business Units (GBU) sind nun seit über einem Jahr in dieser Form auf ihren Märkten aktiv und wir stellen überwiegend gute operative Fortschritte fest. JAN RINNERT: Ein wesentlicher Grund sind starke Veränderungen unserer Märkte und Kundenbedürfnisse. Unsere Wettbewerber Ein zweiter wichtiger Bereich waren unsere Maßnahmen zur gewinnen Marktanteile mit Produkten, die im Niedrigpreisseg- Verbesserung unserer operativen Exzellenz, insbesondere weil ment angesiedelt sind. Besonders spürbar wird das überall, die Effizienz in der Produktion und in den produktionsnahen wo zum Beispiel Edelmetalle aus Kostengründen substituiert Bereichen nicht ausreichend ist. Ab dem zweiten Quartal werden, wie z. B in der Elektronikindustrie. Außerdem verän- 2015 haben wir daher die Exzellenz-Initiativen gestartet, die dern sich die Technologien in unseren Märkten in sehr großem uns in allen Ebenen auf Weltklasseniveau bringen soll. Im Tempo: So verliert beispielsweise das traditionelle Festplatten- Laufe der Reorganisation haben wir aber feststellen müssen, geschäft weiter Anteile gegenüber Halbleiterspeichern, oder dass bei einigen der alten Geschäftseinheiten stärkere Defizite Technologien wie OLED (Organische Leuchtdiode) setzen sich in den Arbeitsabläufen bestehen als bisher angenommen und nicht so schnell durch, weil große Marktteilnehmer andere weitere Optimierungsmaßnahmen erforderlich sind. Wir haben strategische Entscheidungen treffen. Die beschleunigte Ent- diese dann gebündelt und in dem Heraeus FIT-Programm wicklung und der stärker globalisierte Wettbewerb führen auch zusammengefasst. Die konsequente Umsetzung dieses Pro- zu einem höheren Innovationsdruck, in immer kürzeren Zyklen gramms hat maßgebliche Wirkung auf die Stabilisierung und neue Produkte in den Markt zu bringen. Gleichzeitig müssen Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit einiger Geschäfte wir mehr als bislang Service- und Systemanforderungen unserer besonders an unseren deutschen Standorten. Kunden erfüllen und das bei gleichzeitigem Kostendruck. Darüber hinaus haben wir weiter intensiv an unseren Prozessen Welche Maßnahmen haben Sie aus dieser Entwicklung abgeleitet? und Systemen gearbeitet: Im Rahmen des im Jahr 2012 gestar- JAN RINNERT: Wir haben über das Gesamtunternehmen hinweg Konzerns einheitliche Prozesse auf Basis eines integrierten SAP- mehrere Handlungsfelder identifiziert. Seit Herbst 2014 haben System eingeführt. So identifizieren wir schlichtweg schneller, wir uns intensiv mit einer marktgerechten und kundennahen wo unsere Geschäfte gut laufen und wo nicht. Auch wenn sol- Ausrichtung unserer Geschäftseinheiten beschäftigt, was uns che Projekte nie reibungslos ablaufen und erhebliche Anstren- in der Umsetzung zügig und gut gelungen ist. So haben sich gungen seitens der gesamten Belegschaft erfordern, verlief die zu Beginn des Jahres 2015 neue Führungsstrukturen mit elf Umstellung erstaunlich schnell. Weltweit arbeiten nun bereits globalen Business Units im Unternehmen etabliert. Diese ca. 50 % als SAP-Anwender auf einheitlichen Systemen. teten Programms „Magellan“ haben wir in weiten Teilen unseres Einheiten bündeln nun in elf marktorientierten Bereichen Führungsstrukturen verschlankt und zwei Management-Ebenen Wie konnten sich in diesem Umfeld die Geschäfte und Ergebnisse entwickeln? herausgenommen. Damit konnten wir eine funktionale Struktur JAN RINNERT: Wir haben zwar ein starkes Unternehmensfundament, mit kurzen Wegen etablieren, die schnelles unternehmerisches aber es war letztes Jahr sehr wichtig, unsere Hausaufgaben unsere vorher 35 strategischen Geschäftsfelder. Wir haben die DER STEUERMANN Jan Rinnert ist Vorsitzender der Heraeus Holding Geschäftsführung. Unter seiner Führung wurden wichtige Programme und Initiativen gestartet, um die Position des Familienunternehmens auch in Zukunft zu sichern. 6 »Wir machen gute Fortschritte im Hinblick auf unsere Ziele und Heraeus schlanker, schneller sowie markt- und kundenorientierter.« Heraeus FIT richtet sich aber auch an die internationalen Stand orte: So optimieren wir unser Standort Set-up in China und investieren hier ebenfalls in eine neue Edelmetallfabrik. Wir konsolidieren aber auch Standorte in den USA, Brasilien und den Philippinen. Für mich ist die Summe dieser sehr unterschiedlichen Investitions- und Optimierungsprojekte entscheidend. All diese Maßnahmen werden nicht nur dafür sorgen, dass wir mittelfristig zu machen haben und die Veränderungsprojekte konsequent mit Ergebnisverbesserungen sehen, wir befähigen auch unsere den notwendigen Investitionen, Abschreibungen und Rückstellun- Mitarbeiter in einem wettbewerbsfähigeren Produktionsumfeld gen auf den Weg zu bringen. Außerdem hat sich das global sehr exzellente Leistungen für unsere Kunden zu erbringen. herausfordernde kompetitive Umfeld verstärkt, gleichzeitig haben kühlte Entwicklung in China, einem unserer wichtigsten Märkte, Wie stellen Sie sicher, dass Heraeus bei all diesen Maßnahmen weiterhin innovativ bleibt? Überkapazitäten im weltweiten Stahlmarkt, signifikante Währungs- JAN RINNERT: Innovationen haben eine entscheidende Bedeutung schwankungen und niedrige Edelmetallpreise – das alles hat unser für den zukünftigen Erfolg unseres Unternehmens! Heraeus steht Geschäft im vergangenen Jahr nicht gerade einfacher gemacht. für kontinuierliche Innovation in seinen jeweiligen Märkten. Wir Einige Geschäftsbereiche konnten diesen Bedingungen trotzen erfüllen damit die Bedürfnisse unserer Kunden und gestalten mit und haben dank konsequenter Marktbearbeitung, zielgerichteter unseren Innovationen die zukünftige Entwicklung in unseren un- Innovation und Kostenmanagement gutes profitables Wachstum terschiedlichen Endmärkten. Das neue Innovationszentrum spielt erzielen können, in anderen Bereichen haben wir Schwächen in dabei eine wichtige Rolle: Ab Anfang 2017 bietet es rund 200 Markt- und ihrer Wettbewerbsposition identifiziert, die sich dämp- Entwicklern bei Heraeus ein gemeinsames Dach. Wir planen hier fend auf die Geschäftsentwicklung ausgewirkt haben. Unter diesen eine hochmoderne Infrastruktur für Forschung und Entwicklung Bedingungen konnten wir operativ ein noch zufriedenstellendes und bieten ein optimales Arbeitsumfeld, das unsere regionalen Ergebnis erzielen, und das in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Entwicklungscenter hervorragend ergänzen wird. Darüber hinaus wir in vielen Regionen abschwächende Märkte gesehen. Die abge- haben unsere Geschäftseinheiten in ihren Kernmärkten Asien, Welche Auswirkungen versprechen Sie sich langfristig von den Exzellenz-Initiativen und dem Programm Heraeus FIT? USA und Europa regionale F&E-Zentren aufgebaut. Wir sind sehr JAN RINNERT: Die Exzellenz-Initiativen und das Programm Heraeus können dadurch sehr schnell maßgenschneiderte Lösungen anbie- FIT bilden die Grundlage für die weitere positive Entwicklung von ten. Das unterscheidet uns wesentlich vom Wettbewerb und gibt Heraeus. Mit dem Exzellenz-Gedanken wollen wir die Grundein- uns einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Im vergangenen stellung aller Heraeus Mitarbeiter in allen Bereichen langfristig Jahr haben wir unsere Ausgaben in Forschung und Entwicklung weiterentwickeln. Es soll für jeden Mitarbeiter selbstverständlich noch einmal erhöht, um diese Anstrengungen zu unterstützen. nahe an unseren Kunden, sprechen ihre jeweilige Sprache und sein, sich und sein Arbeitsumfeld kontinuierlich zu verbessern und Kundenbedürfnisse als wichtige Priorität zu sehen. Gibt es bei Innovationen bereits erste sichtbare Ergebnisse? JAN RINNERT: Lassen Sie mich aus dem letzten Jahr nur drei Beispie- Darüber hinaus sehen wir in wesentlichen Teilen des Konzerns le nennen: Heraeus Noblelight wurde vom britischen Königshaus kurz- und mittelfristig Optimierungspotenziale, insbesondere in mit dem Queen’s Award für herausragende Innovation ausgezeich- der Produktion und in produktionsnahen Bereichen. Die dafür net. Heraeus Medical belegte erneut den zweiten Platz als eines notwendigen Maßnahmen und Investitionen sind im Programm der innovativsten Unternehmen in Deutschland im Wettbewerb Heraeus FIT zusammengefasst. Die konsequente Umsetzung dieses „Top 100“. Und wir sind mit 21,7 % Effizienz der aktuelle Weltre- Programms wird maßgebliche Auswirkung auf die Stabilisierung kordhalter bei der Leitfähigkeit von Silberleitpasten für Solarmodu- und Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit einiger Geschäfte le. Photovoltaik ist ein hart umkämpfter Markt mit extrem kurzen insbesondere in unseren deutschen Standorten haben. Hierzu Entwicklungszyklen und hohem Substitutionsdruck. Auch einige gehören auch die Investitionsentscheidungen in das Innovations- der Start-up Unternehmen erhalten eine sehr gute Kundenreso- zentrum von Heraeus in Hanau sowie die Edelmetallfabriken der nanz. Meine Liste ließe sich noch erweitern. Das Interessante ist Zukunft in Hanau. Auch der Ausbau des Produktionsstandortes jedoch, dass wir in ganz unterschiedlichen Märkten erfolgreich sind, Wehrheim für den Bereich Heraeus Medical ist eine sehr wichtige weil unsere Geschäftseinheiten so nah am Kunden sind. Und mit Investition in die Zukunft. Kostenoptimierung versprechen wir uns unseren internen Innovationspreisen, die wir jährlich vergeben, durch die Konsolidierung der deutschen Standorte und Aktivitäten spornen wir alle Entwickler bei Heraeus an, weiterhin hervorragen- bei Heraeus Noblelight sowie Heraeus Quarzglas. de Lösungen und Produkte zu entwickeln. HERAEUS | MAGAZIN 2015 | DER STEUERMANN 7 Welche Schwerpunkte setzen Sie dieses Jahr? JAN RINNERT: Wir arbeiten weiter intensiv an den Exzellenz-Initiativen. Mit dem Eintritt von Dr. André Kobelt in die Geschäftsführung wird kommerzielle Exzellenz und die systematische Bearbeitung unserer Märkte erheblich verbessert. Das Verbesserungspotenzial bei kommerzieller Exzellenz ist in weiten Teilen des Unternehmens ähnlich groß wie in den Produktionsbereichen. Darüber hinaus verfolgen wir intensiv die Umsetzung von Heraeus FIT, um unsere Arbeitsabläufe weiter zu verbessern. Das bleibt erfolgskritisch, insbesondere für die deutschen Standorte. Zur Erreichung unserer Ziele ist ein gemeinsames Führungsverständnis wichtig. Wir haben daher ein neues Leadership Modell eingeführt und unsere Ansprüche an unsere Führungskräfte neu definiert. Dieses wollen wir weiter mit Leben füllen und die weltweite Führungskultur noch stärker verankern. Zuletzt widmen wir uns noch stärker Zukunftsthemen, wie der Einführung eines Responsibility Management Systems, dass neben unserer schon sehr guten Legal- und Compliance-Arbeit Wo liegen die Themenfelder, in denen sich Heraeus zukünftig mit Inno- einen Fokus auf Umwelt, Gesundheit und Sicherheit setzt. Und vation und Produktlösungen beschäftigen sollte? wir werden die Digitalisierung und Industrie 4.0, die wesentlichen JAN RINNERT: Wir sind in vielen relevanten Themenfeldern bereits gut Einfluss auf unsere Tätigkeit haben werden, weiter vorantreiben. aufgestellt. Im Aktivitätsfeld Gesundheit haben wir zum Beispiel eine starke Position und die Innovationspipeline gut gefüllt. Der Und welche Auswirkungen erwarten Sie auf die Geschäftsentwicklung? Bereich Medical Components hat beim Heraeus Innovationspreis JAN RINNERT: Das Marktumfeld bleibt in wichtigen Märkten und 2015 allein drei von sieben Finalisten gestellt. Und Heraeus Regionen herausfordernd. Aber 2016 wird das Jahr, in dem unsere Medical habe ich ja bereits erwähnt. Daran sieht man, dass wir Transformation greift. Wir sind besser aufgestellt, unsere Chancen hier auch zukünftig eine führende Rolle einnehmen wollen. Im für profitables Wachstum zu nutzen und den Auswirkungen Bereich der erneuerbaren Energien arbeiten wir intensiv und unter- schwacher Märkte entgegenzutreten. Darüber hinaus wollen wir nehmensweit an Konzepten zur Energiegewinnung, -speicherung bei Innovationen weiter zulegen, um unseren Kunden heraus- sowie effizienten Energiemanagement. Hier sehe ich uns in der ragende Lösungen zu bieten. Wir machen gute Fortschritte im Bündelung unserer Kompetenzen in einer sehr vielversprechenden Hinblick auf unsere Ziele und Heraeus schlanker, schneller sowie Marktposition. Auch haben wir sehr gutes Potenzial, um unsere markt- und kundenorientierter. Vorausgesetzt die weltwirtschaftli- Kunden in der Elektronikindustrie weiterzubringen. Mit dem Appli- che Lage bleibt stabil, sehe ich eine gute Entwicklung der Heraeus kationszentrum für Leistungselektronik haben wir einen wichtigen Geschäfte voraus. Schritt gemacht, um unseren Kunden noch mehr integrierte Lösungen anzubieten und weniger standardisierte Produkte, die immer Die längerfristigen Perspektiven sind in den meisten unserer einem großen Wettbewerbsdruck unterliegen. Das kommt uns zum Geschäfte und für unserer Unternehmen sogar sehr gut. Wir Beispiel beim Thema eMobilität zugute. Zuletzt bieten wir für die sind in attraktiven Märkten positioniert und unsere globale Industrie weiterhin viele weit entwickelte Produkte an. Unsere Präsenz sichert uns hervorragenden Marktzugang und Kunden- Edelmetallkompetenz hilft uns zum Beispiel bei der Sensorik nähe. und zunehmend als wichtiger Anbieter von Services, sei es beim Handel oder bei der Beratung vom Edelmetallmanagement unserer Wir können stolz sein, dass wir bei Heraeus auf ein derart enga- Kunden. Wir dürfen aber nicht nur die Themenfelder betrachten, giertes und motiviertes Team zählen können. Unseren Mitarbei- sondern auch die Regionen. Trotz unsicherer Signale aus China tern, Kunden und Partnern rund um den Globus gilt deshalb sehen wir hier weiterhin große Chancen. Die wollen wir mit dem unser besonderer Dank für ihre tägliche Unterstützung. Ebenso Ausbau der Produktionskapazitäten in Nanjing und Zhaoyuan oder danken wir unseren Gesellschafterinnen und Gesellschaftern regionalen Entwicklungszentren nutzen. Aber auch Korea sowie die für ihre Unterstützung und ihr Vertrauen. Gemeinsam arbeiten amerikanischen und europäischen Märkten bleiben weiterhin in wir daran, jeden Tag besser zu werden. Das macht uns am Ende unserem Fokus. erfolgreich. ● DER PASTENMACHER Dr. Weiming Zhang, bei Heraeus Photo voltaics in Personalunion als Leiter Vertrieb und Leiter Innovation tätig, gilt bei Heraeus als einer der Väter der Silberpasten für Photovoltaik. WO DIE SONNE AUFGEHT China ist der größte Photovoltaikmarkt der Welt – und damit auch Hauptabsatzmarkt für Silberpasten von Heraeus. WEIMING ZHANG und sein Team richteten 2015 zentrale Forschungs- und Entwicklungszentren für Photovoltaik in Schanghai und Taipei ein, um noch schneller auf die Wünsche der wichtigsten Kunden reagieren zu können – mit den innovativsten und individuellsten Silberpasten, die vor Ort entwickelt und produziert werden. 10 S eit über 17 Jahren ist Dr. Weiming Zhang für Heraeus tätig. Seit einem Jahr hat der erfolg reiche Wissenschaftler eine völlig neue Rolle als Verkaufsleiter der Global Business Unit Heraeus Photovoltaics (HPT). Diese Rolle war nicht immer abzusehen: Der gebürtige Chinese machte 1997 seinen Doktor in Keramiktechnologie an der University of Missouri-Rolla (USA). Nach Abschluss seines PostdocStudiums im Jahr 1999 wechselte er zu Heraeus und ist seitdem mit seinem ersten Arbeitgeber im Bereich Forschung & Entwicklung (F&E) verbunden. Die Nachfrage nach Energie nimmt weltweit zu und wird bis zum Jahr 2030 um mehr als 20 bis 30 Prozent jährlich steigen. Dabei werden laut einer Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) rund 30 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs durch Windkraft, Solarenergie, Erdwärme, Biomasse und Wasserkraft abgedeckt. Ende November 2015 zeigte die Weltklimakonferenz in Paris einmal mehr, dass erneuerbare Energien eine Schlüsselrolle spielen werden, wenn der steigende Energiebedarf der Weltbevölkerung nachhaltig und umweltfreundlich gedeckt werden soll. Alle 195 teilnehmenden Nationen stimmten dem folgenden Klimaziel zu: Begrenzung des Anstiegs der weltweiten Durchschnittstemperatur auf 1,5 °C bis 2 °C. Dies erfordert die fast vollständige Vermeidung der Energiegewinnung aus fossilen Energieträgern – d. h. die Umstellung auf Technologien, die kein CO2 ausstoßen. Photovoltaik spielt dabei eine entscheidende Rolle im Energiemix der Zukunft. „Vater der Silberpasten“ Heraeus konzentriert sich schon lange auf erneuerbare Energien, und insbesondere auf die Photovoltaik. Das Unternehmen produziert keine fertigen Silizium-Solarzellen, sondern mit den Silbermetallisierungspasten eine der wichtigsten Komponenten: Sie werden zur Herstellung der sehr feinen, hochleitfähigen Kontaktbahnen auf den »Nur durch die Umgestaltung unserer Rolle können wir den Markt mitgestalten und zum Branchenführer werden.« indigoblauen Solarzellen eingesetzt. Die Bahnen bilden die elektrischen Kontakte für den Wafer und verbessern die Effizienz von Silizium-Solarzellen. Dr. Zhang gilt bei Heraeus als einer der Väter der Silberpasten. Zusammen mit seinen Kollegen entwickelte er im Jahr 2006 quasi aus dem Nichts für Heraeus die erste leitfähige Silberpaste für Photovoltaikanwendungen, machte das neue Produkt marktfähig und legte damit den Grundstein für die heutige Geschäftseinheit. Dank seiner Leistungen und der seines Teams nimmt das Photovoltaik-Geschäft von Heraeus in den letzten zehn Jahren eine wichtige Marktposition ein. Trotz marktbedingter Höhen und Tiefen in den letzten Jahren erwirtschaftete der Bereich einen beträchtlichen Umsatz. Für seinen Anteil bei der Entwicklung der leitfähigen Silberpasten für den Photovoltaik-Markt erhielt Zhang im Jahr 2011 die Ehrenmedaille „Medal of Honor“ der Heraeus Geschäftsführung. Er ist bislang der einzige Heraeus Mitarbeiter mit dieser Auszeichnung. HERAEUS | MAGAZIN 2015 | DER PASTENMACHER 11 Mit Silberpasten werden die feinen Kontaktbahnen auf Solarzellen hergestellt. Die Bahnen bilden die elektrischen Kontakte für den Wafer und verbessern die Effizienz von Solarzellen. Seit 2015 arbeitet Zhang in einer ungewohnten Rolle: Er übernahm zusätzlich zu seinem alten Job die Aufgabe als Leiter des weltweiten Verkaufs von HPT. „Zugegeben hat mich die Ernennung etwas überrascht. Aufgrund meines Verantwortungsbewusstseins gegenüber dem Unternehmen habe ich dann doch gerne angenommen. Ich war schon immer nahe am Markt und habe ein gutes Verständnis für das gesamte PV-Geschäft und unsere Kunden.“ Aktuell führt Zhang ein gemischtes Team von mehr als 70 Personen, darunter über 30 im Verkauf und über 30 Mitarbeiter in Forschung und Entwicklung, das rund um den Globus an verschiedenen Standorten, unter anderem in China, Singapur, den USA und Deutschland, angesiedelt ist. 2015 war ein gutes Jahr: Heraeus Photovoltaics konnte die Kunden mit kürzeren Vorlaufzeiten als die Mitbewerber überzeugen. Die Nähe zum Kunden in der Produktion trägt nach Zhangs Meinung maßgeblich zu diesen Erfolgen bei: „Unsere Produkte werden in China hergestellt und täglich an unsere Kunden versandt. Ohne die Produktionsstandorte in China hätten wir es nicht geschafft“, zeigt er sich überzeugt. Ständig unterwegs Um die Reaktionszeit auf die Kundenanforderungen weiter zu verkürzen, entschied der Bereich Photovoltaik im vergangenen Jahr regionale F&E- und Produktionsstandorte einzurichten. Dezentrale F&E-Arbeit ist eine organisatorische Herausforderung. Die Teams müssen ihren regelmäßigen und engen Informationsaustausch über Zeit- und Landesgrenzen hinweg organisieren. Ende April 2015 richtete HPT regionale Forschungs- und Entwicklungszentren in Schanghai und Taipei ein. Mittlerweile verzeichnen die beiden Standorte gesteigerte Synergien mit dem globalen Forschungs- und Entwicklungszentrum in den USA: Das Ergebnis sind die innovativsten und individuellsten Silberpasten, die vor Ort entwickelt und produziert werden. Mit dieser Umstellung ist Heraeus bei seinen Kunden vor Ort präsent und flexibler in der Umsetzung ihrer Anforderungen – was diese spürbar honorieren. ERNEUERBARE ENERGIE WIRD NOCH GRÜNER Solarzellen tragen zunehmend zur Erzeugung von erneuerbaren Energien bei. Der umweltfreundlich erzeugte „grüne“ Strom hat aber derzeit noch einen Beigeschmack, denn einige der in Silizium-Solarzellen eingesetzten Materialien enthalten das giftige Schwermetall Blei. Heraeus entwickelt schon seit Jahren silberhaltige Solarpasten, die als Leiterbahnen auf Solarzellen für den Transport des durch die Sonne erzeugten Stroms eingesetzt werden. Larry Wang, Li Yan, Michael Neidert und Tracy Guo von Heraeus Photovoltaics am Standort Conshohocken, USA, haben 2015 eine silberhaltige Paste entwickelt, die bei der Metallisierung komplett auf bleihaltige Materialien verzichtet, ohne dass die Effizienz, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Solarzelle eingeschränkt werden. Gut für unsere Umwelt, denn auf diese Weise wird erneuerbare Energie noch grüner. 12 HERAEUS IN CHINA BEGINN UMSATZANTEIL 30 % 1974 MITARBEITER bababababba� babababbaba� baba 2.600 Seit mehr als 40 Jahren ist Heraeus in der Region aktiv. Bereits 1974 begann Heraeus in Hongkong den Edelmetallhandel, gefolgt von der industriellen Produktion ab dem Jahr 1995. In China produziert Heraeus seine Produkte hauptsächlich für Kunden vor Ort. So wurde die Region zu einem der wichtigsten Märkte für das Unternehmen und liefert 30 Prozent des weltweiten Umsatzes. Insgesamt 2.600 Mitarbeiter arbeiten in Greater China. In Schanghai sind 1.200 Mitarbeiter bzw. fast die Hälfte aller Mitarbeiter der Region beschäftigt. QUARZGLAS STANDORTE LEISTUNGSFÄHIGKEIT CHINA 21,7% 2.500x Die Telekommunikationsfasern, die jährlich aus Quarzglaszylindern von Heraeus gewonnen werden, könnten die Erde 2.500-mal umrunden. 2015 verkaufen sich fast 50 Prozent davon auf dem chinesischen Markt. Neben Standorten in Shenyang, Schanghai, Hongkong und anderen, plant Heraeus bis Ende 2017 eine neue Edelmetallfabrik in Nanjing, die nach modernsten Produktions- und Umweltstandards errichtet wird. Silberpaste von Heraeus ermöglicht den chinesischen Photovoltaik-Unternehmen, die Effizienz ihrer PV-Module zu erhöhen. Heute hält Heraeus sogar den Weltrekord mit einer Zelleffizienz von 21,7 Prozent. HERAEUS | MAGAZIN 2015 | DER PASTENMACHER 13 3 FRAGEN an Andreas Liebheit, President Heraeus Photovoltaics In der neuen Doppelrolle ist Zhangs Zeitplan noch enger getaktet als zuvor. Mehr als 60 Prozent seiner Arbeitszeit verbringt er auf Geschäftsreisen. Da Asien ein wichtiger Markt für die Photovoltaik ist, konzentriert er sich vor allem auf diesen Kontinent und verbringt so etwa 150 Tage pro Jahr in asiatischen Ländern. An erster Stelle stehen Kundentermine. Oft verfeinert er noch im Flugzeug die Ausarbeitung seiner Präsentation und fährt nach Ankunft direkt vom Flughafen zum Kunden. Für Langeweile bleibt so sprichwörtlich keine Zeit. Aber natürlich freut sich Zhang ebenso oft darauf, die wenige freie Zeit mit seiner Frau und seinen beiden Kindern verbringen zu können, mit denen er in den USA lebt. Die großen Zusammenhänge Wie kann Heraeus seinen Kunden auch in den nächsten Jahren bestmögliche Unterstützung bieten und so die Marktführerschaft weiter ausbauen? Diese Frage beschäftigt Zhang schon länger. Die Photovoltaikbranche ist an einem Wendepunkt angelangt: bestehende Technologien werden seit einigen Jahren nach und nach durch neue Technologien ersetzt. Nach Zhangs Einschätzung eine große Chance: „Nur durch die Umgestaltung unserer Rolle können wir weiterhin den Markt mitgestalten und Branchenführer bleiben. Denn wir wollen unsere Position als Marktführer im Bereich Photovoltaik in den nächsten fünf bis zehn Jahren und darüber hinaus ausbauen.“ Zhang prognostiziert, dass die Kosten der Photovoltaik weiter sinken werden, während die Effizienz der Leistung unablässig steigen wird. „Wenn wir die großen Zusammenhänge betrachten, wird das Hauptthema des kommenden Jahrzehnts die Energiespeicherung sein, die viele Veränderungen und neue Chancen mit sich bringen wird. Beispielsweise gibt es immer noch keine wirtschaftliche und effektive Energiespeicherlösung, die der Photovoltaikbranche auf die nächste große Wachstumsstufe verhelfen könnte. Die Kombination von Photovoltaik und Energiespeicherung gibt uns bei Heraeus die Möglichkeit unerschlossene Geschäftspotenziale zu nutzen.“ Weiming Zhang und seine F&E- und Verkaufsteams wollen dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. ● Welche Rolle spielen erneuerbare Energien in der Zukunft? Weltweit wächst der Hunger nach Energie – bis 2030 um über 40 Prozent. Die Weltklimakonferenz in Paris 2015 zeigte, dass erneuerbaren Energien eine zentrale Rolle zukommt, wenn der Energiebedarf der Weltbevölkerung nachhaltig und umweltfreundlich gestillt werden soll. Die Begrenzung der Welterwärmung auf 1,5 bis 2 Grad ist ohne eine nahezu vollständige Dekarbonisierung der Energiegewinnung, also einen Umstieg auf CO2-emissionsfreie Technologien, unmöglich. Wie ist Heraeus aktuell im Bereich erneuerbare Energien aktiv? Heraeus verfügt über ein breites Know-how und eine Vielzahl innovativer Produkte zur Erzeugung, Umwandlung, Speicherung und Verteilung von erneuerbaren Energien. Hierzu zählen Metallisierungspasten für Leiterbahnen auf Solarzellen, Sputtertargets für Dünnschichtsolarmodule, leitfähige Polymere für organische Solarzellen, Licht- und Wärmelösungen sowie Quarzglasprodukte für die Solarzellenproduktion, Porocarb® für Lithium-Ionen Batterien, Elektroden für Brennstoffzellen, Katalysatoren für die elektrolytische Wasserstofferzeugung, und Leistungselektronik für Windräder. Wie weit wird sich der Wirkungsgrad von Solarzellen noch steigern lassen? Die Steigerung der Effizienz ist der entscheidende Treiber im Photovoltaikmarkt. Momentan wandeln Standardsolarzellen rund 18 Prozent des Sonnenlichts in elektrische Energie um. Der aktuelle Welt rekord für Prototypen liegt bei 22 Prozent, erreicht mit Solarpasten von Heraeus. In fünf bis zehn Jahren sind Solarzellen mit standardmäßig 23 bis 25 Prozent Effizienz umsetzbar. Wir arbeiten an einem Multischichtaufbau, der Heraeus Tandemzelle, wo wir verschiedene Materialsysteme in einer Solar zelle stapeln, die verschiedene Farben oder Wellenlängen des Sonnenlichts einsammeln können und auf diese Weise noch mehr Energie erzeugen. 14 DIE ZEMENTMACHERIN Seit gut neun Jahren leitet Dr. Britta Bär die Produktion von Heraeus Medical. Der weitere Ausbau der Fertigung ist ihr bislang größtes Projekt. ZEMENT ANMISCHEN FÜR WEITERES WACHSTUM HERAEUS | MAGAZIN 2015 | DIE ZEMENTMACHERIN 15 Heraeus Medical ist führend im Bereich der Knochenzemente und Biomaterialien für die chirurgische Orthopädie und Unfallchirurgie. Um die neuen, innovativen Produkte herstellen zu können, erweitert der Medizintechnikspezialist seine Produktion. DR. BRITTA BÄR, die verantwortliche Projektleiterin, erzählt wie. S eit mehreren Jahren investiert Heraeus Medical kräftig in die Forschung und Entwicklung. Das Unternehmen aus Wehrheim gibt dafür mehr als das doppelte des Industriestandards aus. Mit Erfolg. Im Jahre 2015 wurde Heraeus Medical im Innovationswettbewerb des Deutschen Mittelstandes zum zweitinnovativen Unternehmen gewählt, die Pipeline an neuen Produkten ist substantiell. Eine Frage, die die Forscher bei Heraeus Medical beschäftigt, ist, wie ein Knochenzement – er wird zur Fixierung von künstlichen Gelenkimplantaten verwendet – während der Operation in den Körper gebracht werden kann. Dazu hat Heraeus Medical das System PALACOS® Pro entwickelt. Traditionell wird der Knochenzement durch Anmischen einer Flüssigkeit und eines Pulvers im Operationssaal hergestellt. PALACOS® Pro vereinfacht diesen Prozess. Aus der Sicht der Produktion sieht das mit der einfacheren Handhabung allerdings anders aus. In seinen Abmessungen ist das System relativ groß und in den gegenwärtig engen Räumlichkeiten können die Wehrheimer der wachsenden Nachfrage nur mittelfristig gerecht werden. Für dieses vom Kunden gewünschte Produkt muss Heraeus Medical den Standort also weiterentwickeln, neue zusätzliche Maschinen werden benötigt. „Wir wollen auch weiterhin mit mehr als 10 Prozent pro Jahr wachsen, dafür muss die Infrastruktur angepasst werden“, erklärt Dr. Britta Bär. Die promovierte Pharmazeutin ist verantwortlich für Produktion und Supply Chain bei Heraeus Medical und in dieser Funktion auch mit der Erweiterung des Standortes betraut. 17 Mio. Euro fließen in den Neubau eines Produktions gebäudes. Neben PALACOS® Pro will Heraeus Medical hier auch ein anderes innovatives Produkt produzieren. Im Jahre 2020 will Heraeus Medical mit Produkten, die momentan noch in der Entwicklungspipeline sind, ein Drittel des Umsatzes generieren. Ein bisschen wie Tetris Fest steht, dass der Neubau ganz neue Möglichkeiten schafft. „Es ist ein bisschen wie Tetris spielen“, sagt Bär. Man setzt Räume und Arbeitsbereiche zusammen, probiert neu und sucht nach den besten Lösungen. Ein Ziel ist dabei klar: Das neue Setting muss den Anforderungen der schlanken Produktion entsprechen. Von der Herstellung und Abfüllung der Pulvermischungen bis hin zur Verpackung werden die Abläufe auf die wirklich notwendigen Prozessschritte reduziert. „Am Ende haben wir einen Produktionsfluss, der weniger segmentiert und sehr viel stärker automatisiert ist als bisher“, erklärt Bär. Ihre Doktorarbeit schrieb Bär über die ätherischen Öle der Geruchlosen Kamille. Als sie – nach einer Zwischenstation in der Qualitätskontrolle – im Produktionsbereich eines pharmazeutischen Unternehmens begann, kam sie in eine ganz andere Welt. Inzwischen ist sie gut 20 Jahre im Produktionsumfeld tätig, davon neun bei Heraeus. Und zwar mit Leidenschaft, wie man schnell merkt. Sie ist interessiert am technologischen Aspekt ihrer Arbeit. Und sie ist fasziniert von den Abläufen – von der Anlieferung der Rohstoffe bis zur Verteilung des fertigen Produkts. Dass der Erfolg der Arbeit greifbar ist, ist ein weiteres Plus für jemanden, der Veränderungen gestalten und Dinge vorantreiben will. Kurze Wege, flache Hierarchien und viel Gestaltungsfreiheit – Bär genießt es, dass man sie auch bei diesem Projekt machen lässt. „Jeder ist hier in seinem Fachbereich voll handlungsfähig, trägt aber auch die Verantwortung“. Dieses Prinzip gilt natürlich nicht nur für sie als Führungskraft, es gilt auch für ihre Mitarbeiter. „Ich vergleiche das ein bisschen mit der Aufgabe eines Dirigenten“, erzählt sie. „Ich gebe Rhythmus und Einsatz vor, aber dann braucht es das Talent und das Engagement eines jeden Einzelnen, damit etwas daraus entsteht“. Mit dem neuen Projekt hat sie ein paar neue Musiker hinzubekommen. Architekten etwa, oder Baustatiker. Sie alle bauen daran, dass innovative Produkte aus dem Entwicklungslabor den Weg zum Patienten finden. Das Unternehmen glaubt fest an Wachstum. ● FLORIAN RICHARDT BIKASH AGARWAL 16 DIE KOOPERATIONSMACHER Florian Richardt und Bikash Agarwal überwinden konzerninterne Grenzen, um Kunden mit dem innovativen Flexible Forward eine bestmögliche Preissicherheit zu bieten. HERAEUS | MAGAZIN 2015 | DIE KOOPERATIONSMACHER 17 AN DIE IDEE GLAUBEN Selbst wenn eine Idee gut ist und alle Seiten davon profitieren, ist der Weg zum Markterfolg lang. Florian Richardt und Bikash Agarwal berichten, wie sie alte Denk- und Organisationsstrukturen mit ihrem innovativen Preismodell »Flexible Forward« aufbrechen. D ie Sache ist im Grunde simpel: „Immer wenn ein Produkt zu einem Festpreis im Markt angeboten wird, möchte der Hersteller seine Vorprodukte auch zu einem festen Preis beziehen“, sagt Florian Richardt. „Denn nur dann sind seine Herstellkosten und damit die Wirtschaftlichkeit planbar.“ Florian Richardt arbeitet im Edelmetallgeschäft bei Heraeus als Head of Precious Metal Solutions. Seine Funktion beschreibt sein Kollege Bikash Agarwal so: „Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass ein Kunde, sobald er eine Anforderung in Bezug auf Edelmetalle hat, zu Heraeus geht – und zu niemand anderem.“ Genauso war es, als 2013 der Automobilzulieferer Continental, der aus mehreren Geschäftseinheiten von Heraeus unterschiedliche Produkte bezieht, den Wunsch äußerte, diese Produkte nun zu einem Festpreis zu kaufen. Die Motivation ist eindeutig, denn die Preise für Edelmetalle sind sehr volatil. So schwankte Silber im Jahr 2013 mehr als 40 Prozent, ein kalkulatorischer Alptraum im industriellen Geschäft. Die Preisdifferenzen gibt Heraeus in der Regel an seine Kunden weiter. Der finale Produktpreis schwankt also in Abhängigkeit von den Edelmetallpreisen am Rohstoffmarkt. Verständlich, dass Heraeus’ Kunden nach einer Lösung für diese Herausforderung fragen. Lösungsfindung im Team Wünsche dieser Art wurden schon öfter an Heraeus herangetragen, konnten aber mit Blick auf die volatilen Märkte bislang nicht erfüllt werden. Für Florian Richardt Ansporn genug, sich dem Thema intensiv zu widmen: „Wir haben uns mit den betreuenden Vertriebskollegen aus insgesamt drei Geschäftseinheiten und dem Kunden zusammengesetzt. Das Ergebnis war der Flexible Forward.“ Der grundlegende Mechanismus war schnell klar, nämlich wie bei Termingeschäften mit einem Festpreis und festen Abnahmemengen zu arbeiten. Und doch war es gerade die 18 »Wir müssen im ersten Schritt sowohl unseren Vertriebskollegen als auch im zweiten Schritt dem Kunden verdeutlichen, dass er von dem Flexible Forward profitiert. Und das lässt sich am besten mit Zahlen belegen.« Zusammenarbeit zwischen dem Edelmetallhandel, den produzierenden Geschäftseinheiten von Heraeus und dem Kunden, die zur Verfeinerung des Konzepts führte. Denn im Flexible Forward wird die Preissicherung des Edelmetalls mit dem Produkt verbunden, und der Kunde hat zudem die Möglichkeit, die vereinbarten Mengen innerhalb der festgelegten Vertragsperiode völlig flexibel abzurufen. Der Kunde erhält also einen deutlich größeren Service als bei einem gängigen Termingeschäft. Aber: „Wenn man so etwas dem Kunden anbietet, muss man natürlich dafür sorgen, dass die Prozesse dahinter funktionieren“, erklärt Florian Richardt. „Ein Vertragsabschluss mit Flexible Forward hat direkte Konsequenzen. Denn Heraeus muss die Edelmetalle natürlich zu einem Preis beschaffen, der den vorher getätigten Vertragsabschluss wirtschaftlich macht. Da muss die Information schnell fließen, denn in dem Geschäft können manchmal Sekunden entscheidend sein.“ Bald war klar, dass das Konzept funktioniert. Sogar so gut, dass dies für Continental ein wichtiges Kriterium dafür war, Heraeus 2015 als „Supplier of the Year“ auszuzeichnen. Da lag der Gedanke nah, den Flexible Forward auch anderen Kunden anzubieten. Florian Richardt holte sich Unterstützung bei Bikash Agarwal, der als Account Manager Precious Metal Solutions von Singapur aus den asiatischen Markt bearbeitet. Erst die Kollegen überzeugen, dann den Kunden Zuerst begannen die beiden, auch andere Vertriebskollegen aus Heraeus Geschäftsbereichen anzusprechen, die Produkte mit Edelmetallen anbieten. Doch hier gestaltete sich die Zusammenarbeit zunächst nicht so einfach. „Innerhalb von Heraeus ist die Zusammenarbeit über Geschäftsbereiche hinweg noch neu. Wir mussten einige Vorbehalte abbauen: Viele Kollegen hatten Sorge, dass wir über die Maßen in ihre Kundenbeziehungen eingreifen oder sogar einen Teil ihrer Gewinnmarge abschöpfen wollten“, berichtet Bikash Agarwal. „Letztlich ist es aber natürlich auch immer vom Menschen abhängig. Einige Kollegen sind offener für neue Ideen, andere sehen zunächst Schwierigkeiten – das ist ein Stück weit auch normal.“ Florian Richardt kam schnell zu der Erkenntnis, dass es einer strukturierten und faktenbasierten Herangehensweise bedurfte. „Wir müssen im ersten Schritt sowohl unseren Vertriebskollegen als auch im zweiten Schritt dem Kunden verdeutlichen, dass er von dem Flexible Forward profitiert. Und das lässt sich am besten mit Zahlen belegen.“ Bikash Agarwal und er analysieren regelmäßig Kundendaten und identifizieren so, für wen der Flexible Forward interessant sein könnte. Inzwischen führen sie monatliche Treffen mit Vertriebsteams durch, bei denen sie ihre Ergebnisse vorstellen und darüber sprechen, ob und wie sie den Kunden bestmöglich bedienen können. Auch haben sie halbjährliche Vertriebstreffen mit über 100 Vertriebsmitarbeitern initiiert, um den internen Austausch zu fördern und BestPractice-Beispiele vorstellen zu können. Danach galt es, auch den Kunden zu überzeugen. „Viele Kunden stellen natürlich kritische Fragen. Gerade der Fachbegriff ‚Price Hedging‘ lässt Zweifel aufkommen.“ Die Preissicherung ist jedoch zur Sicherung von Währungsoder Rohstoffschwankungen ein sehr gängiges Verfahren. „Oftmals müssen wir nicht nur die Einkäufer des Kunden, sondern auch seine Finanzabteilung überzeugen“, erklärt Bikash Agarwal. HERAEUS | MAGAZIN 2015 | DIE KOOPERATIONSMACHER 19 Kassepreis = Volatiler Edelmetallpreis FLEXIBLE FORWARD = Festgeschriebener Preis – Flexible Abrufe Edelmetall-Abrufe Mehr als ein Termingeschäft Florian Richardt erläutert weiter: „Unser Kunde profitiert in vielen Bereichen. Er hat die sichere Kalkulationsbasis für seine Herstellkosten, kann die Mengen jedoch flexibel abrufen. Edelmetallbeschaffung und Produkt sind direkt miteinander verbunden, der Kunde erhält dadurch alles aus einer Hand. Das entlastet auch die Kreditlinie bei seiner Hausbank, da die Preissicherung nicht mehr dort erfolgen muss. Und da die Preissicherung in den Liefervertrag aufgenommen wird, gestaltet sich die Bilanzierung deutlich einfacher.“ Es sind dann auch genau diese Argumente, die den Kunden überzeugen. „Und wenn der Kunde überzeugt ist, dann ist auch der Vertriebskollege aus der Global Business Unit überzeugt“, lacht er. Und dennoch: Der Weg ist lang. „Wir gehen den Weg der kleinen Schritte, aber es ist der einzige, der uns ans Ziel bringt“, fasst Bikash Agarwal zusammen. Florian Richardt sieht nach wie vor ein großes Potenzial in dem Angebot: „Mal abgesehen von der viel höheren Kundenbindung, die wir mit Flexible Forward erzielen: Ich war mir sicher, dass Heraeus mit dem Konzept langfristig einen signifikanten zusätzlichen Umsatz generieren kann.“ Auch gibt es Kunden, die vorher ihr Edelmetall bei anderen Anbietern beschafften und das Auftragsvolumen nun an Heraeus gegeben haben. Flexible Forward lohnt sich übrigens nicht nur für die Kunden und für Heraeus, sondern auch für seine beiden Vertreter: Florian Richardt und Bikash Agarwal wurden für ihre Heraeus-übergreifende Arbeit mit dem Heraeus Innovationspreis 2015 in der Kategorie „Kooperation“ ausgezeichnet. ● SO FUNKTIONIERT FLEXIBLE FORWARD Flexible Forward bietet dem Kunden die Sicherheit eines Termingeschäfts zur Absicherung von Preisschwankungen und kombiniert dies mit einer größtmöglichen Flexibilität bei der Abnahme von Produkten. Heraeus und der Kunde vereinbaren für Produkte, die Edelmetalle enthalten, über einen bestimmten Zeitraum einen Festpreis für eine bestimmte Abnahmemenge. Innerhalb des Zeitraums kann der Kunde die Produkte nach Bedarf abrufen. Der Festpreis ermöglicht dem Kunden eine sichere Kalkulationsbasis für seine Herstellkosten und damit seine Marge, wenn er Preisschwankungen aufgrund von volatilen Edelmetallpreisen nicht an seine Kunden weitergeben kann oder der Kunde einen Festpreis mit seinem Kunden vereinbart hat. Er hat in dem Modell das Risiko, bei fallenden Edelmetallpreisen einen im Prinzip zu hohen Produktpreis zu zahlen, auf der anderen Seite ist aber auch das Risiko aufgefangen, dass bei steigenden Edelmetallpreisen seine Marge schmilzt. 20 KUNDEN ÜBERZEUGEN WELTWEIT B ei Heraeus ist Kundennähe das A und O. Ihre Geschäfte sind es, die das Handeln des Unternehmens bestimmen. Dabei stellen sich die Mitarbeiter von Heraeus die immer wieder gleiche Frage: Welche besonderen Herausforderungen rauben unseren Kunden den Schlaf? Dann machen sie sich an die Arbeit und suchen Lösungen für ihre Probleme. Im Rahmen dieser Bemühungen hat Heraeus seine Präsenz in wichtigen Regionen der Welt ausgebaut. Ein Beispiel hierzu: Zur Unterstützung von Märkten mit starken Zuwachsraten – Märkte wie Asien – hat Heraeus reichlich in regionale F&E-Zentren in China und Taiwan investiert. In enger Zusammenarbeit mit den Kunden zur Bestimmung zukünftiger Anforderungen, beschleunigen diese F&E-Zentren den Innovationsprozess vom Forschungslabor bis hin zum Arbeitsplatz des Kunden. Darüber hinaus ermöglicht ein globales Netzwerk aus Fertigungsstätten Heraeus, schnell auf Markttrends und Kundennachfragen zu reagieren. Mit seinem global verteilten Betriebsmodell gelingt es Heraeus, den Kunden wahrhaft in den Mittelpunkt aller Aktivitäten des Unternehmens zu stellen. Den Edelmetallkunden des Unternehmens wird über dessen drei Handelsbüros in Hanau, Hongkong und New York eine weltweite Unterstützung rund um die Uhr geboten. Unsere Geschäfte im Bereich Medizin, Stahlsensoren, Photovoltaik und Quarzglas befinden sich an strategisch wichtigen Standorten in aller Welt, um sowohl ihren Märkten als auch ihren Kunden nahe zu sein. Kundennähe bedeutet aber mehr als eine geografische Nähe – es geht dabei auch um Menschen. Für jeden Heraeus Standort schlägt irgendwann die Stunde der Wahrheit: Gelingt es den Mitarbeitern – vom Fertigungsbereich über das Back Office bis zur Führungsetage – an jedem einzelnen Tag jedem einzelnen Kunden das zu bieten, was dieser braucht? Deshalb legt das Unternehmen einen derart hohen Wert auf Aktivitäten wie gemeinsame Planungssitzungen, Reisen zu Kundenstandorten und Investitionen in F&E-Projekte für Kunden. Auf diese Weise entsteht eine einzigartige Kultur, in der Mitarbeitern bewusst wird, dass sie eigentlich für zwei Unternehmen arbeiten: für Heraeus und für ihre Kunden. Heraeus ist damit so etwas wie die natürliche Erweiterung der Geschäfte seiner Kunden. Für den eigenen Erfolg gibt es daher einen einfachen Maßstab: Es ist der Mehrwert, den das Unternehmen schafft, damit seine Kunden noch erfolgreicher sind. ● Amerika 2.091 494,0 »Nachdem ich vor Ort bei einem unserer wichtigsten Kunden gearbeitet habe, kann ich mir nun ein besseres Bild von ihren Bedürfnissen und Herausforderungen machen. Wir streben ständig nach einer Vorgehensweise, die für beide Seiten einen Erfolg mit sich bringt. Können wir also unseren Kunden dabei helfen innovativer und erfolgreicher zu werden, verbuchen wir dies für uns auch als Erfolg.« Ying Gao, Ph. Product Application Manager Heraeus Tenevo HERAEUS | MAGAZIN 2015 | KUNDEN ÜBERZEUGEN 21 Deutschland 4.712 230,8 »Für uns gilt eine universelle Wahrheit: Jede Kundenbeziehung muss auf Vertrauen aufbauen – und zwar ausnahmslos. Das ist nicht so einfach, denn dies erfordert Zeit, harte Arbeit und Engagement. Vertrauen erwerben wir uns am leichtesten, indem wir die Bedürfnisse des Kunden in den Mittelpunkt unseres gesamten Handelns stellen. Dann wissen unsere Kunden, dass sie stets darauf zählen können, dass wir auch ihre schwierigsten Probleme lösen werden.« Vincenzo Longobardo Senior Director, Global Key Account Management Heraeus Electronics Europa (außer Deutschland) 1.602 342,6 »Wir bauen auf ganzheitliche Weise Beziehungen zu unseren Kunden auf. Möglicherweise legt die Einkaufsabteilung eines Kunden den Fokus auf die Preisgestaltung, die Produktionsgruppe auf eine schnellere Markteinführung und ein R&D-Mitarbeiter wiederum auf verbesserte Leistung. Ein gründliches Verständnis aller Anforderungen unserer Kunden – das macht den Unterschied.« Abby Littlechild Global Sales Manager, Optics Flash Division Heraeus Noblelight Asien 3.933 816,9 Afrika/Australien 139 44,8 »Unsere Produkte spielen bei orthopädischen Eingriffen, wie etwa bei Hüft- und Knieersatzoperationen, eine lebenswichtige Rolle. Wir unterstützen diese in enger Zusammenarbeit mit den Chirurgen, um ein zuverlässiges OP-Erlebnis sicherzustellen. Für mich und mein Verkaufsteam ist die Gewissheit, dass diese enge Zusammenarbeit bessere Ergebnisse für die Patienten ermöglicht, außerordentlich befriedigend.« »In Anbetracht des hohen Wertes von Edelmetallen, sprechen unsere schnelle Prozessbearbeitung innerhalb von Stunden und unsere flexiblen Lösungen, darunter Risk-Management, aus einer Hand definitiv für uns. Wir können unsere Kunden effizient bedienen, dank unserer einzigartigen Aufstellung als selbständiger Händler mit einem eigenen Tresor, einer Abholeinrichtung und einem Logistikteam. So konnten wir das Vertrauen unserer Kunden gewinnen.« Alice Chiu Managerin Platinum Group Metals (PGM) Trading Heraeus Metals Hong Kong Limited Susan Tye Country Manager, Australien Heraeus Medical Anzahl Mitarbeiter zum 31. Dezember 2015 Umsatz ohne Edelmetalle in Mio. € im Geschäftsjahr 2015 22 DER TÜFTLER Colin Boucher zeigt den patentierten Torque Coil Catheter Shaft. Mit der „verdrehbaren Katheterwelle“ kann der Chirurg den Katheter zielsicher und zuverlässig im menschlichen Körper lenken. HERAEUS | MAGAZIN 2015 | DER TÜFTLER 23 …WIR SEHEN CHANCEN! Colin Boucher, Produktingenieur bei Heraeus Medical Components (HMC), überlässt die einfachen Dinge anderen. Er und sein Team leben dafür, komplexe Heraus forderungen zu bewältigen, denn sie wissen, dass jede Lösung eines kniffligen Problems einen enormen Einfluss auf Patientenversorgung und Behandlungsergebnisse haben kann. A ls Teenager wissen viele Schüler noch nicht, was sie beruflich einmal machen möchten. Doch Colin Boucher erinnert sich noch gut an den Moment, an dem sich sein Berufswunsch plötzlich herauskristallisierte. Die Region Minneapolis/Saint Paul im US-Bundesstaat Minnesota ist bekannt für ihre florierende Medizintechnik. „In den Twin Citys ist diese Industrie buchstäblich überall“, sagt er. „Man fährt auf einer Autobahn, und schon sieht man das Werksgelände eines der großen Medizintechnikunter nehmen. Und jeder kennt hier jemanden, der bei einem dieser Unternehmen arbeitet.“ So auch Colin Boucher. Während er noch in der High School war, zeigte ihm sein Großonkel, der lange Jahre bei einem Medizintechnikunternehmen gearbeitet hatte, die Labore, in denen die medizinischen Geräte getestet wurden. „In einem der Labore durfte ich sogar ein schlagendes Schweineherz berühren. Das gehört nach wie vor zu den coolsten Dingen, die ich je in meinem Leben getan habe“, so Boucher. Dieser Besuch im Labor war der Zeitpunkt, an dem Boucher plötzlich klar wurde, was er einmal beruflich machen wollte, sodass sein Leben eine Richtung bekam – vom Besuch zur Berufung! „Im Rückblick war das der entscheidende Moment, in dem ich mich für die Medizintechnik entschied.“ Katheter sind faszinierend Nachdem er sieben Jahre in dem Bereich gearbeitet hat, gibt Boucher bereitwillig zu, dass die Medizintechnik ein Beruf voller Herausforderungen ist. „Wir arbeiten in einer stark regulierten Branche. Das Wohlbefinden der Patienten steht auf dem Spiel. Es ist dringend notwendig, dass alles präziser und perfekter funktioniert.“ Doch Boucher und seine Kollegen bei Heraeus Medical Components halten sich an die Leitprinzipien, die beim Forschen, um den nächsten großen Durchbruch zu erzielen oder die Lösung für ein Problem zu finden, wesentlich sind: „Eine Innovation entspringt genauso der Einstellung und Mentalität wie den Ideen selbst“, so Boucher. „Wo andere Hindernisse sehen, sehen wir Chancen!“ 24 Colin Boucher (Mitte) und seine Kollegen Choua Xiong (links) und Rick Koniszczuk (rechts) arbeiten daran, die neue Torque Coil Technologie nun auch für Katheter nutzbar zu machen. Nach dem Abschluss seines Studiums begann Boucher bei einem Medizintechnikunternehmen zu arbeiten, bei dem er sich auf die Entwicklung von Stents spezialisierte, die chirurgisch in Gefäße im Bein implantiert werden, um die Durchblutung zu verbessern. Er untersuchte die komplexen Katheter, die von Chirurgen verwendet werden, um die Stents in das verengte Gefäß einzubringen. „Die Konstruktion und das Design dieser Katheter faszinierten mich, weil sie eine so ungemein wichtige Rolle in der Behandlung spielen“, erklärt er. Anfang 2013 begann Boucher dann bei Heraeus Medical Components und arbeitete dort in der Coiling Group, was ihm die Gelegenheit gab, an Torque Coil Catheter Shafts zu arbeiten. Er machte sich umgehend mit der Technologie vertraut und verstand sehr schnell, wie alles funktionierte – und hatte auch bald Ideen dafür, wie die Leistung des Katheters verbessert werden konnte. Minimalinvasive Alternative Ähnlich einem Strohhalm sind Katheter lange, hohle Röhren, die mit dem Griff eines medizinischen Geräts verbunden sind, das sich außerhalb des Körpers des Patienten befindet. Von diesem Gerät aus wird der Katheter in den Körper des Patienten eingeführt, genau an die Stelle, die behandelt werden muss. Drehspulen wurden bisher in medizinischen Geräten verwendet, um das Drehmoment eines Elektromotors außerhalb des Körpers an eine Stelle im Inneren des Körpers zu übertragen. Bouchers Kollegen Jake Markham, Choua Xiong und Rick Koniszczuk arbeiteten daran, diese Technologie nun auch für Katheter nutzbar zu machen. Leistungsstärkere Katheter bieten Chirurgen eine minimalinvasive Alternative zu herkömmlichen Eingriffen wie etwa Operationen am offenen Herzen, die weitaus komplizierter sind und eine längere Genesungszeit nach sich ziehen. Aber Boucher und seine HMC-Kollegen sahen sich mit einer großen Herausforderung konfrontiert: Umflochtene Katheterschäfte waren für Ärzte bisher wenig nützlich, da der Energietransfer vom Griff bis zur Spitze nicht reibungslos funktionierte. Das Team nahm die Technik der Drehspulen als Ausgangspunkt und veränderte das Design und die Verarbeitung, um dünnere Spulenwände zu erhalten und die Möglichkeit zu erlangen, jedes gewünschte Material an der Innen- und Außenseite der Drehspulen anbringen zu können. Laut Boucher ist das für die Kunden sehr wichtig, und er fügt hinzu: „So können wir die Katheter genau an die besonderen Bedürfnisse einzelner Kunden anpassen.“ HERAEUS | MAGAZIN 2015 | DER TÜFTLER »Persönlich und beruflich ist es unheimlich befriedigend zu wissen, dass unsere Arbeit dazu beiträgt, dass unsere Kunden das Leben ihrer Patienten überall auf der Welt verbessern können.« Ebenso wichtig für die Ärzte ist die reibungslose Energie übertragung. Da Katheter gewissermaßen eine „Fortsetzung“ der Hände des Arztes im Körper des Patienten sind, müssen Katheter sich vorhersagbar und immer gleich verhalten. Boucher erklärt: „Die aktuell verfügbaren Katheter haben ein Verzögerungsmoment in ihrer Bewegung von einem Ende zum anderen. Manchmal bewegen sie sich auch gar nicht. Die größte Gefahr ist jedoch, dass die Energie sich aufstaut und dann plötzlich freigesetzt wird. So eine peitschenartige Bewegung ist sehr gefährlich, wenn sich der Katheter im Gehirn oder im Herzen eines Patienten befindet.“ Bessere Versorgung für Patienten HMC und die Abnehmer der medizinischen Geräte arbeiten gemeinsam daran, diese patentierte Technologie aus dem Labor letztendlich in den Operationssaal zu bringen. Boucher und das Projektteam freuen sich ganz besonders über die realen Verbesserungen im Gesundheitsbereich, die ihre Arbeit nach sich zieht: leistungsfähigere Geräte, weniger invasive Verfahren, preisgünstigere Behandlungen und eine geringere Komplikationsrate, was für die Patienten eine bessere Versorgung bedeutet. Boucher und das Team für die Torque Coil Catheters sind davon überzeugt, dass es bei ihrer Arbeit um weit mehr geht als nur die Freude darüber, medizinisch-technische Herausforderungen zu bewältigen. Sein Fazit: „Persönlich und beruflich ist es unheimlich befriedigend zu wissen, dass unsere Arbeit dazu beiträgt, dass unsere Kunden das Leben ihrer Patienten überall auf der Welt verbessern können.“ ● 25 2 FRAGEN an Dr. Nicolas Guggenheim, President Heraeus Medical Components Beim Heraeus Innovationspreis 2015 waren gleich drei Projekte von Heraeus Medical Components unter den sieben Finalisten vertreten. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg? Wir entwickeln Innovationen, um einen Mehrwert für unsere Kunden zu schaffen und Kundenprobleme zu lösen. Innovation ist Aufgabe der gesamten Organisation und findet bei uns auf allen Ebenen und Funktionen weltweit statt. Ein wichtiger Bestandteil unserer Innovationskultur ist ein interner Award, für den 2015 über 60 Projekte und Ideen in den Kategorien Produkt-, Prozess- und Geschäftsprozess innovation eingereicht wurden. Drei davon haben es schließlich bis in das Finale beim Heraeus Inno vationspreis geschafft. In Leadership-Modellen spielt Resilienz, also die psychische Widerstandskraft, eine Rolle. Wie wichtig ist für Sie Resilienz im Zusammenhang mit Innovationen? Ein Beispiel: Die CerMet-Technologie wurde als beste Heraeus Innovation 2015 ausgezeichnet. Doch bis dahin war es ein langer Weg. Die Planbarkeit bei Innovationen ist sehr schwierig. Es passiert immer etwas Unerwartetes, Märkte und Anforderungen verändern sich ständig, Annahmen erweisen sich als falsch. CerMet hatten wir zunächst als reines R&D-Projekt aufgesetzt. Daher waren wir anfangs nicht erfolgreich bei unseren Kunden und mussten viele Rückschläge verkraften. Nach mehrfacher Neuausrichtung unseres CerMet-Programms arbeiten wir nun mit Kunden, für deren Bedürfnisse unsere CerMets eine echte EnablerTechnologie darstellen. In unserem CerMet-Start-Up sind die Marktanforderungen eng mit der hohen Kompetenz unserer Entwickler verknüpft. Dennoch erfordert dies ein hohes Maß Resilienz, denn wir wissen, dass es noch einige Jahre dauert, bis die CerMet-Technologie flächendeckend eingesetzt wird. 26 INNOVATIONEN SCHAFFEN I m neuen Design und mit neuen Kategorien präsen tierte sich im November 2015 der Heraeus Innovationspreis. Die Gewinner des Konrad-Ruthardt-Preises für die „Beste Innovation“ revolutionieren das Design und die Möglichkeiten von zukünftigen medizinischen Implantaten. Mit dem innovativen Heraeus Material system aus Keramik und Platin (CerMet) lassen sich kleinere, robustere und leistungsfähigere Medizinpro dukte herstellen. Für diesen Technologiesprung erhielt die Innovation auch den erstmals vergebenen „Customer Focus Award“. Heraeus Kunden konnten für die aus ihrer Sicht wichtigste Innovation stimmen. Der RichardKüch-Preis für die „Beste Kooperation“ ging an ein innovatives Instrument zur Absicherung von Edelmetall geschäften. Mit „Flexible Forward“ erhalten Heraeus Kunden mehr Preissicherheit im Verbrauch von Edel metall. Innovation in der DNA von Heraeus fest verankert Heraeus CEO Jan Rinnert würdigt die InnovationspreisFinalisten: „Die Projekte beweisen einmal mehr, dass Innovation in unserer DNA fest verankert ist. Besonders freut mich das direkte Feedback unserer Kunden. Denn unsere Innovationen sollen unsere Kunden erfolgreicher machen. Unsere Entwicklerteams tragen mit ihren großartigen Produkten und Prozessen entscheidend dazu bei.“ Aus 26 eingereichten Projekten für den Innovation Award wählte eine Jury sieben Finalisten aus. Der Heraeus Innovationspreis wird seit 2003 verliehen, fast 280 Innovationen wurden bislang eingereicht, insge samt 43 prämiert. Die Kategorie „Beste Innovation“ für Produkt, Prozess oder Geschäftsmodell ist benannt nach dem Physiker Dr. Konrad Ruthardt (1906 – 1973), Be gründer des Physikalischen Laboratoriums bei Heraeus und Mitentwickler der Hochvakuumtechnik. Die Katego rie „Beste Kooperation“ für die beste Innovation durch herausragende interne und externe Zusammenarbeit ist benannt nach dem Physiker und Chemiker Dr. Richard Küch (1860 – 1915), erster Heraeus Chefentwickler und u. a. Erfinder der Höhensonne „Original Hanau“. ● RICHARD-KÜCH-PREIS/BESTE KOOPERATION Team Flexible Forward: Kundenfreundliches Preissicherungsinstrument „Flexible Forward“ ermöglicht Heraeus’ Industrie kunden, eine bestimmte Menge Edelmetalle zu einem aktuell festgeschriebenen Preis zu kaufen. Die vereinbarte Menge kann dann flexibel im fest gelegten Zeitraum abgenommen werden. Heraeus’ Edelmetallkunden erhalten so eine Planungssicherheit bei gleichzeitiger ständiger Verfügbarkeit von Edelmetallen. Der innovative Flexible Forward bewährt sich seit Mitte 2015 bei den Kunden des Heraeus Edelmetallhandels. Team Coniuratio Digitalis: Auf virtuellem Weg zum Kundenerfolg Neue Wege in der Zusammenarbeit mit Kunden aus der Beschichtungsindustrie ist die Heraeus Noblelight bei der Entwicklung eines neuen Infrarot-Strahlers gegangen. Der gesamte Produktionsprozess des passenden Strahlers wurde zunächst komplett virtuell und mithilfe von 3D-Design und Simulationsberechnungen am Computer durchgeführt und optimiert. Interdisziplinäre Teamarbeit und der ständige Austausch mit dem Kunden waren die entscheidenden Elemente für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts. HERAEUS | MAGAZIN 2015 | INNOVATIONEN SCHAFFEN 27 KONRAD-RUTHARDT-PREIS/BESTE INNOVATION Team Horizon 2020: Platinbasierte CerMet-Technologie für medizinische Implantate Die CerMet-Technologie von Heraeus Medical Components eröffnet große Chancen für eine weitere Miniaturisierung medizinischer Implantate. Mit dem innovativen Materialsystem lassen sich in den Komponenten kleinere, robustere und leistungsfähigere Durchführungen kostengünstig herstellen. Die 0,15 Millimeter dünnen elektrischen Leiterbahnen sind nur zweimal so dick wie ein menschliches Haar. CerMet ermöglicht neue Anwendungen zur medizinischen Behandlung etwa im Bereich der Nervenstimulation im Gehirn. Team Pure Black: Heraeus Black Quartz (HBQ® 100) Heraeus Black Quartz besteht aus hochreinem Siliziumdioxid, enthält aber zusätzlich reines Silizium. Das Silizium sorgt für die schwarze Färbung und verändert die optischen Eigenschaften grundlegend. HBQ® 100 ist eine neuartige Quarzglas-Generation, die im sicht baren und infraroten Spektrum optisch absorbiert. Die Absorption und Emission von Strahlung prädestinieren das Material für das Blocken und Homogenisieren von Wärmestrahlung in Hochtemperaturprozessen z. B. in der Halbleiterindustrie. Team Green Paste: Erneuerbare Energie wird noch grüner Zukünftige Solarzellen werden grüner als die derzeitigen sein, denn sie werden die neu entwickelten bleifreien, leitfähigen Metallisierungspasten (für die Leiterbahnen) von Heraeus Photovoltaics enthalten. Durch eine neue Zusammensetzung der silberhaltigen Pasten ist es gelungen, bei der Metallisierung von Solarzellen komplett auf bleihaltige Materialien zu verzichten, ohne dass die Effizienz, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Solarzelle eingeschränkt wird. Team Improving Lives Together: Minimalinvasive Operationen werden noch einfacher und schneller Die minimalinvasive Chirurgie wird durch eine Neuentwicklung von Heraeus Medical Components einfacher und schneller. Der patentierte „Torque Coil Catheter Shaft“, also die „verdrehbare Katheterwelle“, ist wesentlich flexibler und lenkbarer, sodass der Chirurg den Katheter zielsicher und zuverlässig in noch feinere Verästelungen und Kanäle im menschlichen Körper einführen kann. Für die minimalinvasive Chirurgie können sich durch diese Innovation neue operative Eingriffe ergeben. Team Transformers: Komplexe Herzschritt macher-Bauteile flexibel produzieren In den meisten Herzschrittmachern stecken HightechKomponenten von Heraeus Medical Components, z. B. millimeterkleine Stimulationselektroden. Die Herstellung dieser Bauteile erfolgt bislang über dreh- und frästechnische Verfahren. Mit einem neuen hoch modular aufgebauten, flexiblen Fertigungsverfahren (Mikrotiefziehverfahren) kann Heraeus diese komplexen Mikrobauteile noch kostengünstiger und individueller produzieren und neue Märkte und Anwendungen erschließen. Im neuen Design präsentiert sich der Innovation Award und symbolisiert den Durchbruch, den Heraeus Entwickler mit ihren Innovationen schaffen. 28 Dr. Jürgen Heraeus ist Aufsichtsratsvorsitzender der Heraeus Holding GmbH. Er beschreibt, warum Wandlungsfähigkeit ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Unternehmen ist. HERAEUS | MAGAZIN 2015 | ESSAY 29 ES MUSS ANDERS WERDEN, WENN ES BESSER WERDEN SOLL Ein Essay von Dr. Jürgen Heraeus W ussten Sie, dass der Touristikkonzern TUI ursprünglich aus dem Bergbau unternehmen Preussag hervorgegangen ist? Oder dass Nokia, einstmals größter Mobiltelefonhersteller der Welt, seine ersten Umsätze mit der Produktion von Gummistiefeln in der finnischen Taiga machte? Man fragt sich, wie es zu solchen Entwicklungen kommen konnte. Sicher, nicht alle Unternehmen durchlaufen in ihrer Geschichte solch radikale Veränderungen. Doch bleibt Wandlungsfähigkeit neben der eigenen Innovationstätigkeit Erfolgsgrundlage für Unternehmen. Stillstand war schon immer gleichbedeutend mit Rückschritt. Deswegen erinnern sich die Älteren unter uns an die Unternehmen AEG, Borgward oder Telefunken. Sie haben die Markt signale nicht verstanden und sind daher von diesem verschwunden. Ich höre in diesen Tagen häufiger, dass es doch gerade die Beständigkeit war, die unser Unternehmen groß und erfolgreich gemacht hat. Dem stimme ich mit Blick auf die Anpassungsfähigkeit auf veränderte Märkte und neue Opportunitäten zu. Der beständige Wandel ist ein Erfolgsfaktor in der 165-jährigen Geschichte von Heraeus. Nur so konnte aus einer Apotheke am Hanauer Marktplatz das globale Technologieunternehmen werden, das wir heute repräsentieren. An dieser Stelle darf Beständigkeit nicht mit Trägheit verwechselt werden! Wer diesem Irrtum unterliegt, verpasst die Zukunft. Das eingangs erwähnte Unternehmen Nokia, welches ab 2007 den Smartphonemarkt verpasste, kämpft heute noch mit dieser Erkenntnis und um sein Überleben. Wir sehen – das Verschwinden großer Unternehmen hängt nicht selten mit der Unfähigkeit zusammen, sich zügig auf ein verändertes Umfeld einstellen zu können. Und wie viele Firmen sind an den Anforderungen des globalisierten Marktes gescheitert, der auf ganz andere Lieferketten und Kostenstrukturen als ein Binnenmarkt setzt? Schauen wir in Richtung digitalisierter Geschäftsmodelle, fällt auf, wie viele traditionelle Kauf- und Warenhäuser sich seit der Entstehung des E-Commerce ab Anfang dieses Jahrtausends aus dem Markt verabschiedet haben. Das disruptive Moment der Digitalisierung Dass es so nicht zwangsläufig kommen muss, beweist die Otto-Group in Hamburg: Dort wurde früh erkannt, dass das klassische, jahrzehntelang erfolgreiche Kataloggeschäft vom Online-Handel abgelöst wurde. Die gesamte Strategie bis hin zur Geschäftsführungsstruktur wurde Richtung Online ausgerichtet. Ein unternehmerischer Change, der im Familienunternehmen Otto nicht nur Befürworter fand. Heute ist Otto nach Amazon der größte Online-Händler für Mode und Lifestyle-Produkte für Endverbraucher in Europa. Und nach Bestellkatalogen fragt niemand mehr. 30 »Es ist beeindruckend zu beobachten, welche Dynamik die Paarung kreativer und unternehmerischer Kompetenz auf Basis einer flachen Struktur erzeugen kann.« Die Digitalisierung betrifft aber nicht nur den Einzelhandel, auch wenn hier sicher das disruptive Element am deutlichsten zutage tritt. Die zunehmende Vernetzung und Nutzung digitaler Daten zur Verbesserung der eigenen Geschäftstätigkeit macht auch vor der Industrie nicht halt. Ein wichtiger Treiber ist die Initiative Industrie 4.0, deren Inhalte uns übrigens nicht nur in Deutschland beschäftigen. In China wurde mit „Made in China 2025“ ein in vielen Zielen ganz ähnliches Programm gestartet. Laut einer unveröffentlichten Studie der Chinesischen Akademie für Ingenieurswissenschaft könnte das Land bis zum Jahr 2045 mit den USA, Deutschland und Japan als fortschrittlicher Industrieproduzent gleichziehen. China bricht in ein neues Zeitalter der Produktion auf: Die Investitionen in Automatisierung und Digitalisierung steigen explosions artig an, seit 2005 haben sich die Investitionen der produzierenden Industrie in IT verdoppelt. Und mittlerweile ist das Land der weltweit größte Absatzmarkt für Industrieroboter. Bereits nächstes Jahr werden voraussichtlich die meisten Industrieroboter dort eingesetzt. Außerdem Geduld, denn erfolgreicher Wandel stellt sich nicht von einem Tag auf den anderen ein. Er ist das Ergebnis beharrlicher Arbeit. Ich begrüße, dass Heraeus mit dem 2015 eingeführten Leadership-Modell ein gemeinsames Verständnis für Führung etabliert. Das Modell befördert unsere Agilität in den Bereichen Geschäfts-, Organisations- und Teamführung sowie der Potenzialausschöpfung jedes Einzelnen. Jeder Mitarbeiter hat nun die Möglichkeit, sich auf Basis gemeinsamen Verständnisses weiterzuentwickeln. Ein Verharren in bestehenden Struk turen kann für kein Unternehmen gewünschter Zustand sein. Das gilt auch für die Menschen bei Heraeus. Durch Wandel fit für die Zukunft Interessant ist, dass viele Veränderungsprozesse oftmals nicht im Geringsten angezweifelt werden. Wenn wir auf die Neuausrichtung unserer Innovation und die Errichtung des Innovationscenters am Hanauer Hauptsitz schauen, gibt es breite Zustimmung für diese Maßnahmen. Ich appelliere an dieselbe Offenheit, wenn es um die anderen großen Veränderungsprojekte in unserem Unternehmen geht. Heraeus „fit“ zu machen für die Zukunft findet bei mir wie im Kreise der Gesellschafter uneingeschränkte Unterstützung. China und die „neue Ingenieur-Dynastie“ An diesen Beispielen wird ersichtlich, warum unternehmerischer Wandel so wichtig ist: Zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und damit der langfristigen Unternehmensentwicklung. Die erfolgshungrigen asiatischen Nationen und insbesondere China werden uns nicht freiwillig noch existierende Vorsprünge in Fertigungstiefe und Innovationskraft überlassen. Die „neue Ingenieur-Dynastie“, wie unlängst das Zukunftsinstitut titelte, wird nach der ersten Welle des Zukaufs ausländischen Know-hows zukünftig aus gut ausgebildeten, heimischen Talenten bestehen. Wie können also die hiesigen Unternehmen den Wandel erfolgreich gestalten? Ich glaube, dass diese Aufgabe hohe Anforderungen an die Führungskräfte stellt. Sie müssen nicht nur verstehen, warum der Wandel notwendig ist, sondern die Gründe und die Konsequenzen überzeugend an die Mitarbeiter kommunizieren. Dies bedarf großer Energie, um interne und externe Widerstände zu überwinden. Meine Zuversicht stützt sich dabei insbesondere auf zwei Faktoren: Wir verfügen über ein technisches Know-how, das wir oftmals nicht vollständig ausnutzen. Die Verknüpfung unseres Fachwissens mit digitalisierten Prozessen wird uns einen wichtigen Wettbewerbsvorsprung verschaffen. Darüber hinaus setzen wir schon jetzt auf Start-upStrukturen. Es ist beeindruckend zu beobachten, welche Dynamik die Paarung kreativer und unternehmerischer Kompetenz auf Basis einer flachen Struktur erzeugen kann. Vorbilder aus dem Silicon Valley, aber auch zunehmend in Europa, gibt es genug. Ich sehe in der Adaption dieser Strukturen ein großes Potenzial. Es war der Physiker Georg Christoph Lichtenberg, der einst erkannte: „Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser wird, wenn es anders wird; aber so viel kann ich sagen: Es muss anders werden, wenn es gut werden soll.“ Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten. ● 31 DIE CHANGE-THEMEN DES HERAEUS KONZERNS IM ÜBERBLICK OPERATIONS EXCELLENCE: AUF DEM WEG ZUR PRODUKTION DER ZUKUNFT HERAEUS FIT: DURCH INVESTITIONEN UND OPTIMIERUNG WETTBEWERBSFÄHIGKEIT STÄRKEN Weltklasse in der Produktion – dieses Ziel hat sich Heraeus gesetzt. Deshalb wurde im April 2015 das Operations-Excellence-Programm ins Leben gerufen. Ein Team von Heraeus Produktionsexperten arbeitet dazu in enger Zusammenarbeit mit den Produktionsverantwortlichen der einzelnen Bereiche vor Ort an Zukunftskonzepten und begleitet die ersten Schritte der Umsetzung. Nach und nach sollen so in den kommenden Jahren große Teile der weltweiten Heraeus Produktionslandschaft exzellent aufgestellt werden. Mit dem Programm FIT stärkt Heraeus seine Wett bewerbsfähigkeit durch Investitionen, Standortkon solidierung sowie die Optimierung von Strukturen und Portfolio. Dazu bündelt das im August 2015 gestartete Programm eine Vielzahl von Maßnahmen in Deutschland sowie an internationalen Standorten. Insgesamt werden in den kommenden Jahren 150 Mio. € in die Modernisierung und den Ausbau wichtiger Standorte investiert, zum Beispiel in das Innovation Center in Hanau oder die Edelmetall fabriken in Hanau und Nanjing. LEADERSHIP-MODELL: GEMEINSAMES FÜHRUNGSVERSTÄNDNIS ALS ERFOLGSGRUNDLAGE MAGELLAN: EINHEITLICHE GESCHÄFTSPROZESSE FÜR EINE WELTWEIT AGIERENDE ORGANISATION Heraeus betrachtet eine moderne, einheitliche Führungskultur als wesentliche Grundlage unternehmerischen Erfolgs. Mit dem im Sommer 2015 weltweit eingeführten Leadership-Modell entsteht eine gemeinsame Vorstellung von guter Führung. Das LeadershipModell beschreibt, was Heraeus unter exzellenter Führung versteht und wie eine Führungskultur aussieht, welche die Wachstumsziele unterstützt. Das Modell stützt sich dabei auf die vier Säulen Geschäft, Organisation, Mitarbeiter und die eigene Person. Seit 2012 arbeitet Heraeus im Rahmen des Programms Magellan an konzernweit einheitlichen Geschäftsprozessen auf Basis einer standardisierten SAP-Landschaft. Das Programm Magellan spielt damit eine bedeutende Rolle bei der Erreichung der im Heraeus Konzernleitbild 2020 festgeschriebenen Ziele. Mit den Rollouts in Hongkong, Singapur und New York sowie der Vorbereitung auf die Umsetzung in Deutschland ist das Programm 2015 seinem Ziel ein gutes Stück näher gekommen. 32 KONSEQUENT AUF ERFOLG AUSGERICHTET Innerhalb eines Jahres steigerte er den Umsatz der Heraeus Noblelight um rund 15 Prozent und führte den Bereich in die Gewinnzone: Global Business Unit President Wolfgang Stang erzählt, wie der Bereich von innen heraus die Trendwende schaffte. K lare Kommunikation und Strukturen sowie Berechenbarkeit – dies sind die Prinzipien, die Wolfgang Stang sich selbst auferlegt, um eine gute Führungskraft zu sein. Und das erwartet er ebenfalls von seinem Management-Team: „Die Mitarbeiter wollen ein klares Bild, wohin die Reise geht. Wir müssen ihnen Orientierung geben“, sagt der gelernte Ingenieur. 2014 verfehlt der damalige Geschäftsbereich Heraeus Noblelight bereits im dritten Jahr in Folge seine Gewinnziele. Umsatzsteigerungen sind nur auf einen Zukauf zurückzuführen. Oberflächlich betrachtet ist der Bereich also ein Sanierungsfall. Nicht so für Wolfgang Stang: „Als Betrachter von außen war ich mir sicher, dass man den Bereich zügig wieder profitabel gestalten kann“, erinnert er sich. Mit Turnarounds hat Wolfgang Stang Erfahrung: Seit dem Jahr 2000 im Konzern, zunächst als Divisions-, dann als Vertriebsleiter, konnte er auch als Co-Geschäftsführer von Heraeus Quarzglas den Bereich neu aufstellen und zu einem der erfolgreichsten Bereiche innerhalb der Gruppe ausbauen. Im Herbst 2014 beginnt Wolfgang Stang seine Tätigkeit als neuer Leiter des Geschäftsbereichs. Von Beginn an setzt er auf Kommunikation. Er spricht an seinem ersten Tag mit den Mitarbeitern, die direkt an ihn berichteten – in Einzelgesprächen. „Ich wollte hören, wie sie die Lage einschätzen und wo sie Ansatzpunkte zur Verbesserung sehen.“ Bis zum Abend kommen 17 Gespräche zusammen. So konkretisiert sich das Bild, das er sich bis dahin nur von außen machen kann. Die Mitarbeiter fragen ... Sein zweiter Arbeitstag führt ihn dann zu allen Mitarbeitern. In zwei Belegschaftsversammlungen an den deutschen Produktionsstandorten stellt er sich ihnen vor – und stellt sich auch bohrenden Fragen. „Natürlich wollen die Mitarbeiter meine Ziele wissen. Aber das lässt sich zu diesem frühen Zeitpunkt nicht seriös beantworten“, blickt Wolfgang Stang zurück. Doch er verspricht, bis Weihnachten Klarheit über die zukünftige Strategie zu schaffen. Dann macht er sich ans Werk. Im nächsten Schritt kümmert sich Wolfgang Stang um die Strukturen. Obwohl er sich auch von einigen Führungs kräften trennt, verzichtet er auf große Entlassungswellen. Vielmehr schafft er historisch gewachsene Doppelstrukturen ab und reduziert die Zahl seiner direkt an ihn berichtenden Mitarbeiter auf die Hälfte. Aus vier Divisionen werden drei Business Lines, darüber hinaus organisiert er Fertigung und Entwicklung nach funktionalen Kriterien. 33 DER KURSMACHER Mit einer klaren Strategie und konkreten Vorgaben macht GBU-President Wolfgang Stang seinen Geschäftsbereich Heraeus Noblelight in kurzer Zeit wieder erfolgreich. Zudem identifiziert er zusammen mit dem Leadershipteam zwei Wachstumspfade: Zum einen erweitert Heraeus Noblelight das Geschäft mit Lichtquellen um die Peripherie der Produkte und wandelt sich so zum Anbieter von Systemlösungen. Zum anderen überarbeitet der Bereich die bestehende Strategie für das neue Geschäftsfeld industrieller LED-Anwendungen mit dem Ziel, die Innovationsrate zu erhöhen und so den Marktanteil deutlich auszubauen. ... Wolfgang Stang gibt Antworten Wie angekündigt, präsentierte Wolfgang Stang bis Weihnachten die künftige Strategie. „Solche Versprechen müssen gehalten werden. Berechenbarkeit als Führungskraft ist zentral. Darum überlege ich mir vorher sehr genau, was ich ankündige und welche Ziele ich formuliere.“ Auch deshalb entwickelt der Global Business Unit President die Geschäftsziele zusammen mit seinem Führungsteam: „Wir müssen alle Aspekte zusammenführen, um realistische Ziele definieren und dann auch gemeinsam umsetzen zu können.“ Messbare Ziele sind für Wolfgang Stang ohnehin ein wichtiges Element, um die gewünschte Berechenbarkeit herzustellen. Denn er verlangt sie nicht nur von sich selbst, sondern auch von seinen Mitarbeitern. Beispiel Vertrieb: „Wir mussten die Präsenz beim Kunden erhöhen. Präsenz am Markt ist in diesem Geschäft essenziell. Ich habe darum die Zahl der Kundenkontakte als messbare Kennziffer eingeführt“, berichtet der Manager. Die Umsatzsteigerung im ersten Geschäftsjahr unter seiner Führung führt er zum Teil auf diese Maßnahme zurück. Und solche Vorgaben, auch das ist typisch für Wolfgang Stang, gelten nicht nur für seine Mitarbeiter: „Ich habe mir selbst Ziele gesetzt, wie viele Kunden ich besuche – und meine Ziele erfüllt.“ ● 34 DIE PRODUKTION DER ZUKUNFT BAUEN Heraeus investiert in einer moderne Produktionslandschaft. Die zwei größten Projekte entstehen am Hanauer Hauptsitz und im chinesischen Nanjing. HENDRIK TRUTE und VINCENT JI sind verantwortlich die Edelmetallproduktion von morgen zu realisieren. Interview mit Hendrik Trute, Projektmanager Building & Construction Was sind die besonderen Herausforderungen bei Planung und Bau der neuen Edelmetallfabrik? In der neuen Edelmetallfabrik werden künftig mehrere operative Einheiten von Heraeus Hunderte verschiedene Produkte in einem optimierten Produktionsfluss herstellen. Als Projektmanager müssen meine Kollegen und ich die Anforderungen vieler interner Auftraggeber in einem sinnvollen komplexen Fabriklayout zusammenbringen. Gleichzeitig bauen wir in der historisch gewachsenen und räumlich begrenzten Struktur des Hanauer Werksgeländes unter laufendem Betrieb. Hinzu kommen aufwendige Genehmigungsverfahren und eine enge Zeitschiene mit vielen Abhängigkeiten zu anderen Projekten. HENDR IK T R U T E HANAU Was ist Ihre Aufgabe und welchen Beitrag leisten Sie? Als Projektmanager bin ich sowohl für die gesamte Gebäudeplanung als auch die spätere bauliche Umsetzung verantwortlich. Dabei muss ich gegenüber den einzelnen Beteiligten immer das Gesamtinteresse von Heraeus als Bauherr im Auge behalten. Ich kenne die interne Struktur bei Heraeus sehr gut. Bei früheren Projekten habe ich mit unterschiedlichen Schwerpunkten wie Bau, Finanzierung und Projektmanagement gearbeitet. Das hilft mir, ein so komplexes Projekt zusammenzuführen. Am Hanauer Hauptsitz von Heraeus entsteht bis zum Jahr 2018 eine Edelmetallproduktion nach modernsten industriellen Standards. Produktionspro zesse, die bislang über das Werksgelände verteilt waren, werden unter einem Dach von Edelmetallrecycling und -schmelze über Vorproduktion und Produktion unter Einhaltung höchster Edelmetallsicherheit zusammengeführt. Die neue Edelmetallfabrik setzt damit weltweit neue Standards in Sachen Produktionseffizienz für Heraeus. Was fasziniert Sie, an der neuen Edelmetallfabrik mitzuarbeiten? Mit der neuen Fabrik schaffen wir eine Produktionsumgebung nach modernsten industriellen Standards, die bei Themen wie schlanke Produktion, moderne Fabrikplanung, aber auch Industrie 4.0 konzernweit Vorbild sein wird. Mit einem solchen Projekt und einem kompetenten Team zum künftigen Erfolg von Heraeus beitragen zu können, treibt mich jeden Tag an. ● Die Edelmetallfabrik Hanau in Zahlen: • 1 zentraler Produktionsfluss • Auf 26.000 m2 (davon rund 60 Prozent Bestand) • Mehr als 45 Mio. € Gesamtinvestitionskosten • Rund 800 Mitarbeiter • Hunderte Produkte und Tausende Produktvarianten HERAEUS | MAGAZIN 2015 | DIE FABRIKMACHER 35 DIE FABRIKMACHER Hendrik Trute und Vincent Ji planen die Produktion der Zukunft. Sie sind verantwortlich für den Bau von zwei hochmodernen Edelmetallfabriken in Deutschland und China. Interview mit Vincent Ji, Deputy Technical Project Manager & Site Service Manager VINCENT JI NANJING Mit dem Bau einer neuen Edelmetallfabrik in der chinesischen Stadt Nanjing schafft Heraeus die Voraussetzungen für weiteres Wachstum in Asien. Das Werk wird in der Region neue Maßstäbe in Bezug auf Produktion und Umweltschutz für Heraeus setzen. Es soll bis Anfang 2018 fertig gestellt sein. Nanjing, die zweitgrößte Stadt im Osten Chinas, liegt ca. 300 km nordwestlich von Schanghai. Das Edelmetallwerk Nanjing in Zahlen: • Größe des Werksgeländes: 84.000 m2, Gebäudegrundfläche: 21.000 m2, Grundstücksfläche: 33.600 m2 • Eingetragenes Kapital der neuen Gesellschaft: 40 Mio. US-Dollar • ca. 400 Mitarbeiter (nach Erreichen der vollen Produktionsleistung im Jahr 2024) • 1 Recycling-Service für chemische Produkte und Edelmetalle wird angeboten. Was sind die besonderen Herausforderungen bei Planung und Bau der neuen Edelmetallfabrik? Effizient in einem komplexen Team zu arbeiten, das ist eine der größten Herausforderungen in diesem Projekt. Unsere Teammitglieder kommen aus vielen verschiedenen operativen Einheiten von Heraeus und konzentrieren sich manchmal eher auf die Ziele ihrer Einheit als das große Ganze. Trotzdem ist es uns gelungen, dieses Problem in den Griff zu bekommen, indem wir zu intensiven und offenen Diskussionen angeregt, allgemeine Designprinzipien und Werksrichtlinien formuliert und diese gemeinsam beschlossen haben. Ich persönlich muss mich mit bestimmten Themen noch vertrauter machen, z. B. mit den besonderen Sicherheitsanforderungen in Verbindung mit Edelmetallen. Ich arbeite ständig an mir, indem ich mir neues Wissen aneigne, Fachleute in unserem Unternehmen zurate ziehe und im Projekt direkt mit Experten zusammenarbeite. Was ist Ihre Aufgabe und welchen Beitrag leisten Sie? Ich leite zusammen mit meinen Kollegen die konstruktionsrelevanten Aktivitäten des Projekts und stelle sicher, dass das Projekt termin- und budgetgerecht voranschreitet und die Qualitätsanforderungen erfüllt. Ich bringe meine breiten beruflichen Erfahrungen in das Projekt ein, etwa indem ich das Team mit meinem professionellen Rat unterstütze, das örtliche Konstruktionsteam auf die Arbeit mit internationalen Experten einstimme usw. Außerdem koordiniere ich die Benutzeranforderungen bezüglich der Standortinfrastruktur und der Logistikplanung und stelle auf diese Weise sicher, dass der Standort den Anforderungen der künftigen Mieter entsprechen wird. Was fasziniert Sie, an der neuen Edelmetallfabrik mitzuarbeiten? Ich arbeite seit Juli 2014 an diesem Projekt. Ich finde es sehr interessant, als Teil eines großen Projektteams tätig zu sein, und ich habe viel von den anderen Teammitgliedern gelernt. Außerdem ist es spannend zu verfolgen, wie sich der neue Standort von der bloßen Idee über die Pläne bis zur Realität entwickelt. ● EXZELLENZ BRAUCHT EIN GUTES TEAM Mit verschiedenen Programmen baut Heraeus die Wettbewerbsfähigkeit der globalen Produktionslandschaft aus. Und setzt dabei ganz besonders auf die langjährige Erfahrung und das Engagement von Produktionsexperten wie BRUCE BRATZ vom US-Standort in Wilmington (NC). HERAEUS | MAGAZIN 2015 | DER LEANMACHER 37 DER LEANMACHER Bruce Bratz ist einer der erfahrensten Produktionsexperten bei Heraeus und treibt jeden Tag mit neuen Ideen Effizienz und Qualität in der Produktion voran. I n seiner fast 30-jährigen Karriere bei Heraeus in Wilmington, North Carolina (USA), hat Produktions leiter Bruce Bratz schon viele Veränderungen gesehen. Aber eines ist immer gleich geblieben: das beständige Engagement des Unternehmens für Operational Excellence. „Unsere vergangenen – und sogar unsere derzeitigen – Maßnahmen reichen nicht aus für die Produktion von morgen“, sagt er. „Wir müssen unsere Produktion ständig verbessern und neue Wege beschreiten.“ haben zu deutlichen Verbesserungen bei der Produktivität, der Fertigungseffizienz und der Lieferpünktlichkeit geführt. Modernisierte Fertigungsmethoden und Automatisierung haben die Qualität und Zuverlässigkeit erhöht. Erfahrung ist Grundlage des Erfolgs Der Standort in Wilmington, der auf die Quarzfertigung für die Glasfaser-, Halbleiter- und Life-Science-Industrie spezialisiert ist, nutzt Elemente aus allen Heraeus Excellence-Initiativen, um eine hochleistungsfähige Produktionsumgebung zu gestalten. Dazu gehören Lean-Prinzipien, die Heraeus 5-S-Standards und Ziele, das Heraeus Produktionssystem (HPS) und ein Programm zur beruflichen Entwicklung für seine zwei Dutzend Angestellten, das auf eine stärkere Querqualifizierung (Cross Training) und Höherqualifizierung der Mitarbeiter abstellt. Ein Beispiel dafür, was Bratz „Excellence in Aktion“ nennt, ist recht aktuell: Der Standort Wilmington wurde vor Kurzem damit beauftragt, Quarzbrenner mit drei Düsen herzustellen, die in der Glasfaser-Industrie für das Arbeiten mit Rußpartikeln verwendet werden. Mithilfe der HPS-Tools entwickelte das Wilmington-Team eine Herstellungsmethode, die die Produktionsleistung immens erhöhte: Statt in einem Monat 40 bis 50 Brenner pro Bediener herzustellen, konnten nun in 3 bis 5 Tagen 120 Teile produziert werden. Außerdem führte das Team einen Produktionsprozess an der Drehmaschine ein, der auch in der Wiederholung höchste Qualität und Zuverlässigkeit der fertigen Teile garantierte. Laut Bratz ist dieser 360-Grad-Ansatz des Unternehmens entscheidend für den Erfolg. „Eine Maschine besteht aus unzähligen beweglichen Teilen, die gut zusammenarbeiten müssen, damit die Maschine richtig funktioniert. Dasselbe gilt für die gesamte Fertigungsumgebung.“ Dieser umfassende Ansatz greift: Neugestaltete Lean-Arbeitsplätze Für Bratz ist das Team des Standorts Wilmington der wichtigste Bestandteil der Heraeus Formel für Erfolg. „Unsere Mitarbeiter in der Produktion sind an vorderster Front dabei“, sagt er. „Sie wissen genau, was funktioniert und was nicht. Ihre Erfahrungen, Anregungen und Ideen sind es, die uns so innovativ und erfolgreich machen.“ ● 38 HERAEUS IM JAHR 2015 5.750 12.477 Patente und Patentanmeldungen Mitarbeiter 1.929 Mio. € Umsatz ohne Edelmetalle Produktumsatz nach Regionen Amerika 26 % Asien 42% Deutschland 12 % Afrika/Australien 2 % Übriges Europa 18 % HERAEUS | MAGAZIN 2015 | AKTIVITÄTSFELDER HERAEUS AKTIVITÄTSFELDER Unter dem Dach der Heraeus Holding sind im Geschäftsjahr 2015 die folgenden fünf Aktivitätsfelder des Konzerns zusammengefasst GESUNDHEIT In dem Aktivitätsfeld Gesundheit setzt Heraeus die lange Konzerntradition fort und zählt weltweit zu den nachgefragtesten Anbietern von Medizintechnik und medizinischen Komponenten. Umsatz ohne Edelmetalle in Mio. € 2015 356,7 2014 316,6 ELEKTRONIK INDUSTRIEANWENDUNGEN Das Aktivitätsfeld Elektronik versorgt weltweit Kunden aus der Konsumgüterelektronik und bietet herausragende Lösungen für die Automobil-, Informationstechnologie- und Telekommunikationsindustrie. Mit seinem Aktivitätsfeld Industrieanwendungen und seiner Expertise im Umgang mit Hochtemperaturprozessen sowie der industriellen Verarbeitung von Edelmetallen ist Heraeus seit Langem ein gefragter und verlässlicher Partner der Industrie. Umsatz ohne Edelmetalle in Mio. € Umsatz ohne Edelmetalle in Mio. € 2015 2015 592,1 2014 539,1 579,0 2014 555,4 UMWELT CORPORATE Die Produkte von Heraeus im Aktivitätsfeld Umwelt leisten einen wesentlichen Beitrag zur ressourcenschonenden Energiegewinnung. Darüber hinaus besticht das Aktivitätsfeld durch seine Innovationskraft. Unter dem Aktivitätsfeld Corporate bündelt der Kon zern seine richtungsweisenden und auf die Zukunft ausgelegten Aktivitäten. Daneben sind in diesem Akti vitätsfeld die Heraeus Konzernfunktionen angesiedelt, die bereichsübergreifende Funktionen für die opera tiven Gesellschaften des Konzerns übernehmen. Umsatz ohne Edelmetalle in Mio. € Umsatz ohne Edelmetalle in Mio. € 2015 2015 285,6 2014 240,9 115,7 2014 106,9 39 40 Impressum Herausgeber Heraeus Holding GmbH Communications & Marketing Heraeusstraße 12–14 63450 Hanau Telefon +49 (0) 6181 - 35 - 5100 Fax +49 (0) 6181 - 35 - 4242 pr@heraeus.com www.heraeus.de Konzeption und Gestaltung Edelman.ergo GmbH Frankfurt am Main, Berlin, Hamburg, Köln, München Bildnachweis Heraeus Fotografie Wonge Bergmann, Frankfurt am Main Wolfgang Hartmann, Heraeus Elizabeth Clancy, Australien christophmichaelis.de Xiao Nan, China Mike Krivit, USA Brownie Harris, USA Illustrationen Bernd Schifferdecker, Stuttgart Druck Schleunungdruck GmbH, Marktheidenfeld Dieses Magazin erscheint auch in englischer Sprache. Wiedergaben, auch auszugsweise, sind nur mit Quellenangabe gestattet. Print kompensiert Id-Nr. 1655052 www.bvdm-online.de HERAEUS | GESCHÄFTSBERICHT 2015 | MAGAZIN 3 Heraeus Holding GmbH Communications & Marketing Heraeusstraße 12–14 63450 Hanau Telefon +49 (0) 6181 - 35 - 5100 Fax +49 (0) 6181 - 35 - 4242 pr@heraeus.com www.heraeus.de