ONLINE SPECIAL OLDTIMER

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ONLINE SPECIAL OLDTIMER
E 6422F
Magazin für Fahrzeuglackierung, Karosserie und Reparatur
www.lackiererblatt.de
� ONLINE SPECIAL OLDTIMER
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1. bis 3. August 2014
www.classic-days.de
Wir sind wieder dabei und beraten
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Youngtimern.
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INHALT
Online Special Oldtimer
Sympathisches Thema
Sommerfest für Oldtimerfreunde.............Seite 4
Kaum etwas wird so viel Sympathie entgegengebracht wie alten Autos, Pardon,
Oldtimern. Was für die einen Golf I und
Ente, sind für die anderen 300 SL Flügeltürer
oder Jaguar E-Type: Autos, mit denen man
Erinnerungen verbindet, Träume oder Wünsche. Und die müssen nicht einmal
teuer sein – ok, sie sind es meist, aber
immerhin wird das Geld für die Restaurierung eines alten Schätzchens mit einem
ganz anderen Gefühl ausgegeben als für die
Reparatur eines gewöhnlichen Wagens. Der
Reparaturbetrieb kann bei letzterem meist
nur den Ärger mildern. Guter Service und
Top-Reparatur werden bestenfalls als „Glück
im Unglück“ empfunden. Ganz anders
bei Young- und Oldtimern, die die Chance
bieten, auf positivem Weg in Kontakt mit
Kunden zu kommen und dabei durchaus
auch noch ein zweites Standbein aufzubauen – wenn man´s richtig macht. Ein paar
Beispiele dafür haben wir in diesem OnlineSpecial gesammelt, dazu reichlich Technisches, Historisches und Geschichten von
Leuten, die an der Arbeit mit historischen
Fahrzeugen einfach Spaß haben.
Sachte, sachte .....................................................Seite 8
Geschichte in Dosen ...................................... Seite 11
Messing, Kupfer und viel Chrom .............. Seite 12
Wo Emily neuen Glanz erhält .................... Seite 16
Ohne Leidenschaft geht gar nichts......... Seite 20
Rost und Staub ................................................. Seite 24
Schleifen, strahlen, baden ........................... Seite 28
Rostige Raritäten ............................................. Seite 32
Alte Autos, neue Chancen ........................... Seite 37
Schwarze Legende ......................................... Seite 40
Überraschung in Rot ...................................... Seite 42
Rarität in Adriablau ....................................... Seite 44
Michael Rehm
Lackiererblatt
Ernst-Mey-Str. 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany
www.lackiererblatt.de
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FORM
+ FARBE
Sommerfest für
Oldtimerfreunde
Bei den Schloss Dyck Classic Days wird
eine Brücke zwischen Oldtimer- und
Werkstattszene geschlagen
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Knapp 28.000 Besucher feierten am 6.
und 7. August im Rahmen der Classic
Days 2011 auf Schloss Dyck am Niederrhein den 125. Geburtstag des Automobils mit einer zweitägigen Gartenparty für Klassiker- und Motorfans. Die
2011 zum sechsten Mal veranstalteten
Schloss Dyck Classic Days haben damit
einmal mehr ihren Ruf als herausragende Oldtimer- und Motorsportveranstaltung auf dem europäischen Kontinent
unterstrichen. Traditionsgemäß am ersten Wochenende im August trafen sich
am Niederrhein wieder Enthusiasten,
Fans, Besucher und Besitzer von Oldtimern und Youngtimern zu dem europaweit als einmalig geltenden KlassikerFestival. Rund um das Wasserschloss
Dyck wurde den Besuchern wieder einmal einiges geboten. Neben Rennfahrerpersönlichkeiten wie Hans Herrmann
und Jochen Mass, Rallye-Ikone Isolde
Holderied, Jockel Winkelhock und
Christian Geistdörfer waren unter anderem Jutta Benz, Großenkelin von Berta Benz, flankiert von Elke Müller (geborene Horch) vor Ort. Insgesamt waren
rund 6.000 Oldtimer mit ihren Fahrern
und Besitzern bei den Classic Days als
Besucher dabei. Alle Klassen, alle Preislagen – vom Käfer aus den 60ern bis zum
millionenschweren Bugatti aus den
30ern.
Die
Rennsporttradition der vergangenen Jahrzehnte war an
den drei Tagen
allgegenwärtig
und lebte stilecht
auf.
Kontakt herstellen
Wo so viele Oldtimerbegeisterte sich
treffen, müsste doch auch der Kontakt
zwischen Oldtimerbesitzern und den
Eigentümern von Karosserie- und Lackierwerkstätten herzustellen sein. Das
dachte man sich bei Standox und präsentierte bei den Classic Days bereits
zum zweiten Mal das Konzept Classic
Color Partner. Das Miscanthusfeld als
riesiges Open-Air-Museum mit den geparkten Oldiefahrzeugen der Privatbesitzer und Oldtimer-Clubs bot dafür
den idealen Ort. Hier war die auffällige
Rampe aufgebaut, auf der Standox-Spezialisten Fragen rund um den Lack beantworteten und Farbtonmessungen
anboten. „Gerade im Bereich der Lackierung gibt es großen Informationsbedarf
seitens der Oldtimerbesitzer“, erklärt
Ulrich Diederichs, bei Standox Leiter
Die Schloss Dyck Classic Days gehören zu den renommiertesten
und bestbesuchten Oldtimer-Treffen in ganz Europa.
Ob Ferrari, Bentley oder Bugatti, die Präsentationen der Markenclubs gehören traditionell zu den
Highlights der Classic Days.
Marketing Kommunikation und verantwortlich für das „Classic Color Partner“-Konzept. „Welchen Farbton hat
meine Lackierung genau? Ist wirklich
der Originalfarbton auf der Karosserie,
und welche Informationen brauche ich,
wenn eine Reparatur oder eine Restau-
Die Rennsporttradition der vergangenen Jahrzehnte war an den drei Tagen allgegenwärtig und lebte stilecht auf.
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FORM
+ FARBE
Die Classic Days leben von den
Menschen, die ihre historischen
Fahrzeuge – und ein wenig auch
sich selbst – präsentieren.
rierung ansteht? Das sind gängige Fragen, die die Oldtimerbesitzer stellen.“
Das Thema Lack ist für Oldtimerbesitzer
ein ganz zentrales, und das Wissen über
Lack ist nicht sehr ausgeprägt, wie Ulrich Diederichs weiß: „Viele OldtimerBesitzer sind zum Beispiel der Meinung,
es wäre sinnvoll, mit alten Materialien
wie Nitrolacken oder Ähnlichem zu arbeiten. Auch hier können wir aufklären
und zeigen, dass moderne Lacke technisch überlegen und vor allem gesetzeskonform sind.“
Die Partner ins Spiel bringen
Ulrich Diederichs: „Das Thema Lack ist für Oldtimerbesitzer ein ganz zentrales, und das Wissen
über Lack ist nicht sehr ausgeprägt.“
Die wichtigste Frage der Oldtimerbesitzer – und der eigentliche Grund, warum
Standox bei den Classic Days so auffällig präsent war – lautet aber: Welchem
Betrieb kann ich vertrauen, wenn es um
Karosserie und Lack oder gar um eine
komplette Restaurierung geht? „Das ist
dann der Anknüpfungspunkt, an dem
wir natürlich unsere Classic Color Partner ins Spiel bringen“, erklärt Ulrich
Diederichs. „Jeder Oldtimer-Fan, der an
unserer Station eine Farbtonmessung
durchführen ließ oder anderweitigen
Rat suchte, bekam von uns Adressen
von spezialisierten Karosserie- und
Lack-Partnerbetrieben in seiner Region
an die Hand. So wird zum Wohle unserer
Partner eine Brücke zwischen OldtimerSzene und Werkstatt hergestellt.“ Und
keine Veranstaltung in Deutschland eignet sich dafür wohl so gut wie die Classic Days.
MR
Auf der Standox-Bühne wurden Farbtöne gemessen und Fragen der Oldtimerbesitzer rund um das Thema Lack beantwortet. Fotos: M.Rehm
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Aus Gesprächen werden
Geschäfte
Apfelwiese, P24, die Adresse klingt etwas ungewöhnlich für den
Auftritt eines Lackherstellers – zumindest im Normalfall, nicht so
bei den Schloss Dyck Classic Days, wo sich PPG auf dem idyllischen
Freigelände rund um das Schloss präsentierte. Nach 2010 hatte
sich PPG zum zweiten Mal dazu entschieden, seinen Partnerbetrieben einen Treffpunkt innerhalb dieser ganz besonderen KlassikSzenerie anzubieten. Die Intention für den Hildener Lackhersteller
lag auf der Hand. „Die Oldtimerrestaurierung stellt gerade für Lackier- und Karosseriebetriebe eine große Chance dar“, erklärt Heike Leufgen, Brand Communications Manager bei PPG. „Ein wirkliches Standbein kann daraus allerdings nur werden, wenn man
das Oldtimergeschäft nicht nur nebenher betreibt, wenn einem die
normale Reparaturlackierung gerade Zeit lässt. Um wirklich kompetenter Ansprechpartner zu sein, sollte man Kapazität und Knowhow bieten und darüber hinaus als echter Spezialist auftreten.“
Dieses Resümee ergab sich auch aus den zahlreichen und intensiven Gesprächen, die an den beiden Classic Days stattfanden. „Wir
teilen unser Know-how natürlich auch in diesem Segment mit unseren Kunden, unterstützen sie nicht nur produkt- und farbtontechnisch, sondern auch über unsere Kommunikationskanäle und
empfehlen die Spezialisten in die Klassik-Szene, mit der wir in engem Kontakt stehen,“ erläutert Produktmanager Thomas Grebe.
Über eine große Resonanz und den positiven Zuspruch freute sich
das gesamte PPG-Team. In klassischem Ambiente fanden PPGPartner und Oldtimerbesitzer Zeit und Muße, sich mit den PPG-Experten intensiv auszutauschen. Über die ganzheitliche Restaurierung konnte man sich auf
dem PPG-Stand umfassend informieren – nicht
zuletzt sehr anschaulich an
Karosserien in unterschiedlichen Zuständen, gestrahlt, grundiert und gefüllert. „Eine wirklich runde Sache,“ beschreibt Heike Leufgen das Engagement am Schloss Dyck, „in
Heike Leufgen und Thomas Grebe
solcher Kulisse Kundenbewerteten den PPG-Auftritt bei den
Classic Days als vollen Erfolg.
gespräche zu führen, ist
nicht alltäglich – inspiriert
aber ungemein und hat
die eine oder andere interessante Perspektive eröffnet – für unsere Partnerbetriebe und für uns als
Lieferant“.
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Sachte, sachte
Gundula Tutt setzt bei der behutsamen
Oldtimerrestaurierung
auf historische Materialien
Wenn Oldtimer-Karosserien restauriert werden, gibt es kaum Kompromisse. Komplett wird meist die alte, nicht
mehr intakte Lackierung abgeschliffen
oder abgelaugt. Wo immer sich dann
Rost zeigt, wird er weggestrahlt. Das
blanke Blech baut man anschließend
wieder auf, trägt modernen Spachtel,
Füller und Decklack auf – natürlich im
vorgegebenen, historisch korrekten
Farbton – und irgendwann steht dann
ein Fahrzeug in der Werkstatt, das,
wenn alles richtig gemacht wurde, genau so ausschaut, wie es vor vielen Jahrzehnten vom Band gerollt ist. Ein echtes
Original eben. Oder doch nicht? Was ist
das eigentlich, ein Original, fragen sich
immer mehr Oldtimerfreunde. Ein eigentlich historisches und doch scheinbar neues Fahrzeug? Oder gehört zur
Historie eines Autos nicht auch die Patina, die es mit den Jahren angesetzt hat?
Sollte man einem Oldtimer seine Geschichte, die Spuren, die die Zeit hinterlassen hat, nicht ansehen können?
Eine wachsende Zahl von Oldtimerfreunden ist dieser Meinung, und bei
Oldtimertreffen und Prämierungen
steigt die Zahl der Fahrzeuge, die in der
Kategorie „unrestauriert“ an den Start
gehen. Dass auch solche Fahrzeuge
nicht ganz ohne Zutun fahrbereit und
präsentabel sind, liegt auf der Hand.
Oberste Devise lautet hier aber, behutsam, punktuell und unter Erhalt von soviel historischer Substanz wie möglich
vorzugehen.
Frage der Verträglichkeit
Genau dies ist die Domäne von Gundula
Tutt. Die Diplomrestauratorin ist eher
durch Zufall in die Oldtimer-Szene geraten. Ihr früherer Kollege – und jetziger
Kompagnon – ist Oldtimer-Liebhaber
und wurde einst vom Besitzer eines Bugatti gefragt, wie er denn die Karosserie
seines Wagens möglichst schonend,
punktuell und unter Erhaltung der Patina der Karosserie ausbessern könne.
„Eine Vorkriegs-Lackierung instandzusetzen und gleichzeitig größtenteils
zu erhalten – das erschien uns zunächst
wie die Quadratur des Kreises“, erinnert
sich die gebürtige Stuttgarterin Tutt,
„denn es ist ja kein Zufall, dass bei der
Restaurierung von Oldtimern üblicherweise beim blanken Blech begonnen
wird. Moderne Lackmaterialien vertragen sich einfach nicht mit den damals
verwendeten Nitro- nd Kutschenlacken.
Es kommt zu Rissen und Aufquellungen
des vorhandenen Lackes. Und selbst
wenn eine Ausbesserung im ersten Moment gelingen würde – kein Lackierer
könnte eine Garantie für eine solche Ar-
beit übernehmen.“ Aber Gundula Tutts
Ehrgeiz war geweckt. Was bei der Restaurierung von Gemälden gang und gäbe ist, sollte doch auch bei Autolacken
möglich sein: Exakt die Materialien zu
finden, mit denen früher gearbeitet
wurde, oder eben mit Hilfe der alten Rezepturen die Originallacke zu rekonstruieren. Mit kriminalistischem Ehrgeiz machte sich auf die Suche nach alten Handbüchern, Fachzeitschriften
und Lackmusterheften, sie durchsuchte
Farbtonarchive und knüpfte intensive
Kontakte zu Lackherstellern und Automobilfirmen. Gleichzeitig durchforschte sie den Markt nach Quellen für Rohstoffe wie Bindemittel, Lösemittel und
Pigmente.
Dass die Herstellung von Lacken nach
historischen Rezepten nicht einfach
sein würde, war Gundula Tutt klar: „Bestes Beispiel sind die Nitrolacke, die bis in
die frühen 60er-ahre verwendet wurden. Zellulosenitrat in ungelöstem Zustand zu kaufen war nicht möglich,
denn dabei handelt es sich ja um
Sprengstoff. Also musste ich Firmen finden, die den Stoff, wenn auch für völlig
andere Zwecke, in gelöster Form verkaufen.“ Ähnlich schwierig gestaltete
sich die Suche nach den Original-Pigmenten, zum Teil so exotischen wie
Fischsilber. Doch irgendwann machte
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FORM
+ FARBE
Aus den Grundzutaten der früher verwendeten
Autolacke mischt und rezeptiert Gundula Tutt
die Lacke für ihre partiellen Restaurationen.
sie sich, mit Kugelmühle, Laborwaage
und jeder Menge Enthusiasmus ausgestattet, an die Produktion ihrer ersten
Mini-Charge Nitrolack. Etliche Versuche
waren nötig, bis eine Lackqualität erreicht war, die ihren hohen Ansprüchen
genügte. Dass die Restaurierung von
Original-Oberflächen eine Nische im
Oldtimermarkt darstellt, wurde aber
schnell klar. So gründete Gundula Tutt
ihre Firma Omia, die sich seitdem mit
der behutsamen, authentischen Restauration von Oberflächen an Oldtimern befasst.
Nur für den Eigenbedarf
Die Lacke, die die Restauratorin in ihrer
Firma herstellt, darf sie nur durch eine
Ausnahmeklausel der VOC-Gesetzgebung verwenden, nach der das In-Verkehr-Bringen nicht konformer Materialien im Falle kulturhistorisch interessanter Objekte erlaubt ist. Im Klartext:
Sie kann auf dieser Basis solche Lacimaterialien, die sie selbst in Kleinmengen
zusammenstellt, für ein Restaurierungsprojekt benutzen. Dabei hat sie
mit zwei Schwierigkeiten zu kämpfen –
zum einen muss die vorhandene Lackschicht genau analysiert werden, um
verträgliche Reparaturmaterialien zu
finden. Oft gibt es keine zuverlässigen
Informationen über die vorhandene Beschichtung, denn anders als heute wurden viele Vorkriegsfahrzeuge nicht im
Automobilwerk komplett beschichtet.
Autofirmen wie Bugatti lieferten häufig
nur das Chassis, auf dem dann spezialisierte Werkstätten nach den Wünschen
des Besitzers eine individuelle Karosserie aufbauten. „Alle damaligen Fahrzeughersteller und auch die Lackfirmen
hatten Rezeptvarianten und eine Pallette von Standardfarbtönen im Programm“, erklärt Gundula Tutt. „Die wurden aber in der Lackiererei oft noch
nach den Vorlieben der Auftraggeber
farblich abgemischt. Außerdem haben
sich die ursprünglichen Farbtöne durch
die Alterung bis heute mehr oder weniger stark verändert. Auch wenn solch eine Fahrzeugoberfläche auf den ersten
Blick gleichmäßig aussieht, variiert der
Farbton meistens deutlich, beispielsweise zwischen waagerechten und
senkrechten Flächen.“ Anders als bei
kompletten Neulackierungen erfordern
Gundula Tutts punktuelle Reparaturen
eine optimale Angleichung des Farbtons. Keine leichte Aufgabe, denn die
Rezepturen wurden früher regelrecht
geheim gehalten. Selbst wenn eine Originalrezeptur vorliegt, kann sie nicht
eins zu eins übernommen werden,
denn damit eine Ausbesserung langfristig unsichtbar bleibt, versieht Tutt ihre
Die Analyse der am Fahrzeug vorhandenen Lackierung steht am Anfang von Gundula Tutts Arbeit. Dabei stützt sie sich auf ein imposantes,
selbst zusammengetragenes Archiv. Fotos: Omia (3), M. Rehm
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FORM
+ FARBE
Bei diesem Renault Type C,
Baujahr 1899, war die Originalkarosserie mit einer historischen Öllackierung versehen –
behutsam wurde das Fahrzeug
mit rekonstruierten Öllacken
aufgebaut.
Lacke mit Lichtschutzmitteln. „Nitrolacke gilben im UV-Licht, außerdem ist es
möglich, dass die Pigmente ausbleichen
– oder beides passiert gleichzeitig. Der
Prozess ist wohl nie ganz abgeschlossen, schwächt sich aber mit der Zeit ab.
Darum verwende ich nur die lichtechtesten Pigmente und mische ein Lichtschutzmittel dazu. Bei meiner Retusche
werden die Ausbleich-Effekte dadurch
extrem reduziert – und die alten Lacke
haben die Phase der heftigen Veränderungen ja schon hinter sich.“
Dass bei Tutts Art zu restaurieren Kompromisse und individuelle Lösungen gefragt sind, liegt auf der Hand. Umso akri-
bischer muss mit dem Kunden besprochen werden, welche Arbeiten mit welchem angestrebten Ergebnis im Laufe
der Restaurierung erforderlich sind.
Sorgsam dokumentieren
„Werkstätten übernehmen Garantien
üblicherweise nur für einen kompletten
Aufbau, aber genau den wollen meine
Kunden ja nicht. In der Regel mache ich
daher eine ganz exakte Bestandsaufnahme des Lackes. Dann wird definiert,
welche Flächen lediglich konserviert
und welche neu beschichtet werden. Da
spürt man schnell, bis zu welchem
Die lackiertechnischen Kenntnisse, um kleine Flächen zu restaurieren, hat sich Gundula Tutt im Laufe
der Jahre angeeignet. Für große Flächen greift sie auf ein Netz von Fachbetrieben zurück.
Punkt der Kunde mitgeht. Nitrolack
muss ich nun mal pflegen, und er verträgt sich nicht mit scharfen Reinigern. “
Natürlich werden die Kundengespräche
protokolliert und vom Auftraggeber abgezeichnet. Gundula Tutt kann sich aber
kaum an Konflikte im Zusammenhang
mit einer Restaurierung erinnern:
„Meist kommen zu mir ja Oldtimerbesitzer, die ihr Auto bisher vor einer
Restaurierung zurückgehalten haben,
weil ihnen gesagt wurde, man müsse es
komplett abstrahlen und wieder neu lackieren. Entsprechend froh sind sie,
wenn man ihnen zeigt, dass es auch anders geht – ganz behutsam.“
MR
Die Restaurierung von lackiertem Leder und
Kunstleder stellt einen weiteren Schwerpunkt
von Tutts Arbeit dar.
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TECHNIK
+ WERKSTOFFE
Geschichte
in Dosen
Standox sammelte Exponate
zur Unternehmens-Historie
Die Miniatur-Mercedeswerkstatt aus den 60ern
ist eines der Highlights der Austellung.
Abgeklebt wird mit Zeitungspapier,
der Kompressor steht mitten in der Kabine, und dort werden auf einem improvisierten Tischchen auch die Materialien ausgemischt. Wo es solche Werkstätten heute noch gibt? Im Information
Center von Standox! Allerdings handelt
es sich um keine echte, sondern um das
Miniaturmodell einer Mercedes-Werkstatt aus den frühen 60ern. Gebastelt
hat sie der Wuppertaler Künstler Dirk
Patschkowski, und sie war ursprünglich
Teil des Standox-Standes auf einer Mercedes Service-Messe.
Die Modellwerkstatt ist eines von zahlreichen Exponaten, mit denen der Lackhersteller im Foyer seines Information
Centers Unternehmensgeschichte verdeutlicht. „Ob es alte Lackdosen sind
oder Farbtonkarten – wenn man nicht
rechtzeitig auch scheinbar triviale Arti-
Ein von Sascha Pfeffer restauriertes Goggomobil TS 250, Baujahr 1967, schmückt ebenfalls
das Information Center.
kel sammelt, sind sie eines Tages nicht
mehr greifbar“, erklärt Andreas Keller,
Leiter des technischen Service bei Standox, die Hintergründe, „und das wäre
schade.“ So forschte Keller im Unternehmen selbst, aber auch bei Händlern
und über den Außendienst bei den Kunden nach alten Unterlagen, Fotos, Lackdosen und Werkzeugen.
Das Ergebnis der Recherchen kann sich
sehen lassen. So mancher Kunde hatte
noch eine Dose Kunstharzlack in einem
Winkel der Werkstatt. Auch Preislisten
aus den 60ern – die Dose Basislack lag da
bei 12 DM – waren noch verfügbar.
Als alles komplett war, ließen es sich die
Ausstellungsmacher nicht nehmen, eine Dose Nitrolack aus den 50ern feierlich zu öffnen – mit anschließender Geruchsprobe. „Ein bisschen war das, wie
wenn man einen alten Wein entkorkt“,
schmunzelt Andreas Keller. Die Dose
wurde allerdings nicht geleert, sondern
in eine Plexiglasbox gestellt.
MR
Lackdosen aus allen Phasen der Unternehmensgeschichte fanden sich noch bei Kunden und Händlern. Fotos: M. Rehm
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Messing, Kupfer
und viel Chrom
Bei Oldtimern muss nicht
nur der Lack auf Hochglanz
gebracht werden
Mit der Pflege und Aufbereitung von
Lackoberflächen haben Lackierer tagtäglich zu tun. Wer sich mit Young- und
Oldtimern befasst, stößt allerdings viel
häufiger als bei modernen Fahrzeugen
auf metallische Oberflächen wie
Chrom, Messing, Bronze, Kupfer oder
blankes Aluminium. Um auf diesen zum
Teil sehr empfindlichen Oberflächen für
dauerhaften Hochglanz zu sorgen, gibt
es besondere Materialien und Techniken.
Möglichst mild
Metalloberflächen, zum Beispiel Chrom,
Alu und Messing, müssen regelmäßig
gepflegt werden, um Oxidationsschäden zu vermeiden. Dabei ist die Wahl
des Mittels für die anschließende Versiegelung für das Endergebnis und die
Langzeitwirkung von entscheidender
Bedeutung. Für bereits angegriffene und
poröse Metall- und galvanische Oberflächen hat sich die Zwei-Schritt-Anwendung in der Vergangenheit bestens bewährt. Aber auch restaurierte Metalloberflächen wie z.B. der neue verchromte Kühlergrill oder Zierteile müssen
wirksam gegen Bewitterung und Anlaufspuren geschützt werden, aber ohne
dabei zu verkratzen. Mechanische Spuren können durch Werkzeuge oder zu
grobe Schleifmittel in der Metallpolitur
erzeugt werden.
Es ist daher sehr wichtig, alle Polituren
und Metallreiniger vorher auf Ihre Eignung zu überprüfen. Immer sollte man
erst die mildesten Produkte mit der geringsten Schleifwirkung ausprobieren,
bevor man zu aggressiveren Mitteln
greift, die in jedem Fall Verkratzungen
und Spuren selbst bei galvanischen
Oberflächen, bewirken.
Chromteile
Zuerst einmal sollte man die zu reinigenden Oberflächen genau betrachten und den Grad der Bewitterung oder
der Oxidation feststellen. Erst nach diesem Befund werden Poliermittel und
Werkzeug ausgesucht.
Bei ganz leichter Bewitterung mit Anlaufspuren sollte man die mildeste Politur mit einem weichen Schwämmchen
oder einem weichen, feuchten Baumwolltuch verarbeiten. Bei stärkeren Oxidationsspuren und Flugrost ein stärker
Pflegefibel
Der Beitrag beruht auf dem Buch
„Oldtimerpflege. Lacke, Leder, Holz,
Oberflächen erhalten, reinigen und
pflegen“ von Christian Petzoldt.
Das Buch ist im Heel-Verlag erschienen
und kostet 14,95 EUR.
ISBN: 978-3-86852-378-2
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TECHNIK
+ WERKSTOFFE
Durch die Oberflächenreinigung mit Glasreiniger
und einem Microfasertuch
werden alle Öle, die die
Haftung eines Langzeitschutzes verhindern,
entfernt.
reinigendes Produkt mit einem grobschlaufigen, trockenen Baumwolltuch
verarbeiten, bis alle Anlaufspuren beseitigt sind. Solte auch diese Variante zu
mild sein, kann feinste Stahlwolle und
eine wirksame Politur zur Aufarbeitung
verwendet werden.
Um die so gereinigten Chromoberflächen länger vor erneuter Bewitterung
und Flugrost zu bewahren, empfiehlt
sich folgende Nachbehandlung: Etwas
Glasreiniger oder Silikonentferner aufsprühen und mit einem weichen Mikrofasertuch Öle und Poliermittelreste
So bringt man Chrom zum Glänzen: Mit einem weichen Tuch und Chrompolitur werden Anlaufspuren und Flugrost
entfernt. Nach dem vollständigen Austrocknen der Politur wird mit einem sauberen Baumwolltuch nachgerieben.
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TECHNIK
+ WERKSTOFFE
An einem Stück Aluminium
können verschiedene
Metallpolituren auf ihre
Aggressivität hin getestet
werden.
Durch Polieren in kleinen, kreisenden Bewegungen mit einer abrasiveren
Politur lassen sich gröbere Anlaufspuren beseitigen.
sorgfältig entfernen. Auf solchermaßen
behandelten Oberflächen hält anschließend eine Polymerversiegelung oder ein
Hartwachs, das die Metalloberflächen
über viele Wochen und Wäschen vor erneutem Anlaufen schützt. Auch neuwertiger Chrom sollte nur mit Glasreiniger entfettet und gleich mit
Polymerversiegelung oder Wachs geschützt werden. Wichtig dabei: Eine
neuwertige galvanische Oberfläche nie
mit einer groben Metallpolitur bearbeiten. Man kann anderenfalls schon nach
nur einer Anwendung feine Haarlinienkratzer auf den Zierteilen erkennen.
Für Chromspeichenfelgen gibt es eine
sehr effektive Putztechnik, um Anlaufspuren perfekt zu entfernen. Mit Politur
getränkte Putzbänder werden einmal
um jede einzelne Speiche gewickelt.
Durch anschließendes Ziehen in beide
Richtungen poliert das Band die Oberfläche der Speiche rundum. Nach dem
Durch weniger Druck und größere Kreisbewegungen mit einer sehr milden
Politur können feinste Spuren entfernt und der Glanzgrad gesteigert
werden.
Antrocknen des Poliermittels muss es
nur noch abgestaubt werden – danach
glänzt die Chromspeiche wieder in alter
Pracht. Ein Streifen Baumwolle kann anschließend für das Auftragen einer Konservierung benutzt werden.
Alte, poröse Chromoberflächen schützt
man nach dem Polieren am besten
durch Einsprühen mit Waffenöl (z.B.
Ballistol), wodurch erneuter Flugrostbefall verhindert wird. Die gleiche Arbeitstechnik ist auch ideal, wenn es um vorbeugenden Schutz bei langen Standzeiten oder die Überwinterung des Fahrzeugs in feuchten Garagenräumlichkeiten geht.
Aluminium
Die Reinigung und Restaurerung von
Aluminiumoberflächen erfordert etwas
mehr Geduld, denn teilweise müssen
tiefe Kratzer, Macken oder Oxidations-
spuren aus der Oberfläche geschliffen
werden. Aber wie schon bei Chrom sind
Polituren mit grobkörnigen, aggressiven
Schleifmitteln nur dann einzusetzen,
wenn die zu bearbeitende Oberfläche
sehr stark bewittert oder bereits massiv
abgeschliffen ist.
Um zu prüfen, welche Metallpolitur in
ihrer Wirkung milder oder stärker ist,
gibt es einen einfachen Test. Man gebe
einen Tupfer oder Tropfen der verschiedenen Metallpolituren auf etwas unbehandeltes Aluminium und verreibe ihn
anschließend mit dem Finger in kreisrunden Bewegungen (ca. zehn mal).
Schon stellt man fest, dass die Mittel eine unterschiedliche Schwärzung hervorrufen. Die geringste Abriebschwärze
entsteht bei dem mildesten Mittel. Mit
diesem kleinen Test kann die Wirkungsintensität unterschiedlicher Produkte
beurteilt werden, um sie je nach Schleifwirkung richtig einzusetzen.
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Nun aber zur Anwendung. Tiefe Kratzspuren können mit feinsten Nassschleifpapieren der Körnungen 800 bis
1500 und etwas Öl oder Petroleum als
Gleitmittel vorsichtig ausgeschliffen
werden. Die tiefsten Riefen dabei zuerst
mit gröberem Papier entfernen und –
Schritt für Schritt immer feinere Körnungen nutzend – nachschleifen. Das
nach dieser Prozedur am Schluss verbleibende feine Schleifbild kann dann
mit einer wirkungsvollen Alupolitur
perfekt auspoliert werden. Wendet man
in der Folge nun eine noch feinere Alu-,
Anlauf- und Oxidationsschutz
Um bei gereinigten und polierten Metalloberflächen einen Anlauf- und Oxidationsschutz perfekt aufzutragen,
empfiehlt sich folgendes Vorgehen:
Nach jeder Politur muss die Oberfläche
zunächst wieder gegen Bewitterung geschützt werden. Dazu wird sie zuerst mit
einem Glasreiniger und einem weichen
Mikrofasertuch sorgfältig gereinigt. Danach kann auch beim Chrom eine Polymerversiegelung oder ein Hartwachs als
Oberflächenschutz aufgetragen werden.
Für das perfekte Finish
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Bei diesen weichen Buntmetallen reichen die mildesten Polituren und weichsten Tücher,
um perfekte Ergebnisse zu erzielen.
Metall- oder Messingpolitur an, wird der
Glanz immer weiter gesteigert, und
selbst feinste Spuren in der Oberfläche
verschwinden.
Messing, Bronze und Kupfer
Diese Weichmetalle lassen sich genau
wie Aluminium ausbessern und polieren. Da diese Metalle noch weicher sind,
können bei der Bearbeitung die mildesten Polituren eingesetzt werden. Auch
sollte das Polieren mit weichen Baumwolltüchern und ohne großen Druck erfolgen, um Polierspuren zu vermeiden.
Auch hier kann durch Nachbehandeln
ein Langzeitanlaufschutz aufgebracht
werden. Ideal auch bei Weichmetallen
ist das Nachpolieren mit weichen Microfaser-Tüchern.
Diese Maßnahme bewirkt, dass feinste
Poren (z.B. bei angewitterten Chromoberflächen) aufgefüllt und verschlossen werden, damit sie nicht bei hoher
Luftfeuchtigkeit und Regen wieder aufblühen und die Oberfläche mattieren. Es
reicht auch bei Metalloberflächen meist
aus, mit einem weichen Tuch und einem
Lackschutzmittel ab und zu nachzukonservieren, um die Oberfläche wirkungsvoll und langanhaltend zu schützen. Die
im Profibereich angebotenen Metallpolituren besitzen von sich aus schon
einen guten Anlaufschutz, der nur im
Bedarfsfall oder zur Wirkungsverlängerung gelegentlich aufgefrischt werden
muss.
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Wo Emily
neuen Glanz erhält
In Dornbirn steht das weltweit
größte Rolls-Royce-Museum
Bis in die 50er-Jahre waren die „Spirit of Ecstasy“ benannten Kühlerfiguren handgefertigte Unikate.
Bereits die Anfahrt ist eine Art Zeitreise. Von der Vorarlberger Rheintal-Autobahn führt der Weg durch Dornbirn
hindurch dem Wegweiser „Gütle“ folgend in ein enges Tal. Dann geht es, vorbei an Sägewerk und Rappen-Seilbahn,
einen reißenden Bach, die Dornbirner
Ach, entlang. Kurz vor der wildromantischen Rappenlochschlucht endet die
Straße, und zur Linken steht eine ehemalige Spinnerei aus dem 19. Jahrhundert.
Wer eintritt, steht inmitten der weltweit
größten öffentlich zugänglichen Sammlung von Rolls Royce-Fahrzeugen. Dicht
an dicht sind hier ebenso liebevoll wie
kenntnisreich restaurierte Rolls-RoyceModelle versammelt, die allermeisten
„Phantoms“ und „Silverghosts“ aus den
20er- und 30er-Jahren, und versetzen
die Besucher in die goldenen Jahre des
Unternehmens. Ein Stockwerk höher atmet ein 3000 Quadratmeter großer englischer Tea Room Flair und Lifestyle der
Epoche. Hier findet man edle Mahagonimöbel, Porzellan, Rolls-Royce-Werbeplakate, Baupläne, Kunstgegenstände –
und natürlich ein paar weitere Fahrzeuge mit der legendären Emily auf dem
Kühler. Insgesamt werden im Museum
über 1.000 Exponate präsentiert.
Lebenstraum erfüllt
Alle Fahrzeuge gehören zur Automobilsammlung der Familie Vonier, die, aus
dem nahegelegenen Montafon stammend, bei Dornbirn den idealen Standort für ihre Sammlung gefunden hat.
1982 siedelte sich die Familie im „Gütle“
an, und 1999 wurde das Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Mit
dem Museum hat sich Franz Vonier einen Lebenstraum erfüllt. Einer Familie
von Bergbauern entstammend, interessierte er sich früh für Autos und kümmerte sich zunächst als Autodidakt um
die Fahrzeuge der Touristen. Nach der
Militärzeit ging er, fasziniert von RollsRoyce-Fahrzeugen, in die Schweiz und
nach England, um sich zum Spezialisten
für diese Autos fortzubilden. Man darf
sich dabei allerdings keine systematische Hersteller-Schulung vorstellen,
wie sie bei modernen Fahrzeugen üblich
ist. Die Silverghosts und Phantoms aus
Insgesamt können im Rolls Royce Museum über 1.000 Exponate bestaunt werden.
16
FORM
+ FARBE
Vom Oldtimer-Virus befallen sind Museumsgründer Franz Vonier, rechts im Bild, und seine drei Söhne Bernhard, Johannes und Franz Ferdinand.
In der Werkstatt schlägt das Herz des Museums, und vor allem wird hier noch richtig gearbeitet.
Nebenan wird eine Musterwerkstatt präsentiert.
Für Reparaturen am Rolls Royce fuhr man früher nicht in die Werkstatt, sondern ließ den Reparateur
kommen. Das Reparatur-Know-how befand sich in den Köpfen weniger Spezialisten.
den 20ern repräsentierten den Gegenwert eines kleineren Landguts und waren laut Firmenphilosophie auf 80 Lebensjahre respektive eine Kilometerleistung von einer Million ausgelegt. Reparaturen waren in diesem Konzept offiziell nicht vorgesehen, und waren sie
trotzdem notwendig, dann fuhr man
nicht in die Werkstatt, sondern wurde
diskret von mobilen Reparateuren, „Flying Doctors“ sozusagen, aufgesucht.
Das Reparatur-Know-how befand sich
damit in den Köpfen relativ weniger
Spezialisten – und Franz Vonier hatte
das Glück, einen von diesen kennenzulernen.
In den 60er Jahren gründete er dann einen Kfz-Betrieb in Klaus in Vorarlberg,
pflegte weiterhin Kontakte zu Rolls
17
FORM
+ FARBE
„Es ist nicht alles Chrom
was glänzt“
Herr Vonier, welche Rolle spielt,
wenn Sie Fahrzeuge restaurieren,
das Thema Lack?
Eine entscheidende, denn die Lackierung der Rolls Royce-Modelle der 20er
und 30er-Jahre unterscheidet sich
ganz enorm von der Lackierung moderner Fahrzeuge. Die damals verwendeten Nitrolacke wurden in 18 Schichten aufgetragen, zwischendurch immer wieder getrocknet und poliert.
Versuchen Sie, wenn Sie Fahrzeuge
restaurieren, möglichst nahe an das
Original-Lackierverfahren zu kommen?
Bei der Frage ist ein Kompromiss am
vernünftigsten. So verwenden wir
moderne Lacke, die – das sollte man
nicht vergessen – auch der heutigen
Umweltgesetzgebung entsprechen.
Allerdings tragen wir auch diese Lacke durchaus ähnlich wie früher in
vielen Schichten auf, mit Zwischenpolitur, sodass insgesamt viel höhere
Schichtdicken zustande kommen als
bei einer modernen Lackierung.
Warum sind hohe Schichtdicken so
wichtig?
Eine dicke Lackierung gibt dem Fahrzeug einen besonderen Charakter und
eine faszinierende Tiefenwirkung. Zudem lassen sich solche Lackierungen
auch später noch schleifen und polieren, dadurch können z.B. kleine Kratzer
ohne weiteres ausgebessert werden.
Welche Bedeutung hat das Thema
Farbton? Der klassische Rolls Royce
aus der goldenen Epoche dürfte ja
schwarz gewesen sein…
Das trifft für die große Mehrheit der
Fahrzeuge zu. Es gab zum Beispiel
niemals ein weißes Auto in dieser Zeit,
doch einige unserer Fahrzeuge sind berühmte Ausnahmen – etwa der Bluebird von Malcolm Campbell, einem berühmten britischen Rennfahrer, dessen
Autos alle im selben Blauton lackiert
waren. Oder unser beige-farbiger Rolls
Royce Phantom, der einmal Thomas
Edward Lawrence, besser bekannt als
Lawrence von Arabien, gehörte. Grundsätzlich suchen wir bei Restaurierun-
Johannes Vonier ist Geschäftsführer der
Rolls Royce Museum GmbH.
gen den Originalfarbton, was alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist.
So besitzen wir etliche Fahrzeuge, die
in den 70er und 80er Jahren restauriert
Die Regel ist schwarz, doch es gibt auch berühmte Ausnahmen wie den Bluebird von Malcolm Campbell oder das Fahrzeug von Lawrence von Arabien.
18
wurden, und bei denen einfach die Farbe gewählt wurde, die dem Besitzer am
besten gefiel.
Lackieren Sie solche Fahrzeuge originalgetreu um?
Nein; zum einen gehören auch die vorhergehenden Restaurierungen zur Historie des Fahrzeugs, zum anderen sind
Sterling-Silber, wohin man schaut. Erst ab den
30er-Jahren wurde Edelstahl und später Chrom
verwendet. Fotos: Franz Vonier GmbH, M. Rehm
der Aufwand und die Risiken beim
kompletten Entlacken und Neulackieren viel zu hoch. Da können wir unsere
Kräfte vernünftiger einsetzen.
Was verursacht den meisten Aufwand? Korrosionsschäden zu beseitigen?
In dieser Hinsicht sind Rolls RoyceFahrzeuge dadurch, dass schon sehr
früh viel Aluminium verwendet wurde, sozusagen vorbildlich. Das Problem bei vielen unserer Fahrzeuge
ist eher der Rahmen aus Eschenholz,
der sich unter dem Blech befindet. Er
ist oft verrottet und muss restauriert
oder ersetzt werden. Überhaupt ist
beim Umgang mit diesen Autos extrem viel Know-how in der Bearbeitung von Holz, das damals ein absolut gängiger Automobil-Werkstoff
war, notwendig. Dabei spielt auch
die Lackierung des Holzes eine
wichtige Rolle.
Bei Ihren Fahrzeugen fallen auch
die zahlreichen Chromteile auf. Was
gibt es bei diesen Oberflächen zu
beachten?
Es nicht alles Chrom, was bei uns
glänzt. Ganz im Gegenteil, bis 1931
wurden die Teile, die ausschauen wie
verchromt, aus Sterling Silber gefertigt. Erst danach wurde Edelstahl zunächst unter der Bezeichnung „Stay
bright“ verwendet. Er war, wie der
Name sagt, pflegeleichter, am Anfang aber keineswegs billiger. Das
Silber musste man schließlich zweimal täglich polieren, damit es seinen
Glanz erhielt. Trotzdem wurde, auch
nachdem es Chromteile gab, noch
viel Silber verwendet – je nach Kundenwunsch.
Restaurieren Sie eigentlich nur Ihre
Bestandsfahrzeuge, oder führen Sie
auch Kundenaufträge aus?
Letzteres kommt sehr selten vor,
schon mit den eigenen Autos geht
uns die Arbeit in hundert Jahren
nicht aus.
Herr Vonier, vielen Dank
für das Gespräch.
MR
Royce-Besitzern in aller Welt und lebte
von der Herstellung und vom Handel
mit Ersatzteilen. Die Sammlung wurde
derweil ständig größer. „Wir Kinder
wuchsen mit den Autos wie in einem lebenden Museum auf. Ob im Schlafzimmer, auf dem Dachboden oder im
Schwimmbad, sie standen überall“, erinnert sich Johannes Vonier, einer der
drei Söhne des Musemsgründers, der
heute Geschäftsführer der Franz Vonier
GmbH ist. Auch seine Brüder Bernhard
und Franz Ferdinand Vonier, der eine
studierter Fahrzeugtechniker, der andere Kfz-Mechanikermeister, wurden früh
vom Oldtimer-Virus befallen. Ihre Domäne ist heute die Museumswerkstatt,
für Besucher mit Praxisbezug ein echtes
Highlight, man kann auch sagen: das
Herz des Museums.
Know-how-Träger
Hier wird, anders als in manch anderer
Museumswerkstatt, richtig gearbeitet.
Alle Fahrzeuge, die ausgestellt sind, gingen durch die Hand von Franz Vonier,
dem Museums-Gründer, der auch heute
noch oft in der Werkstatt anzutreffen
ist, oder eben der Söhne. Hier reparieren
und überholen sie Motoren, Fahrwerke
und Karosserien, hier fertigen sie nach
alten Bauplänen und oft mit OriginalMaschinen aus der damaligen Epoche
Ersatzteile an. Das Knowhow dafür hat
sich die Familie Vonier über Jahrzehnte
erworben. Mit Unterstützung des Herstellers können sie dabei kaum rechnen. „Bei Fahrzeugen, die älter als 30
Jahre alt sind, bekommt man von Rolls
Royce heute wenig Hilfe“, weiß Johannes Vonier. Was nicht nur mit der zuletzt
wechselvollen Geschichte der Traditionsmarke, sondern auch mit der britischen Art der Traditionspflege zusammenhängt. „Bei Rolls Royce wird unserer Erfahrung nach Tradition nicht akribisch aufbewahrt, sondern gelebt.“ So
gibt es auch kein „offizielles“, vom Hersteller getragenes Museum, dafür etliche Enthusiasten, die sich der Pflege der
Tradition verschrieben haben und so
zum Träger des Knowhows geworden
sind – ganz so wie die Familie Vonier.
MR
Erfahrung im Umgang mit Holz als Karosseriewerkstoff muss ebenfalls vorhanden sein.
19
„Ohne Leidenschaft
geht gar nichts“
Glasurit Classic Car Colors bringt OldtimerBesitzer und Werkstätten zusammen
20
FORM
+ FARBE
Knapp eine Million Fahrzeuge, die
mehr als 20 Jahre alt sind, gibt es in
Deutschland. Die Anzahl von Fahrzeugen, die sogar älter als 30 Jahre und damit „Oldtimer“ sind, gibt der ADAC mit
434.000 an. Und die Oldtimer-Szene
boomt. In zahllosen Clubs, auf zahllosen Treffen und bei zahlreichen Messen
trifft sich eine nicht immer, aber in der
Der perfekt restaurierte
Mercedes SL 300 aus dem Jahr
1957 schmückt derzeit den
Eingangsbereich des Refinish
Competence Centers.
Regel wohlhabende Klientel, die bereit
ist, freiwillig – nicht etwa durch Unfälle
oder im Rahmen von notwendigen Wartungen – Geld für ihr Auto auszugeben.
Ein ordentlicher Anteil davon entfällt
auf die Lackierung. Für Glasurit war dies
im Jahr 2007 ein Grund, die Initiative
Glasurit Classic Car Colors ins Leben zu
rufen. „Uns war klar, dass etliche unserer Kunden genau das bieten können,
was Oldtimer-Besitzer suchen, wenn es
um das Thema Lack geht: Know-how im
Umgang mit historischen Fahrzeugen,
Wissen über die Farbtöne und natürlich
die passenden Produkte“, erinnert sich
Jürgen Book, Leiter Kundendienst bei
der BASF Coatings und treibende Kraft
bei der Entwicklung von Glasurit Classic
Car Colors. „Das Projekt sollte daher dazu dienen, Oldtimer-Besitzer und Glasurit-Werkstätten zusammenzubringen.“
Selbst seit langem passionierter Oldtimer-Fan, ist Book trotz zahlreicher anderer Aufgaben im Unternehmen immer präsent, wenn es um das Thema
Oldtimer geht. „Manche sagen auch, ich
hätte meine Leidenschaft zum Beruf gemacht“, meint der Besitzer mehrerer ei-
genhändig restaurierter Fahrzeuge. So
ungern hört Book das gar nicht, „denn
ohne Leidenschaft“, ist er sich sicher,
„geht bei Oldtimern überhaupt nichts.“
Wir sprachen mit Jürgen Book über das
Lackieren von Oldtimern und über
Chancen, die sich dabei für Lackier- und
Karosseriefachbetriebe bieten.
Herr Book, welchen Nutzen kann Glasurit Classic Car Colors Ihren Kunden
und den Oldtimer-Besitzern bieten?
Besitzer von Oldtimern haben, wenn es
um Lack geht, eigentlich nur zwei Fragen. Erstens: Welcher Farbton ist auf
meinem Auto – oder sollte darauf kommen, wenn ich es originalgetreu restaurieren möchte? Zweitens: Wo finde
ich Betriebe, die sich damit auskennen
und denen ich mein Fahrzeug anvertrauen kann? Die Frage eins betrifft eine unserer Kernkompetenzen als Lackhersteller. Glasurit verfügt über das
weltweit größte Farbtonarchiv. Und es
wird ständig ausgebaut, in unseren
über die ganze Welt verteilten Länderarchiven und Farbtonlabors, aber auch
durch viele Kooperationen mit Autoherstellern, Clubs und Museen, bei denen wir gemeinsam mit diesen Partnern ermitteln, welche Farbtöne in
welchem Jahr auf welchem Modell waren, bevor wir sie dann rezeptieren
und archivieren.
Die Frage zwei nach den passenden Lackierbetrieben können wir natürlich
ebenso beantworten: Viele unserer
Kunden sind perfekt geeignet, um die
Bedürfnisse dieser anspruchsvollen
Klientel zu bedienen. Unsere Aufgabe
sehen wir darin, Oldtimer-Besitzer und
diese Betriebe zusammenzubringen.
Wir möchten, etwas blumig ausgedrückt, der rote Teppich sein, auf
dem der Oldtimerbesitzer in die Fachwerkstatt gelangt.
Wie erfahren nun Oldtimerbesitzer
und Werkstätten voneinander?
Wir sind unter der Flagge von Glasurit
Classic Car Colors bei Oldtimertreffen,
Messen und anderen Veranstaltungen
präsent und machen die Marke in den
Oldtimer-Fachblättern bekannt.
Zentrale „Schnittstelle“ ist die Website
www.classiccarcolors.com. Sie wurde
bewusst für Oldtimerbesitzer, nicht
primär für Fachbetriebe gestaltet. Darauf findet man einige generelle Informationen zum Thema Lack und, ganz
wichtig, die Adressen von derzeit rund
80 Kundenbetrieben, die auf dem Gebiet der Lackierung klassischer Fahrzeuge stark sind.
Das sind nicht besonders viele …
Es handelt sich dabei um eine lebendige, sich verändernde Liste. Wir streben
keine bestimmte Zahl an, auch regionale Abdeckung steht nicht im Fokus.
Qualität geht vor Quantität, denn dieses Geschäft lebt stark von Referenzen.
Oldtimer-Besitzer nehmen, wenn sie
von einem Betrieb überzeugt sind,
auch weite Wege in Kauf.
Das Konzept steht allen Kundenbetrieben offen, aber natürlich muss ein Betrieb auch Referenzen und Kompetenzen im Bereich Oldtimerlackierung vorweisen. Außerdem gibt es auch sehr
viele sehr leistungsstarke Betriebe, bei
denen der Bereich Oldtimerlackierung
Jürgen Book: „Etliche
unserer Kunden können
genau das bieten, was
Oldtimer-Besitzer
suchen, wenn es um das
Thema Lack geht:
Knowhow im Umgang
mit historischen Fahrzeugen, Wissen über
die Farbtöne und
natürlich die passenden
Produkte.“ Fotos: M. Rehm
21
FORM
+ FARBE
sagte mir ein bekannter Journalist aus
der Oldtimer-Szene, der Wagen gefalle
ihm überhaupt nicht. Begründung: Die
Lackierung sei zu gut. Im Prinzip hatte
er Recht, die Qualität der Lackierung,
wie übrigens auch der Spaltmaße, war
früher eher bescheiden. Andererseits
möchte ich den Lackierer sehen, der
bei einem Auto im Wert von einer Million Euro nicht sein Bestes gibt.
Zentrale Schnittstelle von Glasurit Classic Car
Colors ist die Website. Hier finden OldtimerBesitzer und Werkstätten zueinander.
einfach nicht zum Konzept passt. Vielleicht, weil sie andere Schwerpunkte
haben oder Mitarbeiter mit anderen
Qualifikationen.
Welche Qualifikationen sind denn
gefragt?
Grundsätzlich gilt: Erfahrung hilft. So
gut wie alle Klassiker haben in ihrem
Leben mehrfach Karosserie- und Lackierarbeiten erfahren. Die Gefahr
kommt also aus dem Untergrund.
Lackaufbauten mit über zehn Schichten sind eher die Regel als die Ausnahme. Hier gilt es zu erkennen, ob ein
tragfähiger Untergrund für einen
neuen Lackaufbau vorliegt oder nicht.
Was kann man tun, um hier sicher zu
gehen?
Man muss von Fall zu Fall abwägen.
Wir empfehlen nicht, generell im Reparaturfall gesunde Altlackierungen zu
entfernen. Bei Komplettrestaurierungen dagegen schon, dabei kommen oft
die skurrilsten Lösungen zum Vorschein, zum Beispiel Zigarettenschachteln als Verstärkung der Spachtelschicht.
Man muss aber auch wissen, dass bei
modernen Lacken und heutiger Ausstattung fast die Gefahr besteht, zu gut
zu arbeiten. Wir haben momentan als
Leihgabe im Refinish Competence Center einen perfekt restaurierten „Flügeltürer“ Mercedes SL 300 aus dem Jahr
1957, auch bekannt als Gullwing. Als
der auf einer Messe ausgestellt war,
Gibt es denn bei modernen Lacken
auch Einschränkungen? Gibt es Effekte oder Anmutungen historischer
Fahrzeuglacke, die sich mit modernen
Lacken nicht bewerkstelligen lassen?
Es ist ja zum Beispiel immer vom
unvergleichlichen Nitro-Glanz die
Rede…
Nach unserer Erfahrung sind alle Farbtöne und Effekte darstellbar. Kürzlich
gab es hier ein Treffen von Fahrzeugen,
die allesamt älter als Baujahr 1920 waren, darunter richtige Motorkutschen.
Nachdem wir die Farbtöne mit dem
Color-Profi-System verglichen haben,
konnten wir für jedes einzelne Fahrzeug den richtigen Farbton ermitteln.
Die einzigen Farben, bei denen die Reparatur sehr schwierig oder unter Umständen sogar unmöglich ist, sind Metallic-Einschichtlackierungen. Hier
stößt man an Grenzen, und das sollte
man dem Oldtimerbesitzer auch offen
sagen. Eine Angleichung des Glanzgrades ist technisch machbar, aber fachlich anspruchsvoll. Und was den fabelhaften Nitro-Glanz angeht – dazu bieten wir ein Premium-Lackierverfahren
mit modernen Lacken an. Da wird es
dann wirklich schwierig, Glanz und
Farbtiefe von der einer Nitro-Lackierung zu unterscheiden.
Das heißt, es wird auch kaum nach
historischen Lackqualitäten wie Nitro
oder Thermoplasten gefragt?
Nur sehr selten, und wenn, dann würden wir hier keine Lösung bieten, da
wir konsequent moderne VOC-konforme Lacke der Reihe 90 oder im Falle
von Unis der Reihe 22 anbieten. Oldtimer-Besitzer lassen sich in der Regel
vom Einsatz dieser hochwertigen Lackmaterialien überzeugen. Für unsere
Partnerwerkstätten ist das lackiertechnisch unkompliziert.
Was macht den Oldtimer-Lackierer
neben dem rein lackiertechnischen
Können aus?
Es gibt ein paar Voraussetzungen, die
gegeben sein müssen, zum Beispiel
Kompetenz in der Farbtonfindung. Kein
Oldtimer weist heute exakt den Farbton
der Originallackierung auf. Je nachdem,
wie das Fahrzeug gepflegt und wo es
aufbewahrt wurde, variiert der Lackzustand und damit der Farbton. Hier
muss der Betrieb Kompetenz zeigen.
Dann gibt es bestimmte Anforderungen an die Mitarbeiter. Viele Betriebe
sind heute sehr arbeitsteilig organisiert: Einer bereitet nur vor, einer lackiert, ein anderer macht das Finish.
Bei der Oldtimerlackierung sind eher
Allrounder gefragt. Auch beim Betrieb,
bei der Ausstattung gibt es bestimmte
Voraussetzungen. Wer Oldtimer restauriert oder lackiert, sollte zum Beispiel räumlich gewisse Ressourcen haben. Ein Wagen muss auch einmal einige Wochen auf einer Bühne stehen
können, ohne dass er ständig im Weg
ist, ebenso sollten demontierte Teile
über einen längeren Zeitraum ordentlich gelagert werden können.
Wie wichtig ist es, das komplette
Spektrum anzubieten? Kann der reine
Lackierbetrieb oder der Karosserieund Lackierbetrieb bei Komplett-Restaurationen Ansprechpartner sein?
Warum nicht? Rund um eine Restaurierung gibt es so viele verschiedene
Tätigkeiten, vom Strahlen über dieMechanik bis hin zu Sattlerarbeiten,
dass in den seltensten Fällen ein Betrieb alles anbieten kann. Wichtig ist
es, kompetente Spezialisten zu kennen
und selbst Anlaufstelle innerhalb eines
leistungsstarken Netzwerkes rund um
die Restaurierung zu sein – und dazu
eignet sich ein Lackier- und Karosseriebetrieb ideal. Noch wichtiger ist es
aber, dem Oldtimerfreund das Gefühl
zu geben, seine Leidenschaft zu teilen.
Oldtimer sind für viele ihrer Besitzer so
etwas wie Familienmitglieder. Sie überlegen sich daher sehr genau, wem sie
sie anvertrauen.
Herr Book, vielen Dank für das
Gespräch.
MR
22
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Rost und Staub
Am Bergring in Teterow trifft sich die Hot Rod-Szene
In der Luft liegt Benzingeruch und
Rock´n Roll-Musik, immer wieder übertönt von dröhnenden Motoren. Zwischen Chevrolets, Plymouths und Fords,
an denen unübersehbar der Zahn der
Zeit genagt hat, flanieren junge Männer
mit akkurat rasierten Koteletten, wahlweise Gel-Tolle oder Schiebermütze,
Mechaniker-Latzhosen und karierten
Hemden, begleitet von wie Filmstars frisierten Frauen in Röhrenjeans oder Petticoat. Ab und zu fahren Motorräder vorbei, meist betagte Triumphs, Royal Enfields oder Harleys, die Piloten mit Halbschalenhelm, Staubbrille und schwarzer Lederjacke. Wer an diesem JuliWochendende auf den Bergring, eine
traditionsreiche, grasbewachsene Na-
turrennstrecke im mecklenburgischen
Teterow, gekommen ist, fühlt sich ins
Amerika der 50er-Jahre versetzt oder in
einen Kinofilm aus dieser Zeit. Das Autorennen aus „Denn sie wissen nicht,
was sie tun“, kommt einem in den Sinn,
oder Marlon Brando als Motorrad-GangAnführer. „Rust ´n´ Dust Jalopy“ lautet
der Name der Veranstaltung. Rund tau-
Die Moden und Stile ändern sich auch in der Hot Rod-Szene. Auffällige Effektlackierungen waren lange Zeit angesagt, nun geht der Trend zu kunstvoll
auf alt getrimmten Lackierungen. Oder man lässt ganz einfach den Rost sein Werk tun.
24
send Besucher aus dem In- und Ausland
treffen sich hier, und mehr als 70 am
Showrennen teilnehmende Fahrzeuge
sind gemeldet. Der Name könnte treffender nicht sein. Rust and Dust – Rost
und Staub – von beidem gibt es hier
reichlich; der Staub wird jedesmal,
wenn eines der Vehikel auf dem knochentrockenen Gelände vorbeifährt, in
dicken Wolken aufgewirbelt, und der
Rost hat den meisten der Fahrzeugen
schon sichtbar zugesetzt. Etwas schwieriger ist „Jalopy“ zu übersetzen, umgangssprachlich steht der Begriff für ein
etwas heruntergekommenes Auto, eine
Blechkiste, eine alte Mühle. Dabei haben
die hier präsentierten Fahrzeuge unter
der – allerdings oft fehlenden – Motorhaube durchaus etwas zu bieten.
Gesamtbild muss stimmen
Mittendrin steht Torsten Kock, Inhaber
eines Lackierbetriebs in Teterow, der
zusammen mit dem ebenfalls Hot Rodinfizierten Stefan Rethmeyer die Veranstaltung organisiert hat. Eine echte
Mammutaufgabe. Die tausend Besucher
verfolgen nicht nur das Rennen, sondern campieren auch auf dem Gelände.
Verpflegung muss organisiert, für Sicherheit muss gesorgt sein und – ganz
wichtig – für die Musik. Zwei Abende
lang spielen Rock´n Roll Bands live im
Festzelt.
Das Rennen selbst wird in Form einer
Gleichmäßigkeitsprüfung ausgetragen.
Alle Teilnehmer fahren zwei Runden
mit möglichst geringer Zeitdifferenz
zwischen den Durchgängen. „So kann
jeder, ohne Risiken einzugehen, sein
Tempo fahren; der eine eher gemächlich, der andere eher rasant“, meint
Torsten Kock. „Im Vordergrund steht ohnehin nicht das Ergebnis, sondern die
Freude an den Autos.“ Und die sollen
möglichst authentisch sein. „Beim Rust
´n´ Dust Jalopy hier am Bergring haben
wir die Grenze beim Baujahr 1959 gezogen“, erklärt Torsten Kock, „jünger ist
keines der Fahrzeuge.“ Wichtig ist, dass
das Gesamtbild stimmt. Natürlich ist
Torsten Kock nicht nur als Organisator
aktiv, sondern baut auch eigene Hot
Rods auf – und lackiert sie. „Aber lackiertechnisch sind die Hod Rods ja nicht so
aufregend“, meint Kock. Das stimmt al-
Rund um die Hot Rods hat sich eine Szene mit hohem Coolness-Faktor etabliert. Auch hier ist ein
authentischer Auftritt im Stil der 40er und 50er angesagt.
25
FORM
+ FARBE
Torsten Kock: „Beim Rennen kommt es nicht in
erster Linie auf das Ergebnis an. Im Vordergrund
steht die Freude am Fahrzeug.“
Auch Motorräder nehmen am Showrennen teil. Und auch für sie gilt: Kein Fahrzeug sollte jünger als
Baujahr 1959 sein
lerdings nicht ganz. Einige der Fahrzeuge sind mit Pinstripe-Motiven verziert,
ab und zu stößt man auf Airbrush-Motive aus den 50er-Jahren, und manche
Rods glänzen mit auffallenden Flammenlackierungen.
Auch Designlackierungen gibt es zu sehen.
Am verbreitetsten sind Pinstripe-Motive.
Die Details müssen stimmen. Die Fahrzeuge
erscheinen stilecht – vom Reserverad bis zum
Fotos: M. Rehm
Aufkleber.
Stile im Wandel
Wie andere Autoszenen unterliegt auch
die Hod Rod-Szene wechselnden Stilrichtungen. Als Anfang der 80er die Hot
Rod-Bewegung in Deutschland Fuß
fasste, waren überwiegend Street Rods
mit moderner Technik und Show Rods
in mehr oder weniger perfektem Zustand gefragt. Ein typisches Show Rod
war zum Beispiel Hauptdarsteller in vielen Videos der Rockband ZZ Top. Viel
Chrom, Effekt- und Designlackierungen
in leuchtenden Farben waren Standard.
Heute sind dagegen nostalgische Fahrzeuge im Trend. So wie ihre Besitzer von
Kopf bis Fuß im 50er-Jahre Look gekleidet sind und den Lifestyle der damaligen Zeit vermitteln, sollen auch die Hot
Rods möglichst authentisch aussehen –
ganz so, als hätten sie die letzten 60, 70
Jahre in einer Scheune gestanden.
Jedes Detail muss stimmen, vom Reserverad bis zum Aufkleber am Armaturenbrett. Und die Lackierung? Sie ist mal
matt, mal sieht sie aus wie nur geprimert, mal ist sie kunstvoll abgeschliffen, und bei manchen Fahrzeugen erkennt man sie kaum – vor lauter Rost
und Staub.
MR
26
Leicht, billig und verboten schnell
Der Hot Rod-Kult hat seinen Ursprung in
den USA der 50er-Jahre. Viele Jugendliche
rüsteten alte Fahrzeuge motortechnisch
auf, um mit ihnen illegale Rennen zu fahren. Meist waren es Vorkriegsmodelle, und
das aus einem einfachen Grund: Die Autos
waren billig, und sie waren leicht, sodass
einige PS mehr gleich für ordentlichen Vortrieb sorgten. Die illegalen Rennaktivitäten
wurden in den Staaten bald in geordnete
Bahnen gelenkt. 1948 wurde die National
Hot Rod Association NHRA gegründet, die
auf geschlossenen Rennstrecken Viertelmeilen-Rennen organisierte – bei den Hot Rods
auch heute noch die beliebteste Renn-Variante. Heute ist die NHRA in Nordamerika
die wichtigste Organisation des Drag Racing
und organisiert Rennen für ein Millionenpublikum. Die Hot-Rod-Bewegung verlor
dagegen langsam an Bedeutung – schließlich waren ab den 60ern leistungsstarke Serienfahrzeuge erschwinglich. Die Ende der
60er-Jahre beliebten „Muscle Cars“ bedeuteten das Ende der klassischen Hot RodPhase. Als Massenbewegung waren Hot
Rods tot, doch der Kult lebte weiter – um in
den 80er-Jahren auch nach Deutschland zu
schwappen, wo sich eine kleine, feine Hot
Rod-Szene etabliert hat, die allerdings innerhalb der letzten Jahre einen regelrechten
Boom erlebt hat.
27
Schleifen,
strahlen, baden
Wenn der Lack ab muss, gibt es viele Möglichkeiten
Es ist gar keine Frage – die sorgfältige
Komplettrestaurierung einer Oldtimerkarosserie setzt eine einwandfreie
Oberfläche voraus; frei von Schmutz,
Unterbodenschutz, alten Beschichtungen und natürlich Rost. Nur wenn der
Untergrund metallisch blank ist, lässt
sich eine fundierte Entscheidung darüber treffen, wie die Oberfläche wieder
aufgebaut werden muss. Und nur so
kann ausgeschlossen werden, dass
nach einer aufwendigen Restaurierung
der Rost im Verborgenen weiter blüht,
um später wieder zum Vorschein zu
kommen. Doch wie kommt man an das
blanke Blech? Beim Schleifen stößt man
schnell an Grenzen, da viele Stellen nur
mühsam bearbeitet werden können
oder völlig unzugänglich sind. Oft erreicht man beim Schleifen nur die oberen, eigentlich gesunden Schichten,
während der Rost in den Vertiefungen
sitzt.
Breites Strahlmittel-Spektrum
Sandstrahlen lautet die zweite, zum
Standard gewordene Möglichkeit, wobei
es den „Sand“ schon lange nicht mehr
gibt. Sand als Strahlmittel ist zum einen
gesundheitsschädlich, zum anderen
hinterlassen die scharfen Kanten der
Sandkörner Spuren, die nachher müh-
Trockeneisstrahlen eignet sich zum Entlacken
sowie zum sorgfältigen
Reinigen und ist damit
ein ideales Verfahren
zur Bestandsaufnahme.
sam beseitigt werden müssen. Sandstrahl-Spezialisten steht ein ganzes Arsenal von Strahlmitteln zur Verfügung,
die sich vor allem in ihrer Aggressivität
unterscheiden. Fürs Grobe, zum Beispiel
durchgerostete Bodenbleche, gibt es Korund-Strahlmittel in unterschiedlichen
Korngrößen. Etwas sanfter geht man
mit Strahlmitteln auf Glasbasis zu Werke. Auch Mischungen aus beiden Materialien sind möglich. Der Vorteil bei derart abrasiven Strahlmitteln: Entlacken
und Entrosten erfolgen in einem Arbeitsgang, der Effekt ist gründlich, und
man sieht schnell, was Sache ist unter
dem Lack. Allerdings haben aggressive
Strahlmittel auch nachteilige Effekte
auf das Materialgefüge. Dächer oder
Hauben können durch zu intensiven Be-
schuss ihre Formstabilität verlieren; die
Folge sind die gefürchteten „Frösche“ im
Blech.
Besonders sanft ist das dagegen das
Kunststoffstrahlen. Kunststoffgranulat
wurde erstmals beim Entlacken der
empfindlichen Aluminiumhaut von
Flugzeugrümpfen eingesetzt. Ebenfalls
eher zum Entlacken und nicht zum Entrosten eignet sich auch Natriumbicarbonat, das als einer von wenigen Spezialisten auf diesem Gebiet die Firma Carblast (www.carblast.de) aus Welzheim,
nahe Stuttgart, einsetzt. „Im Grunde ist
das nichts anderes als Backmittel“, erläutert
Geschäftsführer
Alexander
Schwan. „Wir verarbeiten Natriumbicarbonat in verschiedenen Körnungen pur
oder unter Zugabe von Wasser.“
28
REPARATUR
+ KAROSSERIE
Am Anfang steht die Karosserie. Der Lack muss
ab, aber wie? Bis zu metallisch blanken Oberflächen kann der Weg weit sein.
Oberfläche zur Versprödung und zur
Rissbildung. Dazu kommt schließlich
die 700-fache Volumenerweiterung des
Trockeneises durch das Verdampfen.
Verschmutzungen, Unterbodenschutz,
aber auch Lackfilme werden damit regelrecht abgesprengt. „Im Bereich der
Fahrzeugrestaurierung ist das Trockeneisstrahlen weniger als Entlackungsmethode, sondern als besonders effektives Mittel zur Reinigung gefragt“, erklärt Alexander Schwan. „Im Grunde ist
das Trockeneisstrahlen ein Werkzeug
zur Bestandsaufnahme. Der klassische
Fall ist eine verschmutzte, verschmierte
und dick mit Unterbodenschutz bedeckte Fahrzeugunterseite, unter der sich alles Mögliche verbergen kann. Die Restaurierung läuft dann oft so ab, dass zunächst Oldtimerbesitzer und Werkstatt
sich darauf einigen, den Boden trockeneisstrahlen zu lassen – was immerhin
schon rund 1000 Euro kosten kann – und
Entlacken im Tauchbad
Eine schonende, wenn auch aufwendige
Möglichkeit, Karosserien zu entlacken,
ist ein Tauchbad. Spezialisten wie die
Firma Carblast bieten als Dienstleister
rund um die Oldtimerrestauration auch
diese Variante an. „Die handwerkliche
Restauration ergänzen wir dort, wo es
sinnvoll und effektiver ist, mit industriellen Methoden. Dabei verlassen wir
uns auf ein Netzwerk von entsprechend
ausgestatteten Partnerunternehmen“,
erklärt Alexander Schwan. Beim Tauchbad-Entlacken wird die Karosserie zunächst auf einem Entlackungsgestell
befestigt. Die komplette Konstruktion
wird dann mit Hilfe eines Deckenkrans
in das Entlackungsbecken getaucht.
„Dadurch, dass das Entlackungsmittel,
eine Mischung aus Lauge, Wasser und
Entlackungsverstärkern, in sämtliche
Hohlräume und Fugen eintritt, ist das
Vor und nach dem Trockeneisstrahlen. Am Unterboden zeigt dieses Verfahren, was es kann.
Kalt erwischt mit Trockeneis
Mit Trockeneis zu strahlen ist ein relativ
junges Verfahren. Aus der Strahlpistole
kommen dabei minus 79 °C kalte Kohlendioxid-Pellets. Kohlendioxid hat die
Eigenschaft, unterhalb dieser Temperatur direkt vom gasförmigen in den festen Zustand überzugehen. Beim Strahlen werden umgekehrt die zunächst festen Pellets durch die höhere Umgebungstemperatur sofort zu Gas. Ihre
Wirkung auf Beschichtungen entfalten
sie dabei auf dreierlei Wegen. Durch den
Aufprall der Pellets mit hoher Geschwindigkeit wirkt eine, wenn auch
sanfte, kinetische Energie. Gleichzeitig
führt der Temperaturschock an der
erst dann ein fundierter Restaurierungsplan erstellt wird.“ Ein anderer
Anwendungsbereich des Trockeneisstrahlens sind Reinigungsarbeiten im
Motorraum. Schmutz-und Ölablagerungen verschwinden hier im Handumdrehen, doch auch das hat, wie gesagt, seinen Preis. Der erklärt sich dadurch, dass
nicht nur Pellets beschafft und bevorratet werden müssen, sondern auch
Strahl-Equipment und riesige Luftmengen erforderlich sind. Außerdem ist zu
beachten: Trockeneis räumt zwar mit
Unterbodenschutz, Fett, Schmutz oder
auch Beschichtungen gründlich auf.
Dem gefährlichsten Gegner, dem Rost,
kommt man auf diese Tour jedoch nicht
bei.
Ergebnis besonders gründlich“, erläutert Schwan. Bei einer Temperatur von
80 °C kommt es zu einer Aufquellung
der Lackschicht und zu einer chemischen Zerstörung des Bindemittels.
Wieder aus dem Tauchbecken zurück,
wird der zerstörte Lack mit Wasserhochdruck entfernt. Die Karosserie wird
sorgfältig gespült und ebenfalls mit
Wasserhochdruck gereinigt. Aluminiumuntergründe und verzinkte Stahlbleche können bei einer Softentlackung
mit modifizierten Lösemittelgemischen
entlackt werden. Umgekehrt bedeutet
dies, dass Mischkarosserien, etwa aus
Aluminium und Stahl, nicht tauchbadentlackt werden können – es sei denn,
man trennt die Bauteile.
29
REPARATUR
+ KAROSSERIE
Im Tauchbad entlackt,
entrostet und wieder
grundiert. Firmen wie
Carblast greifen für
diese Leistung auf ein
Netz von Spezialisten in
der Industrie zurück.
entstehenden Schmutz gibt es zu bedenken. Tückisch kann eine Aufgabenteilung sein, bei der der Karosseriebetrieb Karosseriepartien, für die das
nötige Equipment vorhanden ist, selbst
bearbeitet, um das Fahrzeug für die Behandlung anderer Partien zum Spezialisten zu bringen. Schnell stellt sich die
Frage, ob sich diese Aufteilung rechnet,
zumal der Transport der ungeschützten
Karosse das Risiko einschließt, dass sich
auf dem Blech der alte Feind Rost gleich
wieder zeigt.
Gute Planung zahlt sich aus
Doch was tun, wenn nach der Tauchbad-Entlackung Rost zum Vorschein
kommt? Den greift das Entlackungsbad
nicht an, aber auch hier gibt es eine Lösung: das Entrostungsbad. Entrostet
wird in einem weiteren Tauchbecken,
bei einer Temperatur von 40 bis 50 °C.
Dabei verwendet man ein phosphorsäurehaltiges Entrostungsmittel mit Rostinihibitor. So wird der Rost entfernt, ohne das angerostete Metallteil anzugreifen. Mit der Entrostung wird gleichzeitig
eine Passivierung auf blankem Metall
erreicht. Die Phosphorsäure verhindert
eine Bildung von korrosiven Rückständen auf der Metalloberfläche. Im Anschluss an die Entrostung kann man
wässrigen Korrosionsschutz als Transportschutz auftragen, oder aber, so wie
in der Fahrzeugserie mit Rohkarosserien verfahren wird, KTL-grundieren, natürlich wieder in einem Tauchbad.
Für Lackierer und Karosseriebauer stellt
sich, zumindest, wenn sie regelmäßig
Restaurierungen ausführen, die Frage:
strahlen oder strahlen lassen?
Alexander Schwan: „Meistens liegt die Lösung
in einer Kombination verschiedener Entlackungsmethoden.“ Fotos: Carblast Fahrzeugtechnik (3), M. Rehm
Strahlen oder strahlen lassen
Selbst strahlen dürfte sich aber nur bei
punktuellen Arbeiten lohnen. Bei größeren zu strahlenden Partien und entsprechend dimensionierten Strahlanlagen stellt sich schnell die Frage nach der
Wirtschaftlichkeit. Nicht nur der Anschaffungspreis sollte sich amortisieren, auch Kosten durch Entsorgung des
Strahlguts bzw. der abgestrahlten Rückstände und Risiken durch zwangsläufig
Entlacken, Entrosten und Konservieren,
also die Wiedererstellung einer Karosserie, auf der die weitere Restaurierung
aufbaut, ist eine komplexe Aufgabe, bei
der es kein Standard-Verfahren gibt.
„Das Thema ist extrem beratungsintensiv, weil hier die Weichen für die spätere
Restaurierung gestellt werden“, weiß
Alexander Schwan. „Meistens liegt die
Lösung in einer Kombination verschiedener Methoden. Ein typischer Fall
könnte zum Beispiel so verlaufen, dass
wir zuerst, um Klarheit zu haben, den
Fahrzeugboden
trockeneissstrahlen.
Danach wird die empfindliche Karosserie mit Kunststoffgranulat schonend
entlackt. Wo sich dann Rost zeigt, wird
er punktuell mit abrasiveren Strahlmitteln entfernt. Das wird sehr schnell sehr
komplex und ist auch nicht umsonst zu
haben. Angesichts der Werte, um die es
bei Komplettrestaurationen in aller Regel geht, zahlt sich dieser Aufwand aber
mit Sicherheit aus.“
MR
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REPARATUR
+ KAROSSERIE
Rostige Raritäten
Kasseler Ausstellung zeigt automobilhistorische Kostbarkeiten – die meisten sind unrestauriert
Wer eine Oldtimer-Ausstellung organisiert, hat immer das Problem zu lösen,
wie er die Fahrzeuge von ihren jeweiligen Standorten zum Ausstellungsort
transportiert. Bei der Ausstellung
„Schlafende Automobile – schön und
unberührt“, die bis zum 31. Juli in Kassel
gezeigt wird, standen die Veranstalter in
dieser Hinsicht vor ganz speziellen
Schwierigkeiten. „Gleich bei mehreren
der 40 Fahrzeuge mussten wir mit äußerster Sorgfalt vorgehen, um die Autos
überhaupt auf den eigenen vier Rädern
stehend – nicht rollend, geschweige
denn fahrend – transportieren zu können“, erklärt Heinz W. Jordan, einer der
beiden Ausstellungsmacher. „Bei anderen Fahrzeugen, die ebenfalls gut in die
Ausstellung gepasst hätten, wäre das
Risiko, dass sie beim Transport oder
schon beim Anheben Beschädigungen
bis hin zum Rahmenbruch erleiden, viel
zu groß gewesen.“ Keine Frage: Von den
hochglanzpolierten, perfekt durchrestaurierten Fahrzeugen, die bei Oldtimertreffen à la Pebble Beach oder Villa d´Este die Schönheitspreise abräumen, sind
die Fahrzeuge in Kassel meilenweit ent-
fernt. Außer Frage steht aber auch, dass
es sich bei dieser exquisiten Kollektion
historischer Automobile um echte
Schätze, wenn auch um äußerst fragile,
handelt. Dass die Fahrzeuge in Kassel zu
sehen sind, kommt einer Sensation
gleich. Beinahe alle Exponate stammen
aus der weltberühmten Kollektion der
Gebrüder Schlumpf, die vor allem in den
Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts Hunderte von Oldtimern zusammengetragen und in ihrem Privatmuseum im elsässischen Mulhouse versammelt hatten. Allerdings stammen
32
Der Zahn der Zeit hat kräftig an allen
Exponaten der Kasseler Ausstellung
genagt. Die Braunfärbung der Scheiben geht auf einen Pilz zurück, der
den Kleister angreift, mit dem die
beiden Schichten der VerbundglasFrontscheibe verbunden sind.
Experimentierfeld Lack:
Welches der unsprüngliche
Farbton war, ist nur mit
moderner Labortechnik zu
erforschen. Ob man ihn
wiederherstellen soll, ist
eine ganz andere Frage.
Der De Dion Bouton von 1922
ist ein Musterbeispiel für eine
zeitgemäße Konservierung.
Vom Reifengummi bis zum
Lack wurde der Zerfall der
Materialien gestoppt.
die jetzt gezeigten Autos nicht aus dem
Schauraum, sondern aus der Reserve
des Musée Schlumpf. Etliche Fahrzeuge
sind, zurückhaltend ausgedrückt, unrestauriert. Man könnte auch sagen, sie
sind halb zerfallen. Wer glänzenden
Chrom und schimmernde Nitrolacke
sucht, der sucht vergeblich.
Anfassen oder nicht
„Als wir zum ersten Mal von Richard
Keller, dem Kurator des französischen
Automobilmuseums in Mulhouse, in die
Hallen mit den noch unberührten Fahrzeugen geführt wurden, verschlug es
uns schlichtweg den Atem“, erinnert
sich Heinz. W. Jordan. In riesigen Hallen
lagern hier unvorstellbare automobile
Schätze, zahlreiche Bugattis, Benz, Maybachs und Minervas. In Hallen ohne Beleuchtung stießen die Besucher beim
Schein ihrer Taschenlampen auf Maserati-Rennwagen aus den 30er-Jahren,
oder einen Mercedes 154 II, gefahren
noch von Brauchitsch, Caracciola, Lang
und Seaman. „Uns drängten sich so viele Fragen auf“, erzählt Heinz W. Jordan.
33
REPARATUR
+ KAROSSERIE
„Was macht man mit solch einem Fundus? Wer hat so viel Geld, all diese Fahrzeuge restaurieren zu lassen? Darf man
so etwas überhaupt anfassen?“
Gebrauchsspuren gewollt
Speziell die letzte Frage hat im Zusammenhang mit der so genannten „Charta
von Turin“ (siehe Interview) an Bedeutung gewonnen. So gibt es bei der Beschäftigung mit Oldtimern eine Tendenz, die Historie eines Fahrzeugs stärker in den Vordergrund zu rücken, statt
den technischen und optischen Bestzu-
stand herzustellen. So wie ein Restaurator sich sehr gut überlegen würde, ob er
bei einem wertvollen Gemälde Rußspuren entfernt, sodass die Farben leuchten
wie am ersten Tag, muss sich auch der
Restaurator eines Fahrzeugs sehr genau
fragen, wie viel – zugebenermaßen –
zerstörte Substanz er zu Gunsten einer
Wiederherstellung des scheinbaren Ursprungszustands opfern darf.
Das bedeutet nicht, dass Fahrzeuge völlig unberührt gelassen werden. Immer
stärker ist aber anstelle einer kompletten Durchrestaurierung, die historische
Spuren verwischen könnte, eine Kon-
servierung gefragt. Ein Beispiel für diesen Trend ist auf der Kasseler Ausstellung zu besichtigen: ein De Dion Bouton
aus dem Jahr 1922, auf den ersten Blick
nicht viel weniger hinfällig als die Fahrzeuge ringsum. Wer genau hinschaut
und -fühlt, erkennt aber, dass die Ober-
Konservieren, restaurieren oder
stehen lassen?
Interview mit Oldtimerexperte Jürgen Book
Die FIVA ist der Weltdachverband der
Oldtimer-Clubs und sieht sich als Interessenvertreter aller Oldtimer-Besitzer
weltweit. Auf ihrer Generalversammlung am 27. Oktober 2012 in München
hat sie die viel diskutierte „Charta von
Turin“ verabschiedet. Sie liefert erstmals weltweit einheitliche Empfehlungen für den Umgang mit historischen
Fahrzeugen, die sie als Kulturgüter einstuft. Die Tendenz ist klar: Das Bewahren der historischen Substanz rangiert
vor der Restaurierung mit modernen
Mitteln. Die Alltagstauglichkeit, sprich,
Fahrbarkeit eines Oldtimers spielt,
wenn überhaupt, eine eher untergeordnete Rolle. Restaurierungen sollen bevorzugt mit historisch korrekten Materialien und Arbeitstechniken erfolgen.
Zwar wird eingeräumt, dass auch moderne Ersatzmaterialien und Techniken
zum Einsatz kommen dürfen – beispielsweise zum Konservieren – Originalmaterialien und zeitgenössische
Techniken der Bauzeit haben jedoch
Vorfahrt. Über Auswirkungen der Charta von Turin sprachen wir mit Jürgen
Book, bei Glasurit Leiter des Kundenservices und Oldtimer-Experte.
torischem Anspruch verändert oder instand gesetzt, andere befinden sich tatsächlich im Ursprungszustand. Einige
sind ihrem Alter und den Umständen
entsprechend ziemlich zerfallen, aber
deswegen nicht weniger wertvoll.
Jürgen Book: „Was den Lack angeht, ist unsere
Position klar: Wir werden keine Nitrolacke oder
Ähnliches nachrezeptieren, sondern moderne
Lacke einsetzen.“
Herr Book, eine Ausstellung wie die
„Schlafenden Schönheiten“ dürfte
ganz im Sinne der „Charta von Turin“
sein: Oldtimer von unschätzbarem
Wert, aber allesamt unrestauriert …
Unrestauriert stimmt nicht ganz. Einige
Fahrzeuge der Gebrüder Schlumpf wurden durchaus im Laufe der Zeit nach
dem damaligen Stand der Technik und
auch nicht immer mit allzu hohem his-
Wirft die Charta von Turin nicht die
Frage auf, ob man solche Fahrzeuge
überhaupt restaurieren darf?
Die Charta spricht unter anderem auch
die Restaurierung an, legt aber gesteigerten Wert auf eine Angleichung des
wirklich originalen Erscheinungsbildes.
Dabei spricht die Charta alle klassischen Fahrzeuge an, auch einen 30 Jahre alten VW Golf, der gerade erst das
H-Kennzeichen erlangt hat. Mit anderen Worten: „Besser als neu“ ist aus der
Sichtweise der Charta ein nicht erstrebenswerter Zustand. Die Frage ist aber,
wie denn „original“ wirklich war, und
wie das handwerklich darstellbar ist. Bei
Lack betrifft das Kriterien wie Farbton,
Glanz, Verlauf, Lack-Technologie und
auch Haptik, also wie sich die Lacke anfühlten. Speziell dieses Thema ist bei
den von uns analysierten Fahrzeugen
sehr interessant.
34
Im Rahmen der Kasseler
Ausstellung werden
zahlreiche automobile
Raritäten erstmals der
Öffentlichkeit präsentiert.
Zwei beinahe identische Alfas, der eine restauriert, der andere sichtbar nicht. Welcher wertvoller ist,
ist schwer zu entscheiden.
Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Besitzer eines Oldtimers? Wozu ist er verpflichtet?
Die Rolle des Besitzers wird in diesem
Zusammenhang ein wenig außer Acht
gelassen. Er bestimmt, ob sein Fahrzeug
seinem Schicksal überlassen, konserviert oder restauriert wird. Für manche
Museen wird es interessant sein, ein
Fahrzeug als Kulturgut völlig unbearbeitet oder lediglich konserviert zu
präsentieren. Die meisten Privatbesitzer möchten ein Auto aber fahren, nicht
jeden Tag, aber doch gelegentlich. Da
gilt es dann ganz praktische technische
und sicherheitsrelevante Kriterien zu
erfüllen. Die Zulassungskriterien sprechen von einem „guten Erhaltungszustand“.
Beantwortet sich damit auch die Frage,
ob moderne Materialien verwendet
werden oder nicht?
Da muss man genau hinschauen: Die
Charta sagt, dass bevorzugt alte Materialien und Techniken eingesetzt werden sollen, es sei denn, sie können aus
Gründen der Sicherheit, Gesetzgebung
oder Verfügbarkeit nicht länger verwendet werden. Was den Lack angeht, ist
unsere Position ganz klar: Wir werden
keine Nitrolacke oder Ähnliches nachrezeptieren, sondern moderne Lacke
einsetzen, aber damit das originale Erscheinungsbild nachstellen, soweit das
geht. Hier gibt es sowohl mit neuen als
auch alten Materialien Grenzbereiche.
Woher kommen die dafür notwendigen Informationen? Farbmuster aus
der Zeit sind ja, wenn man überhaupt
welche findet, ebenfalls verblichen
oder vergilbt.
Beim „Farbton“ können wir auf unser
Farbtonarchiv zurückgreifen. Bei den
anderen Aspekten untersuchten wir bereits unterschiedlich alte, original erhaltene Fahrzeuge, um messtechnisch und
analytisch festzustellen, wie das originale Erscheinungsbild – der so genannte
Quellenwert – war. Dabei kommt uns
natürlich unsere Kompetenz in der Analytik und der Labortechnik zugute, die
im Falle von Glasurit auch noch auf sehr
viel Know-how im Oldtimerbereich
trifft. Bestes Beispiel ist ja unser Engagement im Rahmen der Ausstellung
„Schlafende Schönheiten“, wo wir die
Gelegenheit genutzt haben, Proben von
über hundert Jahre alten Originallacken
zu untersuchen. Das Ziel war dabei ganz
klar: Wir wollten herausfinden, wie die
Lackierung auf den Fahrzeugen wirklich
aussah und wie sie aufgebaut war. Eine
Restaurierung dieser Autos stand aber
nicht im Mittelpunkt.
Wird die „Charta von Turin“ Konsequenzen für Lackier- und Karosseriebetriebe haben, die im Oldtimergeschäft aktiv sind?
Die heute schon bestehende Gruppe, die
statt „besser als neu“-Fahrzeugen solche mit Patina bevorzugt, begrüßt die
Charta. Die bis heute größere Gruppe,
die komplett durchrestaurierte, auf
Hochglanz getrimmte Fahrzeuge bevorzugt, die besser dastehen als das Original je aussah, wird aber eventuell kleiner.
Letztlich wird dabei auch die Entwicklung der Fahrzeugwerte mit entscheiden. Wenn nicht restaurierte oder nur
konservierte Fahrzeuge höhere Preise
erzielen als restaurierte, wird sich ein
Teil des Marktes in diese Richtung bewegen. Hier lohnt sich ein Blick auf die
zum Beispiel von Classic Data ermittelten Werte und Trends. All dies betrifft
übrigens nicht „nur“ Lack, sondern auch
Karosseriebau, Inneneinrichtung und
erst recht sicherheitsrelevante Teile.
Andererseits muss alles auch handwerklich zu bewerkstelligen sein; dazu
muss man genau wissen, welches Ergebnis eigentlich erreicht werden soll.
Es wird also auch in Zukunft Geschäft
geben, nur wird die Charta vermutlich
für mehr Sensibilität hinsichtlich des
originalen Erscheinungsbildes sorgen.
Und da können wir helfen.
Herr Book, vielen Dank für das Gespräch.
Michael Rehm
Weitere Informationen:
Die Charta von Turin kann unter www.fiva.org
eingesehen oder heruntergeladen werden.
Infos zur Ausstellung gibt es unter
www.schlafende-automobilschönheiten.de
35
REPARATUR
+ KAROSSERIE
Lackhistorische Zeitreise – BASF Coatings
analysiert Oldtimer-Beschichtung
Ausstellungsmacher Heinz W. Jordan:
„Wir fragten uns: Wer hat so viel Geld, all diese
Fahrzeuge restaurieren zu lassen? Darf man so
etwas überhaupt anfassen?“ Foto: M. Rehm
flächen anders sind als die der anderen
Fahrzeuge. Korrosion ist noch sichtbar,
aber sie wurde aufgehalten, Ledersitze
wurden nicht ersetzt, sondern gereinigt
und geflickt. Vom Holzlenkrad bis zum
Reifengummi wurden Konservierungsmethoden angewandt, die nicht den ursprünglichen Zustand wiederherstellen, sondern den momentanen einfrieren. Der finanzielle und handwerkliche
Aufwand für solch eine behutsame Restaurierung kann dabei durchaus gleich
hoch sein wie der für eine „klassische“
Restaurierung. Dazu kommt, dass die
Oldtimerbesitzer umdenken müssen.
Zum Beispiel bei der Lackierung. Während eine moderne Lackierung es erlaubt, ein restauriertes Fahrzeug wie ein
modernes zu nutzen, bleiben die kunstvoll konservierten Flächen empfindlich.
Aus einem im Prinzip fahrbaren Oldtimer wird ein technisches Kulturgut mit
hohem historischem Wert. Und nicht
nur mit historischem. Auch bei der Taxierung des finanziellen Werts von Oldtimern scheint es einen Trend zu Gunsten des Originalen, Unrestaurierten zu
geben.
So sind in Kassel auch zwei Alfa Romeo
6C 1750 GS zu bestaunen, der eine Baujahr 1931, der andere 1932. Der eine
leuchtend rot, in den 70er-Jahren nach
damaligen Maßstäben und dem Stand
der Technik restauriert. Der andere eine
Automobilruine, nicht viel mehr als Motor, Chassis, Räder, Reifen. Welches der
beiden Fahrzeuge heute höher bewertet
wird, traut sich Heinz W. Jordan kaum
einzuschätzen: Sein ganz persönlicher
Tipp: Das rostige.
Michael Rehm
Kann man Erkenntnisse über den originalen Lackaufbau und die verwendeten Materialien
gewinnen, wenn die Lackierung sozusagen „in grauer Vorzeit“ liegt? Genauer gesagt: in
die Anfänge des 20. Jahrhunderts fällt? Und eignen sich moderne Untersuchungsmethoden, um Licht in die Geschichte der Automobillackierung zu bringen? Dies waren die Fragen, auf die die Experten der Analytik bei der BASF Coatings Antworten suchten. Die Expedition in die Vergangenheit der Lackbeschichtung fand im Rahmen der Ausstellung
„Schlafende Schönheiten“ statt. Die BASF sponsert mit ihrer Autoreparaturlackmarke
Glasurit die Ausstellung und stellt dort auch die aktuellen Ergebnisse vor.
Rückblick: Ende April standen im Foyer des Refinish Competence Centers von Glasurit in
Münster zwei besonders spektakuläre Oldtimer: ein TH. Schneider von 1912 sowie ein
Delahaye aus dem Jahre 1924. Die beiden automobilen Raritäten legten hier nur einen
kurzen Zwischenstopp ein, um dem Team der BASF Coatings eine lackhistorische Zeitreise
zu ermöglichen. Wenige Tage später ging es für die antiken Fahrzeuge aus der legendären Sammlung Schlumpf weiter Richtung Kassel. Die Idee, Oldtimer auf ihre originale Lackierung hin zu untersuchen, entwickelten Richard Keller, Konservator im französischen
Museum, und Jürgen Book, Glasurit Oldtimer-Experte.
Um die Schutzschicht der automobilen Kostbarkeiten nicht zu beschädigen, arbeitete das
Team um Projektleiter Dr. Christoph Hawat nur mit kleinsten, abgesprengten Partikeln. Eine der größten Herausforderungen war es dabei, die Proben, die quasi unter der Hand
zerbröselten, für die Analyse aufzubereiten. Dass dies gelang, war keinesfalls selbstverständlich, sondern Ergebnis von Erfahrung und im wahrsten Sinne des Wortes viel Fingerspitzengefühl. So gelang es etwa, von einem Lacksplitter einen Querschliff anzufertigen,
der wichtige Aufschlüsse über die Bestandteile des Lacks lieferte.
Beide Oldtimer verfügen über einen Multischichtaufbau mit bis zu neun Schichten Lack,
die sehr gleichmäßig aufgetragen wurden. „Vier bis sechs Wochen könnte sich der gesamte Lackierprozess wohl hingezogen haben“, mutmaßt Book. Auch die anorganische
Analyse förderte Informatives zutage. „Wir konnten in den einzelnen Lackschichten selektiv verschiedenste Einsatzstoffe wie Schwerspat, Silikate und Calciumcarbonat nachweisen, die man auch heute noch in der Lackierung vorfindet“, erzählt Hawat. Hauptbestandteile der farbgebenden Schicht waren unter anderem Bleipigmente. In der ursprünglichen Lackierung des TH. Schneider konnte man sogar ein Blaupigment identifizieren, das unter dem Namen „Preußisch-blau“ bekannt ist. „Wir haben das Fenster weit in
die Vergangenheit geöffnet“, lautet das Fazit von Dr. Christoph Hawat. Jürgen Book ist
denn auch fest davon überzeugt, dass dieses Projekt die Initialzündung für weitere Analysen historischer Fahrzeuge sein wird.
Zwei automobilen Raritäten legten
bei BASF Coatings in Münster einen
kurzen Zwischenstopp ein.
Dort wurden Proben der Lackierung
genommen und analysiert.
36
AUSBILDUNG
+ WEITERBILDUNG
Ein pinkfarbener Cadillac, ein Ford
Mustang aus den frühen 60ern, ein
„Strich-Achter“-Mercedes und ein VWBus, sogar noch mit geteilter Frontscheibe – die Fahrzeuge, die in der Halle und
auf dem Hof von Riverside Kustomz im
badischen Kehl stehen, lassen das Herz
von Oldtimerfreunden höher schlagen.
„Schon die Arbeit an solchen Autos
macht unheimlich viel Spaß“, sagt
Arion, der bei Riverside Kustomz gerade
seine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker begonnen hat, „aber die Krönung ist
die Probefahrt, wenn ein Fahrzeug fertig
restauriert ist.“
Alte Autos,
neue Chancen
Riverside Kustomz hilft Jugendlichen
zum Start ins Berufsleben
Einstieg verpasst
Riverside Kustomz
hat sich auf
die Restaurierung
von Oldtimern
spezialisiert.
Dass Arion eine Lehrstelle gefunden
hat, ist alles andere als normal. Doch Riverside Kustomz ist auch alles andere
als ein normaler Ausbildungsbetrieb.
Initiator des Projekts ist Markus Sansa,
von Haus aus Sozialpädagoge und bis
vor wenigen Monaten bei einer Förderschule in Kehl angestellt. „Eigentlich
hatte ich mit Autos früher gar nicht viel
am Hut“, erinnert sich Sansa, „bis ich
vom Oldtimer-Virus infiziert wurde.“
Ein 51er Chevy Bel Air war es, der ihn auf
den Geschmack am Schrauben, Schweißen und Lackieren brachte. Und Schrauben macht nicht nur Spaß, Schrauben
verbindet, das wurde ihm schnell klar.
Daher überlegte Sansa, der an seiner
Schule tagtäglich mit „Problem-Jugendlichen“ ohne echte Berufschancen zu
tun hatte, wie er seine Passion für Oldti-
Vielseitige Praxis und intensive Betreuung – so
lautet das Erfolgsrezept.
37
mer mit seinem Engagement für die
Schüler unter einen Hut bringen konnte. Die Lösung hieß „Riverside Kustomz
e.V.“, 2007 wurde der gemeinnützige
Verein gegründet, und in einer alten
Werkstatt im Kehler Industriegebiet arbeiteten fortan rund 40 Oldtimerfreunde und Fördermitglieder in ihrer Freizeit
gemeinsam mit Jugendlichen ohne
Schulabschluss,
Schulverweigerern,
Lehrabbrechern, kurzum mit jungen
Leuten, die aus den unterschiedlichsten
Gründen den Einstieg ins Berufsleben
verpasst hatten. „Uns ging es darum, die
Jugendlichen, die zum Teil schon seit
Jahren Hartz IV-Bezieher waren, über
ein Thema, das sie interessiert, wieder
ans Arbeitsleben heranzuführen“, erklärt Markus Sansa. Dass dieser Weg erfolgversprechend war, zeigte sich sehr
schnell – zum Beispiel daran, dass ein
Jugendlicher, der bei Riverside Kustomz
Geschmack an der Arbeit mit Autos gefunden hatte, auf Anhieb in ein reguläres Ausbildungsverhältnis vermittelt
werden konnte.
Projekt: Farbe bekennen
Für Markus Sansa war dies ein Anlass,
das Projekt noch weiter zu entwickeln.
„Unsere Vision war es, mit der Arbeit in
der Werkstatt den Jugendlichen nicht
nur als Sprungbrett in die Ausbildung zu
dienen, sondern zukünftig auch selbst
Ausbildungsplätze im Kfz-Bereich anzubieten.“ So entstand die Idee, eine
richtige Werkstatt zu eröffnen, die pro-
Markus Sansa: „Wir
wollen für die Jugendlichen ein Sprungbrett
in den Beruf sein.“
fessionell Oldtimer restauriert, und in
der arbeitslose Jugendliche, die auf
kaum einen anderen Weg ins Berufsleben finden können, Mechatroniker,
Karosseriebauer oder Lackierer werden
können. Dass dies nicht ohne Zuschüsse funktionieren würde, war klar, Erfahrung im Öffnen von Fördertöpfen hatte
Sansa jedoch. „Es lag auf der Hand, dass
die Idee förderungswürdig war, zum
Beispiel durch Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds EFS“, berichtet Markus Sansa, „wir mussten nur noch ein
separates Projekt definieren, mit dem
wir uns um konkrete Förderung bewerben konnten.“
„Farbe bekennen“ lautete schließlich
der Name des neuen Projekts, und der
war durchaus wörtlich zu verstehen,
denn im Vordergrund sollte die Lackierung stehen. Die Gründe dafür waren
vielfältig. „Um wirklich komplette Res-
taurierungen anbieten zu können,
musste unsere Werkstatt auch mit einem professionellen Lackierbereich
ausgestattet sein. Durch die Erweiterung um diesen Bereich ergab sich darüber hinaus die Möglichkeit, noch mehr
Jugendliche betreuen“, berichtet Sansa.
So wurde eine zweite, „lackiertaugliche“
Werkstatthalle angemietet und eine Lackierkabine angeschafft. Im Sommer
2010 zeichnete sich ab, dass das Projekt
aus dem ESF gefördert wird, für Riverside Kustomz bedeutete dies zusätzliche
Sicherheit. Markus Sansa gab seine Sozialarbeiterstelle auf und wurde Vollzeit-Projektleiter. Bei Riverside Kustumz
ist er seitdem Vorstand und innerhalb
des Projekts für den Bereich Sozialarbeit
zuständig. „Von der Schule in die Werkstatt“, fasst Sansa seinen Weg zusammen, „mein Leben hat sich ganz schön
geändert.“
Die praktischen
Fertigkeiten stellen
nicht die Haupthürde dar.
Schwieriger ist es,
wieder in den
BerufsschulAlltag zurückzufinden.
Arion macht bei Riverside Kustomz eine Ausbildung zum Mechatroniker.
38
AUSBILDUNG
+ WEITERBILDUNG
Ausbilder-Trio
Exakt dasselbe kann auch Oliver Wagner von sich sagen. Der Fahrzeuglackierermeister war bis zum Sommer 2010 in
einem großen Lackierbetrieb in der Region als Ausbildungsmeister angestellt
und nebenbei Mitglied im RiversideKustomz-Verein. Die Aussicht, das
Hobby Oldtimer zum Beruf zu machen
und noch mehr der Wunsch, mit der
Ausbildung von problematischen Jugendlichen einen wichtigen Beitrag zu
leisten, brachte auch ihn dazu, seine
feste Position zu kündigen und bei
Riverside Kustomz einzusteigen. Er ist
nun für die Ausbildung der beiden Lackierer zuständig. Dritter im Bunde ist
auf Seiten der Ausbilder Alexej Ulrich,
der einen Kfz-Meisterbetrieb gleich nebenan betreibt. Dort erhalten die Aus-
zubildenden ihr praktisches Wissen
über modere Kfz-Mechanik und -Elektronik. Und dann gibt es noch Christian,
den Franzosen von der anderen Seite
des Rheins. Der pensionierte Kfz-Mechaniker stand eines Tages vor der Tür
und fragte, ob er mithelfen könnte. Seither ist er jeden Morgen der Erste in der
Werkstatt. Mit den anderen Ausbildern
verbindet ihn der Spaß an der Arbeit mit
den alten Autos und den jungen Azubis.
Besonders wertvoll ist sein Wissen über
klassische Techniken, die an den Oldtimern benötigt werden. „An handfesten
praktischen Erfahrungen wird es unseren Auszubildenden sicher nicht mangeln“, ist Oliver Wagner überzeugt. „Da
sind die Jungs durch die vielseitigen
Aufgabenstellungen bei den Oldtimern
und die intensive Betreuung besser versorgt als in manchem klassischen
Oliver Wagner betreut
die Lackierer-Auszubildenden: „Die Praxis ist
für unsere Jungs kein
Problem, aber die
Theorie.“
Das Angebot von Riverside Kustomz kommt in der Szene gut an.
Fotos: M. Rehm
Handwerksbetrieb.“ Eine Hürde wird
dagegen die Theorie, ahnt Wagner: „Gerade für unsere Jugendlichen, die aus einer Förderschule kommen, ist es sehr
schwer, dem Stoff der Gewerbeschule zu
folgen und die Gesellenprüfung zu
schaffen.“ Doch auch hier ist man auf
einem guten Weg. Mit der örtlichen Gewerbeschule wurden Sonderschichten
für die Riverside Kustomz-Auszubildenden vereinbart. Vor Ort im WerkstattBüro wird der Schulstoff gemeinsam
mit Lehrern vertieft, um Lücken in der
Theorie zu stopfen.
Nachhilfe in Theorie
Vier Auszubildende sind seit September
2010 am Start: zwei Mechatroniker und
zwei Fahrzeuglackierer. Natürlich gab es
Startschwierigkeiten. „Einfach den ganzen Tag konzentriert zu sein und eine
Arbeit konsequent zu Ende zu führen –
das ist etwas, woran sich manche unserer Jungs einfach wieder gewöhnen oder
es erst lernen mussten“, berichtet Oliver
Wagner, „und natürlich hatten wir auch
Rückschläge zu verkraften.“ So musste
man sich von zwei Jugendlichen, die
von der kommunalen Arbeitsförderung
vorgeschlagen wurden, wieder trennen,
da trotz intensiver pädagogischer Betreuung die Probleme im persönlichen
Bereich einfach nicht zu überwinden
waren. Bei den verbliebenen Auszubildenden sind Markus Sansa und Oliver
Wagner umso optimistischer: „Die sind
mit Feuereifer dabei, da verpennt keiner
mehr.“ Auch die Aufträge werden immer zahlreicher und kommen nicht
mehr nur aus dem Umfeld des Clubs,
sondern aus der ganzen Region. Dabei
konzentriert man sich auf KomplettRestaurierungen von Fahrzeugen, die
mehr als 30 Jahre auf dem Buckel haben,
mit Schwerpunkt auf US-Cars. Das ehrgeizige Ziel ist es, die Kunden nicht länger als einen Monat auf das Auto warten
zu lassen. „Dieses Angebot kommt in
der Szene gut an“, meint Markus Sansa,
der zuversichtlich ist, dass sich das Projekt auch noch tragen wird, wenn die
Projektzuschüsse in ein paar Jahren
ausgelaufen sind. Bis dahin will man bei
Riverside Kustomz komplett auf eigenen Beinen stehen. Das gilt zum einen
für den Betrieb, aber noch vielmehr für
Arion und seine Azubi-Kollegen.
MR
39
FORM
+ FARBE
Die Londoner Taxis sind
moderner, als sie aussehen –
auch fortschrittliche Lacke
spielen dabei eine Rolle
Welches sind die Wahrzeichen von
London? Da gibt es einige: Big Ben und
die Tower Bridge, Buckingham Palace
und Piccadilly Circus…
Fast ebenso bekannt wie diese Sehenswürdigkeiten ist das Vehikel, mit dem
man am komfortabelsten von der einen
zur anderen gelangt: Das „black cab“,
das immer noch klassisch-kantig geformte Londoner Taxi prägt das Stadtbild wie kaum ein Fahrzeug eine Stadt.
Während früher fast ausschließlich
Schwarz als Taxifarbe in Frage kam, ist
das Farbtonspektrum heute etwas breiter. Frühester Wettbewerber des klassischen Schwarz war Rot. In den letzten
Jahren kamen neben silberfarbigen etliche in den unterschiedlichsten Werbedesigns beklebte Taxis dazu.
Bei der Lackierung der Londoner Taxis
setzt der Hersteller LTI Vehicles auf DuPont. Im traditionsreichen Werk in Coventry erfolgt die Erstlackierung seit
2007 mit Lacken von DuPont CoatingSolutions, und kürzlich wurde DuPont Refinish zum bevorzugten Lieferanten für
Autoreparaturlacke ernannt. Gemäß
der Vereinbarung mit DuPont Refinish
soll nun unter anderem der Wasserbasislack Cromax angewendet werden,
um optimale Farbtongenauigkeit mit
den Serienfarben zu garantieren – nicht
nur für das tief glänzende Schwarz.
Technik mit Tradition
Schwarze Legende
Die Ursprünge des Londoner Taxigeschäfts gehen zurück bis ins Jahr
1919, als Carbodies Ltd als Kutschenbauer in Coventry gegründet wurde.
Carbodies beliefterte namhafte Unternehmen wie Daimler, Jaguar und Rolls
Royce. In den späten vierziger Jahren
Die Black Cabs prägen das Londoner Stadtbild wie kaum ein
Fahrzeug eine Stadt.
40
Die moderne Variante nennt
sich TX4 und wird seit 2006
nicht nur in England eingesetzt, sondern in zahlreiche
Länder exportiert.
begann Carbodies auch Taxis zu bauen.
Es wurden Verträge zwischen Carbodies, Mann and Overton und Austin Ltd.
geschlossen, um eine Anzahl von Prototypen herzustellen. Diese ersten Fahrzeuge waren so erfolgreich, dass das
erste FX3-Taxi mit einer Austinplakette
1948 vom Band rollte. 1958 wurde das
FX4-Taxi auf den Markt gebracht. Im
Jahr 1973 wurde Carbodies von Manganese Bronze Holdings PLC gekauft, und
diese Firma ist bis heute noch die Holdinggesellschaft. Als Carbodies 1984
den Taxihändler Mann & Overton kaufte, wurde die Firma London Taxis gegründet. 1989 wurde das Fairway-Modell eingeführt, mit einem Nissan 2,7
Diesel-Motor. Im Jahr 1997 wurde der
Name Carbodies aufgegeben, und der
Taxiherstellungszweig erhielt den Namen London Taxis International. 1997
wurde die Herstellung des FX4 eingestellt und durch den TX1 ersetzt, der einen neuen Karosseriebau hat, um das
Taxi dem neuen Jahrtausend anzupassen. Der heutige Firmenname LTI Vehicles wurde 2003 eingeführt, um die Marke London Taxi besser zu identifizieren.
Die heutige Form des schwarzen Taxis
ist das TX4-Modell. Dieses Modell kam
erstmals im Oktober 2006 auf den
Markt. Heute beschäftigt LTI Vehicles in
seinem Werk in Coventry mehr als 400
Mitarbeiter, verfügt über neun Autohäuser und mehr als 60 Handelsvertreter in
Großbritannien. Seit 1958 haben LTI Vehicles und ihre Vorgänger mehr als
130.000 Fahrzeuge gebaut.
Abgasfreie Technik geplant
Im April 2008 gab Manganese Bronze bekannt, dass sie einen Entwicklungsvertrag mit The Tanfield Group Plc, dem
weltweit führenden Hersteller von
kommerziellen Elektrofahrzeugen, unterzeichnet hatte. Das Ziel dabei ist es,
ein batteriebetriebenes, abgasfreies
Stadttaxi zu entwickeln. Die rein elektrische Variante des schwarzen TX4-Taxis von Mangane Bronze – TX4E getauft
– soll eine Höchstgeschwindigkeit von
Am Produktionsstandort in Coventry herrschen
immer noch die klassischen Farben Schwarz und
Rot vor.
Solid Black Colour
rohbau in eine ElektrotauchlackGrundierung getaucht. Die elektrostatische
Grundierung wird manuell gespritzt.
Dies wird von einer Fremdfirma ausgeführt. Die Taxis kommen dann für
Wurde bei LTI für die Taxis immer der die nächsten drei Schritte in die Fabrik
zurück. Der Basislack besteht aus zwei
gleiche Schwarzton verwendet? Um
welches Schwarz handelt es sich da- manuell gespritzten Schichten. Darauf
folgen zwei Schichten Klarlack. Zu gubei?
ter Letzt wird das komplette Fahrzeug
Da sich mit der Zeit die Technologie
verändert hat, wurden bei LTI verschie- von Hand poliert.
dene Lacksysteme verwendet. Heute
In welchen großen Städten in Großsetzt man auf einen wasserbasierenbritannien gibt es LTI-Taxis?
den Lack. Der Standardschwarzton
Alle große Städte in Großbritannien
heißt Solid Black Colour.
benutzen LTI-Taxis.
Und welche Farben sind am beliebtesIn welche Länder werden LTI-Fahrten?
Die gängigsten TX4-Farben sind Platin- zeuge verkauft, um dort als Taxis
eingesetzt zu werden?
Silber und Schwarz.
LTI exportiert das Londoner Taxi in
die ganze Welt, zum Beispiel in die
Wie werden die Taxis lackiert? Wie
USA, nach Russland, China, Spanien
sieht der Schichtaufbau aus?
und Thailand.
Im ersten Schritt wird der Karosserie-
Terry Robinson ist International Key
Accounts Manager für DPC Refinish
Systems und arbeitet seit vier Jahren
mit LTI zusammen.
Das Innenleben wird sich ändern. Bald kommt
die Elektro-Variante.
50 mph (80,47 km/h) haben und eine
Reichweite von mehr als 100 Meilen (160
Kilometer) mit einer Batterieladung. Es
wurde eigens für Taxifahrten in verkehrsreichen Ballungsgebieten konzipiert. Auch wenn das Innenleben des
TX4E modernste und umweltfreundlichste Technik birgt, die Außenhaut
wird ihren typischen klassisch-kantigen Charakter wohl nicht verlieren. Und
die Wahrscheinlichkeit, dass es größtenteils in „Solid Black“ geordert wird,
ist hoch.
41
FORM
+ FARBE
Überraschung in Rot
Echter Blickfang: Der Fiat Abarth aus dem
Jahr 1956 wurde perfekt restauriert
Glänzende Restaurierung
eines Fiat Abarth
Im Rahmen der diesjährigen Vernissage zeigten die Techniker im Schwerpunkt Gestaltung an der Städtischen
Fachschule für Farb- und Lacktechnik
München wieder ihre Semesterarbeiten. Entsprechend dem gestellten Thema „Weiß?Surprise!“ beschäftigten sich
die Schüler mit der Farbe Weiß in angewandten Raumsituationen.
Die „Surprise“ der Ausstellung war ein
Fiat Abarth aus dem Jahre 1956. Das
Fahrzeug wurde genau wie sein historisches Vorbild leuchtend rot lackiert, originalgetreu beschriftet und in weißem
Ambiente präsentiert.
Komplette GKF-Karosserie
Zwei Fahrzeuglackierer hatten die Aufgabe, das Fahrzeug komplett zu restaurieren. Das Besondere war dabei die Karosserie, die vollständig aus GFK be-
Im Originalzustand ist der Abarth noch weit entfernt von späterem Glanz.
stand. Der Rahmen bestand aus Balsaholz. Die abplatzende Altbeschichtung
wurde vom Besitzer schon vorher entfernt und so bot sich das für GFK typische Kunststoffbild als Rohzustand.
Nach einigen Demontagearbeiten standen als erstes Spachtel- und Schleifarbeiten auf dem Programm. Zahlreiche
Dosen Polyester- und Spritzspachtel sowie viele Stunden Handarbeit waren erforderlich, bis die Oberfläche bereit zum
Füllern war.
Die GFK-Karosserie wurde zunächst gespachtelt.
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Das historische Fahrzeug-Emblem wurde
aufwendig am PC
nachgezeichnet und
mit Wasserbasislacken
aufgespritzt.
Feuriges Lachsrot
Die Füllerschicht stellte
besondere Anforderungen. Fotos: K. Goerz
Die Lackierung erfolgte
in feurigem Lachsrot.
Die Enthüllung des
roten Abarths war die
Überraschung des
Abends.
Nach erneutem Schleifen und Füllern
wurde das Auto für die Endlackierung
vorbereitet. Zunächst legten die beiden
Farb- und Lacktechniker zusammen mit
dem Projektleiter Kurt Goerz ein strahlendes Weiß vor. Dadurch sollte der Rotton zusätzliche Leuchtkraft bekommen.
Das feurige Lachsrot von PPG wurde in
drei dünnen Schichten auf Wasserbasis
appliziert, ausgenebelt und erstmalig
klarlackiert.
Entsprechend der historischen Vorlage
diverser Fiat Abarths wurden mehrere
Entwürfe für die Beschriftung angefertigt. Als besonders hilfreich erwiesen
sich Farbmuster, die auf Probeblechen
ausgeführt wurden. Nur so konnte sich
der Besitzer ein Bild vom endgültigen
Erscheinungsbild machen. Man entschied sich für eine schwarze Schrift
mit weißer Outline. Das historische
Fahrzeug-Emblem wurde aufwendig am
PC nachgezeichnet und wie auch die
Schriftzüge auf die Haube mit Wasserbasislacken aufgespritzt. Das Heck wurde wunschgemäß in Schwarz abgesetzt.
Nach den Gestaltungsarbeiten folgten
Klarlackierung und Finishing der gesamten Lackoberfläche. Die Felgen wurden in mittelgrobem Silber mit mattem
Überzug gehalten.
Unterstützt wurde das Projekt wie auch
schon in den vergangenen Jahren von
den Firmen Carsystem Süd Rohde
GmbH, PPG Industries sowie Herrn
Ewald Bablick, dem Fahrzeugbesitzer.
Zur Vernissage wurde der Fiat zunächst
noch abgedeckt. Nach der Vorstellung
der anderen Schülerarbeiten folgte die
Enthüllung der roten Überraschung als
Höhepunkt des Abends.
Kurt Goerz
43
FORM
+ FARBE
Schöne Front, schönes Heck –
der Porsche 365 ist so
wunderschön wie rar.
Rarität in
Adriablau
Porsche 356 von Meisterhand
restauriert
Die Restaurierung alter Porsches aus
den 50er- und 60er-Jahren ist für Bernd
Aberle Alltag. Doch vor kurzem hatte er
ein besonders seltenes und wertvolles
Modell in seiner Werkstatt – mit einem
prominenten Besitzer.
Fällt der Name „Porsche“, hat heute
jeder sofort das Modell 911 vor Augen,
eine der Design-Ikonen des 20. Jahrhunderts. Doch im Grunde begann die
Porsche-Legende schon mit dem Vorgängermodell 356. Das wies bereits alle
Elemente der klassischen Porsche-Silhouette auf, hatte aber noch die etwas
üppigeren und rundlicheren Formen
der 50er-Jahre. Nur rund 77.000 Porsche
356 liefen zwischen 1948 und 1965 vom
Band – kein Vergleich zu den Produktionszahlen, die der Neunelfer mittlerweile erreicht hat. Entsprechend rar
sind die 356er geworden: Nur noch etwa
900 Fahrzeuge dieses Typs dürften in
Deutschland zugelassen sein, die meisten aus den Modell-Generationen B und
C der frühen 60er-Jahre. Viel seltener
sind Exemplare des Typs A, der bis 1959
gebaut wurde. Und die wenigen erhaltenen Modelle vom Typ 356 A Carrera
von 1955 – übrigens der erste Porsche,
der diesen legendären Namen trug –
kann man buchstäblich an einer Hand
abzählen.
Klangvoller Name
Oldtimer-Experte Bernd Aberle kennt
sich mit alten Porsches aus. In seinem
Restaurationsfachbetrieb in Winnenden bei Stuttgart hat er regelmäßig Modelle aus den 50er- oder 60er-Jahren stehen. „Aber ein 356 A Carrera“, sagt er,
„das war sogar für mich etwas ganz Besonderes. Erst recht, als ich den Namen
des Besitzers hörte.“ Ein alltäglich klingender Name – doch nicht für jemanden, der sich für Autorennsport interessiert: John Watson war in den 70er- und
80er-Jahren eine feste Größe in der Formel 1. Der Brite, mittlerweile 67, fuhr
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über 150 Grand Prix, gewann fünf davon
und schaffte es x-mal aufs Treppchen.
1982, in seinem besten Jahr, belegte er in
der Fahrerwertung Platz 3.
Mit der Instandsetzung seines Porsche
356 beauftragte er Bernd Aberle. Und der
erkannte schnell, dass der seltene
Oldtimer eine Komplettrestaurierung
brauchte. Um die Technik und den Motor, einen Vierzylinder-Boxer mit 1,5 Litern Hubraum, kümmerte sich Aberles
Kollege Wolfgang Reile im nur ein paar
Kilometer entfernten Haubersbronn.
„Wolfgang ist nicht nur hierzulande einer der bekanntesten Fachleute für alte
Porsches“, erklärt Aberle. „Und er ist
einer der ganz wenigen, die sich noch
mit diesem speziellen Motor, dem so genannten Königswellen-Motor, auskennen.“
Zahn der Zeit hinterlässt Spuren
Bernd Aberle (rechts) mit seinem Kollegen Wolfgang Reile vor dem restaurierten Porsche. Am Steuer:
Formel 1-Veteran John Watson.
Die Restaurierung der Karosserie war
hingegen Bernd Aberles Aufgabe. „Im
Wageninneren war noch alles im Originalzustand“, berichtet er. „Mit etwas Patina zwar, aber gut erhalten.“ Äußerlich
hingegen hatte an dem über fünf Jahrzehnte alten Veteranen der Zahn der
Zeit seine Nagespuren hinterlassen.
„Der Wagen hatte offenbar lange in einer feuchten Garage gestanden“, vermutet Aberle. „Stellenweise hatte er
Blasen geworfen und Rost angesetzt,
zum Beispiel unter den Türblechen.“
Aberle machte sich ans Werk: Er setzte
zunächst die Karosserie rundum instand und tauschte beschädigte Bleche
aus. Dann behandelte er die komplette
Karosserie mit Standox EP-Grundierfüller und trug eine blaue Basislackierung
auf. „Ich habe, um möglichst nah an den
Urzustand heranzukommen, mit einem
konventionellen Lack mit Lösemitteln
gearbeitet“, erklärt Aberle. „Für historische Fahrzeugen ist das zulässig.“ Bei
der Farbe bat Aberle den Standox Experten Marco König um Hilfe. Der ermittelte mit dem Farbtonmessgerät Genius IQ
den Porsche-Farbton „Adriablau“ von
1955 und lieferte auch gleich die exakte
Lackmischformel. Aberle: „Das Ergebnis
war perfekt.“ Beim Klarlack setzte Aberle auf eine heute nur noch selten ange-
wandte Technik: Er lackierte eine
Schicht, schliff sie danach an, um sie
zum Schluss zu polieren. „Ein sehr arbeitsaufwendiges Verfahren“, sagt er.
„Aber damit erhält man einen dünnen,
elastischen Lackauftrag und einen feinen Glanz, der überhaupt nicht speckig
wirkt.“ Eine Technik, die Aberle noch
aus der Zeit kannte, als er in der Werksreparatur der Daimler-Luxusmarke
Maybach lackierte.
Gut drei Monate dauerte die komplette
Restaurierung des Carrera – kein ganz
billiges Vergnügen für den Besitzer.
Doch John Watson bekam erstklassige
Qualität für sein Geld. „Er war begeistert, als er kam, um den Wagen abzuholen“, freut sich Aberle. Natürlich nahm
der Ex-Formel 1-Pilot sein „Schätzchen“
nicht einfach mit, sondern machte zunächst eine Probefahrt. „Und da konnte
man mal sehen, was ein früherer ProfiRennfahrer so alles drauf hat“,
schwärmt Aberle. „Die Souveränität und
Gelassenheit, mit der John Watson den
Wagen bewegt hat, waren wirklich beeindruckend.“
Quelle: Standox
Der Porsche 356 A
Carrera vor dem
Lackieren in Bernd
Aberles Werkstatt.
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