Gewisse Nachlaufwirkung
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Gewisse Nachlaufwirkung
Nummer 14/2014, 25. April 2014 Sehr geehrte User unserer Website, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Autonomie bezeichnet man den Zustand der Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Selbstverwaltung oder Entscheidungsfreiheit. Seit langem gilt „Autonomie“ im Schulbereich als Zauberwort, wenn es um Einsparungen geht. Fehlen die Mittel, wird die Verwaltung des Mangels den Schulen umgehängt und „Autonomie“ genannt. Mich beschleicht das Gefühl, dass nun Ähnliches geschehen könnte. Zu oft hat BM Heinisch-Hosek in ihrer Rede in der Sondersitzung des Nationalrats zu den Sparplänen im Schulbereich betont, die Schulen „autonomer“ machen, ein „großes Autonomiepaket“ schnüren zu wollen. Dabei täte mehr echte Autonomie der Schule sicherlich gut. Schon Kant bezeichnete in seiner „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ Autonomie als den „Grund der Würde der menschlichen und jeder vernünftigen Natur“, wobei er damit freilich die Autonomie des Willens meinte. Können wir LehrerInnen den uns anvertrauten SchülerInnen Besseres mit auf ihren Lebensweg geben als „die Kraft zur Reflexion, zur Selbstbestimmung, zum Nicht-Mitmachen“, wie es Adorno in seiner „Erziehung zur Mündigkeit“ ausdrückte, der in Autonomie „die einzig wahrhafte Kraft gegen das Prinzip von Auschwitz“ sah? Könnte der Schule Besseres widerfahren, als wieder mehr Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit für uns LehrerInnen zurückzubekommen? Denn wer sollte besser wissen als wir, was für die ein Klasse passt, für die andere aber nicht? Wäre es nicht klug, das Prinzip der Subsidiarität zu leben und den Schulen mehr pädagogische Freiheit zu geben, als sie in ein enges und oft fragwürdiges Korsett zu zwängen? Die Politik scheint unter „Schulautonomie“ aber seit zwei Jahrzehnten in erster Linie „autonomes Einsparen“ zu verstehen. Und das könnte nun drohen: weniger Ressourcen für die Schulen; Aufhebung rechtlicher Rahmenbedingungen wie Teilungs- oder Klassenschülerhöchstzahlen; „autonome“ Entscheidung am Schulstandort, wo die Einsparungen erfolgen sollen. Das alles hat aber deutlich mehr mit Heteronomie als mit Autonomie zu tun. Echte Selbstbestimmung ja, getarnte Fremdbestimmung nein! Ob die Politik das auch so sieht? Mit herzlichen Grüßen Mag. Dr. Eckehard Quin stv. Vorsitzender der ÖPU www.quintessenzen.at Die Woche im Medienspiegel der Inhaltsübersicht: Neue Sparvorschläge für das Bildungsressort Landesschulratspräsidenten und Lehrergewerkschafter verhandelten gestern mit Heinisch-Hosek. Lehrer kommen ohne „kreative“ Mitbringsel Gewerkschafter warnen vor „Gipfel“ bei Unterrichtsministerin vor noch höheren Belastungen. „Das kotzt alle Betroffenen nur noch an“ Bildungsforscher Günter Haider über Brandherde im Schulsystem, das Prinzip „Friss, Vogel, oder stirb“ und den Frust der Lehrer. Sparen bei den Schülern Der Sprecher der AHS-Direktoren über seinen Unmut in Sachen Bildung. Schule: Heinisch-Hosek zieht Sparvorschläge zurück Der Druck dürfte doch zu groß geworden sein. Die Bildungsministerin will „zurück an den Start“. Alle Verordnungen werden zurückgenommen. Bildung ist nichts wert „Bildung ist nichts wert“, lautet die traurige Botschaft, die die Unterrichtsministerin mit ihrer Kürzungspolitik zuletzt vermittelt hat: Wichtiger ist das Budget. AHS-Direktoren sehen durch Kürzungen Schulautonomie in Gefahr Weniger Spielraum bei den Ressourcen durch Halbierung der Gruppen für Wahlpflichtfächer. Kreatives Kaputtsparen Wie die Bildungsministerin Einsparungen schönredet, grenzt an Zynismus. SPÖ verspielt Rest an Glaubwürdigkeit Bildung war stets eines der Kernthemen der Roten. Mit Heinisch-Hoseks Schulspar-Plan geben sie es aus der Hand. Kimberger: „Wahnsinn verhindern“ Lehrergewerkschaft auch über Vorgangsweise von BM Heinisch-Hosek verärgert. Vor der Budgetrede Höllenjob Lehrer Lehrer sein, das ist für manche der Traumberuf. Doch im Laufe ihrer Karriere empfinden es immer mehr Pädagogen als Höllenjob. 30 Prozent der Beschäftigten im Bildungswesen leiden unter psychischen Problemen. Zur Burnout-Studie Lehrerarbeitszeiten in Deutschland sind zu hoch! Alarmzeichen ernst nehmen! Jeder zweite Lehrer steigt nach fünf Jahren aus Pädagogische Hochschulen freuen sich über mehr Studierende. Doch über 17 Prozent der Absolventen steigen schon im ersten Berufsjahr wieder aus. Fernsehen auf Englisch Die Deutschen sprechen nur mittelmäßig Englisch. Helfen könnte, wenn das Fernsehen vor allem Kinder- und Jugendsendungen in der Originalsprache ausstrahlen würde. Schule mit Spaß, Leistung und Anstrengung Hitzing und Kraus plädieren für ein leistungsorientiertes Schulsystem. DDR-Vergangenheit: „Wir halten hier dagegen“ Christoph Matschie, Thüringens Kultusminister, über den Fall Suhl. Schlechte Noten für die Grande Nation Große Ungleichheiten charakterisieren das französische Bildungssystem. „Viele Eltern sind genauso überfordert wie die Jugendlichen selbst“ Schulsozialarbeiterin Stefanie Konrad erklärt, warum Schüler mit den Möglichkeiten ihrer Handys oft überfordert sind. Deshalb sind Bayerns Schüler besser Können bayerische Schüler mehr als ihre Altersgenossen in NRW? Ein Schulvergleich fällt nicht selten zugunsten des Freistaats aus. Deutschland gehen die Lehrlinge aus Setzt die Regierung beim Budget die richtigen Prioritäten? Die Zweifel sind groß. Alle paar Tage ruft die Wirtschaft nach Fachkräften. Ingenieure, IT-Kräfte und selbst Lehrlinge werden aus dem Ausland angeworben - weil Europas Jobmotor Deutschland brummt. Das sagt Österreich Angst, einen Mythos zu schlachten Bildungsblinde Schraubenfabrik 50.000 Schoah-Interviews nun auch in Wien Brutales Sparpaket darf nicht kommen. Wer ins Herz der Schule, den Unterricht, schneidet, begeht staatlichen Zukunftsraub. Einsparungen gefährden die Zukunft unserer Kinder Die Vorsitzende des Verbandes der höheren und mittleren Schulen Wiens Mag. Elisabeth Rosenberger befürchtet: „Die Dropout-Rate wird steigen und viele Jugendliche werden auf der Strecke bleiben.“ Aufarbeitung der Missbrauchsfälle an der Odenwaldschule kommt schleppend voran. Zeitzeugen und Zeitzeuginnen des Holocaust interviewen und filmen: Diese Idee wurde vor 20 Jahren auf Initiative des Regisseurs Steven Spielberg umgesetzt. International students are turning to proofreading agencies Proofreading agencies are filling an academic support gap in UK universities, raising concerns around policy and plagiarism. Die Woche im Medienspiegel der Neue Sparvorschläge für das Bildungsressort Landesschulratspräsidenten und Lehrergewerkschafter verhandelten gestern mit Heinisch-Hosek Neben jenen 50 Millionen Euro, die durch den verzögerten Ausbau von Ganztagsschulen lukriert werden sollen, lotete Bildungsministerin Gabriele HeinischHosek (SP) gestern in Gesprächen mit den Landesschulratspräsidenten und Lehrergewerkschaften weitere Sparmöglichkeiten für das Bildungsressort aus. „Es ist zwar nicht meine primäre Aufgabe, Sparvorschläge zu unterbreiten“, aber er hätte da schon Ideen, sagt AHS-Lehrergewerkschaftschef Eckehard Quin. So solle das neue Lehrerdienstrecht, „das ohnehin keiner will“, später als geplant umgesetzt werden. Denn in den ersten Jahren bringe dieses Mehrkosten von mehr als 100 Millionen Euro jährlich, die Einsparungen würden hingegen „erst in 20, 25 Jahren schlagend“. Auch bei der Zentralmatura sei „viel drinnen“. So solle die schriftliche Zentralmatura nur die Grundkompetenzen abprüfen. „Dann brauchen wir in Mathematik nur eine fix vorgegebene Zentralmatura, und nicht, so wie jetzt, zehn für die verschiedenen Schultypen“, sagt Quin. Pflichtschul-Gewerkschaftschef Paul Kimberger schlägt vor, auf unnütze Marketingmaßnahmen zu verzichten. „Wir brauchen keine Hochglanzbroschüren, mit denen man Schulen permanent überflutet und keine teuren Inseratenkampagnen“, sagt er. Zudem sollten alle Schulgesetze durchforstet werden. „Hier gibt es viele Dinge, die keiner braucht, die aber viel kosten.“ Oberösterreichs Landesschulrats-Präsident Fritz Enzenhofer (VP) hatte ebenfalls Sparvorschläge im Gepäck: „Die bei Einführung der Neuen Mittelschule gestarteten Netzwerktreffen von Lehrern haben sich verselbstständigt.“ Schulungen könne man auch in kleinerem Rahmen als bei diesen Großveranstaltungen durchführen, sagt er. Das bringe zwar keine Millionen, aber doch eine Bereinigung. In der Verwaltung sieht Enzenhofer die Bundesländer unterschiedlich gefordert: In Oberösterreich würden die Kosten der Schulverwaltung 44 Euro pro Schüler betragen, im Burgenland dagegen 134. http://www.nachrichten.at, 25.4.2014 Lehrer kommen ohne „kreative“ Mitbringsel Gewerkschafter warnen vor „Gipfel“ bei Unterrichtsministerin vor noch höheren Belastungen Die „Machtspielchen“ zwischen Bund und Ländern - Stichwort „Verländerung“ sind Eckehard Quin „relativ gleichgültig“. Als Chef der AHS-Lehrergewerkschaft gehe es ihm vor allem um „akzeptable Arbeitsbedingungen“ - für Lehrer und Schüler. Darum interessiert den Vertreter der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) die Frage nach den konkreten Kürzungen im Schulbudget mehr als die Verländerungsdebatte, sagte er im STANDARD-Gespräch. Es bleibt nur ein „Dritteljahr“ zum Sparen Quin stellt die pädagogische Dimension der Sparvorgabe, die Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) erfüllen muss, mit in Rechnung: „57 Millionen spart man ja nicht ein, indem man ein paar Bleistiftspitzer weniger kauft.“ Er warnt vor noch viel größeren Belastungen als den 2014 geforderten 57 Millionen: „Jede Maßnahme im Schulbereich bringt im Budget 2014 ja nur ein Drittel des Betrags, denn rückwirkend kann in den Schulen ja nicht gekürzt werden. Konkrete Sparmaßnahmen können also erst im Herbst nach den Ferien realisiert werden.“ Es bleiben daher nur vier Monate des Jahres, um im Schulbereich den Brocken zu holen. Dazu kämen noch jene 30 Millionen, die Heinisch-Hosek erfolglos von den Ländern als Nachzahlung für die Lehrer fordert, die sie über den Bundesstellenplan hinaus anstellen: „Ich habe noch nie erlebt, dass der Bund gewinnt“, kommentiert Quin das aktuelle Bund-Länder-Match. Eine andere Hoffnung zerstreut der AHS-Gewerkschaftsvorsitzende übrigens auch noch: „Die Ministerin sollte nicht erwarten, dass wir als Pädagogen und Lehrervertreter große Einsparungen im Bildungsbereich vorschlagen.“ Für Gewerkschafter ist „keine Einsparung akzeptabel“ Auch für Quins sozialdemokratischen Kollegen von den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS), Vizevorsitzenden Heinrich Himmer (FSG), ist klar, „dass wir als Lehrergewerkschafter keine 'kreativen' Einsparungsvorschläge bringen können“, sagte er zum STANDARD: „Im Bildungsbereich ist für uns keine Einsparung akzeptabel.“ Just in der neunten Schulstufe wieder größere Klassen einzuführen, wie ursprünglich geplant, wäre für Himmer jedenfalls die denkbar schlechteste Idee gewesen. Vor allem in den Städten, wo es weniger Lehrstellen gebe, sei der Bedarf an mittleren Schulen größer - auch weil viele Schüler mit „Migrationshintergrund“ oder aus Familien mit wenig Nähe zur akademischen Bildung mit sehr unterschiedlichen Einstiegsvoraussetzungen dort die Chance hätten, „zu einem Abschluss zu kommen“. Da sei gerade im ersten Jahr besondere Unterstützung nötig, „damit diese Schüler nicht nur ein Jahr schaffen, sondern drei oder vier Jahre“, betont Himmer. Bedrohtes „Sprungbrett“ für Schüler Diese Erfahrung macht auch Elisabeth Schwarz, die an der Handelsakademie Baden unterrichtet: „Gerade die BMHS sind für Schüler aus 'bildungsfernen' Familien ein schönes Sprungbrett oder die Chance, zu einem guten Job zu kommen, weil sie sich ein Studium nicht leisten können.“ Wenn diese Schüler am Anfang in zu großen Klassen alleingelassen werden, „dann verlieren sie die Lust“ - und brechen oft ab. Lisa Nimmervoll DER STANDARD, 24.4.2014 Die Woche im Medienspiegel der „Das kotzt alle Betroffenen nur noch an“ Bildungsforscher Günter Haider über Brandherde im Schulsystem, das Prinzip „Friss, Vogel, oder stirb“ und den Frust der Lehrer. STANDARD: Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) muss heuer 57 Millionen Euro und 2015 60 Millionen Euro sparen. Wie soll sie das anstellen? Haider: Die bisher angekündigten Einsparungen im Unterrichtsbereich sind nicht akzeptabel, und ich kann nicht verstehen, dass gerade eine sozialdemokratische Ministerin den Kürzungsrasenmäher so kräftig schiebt. Ich hätte mir von ihr entschieden mehr Widerstand in der Regierung erwartet. STANDARD: Sie wird den Betrag liefern, weil Kanzler und Vizekanzler das wollen. Wo sehen Sie Möglichkeiten, im Schulbudget zu sparen? Haider: Es tut mir in der Seele weh, wenn ich täglich lese, wohin im Staat das Geld in ganz anderen Dimensionen fließt. Und dann sollen dafür 117 Millionen ausgerechnet in der Schule eingespart werden! Erfahrungsgemäß kann man das in der Verwaltung kurzfristig nicht einsparen. Der Verwaltungsanteil am Budget ist relativ klein. Die vom Rechnungshof oder aus Kreisen der Wirtschaft behaupteten großen Einsparungspotenziale halte ich für Fantasiezahlen. Ich sitze selbst im Salzburger Landesschulrat. Heuer sind die Bezirksschulräte abgeschafft worden und auch die Vizepräsidentenstelle. Aber bis diese Personen, die ja im Allgemeinen unkündbare Stellen haben, tatsächlich ausscheiden und man nennenswerte Summen einspart, dauert das viele Jahre. Wenn man jetzt kurzfristig einsparen muss, so schmerzt das sehr, denn das passiert notgedrungen beim Unterricht, das heißt beim Personal. Sicher kann man langfristig auch im Verwaltungsbereich etwas einsparen, aber dafür fehlt es im Gegenzug an tausenden Unterstützungskräften für die Schulen, auch in der Schuladministration. STANDARD: Die geplante und wieder zurückgezogene Erhöhung der Teilungszahlen in den 9. Klassen sorgte für große Aufregung. Zu Recht? Haider: Worauf Frau Heinisch-Hosek ihre Entscheidungen der ersten hundert Tage stützte, ist Lehrern, Eltern und Experten schleierhaft und in hohem Maße sachlich nicht nachvollziehbar. Das, was sie als Einsparungen verordnet hat, schaut nicht danach aus, als wäre es von jemandem gemacht, der vom Schulsystem etwas versteht. Es sind Verschlechterungen an Stellen eingeplant, die ja ohnehin schon Brandherde im System sind, etwa die neunte Schulstufe. STANDARD: Warum? Haider: Sie ist ein pädagogischer Brandherd, weil es eine schlecht konstruierte Schnittstelle ist - vom achtjährig organisierten Schulsystem in das letzte Jahr der neunjährigen Schulpflicht. Das ist eine seit Jahrzehnten bekannte System- bruchstelle, weil die Schüler ja noch mindestens ein Jahr Schule absolvieren müssen. In polytechnischen Schulen tun das nur rund 20 Prozent, sehr viele wollen das Jahr in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) ableisten. Der Andrang führt in den ersten Klassen zu hohen pädagogischen Anforderungen, auch weil viele dieser Schüler den dortigen Leistungsanforderungen kaum gewachsen sind. Das führt in den BMHS nach dem ersten Jahr zu hohen Drop-out-, Wechsel- und Repetierquoten zwischen 30 und 40 Prozent. STANDARD: Warum ist das so? Haider: Das rührt daher, dass dort zusätzlich zu den höheren Anforderungen eben ziemlich große Klassen sind und aufgrund der Situation eine gewisse Friss-Vogel-oder-stirb-Methode entsteht. Durch Verkleinerung der Klassen wurde das etwas entschärft. Sobald man dort mehr Lehrer hat, mehr fördert, also pädagogisch unterstützend besser eingreift, steigen die Erfolgschancen der Schüler. Will man möglichst viele dieser jungen Leute in den BMHS halten, muss man die Gruppengrößen runtersetzen und die Betreuungssituation verbessern, weil die neunte Schulstufe einfach der kritische Punkt ist. Da verliert man die meisten. Dazu kommt: Die mittleren Schulen sind auch jene mit dem höchsten Anteil an Schülern mit nichtdeutscher Muttersprache, in Wien zum Teil mit 50 Prozent und mehr. Da kulminieren im ersten Jahr die Probleme. Diese Schüler würden zusätzliche Unterstützung brauchen und nicht weniger. STANDARD: Was sagen Sie dazu, dass auch die Neue Mittelschule (NMS) durch Streichung von Teamteachingstunden sparen sollte? Haider: Die Politik hat die gute pädagogische Idee verhunzt, zuerst natürlich die ÖVP, dann aber auch die SPÖ und Ministerin Schmied. Am Schluss hat man sich darauf verlassen, dass das zwei- bis dreistündige Zwei-LehrerTeamteaching Wunder wirken sollte. Diese Maßnahme traf aber auf viele Lehrer, die mit dieser Unterrichtsform noch nicht vertraut oder davon wenig begeistert waren. Kürzt man Teamteaching nun, wird das kaum die Leistungen, aber die bestehende Frustration in den NMS steigern. Ständig werden im Unterricht Ressourcen gestrichen, immer natürlich mit dem Verweis, man möge sich an den Schulen doch autonom überlegen, wie man alles noch sparsamer machen könnte. Das kotzt alle Betroffenen inzwischen nur noch an, Lehrer, Eltern und Schüler. Denn in Wirklichkeit steigen speziell in den Pflichtschulen die pädagogischen Anforderungen. Dort kann man nichts mehr einsparen, schon gar keine Lehrer. Da fährt man längst über der Kante. STANDARD: Was heißt das konkret? Haider: Lehrer fühlen sich in ihrer Arbeit und ihren Anliegen längst nicht mehr wertgeschätzt und spüren, dass Probleme immer auf ihrem und dem Rücken der Schüler ausgetragen werden. In den letzten Jahren hat man so die Motivation vieler Lehrer zerstört. Ministerin Heinisch-Hosek denkt über ihre verordne- Die Woche im Medienspiegel der ten Kürzungen vielleicht nochmals nach - ihre verheerende Botschaft ist aber bereits ausgesendet und auch an den Schulen angekommen. Günter Haider (61), Erziehungswissenschafter und Psychologe, war Lehrer in Volks-, Haupt-, polytechnischen Schulen, kehrte 2008 nach fünfjähriger Periode als einer von zwei Direktoren des Bundesinstituts für Bildungsforschung (Bifie) an die Uni Salzburg zurück. Warum eigentlich? Antwort: Das war schon immer so! Bis ein Schulversuchsantrag auf einem Schreibtisch im Ministerium landet, ist er bereits mindestens dreimal befürwortet worden. Warum eigentlich? Antwort: siehe oben. Es gäbe eine Vielzahl von weiteren Beispielen. Allein die aktuellen Arbeitsabläufe in der Buchhaltung wären ein Thema für Kabarettisten. Zentralismus und Formalismus, so weit das Auge reicht. Lisa Nimmervoll Verwaltungswust DER STANDARD, 24.4.2014 Eine Durchforstung dieses unsäglichen Verwaltungswusts lässt sich vermutlich nicht in einer Woche erledigen. Und auch nicht mit fünf Schulgipfeln, die in Wahrheit nicht mehr sind als politische Placebos. Wir dürfen eines nicht vergessen: Die vielgescholtene Verwaltung tut genau das, was ihr vom Gesetzgeber vorgegeben wurde. Die vielen Unterschriften auf jedem Akt sind genau deswegen erforderlich, weil sie der Gesetzgeber durch Gesetze, Verordnungen und Erlässe erforderlich gemacht hat. Und die vielen Planungsschritte, die zwischen einer Projektidee und ihrer Genehmigung liegen, ebenfalls. Der Gesetzgeber muss hier zuerst selbst seine Hausaufgaben erledigen. Dafür sollte er sich jetzt Zeit nehmen. Sparen bei den Schülern Leserkommentar - Wilhelm Zillner Der Sprecher der AHS-Direktoren über seinen Unmut in Sachen Bildung Es ist eine der erfolgreichsten Filmserien aller Zeiten: „Mission Impossible“. Tom Cruise kämpft als Ethan Hunt gegen Feinde auf der ganzen Welt, auch aus den eigenen Reihen. Er übersteht alles ohne gröbere Blessuren. Keine Kugel trifft ihn, keine Explosion verletzt ihn, jeden Verräter erkennt er, manchmal erst im letzten Augenblick. Ob das der Unterrichtsministerin im richtigen Leben auch gelingt, bleibt zu bezweifeln. Mischen Impossible Nach Protesten aus praktisch allen politischen Lagern hat Unterrichtsministerin Heinisch-Hosek die Reißleine gezogen und ihr Bildungssparpaket zurück an den Start beordert. „Ich mische die Karten neu“, heißt der neue Slogan. Allein: Das Einsparvolumen von 117 Millionen Euro steht. Wie sie es schaffen will, das Paket neu aufzustellen, ohne das Ergebnis zu verändern, bleibt schleierhaft. Wer Karten spielt, weiß: Ein Blatt ohne Trümpfe kann man noch so oft mischen, es wird kein Siegerblatt werden. Warum der Pessimismus? Nun, es geht um das Budget für 2014. Zur Erinnerung: Dieses Jahr ist bereits zu einem Drittel vergangen. Das bedeutet, dass der Großteil der Maßnahmen erst im Rest des Jahres beginnen kann, im September vermutlich, mit Beginn des neuen Schuljahres. Dann wird bereits das zweite Drittel des Jahres vergangen sein. Planungen einer Zukunft sehen anders aus. Und Veränderungen erfordern Zeit, vor allem dann, wenn es gute, durchdachte sein sollen. Will man bei der Verwaltung sparen, und das wollen mittlerweile alle, die sich an der Diskussion beteiligen, muss man sich zuallererst überlegen, was an Verwaltung eigentlich notwendig ist. Und was nicht (mehr). Bis der Antrag auf Verleihung des Titels Oberstudienrat genehmigt ist, sieht das Formular aus wie der Schal eines Rapid-Anhängers in St. Hanappi, so viele Genehmigungsvermerke müssen darauf sein. Aber Zeit hat die Ministerin in dieser verkorksten Situation wahrscheinlich noch weniger als Geld. Da ist es eben bedeutend einfacher, bei den Schülern zu sparen. Bringt viel, geht schnell, und klug argumentiert kann man die Aktion vielleicht gegen die Lehrer argumentieren. Ohnehin alles „faule Säcke“ (© Gerhard Schröder). Dass das nicht funktioniert hat, spricht für die politische Bildung in diesem Land. Wie also reagieren als politisch Verantwortliche? Nun, vielleicht hilft Bert Brecht, der schon 1953 meinte: „Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?“ Wilhelm Zillner (57) ist Direktor des BRG/BORG Kirchdorf an der Krems in Oberösterreich und seit November 2010 Sprecher der AHS-Direktoren und Direktorinnen. Er kandidierte für die ÖVP für den Gemeinderat in Schlierbach. derStandard.at, 23.4.2014 Schule: Heinisch-Hosek zieht Sparvorschläge zurück Der Druck dürfte doch zu groß geworden sein. Die Bildungsministerin will „zurück an den Start“. Alle Verordnungen werden zurückgenommen. Letztlich dürfte der Druck auf die Bildungsministerin doch zu groß geworden sein. Nach immer heftigerem Widerstand gegen die angekündigten Kürzungen im Schulbereich - von Eltern, Schülern und Lehrern über die Bundesländer bis hin zu den eigenen Abgeordneten im Parlament - zieht Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) ihre Sparvorschläge zurück. „Ich mische die Karten neu und werde alle Die Woche im Medienspiegel der Verordnungen zurücknehmen“, gab die Ministerin via Aussendung am Freitag bekannt. „Die bereits angekündigten Termine mit allen Schulpartnern nächste Woche werde ich nutzen, um mit ihnen gemeinsam über die Effizienz im Bildungssystem zu diskutieren.“ Kommende Woche sind fünf Schulgipfel geplant. Gestartet wird am Dienstag mit den Bildungslandesräten. Es folgen Landesschulratspräsidenten, Eltern, Schüler und Lehrer. Bei den Terminen - die die Betroffenen zuvor als reine PRMaßnahme abgetan hatten, zumal die entsprechenden Spar-Verordnungen ja bereits standen - sollen nun alternative Maßnahmen zur Einsparung diskutiert werden. Man werde über „Kostentransparenz beim Lehrereinsatz ebenso reden müssen, wie über die Frage der Gruppengrößen und Klassengrößen“, so die Ministerin. Geplant: Streichungen in fast allen Schulen Der Budget-Einsparungsbedarf bleibt aber gleich. Das bestätigte das Ministerium. Das Bildungsministerium hat bei den Einsparungen einen der größten Brocken zu stemmen. 2014 müssen 57 Millionen Euro eingespart werden, im Jahr darauf 60 Millionen. Dazu kommen laut ursprünglichem Plan 30 Millionen Euro pro Jahr, die sich das Ministerium über die Neuaufteilung bei den Lehrerkosten von den Bundesländern holen wollte. Ein Drittel der Summe sollte im Verwaltungsbereich aufgebracht werden. Bei den Neuen Mittelschulen sollten die Doppelbesetzungen reduziert werden, an den berufsbildenden Schulen und den Gymnasien sollten Klassen in der neunten Schulstufe in Deutsch, Mathematik und dem Spezialfach künftig nicht mehr geteilt werden. Auch bei den Wahlpflichtfächern, die die Schulen bisher oft für die Setzung von schulautonomen Schwerpunkten genutzt wurden, sollten halbiert werden. Die Länder sollten in Zukunft deutlich mehr Geld zahlen, wenn sie den Stellenplan bei den Lehrern überschreiten. Bildungssprecherin will weniger Sparbedarf SPÖ-Bildungssprecherin Elisabeth Grossmann hat am Freitag Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) aufgefordert, den Einsparungsbedarf des Bildungsministeriums herabzusetzen. Sie begrüße zwar die Rücknahme der Sparvorschläge von Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), doch ohne Änderungen der Summe „droht das Damoklesschwert von anderer Seite“. „Ich appelliere dringend an den Finanzminister, die dramatischen Sparmaßnahmen im Bildungsbereich zurückzunehmen“, so Grossmann. Die ehemalige steirische Bildungslandesrätin hatte in den Raum gestellt, wegen der Einsparungen an Schulen dem Budget nicht zuzustimmen. Sie plädiert dafür, gemeinsam mit den Ländern nach Möglichkeiten zu suchen, das Bildungssystem effizienter zu machen. Zu einer „Provinzialisierung“ dürfe das allerdings nicht führen: „Ich fordere die Länder auf, hier vom Pfründedenken, das in den vergangenen Tagen durchgeklungen hat, Abstand zu nehmen.“ Schulpartner wollen gemeinsamen Termin Eltern, Schüler und Lehrer wollen nicht bei getrennten Schulgipfeln mit Gabriele Heinisch-Hosek über die Einsparungen im Bildungsbereich diskutieren. Man fordere einen gemeinsamen Gesprächstermin, hieß es in einer Aussendung. „Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren und lehnen die Kürzungen im Schulbereich mit allem Nachdruck ab.“ Unterzeichnet ist die Aussendung von allen großen Eltern-Organisationen, Bundesschulsprecherin Angi Groß sowie den Vorsitzenden der großen LehrerSektionen in der GÖD. Heinisch-Hosek hatte Lehrer, Eltern und Schüler für die kommende Woche zu je einem Informationsgespräch zu den Sparmaßnahmen geladen. Ihren für Mittwoch anberaumten Sitzstreik wollen die Sozialistische Jugend (SJ) und die SP-nahe Aktion Kritischer SchülerInnen (AKS) trotz der Rücknahme der konkreten Sparpläne Heinisch-Hoseks abhalten. Da die im Bildungsbereich aufzubringende Einsparungssumme gleichgeblieben sei, wolle man ein „Zeichen gegen das allgemeine Sparen bei der Jugend“ setzen, so AKS-Vorsitzende Claudia Satler. Gewerkschaft: „Keine Sparvorschläge“ Die Rücknahme der Sparvorschläge überrascht den Vorsitzenden der ARGE Lehrer in der GÖD, Paul Kimberger (FCG), nicht: „Das wundert mich nicht. Es ist einfach falsch gewesen, etwas zu verordnen und sich dann die Betroffenen zu Gesprächen zu holen. Die Reihenfolge war falsch“, so Kimberger. In den für kommende Woche geplanten Schulgipfel mit der Ministerin werde die Gewerkschaft nicht mit eigenen Kürzungsvorschlägen gehen. „Es ist nicht ursächlich unsere Aufgabe, Einsparungsvorschläge zu machen“, meinte Kimberger. „Und solange Milliarden in Pleitebanken und Spekulanten investiert werden, schon gar nicht.“ Hier seien die Prioritäten einfach falsch gesetzt. „Dauerbevormundung muss enden“ Er gehe davon aus, dass man mit der Ministerin konstruktiv über Effizienz und Zukunftsorientierung im Schulsystem sprechen könne, so Kimberger. Er werde sich aber „gegen jede Maßnahme wehren, die direkt im Unterricht ankommt.“ Wenn man tatsächlich einmal alle Schulgesetze durchleuchte, werde man viele Dinge finden, die man eigentlich nicht brauche. Einsparpotenzial ortet er etwa beim Ministerium selbst. „Die Dauerbevormundung durch den Minoritenplatz muss enden“, betonte der Gewerkschafter. Den Schulstandorten müssten mehr Mittel gegeben, Entscheidungen direkt dort getroffen werden. Bei Dingen wie Netzwerktreffen, Inseraten, „Werbekampagnen für fragwürdige Dinge und dem Testungswahn“ könne man sicher kürzen. DiePresse.com, 18.4.2014 Die Woche im Medienspiegel der Bildung ist nichts wert von Johannes Huber Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek hat in dreieinhalb Monaten erreicht, wofür ihre Vorgängerinnen und Vorgänger mindestens dreieinhalb Jahre gebraucht haben: Formal führt sie das Ressort zwar noch, aber es gibt niemanden mehr, der ihr noch Großes zutraut. Zu sehr klaffen Sonntagsreden und Taten auseinander. Zu sehr hat sie sich selbst geschwächt. Mit starken Sprüchen war Heinisch-Hoseks Partei, die SPÖ, in den Nationalratswahlkampf gezogen. Eine „Individualisierung des Unterrichts“ wurde im damaligen Programm angekündigt. Worte wie „Qualitätssicherung“ wurden hervorgehoben. Und dann stand da noch: „Wir werden unseren Volksschulen mehr LehrerInnen zur Verfügung stellen.“ Heinisch-Hosek hat nur etwas mehr als 100 Tage gebraucht, um all diese Versprechen zu brechen. Ihre ersten Sparvorschläge sahen vor, dass es weniger Zweitlehrer an den Neuen Mittelschulen geben sollte – individueller Unterricht würde damit erschwert werden. Vergleichsstudien wie PISA sagte sie bei der ersten Gelegenheit ab – einer „Qualitätssicherung“ diente das nicht. Und dann wollte sie auch noch generell weniger Pflichtschullehrer finanzieren. Ihre gestrige Ankündigung, alle Verordnungen zurückzunehmen und „die Karten neu zu mischen“, kann den Schaden, den sie sich selbst und ihrer Partei zugefügt hat, nicht wieder gut machen. Eher klingt die Ankündigung wie eine gefährliche Drohung: Nachdem sie bewiesen hat, dass sie in der Bildungspolitik nicht einmal Mindeststandards erfüllt, die ein ohnehin schon mäßiges Niveau zumindest sichern sollten, ist ihr bedauerlicherweise alles zuzutrauen. „Bildung ist nichts wert“, lautet die traurige Botschaft, die die Unterrichtsministerin mit ihrer Kürzungspolitik zuletzt vermittelt hat: Wichtiger ist das Budget. Dass das kurzsichtig ist, sollte nicht extra erwähnt werden müssen. Dabei würde es genug Sparpotenziale geben. Heinisch-Hosek müsste nur einmal vor der eigenen Türe kehren und sich in ihrem Ressort umschauen. 120 Millionen Euro, die sie heuer und im kommenden Jahr insgesamt braucht, würde sie dort allemal finden. VN, 19.4.2014 AHS-Direktoren sehen durch Kürzungen Schulautonomie in Gefahr Weniger Spielraum bei den Ressourcen durch Halbierung der Gruppen für Wahlpflichtfächer Die von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) angekündigten Kürzungen an Schulen sind für den Sprecher der AHS-Direktoren, Wilhelm Zillner, eine „pädagogische Katastrophe“. Die „eigentliche Keule“ für die AHS sei aller- dings, dass auch bei den Wahlpflichtfächern massiv gekürzt werden soll. Dadurch wäre gelebte Schulautonomie an vielen AHS nicht mehr möglich. Der entsprechende Erlass, der bereits an die Landesschulräte gegangen ist, bringt eine Halbierung der maximal zulässigen Gruppenzahl für Wahlpflichtfächer an den einzelnen Schulen. Diese Höchstzahl beträgt im Moment das Vierfache der Anzahl der siebenten und achten Klassen einer Schule (also etwa bei zwei siebenten und zwei achten Klassen insgesamt 16 Gruppen) - künftig soll es nur mehr das Doppelte sein. Bedrohte Schulschwerpunkte Derzeit kann in der siebenten und achten Klasse in einem Wahlpflichtfach, das die Schüler zur Spezialisierung wählen müssen, schon ab fünf interessierten Schülern eine Gruppe eröffnet werden. Bisher wurden dabei laut Zillner bewusst Gruppen mit etwas mehr Schülern gebildet, damit ein Teil der für die Wahlpflichtfächer gedachten Ressourcen für schulautonome Schwerpunktsetzung (etwa in Sprachen, Sport oder für Labors) genutzt werden konnte. „Alle AHS haben durch dieses Volumen schulautonome Entwicklung gemacht“, so Zillner. Wenn das Ministerium nun den Sparstift bei den Wahlpflichtfächern ansetze, sei eine solche Verschiebung von Ressourcen, die immer in Abstimmung mit Schüler-, Eltern- und Lehrervertretung passiere, künftig nicht mehr möglich, sagt der AHS-Direktorensprecher. „Desaströse Folgen“ erwartet Zillner sich auch davon, dass es mit kommendem Schuljahr in Deutsch und Mathematik an AHS in der neunten Schulstufe keine Klassenteilung mehr bei mehr als 31 Schülern geben wird. Die fünften Klassen der AHS-Langform sind aufgrund der dort kleineren Klassen laut Zillner zwar kaum betroffen, die ersten Klassen der Oberstufenrealgymnasien (ORG) hingegen wegen der dort großen Klassen massiv. Gerade an den ORG werde die Abschaffung der Teilung daher desaströse Folgen haben, sagt Zillner. Immerhin stünden die Lehrer dort vor der Herausforderung, das Wissen der Schüler, die mit sehr unterschiedlichen Vorkenntnissen an die neue Schule kämen, auf ein ähnliches Niveau zu bringen. Zillner befürchtet deshalb für die ORG wie auch für die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen einen Qualitätsverlust für die Schüler: „Die Förderung wird wegbrechen, die Drop-out-Quote wird wieder ansteigen.“ http://derstandard.at, 17.4.2014 Kreatives Kaputtsparen Wie die Bildungsministerin Einsparungen schönredet, grenzt an Zynismus Ausgerechnet im Bildungsbereich. Das ist der Tenor der Proteste, nachdem die Sparpläne von Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) bekannt geworden sind: 57 Millionen Euro müssen in den Schulen eingespart werden. Die Woche im Medienspiegel der Diesmal sind es nicht nur die Lehrergewerkschafter, sondern auch Eltern- und Schülervertreter sowie die Initiatoren des Bildungsvolksbegehrens, die sich dem Widerstand angeschlossen haben. Realpolitisch gewichtiger sind die Wortmeldungen der sozialdemokratischen Landeshauptleute Michael Häupl, Hans Niessl und Peter Kaiser. Dass die sich offen gegen die Pläne ihrer Parteifreundin stellen und sogar gerichtlich gegen die Verordnung der Ministerin vorgehen wollen, hat eine neue Qualität. Die Parteijugend organisiert überdies einen Sitzstreik. Dass Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) sich nicht zu Wort meldet, ist verständlich. Er ist froh, wenn endlich das Thema Hypo nicht mehr im Vordergrund steht. Es mag parteipolitischer Zufall sein, dass von den Budgetplänen, die Spindelegger am 29. April vorstellen will, nur die Einsparungen im Bildungsbereich durchgesickert sind. In der Öffentlichkeit herrscht dadurch der Eindruck: Um die bisher mehr als sechs Milliarden Euro teure Rettung der Banken finanzieren zu können, muss bei der Ausbildung der Kinder gespart werden. Aber wo ist der Regierungs- und Parteichef? Wieder einmal hält sich Werner Faymann aus einer Debatte heraus. So wie er Heinisch-Hoseks Vorgängerin Claudia Schmied bei ihrem Vorhaben, zwei Stunden mehr Arbeitszeit für Lehrerinnen und Lehrer durchzusetzen, im Regen stehen hat lassen, tut er dies auch mit der nunmehrigen Bildungsministerin. Wobei Heinisch-Hosek überaus ungeschickt agiert. Wie sie am Mittwochabend in der ZiB 2 versuchte, die Sparpläne schönzureden, grenzte an Verhöhnung. Wenn man eine fixe Summe vorgibt und eine Verordnung festlegt und danach erklärt, man könne noch mit den Bundesländern und „allen relevanten Gruppen“ in kurzfristig anberaumten Schulgipfeln „flexibel diskutieren“ - worüber denn? Dass künftig bis zu 36 Schülerinnen und Schüler in der Oberstufe in Hauptfächern wie Deutsch und Mathematik unterrichtet werden müssen, bestätigt auch die Ministerin. Das gilt ebenso für den Informatikunterricht, wo nicht mehr ab 13 Schülern in zwei Gruppen geteilt wird, sondern erst ab 25. Das Reduzieren der Teamteaching-Stunden an der Neuen Mittelschule ist gleichfalls festgelegt. Was bleibt eigentlich noch von dem von Schmied propagierten Prestigeprojekt, wenn das Kernstück nicht umgesetzt wird? International blamiert sich Österreich ohnehin gerade durch die Absage der Pisa-Tests. 60 Staaten - darunter Länder wie Montenegro, Peru und Vietnam nehmen daran teil, aber Österreich schafft das nicht mehr wegen eines Datenlecks: Diese Begründung glaubt Heinisch-Hosek niemand, zumal die verantwortlichen Institutsdirektoren weiter in ihren Funktionen sind. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, das ist ein Vorwand, um unliebsame Vergleichstests zu beenden. Dass die Ministerin Kaputtsparen in Schulen als Möglichkeit für „kreative Ver- änderungen“ öffentlich zu verkaufen versucht, ist zynisch: Budgetnöte im Bildungsbereich mit Blabla zu kaschieren macht Lehrer, Schüler und Eltern gleichermaßen zu Wutbildungsbürgern. Alexandra Föderl-Schmid DER STANDARD, 17.4.2014 SPÖ verspielt Rest an Glaubwürdigkeit Karin Leitner Bildung war stets eines der Kernthemen der Roten. Mit Heinisch-Hoseks Schulspar-Plan geben sie es aus der Hand. Lange war die ÖVP in der Bredouille. Aufmüpfige Länder-Schwarze und das Hypo-Handling brachten Michael Spindelegger Tadel und schlechte Umfragewerte ein. Nun ist die SPÖ in der Ziehung. Ihre Unterrichtsministerin muss sparen. Sie schneidet just dort hinein, wo es besonders schmerzt – in Schulen: Mehr Kinder in einer Klasse, weniger Zweitlehrer in den NMS. Selbst Gesinnungsfreunde begehren auf: Landeschefs, Abgeordnete; die Parteijugend ruft gar zum Sitzstreik. Was tun rote Granden? Sie versuchen, die Malaise schönzureden. Angesichts des Acht-Milliarden-Budgets seien die 57 Millionen, die heuer zu lukrieren sind, Pipifax, argumentiert Klubchef Schieder sinngemäß. SPÖFrontmann Faymann sagt vorerst nichts dazu. Ein bekanntes Verhalten. Schon Heinisch-Hoseks Vorgängerin Schmied unterstützte er nicht – bei ihrem einstigen Vorhaben, Pädagogen mehr Arbeitszeit zu verordnen. Dabei betont er in jeder Sonntagsrede, dass „Investitionen in die Bildung die wichtigsten Investitionen in die Zukunft“ seien. Immerhin hat die SPÖ das Kanzleramt 2006 nicht zuletzt mit ihrer Kritik an ÖVP-Ressortchefin Gehrer zurückerobert. Bleibt die Kanzler-Partei bei ihrem Plan, sollte sie im nächsten Wahlkampf nicht mehr mit diesem Thema für sich werben. „Rote Bildungslüge“ wird dann auf Sujets der Polit-Konkurrenten stehen. Kurier online, 17.4.2014 Kimberger: „Wahnsinn verhindern“ Lehrergewerkschaft auch über Vorgangsweise von BM Heinisch-Hosek verärgert Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) will sich in der kommenden Woche ihren Kritikern stellen: Nach Protestaufrufen der Lehrergewerkschaft, von Elternverbänden und Schülervertretern gegen die geplanten Sparmaßnahmen im Bildungsbereich lädt sie ab Mittwoch nach Ostern zu Gipfelgesprächen. Von der Gewerkschaft verlangt sie konkrete Ideen, wo die Arbeitnehmervertreter im Bildungsbereich sparen würden. „Das ist sicher nicht die Die Woche im Medienspiegel der Aufgabe einer Gewerkschaft“, kritisiert Lehrergewerkschafter Paul Kimberger im VOLKSBLATT-Gespräch. Ihm stößt auch sauer auf, dass die Ministerin bereits alles verordnet hat und jetzt erst darüber reden will — „das ist schon skurril und ein Witz. Ich halte diese Vorgehensweise für eine Frechheit“. Es zeige, dass Heinisch-Hosek, wie ihre Vorgängerin Claudia Schmied, kein Interesse an einem korrekten Verhältnis mit den Betroffenen habe. „Ich hoffe, dass doch noch die Vernunft einkehrt. Mein Ziel ist, diesen Wahnsinn zu verhindern“, so Kimberger, der auf Veränderungen im Rahmen der Budgetdebatte setzt, denn „ich bin mir nicht sicher, ob die Abgeordneten wissen, was die Ministerin da alles plant.“ Diese Maßnahmen werden die Schüler bereits ab Herbst spüren. Für Verlässlichkeit in der Bildungspolitik Nachdenklich stimmt den Lehrervertreter der Zick-Zack-Kurs in der SPÖBildungspolitik, es fehle einfach die Verlässlichkeit. „Laufend werden die Spielregeln geändert und man muss immer mit neuen pädagogischen Sternschnuppen aus dem Ministerium rechnen“, so Kimberger. Das erinnere an Helmut Qualtingers „Wilder mit der Maschine“, der zwar keine Ahnung habe, wo er hinfährt, aber dafür ist er schneller dort. Ein Beispiel sei die Neue Mittelschule. „Man kann zum Team-Teaching stehen wie man will, aber es zuerst ohne Evaluierung flächendeckend einzuführen und dann ohne Plan wieder zurück zu schrauben, ist sicher nicht professionell“, erklärt Kimberger. Ähnlich verhielt sich die Ministerin auch beim Datenleck rund um das Bifie und die Bildungstestungen. Neues Volksblatt, 16.4.2014 Vor der Budgetrede Leserkommentar - Eckehard Quin Setzt die Regierung beim Budget die richtigen Prioritäten? Die Zweifel sind groß „9 ½ Wochen“ hieß der mit Erotik gewürzte Kinofilm mit Kim Basinger und Mickey Rourke aus dem Jahr 1986, der weltweit 100 Millionen Dollar einspielte. „2 ½ Wochen“ mit Gabriele Heinisch-Hosek und Michael Spindelegger wird wohl eher ein Trauerschauspiel. Jammern und Sudern In 2 ½ Wochen – genau in 16 Tagen, am 29. April – wird dem Nationalrat die Budgetrede geboten. Eine Passage wird wohl auch den Einsparungen im Bildungsbereich gewidmet sein, aber ohne viel Wehklagen. „Ich bin dafür, dass wir raus aus dieser Jammerspirale kommen“, erklärte BM Heinisch-Hosek bereits am vergangenen Samstag in einem Radiointerview. Irgendwie erinnert mich das an den berüchtigten „Gesudere“-Sager von Alfred Gusenbauer, den ein ORF-Team dokumentierte („Und des wird heit wos Ord'ntliches in Donawitz oder des übliche Gesudere?“). „Entlastungen“ Die derzeitige Unterrichtsministerin richtete den Lehrern via Radio ihre Interpretation aus: „Hier werden wir bei den Überstunden ein bisschen schrauben. Denn wenn wir die ein oder andere Teilungszahl verändern, heißt das zum überwiegenden Teil, dass weniger Überstunden gemacht werden – ist ja auch eine Erleichterung für die Kolleginnen und Kollegen draußen in den Schulen.“ Die Pädagogen, die doppelt so viele Schüler unterrichten wie bisher, werden sich sehr entlastet fühlen – und die, die ihren Job verlieren, ganz besonders! Von den pädagogischen Auswirkungen ganz zu schweigen! Große Schülergruppen Zwei Schüler an einem Computer im Informatikunterricht hatten wir zuletzt in den 80er-Jahren. Schülergruppen mit über 30 Personen in Deutsch und Mathematik in der 9. Schulstufe in Oberstufenformen rauben in erster Linie den Schülern aus Haupt- und Neuen Mittelschulen die Chancen auf eine Matura. Die Vergrößerung von Schülergruppen im Labor- und Werkstättenunterricht stellt ein massives Sicherheitsrisiko dar. Unsinnigkeiten Das Verbot von Leistungsgruppen und der zwangsweise, ständige und gleichzeitige Einsatz von zwei Lehrern in einer Klasse der Neuen Mittelschule ist pädagogischer Unfug, wie auch die Standardergebnisse gezeigt haben. Die NMSSchüler erreichen trotz eines deutlich höheren Personaleinsatzes nicht das Leistungsniveau der Hauptschüler. Statt den Schulen mehr Freiheit beim Mitteleinsatz zu gewähren, zwingt sie die Unterrichtsministerin weiterhin in dieses sinnwidrige Korsett, kürzt aber ein Drittel der zusätzlichen Lehrerstunden. Die Liste der Unsinnigkeiten ließe sich lange fortführen. Und um wie viel Geld geht es eigentlich? Nach den Aussagen der letzten Tage sind es im Doppelbudget 2014 und 2015 117 Millionen Euro. Allein im Jahr 2013 hat die Hypo Alpe-Adria 2,7 Milliarden Euro in den Sand gesetzt. Anders ausgedrückt: In nicht einmal 2 ½ Wochen – genau in 16 Tagen – hat die Regierung in dieser Pleite-Bank soviel Geld verbrannt, wie sie nun der Bildung in zwei Jahren entzieht. Bildung oder Banken? Man kann der Regierung nicht vorwerfen, sie setze keine Prioritäten. Ich bezweifle allerdings, dass es die richtigen sind. Eckehard Quin ist Vorsitzender der AHS-Lehrergewerkschaft. derStandard.at, 14.4.2014 Die Woche im Medienspiegel der Das sagt Österreich Brutales Sparpaket darf nicht kommen Wolfgang Fellner Die Regierung kann nach dem Dauerfeuer der letzten Wochen bei der aktuellen Gallup-Umfrage endlich einmal aufatmen: Die SPÖ liegt sowohl in der Sonntagsfrage wie in der EU-Wahl auf Platz 1. Die ÖVP holt wieder auf. Die FPÖ, die schon wie die sichere Nr. 1 aussah, stürzt nach dem Mölzer-Aus ab. Strache würde wohl der sichere Verlierer der EU-Wahl sein, wenn ihm die Regierung mit ihren Brutal-Sparplänen nach dem Hypo-Debakel nicht zur EUWahl den idealen Elfmeter auflegen würde. Es ist unglaublich, welcher Teufel Spindelegger und Faymann reitet, als Folge des Hypo-Desasters jetzt einen extremen Sparkurs bei Bildung und Wohnen auszurufen. Das Brutal-Sparpaket für unsere Schulen, das ÖSTERREICH als erste Zeitung Donnerstag aufgedeckt hat, ist schlicht unfassbar und ein Skandal. Die SPÖ hat mehr Geld für Schulen und Bildung versprochen – dafür wurde sie gewählt. Wer jetzt Lehrer streicht, Klassen vergrößert, Förderkurse reduziert, der ist politisch schlicht durchgeknallt. Die Sparpläne des Finanzministers – die von einer im Chaos versinkenden Bildungsministerin offenbar mitgetragen werden – sind schlicht unhaltbar. Wenn diese Regierung das Geld für unsere Kinder kürzt, um ihr Hypo-Desaster zu lösen, wird das zum Eltern-Aufstand führen. Der Kanzler muss jetzt ein Machtwort sprechen: Keine Budgetkürzung im Schulbereich! Und her mit der versprochenen Wohnbau-Milliarde! Spart das Geld für die Hypo gefälligst woanders ein! http://www.oe24.at, 13.4.2014 Bildungsblinde Schraubenfabrik Wer ins Herz der Schule, den Unterricht, schneidet, begeht staatlichen Zukunftsraub Österreich muss sparen. Für die Hypo. Wegen der Hypo. Und überhaupt. Für die heilige Zahl, um die die Regierung im Namen der Zukunft - und doch zukunftsvergessen - kreist: die Null. Ein (strukturelles) Nulldefizit wär' doch was zum Herzeigen! Meint Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP). Also Rotstift her und Budgets der Ministerien gehörig zusammenstreichen. Da beginnt das wahre Drama. Die Beliebigkeit, mit der dieses Spardiktat ver- ordnet wird, ist atemberaubend. Nicht genug damit, wie respektlos mit der Wissenschaftscommunity umgegangen wurde und wird. Für die Forschung gab es eine recht übellaunige, bis jetzt aber auch nur rhetorische Finanzzusage ohne konkrete Zahlen, und die darbenden Universitäten hängen überhaupt komplett in der Luft. Das ist inakzeptabel, eine Schande. Aber es fügt sich ins Bild. Es zeigt sich eine Systematik zunehmend autoritärer Geistfeindlichkeit und Bildungsabwehr. Denn das, was - ausgerechnet! - den Schulen zugemutet wird, ist nicht weniger als eine gefährliche Zerstörungsstrategie. Verordnete Verblödung. Vorsätzlicher Chancenentzug. Staatlicher Zukunftsraub. Alles, was von Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) nun recht lapidar verlautbart wurde, nimmt vielen Schülerkohorten jede Chance, einigermaßen unbeschadet durch die Schule zu kommen, geschweige denn, sie möglichst erfolgreich zu absolvieren. Im zweitreichsten Land der EU wird das Schulsystem willentlich auf einen Minimalstandard heruntergefahren. Und niemand in der Regierung schreit auf? Wer in aller Welt glaubt denn ernsthaft, dass man in einer Oberstufenklasse mit 36 Pubertierenden guten Unterricht machen kann? Gerade in diesem sensiblen Alter kommt der besonders schwierige Übergang in eine für viele - so sie nicht gerade von einer AHS-Unterstufe in die dann nicht ganz so fremde Oberstufe wechseln - komplett neue Schulform. Das setzt bei Schülern und Lehrern enorme Transformationskräfte voraus, die mit jedem Schüler mehr in der Klasse an und über die Grenzen des Machbaren gehen. Die Folgen sind absehbar: So etwas produziert Schulabbrecher. Tolle Idee. Das unterläuft alle Ideale von Bildung und Schule so dermaßen, dass man es kaum glauben mag. Schon die Diktion ist verräterisch und zeigt, im günstigsten Fall, eine Ahnung vom bösen Potenzial, das dieses Schulsparpaket hat. Die Ministerin sprach beschönigend davon, da „ein bisschen schrauben“ zu wollen und dort „ein bisschen zu drehen“ - aber am Ende ist die ganze Maschinerie namens Schule kaputt. Sie muss Spindeleggers budgetäre Zumutung exekutieren. Muss sie? Nein. Müsste sie nicht, wenn irgendjemand in dieser Regierung auf die Idee käme, dass das der falscheste Ort ist, um ein Budget zu sanieren. Wenn die Unterrichtsministerin tatsächlich gezwungen wird, tief ins Herz der Schule - den Unterricht, die Beziehung zwischen Lehrern und Schülern - hineinzuschneiden, dann schneidet das ins eigene Fleisch. Am Ende mag vielleicht das Budget wieder in Form sein. Aber die gut ausgebildeten Menschen, die wir als Gesellschaft, als Volkswirtschaft und als Demokratie brauchen, die werden dann Mangelware sein, wenn die Schulen noch mehr ruiniert werden. Die Woche im Medienspiegel der Es wäre das Werk bildungsblinder Machttechniker und Regierungsbuchhalter im Zeichen der Null, die ihren Politikerjob mit der Leitung einer Schraubenfabrik verwechselt haben. Lisa Nimmervoll DER STANDARD, 12.4.2014 en, „diesem bildungspolitischen Wahnsinn nicht zuzustimmen“. Rückfragehinweis: Mag. Elisabeth Rosenberger Vorsitzende des Verbandes der Elternvereine an den höheren und mittleren Schulen Wiens Aussendung vom 14.4.2014 Einsparungen gefährden die Zukunft unserer Kinder Höllenjob Lehrer Die Vorsitzende des Verbandes der höheren und mittleren Schulen Wiens (VEV) Mag. Elisabeth Rosenberger befürchtet: „Die Dropout-Rate wird steigen und viele Jugendliche werden auf der Strecke bleiben.“ Von Martina Scherf „Seit vielen Jahren warten wir auf die von der Regierung versprochene Bildungsoffensive. Jetzt bekommen wir stattdessen Einsparungen im Bildungsbereich, die die Qualität des Unterrichts massiv beeinträchtigen und damit die Chancen unserer Kinder auf eine ordentliche Ausbildung deutlich senken werden“, beurteilt die Vorsitzende des Verbandes der höheren und mittleren Schulen Wiens (VEV) Mag. Elisabeth Rosenberger die angekündigten Einsparungen. Für den VEV sind Kürzungen von Wahlpflichtfächern nicht akzeptabel da die AHS in den letzten Jahren bereits Einsparungen hinnehmen musste. Die Erhöhung der Klassenschülerzahl und der Eröffnungszahlen für Klassen wird ein Problem für AHS-Standorte mit mehreren Typen werden. Wer in dieser Phase den Sparstift ansetzt, denkt nicht an die pädagogischen Konsequenzen, sagt Rosenberger: „Mehr als Frontalunterricht wird nicht mehr möglich sein, die geforderte und gewünschte Individualisierung bleibt auf der Strecke.“ Richtig fahrlässig betrachtet der VEV die Erhöhung der Schülerhöchstzahlen in Labors und Werkstätten der berufsbildenden Schulen, wo Schülerinnen und Schüler erst den Umgang mit Maschinen oder gefährlichen Stoffen lernen. In EDV-Räumen werden zwei oder drei Kinder an einem Computer lernen müssen. „Besonders die Absolventen der Neuen Mittelschule werden es in den weiterführenden Schulen schwer haben.“ befürchtet Rosenberger. Da die Teilungen in den Hauptfächern Deutsch, Englisch und Mathematik wegfallen, werden statt 17 bald 30 Kinder in einer Klasse sitzen. Den Rückstand, wie ihn die Bildungsstandardüberprüfungen deutlich aufzeigten, werden diese Kinder bis zur Matura nur sehr schwer aufholen. Rosenberger fragt, wie die Regierungsparteien die sowohl in ihren Parteiprogrammen versprochenen als auch im Regierungsprogramm festgelegten Ziele der „besten Schule“, die „Zukunft schafft“ verwirklichen wollen? Sie fordert Unterrichtsministerin Heinisch-Hosek auf, gegen die vorgegebenen Sparmaßnahmen Widerstand zu leisten und appelliert an die Abgeordneten aller Partei 30 Prozent der Lehrer und Erzieher leiden unter Burn-out und Erschöpfung, die Zahl der Krankheitstage hat sich verdoppelt. Der Aktionsrat Bildung will den Pädagogen mit einem Präventionsprogramm helfen - auch damit am Ende nicht die Schüler leiden. Lehrer sein, das ist für manche der Traumberuf. Doch im Laufe ihrer Karriere empfinden es immer mehr Pädagogen als Höllenjob. 30 Prozent der Beschäftigten im Bildungswesen leiden unter psychischen Problemen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Aktionsrates Bildung im Auftrag der bayerischen Wirtschaft. „Die Analysen sind besorgniserregend“, sagte Dieter Lenzen, Vorsitzender des Aktionsrates, am Dienstag in München und rief Politik, Schulen und Hochschulen zu Maßnahmen auf, um Burn-out und Erschöpfung bei Lehrern und Erziehern zu vermeiden. Andernfalls leide das Bildungsniveau der ganzen Gesellschaft darunter. Dem Aktionsrat Bildung gehören neben Lenzen, der Präsident der Universität Hamburg ist, weitere renommierte Bildungsforscher wie der Pisa-Experte Manfred Prenzel oder der Volkswirt Ludger Wößmann an. Burnout ist zwar keine eigenständige Diagnose, so erklärte Bettina Hannover, Expertin für Schul- und Unterrichtsforschung an der Freien Universität Berlin, sondern ein Zusammenspiel von mehreren, auch privaten Risikofaktoren. Auch hätten die zunehmenden Krankmeldungen damit zu tun, dass heute psychische Erkrankungen nicht mehr so tabuisiert würden wie noch vor fünfzehn Jahren. Dennoch sei Zunahme an psychischen Belastungen alarmierend. Die Zahl der Krankheitstage habe sich seit dem Jahr 2000 fast verdoppelt. Viele Betroffene fühlten sich emotional überfordert und reagierten darauf durch Rückzug: „Sie sagen selbst, sie können sich nicht mehr in ihre Schüler hineinversetzen“. Genau das sei aber eine der wichtigsten Eigenschaften eines Lehrers. „Ein Lehrer braucht neben der fachlichen Kompetenz mindestens ebenso viel emotionale und soziale Kompetenz“, so die Bildungsforscherin, „Lehrer sollen ja Vorbilder sein“. Bessere Ausbildung als Burn-out-Prävention Der Aktionsrat formulierte daher Empfehlungen zur Prävention und Linderung Die Woche im Medienspiegel der von psychischen Belastungen. Zentraler Ansatz ist die Ausbildung. Noch immer herrschten zu idealistische Vorstellungen vom Lehrerberuf. „Die Hochschulen sind noch zu weit von der Praxis weg“, so ein Statement. Immerhin hätten einige Universitäten Schritte unternommen, um Studenten schon vor dem Studium einer Selbstreflexion zu unterziehen. Auswahl- und Beratungsgespräche müsse es überall geben, damit sich die Bewerber prüfen könnten: „Ist es wirklich das, was ich will und kann?“ Wer das Studium aufnimmt, müsse dann frühzeitig und ausreichend begleitete Praktika und Supervision erhalten, um zu erkennen, was auf ihn zukommt. Und für Schulen müsste es von Seiten des Staates Serviceeinrichtungen geben, etwa eine Hotline, an die sie sich mit Problemen wenden könnten. In speziellen Programmen sollten Lehrer zudem Klassenmanagement und Konfliktbewältigung trainieren können. Bund und Länder könnten dabei „Good Practice“Ansätze, also nachahmenswerte Modelle, allen Einrichtungen verfügbar machen. Der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, forderte ebenfalls, Lehrer besser vor psychischen Belastungen zu schützen. Es sei ein „Skandal“, dass der Staat als größter Arbeitgeber von rund 700 000 Lehrern nicht in der Lage sei, ein flächendeckendes Angebot an Arbeitsmedizinern und Psychologen zu finanzieren, kritisierte Meidinger. Hauptursache für eine Überlastung sei aber nicht die fehlende Trennung von Berufs- und Privatleben, sondern die im internationalen Vergleich zu hohe Gesamtarbeitszeit der Lehrer. So kam auch in der Diskussion über das Gutachten zum Ausdruck, dass die Lösung nicht darin liege, noch mehr Seminare und Kompetenztrainings auf die Wochenenden zu verlegen. „Wir haben schon viele Studien gesehen, aber den Lehrern fehlt es an Unterstützung“, sagte ein Arzt, zu dem viele Lehrer mit Burnout in die Sprechstunde kommen. „Sie erleben im Alltag ein Vielzahl von Attacken und können sich kaum wehren“. Klaus Wenzel, Vorsitzender des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) ergänzte: „Viele nehmen die Probleme aus den Klassenzimmern mit nach Hause.“ Dabei liebten die meisten ihren Beruf, betonte Wenzel. „Sie sind bereit, viel zu leisten, wenn sie einbezogen werden, fühlen sich aber hilflos, wenn sie Verordnungen einfach übergestülpt bekommen, wie es mit der Einführung des G 8 geschah“. Viele Lehrer fühlten sich allein gelassen, bestätigte Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Man müsse an den Schulen mehr miteinander ins Gespräch kommen, appellierte Dieter Kleiber, Gesundheitsexperte der Freien Universität Berlin. „Auch Schüler haben ein gutes Gefühl für die Klassensituation und die Kompetenz eines Lehrers“, betonte Tobias Funk, Sekretär der Kul- tusministerkonferenz. Applaus erntete Christof Prechtl, der Bildungsexperte des vbw, mit seinem Vorschlag: „Anstatt Maßnahmen von oben zu verordnen, sollte man vielmehr Teambildung fördern. Es ist nicht entscheidend, ob ein Schüler mehr oder weniger in einer Klasse sitzt. Da nimmt man lieber einige Lehrer beiseite und diskutiert mit ihnen Maßnahmen, wie man die Potenziale an der Schule ausschöpfen kann.“ Süddeutsche Zeitung online, 8.4.2014 Zur Burnout-Studie Lehrerarbeitszeiten in Deutschland sind zu hoch! Alarmzeichen ernst nehmen! Als Bestätigung der Erfahrungen und Positionen des eigenen Verbandes hat der DPhV-Bundesvorsitzende, Heinz-Peter Meidinger, die Ergebnisse der Lehrerstudie des Aktionsrats Bildung bezeichnet, wonach ein großer Teil der Lehrkräfte an der Belastungsgrenze angelangt sei. Die Folgen seien psychische und physische Erschöpfung, aber auch eine massive Gefährdung der Gesundheit. Der Verbandschef unterstützte die Verfasser der Studie in ihrer Forderung nach einem wirksameren präventiven und therapeutischen Gesundheitsschutz für Lehrkräfte. „Es ist ein Skandal, dass der Staat als größter Arbeitsgeber von rund 700 000 Lehrkräften nicht in der Lage ist, ein flächendeckendes Angebot an Arbeitsmedizinern, Psychologen und medizinischen Zentren zu finanzieren und vorzuhalten, die sich der Gesundheitsprävention und Gesunderhaltung von Lehrkräften widmen. Die Kosten für Frühpensionierung und Krankheitszeiten sind erheblich höher als es eine wirksame Gesundheitsprävention wäre!“, betonte Meidinger. Im Gegensatz zum Aktionsrat sieht aber der DPhV-Vorsitzende die Hauptursache für Überlastung nicht in der fehlenden Trennung von Berufs-und Privatleben, sondern in den im internationalen Vergleich zu hohen Gesamtarbeitszeiten von Lehrkräften. In kaum einem anderen Land in Europa gebe es so hohe Stundendeputate wie in Deutschland, sagte Meidinger. Er widersprach auch der Ansicht, dass die großen Klassen in Deutschland keine Auswirkungen auf die Stressbelastung von Lehrkräften hätten. „Wer weiß, welche zusätzliche Lärm- und Stressbelastung übergroße Klassen bedeuten und welche deutlich höheren Korrekturzeiten damit verbunden sind, kann über diese Aussage der Studie nur den Kopf schütteln!“, sagte der Verbandschef. Pressemeldung des Deutschen Philologenverbands (DPhV) vom 8.4.2014 Die Woche im Medienspiegel der Jeder zweite Lehrer steigt nach fünf Jahren aus Pädagogische Hochschulen freuen sich über mehr Studierende. Doch über 17 Prozent der Absolventen steigen schon im ersten Berufsjahr wieder aus. Alle Welt spricht vom Lehrermangel. Steigende Schülerzahlen, zahlreiche Pensionierungen und ein schlechtes Berufsimage wurden als Ursache genannt. Lehrerausbildungen für Quereinsteiger wurden lanciert, die pädagogischen Hochschulen unternahmen Anstrengungen, junge Menschen vermehrt für den Lehrerberuf zu gewinnen. Der Erfolg schlug sich in steigenden Studierendenzahlen nieder. Nun zeigt sich jedoch, dass eine beträchtliche Anzahl der Absolventen der pädagogischen Hochschulen nicht einmal ein Jahr unterrichtet: 17,1 Prozent der Lehrpersonen stiegen zwischen den Jahren 2010 und 2011 noch im ersten Berufsjahr aus. So steht es in einem kürzlich publizierten Bericht des Bundesamtes für Statistik (BfS). Gemäss diesen Berechnungen verlassen rund 49 Prozent der neuen Lehrkräfte die Schule innerhalb von fünf Jahren nach Stellenantritt wieder. Warum sie den Beruf aufgegeben haben – ob nur vorübergehend zwecks Weiterbildung oder ob sie sich ganz anderen Berufsfeldern widmen –, geht nicht aus der Statistik hervor. Elf Prozent pensioniert Besonders viele Abgänge (35 Prozent) erfolgten nach Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses. Insgesamt sind jedoch nur 19 Prozent des gesamten Lehrkörpers an Schweizer Schulen befristet angestellt. Pensionierungen waren nur zu 11 Prozent der Grund für den Austritt aus dem Beruf, was etwas erstaunt, wo doch Lehrerverbände und Bildungsbehörde schon länger vor einer grossen „Pensionierungswelle“ warnen. Was läuft in den Lehrer-Schmieden falsch, wenn fast ein Sechstel der Abgänger mit Lehrdiplom in der Tasche im ersten Jahr aus dem Beruf ausscheidet? Gar nichts, sagt der Präsident der Konferenz der Pädagogischen Hochschulen (COHEP) und Rektor der Pädagogischen Hochschule Graubünden, Johannes Flury. „In weiblich bestimmten Berufen ist der Ausstieg aus bekannten Gründen höher“, findet Flury. Und schliesslich sei in allen Berufen Realität, dass in den ersten Jahren nach Berufseinstieg häufiger gewechselt werde als später. Der Lehrerberuf sei traditionell ein „Aussteigerberuf“, sagt Christian Amsler, Präsident der Deutschschweizer Konferenz der Erziehungsdirektoren (D-EDK) und selbst ehemaliger Prorektor einer pädagogischen Hochschule. „Man unterbricht die Lehrtätigkeit und geht auf Weltreise. Oder man bildet sich weiter in einem anderen Bereich – zum Beispiel der Heilpädagogik“, sagt Amsler. Dass die Lehrer in die Privatwirtschaft wechselten und dort für immer dem Schulbetrieb verloren gingen, glaubt Amsler nicht. „Die Zeit, in der Lehrer einfach zu einer Versicherung oder auf die Bank wechseln konnten, sind längst vorbei“, erklärt er. Natürlich könne man die Austrittsquoten nicht alleine mit Weiterbil- dungen und Reisen erklären. Bessere Berufseinführung Derselben Meinung ist auch Beat Zemp, Präsident des Lehrerdachverbandes (LCH). „Zu denken gibt mir vor allem die hohe Zahl der jungen Lehrpersonen, die bereits im ersten Berufsjahr aussteigen“, sagt er. Man müsse darum den Berufseinstieg für Junglehrer mit einer professionellen Berufseinführung verbessern. „Dazu braucht es erfahrene Berufsleute, die eine Weiterbildung als Berufseinführungs-Coach gemacht haben und dazu über genügend Zeit verfügen“, sagt er. Zemp findet jedoch, dass es weitere Langzeitanalysen brauche, um endgültige Schlussfolgerungen zu ziehen. „Es ist gut möglich, dass einige später wieder in den Beruf einsteigen“, vermutet er. Tatsächlich beträgt der Anteil der Wiedereinsteiger bei Neueinstellungen durchschnittlich 23 Prozent – 17 Prozent bei den Männern, 25 Prozent bei den Frauen. Doch ob das reicht, um die hohen Verluste in den ersten Berufsjahren wettzumachen? Die Statistik sagt jedenfalls nichts darüber aus, auf welchen Stufen der Abgang oder der Wiedereinstieg von Lehrern stattfindet. Den ohnehin belastenden und anspruchsvollen Beruf dürfe man nun angesichts der hohen Ausstiegsraten nicht zusätzlich erschweren, sagt Amsler: „Es ist wichtig, dass der Druck von den Lehrern genommen wird. Es braucht eine möglichst grosse pädagogische Freiheit.“ Als D-EDK-Präsident werde er sich darum bemühen, dass insbesondere der Reform- und Organisationsdruck von den Schulen genommen werde. „Das heisst jetzt aber nicht, dass es keinen gemeinsamen Lehrplan und professionelle Schulleitungen braucht“, sagt Amsler. NZZ, 6.4.2014 Fernsehen auf Englisch Die Deutschen sprechen nur mittelmäßig Englisch. Helfen könnte, wenn das Fernsehen vor allem Kinder- und Jugendsendungen in der Originalsprache ausstrahlen würde. Ums Englischsprechen ist es in Deutschland nicht besonders gut bestellt. 40 Prozent der Bundesrepublikaner können kein einfaches Gespräch in einer Fremdsprache führen. Das ergibt sich aus einer europäisch vergleichenden Umfrage. 50 Prozent der Befragten waren der Ansicht, dass ihre Sprachkenntnisse nicht ausreichen, um ein paar Worte auf Englisch wechseln zu können. Damit belegt Deutschland unter den 28 Mitgliedsländern der Europäischen Union zwar keinen der Abstiegsplätze, kommt aber über einen Platz im Mittelfeld nicht hinaus. Eine Analyse von Stellenanzeigen in Tageszeitungen zeigt jedoch, dass Mehrsprachigkeit, insbesondere die Fähigkeit, Englisch zu sprechen, auf dem Ar- Die Woche im Medienspiegel der beitsmarkt immer wichtiger geworden sind. Diese Sprache ist zwar in den hochqualifizierten Berufen besonders gefragt, sie wird aber auch in den niedrig qualifizierten immer wichtiger – zum Beispiel für das Personal an Flughäfen, in Hotels oder in der Gastronomie. Die Situation bei unseren niederländischen Nachbarn und in den skandinavischen Ländern ist eine ganz andere. In den Niederlanden, in Dänemark und in Schweden sind es deutlich mehr als 80 Prozent der Bevölkerung, die sich zutraut, auf Englisch ein Gespräch zu führen. Deutschland ist ein Synchronisationsland Sprachen werden vor allem in der Schule, durch längere Auslandsaufenthalte – und durch den Konsum fremdsprachiger Medienprodukte gelernt. Was das Fernsehangebot angeht, läuft in Deutschland aber etwas schief. Fast alle Sendungen aus dem Ausland werden synchronisiert, der Anteil der fremdsprachigen Angebote im Fernsehen ist sehr gering. Eine von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene und von der Media Consulting Group durchgeführte Studie klassifiziert Länder danach, wie sie mit ausländischen Filmen und Sendungen umgehen. Die Autoren unterscheiden zwischen „Untertitelungsländern“, in denen die Mehrzahl der Sendungen in der Originalsprache mit Untertiteln ausgestrahlt wird und „Synchronisationsländern“. Deutschland gehört wie Frankreich, Italien und Österreich zur Gruppe der Länder, in denen die Synchronisation vorherrscht. In Ländern, in denen besonders gut Englisch gesprochen wird wie den Niederlanden, in Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden und Estland wird der Untertitelung der Vorzug gegeben. Dabei fielen von den im Jahr 2009 ausgestrahlten rund 83.000 Fernsehstunden fast 90 Prozent auf Sendungen, die in einer anderen Sprache gedreht wurden. Mehr als die Hälfte der Zeit wird allein von amerikanischen und damit englischsprachigen Produktionen bespielt. Würden diese Sendungen in der Originalsprache ausgestrahlt, dann käme dies einem Fremdsprachenunterricht gigantischen Ausmaßes gleich – ohne zusätzliche Kosten. Tatsächlich stehen die Bundesbürger der Idee aufgeschlossen gegenüber, englischsprachig produzierte Kinder- und Jugendsendungen im Original zu zeigen. Rund 40 Prozent der Gesamtbevölkerung und über die Hälfte der jungen Erwachsenen sprechen sich dafür aus, Kinder- und Jugendsendungen allein in der Originalsprache auszustrahlen. Das zeigt eine aktuelle Studie des infas Instituts für angewandte Sozialwissenschaft in Bonn, für die 1.500 Erwachsene telefonisch befragt wurden. Von jenen, die eine nicht übersetzte Ausstrahlung von Kinder- und Jugendsendungen ablehnen, wären 83 Prozent doch dafür zu gewinnen, wenn parallel zur englischen Originalversion die deutsche Synchronisation verfügbar wäre, der Zuschauer also zwischen zwei Versionen die Wahl hätte. Wenn man nach dem gesamten Fernsehprogramm fragt, spricht sich zwar nur jeder Dritte dafür aus, angelsächsische Produktionen nur in ihrer Ursprungssprache zu senden. Allerdings fänden es 83 Prozent gut, wenn sie zwischen den Sprachen wählen könnten. Dabei ist es die Generation der unter 35-Jährigen, die ein besonders starkes Interesse an englischsprachigen Sendungen und damit an einem Nebenbei-Sprachunterricht via TV hat. Und dieser „Unterricht“ würde von sehr vielen Menschen auch wahrgenommen werden. Vier Stunden täglich verbringen sie vor der Glotze. Trotz der starken Zunahme des Internetkonsums in den letzten zehn Jahren ist die Fernsehnutzung von 2000 bis 2013 sogar von 203 auf 243 Minuten täglich weiter angestiegen. Ein weiterer Vorteil: Eine Ausstrahlung von Medienimporten in der Originalsprache ist kostengünstig. Die Sendungen stehen ja schon in der Originalsprache bereit. Flächendeckende Untertitelung wäre sogar ein echtes Sparprogramm, denn sie ist deutlich preisgünstiger als eine Synchronisation. Letzteres ist aber schwer durchzusetzen, denn die Zuschauer wollen die Wahl haben. Sonst könnten sie sich entmündigt fühlen. 90 Minuten kostenfreier Sprachunterricht Fremdsprachen kann man in jedem Alter lernen. Kinder und Jugendliche lernen neue Sprachen jedoch schneller und besser. Bereits vom 10. Lebensjahr an fällt die Lerneffizienz für eine Zweitsprache kräftig ab. Deswegen sollte man vor allem Kinder- und Jugendsendungen im Original zeigen. Die Bedingungen dafür sind überaus günstig. Fernsehgucken steht bei den 3- bis 13-Jährigen weiterhin ganz oben in der Hitparade der Lieblingsbeschäftigungen und liegt deutlich vor Musik oder Radio hören oder am Computer spielen. Über 90 Minuten täglich verbringen Kinder im Alter von 3-13 Jahren im Durchschnitt vor dem Fernseher; das sind zwei Schulstunden pro Tag und das bei einer Siebentagewoche. Die Gruppe der 14- bis 29-Jährigen verbringt sogar 134 Minuten täglich vor dem Fernseher. Hinzu kommt, dass vor allem die Drei- bis Siebenjährigen eine besondere Vorliebe für den gemeinsam von ARD und ZDF betriebenen Kinderkanal (KIKA) haben. Über 30 Prozent der Altersgruppe wenden sich diesem Sender zu, gefolgt von den beiden privaten Anbietern Super RTL (25 Prozent) und Nickelodeon (10 Prozent). Anders als private Sender haben öffentlich-rechtliche Anstalten auch einen expliziten Bildungsauftrag. Zudem hat die Politik über die Rundfunkräte Einfluss auf das Programm und die Ausrichtung des Senders – eine überaus günstige Konstellation. Die Multilingualität der Bürger ließe sich längerfristig leicht verbessern, wenn man die fremdsprachigen Fernsehsendungen für Kinder und Jugendliche in Zukunft nicht alle ins Deutsche synchronisieren, sondern auch in der Originalsprache ausstrahlen würde. Warum noch warten? Ein Gastbeitrag von Jürgen Gerhards und Doris Hess ZEIT online, 9.4.2014 Die Woche im Medienspiegel der Schule mit Spaß, Leistung und Anstrengung Hitzing und Kraus plädieren für ein leistungsorientiertes Schulsystem „Leistung lohnt sich“, darüber waren sich der Präsident des deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, und die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Thüringer Landtag, Franka Hitzing, am 2. April in Gera einig. Die Bildungspolitiker diskutierten mit ihren Gästen – darunter zahlreiche (ehemalige) Schulleiter und Lehrer – im pentahotel Gera über Schulpolitik und Bildungsinhalte. Wer das Leistungsprinzip in der Schule außer Acht lasse, negiere eines der demokratischen Grundprinzipien, führte Josef Kraus aus, denn in freien Gesellschaften sei Leistung ein Kriterium für Erfolg und Aufstieg. Kraus äußerte zudem die Befürchtung, dass beispielsweise der Glauben an „hohle“ Kompetenzen und an Quoten die Individualität, die Leistungsbereitschaft sowie Können und Wissen verdrängen könnten, wenn man so weitermache wie bisher. Auch sei Schule keine Einrichtung zur Herstellung von Gleichheit. Vielmehr sei Schule ausgerichtet auf die Förderung der Individualität und damit der Freiheit der Schüler. „Schule soll zur Anstrengung anhalten, um die Schüler auf das spätere Berufsleben vorzubereiten“, so Kraus. Zu Erfolgsaussichten würden Chancen schließlich erst durch Anstrengung. Und schließlich bereite Leistung gerade jungen Menschen auch Freude, weil sie etwas sehr Individuelles sei. „Als Bildungseinrichtung soll die Schule auf das spätere Leben bestmöglich vorbereiten. Dies geht nicht, ohne den Wert von Leistung und Anstrengung zu vermitteln – schließlich sind das genau die Werte, die später im Berufsleben stets gefragt sind“, zeigte sich auch Franka Hitzing – selbst von Beruf Lehrerin – überzeugt. „Gute Noten und die Versetzung in die nächste Klassenstufe sind für die Lehrer ein gutes Mittel, um Schüler für ihre Anstrengungen zu belohnen“, so Hitzing weiter. Der Präsident des deutschen Lehrerverbandes sprach vom Primat der Inhalte vor den Methoden, von der Renaissance des konkreten Wissens und Könnens, denn: „Wer nichts weiß, muss alles glauben“ – und könne sich keine eigene Meinung bilden. Zustimmung erhielten Hitzing und Kraus von den Gästen beim Thema Hausaufgaben. Gerade für schwächere Schüler sei dies eine Möglichkeit zur Wiederholung. „Hausaufgaben erziehen Kinder zur Eigenständigkeit“ - war man sich einig. www.dtoday.de, 9.4.2014 DDR-Vergangenheit: „Wir halten hier dagegen“ Christoph Matschie, Thüringens Kultusminister, über den Fall Suhl. Ein Interview von Jeannette Otto DIE ZEIT: Herr Matschie, in Suhl ließ sich eine Pädagogin in FDJ-Kluft vor Schülern ablichten. Hat Thüringen ein Problem mit seinen Geschichtslehrern? Christoph Matschie: Nein, das haben wir nicht. Die Bilder der Lehrerin, die diesen Eindruck erwecken könnten, sind entstanden, als eine 12. Klasse ihren Abschied aus der Schule feierte. Ihr Motto war der Schulalltag in der DDR. Da wurden einige Szenen nachgestellt. Das war Satire, kein Unterricht. Der Geschichtsunterricht in Thüringen setzt sich kritisch mit der DDR auseinander, auch in Suhl. ZEIT: Als der Fall aufkam, sagten Sie, DDR-Kitsch habe im Unterricht nichts verloren. Matschie: Und genau so ist es auch. Vor allem aber wollte ich, dass wir uns den Fall genauer ansehen. Das Schulamt hat die Vorfälle inzwischen geprüft, die Lehrerin Heidemarie Schwalbe hat sich aktiv an der Aufklärung beteiligt, ihren Fehler eingesehen. Sie bedauert diese Fotos. ZEIT: Wird es Konsequenzen für sie geben? Matschie: Wir werden sie ins Schulamt laden, ihr dort eine Missbilligung aussprechen. ZEIT: Ihr Unterricht aber ist in Ordnung? Matschie: Frau Schwalbe bemüht sich um ein differenziertes Geschichtsbild, ein kritischer Blick auf die DDR gehört dazu. Und daran ist sie dem Lehrplan nach auch gebunden. ZEIT: Christine Lieberknecht nannte den Fall „unsäglich“. Matschie: Bevor man solche Urteile fällt, sollte man genauer hinsehen. Wir kennen nun die Zusammenhänge, also müsste auch die Ministerpräsidentin zu einer anderen Einschätzung kommen. 25 Jahre nach 1989 tun wir uns keinen Gefallen, wenn wir so etwas skandalisieren. Wir dürfen nicht wegschauen, aber auch nicht mit Schaum vor dem Mund reagieren. ZEIT: Verbieten Sie künftig DDR-Symbole? Matschie: Ich denke, dass alle Schulen aus der DDR-Geschichte insgesamt, aber auch speziell aus dieser Geschichte viel gelernt haben. Es ist falsch, auf jeden Vorgang mit einer Richtlinie zu reagieren. Die Schulleitungen können mit diesem Thema angemessen umgehen. ZEIT: Studien zufolge haben Thüringens Schüler ein zu positives DDR-Bild. Woran liegt das? Matschie: Zum einen haben inzwischen nicht wenige Erwachsene ein unrealistisch positives, durch 25 Jahre Abstand verklärtes DDR-Bild. Das wirkt sich auf ihre Kinder aus. Zweitens: Sicher gibt es Lehrer, denen es immer noch schwerfällt, mit dem Thema gut umzugehen, weil sie ihre eigene Vergangenheit damit zu stark problematisiert und hinterfragt sehen. Die Woche im Medienspiegel der ZEIT: Muss man das hinnehmen? Matschie: Nein, das akzeptiere ich nicht. Wir halten hier dagegen, etwa mit Weiterbildungen und Gedenkstätten-Arbeit, die wir massiv unterstützt haben in den letzten Jahren. Mein Ziel ist, dass Kinder und Jugendliche erfahren, wie die Herrschaftsmechanismen der DDR funktioniert haben. Es ist wichtig, all das zu wissen, um Freiheit und Demokratie wirklich schätzen zu können. Christoph Matschie (SPD), 1961 in Mühlhausen geboren, ist seit 2009 Kultusminister in Thüringen. ZEIT online, 5.4.2014 Schlechte Noten für die Grande Nation Große Ungleichheiten charakterisieren das französische Bildungssystem In diesen Wochen müssen sich die Gymnasiasten, die 2016 ihr Baccalauréat, das französische Abitur, ablegen werden, hinsichtlich ihrer Wünsche für den weiteren Ausbildungsweg entscheiden. Zwei Drittel werden ein Hochschulstudium beginnen, das fast schon zum Standard gehört, wenngleich es dadurch gleichzeitig entwertet wird. Zudem fühlen sich die meisten Studenten bald überfordert und brechen nach dem Grundstudium ab. Aber heute bekommt beispielsweise niemand einen Job als Sekretärin oder einfacher Sachbearbeiter, wenn er nicht mindestens ein „Bac + 2“ erreicht hat, also Abitur plus zwei Jahre Studium nachweisen kann. Mit einem gewöhnlichen Universitätsdiplom in der Tasche kann andererseits niemand auf eine höhere Laufbahn hoffen. Dafür muss man eine der zwei Dutzend „Elite-Hochschulen“ besucht haben, doch um deren extrem schwere Aufnahmeprüfung zu bestehen, muss man nach dem Abitur noch zwei Jahre in einer „Vorbereitungsklasse“ büffeln, zu der man nur nach einer strengen Prüfung zugelassen wird. Am unteren Rand des gesellschaftlichen Ansehens rangiert körperliche Arbeit, die oft schon als Strafe angesehen wird. Eine Berufsausbildung im Betrieb gibt es in Frankreich fast nicht, sondern nur in berufsbildenden Gymnasien, die man mit einem „Bac pro“ abschließt. Doch dieser Weg wird als drittklassige Ausbildung angesehen, die vor allem für Jugendliche aus sozialen Problemvierteln bestimmt ist. Als der sozialistische Präsident François Mitterrand 1981 das Ziel verkündete, dass 80 Prozent eines Schülerjahrgangs das Abitur ablegen und damit die Hochschulreife erlangen sollen, war das sicher gut gemeint, doch das Ergebnis ist ernüchternd. Davon zeugte die jüngste PISA-Studie der OECD, deren Ergebnisse Ende 2013 veröffentlicht wurden und bei der die „Grande Nation“ auf blamablen Plätzen landete. Doch fast noch schlimmer ist für die französische Öffentlichkeit, dass sich die Positionen seit der ersten PISA-Studie sämtlich verschlechtert haben. Lag Frankreich 2003 bei den Naturwissenschaften auf dem 13. Rang, so war es 2012 der 26., bei Mathematik fiel das Land vom 16. auf den 25. Platz zurück und beim verstehenden Lesen vom 17. auf den 21. Platz. Darüber hinaus verweist die Studie auf zahlreiche Schwachstellen. So gehört Frankreich zu den Ländern mit der schlechtesten Disziplin an den Schulen. Es mangelt an Konzentration und Aufmerksamkeit und jeder zweite Schüler klagt darüber, dass ihn Unruhe oder Lärm in der Klasse daran hindern, den Unterricht zu verfolgen. Kritisiert wird auch das System der Noten. In Frankreich erhält der Schüler eine Punktzahl auf einer Skala von 0 bis 20. Das sei „undurchsichtig“ und gebe keine klare Auskunft. Eine Einschätzung der Lehrer fehlt völlig, denn gegen alle Versuche, eine „Evaluierung“ ihrer Arbeit einzuführen, haben sich die Gewerkschaften massiv und mit Erfolg gewehrt. Am Geld liegt es nicht, dass Frankreich so schlecht abschneidet, konstatieren die Bildungsexperten der OECD, die die Zahlen ausgewertet haben und die mit anderen Ländern vergleichen können. Es werde nicht zu wenig in die Bildung investiert, aber die Mittel seien nicht immer optimal eingesetzt. Genau dasselbe hat 2013 auch der französische Rechnungshof in einer Untersuchung des Bildungssektors festgestellt. Die Probleme liegen tiefer. So gibt es bei der Lehrerausbildung in Frankreich keine praktischen Übungen vor echten Klassen. Denen begegnen junge Lehrer, die ihre Karriere in der Regel in einer „Problem-Schule“ in einer sozial schwierigen Vorstadt beginnen, erstmals im Berufsalltag. Auch stehen ihnen keine älteren und erfahrenen Pädagogen als Tutoren zur Seite; regelmäßige Weiterbildung für Lehrer ist in Frankreich das „fünfte Rad am Wagen“. So ist es nicht verwunderlich, dass jeder zehnte junge Lehrer schon nach weniger als fünf Berufsjahren das Handtuch wirft und der Volksbildung den Rücken kehrt, um sich einen anderen Job zu suchen. Weil immer mehr Schüler allein mit dem gebotenen Unterricht nicht das Ziel der Klasse erreichen, boomt das Geschäft mit Nachhilfeunterricht. Auf der Strecke bleiben die, die sich so etwas nicht leisten könne. Von fünf Schülern aus einem „sozial benachteiligten Milieu“ hat in Frankreich nur einer Aussicht, die Schule mit Erfolg abzuschließen, schätzen die OECD-Experten in der PISAStudie ein. Von Studie zu Studie haben sich die Ungleichheiten verstärkt, konstatieren die Bildungsexperten. Zu diesem Schluss kommen auch Kritiker im eigenen Land, die sich jetzt durch die Studie bestärkt sehen. „Das ganze System ist auf die Eliten ausgerichtet und bröckelt immer schneller am unteren Rand“, schätzt beispielsweise JeanPaul Brighelli ein, der in Marseille Literaturlehrer für „Vorbereitungsklassen“ ist und der über das französische Schulsystem ein Buch mit dem bezeichnenden Titel „Fabrik der Idioten“ geschrieben hat. „Sicher wurde früher zu viel auswendig gelernt, aber in den letzten Jahren ist man ins andere Extrem verfal- Die Woche im Medienspiegel der len“, meint er. „Bevor sich die Schüler den Stoff in kreativer Selbstständigkeit selbst erschließen können, müssen ihnen die Grundrechenarten, die Regeln der Rechtschreibung oder die Arbeit mit Nachschlagewerken und anderen Quellen in Fleisch und Blut übergegangen sein.“ Neues Deutschland, 11.4.2014 „Viele Eltern sind genauso überfordert wie die Jugendlichen selbst“ Schulsozialarbeiterin Stefanie Konrad erklärt, warum Schüler mit den Möglichkeiten ihrer Handys oft überfordert sind Rangeleien auf dem Schulhof gibt es zwar immer noch, ein Großteil der Auseinandersetzungen zwischen Schülern wird inzwischen allerdings auf dem Handy ausgetragen. Stefanie Konrad, Sozialarbeiterin an der Sechslindenschule, hat mit SZ-Redakteur Sebastian Korinth darüber gesprochen, wie eine auf den ersten Blick harmlose App so manch einem Schüler das Leben schwer macht und in welchen Fällen sie trotzdem sinnvoll sein kann. Gibt es an der Sechslindenschule überhaupt noch einen Schüler, der kein Smartphone hat? Ja, natürlich. In Klasse 5 gibt es ganz viele Schüler, die kein Smartphone haben – ein Handy aber natürlich schon. Die Mehrheit ist auch noch nicht bei Facebook aktiv. In Klasse 6 gibt es dann allerdings einen Schnitt: Da gibt es pro Klasse dann nur noch wenige Schüler ohne Smartphone und der Rest ist schon sehr aktiv. Dabei ist Whatsapp zum Beispiel erst ab 16 Jahren freigegeben. Whatsapp ist ja nun grundsätzlich nichts, bei dem man sich besorgt fragt: Ob das jetzt das Richtige für mein zwölfjähriges Kind ist? Wo liegen die Probleme dabei? Unsere Schüler sind oft mit der Frage „Wo gehe ich zu weit?“ überfordert. Mit ihren Smartphones machen sie Fotos, drehen Videos und verschicken Sprachnachrichten. Die Hemmschwelle ist dabei sehr gering: Ich stehe nicht mehr jemandem gegenüber und kommentiere sein Aussehen, seinen Kleidungsstil oder seine Art, sondern ich schreibe das einfach unter ein Foto, das ich von einem Mitschüler gemacht habe, und dann verschicke ich das weiter an jemanden, der es möglicherweise wieder weiterverschickt. So entsteht eine Kettenreaktion, aber denjenigen, die so etwas machen, ist oft nicht bewusst, was sie damit eigentlich anrichten. Die Schüler wissen auch oft nicht, dass es ein Recht am eigenen Bild gibt. Die denken oft, dass sie jeden fotografieren und das Foto an andere verschicken dürfen. Es kommt zwar noch vor, dass auf dem Schulhof jemand beleidigt wird und die anderen drumherum stehen. Aber solche Probleme gibt es inzwischen häufiger in Facebook-Gruppen oder bei Whatsapp. Ab welchem Alter melden sich Schüler bei Facebook an? Die ersten melden sich in der vierten Klasse an. Ab Klasse sechs sind es nur vereinzelte Schüler, die dort nicht drin sind. Ich habe auch eine Facebook-Seite von der Schulsozialarbeit. Dort hatte ich im vergangenen Jahr eine Anfrage von einer Schülerin aus Klasse zwei. Da habe ich dann schon gedacht: Halt mal! Aber das ist wirklich die ganz große Ausnahme. Wie oft kommt es denn vor, dass jemand bei Ihnen auftaucht und sagt: „Ich habe mitbekommen, das gewisse Dinge über mich die Runde machen. Ich weiß aber nicht, was ich dagegen machen soll.“? Schon oft. Täglich wäre zu viel gesagt, aber zwei- bis dreimal pro Woche gibt es das schon, dass Schüler erzählen, dass sie Streit haben, weil jemand etwas hochgeladen hat. Dabei geht es nicht darum, dass jemand systematisch fertig gemacht wird. Das Problem ist meistens, dass jemand ein Bild verschickt hat, ohne den Betroffenen zu fragen. Wenn wir dann die Schüler dazuholen, die das gemacht haben, dann sagen die: Ich habe gar nicht gewusst, dass du das nicht willst. Und die sind dabei glaubwürdig? Ja. Wie gesagt: Ihnen ist oft einfach nicht bewusst, wie schnell sich ein Foto weiter verbreitet oder wie schnell es ins Internet gelangt. Ihnen ist nicht klar, dass jeder das Foto speichern und verändern kann und dass man die Veröffentlichung irgendwann nicht mehr rückgängig machen kann. Was machen Sie in einem solchen Fall? In erster Linie geht es darum, das Bild aus Whatsapp oder Facebook zu entfernen und auch auf den Handys zu löschen. Wenn ganz viele Schüler betroffen sind, führen wir Gespräche mit der Klasse. Wenn es über einen längeren Zeitraum geht, holen wir die Eltern mit ins Boot. Je nach Schwere des Falls ist es ja deren Entscheidung, ob sie den Täter anzeigen. Auch das hatten wir schon. Worum ging es dabei? Damals gab es eine geschlossene Facebook-Gruppe, in der sich Schüler über einen ganz langen Zeitraum über jemand anderes ausgelassen haben. Da hieß es: „Der hat heute das und das gemacht. Guckt mal, was der anhatte.“ Irgendwann hat ein Kind, das mit in die Gruppe aufgenommen wurde, gesagt: Das reicht jetzt mal. Er hat den Inhalt ausgedruckt und mit in die Schule gebracht und dann waren ja auch die Namen der Verantwortlichen klar. Haben Sie es oft mit Wiederholungstätern zu tun? Eigentlich nie. Wenn es mal eine brenzlige Situation gab, haben die Betroffenen das auch verstanden. Das Ziel ist auch, diejenigen die schon einmal Täter waren, zu sensibilisieren. Denen sagen wir: Ihr habt Verantwortung. Wenn ihr das bei anderen mitbekommt, solltet ihr einschreiten. Das funktioniert meistens gut. Die Woche im Medienspiegel der Wissen die Eltern eigentlich, was ihre Kinder bei Whatsapp und bei Facebook treiben? Meine Erfahrung ist, dass viele Eltern genauso überfordert sind wie die Jugendlichen selbst. Die Erwachsenen machen den Fehler, dass sie davon ausgehen, dass ihre Kinder die Möglichkeiten so nutzen wie sie selbst – als schnellen Kommunikationsweg im positiven Sinne. Die Gefahren, die das mit sich bringt, sind den Eltern oft nicht bewusst. Das fängt bei den Sicherheitseinstellungen bei Facebook an und hört bei der Rechtslage auf. Ich höre zwar immer wieder mal den Wunsch nach einer Veranstaltung zu diesem Thema, aber als wir die im vergangenen Jahr angeboten haben, war die Resonanz nur gering. Wo kann man denn aus Ihrer Sicht ansetzen, um das Problem in den Griff zu kriegen? Am besten schon mit Präventionsarbeit in der Grundschule, auf jeden Fall aber in Klasse 5. Denn dort sind es die Wenigsten, die mit Whatsapp oder Facebook Erfahrung haben. Grundsätzlich sollte jede Klasse aufgeklärt werden. Das ist zwar viel Arbeit, aber das kriegt man hin, indem man Angebote von außen in die Schule holt. Wir arbeiten zum Beispiel mit der Kinder- und Jugendagentur Jumax in Sigmaringen und mit der Polizei zusammen. Würden Sie Jugendlichen prinzipiell vom Umgang mit Whatsapp und Facebook abraten? Nein. Die Schüler wachsen damit auf, in ihrem Alter gehört das ganz klar dazu. Wenn sie richtig mit den Möglichkeiten umgehen, hat auch niemand etwas dagegen. Nutzen die Jugendlichen die Apps auch positiv? Ja. Sie können einfach Kontakt zu Freunden halten. Ist ein Schüler krank, teilen sie ihm über Whatsapp ganz schnell mit, was Thema in der Schule war. Übrigens nutzen meine Kollegen vom Kinder- und Jugendbüro auch Facebook für ihre offene Jugendarbeit. Die machen dort Werbung für ihre Veranstaltungen, weil sie die Jugendlichen über Facebook am schnellsten und am einfachsten erreichen können. Der klassische Flyer hat nahezu ausgedient. Wie ist der Umgang mit Handys an der Schule generell geregelt? Es gibt ein Handyverbot auf dem gesamten Schulgelände. Von Unterrichtsbeginn bis Unterrichtsende, auch auf dem Pausenhof und auch in der Mittagszeit. Am liebsten ist uns, das Handy bleibt ganz zu Hause. Fakt ist aber auch, dass das Verbot sehr schwer umzusetzen ist. www.schwaebische.de, 13.4.2014 Deshalb sind Bayerns Schüler besser Können bayerische Schüler mehr als ihre Altersgenossen in NRW? Ist ein Abi in München „mehr wert“ als eines in Köln oder Dortmund? Ein Schulvergleich fällt nicht selten zugunsten des Freistaats aus. Essen. Wann immer die Leistungen von Schülern in NRW und Bayern verglichen wurden, lag Bayern vorn. Nur beim Ganztag und bei der Zahl der Schüler, die die Hochschulreife erreichen, kann NRW punkten. Bayern verzeichnet weniger Absteiger und gibt viel mehr Geld für Schulen und Schüler aus. Ein fairer Verglich fällt schwer. „Mir san mir“ ist so ein satter bajuwarischer Spruch. Bayern sind eine Klasse für sich. Extraklasse, sozusagen. Die Nummer eins. Im Fußball und auf anderen Feldern. Schon zu Franz-Josef Strauß’ Zeiten wurde im Freistaat zünftig über das „NRW-Abitur“ gelästert. Gesamtschulen sind in Bayern noch immer so selten wie Gamsbartträger in Gelsenkirchen. Bayern und NRW gehen schulpolitisch getrennte Wege. Ein Vergleich der Systeme ist schwierig und ideologielastig. „Der bayerische Weg ist in Deutschland einzigartig“, schwärmt Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU). Stützen die Fakten sein Selbstbewusstsein? Wann immer die Leistungen von Schülern in Bayern und NRW verglichen wurden, lag Bayern vorn: Viertklässler konnten besser rechnen, lesen und schreiben. Neuntklässler waren spitze in Mathe, Naturwissenschaften, Deutsch, Englisch und Französisch. Drei Bundesländer-Vergleichstests gab es seit 2009, und NRW war bestenfalls Mittelmaß. „Bayern liegt in allen wesentlichen Bereichen auf Spitzenplätzen“, lobt Werner Wiater, Schulpädagoge an der Uni Augsburg. Bayerns Lehrer verdienen besser Sein Kollege (und Rivale) Klaus Klemm, Bildungswissenschaftler aus Essen, will das nicht so stehen lassen. „Dass es Bayern besser macht, ist wissenschaftlich nicht zu belegen“, meint er. „Wenige Fächer wurden getestet und wenige Jahrgänge. Wir haben also keine Ahnung, wie Kinder aus den zweiten, sechsten oder achten Klassen abschneiden. Und wir wissen nichts über die Leistungen zum Beispiel in Geschichte, Latein, Kunst, Musik.“ Aber Klemm gibt zu: „Dort, wo Leistung gemessen wurde, sind die Bayern deutlich besser.“ Ganz eindeutig geht der Vergleich aus, wenn es ums Geld geht. Da kann das arme NRW keinen Blumentopf gewinnen. Bayern gibt viel mehr Geld für Schüler, für Lehrer und Unsummen für moderne Schulgebäude aus – 20 Prozent mehr pro Schüler und Jahr. „Besonders viel fließt in die Grundschulen. Aber auch in Sozialarbeit, Sprachförderung, in die Zusammenarbeit mit Jugendämtern und Arbeitgebern. Bayern fördert gute und schwache Schüler mehr als andere Länder“, so Werner Wiater. Übrigens: Lehrer verdienen in Bayern mehr. Bis zu 4000 Euro im Jahr. Das Leben ist aber mancherorts auch teurer als in NRW. In bayerischen Klassen sitzen im Schnitt zwei Schüler weniger als in NRW. Unterrichtsausfall ist in Bayern kein großes Thema. In NRW schon, aber hier will das Land gar nicht erst prüfen lassen, wie viel Unterricht ausfällt. Zu teuer, zu viel Aufwand, heißt es. Über G8, also die verkürzte Schulzeit an Gymnasien, Die Woche im Medienspiegel der wird in beiden Ländern gestritten, in Bayern sogar noch viel heftiger. Im ideologischen Urwald Mittelschule (so heißt die Hauptschule in Bayern), Realschule, Gymnasium – so überschaubar ist das in Bayern, ausgeschmückt mit diversen Berufsober- und Fachoberschulen. „Sind diese drei klaren Wege nicht besser?“, fragt Professor Wiater. Aber seine Frage führt mitten hinein in den ideologischen Urwald. Halten wir uns lieber an die Fakten. In Bayern ist der schulische Aufstieg – zum Beispiel von der Realschule ins Gymnasium – leichter als in anderen Ländern. Wer hätte das gedacht! Während die Gruppe der Auf- und der Absteiger zwischen Würzburg und Oberstdorf in etwa gleich groß ist, kommen in NRW auf einen Aufsteiger fast sechs Absteiger. Mehr als vier Prozent der Schüler in der Sekundarstufe 1 wechselten 2011 in Bayern die Schulform. In NRW nur 1,8 Prozent. Der Aufstieg hat in Bayern aber einen Preis: Etwa jeder Zweite bezahlt ihn mit einer Klassenwiederholung, gibt die Bochumer Bildungsforscherin Gabriele Bellenberg zu bedenken. Ihr Kollege Wiater aus Augsburg spielt noch einen Trumpf für den Freistaat aus: „Bayern ist dem Ziel ,Kein Abschluss ohne Anschluss’ verpflichtet. Jeder hat eine Chance, seine Qualifizierung zu verbessern, zum Beispiel in einer Berufsoberschule. Und es gibt viele Wege, die zum Abitur führen. So haben an der Uni Augsburg 44 Prozent der Studierenden nicht den Weg über das gymnasiale Abitur genommen.“ In der Grundschule wird gesiebt Junge Bayern mit Mittelschulabschluss (also Hauptschule) finden viel leichter einen Ausbildungsplatz als Hauptschüler in NRW. Der Einwand: Kunststück in einem Land mit annähernd Vollbeschäftigung. Vergleichsweise hart ist die Grundschulzeit in Bayern. Denn dort wird fleißig gesiebt. Ein geforderter Notenschnitt von 2,66 (für die Realschule) und 2,33 (für das Gymnasium) stresst Kinder und Eltern. Dennoch schaffen viele Schüler (40 Prozent) den ersehnten Sprung aufs Gymnasium. Klaus Klemm nennt zwei mögliche Erklärungen: „Entweder ist das Leistungsniveau dort tatsächlich sehr hoch. Oder die Lehrer neigen dazu, gute Noten zu geben, um den Kindern nicht die Chancen zu nehmen.“ Und wo schneidet NRW besser ab? Erstens beim Ganztag. Der steckt in Bayern noch in seinen Anfängen fest. Zweitens punktet Nordrhein-Westfalen bei der sozialen Gerechtigkeit. Laut dem letztjährigen „Chancenspiegel“ der Bertelsmann-Stiftung, erstellt von dem Dortmunder Bildungsforscher Wilfried Bos, ist die Chance für Arbeiterkinder in Bayern, aufs Gymnasium zu kommen, minimal. Besser gesagt: noch kleiner als in Nordrhein-Westfalen. Zudem führt NRW, dritter Pluspunkt gegenüber dem Freistaat, viel mehr Kinder eines Jahrgangs zur Hochschulreife. Das bedeutet für diese Kinder: größere Chancen auf Studium, auf gute Jobs und ein höheres Einkommen. Für die zunehmende Gier der Wirtschaft nach Fachkräften ist NRW ein gutes Pflaster. Mindestens so gut wie Bayern – und durchaus „Mir san mir“-tauglich. www.derwesten.de, 8.4.2014 Deutschland gehen die Lehrlinge aus Von Christian Füller Das Ausbildungssystem in Deutschland gerät aus den Fugen. Obwohl die Wirtschaft nach Lehrlingen ruft, bleibt eine Viertelmillion ohne Chance auf einen Platz. Die Zahl der Azubis sinkt auf einen historischen Tiefstand. Alle paar Tage ruft die Wirtschaft nach Fachkräften. Ingenieure, IT-Kräfte und selbst Lehrlinge werden aus dem Ausland angeworben - weil Europas Jobmotor Deutschland brummt. Eine Gruppe profitiert davon allerdings wenig: junge Schulabgänger mit mittlerem oder ohne Schulabschluss. Nur noch 530.700 Neuverträge wurden 2013 mit Auszubildenden geschlossen, ein Minus von über 20.000 Verträgen im Vergleich zum Vorjahr. Das zeigt der neue Berufsbildungsbericht, den das Bundeskabinett am Dienstag in Berlin beschließen soll und der SPIEGEL ONLINE vorliegt. Die Zahl der Ausbildungsverträge ist damit auf dem niedrigsten Stand seit 1976 angekommen, ein historisches Tief. Die Bundesregierung winkt den Bericht normalerweise durch. Diesmal jedoch ist die Nervosität der Autoren zu spüren. „Anders als in früheren Jahren können die Vertragsrückgänge nicht auf die konjunkturelle Entwicklung zurückgeführt werden, im Gegenteil: Die konjunkturelle Lage in Deutschland ist gut“, heißt es. Was also drückt das duale System von betrieblicher Lehre und Berufsschule auf diesen Tiefstand? Das ganze erweiterte Ausbildungssystem scheint aus dem Lot geraten zu sein. Die betriebliche Lehre hat starke Konkurrenz bekommen. Auf der einen Seite wandern die am besten qualifizierten Schüler nach oben in die Hochschulen ab, die in den vergangenen Jahren enorm expandiert haben. Seit 2011 gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Studienanfängern und neuen Auszubildenden: Damals nahmen, auch wegen der Umstellung auf die verkürzte Gymnasialzeit in vielen Bundesländern, erstmals mehr junge Menschen ein Studium als eine Berufsausbildung auf. Andererseits wählen bildungsferne Jugendliche oft den direkten Weg in das sogenannte Übergangssystem. Dort gibt es unzählige Maßnahmen, von der Berufsgrundbildung über Einstiegsklassen bis hin zu Bewerbungstrainings. 160.000 Schulabsolventen trainierten allein 2013 in den Ersatzmaßnahmen denn sie sollen eigentlich auf den ersten Lehrlingsmarkt. Die Woche im Medienspiegel der Der Konstanzer Politikwissenschaftler Marius Busemeyer sieht die duale Ausbildung in einer strukturellen Krise. Kleinen Betrieben falle es immer schwerer, Jugendliche zu begeistern - vor allem für Handwerksberufe. Die Berufsbildungspolitik habe zu sehr die Interessen der exportorientierten Großindustrie im Blick. „Das führt dazu, dass Ausbildungsberufe immer anspruchsvoller werden und auch stärker auf die speziellen Bedürfnisse von Großunternehmen zugeschnitten sind“, sagte Busemeyer. „Das überfordert viele Jugendliche, aber auch kleine Ausbildungsbetriebe.“ Tatsächlich ist die Quote der ausbildenden Betriebe auf dem tiefsten Stand seit 15 Jahren gesunken - es bildet nur noch jedes fünfte Unternehmen aus; Mitte der Nullerjahre war es noch jedes vierte. Nach wie vor bereitet den Experten ganz besonders das Übergangssystem Kopfzerbrechen. Eigentlich ist es für Schulversager gedacht, tatsächlich finden sich dort aber nur 19 Prozent ohne Schulabschluss. 77 Prozent der jugendlichen Schulungsteilnehmer haben aber einen Haupt- und Realschulabschluss. Insgesamt hängen im Übergangssystem 260.000 Jugendliche. Die Autoren des Berufsbildungsberichts beobachten nun „eine Abflachung des Rückgangs“, auf Deutsch: Das Übergangssystem stabilisiert sich. Es hat sich neben den Hochschulen und der dualen Ausbildung gewissermaßen als eigene Säule der Berufsbildung etabliert, nur dass es dort eben keinerlei Abschluss gibt. Die Situation ist vertrackt. Während Zigtausende Jugendliche auf eine Lehrstelle warten oder trainieren, gibt es zeitgleich in den Unternehmen noch über 33.000 unbesetzte Ausbildungsplätze. Die sind dann meistens in einer anderen Region oder einer anderen Branche. Besonders unbeliebt ist die Gastronomie, wo zwischen 42 Prozent und 50 Prozent der Lehrlinge den Job hinschmeißen, bei Koch-Azubis etwa 48 Prozent. Die am stärksten überlaufenen Berufe waren 2012 und 2013 Tierpfleger sowie Gestalter für visuelles Marketing und Medien. Gewerkschaften knüpfen „Allianz für Ausbildung“ an Bedingungen Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft warnte angesichts der Zahlen davor, das duale System unterzubewerten. Die berufliche Bildung in den Betrieben sei unverzichtbar sowohl für die gesellschaftliche Integration der Jugendlichen als auch für die Innovationskraft der Wirtschaft. „Durch die Akademisierung nimmt das Potential guter Schüler für das Lehrlingswesen ab“, sagte er. „Die Wirtschaft benötigt sowohl die Akademiker als auch gut qualifizierte Fachkräfte.“ Daher sei es umso wichtiger, die Pisa-Risikogruppe zu verkleinern und das Potential junger Erwachsener ohne Berufsbildung zu erschließen. Auch die Gewerkschaften sind beunruhigt. „Die Betriebe haben sich an eine Bestenauslese gewöhnt und geben Jugendlichen mit Hauptschulabschluss von vorneherein keine Chance mehr“, sagt Elke Hannack, Vizevorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Sie pocht auf die Ausbildungsgarantie, die im Koalitionsvertrag versprochen worden war. Hierfür verlangte Hannack Vorleistungen und Investitionen, sonst würden sich die Gewerkschaften nicht an der geplanten neuen „Allianz für Ausbildung“ beteiligen. Die Bundesregierung ist mit der Ausbildungsgarantie noch ganz am Anfang. „Der Diskussionsprozess zum Konzept, zu möglichen Zielen und Inhalten einer neuen 'Allianz für Aus- und Weiterbildung' hat begonnen. Inhaltliche Festlegungen sind bisher noch nicht vereinbart worden“, sagte ein Sprecher Sigmar Gabriels. Gleiches gelte für die Umsetzung der „Ausbildungsgarantie“. Als ein praktisches Modell, um kleineren Betrieben bei der komplizierten Lehrlingssuche zu helfen, schlägt der Gewerkschaftsbund eine assistierte Ausbildung vor. Es soll eine Art Azubi-Manager geben, der mehreren kleinen Betrieben hilft, die richtigen Bewerber zu finden. Auch soll es möglich werden, als Azubi erst ein Jahr überbetrieblich fit gemacht zu werden und dann direkt ins zweite und dritte Lehrjahr im Betrieb einzusteigen. „Die jungen Menschen sollen eine Chance auf einen Ausbildungsabschluss bekommen“, sagte Hannack. SPIEGEL online, 7.4.2014 Angst, einen Mythos zu schlachten Die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle an der reformpädagogischen Odenwaldschule kommt schleppend voran. Weshalb ausgerechnet aus dem Thurgau Schub kommt, erklärt Erziehungswissenschafter Damian Miller. Herr Miller, die Pädagogische Hochschule Thurgau hat eine Tagung zur Odenwaldschule mit allen relevanten Beteiligten abgehalten und Sie geben nun ein Buch dazu heraus. Braucht es 300 Kilometer Distanz, um bei solchen Verbrechen, wie sie an der Odenwaldschule verübt wurden, genau hinschauen zu können? Damian Miller: Anscheinend braucht es diese Distanz. Es ist für mich schwierig zu beurteilen, was genau vor Ort vor sich geht. Mir fällt aber auf, wie schnell zur Rehabilitation der theoretischen Grundlagen aufgerufen worden ist. Es hat Tagungen und Veranstaltungen gegeben, an denen es darum ging, den Kern der Reformpädagogik zu retten. Trägt denn die Reformpädagogik Schuld an den Vorfällen an der Odenwaldschule? Miller: Ohne Forschung kann man diese Frage nicht seriös beantworten. Als Ursache kann man sie sicher nicht bezeichnen. Ich halte es jedenfalls für ein schlechtes Zeichen, wenn Vertreter einer Disziplin sofort in Verteidigungsstellung gehen und keinen kritischen Diskurs wollen. Was macht die Missbrauchsfälle an der Odenwaldschule hier in der Region zum Thema? Die Woche im Medienspiegel der Miller: Alle Heime – ob Kinder-, Alters-oder Behindertenheime – sind heute stärker sensibilisiert. Überall da, wo eine persönliche Nähe zwischen Erwachsenen und Kindern, zwischen Erwachsenen und Abhängigen zum Kerngeschäft gehört, besteht eine Gefahr. Missbrauchsvorwürfe wurden beispielsweise an der Klosterschule in Fischingen im Kanton Thurgau erhoben. So ist die Odenwaldschule ein Thema für jede Region. Sehen Sie Parallelen zwischen dem Fall Fischingen und dem Fall Odenwaldschule? Miller: Der Fall der Odenwaldschule ist diesbezüglich beispiellos. Wegen der Menschen, die als pädagogische Leitfiguren galten, die sogar mit dem „pädagogischen Eros“ die Übergriffe rechtfertigten, und gleichzeitig pädokriminell handelten. Zudem haben sie ihr Handeln mit allen Mitteln vertuscht und wurden von oberen Instanzen in Ruhe gelassen – das ist einzigartig. Sie kritisieren die Aufarbeitung der Vorfälle an der Odenwaldschule. Was fehlt? Miller: Ein multidisziplinär erfahrenes Team zur Aufarbeitung. Es braucht Forensiker, Historiker, Organisationsfachleute, Soziologen und Psychologen. Die Geschichte der Pädagogik muss überarbeitet werden. Der Fall der Odenwaldschule weist weit über sich hinaus. Inwiefern? Miller: Es geht auch darum, wie eine Disziplin mit einem solchen Totalschaden und wie eine Gesellschaft mit Pädokriminalität umgeht. Weshalb tut man sich mit der Aufarbeitung so schwer? Miller: Weil man reformpädagogische Gedankenfiguren, die zu Mythen stilisiert wurden, verwerfen müsste. Aber man sieht ja auch bei Verdingkindern und administrativ Versorgten, wie schleppend die Aufarbeitung vorangeht. Es heisst, wegen der öffentlichen Aufmerksamkeit sei zurzeit keine Schule so sicher wie die Odenwaldschule. Würden Sie Ihre Kinder an diese Schule schicken? Miller: Nein. Jedes Tierheim mit so viel Gewalt wäre längst geschlossen worden. Die Schule hat aber viele Massnahmen getroffen, um weitere Vorfälle zu verhindern. Reicht das nicht? Miller: Das ist reine Kosmetik. An der Odenwaldschule leben die Lehrer immer noch mit ihren Schülern im gleichen Haus, in sogenannten OSO-Familien. Entwicklungspädagogisch ist es fragwürdig, Pubertierende strukturell in eine solche Nähe zu zwingen. Was interessiert Sie als Wissenschafter am Fall der Odenwaldschule? Miller: Wir bewegen uns bei diesem Thema an einer eigenartigen Schnittstelle. Einerseits haben wir die Pädokriminalität und andererseits einstürzende Denk- mäler der Pädagogik. Das macht das ganze ziemlich delikat. Das Thema eignet sich aber sicher nicht, um eine akademische Karriere voranzutreiben und um Lorbeeren zu ernten. Was treibt Sie stattdessen an? Miller: Ich hoffe, dass wir mit diesem Buch einen Beitrag zur Aufarbeitung leisten können. Es gibt Bücher und Filme zum Fall der Odenwaldschule, auch die Medien haben immer sehr ausführlich berichtet. Das Buch soll helfen, den Diskurs am Laufen zu halten und mit neuen Perspektiven anzureichern. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie zum ersten Mal von den Vorfällen an der Odenwaldschule hörten? Miller: Ich habe mich im Jahr 2000 im Rahmen meiner Dissertation mit Texten der Reformpädagogik zum „Pädagogischen Bezug“ beschäftigt. Damals hatte ich ein seltsames Gefühl, wenn vom pädagogischen Eros oder einem leidenschaftlichen Verhältnis zwischen Erzieher und Zögling die Rede war. Aber ich hätte nie gedacht, dass das ernst gemeint sein könnte. Als mir das klar wurde, war ich sehr irritiert. Mit welcher Folge? Miller: Ich bin zu einem Dogmaskeptiker geworden. Was heute mit Absolutheitsanspruch auftritt, veranlasst mich zur Dekonstruktion. Die Auseinandersetzung hat mich vorsichtiger und sensibler gegenüber Machtmissbrauch gemacht. Und mein Bewusstsein für demokratische Verfahren geschärft: Jede Generation muss dafür kämpfen, die Demokratie zu erhalten. Die Fälle um die Vergabepraxis bei IT-Projekten des Bundes bestätigen, dass der naive Glaube ans Gute im Menschen nicht weiterhilft. Wer Macht hat, muss von unabhängiger Seite kontrolliert und zur Rechenschaft gezwungen werden. Wie standen Sie vorher zur Reformpädagogik und zur Odenwaldschule? Miller: Als Student und junger Lehrer bin ich von den Idealen angetan gewesen und habe diese Abhandlungen mit grossem Interesse gelesen. Wir haben uns mit den Schriften von Hartmut von Hentig, dem Lebenspartner des OdenwaldDirektors Gerold Becker, beschäftigt und gefunden, das sei ein Leuchtturm der Pädagogik. Wir waren der Ansicht, so müsste Schule sein. Nun sind wir wohl am Ende dieser Täuschung angelangt. www.tagblatt.ch, 9.4.2014 50.000 Schoah-Interviews nun auch in Wien Zeitzeugen und Zeitzeuginnen des Holocaust interviewen und filmen: Diese Idee wurde vor 20 Jahren auf Initiative des Regisseurs Steven Spielberg umgesetzt. Mehr als 50.000 dieser Video-Gespräche gibt es mittlerweile, ab sofort stehen sie auch an der Universität Wien zur Verfügung. Die Woche im Medienspiegel der Während der Dreharbeiten zu Spielbergs „Schindlers Liste“ im polnischen Krakau äußerten zahlreiche Zeitzeugen des Nationalsozialismus den Wunsch, ihre Erinnerungen auf Video festzuhalten. Der Regisseur gründete daraufhin eine gemeinnützige Organisation, die die Berichte von Überlebenden des Holocaust und anderer Zeitzeugen für zukünftige Generationen sammelt und archiviert. Heute umfasst das Archiv der Shoah Foundation der University of Southern California mehr als 120.000 Aufnahmestunden. In zahlreichen Ländern gibt es lokale Zugangspunkte zu dem Archiv, nun auch an der Uni Wien. Der Historiker Markus Stumpf, Leiter der Fachbereichsbibliothek des Instituts für Zeitgeschichte, ist dafür verantwortlich. science.ORF.at: Die Universität Wien ermöglicht ab sofort den Zugang zur ZeitzeugInnen-Video-Datenbank der University of Southern California Shoah Foundation. Wie ist es zu dieser Kooperation gekommen? Markus Stumpf: Wir bemühen uns schon lange um einen Zugang zu diesem wichtigen Archiv. Zunächst war die Idee, sich an die Freie Universität Berlin anzuschließen, die das Visual History Archive schon länger nützt. Nachdem das nicht funktioniert hat und andere Kooperationsversuche auch gescheitert sind, hat dann erfreulicherweise die Universitätsbibliothek das Geld für den Vollzugang zur Verfügung gestellt. Ist das Visual History Archive weltweit einzigartig? Das Archiv ist einzigartig und wird deswegen auch von vielen Institutionen genützt. Dort finden sich fast 52.000 Aufzeichnungen von Interviews mit Verfolgten der NS-Zeit, und alleine schon diese Größenordnung macht die Sache einzigartig. Das sind fast 120.000 Stunden an Aufnahmen. Mit wem und wo wurden die Interviews geführt? Der Schwerpunkt liegt auf Erfahrungsberichten von Überlebenden der Schoah. Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas und politisch Verfolgte wurden für das Archiv interviewt. Diese 52.000 Interviews wurden in 56 Ländern gemacht, in mehr als 30 Sprachen. Aus Österreich stammen in etwa 200 Interviews. Der größte Anteil stammt aus den USA, Israel, Australien und Kanada, also aus jenen Ländern, in die sich die meisten Überlebenden der Schoah geflüchtet haben. Es finden sich auch einige Interviews mit Überlebenden des Genozids in Ruanda vor 20 Jahren und des Massakers von Nanking Ende der 1930er Jahre. Der überwiegende Teil stammt jedoch von Überlebenden des Nationalsozialismus. Warum ist es so wichtig, diese Interviews machen, zu bewahren und vor allem sie in videografischer Form zu erhalten? Gerade die Erzählungen der Überlebenden ist wichtig für die Erinnerungskultur. Eine Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte ist auf diese Weise möglich, auch jenseits von Universität und Wissenschaft. Deswegen ist es ganz wesentlich, dass diese Interviews auch zukünftigen Generationen zur Verfügung stehen. Dass diese Interviews als Videos vorhanden sind, ist auch für die Wissenschaft wichtig. Tonlage, Gesichtsausdruck, Pausen - alle diese Dinge erschließen dem Wissenschaftler weitere Bedeutungsebenen, die in rein schriftlicher Form nicht ersichtlich wären. Welche neuen Forschungsfragen können anhand des Videoarchivs bearbeitet werden? Gerade für wissenschaftliche Arbeiten von Studenten und Studentinnen ist das Archiv als neue Quelle von großer Bedeutung. Forschungsvorhaben mit Zeitzeugen waren bis dato immer mit der Notwendigkeit zu reisen verbunden. Das ist nicht nur zeit-, sondern auch kostenintensiv. Hinzu kommt, dass nur mehr sehr wenige Zeitzeugen am Leben sind. Für die Zeitgeschichte werden ihre Zeugnisse aber auch in Zukunft eine Rolle spielen. Und eines kommt hinzu: An der Universität Wien muss die Geschichtsaufarbeitung eine zentrale Rolle spielen, nicht nur des Landes, sondern auch der Institution selbst. Das passiert etwa im Gedenkbuch der Universität Wien. Die Namen der vertriebenen Studierenden wurden mit Daten aus dem Visual History Archive abgeglichen und die entsprechenden Informationen in das Gedenkbuch eingearbeitet. Die Rolle von Zeitzeugen in der Geschichtsforschung ist in den letzten Jahren immer wieder auch kritisch diskutiert worden. Hat sich der Umgang mit Aussagen von Zeitzeugen in der Wissenschaft geändert? Es hat sich verändert. Heute nehmen Historiker viel bewusster wahr, dass die Schilderungen subjektive Erfahrungen wiedergeben. Die Erzählung ist persönlich. Die Aufgabe des Wissenschaftlers ist es natürlich, diese subjektive Sichtweise in ein umfassenderes Bild einzubetten oder damit abzugleichen. Abschließend noch eine technische Frage: Dieses Videoarchiv beinhaltet sehr große Datenmengen. Wie werden diese Daten an der Universität Wien zur Verfügung gestellt? Die Universität Wien hat sich einen Server angeschafft. Die Daten des Videoarchivs werden auf diesem Server aber nur zwischengespeichert, weil es sich um riesige Datenmengen handelt: Wir holen die Daten aus Kalifornien, wenn sie gebraucht werden. Wenn der Server voll ist, werden die Daten, die gerade nicht gebraucht werden, wieder ausgeschieden. Es stehen dann also immer die Daten zur Verfügung, die aktuell gebraucht werden. Fast 100.000 Leute können das Archiv auf diese Weise nutzen und zwar ortsunabhängig. Sie brauchen nur eine IP-Adresse der Universität Wien, um auf die Daten zugreifen zu können. http://science.orf.at/stories/1736550, 8.4.2014 Die Woche im Medienspiegel der International students are turning to proofreading agencies to get support Proofreading agencies are filling an academic support gap in UK universities, raising concerns around policy and plagiarism Ethics of ghostwriting: 'I was asked to write essays for students' International students are paying for their work to be proofread, edited and, in some cases, written entirely, by professional writers and agencies, raising concerns around issues of support and plagiarism. "Most students who ask me for a quotation are from outside the UK and English is their second language," says Louise Harnby, who has been a professional proofreader since 2005. "Many of them simply don't have the access to sufficient language-support services at their university." Harnby says she has experienced an increase in the number of foreign students seeking proofreading support, which she says is in line with the rise in the number of international students studying in the UK – a trend recently proved to be unstable, with figures from the Higher Education Funding Council of England (Hefce) showing the UK experienced a fall in the total number of international students for the first time in 29 years in 2013. Is proofreading classed as cheating? Whether it's acceptable or not for students to use proofreading services to help them with their work has divided academic opinion. Some say the practice is blatant cheating, while others argue that it can help students with weak English language skills and dyslexia. Harnby says: "I don't think most students are trying to cheat – I think they're trying to do the best they can with the language skills they have." Judy Carroll, who runs workshops on deterring students from plagiarism and effective teaching of international students, says that using proofreading services can been seen as cheating and that students should always "go for transparency" when submitting assessed work. She says: "I define cheating as students seeking an unfair learning advantage. If a student is saying, 'Give me credit because I can write grammatically correct and error-free text', then the student is misleading the assessor and seeking an unfair learning benefit as it isn't their skills and their learning that is being judged. "If the student is submitting ideas, arguments, original work, research etc for credit (so, content not text), then using a proofreader seems a very useful thing." Students not getting enough support Carroll, who was formerly educational developer at Oxford Brookes University, says students are "probably not" getting the support they need at universities. A reason for this, she suggests, is because "many have needs that exceed any reasonable ability to meet them, and more than a few wish things to be done for them rather than them getting down and dirty with the hard work of writing!" Proofreading agencies boast of being able to improve grades and offer the academic support which they claim universities have failed to provide. They also empathise with students on the difficulties of studying for a degree in a foreign language. On its website, Cambridge Proofreading LCC states: "If you do not get a significantly improved grade from our proofreading and editing work, we will give you a full refund." Another agency, Oxford Tutors, states: "Most students are being let down by their universities in providing them with adequate tutorial support [...]. This is where we step in!" Others openly say that they will write essays for students. One agency, goodessay-writers.com, claims to provide "100% plagiarism-free papers" for those who "have no time or inspiration". But all this comes at a price. Students can pay anything from £5.45 to £19.35 per 1,00 words for an essay under 80,000 words, depending on their requirements. Up to universities to create proofreading policies Some of the services offered far exceed what universities and some proofreaders would see as legitimate intervention in students' work, but free-market rules apply for the use of these services, and therefore, it's up to universities to police any academic dishonesty. Although most universities have now designed policies on proofreading and copy-editing for students – with many forbidding the use of such agencies, or requiring students to be open about using them – it's still difficult to prove and there is uncertainty about whether universities are willing to act. Julia Molinari, English for Academic Purposes (EAP) tutor and PhD researcher at the University of Nottingham, says there isn't much academics can do about students using these services because "plagiarism software can't detect a ghost text in so far as it is de facto original. It's a bit of a taboo topic, one we tend to gloss over and one that leaves a bitter aftertaste." Alan Smithers, the director of the centre for education and employment research at Buckingham University, says: "I once had a PhD student whose thesis was so much better than her command of English led me to expect, but the Die Woche im Medienspiegel der university (not Buckingham) did not want to get involved in an investigation." Reliance on coursework not helping He suggests the use of proofreading agencies by undergraduates could be "greatly reduced by switching back to actual examinations". He says: "The ever-increasing reliance on coursework is an open invitation to seek external props where you can find them." Kim Shahabudin, study adviser at the University of Reading, says her university does not recommend professional proofreaders because of the "danger that intended meaning may be changed". She says: "We advise international students who are not confident about their academic writing to ask a fellow student, who is a native English speaker, to read through their work with them. This way they learn, self-correct and gain more confidence in their language skills." Following the scandal over alleged plagiarism and the extra assistant given to Saif al-Islam Gaddafi during his PhD at LSE in 2011, the Office of the Independent Adjudicator (OIA) urged universities to develop clear policies on what kind of academic help students were allowed to access. Rob Behrens, the independent adjudicator, says: "Universities need to be rigorous in defining what is permitted, and to set this out clearly. "Buying essays and submitting them as one's own is regarded as academic misconduct. The OIA has reviewed a number of complaints involving both kinds of practice." Do students know where they stand? In the US, the use of external academic support services is more generally accepted, providing students disclose what they've had help with. Australia has gone one step further and had the Australian Standards for Editing Practice (Asep) embedded in universities' degree regulations. around the use of proofreading services – are students clear about what the rules are and whether it's an acceptable level of support? Since the OIA has no plans to establish guidelines in this area, it's down to universities to clarify. Proofreader Louise Harnby says although she doesn't look over students' work without written consent from their supervisors, she would like to see a more "unified policy throughout the UK so that both domestic and foreign students know exactly where they stand." With no hard data, it's hard to say how many students use these services. But what's clear is that not all students believe it's ethical. Victoria Jayne Dovey, a creative writing student at the University of East Anglia, says she has noticed an increase in advertisements on social networking sites boasting copywriting services for students, but that this has never tempted her to use them. She says: "I have never been interested in such a thing despite numerous deadlines and final year stress as it would undermine my past four years of study." On a student forum discussion about using proofreading services, one commenter, who blogged under the name Philbert, wrote: "If you can't be bothered to write your own essays, you shouldn't be at university." Since international students bring in money, and lots of it, and there's no cap on the number of international students that UK universities can recruit, the questions that begs an answer is how universities are going to ensure that they maintain professional integrity and standards, while providing academically sound degrees to the foreign students they recruit. Claire Shaw Guardian Professional, 9 April 2014 Because not every UK university has established guidelines around proofreading – including Coventry University which says that it's now developing a policy Die Woche im Medienspiegel der Zitate: Beim Ausbau der Ganztagsschule sparen: Heinisch-Hoseks Botschaft: „Ich begrüße zwar Nachmittagsbetreuung, aber sie darf nicht auf Kos- „‚Bildung ist nichts wert‘, lautet die traurige Botschaft, die die Unterrichtsministerin mit ihrer Kürzungspolitik zuletzt vermittelt hat.“ ten der anderen Schüler und des Unterrichts eingeführt werden.“ Vorarlberger Nachrichten online am 19. April 2014 Angi Groß, Bundesschulsprecherin, Die Presse online vom 22. April 2014 Freiwillige Nachmittagsbetreuung statt verpflichtender Ganztagsschule: „Bei ganztägigen Schulen kann man sparen – indem man nicht die verschränkte Form forciert. Hort oder Nachmittagsbetreuung sind günstiger.“ „Umnachtung“: „Kürzungen in den ohnehin schon kurzgehaltenen Schulen: So etwas kann einer Partei, die seit 125 Jahren und besonders forsch im Wahlkampf den Wert von Bildung predigt, nur im Zustand politischer Umnachtung einfallen.“ Der Standard online am 18. April 2014 HR Fritz Enzenhofer, Landesschulratspräsident Oberösterreichs, Die Presse online vom 22. April 2014 Chaoswochen im Unterrichtsministerium: „Zuerst redete Heinisch-Hosek ein angebliches Leck bei SchultestDaten klein; dann musste dieses dafür herhalten, dass es vorerst keine Schülerleistungsvergleichstests gibt. Dazu kam das Hin und Her bei der Zentralmatura. Zuletzt tat sie ihre Sparvorhaben kund, brachte Bürokratiereform: „Ist es wirklich sinnvoll, dass fünf Personen überprüfen, ob eine Schule ein Mikroskop um 500 Euro kaufen darf? Müssen Schulversuche auf zig Ebenen genehmigt und eine Reiseabrechnung von fünf unterschiedlichen Stellen unterzeichnet werden? HR Mag. Wilhelm Zillner, Die Presse online vom 22. April 2014 damit auch Parteifreunde gegen sich auf.“ Kurier online am 23. April 2014 Einsparungen ohne Schaden für den Unterricht: „Alle Schulgesetze ‚durchchecken‘, Inseratenkampagnen, ‚Vernetzungstreffen‘ zurückfahren, die Verwaltung – ‚Dauerbevormundung seitens des Minoritenplatzes‘ - beenden. Er spreche gerne über eine höhere Effizienz des österreichischen Bildungssystems, habe aber kein Verständnis für Einsparungen auf Kosten der Zukunft der Kinder.“ Paul Kimberger, Vorsitzender der ARGE LehrerInnen, „Heute“ online am 22. April 2014 Florianiprinzip: „Man kann die Prüfungsgebühren für die Prüfer und Vorsitzenden bei Reifeprüfungen streichen. Die Lehrer hätten damit sicher keine Freude, aber das würde österreichweit Millionen bringen.“ Rudolf Altersberger, LSR-Präsident Kärntens, SPÖ, Kleine Zeitung Kärnten vom 23. April 2014 Man kann das Gehalt der LandesschulratspräsidentInnen halbieren. Die LSR-PräsidentInnen hätten damit sicher keine Freude, aber es brächte auch eine Einsparung. Fangen wir in Kärnten an, Herr Präsident! Die Woche im Medienspiegel der Schulpartner lassen sich nicht auseinanderdividieren: Heinisch-Hoseks „kreative Veränderungen“: „‚Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren und lehnen die Kürzungen im Schulbereich mit allem Nachdruck ab.‘ Unterzeichnet wurde die Aussendung von allen großen Elternorganisationen, Bundesschulsprecherin Angi Groß und den Vorsitzenden der großen Lehrersektionen in der GÖD.“ „Dass die Ministerin Kaputtsparen in Schulen als Möglichkeit für ‚kreative Veränderungen‘ öffentlich zu verkaufen versucht, ist zynisch: Budgetnöte im Bildungsbereich mit Blabla zu kaschieren macht Lehrer, Schüler und Eltern gleichermaßen zu Wutbildungsbürgern.“ Der Standard vom 17. April 2014 ORF online am 18. April 2014 BM Heinisch-Hosek isoliert: Ein Schlag ins Gesicht der Jugend: „‚Es ist so was von unverständlich. Man fühlt sich ohnmächtig.‘ Die geplanten Sparmaßnahmen im Bildungsbereich seien eine ‚Ohrfeige ins Gesicht der Jugend‘.“ Univ.-Prof. Dr. Hans Sünkel, ehem. Vorsitzender der Rektorenkonferenz, Der Standard vom 17. April 2014 Schulen bräuchten Investitionsoffensive: „Die heimischen Schulen brauchen aber nicht nur kein Sparpaket, sondern massive Investitionen. Für diese Erkenntnis braucht man keine Studien zu wälzen, die Leseschwächen als Breitenphänomen outen, dafür reichen Erfahrungsberichte von Eltern und Lehrern.“ Der Standard online am 18. April 2014 Der Bundeskanzler wäre gefragt: „Was tun rote Granden? Sie versuchen, die Malaise schönzureden. Angesichts des Acht-Milliarden-Budgets seien die 57 Millionen, die heuer zu lukrieren sind, Pipifax, argumentiert Klubchef Schieder sinngemäß. SPÖ-Frontmann Faymann sagt vorerst nichts dazu. […] Dabei betont er in jeder Sonntagsrede, dass ‚Investitionen in die Bildung die wichtigsten Investitionen in die Zukunft‘ seien.“ Kurier online am 17. April 2014 „Fast alle Landeschefs haben verstanden, wie wichtig unsere Bildungszukunft ist. Und dass wir mehr und nicht weniger Geld für Schulen und Lehrer brauchen.“ Wolfgang Fellner, „Österreich“ online am 17. April 2014 Jetzt verstehen es auch „ExpertInnen“: „Ein Blick auf unsere ‚Staatsausgaben‘ beweist es: Österreich gibt erschreckend wenig für Bildung aus. […] Österreich ist unter 32 Staaten nunmehr auf dem miserablen Platz 24 bei den öffentlichen Ausgaben für Bildung gelandet.“ Univ.-Prof. Dr. Bernd Schilcher, Der Standard vom 16. April 2014 „Heinisch-Hosek auf Schmieds Spuren“: „Mit der panikartigen PISA-Absage und dem Schul-Sparpaket hat die 52-Jährige auch Schüler und Eltern gegen sich aufgebracht und jeden Startvorteil aufgebraucht.“ Oberösterreichische Nachrichten vom 17. April 2014 Viele weitere Zitate zur Bildungspolitik finden Sie laufend aktualisiert auf unserer Website www.oepu.at ! Die Woche im Medienspiegel der