Jahresbericht - in der Südlichen Kurpfalz
Transcription
Jahresbericht - in der Südlichen Kurpfalz
Diakonisches Werk Bericht der Jahre 2006-2008 Leitbild des Diakonischen Werkes im Rhein-Neckar-Kreis 씰 Wir sind eine Einrichtung der Evangelischen Kirche 씰 Wir sind Teil der Diakonie im Dienst am Nächsten 씰 Wir arbeiten auf der Grundlage christlicher Werte 씰 Wir sind Haupt- und Ehrenamtliche, die partnerschaftlich zusammenarbeiten 씰 Wir achten jeden Menschen, unabhängig von seiner Religion und Herkunft 씰 Wir geben Hilfestellung, ihr Leben eigenverantwortlich zu gestalten 씰 Wir reagieren auf gesellschaftliche Herausforderungen und übernehmen soziale Verantwortung Redaktion: Stefanie Pfäffle und Gerhard Tröndle Mediengestaltung + Herstellung: Druckerei Maulbetsch GmbH, 74939 Zuzenhausen 1 Inhalt Vorwort 2 Thema: Familienhilfe (k)ein Auslaufmodell? 3 Kapitel 1 Kirchliche Allgemeine Sozialarbeit 6 Kapitel 2 Ehe- Familien- und Lebensberatung 8 Kapitel 3 Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung 10 Kapitel 4 Pflegekinderdienst 12 Kapitel 5 14 Adoptionsvermittlung Kapitel 6 Kinderhilfe- und Kinderförderfonds 16 Kapitel 7 18 Kurberatung Kapitel 8 Schuldnerberatung 20 Kapitel 9 Sozialpsychiatrischer Dienst, Betreutes Wohnen und Tagesstätte 22 Kapitel 10 Migrationsberatung 24 Kapitel 11 Sozialpädagogische Gruppen in Sinsheim und Neulußheim 26 Kapitel 12 Hospizdienst 28 Kapitel 13 Appel + Ei - ein Tafelladenprojekt in Schwetzingen 30 Kapitel 14 Arbeitslosenprojekt DW-Laden 32 Kapitel 15 Gruppenangebote und Informationsveranstaltungen 34 Finanzierung der Arbeit des Diakonischen Werkes im Rhein-Neckar-Kreis im Jahr 2008 35 Statistik 36 Verbandsstruktur 39 2 Vorwort Zukunftsmodell Familie Wir freuen uns, wieder einen informativen Mehrjahresbericht vorlegen zu können. Die vergangenen drei Jahre waren geprägt von den zunehmenden Herausforderungen, die mit dem Stichwort „Sozialer Wandel“ verbunden sind. Die sich verändernde soziale Landschaft hat auch für das Diakonische Werk im Rhein-Neckar-Kreis vielfältige, zum Teil neue Aufgaben gebracht. Wobei heute noch nicht abzuschätzen ist, welche Auswirkungen die aktuelle Wirtschaftskrise für die diakonische Arbeit vor Ort künftig haben wird. Nichtsdestotrotz sehen wir uns im Diakonieverband Rhein-Neckar, der nach der Fusion der beiden südliche Kirchenbezirke zum Dekanat Südliche Kurpfalz nunmehr in vier großen Kirchenbezirken agiert, gut aufgestellt. Die bisherigen Arbeitsbereiche konnten weiter abgesichert, manche wie die Schuldnerberatung sogar noch ausgebaut werden. Dieses war nicht zuletzt durch die Neuregelung der landeskirchlichen Mittelzuweisungen möglich geworden. Unsere größte Stärke liegt aber sicherlich in der Fachkompetenz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit ihrem professionellen wie menschlichen Einsatz konnten sie für unsere Partner und Klienten ein hohes Maß an diakonischer Kultur erlebbar und erfahrbar machen. Und das bedeutet für einen kirchlichen Wohlfahrtsverband auch immer ein Stück vom Reich Gottes spürbar werden zu lassen. Dafür möchten wir uns von Seiten des Vorstands und der Geschäftsführung bei allen Mitarbeitenden bedanken. Einen Schwerpunkt bildet in diesem Jahresbericht das Thema Familie. Die Familie ist nach langen Jahren der Vernachlässigung wieder in den Blickpunkt von Gesellschaft und Sozialpolitik gerückt. Gott sei Dank! Die einschlägigen Armutsstatistiken, aber auch spektakuläre Einzelfälle von Kindesmissbrauch bzw. Vernachlässigung haben die Öffentlichkeit dafür sensibilisiert. Auch dem Letzten unter uns ist inzwischen klar geworden, dass die Familie als besondere Lebensform umfangreiche Unterstützung braucht, wenn sie nicht zum Auslaufmodell werden soll. Die demographische Entwicklung und der sich vollziehende Wertewandel, aber auch ökonomische und soziale Probleme wirken sich ohne Frage negativ auf das System Familie aus. Für viele Menschen birgt der Wunsch, eine Familie zu gründen und Kinder zu haben, zugleich ein mögliches Armutsrisiko. Allein Erziehende oder Elternpaare aus unteren Einkommensschichten sind davon besonders bedroht. Die Diakonie versucht auf unterschiedliche Weise Abhilfe zu schaffen. Die hier beschriebenen Familienhilfen in unseren Dienststellen, aber auch die beiden Kinderhilfefonds im nördlichen und östlichen Verbandsgebiet sind dafür beredte Beispiele. Weitere ließen sich nennen. Wir als Diakonie und Kirche werden uns jedenfalls - gerne auch zusammen mit anderen Sozialträgern und Verbänden - weiterhin dafür einsetzen, dass die Familie in unserem Land wieder eine Zukunft hat. Und das bedeutet ebenso, dass ihr die gesellschaftliche Aufmerksamkeit wie die entsprechenden, sozialen Unterstützungsleistungen zuteil werden, die ihr tatsächlich zustehen. Der Gründervater der modernen Diakonie, Johann Hinrich Wichern, dessen 200. Geburtstag wir im Jahr 2008 bedacht haben, hat unermüdlich darauf hingewiesen, dass eine Gesellschaft nur überleben kann, wenn sie das Wohl der Kinder ins Zentrum rückt. Sein damaliges Programm der Inneren Mission war nicht zuletzt auf der ganzheitlichen Stärkung der Familie aufgebaut. Auch wenn sich seither die gesellschaftlichen Verhältnisse grundlegend verändert haben, das bleibt heute gleich wichtig: Das Zusammenleben in einer Gesellschaft kann nur dann nachhaltig gelingen und Bestand haben, wenn man die Schwächsten nicht aus dem Blick verliert. Thomas Löffler Pfarrer und DiplomDiakoniewissenschaftler, Vorstandsvorsitzender des Diakonieverbandes 3 Familienhilfe - (k)ein Auslaufmodell? Ingrid Reutemann, Referentin des Diakonischen Werkes Baden Mögen Sie Kinder? Ja gerne, Kinder sind wunderbar. Aber, zuerst kommt die Ausbildung, dann ein festes Standbein im Beruf, und natürlich wird eine gute Wohnung gebraucht. Und vor allem die Partnerschaft, sie muss stimmen, sie muss sicher sein. Ohne diese Voraussetzungen gibt es kein Ansehen in der Gesellschaft, gehört man zu den Verlierern und die Kinder mit dazu. Wir sprechen von Familiengründung. Etwas, das einfach nur selbstverständlich sein sollte, wurde zum Gradmesser in Diskussionen über Lebensbedingungen und Chancengleichheit. Da geht es um private Lebensentwürfe und gesellschaftliche Hochrechnungen, um individuelle Sehnsuchtsvorstellungen und Armutsrisiko, um Zukunft mit Fortschrittsgläubigkeit oder Ballast, um die Verteilung von Aufgaben, von Rechten, von Macht und von Steuermitteln und –lasten. Und die Bundesstatistik bringt als Ergebnis: Erneut weniger Geburten für das Jahr 2008. Warum verzichten Männer und Frauen auf Kinder? Bei manchen Menschen kommt es anders als gedacht, geplant, geträumt. Man wünscht sich Familie, aber die Vorstellung, ein Kind allein erziehend zu haben, macht Angst. Manchmal wird die Sorge, ein Kind in unsichere Verhältnisse hinein zu bekommen, zu einer lebenslangen Verhütung. Das sind die neuen Wahlmöglichkeiten, zu denen sich eine neue Moral entwickelte. Aus einem Entscheiden können, wurde die Pflicht zur Entscheidung. Kinderwunsch ja, aber drumherum muss alles stimmen: Partnerschaft, finanzielle Situation, berufliche Sicherheit, Gesundheit. Das Zeitfenster für die optimale Geburt ist kleiner geworden. Familie als Risiko, können wir es wagen? Warum haben Frauen, Paare es schwer, sich Kinder zu wünschen, sie groß zu ziehen? Wie gerecht sind Lasten verteilt? Der UNICEF-Bericht aus dem Jahr 2008 zur Lage von Kindern in Deutschland zeigt, dass die Armutsrisiken für Familien mit Kindern in den letzten 10 Jahren deutlich gestiegen sind. Dazu fasst die Familienforschung Baden-Württemberg in ihrer aktuellen Untersuchung zur ökonomischen Lage von Familien zusammen, dass das Familiennettoeinkommen von jungen Paaren mit Kindern in unserem Land etwa 300 ¤ niedriger ist als das junger kinderloser Paare. Weiterhin wird berichtet, dass etwa jede zehnte Paarfamilie als armutsgefährdet gilt. Und rund 30% der allein erziehenden Mütter sowie der ausländischen Familien und etwa jede fünfte Familie mit drei und mehr Kindern leben in Baden-Württemberg unterhalb der Armutsrisikoschwelle. Zukunftsängste, Angst vor Verlust des sozialen Status, finanzielle Probleme, dies sind die Themen, die in der Beratung im Diakonischen Werk immer wieder genannt werden. Baden-Württemberg ist kein armes Land, aber das Armutsrisiko für Familien ist gestiegen. Es gibt eine Furcht vor der Rutsche in die Armut, genannt Hartz IV, und es gibt eine gewaltige Angst davor, dass man sich auf einmal selbst darauf befinden könnte. In dem reichen Bundesland wächst, wie an vielen Orten, die Diskrepanz zwischen Arm und Reich und die Familienhilfe arbeitet genau in dieser Kluft. Armut hat heute viele Gesichter: Es gibt den arbeitslosen Akademiker und den Gelegenheitsarbeiter, den wegrationalisierten Facharbeiter und die schon immer zu kurz Gekommenen am Rand der Gesellschaft, dazu gehört die allein erziehende Mutter, die mit ihren Mini-Jobs und Teilarbeitsverträgen 4 nicht das Existenzminimum erreicht und die Einwandererkinder, die nicht aus ihrem Ghetto herauskommen. Dabei ist auch der überflüssig gewordene Bankangestellte, der sein Haus verloren hat und nun vom Arbeitslosengeld II lebt. Für all diese Menschen ist eine Familie vorhanden, die die Verpflichtung hat, zu unterstützen und mit Sorge zu tragen, oder eine Familie, für die es eine Verantwortung gibt und um die man sich sorgt. Verwandschaftliche Bindung gehört zur verlässlichsten Sozialbeziehung. „Ich brauch euch..., ihr müsst mir helfen..., ich komm allein nicht weiter“. Die Hilfsbereitschaft ist in Not und bei Schadensfällen zwischen Familienangehörigen am größten. Aber ebenso wissen wir, dass es innerhalb der nächsten Verwandtschaft nicht immer friedlich zugeht. Hilfe zu brauchen ist schnell von einem Hauch Peinlichkeit begleitet. Wie oft ist es unmöglich sie einzufordern oder zu erhalten? Solidarität und Unterstützung kann nicht nur eine verwandtschaftliche Aufgabe sein. Sie ist der Auftrag eines Sozialstaates mit einer unterstützenden Familienpolitik, denn das Leben ist nicht immer gerecht. Manche werden mit dem silbernen Löffel im Mund geboren, nach einer behüteten Kindheit folgt die Karriere. Andere haben hier die Niete gezogen. Hier liegt eine Aufgabe für die Familienhilfe der Diakonie im Unterstützen und Fördern. Aber vor allem muss sie Pfadfinder und Streithelfer für soziale Gerechtigkeit sein. Sie leistet soziale Arbeit, die auf Solidarität und Mitmenschlichkeit baut wie der barmherzige Samariter, der seine Aufgabe aber nicht allein darin sieht, den unter die Räuber Gefallenen zu pflegen. Für den Samariterdienst der modernen Wohlfahrtspflege gilt es, die Straßen so zu sichern, dass immer weniger Menschen unter die Räuber fallen. Das ist eine soziale und zugleich eine hochpolitische Aufgabe. Eine moderne Familienpolitik muss dafür sorgen, dass alle Kinder gute Entwicklungschancen erhalten. Sie gibt den Menschen Grundsicherung und Grundsicherheit in einem familienfreundlichen Umfeld in dem sie sich entfalten können. Was zeichnet ein familienfreundliches Umfeld aus? Wodurch werden Regionen für Familien attraktiv? So vielfältig Familien sind, so verschieden sind auch ihre Wünsche an ihr Lebensumfeld. Wichtig ist immer, dass der Wohnraum gut und bezahlbar bleibt, der wirtschaftliche Standort und Arbeitsmarkt, was Schule und die Kinderbetreuungsmöglichkeiten zu bieten haben. Dazu werden zunehmend Orte gesucht, an denen sich Generationen selbstverständlich begegnen und sich gegenseitig helfen, denn unsere Familiennetzwerke sind kleiner geworden. Solche Treffpunkte sollen die Isolation der verschiedenen Altersgruppen überwinden und Toleranz und Verständnis füreinander unterstützen. Das ist eine Zukunftsaufgabe. Orte der Begegnung werden benötigt, in denen Kinder gefördert werden und Familien Rat finden, in denen ältere Menschen aktiv sein können. Das kann ein Tätigkeitsfeld für das Ehrenamt sein. Da muss neu geackert und gesät, da muss neu kultiviert und organisiert werden. Menschen nicht nur zu punktueller und spontaner Hilfsbereitschaft zu animieren, sondern zu stetiger, langfristiger sozialer Mitarbeit, ist das die Aufgabe der Familienhilfe? Wenn ja, hat sie die Sorge soziales privates Engagement zu sammeln und zu bündeln, das Zueinanderfinden zu begleiten, Begegnungen zu ermöglichen; für ein neues Miteinander der Familien, das die nachbarschaftliche Hilfe im Blick hat und Türen öffnet. Vielfalt kennzeichnet die Familien und vielfältig können die Aufgaben der Familienhilfe sein. Die Familienpolitik der letzten Jahre brachte viele Änderungen in den Leistungen und Sozialtransfers, um die Einkommenslage der Familien zu korrigieren. Auf der einen Seite wurde gegeben, auf der anderen reduziert. Da war Freude vorhanden, dort Enttäuschung. Familien mit knappen Einkommen zählen zu den Verlierern der Reformen, und sie müssen nach wie vor langwierige, bürokratische Wege gehen, um ihre Rechtsansprüche zu verwirklichen. Wem gelingt der Antragsmarathon bei den unterschiedlich zuständigen Stellen ohne atemlos zu werden? Wird ein Kind in finanziell knappe Verhältnisse geboren, ist das Einhalten von Terminen und Fristen unerlässlich. Zahlungsverzögerungen oder gar das Einstellen von Leistungen bedroht die Existenz. Wer schafft dies ohne Hilfe und Beratung? 5 Begleiten wir in Gedanken eine Alleinerziehende zu den Stellen, die sie für Anträge und Nachweise - häufig mehrfach - aufsuchen muss, wie 씰 die Krankenkasse für das Mutterschaftsgeld und den Antrag auf Versicherung, 씰 der Frauenarzt für den Antrag auf Befreiung der Zuzahlung, der Bescheinigung zum Entbindungstermin, 씰 die L-Bank für den Elterngeld-Antrag, 씰 der Arbeitgeber für die Gehaltsbescheinigung, 씰 die Familienkasse für den Kindergeldantrag und den Antrag auf Kinderzuschlag, 씰 das Jugendamt für die Vaterschaftsanerkennung und die Beistandschaft, 씰 die Wirtschaftliche Jugendhilfe für den Antrag auf Unterhaltsvorschuss, 씰 die Agentur für Arbeit für den ALG II Antrag (alle 6 Monate) 씰 das Landratsamt, Sozialamt für Unterkunftskosten, die Wohngeldstelle der Gemeinde für den Wohngeldantrag, 씰 die Gemeinde, bzw. das Landratsamt für die Rundfunk- und Fernsehgebührenbefreiung, 씰 die Agentur für Arbeit oder das Jugendamt für die Übernahme der Kinder-Betreuungskosten. Nichts vergessen? Ach ja, Sie hat ein Kind geboren, für das sie sorgt, dem sie Liebe und Kraft geben muss. Sie ist häufig müde, körperlich noch nicht ganz fit. Zu Hause fehlt der Gesprächspartner, vor allem wenn sie unsicher ist, ob alles normal und richtig ist mit dem Kind. Hier ist ein Ansatz für die Familienhilfe. Ist diese nur eine weitere professionelle Institution? Hat sie ausreichend Zeit und die notwendige Portion Geduld, sich um die kleinen Dinge im Leben ihrer Klientel zu kümmern, die aber für diese von großer Bedeutung sind? Oder lässt ihr Arbeitstakt zu wenig Raum und Zeit? Ist die Familienhilfe ein Auslaufmodell oder hat sie genau die Form, die benötigt wird, um Menschen in ihren ganz privaten Bezügen zu unterstützen und zu fördern? Kein Auslaufmodell ist die Familienhilfe, wenn sie wach ist für die Veränderungen und Erfordernisse des täglichen Lebens und sie die Solidarität und Mitmenschlichkeit im Gemeinwesen befördern und verwirklichen kann. Krise ist in unserer sich verändernden Umwelt zu einem stehenden Begriff geworden. In dieser Zeit bietet das Diakonische Werk im Rhein-Neckar-Kreis mit seinen vielfältigen Hilfen an unterschiedlichen Orten ein Angebot für Familien, das unerlässlich ist. Die Mitarbeitenden des Diakonischen Werkes geben Hoffnung da, wo sie droht, verloren zu gehen und Unterstützung dort, wo kleine und große Probleme bewältigt werden müssen. Sie schaffen Verbindungen zu Ämtern und Unterstützungsleistungen und zu den Kirchengemeinden. Sie knüpfen mit am Netzwerk der Beziehungen, das für ein Leben in der Gemeinschaft so bedeutungsvoll und unentbehrlich ist. 6 Kapitel 1 Kirchliche Allgemeine Sozialarbeit Kirchliche Allgemeine Sozialarbeit: Sozialrechtliche Beratung Beratung und Hilfe 씰 bei sozialrechtlichen Fragen 씰 bei der Klärung von Leistungsansprüchen 씰 bei finanziellen Problemen Familien- und Lebensberatung Beratung und Hilfe 씰 bei persönlichen Konfliktsituationen 씰 bei psychosozialen Schwierigkeiten 씰 bei Partnerschafts- und Familienproblemen Die Kirchliche Allgemeine Sozialarbeit wird in allen Dienststellen des Diakonischen Werkes im Rhein-Neckar-Kreis angeboten. 7 Mitarbeitende der Dienststelle Schwetzingen und Wiesloch Vertrauen schaffen Haushaltsführung, sondern sieht auch Bescheide durch, denn manchmal fehlen Angaben. Viele Ratsuchende verstehen die behördlichen Schreiben einfach nicht. „Oft muss ein Widerspruch eingelegt oder eine Neuberechnung beantragt werden oder ich helfe bei den Formularen.“ Sie verhandelt mit Stromanbietern um Ratenzahlung und Zahlungsaufschub zu erreichen, berät Alleinerziehende wegen des Umgangsrechts und vermittelt Paare, die in einer Krise sind, an die Eheberatung weiter. „Wenn es ein Thema ist, das ich nicht behandeln kann, wie zum Beispiel spezifische Fragestellungen in der Arbeit mit Migrantinnen und Migranten, leite ich die Klienten an unsere Fachdienste weiter.“ Sie sei sehr froh darüber, dass die Schwetzinger Dienststelle hier ein breites Angebot hat. „Durch die räumliche Nähe ist die Die kirchliche allgemeine Sozialarbeit ist erste Anlaufstelle für Probleme und Fragestellungen. Der Strom wurde abgestellt. Kein Geld mehr für Lebensmittel am Wochenende. Der Kühlschrank ist kaputt, aber es sind keine Mittel für Ersatz da. In solchen akuten Notlagen wenden sich Menschen an die kirchliche allgemeine Sozialarbeit, kurz KASA, die erste Anlaufstelle des Diakonischen Werkes für Probleme oder auch nur informelle Fragestellungen. Drei Mal wöchentlich hat Sozialarbeiterin Ingrid Fichtner in Schwetzingen offene Sprechstunde. „Dann ist es natürlich gut, wenn die Leute auch die entsprechenden Unterlagen dabei haben, damit ich einen Einblick bekomme, was vielleicht auch schon getan wurde, welche Ansprechpartner ich habe, welche Kundennummern der Agentur für Arbeit.“ Doch nicht immer sind die Klienten so sorgfältig. Da kommt schon mal eine Familie mit kleinen Kindern, die seit einer Woche keinen Strom hat, wartet 45 Minuten und hat dann aber nicht die Rechnung dabei. Die Mitarbeiter der KASA brauchen ein sehr großes Basiswissen über die Sozialgesetze und Berufserfahrung, um mit den verschiedensten Fragestellungen umgehen zu können. Denn die Klienten sind sehr unterschiedlich, reichen vom Obdachlosen, der eine Beihilfe für den Fahrradschlauch braucht, über Einzelpersonen bis hin zu Familien. Gerade, wenn sich neue Patchworkfamilien bilden, ist den Beteiligten oft nicht ganz klar, wer für wessen Unterhalt zuständig ist, vor allem bei Arbeitslosengeld II-Empfängern. Am häufigsten sind Anfragen zu finanziellen Themen sowie zur Existenzsicherung. „Viele wissen zwar, dass ihr Geld nicht reicht, können aber nicht sagen, woran es liegt“, beschreibt Fichtner eine Ausgangssituation. Dann bespricht die Sozialarbeiterin nicht nur die Wahrscheinlichkeit größer, dass die Menschen auch hingehen, als wenn ich sie zu einer anderen Beratungsstelle in Schwetzingen oder Heidelberg schicken muss.“ Wichtig ist Fichtner der ganzheitliche Ansatz der Beratung, ein Mensch wird nie auf sein finanzielles Problem reduziert. Wie sind die Klienten in ihre Familie und ihr Umfeld eingebettet, können vielleicht dort Leute helfend einspringen? Was hat der Ratsuchende bereits selbst unternommen und mit welchem Ergebnis? Wie erlebt er die Situation? KASA ist immer auch Beziehungsarbeit. Die individuelle oder persönliche Situation und wie diese empfunden wird spielt immer eine große Rolle. Viele Klienten haben bereits aus ihrer Sicht schlechte Erfahrungen mit Behörden gemacht, die sind dann froh, wenn einer nur mal zuhört, ohne auf die Uhr zu schielen. „Beratung heißt nicht nur Fragen beantworten, sondern geht weit darüber hinaus.“ Klienten müssen sich angenommen fühlen, brauchen Zeit, um Vertrauen zu entwickeln, um auch unangenehme Themen ansprechen zu können. Dies geschieht dann natürlich nicht während der offenen Sprechstunde sondern bei extra anberaumten Terminen. Nicht immer sind da Lösungen gefragt, „manchmal reicht ein gutes Wort“. Dienststelle Schwetzingen 8 Kapitel 2 Ehe-, Familien- und Lebensberatung Angebot: Erstgespräch zur Klärung der aktuellen Problemlage Weitergehende Beratung bei 씰 Trennung und Scheidung 씰 Partnerschaftskonflikten 씰 Beziehungsproblemen 씰 Familiären Konflikten 씰 Persönlichen Krisen Vermittlung an andere Beratungsstellen 씰 z. B.: Schuldnerberatung, Suchtberatung, Schwangerenberatung Die Ehe-, Familien- und Lebensberatung wird in der Dienststelle Weinheim angeboten. 9 Mitarbeiterinnen der Dienststelle Weinheim Trennungen bergen viele Probleme. Familien, die finanziell eben noch gut zu Recht kamen, bei denen auch der Jahresurlaub noch selbstverständlich war, stehen plötzlich an der Armutsgrenze, weil das Einkommen für eine doppelte Haushaltsführung nicht ausreicht. Gerade Kinder sind davon immer häufiger bedroht. Diese leiden auch unter immer konfliktreicheren Trennungen, unter Elternteilen, die kaum noch in der Lage sind, miteinander zu sprechen. Hier müssen Erziehungs- und Umgangsfragen zum Wohle des Nachwuchses mit Hilfe der Beraterin geklärt werden. Finden die Eltern neue Partner, sind die Stiefeltern das nächste Thema. Für Trennungskinder hat Kinder leiden unter immer konfliktreicheren Trennungen Die Ehe-, Familien- und Lebensberatung bietet Gespräche und spezielle Gruppen. Manchmal kommt ein Paar zu Petra Anthe in die Beratung, bei der ein Partner gedanklich schon längst aus der Beziehung ausgestiegen ist. „Der andere will es einfach nicht wahrhaben, dann versuche ich dies in Gesprächen deutlich zu machen und suche gemeinsam mit dem Paar nach weiteren Wegen“, erklärt die Diplomsozialpädagogin der Ehe-, Familien- und Lebensberatung in Weinheim. Andere Paare kommen rechtzeitig, um zu sehen, wie sie ihre Beziehung noch retten können. Doch das sind nicht die einzigen Lebensbereiche, in denen die Weinheimer tätig werden. Personen in Krisensituationen suchen die Beratungsstelle auf. Diese können völlig unterschiedlich sein, reichen vom Arbeitsplatzverlust bis zum Tod eines Angehörigen, der schwer zu verarbeiten ist. „Gerade bei Todesfällen findet man anfänglich noch bei vielen Freunden ein offenes Ohr, aber irgendwann können die das nicht mehr hören“, weiß Anthe. Doch manche können erst nach längerer Zeit überhaupt darüber sprechen. Manchmal schickt auch die Arbeitsagentur Klienten vorbei, wenn der zuständige Arbeitsvermittler das Gefühl hat, derjenige brauche Begleitung. „Natürlich hat die Arbeitslosigkeit oberste Priorität, aber häufig kommen dann noch andere Sachen hoch und es ist schwierig herauszufinden, was jemanden wirklich daran hindert, eine Arbeit aufzunehmen.“ Entdeckt sie beim Gespräch Drogenoder Schuldenprobleme, ist sie froh, die Menschen direkt im Haus weitervermitteln zu können. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt aber bei Menschen, die sich getrennt haben, daran denken oder sich im Prozess befinden. Häufig machen Frauen den ersten Schritt in die Beratungsstelle, meist sind auch sie es, die nach einer Trennung zur Verarbeitung wiederkommen. die Beratungsstelle deswegen 2009 eine eigene Gruppe eingerichtet. Andere Angebote existieren bereits länger. Die Gruppe für junge Mütter etwa hat sich aus der Schwangerenberatung heraus entwickelt. „Diese sehr jungen Mütter fühlen sich in den normalen Krabbelgruppen mit ca. 30-Jährigen nicht wohl“, hat Anthe erkannt. Hier geht es aber nicht nur um den Kontakt untereinander, sonder auch um entwicklungspsychologische Beratung. „Man muss manchen zeigen, dass es nicht reicht, ein Kind nur zu füttern und zu wickeln, man muss sich auch mit ihm beschäftigen.“ Außerdem ist es wichtig, dass sich die jungen Mütter über ihre beruflichen Ziele und Perspektiven klar werden. Es sei aber nicht immer leicht, die jungen Mütter bei der Stange zu halten. Bei der Gruppe für Alleinerziehende erhalten die Mütter Unterstützung in Erziehungsfragen, aber auch Antworten auf rechtliche Ungewissheiten oder zu Fragen nach einer neuen Partnerschaft. Dienststelle Weinheim 10 Kapitel 3 Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung Staatlich anerkannte Beratungsstelle Beratung 씰 über Hilfen in der Schwangerschaft 씰 bei persönlichen Schwierigkeiten und Paarproblemen 씰 im Schwangerschaftskonflikt mit Beratungsnachweis 씰 und Begleitung bei Problemen nach einem Schwangerschaftsabbruch Informationen 씰 über soziale Leistungen, z.B. Kindergeld, Elterngeld, Wohngeld usw. 씰 über Stiftungsleistungen und sonstige finanzielle Hilfen 씰 zur Sexualaufklärung, Empfängnisverhütung und Familienplanung Dienststelle Sinsheim Die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung wird in allen Dienststellen des Diakonischen Werkes im Rhein-Neckar-Kreis angeboten. 11 Mitarbeitende der Dienststelle Sinsheim und Eppingen einem Jahr wieder voll arbeiten.“ Manche sagen klar, warum sollen sie ein Kind bekommen, wenn sie es dann abgeben. Für die anderen tue sich glücklicherweise schon viel mit Tagesmüttern und Kindergartenplätzen. „Aber viele preiswerte Betreuungsangebote gibt es nicht.“ Zwei bis drei Mal jährlich bietet die Beratungsstelle eine Gruppe für Alleinerziehende an. Meist kommen Frauen, die auch schon in der Schwangerenberatung waren und hier im Austausch mit anderen neue Kraft für den Alltag tanken. Eine Schwangerschaft wirft auch andere Fragen auf. Reicht die bisherige Wohnungsgröße, wie reagiert der Arbeitgeber, Geburtsvorbereitung und die Fragen Kinder sind nach wie vor ein Armutsrisiko Trotzdem versuchen die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberaterinnen Mut zu machen. Da steht es blau auf weiß. Der kleine Strich zeigt es eindeutig und auch der Arzt bestätigt die Diagnose: Schwanger! Doch nicht immer löst das reine Jubelstürme bei den Frauen und ihren Partnern aus. Einige wollen einfach in diesem Moment kein Kind, andere haben Angst vor der finanziellen Belastung. In beiden Fällen berät Brigitta Thiele von der Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung in Sinsheim weiter. Die möchte vor allem mit einem Vorurteil aufräumen. „Bei Konfliktberatung denkt man immer gleich an die Alleinstehende, aber zu mir kommen meistens verheiratete Frauen, die schon zwei oder drei Kinder haben“, betont die Diplomsozialarbeiterin. Weder die vom Kindsvater Verlassenen noch die karriereorientierten Singlefrauen bilden die Mehrheit. Viele der Frauen, die zur Pflichtberatung vor einer geplanten Abtreibung kommen, haben Angst, weil sie nicht wissen, was in der Sitzung passieren wird. „Die meisten lassen sich aber auf ein Gespräch ein, weil ich sowohl die Möglichkeiten nach dem Austragen, aber auch die Verarbeitung eines möglichen Abbruchs anspreche.“ Ihr Anliegen sei es, dass die Frauen bei jedem Schritt wissen, dass dieses in diesem Moment genau der richtige für sie ist und dies auch nach Jahren noch so sehen. Vor allem Existenzängste führen Frauen, die ihr Kind austragen möchten, in die Beratung des Diakonischen Werkes. Mütter mehrerer Kinder fragen sich, wie es mit noch mehr Nachwuchs weitergehen soll, auch mit der bereits wieder aufgenommenen Arbeit. Junge Paare überlegen, wie sie künftig nur noch mit einem Gehalt auskommen sollen. „Das Elterngeld hilft vielen Frauen bei der Entscheidung, aber es läuft nur ein Jahr und nicht jede Mutter möchte bereits nach nach Sorgerecht und Vaterschaft. „Männer demütigen die Frauen im Laufe der Schwangerschaft regelrecht mit ihren Zweifeln, das gab es vor vier, fünf Jahren noch nicht“, stellt Thiele fest. Große Sorgen machen der Beratungsstelle junge Frauen unter 25 Jahren, die nach der Geburt auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind und während der Schwangerschaft nur selten bereits eine eigene Wohnung beziehen können. Das seien schwierige Situationen, in denen sie auch mal massiver gegenüber den Behörden auftreten müsse, im Notfall sogar unter Einbeziehung eines Anwalts. „Viele Familien haben Schwierigkeiten auf ihrem Weg in die Sicherheit, Kinder sind nach wie vor ein Armutsrisiko.“ Es sei schlimm, das zu wissen und vor sich eine unsichere junge Frau zu sehen, die sich auf ihr Baby freut. Auch die Schwangerschaften von sehr jungen Frauen nehmen zu, hat sie festgestellt. „Die bekommen keine Ausbildung nach der Hauptschule und sehen ihre einzige Zukunftsperspektive darin, Mutter zu sein“, erklärt Thiele. In einer anderen wirtschaftlichen Situation wäre das vielleicht eher die Lehre. Selbst die Jungs strahlen, wenn sie Vater werden, ganz ohne Ausbildung. Minderjährige treffe sie dagegen nicht sehr vermehrt an in ihrer Beratung, das Thema sei hoch gekocht worden. Diese kommen meist mit ihren Eltern und auch Thiele ist froh, wenn diese mit einbezogen werden können. „Der Gang zum Jugendamt und vors Amtsgericht ist nicht schön.“ Oft kann sie die Eltern verstehen, die innerlich kochend vor ihr sitzen, weil die Tochter überzeugt ist, sie und ihr Freund werden großartige Eltern, auch wenn sie den Jungen erst sechs Wochen kennt. „Ich muss sie dann beruhigen, weil sie sonst nur das Gegenteil bewirken.“ 12 Kapitel 4 Pflegekinderdienst Beratung und Betreuung von 씰 Pflegekindern 씰 Pflegefamilien 씰 Herkunftsfamilien bei 씰 Erziehungsschwierigkeiten 씰 Verhaltensauffälligkeiten 씰 Problemen in Schule und Ausbildung 씰 Konflikten zwischen Herkunftsfamilie und Pflegefamilie 씰 Sonstigen Fragestellungen Der Pflegekinderdienst betreut im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung mit dem Kreisjugendamt Rhein-Neckar Pflegekinder und Pflegefamilien aus verschiedenen Gemeinden des Kreisgebietes. 13 Mitarbeitende der Dienststelle Heidelberg Das schwere Paket, das die Kleinen mit sich herum tragen, kann den Familienalltag sehr belasten. „Ich stehe deswegen auch telefonisch zur Verfügung, wenn Probleme zum Beispiel in der Schule auftauchen“, erklärt Hofsäß. Gerade im vergangenen Jahr häuften sich die psychischen Probleme zweier Schützlinge gleich so an, dass eine stationäre Unterbringung notwendig wurde. Ein Junge musste vorübergehend in einer kinderpsychiatrischen Einrichtung behandelt werden. Eine junge Frau konnte aufgrund ihrer psychischen Probleme auch am Wochenende nicht mehr zu ihrer Pflegefamilie und wurde dann vollstationär in einem Berufsbildungswerk untergebracht. Die Maxime ist das Wohl des Kindes Der Pflegekinderdienst betreut Pflegekinder, die Pflegeeltern und die leiblichen Eltern. Sie haben meist schon einiges durchgemacht, bevor sie in ihre neuen Familien kommen. Häufig wechselnde Bezugspersonen, Mutter oder Vater nicht imstande, ein Mindestmaß an emotionaler Nähe zuzulassen, nicht genug zu essen, körperlich oder gar sexuell misshandelt. „Es sind alles Kinder, die nicht gerade einen rosigen Start ins Leben hatten“, erklärt Sozialpädagogin Alexandra Hofsäß. Sie ist zuständig in der Dienststelle in Heidelberg für den Pflegekinderdienst. Im Auftrag des Jugendamtes betreut Hofsäß die Kinder, die Pflege- aber auch die Herkunftsfamilien. Meist beginnen die Pflegeverhältnisse im Kindergartenalter und dauern dann bis ins junge Erwachsenendasein an. Nur selten geben die Eltern ihren Nachwuchs freiwillig her, zum größten Teil entscheidet ein Gericht darüber, wann das Kindeswohl gefährdet ist. Oft spielt eine Erkrankung der Eltern eine Rolle, seien es Suchtproblematiken oder psychische Probleme. Mit der Vollzeitpflege soll den Jungen und Mädchen im Vergleich zu einer Heimunterbringung ein stabiles Zuhause und die Möglichkeit, in einer Familie aufzuwachsen, gegeben werden. Da es sich dabei um eine Jugendhilfemaßnahme handelt, werden konkrete Hilfepläne ausgearbeitet. Mindestens ein Mal, meistens zwei Mal jährlich trifft sich Hofsäß mit ihren Schützlingen, bespricht die derzeitige Situation des Kindes in der Familie, wie hat es sich entwickelt und welche speziellen Fördermaßnahmen wären geeignet, um das Kind zu unterstützen. Doch nicht immer läuft alles glatt und problemlos ab. Die Aufnahme in eine Pflegefamilie bedeutet nicht automatisch den vollständigen Kontaktabbruch mit den leiblichen Eltern. „Das Wohl des Kindes ist die Maxime.“ Im Idealfall vereinbaren Pflegefamilie und Herkunftsfamilie die Besuchskontakte eigenständig. In anderen Fällen treffen sich beide Seiten in den Räumen des Diakonischen Werks. Die Art des Kontakts wird dabei der jeweiligen Situation angepasst. Pflegeeltern sind meist Paare, die bereits selber Kinder haben oder aber auch ungewollt kinderlose Paare, die hier eine Alternative zum leiblichen Kind finden. Über das Jugendamt werden Seminare angeboten und es gibt einen Verein der Pflege- und Adoptivfamilien zur gegenseitigen Unterstützung und zum Austausch. Dienststelle Heidelberg 14 Kapitel 5 Adoptionsdienst Inlandsadoption 씰 Information und Beratung von Frauen und Paaren, die in Erwägung ziehen, ihr Kind zur Adoption freizugeben 씰 Beratung von adoptionsinteressierten Ehepaaren 씰 Eignungsüberprüfung von Adoptionsbewerbern, auch für Auslandsadoption 씰 Vermittlung von Kindern in Adoptionspflege 씰 Begleitung und Beratung in der Adoptionspflegezeit und nach erfolgter Adoption 씰 Mitwirkung im Adoptionsverfahren 씰 Beratung von Adoptierten und Mithilfe bei der Suche nach den eigenen Wurzeln 씰 Nachbetreuung der Herkunftsfamilie Das Diakonische Werk im Rhein-Neckar-Kreis ist staatlich anerkannter Adoptionsdienst für Inlandsund Auslandsadoptionen. Die Auslandsadoption erfolgt in Kooperation mit dem Verein „Eltern-KindBrücke e.V. Heidelberg“ im gemeinsamen Adoptionsdienst PARENTS-CHILD-BRIDGE www.diakonie-ekb.de Auslandsadoption 씰 Information und Beratung von Adoptivbewerbern durch Fachgespräche und Seminare 씰 Eignungsüberprüfung von Adoptivbewerbern 씰 Vermittlung von Waisenkindern, verlassenen Kindern und zur Adoption freigegebenen Kindern auf der Grundlage der Haager Konvention aus osteuropäischen und asiatischen Ländern 씰 Nachbetreuung der Adoptivfamilien 씰 Adoptivfamilientreffen Der Adoptionsdienst wird von der Dienststelle Heidelberg angeboten. 15 Wer beim Adoptionsdienst vorstellig wird, der hat in fast allen Fällen bereits einen langen Weg hinter sich. Der vergebliche Versuch, ohne und anschließend mit medizinischer Unterstützung ein Kind zu bekommen. Auch der Versuch einer Inlandsadoption ist oftmals gescheitert, es gibt einfach viel mehr Bewerberpaare als Kinder. „Es gibt kaum ein Paar, das es nicht schon mal mit einer Inlandsadoption oder mit künstlicher Befruchtung versucht hat, so der Verbandsgeschäftsführer Siegmund Zimmermann, bevor es sich an den Auslandsadoptionsdienst wendet.“ Die Zahl der Inlandsadoptionen ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Der Wohlstand ist gewachsen, allein erziehend zu sein ist kein Stigma mehr, ein Abbruch Wir suchen Eltern für Kinder bietet. Das dient auch der Prüfung, ob der eingeschlagene Weg wirklich der richtige ist. Die meisten bewerben sich daraufhin und werden auf ihre Eignung hin überprüft. „Wir müssen sicher sein, dass wir ihnen ein Kind anvertrauen können.“ Dazu gehören etwa eine stabile Paarbeziehung, gesicherter Lebensunterhalt und die Bereitschaft, dass ein Partner mindestens ein Jahr nach der Adoption zu Hause bleibt, um den besonderen Bedürfnissen gerecht zu werden. „Ich brauche ja auch kein Kind vom anderen Ende der Welt zu holen um es dann von jemand anderem betreuen zu lassen.“ Die Eltern müssen sich auch auf ein Land festlegen, aus dem das Kind adoptiert werden soll. Die Devise, Hauptsache irgendeines, gilt hier nicht. Dabei spielen die kulturellen Wurzeln eine Rolle aber auch Risiken wie bspw. Alkoholmissbrauch in der Seit dem Jahr 2000 fand der In- und Auslandsadoptionsdienst in Heidelberg für 250 Kinder ein neues Zuhause. ist gesetzlich möglich, listet Zimmermann die möglichen Gründe für immer weniger zur Adoption freigegebene Kinder in Deutschland auf. Doch es wenden sich immer noch leibliche Mütter, die ihr Kind nicht selbst aufziehen können, über Ärzte, den kirchlichen Bereich oder andere Beratungsstellen an die Heidelberger. „Wir sind natürlich froh, wenn sie sich möglichst früh melden, aber es kommen auch Anrufe aus dem Krankenhaus kurz nach der Geburt.“ Dann geht es zunächst mal um die Frage, was sich verändern müsste, damit die Frau ihre Mutterrolle doch wahrnehmen kann. Wenn dann doch keine andere Möglichkeit besteht, wird ihr der Ablauf der Vermittlung erklärt, auch, wie sie zukünftig die Verbindung zum Kind aufrecht erhalten kann. „Früher geschah so etwas vor allem inkognito, jetzt gibt es eher offene Formen, das heißt, beide Parteien kennen sich, oder halboffene Adoptionen mit Briefkontakt.“ Es sei wichtig, dass der Faden zu den leiblichen Eltern nie ganz abreißt, denn erfahrungsgemäß taucht die Frage nach der Herkunft irgendwann auf. Seit dem Jahr 2000 ist der Dienst auch für internationale Adoptionen anerkannt und hat seither 250 Kinder vermittelt. Mit dem Verein „Eltern-Kind-Brücke“ wurde ein Kooperationsvertrag geschlossen, um verschiedene Kompetenzen zu bündeln. Die Heidelberger sind eine von 13 Stellen in ganz Deutschland, die sich dieses Themas annehmen, es gibt Kooperationspartner in acht Ländern in Osteuropa und Asien. „Man muss seriöse Partner vor Ort haben, die die Situation dort überprüfen und korrekt abwickeln können“, betont Zimmermann. Wenn sich die zukünftigen Eltern an den Adoptionsdienst wenden, gehen sie zunächst in ein Seminar, das ihnen umfassende Informationen zum Verfahren sowie Gespräche mit Adoptierten Schwangerschaft. Dann beginnt die Wartezeit, die im Durchschnitt zwei Jahre dauert. Schwer verständlich, wenn man sich die Bilder von scheinbar übervollen Waisenhäusern auf der ganzen Welt vor Augen hält. Diesen Eindruck muss Zimmermann korrigieren. „Es ist einfach nicht so, dass Kinder nur darauf warten abgeholt zu werden“, merkt er an. Außerdem konkurrieren weltweit Eltern um die gleichen Kinder, aus den USA zum Beispiel zahlen Agenturen viel Geld für eine Vermittlung. Ferner behält sich jedes Land vor, erstmal in den eigenen Grenzen nach Eltern zu suchen, um die Kinder nicht aus ihrem Kulturkreis herauszuholen. Diese Vorgehensweise wurde im Haager Übereinkommen zum internationalen Schutz der Kinder festgehalten, das inzwischen von über 100 Staaten ratifiziert ist. Wenn ein Vermittlungsvorschlag kommt, wird dieser in Heidelberg geprüft und genehmigt, bevor er an die Klienten weitergereicht wird. „Wir suchen Eltern für Kinder, nicht umgekehrt“, betont Zimmermann. Wenn sie den Vorschlag annehmen, reisen sie in das Herkunftsland und lernen ihr Kind langsam kennen. Danach müssen sie sich entscheiden und das Verfahren im Ausland wird eingeleitet. Wenn die Eltern ihr Kind abgeholt haben, wird dieser Beschluss in Deutschland noch bestätigt. Jetzt folgt eine harte Zeit. „Für das Kind ist alles neu und es wird austesten, ob es wirklich gewollt ist, auch wenn es mal Schwierigkeiten bereitet.“ Deswegen wurde extra eine telefonische Erziehungsberatungshotline eingerichtet, schließlich wollen es alle neuen Eltern besonders gut machen. Ist das Kind erstmal vollständig adoptiert, ist es dann rechtlich gesehen wie ein leibliches Kind. Der Adoptionsdienst steht aber der Familie auch weiterhin zur Verfügung und bietet Rat und Unterstützung auf vielfältige Weise an. 16 Kapitel 6 Kinderhilfefonds Kraichgau und Kinderförderfonds Neckar-Bergstraße Spendeninitiativen von Caritas und Diakonie im Rhein-Neckar-Kreis Spendenkonto – Kinderhilfefonds Kraichgau: Diakonisches Werk, Konto-Nr. 70 22 932 bei der Sparkasse Kraichgau, BLZ 663 500 36 Spendenkonto – Kinderförderfonds Neckar-Bergstraße: Diakonisches Werk, Konto-Nr. 54 06 609 bei der Volksbank Weinheim, BLZ 670 923 00 Mit den beiden Fonds wird Kindern und ihren Familien in finanziellen Notlagen schnell und unbürokratisch geholfen. Ferner soll Kindern aus armen Familien der Zugang zu sportlichen, kulturellen und schulischen Veranstaltungen erleichtert werden. Beide Fonds werden von den Oberbürgermeistern sowie den evangelischen und katholischen Dekanen der jeweiligen Region unterstützt. Die Spenden kommen ohne Abzüge den Zielgruppen zugute. Die finanziellen Hilfen werden ergänzt durch ein umfangreiches Beratungs- und Hilfeangebot von Caritas und Diakonie vor Ort. Im Rahmen von Spendenaktionen kann zum einen sinnvolle Hilfe geleistet, zum anderen aber auch die Öffentlichkeit für das Thema Kinderarmut sensibilisiert werden. 17 Immer mehr Kinder in Deutschland sind von Armut bedroht oder bereits betroffen. 1965 war nur jedes 75. Kind auf Sozialhilfe angewiesen, 2007 ist es bereits jedes siebte. Für viele Familien hat sich mit der Einführung des Arbeitslosengeldes II die Situation noch verschärft. Sie sollen einen Teil des Regelsatzes auf die Seite legen um dieses Ersparte später für Anschaffungen einzusetzen. „Wenn eine Familie zum Beispiel einen neuen Kühlschrank braucht, bekommt sie dafür keine einmaligen Beihilfen mehr“, erläutert Gerhard Tröndle, Dienststellenleiter in Sinsheim. Dann haben sie vielleicht einen neuen Kühlschrank, aber kein Geld mehr, um diesen auch mit Lebensmitteln zu füllen. Um erzählt Anne Hansch, Dienststellenleiterin des diakonischen Werks in Weinheim. „In unseren Beratungsstellen stellten auch wir fest, dass es Familien immer schlechter geht, seit der Umstellung auf Arbeitslosengeld II und dass vor allem die Bedürfnisse der Kinder zuerst zurückstehen müssen.“ Man wollte allerdings keinen weiteren Hilfefonds für Familien, sondern gezielt Maßnahmen mit Kindern fördern. Gemeinsam mit der Caritas wurde 2007 der Kinderförderfonds NeckarBergstraße ins Leben gerufen. Schirmherren sind hier der Oberbürgermeister von Weinheim, der Bürgermeister von Heddesheim sowie die beiden zuständigen Dekane. „Unser Ziel ist es, Kinder, die finanziell Eine erfolgreiche Idee hat Nachahmer gefunden Neben dem Kinderhilfefonds Kraichgau gibt es jetzt auch den Kinderförderfonds Neckar-Bergstraße. existenzielle Notlagen unbürokratisch beseitigen zu können, wurde der Kinderhilfefonds Kraichgau im Jahr 2005 gemeinsam von Caritas und Diakonie ins Leben gerufen. Als Schirmherren konnten die Oberbürgermeister von Sinsheim, Eppingen und Bad Rappenau sowie die Dekane beider Konfessionen gewonnen werden. „Unsere Stärke ist der regionale Bezug und dass die Spenden wirklich zu 100 Prozent weitergegeben werden“, betont Tröndle. Allein 2008 konnten gut 24.000 Euro an Spenden eingenommen werden. „Wir geben den Spendern die Möglichkeit zur direkten Hilfe vor Ort.“ In der Regel kommen die Familien aufgrund einer Notsituation in die Sozialberatung der beiden Verbände. Die Mitarbeiter der Beratungsstellen klären, wie es zu dieser Situation gekommen ist, prüfen, ob auch alle staatlichen Hilfen ausgeschöpft sind und helfen dann in Einzelfällen weiter. Bis zu 500 Euro, in Sonderfällen auch mehr, kann eine Familie pro Jahr erhalten. „Wir schauen auch, ob die Rahmenbedingen zukünftig gesichert sind, damit unsere Hilfe nicht zur ständigen Ergänzung wird.“ Oft befinden sich die Familien in Übergangssituationen, weil etwa die Bearbeitung der Anträge zwischen Arbeitsplatzverlust und Geldergenehmigung länger dauert und alles Ersparte aufgebraucht ist. Dann haben besonders die Kinder darunter zu leiden, die mit ihrer Armut in der Schule auffallen. Im vergangenen Jahr konnten 170 Anträge auf Unterstützung von 133 Familien mit 355 Kindern unbürokratisch geholfen werden. Dafür wurden gut 22.000 Euro ausbezahlt. Die erfolgreiche Idee des Kinderhilfefonds hat Zuwachs bekommen. „Die positive Resonanz auf die Kraichgauer hat uns motiviert, etwas ähnliches anzubieten“, nicht gut gestellt sind, direkt zu unterstützen“, erklärt Hansch den Unterschied. Gleichzeitig würden durch Übernahme von Jahresbeiträgen im Sportverein oder der Musikschule auch die Eltern entlastet und die Kinder können sich ebenfalls freier fühlen. Die Fördermöglichkeiten sind weit gespannt. Schullandheim, Hausaufgabenhilfe, Malkurs, neue Fußballschuhe oder Freizeitmaßnahmen sind nur einige Beispiele. „Es gibt auch Kinder, die an der Essensversorgung in der Schule oder im Kindergarten nicht teilnehmen, weil die Eltern es sich entweder nicht leisten können oder schlicht nicht in der Lage sind, das vernünftig zu organisieren.“ Über entsprechende Anträge wird möglichst unbürokratisch entschieden. Bereits im ersten Jahr wurden 120 Kinder, 2008 bereits 300 Maßnahmen mit über 36.000 Euro gefördert. Die Hilfebedürftigen sind meist Empfänger von Arbeitslosengeld II oder Familien mit geringem Einkommen, die aber knapp über der Grenze für öffentliche Gelder liegen. Die Spenden stammen von Privatpersonen, Serviceclubs, Firmen oder auch von Geburtstagen oder gar Beerdigungskranzgeld. Im Sinne von „Kinder für Kinder“ machen auch Kindergärten oder Schulen Aktionen zu Gunsten des Fonds. Ein Ziel konnte somit auf jeden Fall erreicht werden: Den Fokus auf Kinder zu richten. „Die Familie ist die Basis der Gesellschaft, die Qualität einer Gesellschaft definiert sich über die Qualität des Umgangs mit unseren Kindern“, findet Hansch. Die große Resonanz aus der Bürgerschaft führt sie auch auf die direkte Hilfe vor Ort zurück. „Das Geld wird ein zu eins umgesetzt.“ Einen weiteren Erfolg sieht sie in der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Kinder. „Nachbarn oder Lehrer sollen aufmerksamer sein und stärker auf die Bedürfnisse von benachteiligten Kindern achten.“ 18 Kapitel 7 Kur- und Erholungsberatung Beratung über Kuren, Erholungen und Freizeiten für 씰 씰 씰 씰 씰 Mütter Mutter/Vater und Kind Kinder und Jugendliche Senioren Behinderte Vermittlung 씰 In Kur- und Erholungseinrichtungen des Müttergenesungswerkes und anderer Träger 씰 in Freizeiten Spezielle Kurangebote für Mütter 씰 mit pflegebedürftigen Angehörigen 씰 die kranke oder behinderte Kinder aufziehen 씰 in deren Familie jemand ein Suchtproblem hat 씰 die den Tod oder Trennung eines nahen Angehörigen verkraften müssen Die Kur- und Erholungsberatung wird in allen Dienststellen des Diakonischen Werkes im Rhein-Neckar-Kreis angeboten. 19 In den meist kleineren Häusern reisen die Mütter mit ihren Kindern gemeinsam an und verbringen auch die drei Kurwochen mit dieser Gruppe. Das spezifische Verständnis der Lebenssituationen von Frauen und die zielgerichtete ganzheitliche, medizinische sowie therapeutische Behandlung der gesundheitlichen Defizite der Mütter macht die Besonderheit einer Müttergenesungskur aus. Die Frauen sollen aus ihrem häuslichen Stressfeld herauskommen. Viele genießen es, sich nicht um den Haushalt kümmern, kochen und einkaufen zu müssen, sondern einfach auch mal Zeit für sich zu haben. In einer Entspannungstherapie können sie zum Beispiel Techniken erlernen, die ihnen Begleitung durch den Antragsdschungel Es ist schwieriger geworden, von der Krankenkasse die Genehmigung einer Kur zu erhalten. Die Anforderungen wachsen einem über den Kopf. Ein Kind ist krank, das zweite muss in den Kindergarten und das dritte schreit die ganze Nacht. Zur Arbeit erscheint man nur noch mit tiefen Ringen unter den Augen und schafft trotz größter Anstrengung kaum etwas, die gesundheitliche und psychosoziale Belastung ist zu groß. Eine Mutter-Kind-Kur wäre jetzt genau das Richtige. Die Kurberatung in Sinsheim ist der erste Ansprechpartner, steht beratend zur Seite und hilft bei den Anträgen. In erster Linie finden berufstätige allein erziehende Frauen den Weg zu Birgit Hahn in die Kurberatung, die aufgrund der Dreifachbelastung Kind, Beruf, Haushalt kaum noch zum Luft holen kommen. Aber auch Mütter aus traditionellen Familien sind inzwischen häufig berufstätig oder pflegen Angehörige – eine besondere Belastung. „Die meisten Frauen werden vom Arzt geschickt, oft auch vom Kinderarzt. Viele erfahren von dem Angebot von Freundinnen und Bekannten, die bereits selbst in Kur waren und dort gute Erfahrungen gemacht haben. Es kommen häufig auch Frauen nach vier Jahren wieder, die einen erneuten Antrag stellen möchten, weil sie wissen wie effektiv und nachhaltig so eine Mutter-Kind-Kur wirkt. Das Diakonische Werk vermittelt in erster Linie Mutter-Kind-Kuren in Häuser des Müttergenesungswerkes, Mütterkuren sind eher die Ausnahme. „Die wenigsten Mütter sind bereit, ohne ihr Kind die Kur durchzuführen, das machen dann entweder Frauen mit älteren Kindern oder solche, bei denen es dringend angebracht ist, dass sie mal alleine aus dem Familienalltag kommen.“ später im Alltag weiterhelfen und sie davor bewahren, wieder in die alte Tretmühle zu geraten. In der Zwischenzeit werden die Kinder betreut, für Schulkinder wird schulbegleitender Unterricht oder Hausaufgabenbetreuung angeboten. Die Häuser werden entsprechend der Indikationen von Mutter und Kind ausgesucht. Es gibt spezielle Schwerpunktkuren zum Beispiel für Mütter mit ADS/ADHS-Kindern, mit behinderten Kindern und zur Trauerverarbeitung. Der Bedarf ist zwar nach wie vor groß, doch es ist schwieriger geworden, von der Krankenkasse die Genehmigung einer Kur zu erhalten. „Die lehnen aus den unterschiedlichsten Gründen ab und viel Frauen scheuen sich, dagegen Widerspruch einzulegen“, berichtet Hahn. Doch auch dabei steht die Kurberatung helfend zur Seite, so dass ca. 50 Prozent der Widersprüche erfolgreich sind. Der vorliegende Erschöpfungszustand, Verspannungen oder sogar depressive Verstimmungen reichen den Kassen nicht, sie beleuchten auch das Lebensumfeld der Frauen. Ist die Frau in die Pflege von Angehörigen eingebunden, lebt sie in einer instabilen oder zerbrochenen Partnerschaft, auch wirtschaftliche Schwierigkeiten und soziale Isolation zählen zu den Indikatoren, die für eine Bewilligung der Kurmaßnahme ausschlaggebend sein können. Manche Kassen schicken die Antragstellerinnen aber auch in eigene Vertragshäuser, doch das macht Birgit Hahn nichts aus. „Wichtig ist, dass die Frauen gut vorbereitet zur Mutter-Kind-Kur fahren, damit sie dann auch möglichst lange davon profitieren können.“ 20 Kapitel 8 Schuldnerberatung Staatlich anerkannte Schuldnerberatung mit Insolvenzberatung Wir bieten: 씰 vertrauliche, regelmäßige Beratungsgespräche, 씰 Unterstützung bei der Aufstellung Ihres Haushaltsplans, 씰 Hilfe bei der Erfassung Ihrer Gesamtschuld, 씰 Hilfen zum besseren Verständnis der eigenen Unterlagen, vorhandenen Verträge und Schriftstücke usw., 씰 Informationen zu Kredit- und Pfändungsfragen, 씰 gemeinsame Entwicklung eines Sanierungskonzeptes, 씰 Unterstützung bei Verhandlungen mit Gläubigern, 씰 Insolvenzberatung, Begleitung durch das Insolvenzverfahren, 씰 Hinweise auf weitere Hilfemöglichkeiten. Die Schuldnerberatung wird von den Dienststellen Weinheim, Schwetzingen, Wiesloch und Eberbach angeboten. 21 Bei Peter Zwegat auf RTL sieht das immer so einfach aus. Der private Schuldnerberater geht in die Familien, stellt eine Kostenrechnung auf und räumt Stück für Stück ihr Leben wieder auf. Oft endet das in einem Happy End, aber nicht immer, was auch die Realität widerspiegelt, wie Hanne Gartner und Sieglinde Picht, Schuldnerberaterinnen in Weinheim wissen. „Wenn die Leute zu uns kommen, haben manche die Vorstellung, dass wir auch überall mit ihnen hingehen, aber das können wir gar nicht leisten“, erklärt Picht. Trotzdem sehen beide die Sendung positiv. „Vor zehn, 15 Jahren hat man noch überhaupt nicht über finanziell Probleme gesprochen, hier wird die Autos werden ebenso finanziert wie Häuser und sogar Kleidung lässt sich im Versand im Ratenkauf erstehen. „Heute wird nicht mehr vorher gespart, sondern im Nachhinein“, hat Gartner festgestellt. Das liege sicher auch an der aggressiveren Kundenwerbung der Banken. „Da würden wir uns einen höheren Verbraucherschutz wünschen.“ Egal ob im Internet, übers Telefon oder sobald man die Straße betritt: Die Möglichkeit zum Konsum ist ständig da. Der Konsumdruck setzt schon bei Kindern und Jugendlichen an. Ein cooles Handy, die richtige Jeans und abends weggehen sind wichtig, um im Freundeskreis mithalten zu können. „Die kommen schnell in einen Schulden sind keine Modeerscheinung Ganzheitliche Beratung und Begleitung macht soziale Schuldnerberatung unersetzlich. Anonymität gelüftet.“ Denn auch die Klienten, die in ihre Beratung kommen, haben oft schon eine lange Karriere als Schuldner hinter sich. Das Unvermeidliche wird lange hinausgeschoben, bis das Kartenhaus in sich zusammenbricht, der Strom abgestellt wird oder der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht. Die Überschuldung ist da und meist klopfen die Menschen erst dann bei der diakonischen Dienststelle an. „Wir besprechen mit ihnen, wie sie ihr Existenzminimum sichern können und gleichzeitig Schulden abbauen“, erläutert Picht. Welche Ausgaben sind notwendig wie Miete, Strom oder Unterhalt, an welchen lässt sich sparen? In der Regel haben die Schuldner keinen Überblick mehr über ihre finanziellen Verpflichtungen und sind schlicht überfordert. Gerade bei Personen mit niedrigem Einkommen steht oft gar nichts mehr zur Verfügung, um den Schuldenberg abzubauen. „Dann müssen wir auch Schuldnerschutz bei den Gläubigern betreiben, wenn diese mit Zwangsvollstreckung drohen.“ Andere zahlen zwar die Raten immer fleißig, haben dafür aber nicht mehr ausreichend Geld für Kleidung und Nahrung. Der Weg in die Armut ist vorgezeichnet. Hier leiden vor allem die Kinder. „An denen wird zuerst gespart, dann kann etwa der Essensbeitrag im Kindergarten nicht mehr gezahlt werden.“ Doch das Problem existiert auch umgekehrt. Während es früher üblich war, dass Lehrlinge, die zu Hause bei ihren Eltern wohnten, einen Teil ihres Lohns als Kostgeld abgaben, ist dies heute oft nicht mehr der Fall. „Den Eltern fällt es schwer, das Geld bei ihren Kindern einzufordern, wir hören dann Sätze wie, wenn es eng wird, gibt er mir ja was“, erzählt Gartner. Schulden sind heute in den meisten Haushalten die Regel. Wettbewerb untereinander.“ Deswegen setzt die Schuldnerberatung auf Prävention. Mit Theaterstücken oder Wanderausstellungen wird das Thema Geld in Schulen zum Thema gemacht. „Damit erreichen wir viele Schüler, weil die Lehrer es auch im Unterricht aufgreifen.“ Die Kooperation mit den Schulen wird auch in anderen Bereichen aufrecht erhalten, doch die beiden Schuldnerberaterinnen üben auch Kritik: „Die Schulen müssen ein Gespür dafür entwickeln, dass sich vielleicht nicht jeder die teure Studienfahrt nach London leisten kann und dem etwas entgegen setzen.“ Auch Inge Ruchay will mit präventiven Maßnahmen wie Vorträgen oder Theaterstücken dem sorglosen Umgang mit Geld vieler Jugendlicher entgegenwirken. Seit Herbst 2007 arbeitet die Diplompädagogin beim Diakonischen Werk in Eberbach als Schuldnerberaterin in einem Projekt, das auf zwei Jahre angesetzt ist und ausschließlich aus Mitteln der Kirche und Diakonie finanziert wird. Die Prioritäten liegen hier bei jungen Erwachsenen und jungen Familien unter dem Motto „Schuldenfreier Start ins Leben“. Die Berater stellten fest, dass ca. 20 Prozent der Klienten, die zur Diakonie in Eberbach kommen, überschuldet sind und spezialisierte Hilfe benötigen. Ruchay möchte die Familien im Rahmen eines ganzheitlichen Konzepts unterstützen, das Schuldner- und Haushaltsberatung sowie psychosoziale Beratung beinhaltet, sich also von kommerziellen Angeboten unterscheidet. „Wir wollen Struktur in die Finanzen und das Leben bringen, Begleitung und Stärkung anbieten“, so Ruchay, damit die Familien wieder ohne Schulden selbst bestimmt am Leben teilnehmen können. Schulden sind keine Modeerscheinung und der Bedarf an Schuldnerberatung ist da. 22 Kapitel 9 Sozialpsychiatrischer Dienst Der Sozialpsychiatrische Dienst betreut chronisch psychisch kranke und seelisch behinderte Menschen, die aufgrund ihrer Erkrankung unter erheblichen sozialen Beeinträchtigungen leiden und ist Ansprechpartner für Angehörige von psychisch Kranken. Beratung und Angebote 씰 Hilfestellung nach einem Klinikaufenthalt, 씰 bei Problemen in der Alltagsbewältigung, 씰 Unterstützung und Begleitung in Krisensituationen, 씰 im Umgang mit Behörden und Einrichtungen, 씰 Informationen über Hilfeangebote anderer Dienste und Einrichtungen. Weitere Angebote im Bereich der sozialpsychiatrischen Versorgung in der Region Eberbach sind die Soziotherapie, Betreutes Wohnen für psychisch kranke Menschen, die Tagesstätte und Gruppenangebote, u.a. auch für Angehörige. Der Sozialpsychiatrische Dienst arbeitet bei Bedarf mit niedergelassenen Ärzten, Psychiatrischen Kliniken und Einrichtungen der psychosozialen Versorgung zusammen. Dienststelle Eberbach Der Sozialpsychiatrische Dienst wird für die Gemeinden Eberbach, Heddesheim, Hirschhorn, Neckarsteinach und Schönbrunn angeboten. 23 Sie leben mit ihrem Kind allein und sind psychisch krank. Aber die Sehnsucht nach einer heilen Familie und einem Leben ohne Krankheit und ohne die damit verbundenen Probleme sind immer da. „Deswegen haben sie ein schlechtes Gewissen, fühlen sich dann wieder schlecht es ist wie in einem Teufelskreis“, hat Diplomsozialarbeiter Gerhard Seußler festgestellt. Gemeinsam mit Diplomsozialpädagogin Annette Knoch, Leiterin des Sozialpsychiatrischen Dienstes in der Dienststelle Eberbach kümmert er sich um Menschen mit psychischer Erkrankung, darunter auch allein Erziehende, die im Rahmen des Betreuten Wohnens, kurz BWB, intensiv von den Mitarbeitern sozialpädagogisch betreut werden. Es geht darum, psychisch kranke Menschen, die schon länger Das BWB ist das Spezialgebiet der Eberbacher mit dem höchsten Betreuungsaufwand. Der Sozialpsychiatrische Dienst dagegen ist erste Anlaufstelle für chronisch psychisch kranke Menschen, die schon in stationärer Behandlung waren oder sich derzeit in ambulanter psychiatrischer Behandlung befinden sowie für Menschen in akuten Krisensituationen. „Nach einer ersten Anamnese stellen wir fest, was der Klient selbst möchte, was notwendig ist und was als nächstes zu tun ist“, erklärt Knoch das Vorgehen. Alles läuft auf freiwilliger Basis, solange der Betroffene weder sich noch andere gefährdet. Weitere Angebote in Eberbach sind die Soziotherapie, die psychisch Kranke dabei unterstützt, mit den Alle Bereiche des Familienlebens sind tangiert In Eberbach finden psychisch Kranke unterschiedliche Hilfe. krank sind und zum Teil in stationärer Behandlung waren, wieder zu einem selbständigen Leben zu verhelfen. Sie leben in ihrer eigenen Wohnung und werden bei allen Problemen, die die psychische Erkrankung mit sich bringen, unterstützt. Dabei können durchaus auch pädagogischen Fragen zum Thema werden, waren drei der Personen in den vergangenen Jahren doch allein erziehende Mütter. „Aufgrund ihrer psychischen Erkrankung haben sie viel mit sich selbst zu tun, dass sie oft nur schwer den Ansprüchen der Kinder gerecht werden oder gar sich um schulische Belange kümmern können“, stellen die Mitarbeiter fest. Hier gibt es aber kein Sicherheitsnetz von Oma und Opa, die Frauen sind auf sich alleine gestellt. Diese ohnehin schwierige Situation wird durch die psychische Erkrankung noch erschwert, weil die betroffenen Mütter schnell überfordert sind. „Wir müssen immer als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, wenn es den Müttern psychisch nicht gut geht oder sich die Erkrankung verschlimmert“. Die Mitarbeiter des BWB sind bei pädagogischen Fragen besonders gefordert, denn der Gesprächsbedarf in diese Richtung ist hoch. Sie kümmern sich aber auch darum, dass die Hausaufgabenbetreuung für die Kinder geregelt wird oder vermitteln, wenn Probleme in Schule oder Kindergarten entstanden sind. Alle Bereiche des Familienlebens sind tangiert. Indem die Sozialarbeiter die Familien unterstützen, wird das Zuhause für Mutter und Kind entspannter. Wichtig ist auch, dass die Kinder Kontakte zu anderen Erwachsenen haben, die ihnen mal Grenzen setzen. Etwas, was die kranken Mütter oft nicht können. Hier dürfen dann Kinder auch ungestört Kind sein, kehren sich doch im eigenen Heim die Rollen allzu oft um, wenn der Kleine die deprimierte Mutter tröstet und mit zunehmendem Alter immer mehr Verantwortung im Haushalt übernimmt. Oft viel zu früh. Auswirkungen der Erkrankung zu leben, um stationäre Behandlungen möglichst zu vermeiden. Außerdem trifft sich eine feste Gruppe zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten. Immer wieder wenden sich auch Menschen an den Sozialpsychiatrischen Dienst, die sich um ihre psychisch kranken Angehörigen Sorgen machen. „Wenn Kinder zwar erwachsen sind, aber trotzdem krankheitsbedingt nicht eigenständig leben können, ist das für die Eltern sehr belastend.“ Ist der Kontakt zum eigentlich psychisch Kranken dann hergestellt, kann es z.B. darum gehen, diese zu einem Arztbesuch zu motivieren, denn nicht jeder erkennt, dass er psychisch krank ist. Im Rahmen einer festen Gruppe treffen sich beim Diakonischen Werk darüber hinaus Angehörige zum Erfahrungsaustausch. Dritte Anlaufstelle für psychisch kranke Menschen in Eberbach ist die Tagesstätte. An drei Tagen in der Woche treffen sich hier Menschen, um an kreativen Angeboten wie Töpfern, Malen oder auch Stricken teilzunehmen oder gemeinsam zu kochen. Neben dem Entdecken der eigenen Ressourcen geht es bei dem Angebot aber vor allem darum, die sozialen Kontakte der Betroffenen wieder zu stärken. „Viele psychisch Kranke leben zurückgezogen und müssen überwiegend mit Arbeitslosengeld II oder einer kleinen Rente auskommen“, hat Knoch festgestellt. Da bleibt kaum Geld mehr für eine Teilhabe am sozialen Leben. In der Tagesstätte aber kennen sich die Leute, erkennen gleich, wenn es einem mal schlechter geht. Es haben sich feste Gruppen gebildet, die viel Verständnis füreinander aufbringen. „Es ist schon ein gutes Zeichen, wenn jemand auch an schlechten Tagen kommt und sich angenommen fühlt. Einige Besucher der Tagesstätte treffen sich mittlerweile auch privat“, ergänzt Knoch. 24 Kapitel 10 Migrationsberatung Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE) Beratung für neu zugewanderte sowie schon länger in Deutschland lebende Ausländer/innen und Spätaussiedler/innen: 씰 zu Integrations- und Sprachkursen 씰 zur Arbeitssuche, beruflichen Eingliederung und Berufsausbildung 씰 zu Angeboten der Kinderbetreuung, Kindertagesstätten und Schulen 씰 zur Erziehung und Familie 씰 zur Existenzsicherung 씰 zum Aufenthalt in Deutschland 씰 zu Freizeit- und Kontaktmöglichkeiten Die Migrationsberatung wird von den Dienststellen Sinsheim, Schwetzingen, Wiesloch und Weinheim angeboten. Ferner werden Spätaussiedler im Übergangswohnheim in Neckargemünd betreut. 25 Deutschland ist ein Einwanderungsland. „Es kommen jedes Jahr viele neue Migranten hierher, das wird in der Öffentlichkeit gar nicht so wahrgenommen“, hat Diplomsozialpädagogin Maria Thöle festgestellt. Häufig mache sich erst ein Familienmitglied auf, schaut, wie man in der neuen Heimat zurechtkommt und holt dann den Rest nach. Die Familienzusammenführung ist in der Regel nicht einfach und nicht nur in diesen Situationen helfen Maria Thöle und ihr Kollege Jochen Bach von der Migrationsberatung in Sinsheim weiter. Seit 2005 gibt es neben dem Migrationsfachdienst, den das Diakonische Werk schon viele Jahre anbietet, auch eine Anlaufstelle für neu Zugewanderte. Dieser mit Zuschüssen des Bundes finanzierte Vor wenigen Jahren noch lag ein Schwerpunkt des Migrationsfachdienstes in der Aussiedlerbetreuung in den Heimen für Spätaussiedler im Rhein-NeckarKreis. Deren Zahl hat so stark abgenommen, dass es nur noch ein Heim in Neckargemünd gibt. Die Menschen werden aber auch weiter betreut, wenn sie eine eigene Wohnung gefunden haben, betont Thöle. „Der Beratungsbedarf ist immer noch da.“ Während die Zahl der Spätaussiedler abnahm, ist die der EU-Bürger seit 2007 stark gestiegen. Hier helfen die Berater bei Fragen zu den Themen Arbeit, Krankenkasse oder Sozialleistungen. „Gerade die Migranten aus den neuen EU-Ländern haben das Problem, Integration braucht seine Zeit Die Beratungsstelle für Migranten hat vielfältige Aufgaben zu bewältigen Beratungsdienst war zunächst als Migrationserstberatung (MEB) nur für die ersten 3 Jahre nach der Einreise konzipiert. Heute ist dieser Dienste als Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE) längerfristig angelegt und hat die Aufgabe, die soziale, sprachliche und berufliche Integration zu fördern und zu begleiten. „Vor allem die Integrationssprachkurse, die seither angeboten werden und an die wir weitervermitteln, haben unsere bisherige Arbeit gut ergänzt“. erklärt Bach. „60 Prozent der Klienten der Migrationsberatungsstelle leben schon länger als drei Jahre in Deutschland“. Um sich in der neuen Heimat zurechtzufinden, braucht es Zeit, denn erst wenn die Familien ihre Existenz gesichert haben, fangen sie an, sich für das größere soziale Umfeld wirklich zu interessieren. „Es ist schön, diese Entwicklung zu sehen, wenn man die Menschen über mehrere Jahre begleitet.“ Anfänglich sind viele Migranten vor allem mit den Anforderungen, die die Behörden an sie stellen, schlicht überfordert. Die Beratungsstelle hilft beim Ordnen und bei der Orientierung in der neuen Kultur. Da komme es schon mal vor, dass gestandene Männer aus Unsicherheit und Zukunftsangst den Tränen nahe sind. „Das wirkt sich ja auch auf die Familienstruktur aus, wenn der starke Vater keine Arbeit hat und die Kinder beim Übersetzen im Amt helfen müssen. Das stellt das Weltbild der Familie auf den Kopf“, erläutert Thöle eine der vielen schwierigen Situationen. Meist kämen die Menschen mit einem Problem zu ihr und entdecken im Laufe des Gesprächs hundert weitere Baustellen. „Wir müssen sie dann beruhigen, ihnen Mut machen, doch die Vertrauensbildung dauert seine Zeit.“ dass sie noch keinen uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt haben, der ihnen praktisch nur offen steht, wenn sie qualifizierte Berufe haben.“ Ein weiteres großes Hindernis, das vor allem für Nicht-EUBürger gilt: Die Anerkennung der heimischen Abschlüsse und Arbeitszeugnisse. „Ausbildungen werden meist nicht anerkannt, das erschwert den beruflichen Einstieg zusätzlich.“ Sie bekommen dann nur Jobs im Niedriglohnsektor und werden dort oft ausgenutzt, hat Thöle festgestellt. „Früher bekamen sie bessere Arbeit, jetzt gehören sie zu den Geringverdienern unter Sozialhilfeniveau.“ Doch es gibt auch positive Entwicklungen. So seien viele Gemeinden aufgeschlossener und entdecken die kulturelle Vielfalt als einen Vorteil für die Gemeinschaft. Auch auf die Frauen wird intensiver und mit speziellen Angeboten zugegangen. „Wenn das Angebot stimmt, dann kommen die Frauen auch“, erklärt Thöle. Sowohl der Druck auf, als auch die Einsicht bei vielen Migrantenfamilien sei gestiegen, dass es nur von Vorteil ist, wenn die Frau auch Deutsch spricht. Sie ist für die Kindererziehung zuständig und kann ihnen so mehr mitgeben. An der interkulturellen Öffnung bei Behörden und Einrichtungen müsse aber noch viel gearbeitet werden. „Da stecken wir noch in den Kinderschuhen.“ Durch die Auslastung bei Einzelfällen komme dieser Bereich oft zu kurz. Der Zugang zu den Institutionen muss vereinfacht, Broschüren übersetzt und Mitarbeiter für Kulturunterschiede sensibilisiert werden. „Da führen manchmal schon kleine Dinge zu großen Missverständnissen, z. B. wie und wann Handgeben angebracht ist oder nicht“, sagt Bach. 26 Kapitel 11 Sozialpädagogische Gruppen in Sinsheim und Neulußheim Gruppenangebot für Kinder und Jugendliche im Alter von 8–12 Jahren in Sinsheim sowie von 10-14 Jahren in Neulußheim Sinsheim: Montag von 12:30 Uhr bis 17 Uhr Neulußheim: Montag, Mittwoch und Freitag von 13:30 Uhr bis 17 Uhr Gesetzliche Grundlage § 29 Kinder-und Jugendhilfegesetz 씰 씰 씰 씰 Programm Mittagessen Hausaufgabenhilfe Freizeitpädagogische Angebote Ziel Die Teilnahme an sozialer Gruppenarbeit soll den Kindern und Jugendlichen bei der Überwindung von Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensproblemen helfen. Wesentlicher Bestandteil der Gruppenarbeit ist die Zusammenarbeit mit den Eltern der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie die Kooperation mit Schule und Jugendamt. 27 Maßnahmen der Jugendhilfe greifen. Eltern müssen diese beim Jugendamt beantragen und sich verpflichten, mitzuarbeiten. Eigentlich ist das Angebot für Acht- bis Zwölfjährige angedacht. Im Moment liegt der Alterdurchschnitt eher bei 15 Jahren, (was an der Belegung durch das Jugendamt liegt). „Mit Jüngeren zu arbeiten, wäre natürlich besser, denn die Maßnahme soll präventiv wirken“, erzählt Gutwein. Bei den Älteren häufen sich die Probleme, so dass sich oft die Frage stellt, ob dieses Angebot noch ausreichend ist. Da geht es dann vielfach darum, das Gröbste, wie etwa einen Schulausschluss zu vermeiden. Verhaltensänderung ist schwierig In der sozialpädagogischen Gruppe lernen auffällige Kinder und Jugendliche ihr Verhalten zu überdenken. Sie fallen in ihren Klassen oder auf der Straße unangenehm auf. Sie wollen ständig im Mittelpunkt stehen, fordern das mit impulsivem und aggressivem Verhalten auch ein. Kritikfähigkeit ist ein unbekanntes Wort. Sie geraten oft in verbale und körperliche Auseinandersetzungen. Das sind die Jungs, mit denen es Verena Gutwein von der Dienststelle Schwetzingen in der sozialpädagogischen Gruppenarbeit zu tun hat. Drei Mal wöchentlich trifft sich Gutwein mit den Teilnehmern nach der Schule für mehrere Stunden. Nach dem gemeinsamen Mittagessen kommen die Hausaufgaben dran und dann geht es um Freizeitgestaltung, sei es durch Besuche von Veranstaltungen, einen Abstecher zum Bolzplatz oder gezielte Gespräche etwa zum Umgang mit Alkohol. „Unser Ziel ist es, die Jungen wieder in den normalen Alltag zurückzuführen, in Vereine und Jugendhäuser zu vermitteln, klar zu machen, was man mit seiner Freizeit sinnvoll anfangen kann.“ In der Gruppenarbeit werden auch die Probleme einzelner Mitglieder aufgearbeitet, es entsteht mit der Zeit eine tragfähige Beziehung zwischen den Jugendlichen und ihren Betreuern. Am Anfang hilft vor allem die Hündin Doreen dabei, den ersten Zugang zu ermöglichen. „Mit ihr fällt das Miteinander leichter, ein Hund bewertet nicht und wenn sie nicht so, wie erwartet reagiert, wird dieser Misserfolg nicht gleich persönlich gesehen“, hat Gutwein festgestellt. Anfänglich sind die meisten nicht begeistert von ihrer neuen Pflicht zur Teilnahme an der Gruppe, denn die ist nicht freiwillig, da sonst eventuell andere Die Ursachen für die Schwierigkeiten sind vielfältig. In der Familie gab es einschneidende Veränderungen wie Trennung oder neue Geschwister, eine Vaterfigur fehlt oder die Eltern sind zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, um ihren Kindern Rückhalt zu bieten. Dazu kommen verschiedene kulturelle Einflüsse. „Muslime zum Beispiel haben einfach ein anderes Männerbild, auch wenn ihre Eltern integriert sind“, erklärt Gutwein. Sie könne schon verstehen, dass es den Jungen da schwer falle, sich angemessen zu verhalten. „Manchmal ecken sie an und wissen gar nicht warum.“ In der Gruppe lernen sie, ihr Verhalten zu überdenken und zu erkennen, welche Reaktionen sie auslösen. „Die Erkenntnis, dass sie sich mit ihrem Verhalten oft selbst im Wege stehen, ist ein wichtiger Schritt.“ In der kleinen Gruppe können sie Alternativen zum Gewohnten kennen lernen. „Wenn sie hier bestimmte Reaktionen an den Tag legen, kann ich darauf eingehen, mit ihnen darüber sprechen.“ Schwieriger wird es dann, wenn das Erlernte in den Alltag übertragen werden soll, ein Prozess, an dem viele scheitern. Immer wieder müssen bestimmte Abläufe im Rollenspiel geübt werden, damit sie das später alleine hinbekommen. Ein langer Prozess, die meisten sind zwischen eineinhalb und zwei Jahren in der Gruppe. „Jahrelange eingeprägte Verhaltensmuster zu verändern, ist nicht einfach“, stellt die Diplomsozialpädagogin fest. 28 Kapitel 12 Hospizdienst Kirchlich Ambulanter Hospizdienst in Kooperation mit dem Evangelischen Kirchenbezirk, dem Katholischen Dekanat, dem Caritasverband sowie den Kirchlichen Sozialstationen der Region. Wir stehen Schwerkranken, Sterbenden und Angehörigen zur Seite, damit das Leben bis zuletzt lebenswert ist. Die Begleitung der sterbenden Menschen zu Hause und ihrer Angehörigen ist Aufgabe des ambulanten Hospizdienstes. Denn Tod und Trauer gehören zum Leben, werden aber in unserer Gesellschaft verdrängt. Dienststelle Eppingen Unser Ziel ist es, Sterben als Teil des Lebens bewusst zu machen und den Menschen am Lebensende verantwortungsvoll zur Seite zu stehen. Auch die Information der Öffentlichkeit über die Themenkreise Sterben, Tod und Trauer sowie Vorträge bei verschiedenen Zielgruppen zählen zu unseren Aufgaben. Ebenso die Schulung von Berufsgruppen, die mit sterbenden Menschen arbeiten. 29 klar, es geht dem Ende entgegen. Schön wäre es deswegen, wenn sich die Menschen nicht erst ein paar Stunden vor dem Tod melden, um eine tragfähige Verbindung aufbauen zu können. „Leider ist es oft zu spät, manchmal kommen wir an und der Betroffene ist bereits verstorben.“ Genauso gebe es aber auch den gegenteiligen Fall, dass sich ein Patient wieder soweit erholt, dass der Einsatz erstmal ausgesetzt wird. Der Dienst wird unterschiedlich intensiv gebraucht. Manchmal kommen die Ehrenamtlichen nur einige Stunden pro Woche, ist der Kontakt intensiver, wird er unter den Mitarbeitenden aufgeteilt. „Mehr als vier Stunden am Tag sollte keiner vor Das Leben bis zuletzt lebenswert machen Der Hospizdienst steht Schwerkranken, Sterbenden und Angehörigen zur Seite. Im Mittelpunkt stehen Sterbende und Angehörige. Für den kirchlich ambulanten Hospizdienst Kraichgau leisten Ehrenamtliche eine schwere, aber auch bereichernde Arbeit. Weniger tun ist manchmal mehr. Das gilt vor allem für die letzten Tage und Stunden eines Menschen. Und gerade da ist es am Allerschwierigsten. „Es gibt immer die Gefahr, in solch einer Situation in Aktionismus zu verfallen, eine Form des Davonlaufens“, erklärt Gisela Jungels. „Wir aber sind dafür da, die Situation auszuhalten, einfach da zu sein.“ Die Diplomsozialpädagogin ist beim kirchlich ambulanten Hospizdienst Kraichgau Ansprechpartnerin für Schulung und Gruppenbegleitung. Die Ursprünge der Hospizarbeit gehen weit zurück bis ins Mittelalter, doch das Angebot ging verloren. Erst in den 60er Jahren fing es zunächst in Großbritannien in organisierter Form wieder an. Nach stationären Angeboten entwickelten sich ambulante Dienste, eine große Entlastung für die Familie. „Viele wollen gerne zu Hause sterben, da kann ein Hospizdienst hilfreich sein.“ Träger des Hospizdienstes sind der Caritasverband im Rhein-Neckar-Kreis, Diakonisches Werk im Rhein-Neckar-Kreis, der evangelische Kirchenbezirk Kraichgau, das katholische Dekanat Kraichgau und die Sozial-/Diakoniestationen im Einzugsgebiet. Vor allem über Letztere kommen denn auch die meisten Kontakte zu Angehörigen und Sterbenden zustande. „Wir gehen nur dahin, wo wir von beiden Seiten gewünscht sind“, betont Jungels. Dann muss auch klar sein, dass es kein Besuchsdienst ist. „Das Kind muss beim Namen genannt werden, viele Familien haben ein Problem damit, das anzunehmen.“ Denn wenn der Hospizdienst kommt, ist Ort sein, wir dürfen unsere Einsatzkräfte auch nicht überfordern.“ Denn es ist ein anstrengendes Ehrenamt, wofür die meist weiblichen Helfer speziell geschult werden. Jährlich werden neue Kurse angeboten, um die Menschen auf diesen sensiblen Bereich vorzubereiten. Dabei setzen sie sich auch mit ihrer eigenen Motivation, ihren Ängsten und Bedürfnissen auseinander. „Reflexion ist besonders wichtig, denn hier geht es nur um den Sterbenden und seine Angehörigen, die Begleiter treten in den Hintergrund“, betont Jungels. Selbst nach Grund- und Aufbaukurs sowie den Hospitationen entscheiden manche noch, dass es doch nicht das Richtige ist oder zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt. „Die Familie muss den Einsatz mittragen, auch mit dem Beruf muss er ins Zeitbudget passen.“ Derzeit helfen etwa 15 Ehrenamtliche mit, die Zahl schwankt. Schließlich ist es auch wichtig, sich zwischendurch Auszeiten zu gönnen, sei es durch eigene Betroffenheit oder nach langen Einsätzen. Waren es zunächst vor allem Ältere, die sich diese Arbeit vorstellen konnten, wurden es im Laufe der Jahre eher jüngere Frauen. Oft sind es Menschen, die in ihrem Umfeld schon Erfahrungen mit dem Tod gemacht haben. Ein erster Kontakt entsteht häufig bei den jährlichen Hospizwochen in Bad Rappenau, bei denen sich die Besucher dem Thema unverbindlich nähern können. Neben neuen Ehrenamtlichen ist vor allem die zunehmende Enttabuisierung des Sterbens ein Verdienst der Aktionswochen. „Es gehört zum Leben und wer sich damit auseinandersetzt, gewinnt ein Stück Lebensqualität.“ 30 Kapitel 13 Tafelladenprojekt „Appel + Ei“ in Schwetzingen ist ein ökumenisches Projekt des Caritasverbandes und des Diakonischen Werkes. Es wird unterstützt von der evangelischen und katholischen Kirche sowie der Stadt Schwetzingen. Bei „Appel + Ei“ können folgende Personen eine Kundenkarte beziehen: 씰 Bezieher/innen von Grundsicherung 씰 Bezieher/innen von Arbeitslosengeld II 씰 Bezieher/innen von Kindergeldzuschuss 씰 Bezieher/innen von und Wohngeld 씰 Personen mit geringen Einkommen (Rentenbezug) 31 Appel + Ei - ein Tafelladenprojekt in Schwetzingen Das Ladengeschäft für Lebensmittel und vieles mehr – für Menschen mit geringen Einkommen. Der Mitte des vergangenen Jahres in Kooperation mit der Caritas in Schwetzingen eröffnete Tafelladen „Appel + Ei“ bietet für Personen mit geringem Einkommen Lebensmittel zu sehr günstigen Preisen. In Supermärkten, kleinen Lebensmittelgeschäften, Großmärkten, Drogerien, Bäckereien und Cafés sammeln Ehrenamtliche gespendete Produkte für den Tafelladen ein. Die Unterstützung durch die Bevölkerung ist groß, weiß Dienststellenleiterin Bärbel Morsch zu berichten. „Die hohe Arbeitslosigkeit und die öffentliche Diskussion über Hartz IV haben den Blick und die Sensibilität für das Thema Armut geschärft.“ Besonders Schüler setzen sich in verschiedenen Aktionen für den Tafelladen ein. Im Rahmen von Religions- und Ethikunterricht machen sie Exkursionen vor Ort, helfen mit und manche sprechen sogar Einkaufende vor Supermärkten auf eine Spende hin an. Der Laden selbst wird mit einer Mischung aus Hauptund Ehrenamtlichen betrieben. Dazu kommen Langzeitarbeitslose für 1,50 Euro die Stunde. Die Mitarbeiter sortieren die gespendeten Waren nach Brauchbarem aus und packen Obst und Gemüse um. „Natürlich ist das eine Win-Win-Situation für die großen Läden, denn die Entsorgung der Lebensmittel würde viel Geld kosten.“ Die Tafel aber nimmt alles mit. Was nicht zu gebrauchen ist, muss sie selbst wegwerfen. Die Nachfrage ist groß. 664 Einzelpersonen oder Familien haben sich eine der Kundenkarten ausstellen lassen, die nur Bedürftige bekommen. Davon werden 1385 Personen versorgt, rund 500 sind Kinder. „Ich gehe aber davon aus, dass viele Leute, die die Vorraussetzungen für einen Tafelladenausweis erfüllen, dieses Angebot nicht in Anspruch nehmen, gilt es doch eine gewisse Schamgrenze zu überwinden“, ist sich Morsch bewusst. Zu Appel + Ei haben nur Kunden mit einer Kundenkarte Zugang. Diesen erhalten sie nach Vorlage entsprechender Unterlagen. Adresse + Öffnungszeiten Laden: Markgrafenstr. 12 68723 Schwetzingen Montag: Seniorentag 9 bis 12 Uhr Dienstag + Donnerstag: 10 bis 11 Uhr/ Zusätzliche Einkaufsmöglichkeit für Personen mit Behindertenausweis "G" Dienstag bis Freitag: 12 bis 16 Uhr Samstag: 10 bis 13 Uhr 32 Kapitel 14 Arbeitslosenprojekt DW-Laden DW-Laden Sinsheim Second-Hand- und Eine-Welt-Laden Hauptstraße 52, 74889 Sinsheim DW-Laden Eppingen Second-Hand-Laden Altstadtstr. 8, 75031 Eppingen Öffnungszeiten Sinsheim und Eppingen: Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag 9–12:30 Uhr und 14–17:30 Uhr Mittwoch 9–12:30 Uhr Im Rahmen dieser Arbeitslosenprojekte werden arbeitslose Jugendliche befristet in den DW–Läden beschäftigt. Außerdem werden Jugendliche im Raum Sinsheim, die Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben, in Kooperation mit der Agentur für Arbeit auch in Einrichtungen der Diakonie eingesetzt. Projekt für Langzeitarbeitslose in Schwetzingen In diesem Projekt wurden langzeitarbeitslose Menschen, die Arbeitslosengeld II bezogen, befristet in gemeinnützige Tätigkeiten vermittelt. Das Projekt war befristet vom Herbst 2005 bis November 2008. 33 Einkaufsmöglichkeiten für Einkommensschwache DW-Läden verbinden haupt- und ehrenamtliche Arbeit. Drei Wünsche auf einmal? Das geht nun wirklich nicht, heißt es immer in der Werbung und das gilt vermutlich auch für soziale Projekte. Aber nicht immer, der DW-Laden des Diakonischen Werkes in Sinsheim ist so eine dreifache Wundertüte. Secondhand-Laden, in dem Familien mit geringem Einkommen günstig einkaufen können, Arbeitslosenprojekt für Jugendliche und Eine-Welt-Laden zur Unterstützung der Entwicklungshilfe in einem. „Es hat sich inzwischen eingespielt, dass Leute, die im Eine-WeltLaden einkaufen auch den Secondhand-Laden beliefern“, erklärt Dienststellenleiter Gerhard Tröndle das Konzept, das seit 1996 läuft. Unterstützt wird das Projekt von der Evangelischen Landeskirche. Jugendliche, die in der Regel bereits verschiedene Schulungen mitgemacht und trotz zahlreicher Anläufe bisher keinen Ausbildungsplatz finden konnten, erhalten hier für sechs bis neun Monate eine Aufgabe. Pünktlichkeit und Regelmäßigkeit sind für manche eine ganz neue Erfahrung. Im Laden erfahren sie Unterstützung durch die Mitarbeiterinnen, eine Sozialarbeiterin hilft bei den Bewerbungen. „Unser Ziel ist es, die Jugendlichen in eine Arbeitsoder Ausbildungsstelle zu vermitteln.“ Durch die individuelle Betreuung sind die Erfolgschancen gemessen an den Bedingungen des Arbeits- und Ausbildungsstellenmarktes relativ gut. Die Arbeit im Eine-Welt-Laden hat sich über die Jahre hinweg verändert. Inzwischen gibt es auch in vielen Supermärkten fair gehandelte Lebensmittel, so dass sich der DW-Laden mehr auf Handwerkliches konzentriert. Immer noch aber kommen Schulklassen vorbei, die sich über das Thema fairen Handel informieren, manchmal arbeiten auch Realschüler über das Projekt soziales Engagement oder Konfirmanden mit. Denn der DW-Laden ist auf ehrenamtliche Kräfte angewiesen. „Wir haben einen Stamm von etwa 10 Helfern, bräuchten aber noch mehr, um auf Dauer die Öffnungszeiten zu garantieren.“ Im Dezember 2008 begannen die Umbauarbeiten für den im Februar 2009 neu eröffneten DW–Laden in Eppingen. Das Diakonische Werk Heilbronn konnte das frühere Diakonielädele aus organisatorischen Gründen nicht mehr weiterführen. Um dieses Angebot für die Eppinger Bevölkerung zu erhalten, einigte man sich auf eine „freundliche Übernahme“ durch das Diakonische Werk im Rhein-Neckar-Kreis. Das Betreuungskonzept des Secondhand-Ladens ist gemischt. Eine hauptamtliche Mitarbeiterin hält die Fäden in der Hand, dazu kommen eine geringfügig Beschäftigte für die großzügige Bücherstube, arbeitslose Jugendliche, die in Kooperation mit der Diakonischen Jugendhilfe eingesetzt werden und derzeit drei Ehrenamtliche, die durch Mund-zu-MundPropaganda gefunden wurden. Am Beispiel der beiden DW–Läden wird deutlich, dass das Thema Ehrenamt für die Arbeit im Diakonischen Werk immer wichtiger wird. Das hat die Verantwortlichen bewogen, neue Wege zu gehen, um die Gewinnung, Schulung und Begleitung von Ehrenamtlichen zu fördern. Seit Anfang des Jahres kümmert sich Diplomsozialpädagogin Andrea Bongers um diese Aufgabe. Die Ehrenamtlichen sollen auf ihre Aufgaben vorbereitet und während ihrer Einsätze unterstützt werden. Dies kann zum Beispiel der Umgang mit Kunden im DW–Laden sein oder mit belastenden Schicksalsfällen in anderen Arbeitsfeldern der Diakonie. Bongers nennt dieses Engagement für andere gelebte Diakonie, die sich langfristig auch in anderen Projekten wieder finden soll. „Hauptamtliche haben einfach nicht immer die Zeit, sich um alle Bedürfnisse, wie zum Beispiel einen Spaziergang mit Altenheimbewohnern kümmern zu können.“ 34 Kapitel 15 Gruppenangebote und Informationsveranstaltungen Das Diakonische Werk im RheinNeckar-Kreis hat im Berichtszeitraum 2006–2008 zu folgenden Themen bzw. Arbeitsfeldern Gruppen angeboten: Das Diakonische Werk beteiligte sich mit anderen Beratungsstellen und Einrichtungen von Caritas und Diakonie an einem Informationsstand bei der Landesgartenschau in Bad Rappenau. Bei verschiedenen Benefizveranstaltungen wurde auf die steigende Armut von Familien hingewiesen sowie über den Kinderhilfefonds und den Kinderförderfonds informiert. 씰 für Adoptionsbewerber 씰 für Adoptivfamilien 씰 für Alleinerziehende in Schwetzingen, Sinsheim und Weinheim 씰 für Angehörige von Psychisch Kranken in Eberbach 씰 für Ehrenamtliche des Kirchlich Ambulanten Hospizdienstes Kraichgau 씰 für Eltern von Pflegekindern 씰 für junge Mütter in Schwetzingen und Weinheim 씰 für Psychisch Kranke in Eberbach und Eppingen 씰 für pflegende Angehörige in Schwetzingen und Weinheim 씰 für Menschen nach einer Krebserkrankung in Neckargemünd Vorträge und Veranstaltungen zu den Themen Sexualpädagogik, Schulden, Diakonie, soziale Fragen usw.: 씰 in Schulen 씰 in Konfirmandengruppen 씰 in Gremien und Kreisen der Kirchengemeinden 35 Finanzierung der Arbeit des Diakonischen Werkes im Rhein-Neckar-Kreis im Jahr 2008 Aufgrund einer Neuordnung der Finanzzuweisungen der Evangelischen Landeskirche für die Diakonischen Werke ist der Anteil der kirchlichen Mittel seit dem letzten Bericht deutlich gestiegen und liegt nunmehr bei 51 %. Hierin sind die Zuweisungen der Evangelischen Landeskirche, die Umlage der vier Kirchenbezirke im Rhein-Neckar-Kreis sowie die Mittel aus der Sammlungswoche der Diakonie enthalten. Ferner erhielt das Diakonische Werk Zuschüsse vom Bund, Land, Kreis, politischen Gemeinden sowie zweckgebundene Spenden für einzelne Arbeitsfelder. Die Spenden- und Stiftungsmittel wurden für die Unterstützung von Klienten eingenommen. 36 Beratene Klienten Die Grafik der beratenen Klienten im Verlauf der beiden Berichtszeiträume macht deutlich, dass nach dem Jahr 2005 mit der Einführung von Hartz IV der Beratungsbedarf deutlich gestiegen ist. Vor allem im Arbeitsbereich Schuldnerberatung ist die Nachfrage nach wie vor sehr hoch. Beratungen Die Zahl der Beratungen im Rahmen von Sprechstunden erreichten im Jahr 2008 einen Höchststand von 5609. Auch die telefonischen Beratungen sind im Berichtszeitraum gestiegen. Die zeitaufwendigen Hausbesuche mussten dementsprechend reduziert werden. 37 Familienstand Die Beratung des Diakonischen Werkes wird oft dann in Anspruch genommen, wenn es in Lebensläufen zu Brüchen kommt. Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Not sind Belastungen, an denen manche Familie zerbricht. Trennung und Scheidung oder eine ungewollte Schwangerschaft, bei der die Mutter nach der Geburt alleine die Verantwortung für das Kind tragen muss, haben oft die Abhängigkeit von öffentlichen Leistungen zur Folge. Auch traditionelle Familien, bei denen das Erwerbseinkommen aus dem Niedriglohnsektor nicht ausreicht, um die Familie zu ernähren suchen Rat und Hilfe bei der Diakonie. Dieses Spektrum spiegelt sich in der Statistik der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit wider. Nicht ganz ein Drittel des Klientels ist ledig, ein knappes Drittel lebt in einer traditionellen Familie und etwas mehr als ein Drittel lebt in Trennung oder ist bereits geschieden. Altersstruktur Im letzten Bericht stellte die Gruppe der 21 - bis 40-Jährigen noch über die Hälfte des Klientels in der Sozialberatung. Die schon damals erkennbare Tendenz einer Verschiebung in die höheren Altergruppen hat sich weiter fortgesetzt. Damals nahm die Gruppe der 41- bis 50-Jährigen um 9% und dieses Mal um weitere 4,5% zu. Der Anteil der 51- bis 60-Jährigen stieg erstmals um 2,7 %. Die Gruppe der 21- bis 30- sowie der 31- bis 40Jährigen nahm im Vergleich zum letzten Berichtszeitraum um 6,1 % bzw. 6,3 % ab. Am Gesamtbild, dass die Sozialberatung des Diakonischen Werkes überwiegend von Klienten in der Familienphase (traditionelle Familien, Alleinerziehende und Patchworkfamilien) aufgesucht wird, hat sich nichts Wesentliches geändert. 38 Einkommensverhältnisse Die Beratung im Rahmen der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit (KASA) wird insbesondere von ALG II– Beziehern in Anspruch genommen (40%). Mit 23 % folgt die Gruppe der Erwerbstätigen, bei denen oft der Lohn nicht ausreicht, um unabhängig von öffentlichen Leistungen leben zu können. Bei 9 % des KASA–Klientels wird das Einkommen durch Ehepartner und Familien gesichert. Das Arbeitslosengeld I spielt nur noch bei 7% der Klienten eine Rolle. Die Zunahme des Anteils von älteren Klienten spiegelt sich auch beim Alters- und Witwenrentenbezug (7%) wider. 39 40 Dienststelle Eberbach Friedrichstraße 14 69412 Eberbach Telefon 06271 9264-0 Fax 06271 / 9264-20 eMail eberbach@dw-rn.de Dienststelle Weinheim Hauptstraße 72 69469 Weinheim Telefon 06201 90290 Fax 06201 902924 eMail weinheim@dw-rn.de Dienststelle Schwetzingen Hildastraße 4a 68723 Schwetzingen Telefon 06202 93610 Fax 06202 936120 eMail schwetzingen@dw-rn.de Dienststelle Wiesloch Friedrichstraße 5 69168 Wiesloch Telefon 06222 / 385137 Fax 06222 388873 eMail wiesloch@dw-rn.de Dienststelle Sinsheim Kirchplatz 4 74889 Sinsheim Telefon 07261 1876 Fax 07261 8653 eMail sinsheim@dw-rn.de Dienststelle Heidelberg Verbandsgeschäftsstelle Friedrich-Ebert-Anlage 9 69117 Heidelberg Telefon 06221 97200 Fax 06221 972020 eMail heidelberg@dw-rn.de Dienststelle Eppingen Kaiserstraße 5 75031 Eppingen Telefon 07262 5041 Fax 07262 4684 eMail eppingen@dw-rn.de www.dw-rn.de