Univ.-Prof. Dr. Georg Wydra - Sportwissenschaftlichen Instituts der
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Univ.-Prof. Dr. Georg Wydra - Sportwissenschaftlichen Instituts der
Univ.-Prof. Dr. Georg Wydra Beobachten, Befragen, Testen 1 2 3 4 5 6 7 AUFGABENBEREICHE VON EMPIRISCHEN ERHEBUNGSVERFAHREN TESTS BEFRAGUNGEN BEOBACHTUNGEN GÜTEKRITERIEN VON TESTS DER DIAGNOSTISCHE PROZESS DIAGNOSTISCHE VALIDITÄT Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 1 Empirische Erfahrung als Grundlage des Wissens „Einmütigkeit besteht zwischen den Vertretern unterschiedlicher Positionen innerhalb der Erfahrungswissenschaften darüber, dass empirisches Wissen, d.h. Wissen über die tatsächliche Welt, nur in Auseinandersetzung mit der Realität gefunden und durch Beobachtung der Realität abgesichert werden kann. „Beobachtung“ ist hierbei in einem sehr weit gefassten Sinne zu verstehen als kontrollierte direkte oder indirekte Wahrnehmung mit Hilfe der menschlichen Wahrnehmungssinne und unterstützt durch zu diesem Zweck konstruierte Beobachtungs- und Messinstrumente (hierher gehören z. B. auch alle Formen der Befragung)“ (Kromrey 2006, S. 29). Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 2 1 Aufgabenbereiche von empirischen Erhebungsverfahren Leistungsdiagnostik Entwicklungsdiagnostik Experiment Dimensionsanalyse Eignungsdiagnostik Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 3 Leistungsdiagnostik Feststellung des Ist-Standes der körperlichen Leistungsfähigkeit. Hierbei ist vor allem der Vergleich mit Normwerten wichtig. Leistungsfähigkeit in Abhängigkeit vom Kindergarten 100% 80% 60% 40% 20% 0% Norm stark unterdurchschnittlich Prof. Dr. Georg Wydra Kita s unterdurchschnittlich S portkita normal überdurchschnittlich Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes sehr gut 4 Entwicklungsdiagnostik Erfassung von Veränderungen der körperlichen Leistungsfähigkeit im Verlaufe des Alterns oder im Rahmen von speziellen Programmen Veränderung der Muskeldehnbarkeit über einen Zeitraum von zwei Wochen Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 5 Experiment Einsatz von Tests im Rahmen von Experimenten mit Versuchs- und Kontrollgruppen. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 6 8 Liegeststütze Nachtest Vortest 20 27 Testiemts Ballw urf 44 39 Sprint 61 85 Standw eitsprung 85 86 6-m in-Lauf 92 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Prozentuale Häufigkeiten Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 7 103,5 103 T1 T2 102,5 T3 102 Z-Werte 101,5 101 100,5 100 99,5 99 98,5 98 VG Prof. Dr. Georg Wydra KG Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 8 Dimensionsanalyse Erfassung der Dimensionalität des Merkmalsraums der körperlichen Leistungsfähigkeit über Faktoren- und Dimensionsanalysen. Bauchmuskeltest Leseempfehlung: Wydra, G. (1995). Ein neuer Test zur Beurteilung der Kraft der Bauchmuskulatur. Krankengymnastik, 47, 937 - 946. http://www.sportpaedagogik-sb.de/pdf/crunches.pdf Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 9 Eignungsdiagnostik Prognose der Eignung von bestimmten Personen für bestimmte Programme. Bedeutsam für die Talentfindung und die Therapie. Diagnosestudien Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 10 2 Tests • Definition • Leistungstests • Persönlichkeitstests • Einzeltests, Testbatterien, Testserien • Screeningtests und adaptatives Testen Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 11 Tests Tests sind wissenschaftlich begründete Routineverfahren zur Untersuchung von allgemeinen und speziellen Merkmalen einer Person. Ziel ist eine möglichst quantitative Aussage über den relativen Grad der individuellen Merkmalsausprägung. Tests müssen unter Standardbedingungen durchführbar sein und den statistischen Gütekriterien genügen (vgl. Lienert, 1969; Bös, 1987; Moosbrugger & Kelava, 2008). Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 12 Assessment Unter einem Assessment versteht man einen multidimensionalen und interdisziplinären diagnostischen Prozess mit dem Ziel, die medizinischen, psychosozialen und funktionellen Probleme und Ressourcen eines Patienten zu erfassen und einen umfassenden Behandlungs- und Betreuungsplan zu entwickeln. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 13 Leistungstests Als Leistungstests bezeichnet man alle Tests, die eine Differenzierung der Probanden nach ihrer Leistungsfähigkeit erlauben. Hierbei werden die Probanden (mit ansteigenden Anforderungen) an ihre individuelle Leistungsgrenze geführt. Es besteht die Möglichkeit Leistungstests unter Zeitdruck (Beispiel d2-Test) oder als Niveautests (Beispiel BKT-Reha) durchzuführen. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 14 Leistungstests unter Zeitdruck: d2-Test Bei diesem Papier-Bleistift-Test sind in einer vorgegebenen Zeit alle d, die mit zwei Strichen versehen sind, zu markieren. • 14 Reihen zu je 47 Zeichen • jeweils 20 Sekunden für jede Zeile Folgende Skalen können u. a. berechnet werden: • GZ: Gesamtzahl der bearbeiteten Zeichen • KL (Konzentrationsleistungswert): Alle richtig durchgestrichenen Zeichen Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 15 Strukturmodell der Bewegungskoordination Art des sensorischen Analysators Art der Bewegungsausführung Koordination unter Zeitdruck: Ballistische Bewegungen Fähigkeit zur genauen Kontrolle: Geführte Bewegungen Exterozeptive Informationen z. B. einen Ball fangen oder zurückschlagen z. B. Einbeinstand mit offenen Augen Interozeptive Informationen z. B. Sprünge mit geschlossenen Augen z. B. Finger-NaseVersuch mit geschlossenen Augen Manual BKT-Reha Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 16 Persönlichkeitstests Unter Persönlichkeitstests fasst man Tests zusammen, die nicht leistungsbezogen sind, sondern individuelle Merkmalsausprägungen erfassen und dann eine Beurteilung des Testergebnisses im Vergleich mit anderen Menschen gleichen Alters oder Geschlechts zulassen. Beispiele: • Verfahren zur Beurteilung der Lebensqualität, des Wohlbefindens und Beschwerdelisten. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 17 Einzeltests, Testbatterien, Testserien Testbatterie: Hierbei handelt es sich um die Zusammenstellung verschiedener Einzeltests, um ein umfassenderes und damit genaueres Testergebnis zu erhalten. Man unterscheidet heterogene und homogene Testbatterien. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 18 Deutscher Motoriktest (DMT 6–18) Testübung Fähigkeitsbereich 6-Minuten-Lauf Allgemeine aerobe Ausdauer 20-m-Sprint Schnelligkeit Situ-ups Kraftausdauer Bauchmuskulatur Liegestütze Kraftausdauer Schultermuskulatur Standweitsprung Schnellkraft Beine Balancieren rückwärts Gleichgewicht Seitliches Hin- und Herspringen Koordination Rumpfbeuge Beweglichkeit Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 19 Berg-Balance-Scale International anerkanntes Assessment zur Beurteilung des Gleichgewichts. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 Vom Sitzen zum Stehen Stehen ohne Unterstützung Sitzen ohne Unterstützung Vom Stehen zum Sitzen Transfer von einem Stuhl mit zu einem Stuhl ohne Armlehne Stehen mit geschlossenen Augen Stehen mit Füßen dicht nebeneinander (enger Fußstand) Mit ausgestrecktem Arm nach vorne reichen/langen Gegenstand vom Boden aufheben Sich umdrehen, um nach hinten zu schauen Sich um 360° drehen Abwechselnd die Füße auf eine Fußbank stellen Stehen mit einem Fuß vor dem anderen (Tandemstand) Auf einem Bein stehen (Einbeinstand) Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 20 Soviel testen wie nötig und so wenig wie möglich Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 21 Screeningtests Screeningtests – auch Siebtests genannt – sind nach wissenschaftlichen Kriterien konstruierte Tests, bei denen unter besonderer Berücksichtigung ökonomischer Gesichtspunkte versucht wird, mit relativ einfachen und wenig belastenden Verfahren Gesunde von möglicherweise Erkrankten zu trennen. Die vermeintlich Gesunden brauchen nicht weiter untersucht und behandelt zu werden. Die vermeintlich Erkrankten werden weitergehend getestet. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 22 Aufgabe eines motorischen Screenings Menschen mit motorischen Störungen von solchen ohne motorische Störungen unterscheiden a.) Richtig positiv: Der Patient hat eine motorische Störung, und der Test hat dies richtig angezeigt. b.) Falsch positiv: Der Patient hat keine motorische Störung, aber der Test hat ihn fälschlicherweise als motorisch gestört eingestuft. c.) Falsch negativ: Der Patient hat eine motorische Störung, aber der Test hat ihn fälschlicherweise als nicht motorisch gestört eingestuft. d.) Richtig negativ: Der Patient hat keine motorische Störung, und der Test hat dies richtig angezeigt. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 23 Timed up and go Test Ziel: Beurteilung der Mobilität entsprechend der ICF und hierbei insbesondere des Gehens und der Fortbewegung (d450-d469) Der Proband sitzt auf einem Stuhl. Auf Kommando soll der Proband bis zu einer Linie in drei Meter Entfernung gehen, sich dort umdrehen, wieder zurück zum Stuhl gehen und in die Ausgangsposition hinsetzen. • Weniger als 10 Sekunden: Keine Mobilitätseinschränkung • 11 bis 19 Sekunden: Leichte Mobilitätseinschränkung • 20 bis 29 Sekunden: Mobilitätseinschränkung mit funktionellen Auswirkungen weiterführendes Assessment • Über 30 Sekunden: Ausgeprägte Mobilitätseinschränkung Therapie Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 24 Adaptive Tests „Unter adaptivem Testen versteht man ein spezielles Vorgehen bei der Messung individueller Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen, bei dem sich die Auswahl der zur Bearbeitung vorgelegten Items am Antwortverhalten des untersuchten Probanden orientiert“ (Frey, 2008, S. 262). Beispiel: GGT Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 25 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 26 Sequentiell Testen Unter sequentiellem Testen versteht man eine Diagnosestrategie, die sich von dem Motto „Soviel testen wie nötig und so wenig testen wie möglich“ leiten lässt. Es werden hierbei Schritt für Schritt nacheinander (sequentiell) bestimmte Tests durchgeführt. Hierbei wird auf jeder Stufe in Abhängigkeit vom Ergebnis der vorausgegangenen Tests entschieden, welche weiteren Maßnahmen durchgeführt werden (Wydra, 2004b). Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 27 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 28 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 29 Arbeitsauftrag A 1: Konstruieren Sie im Sinne einer sequentiellen Diagnosestrategie ein Sturzassessment! Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 30 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 31 Sturzassessment Risikofaktor Kraft der Beine Gleichgewicht Gang Angst zu stürzen Prof. Dr. Georg Wydra Test Leg press (Oesch, et al., 2007); Isokinetik (Felder, & Roemer, 1999); Five-chair-rise-Test (Guralnik, 1994) Kraftmessplattform (Lindemann, 2003) Gleichgewichtstest (Wydra, 1993); Berg-Balance-Skala (Scherfer, et al., 2006); Tinetti-Test (Tinetti, 1986); Romberg-Test, Tandem-Stand Timed up and go Test (Podsiadlo, & Richardson, 1991); Tinetti-Test (Tinetti, 1986); Dynamic Gait Index (Schädler, 2006) Falls Efficacy Scale (Dias et al., 2006) Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 32 Motorische Basisdiagnostik Fähigkeitsbereich Beweglichkeit Kraft Koordination Ausdauer Übung Rumpfflexion und -extension, Beinstrecken, Anfersen, Ausschultern Schulterwegdrücken, Hüftstrecken, Einbeinaufstehen, Rumpfaufrichten Achterkreisen, Balancieren und Ballprellen, Ball umgreifen, An der Wand entlang Gehen mit 6 und 7 kmh-1, Laufen mit 7 und 8 kmh-1 Wydra, G. (2000). Eine problemorientierte Diagnosestrategie für die Sporttherapie. In K. Schüle & G. Huber (Hrsg.), Grundlagen der Sporttherapie (S. 91 - 100). München: Urban & Fischer. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 33 Motorische Basisdiagnostik Testübung Beweglichkeit Kraft Koordination Ausdauer Prof. Dr. Georg Wydra Ausschultern Rumpfbeugen Beinstrecken Anfersen Schulterwegdrücken Rumpfanheben Rumpfaufrichten Einbeinaufstehen Achterkreisen Ballprellen Ballumgreifen An der Wand entlang Gehen mit 6 kmh-1 Gehen mit 7 kmh-1 Laufen mit 7 kmh-1 Laufen mit 8 kmh-1 Lösungsprozentsätze (Männer/Frauen) 59 (54/65) 86 (85/87) 34 (21/47) 63 (59/66) 82 (88/67) 68 (69/69) 68 (67/70) 71 (75/67) 45 (47/44) 55 (58/51) 66 (74/57) 62 (59/64) 92 (92/92) 84 (88/80) 69 (80/59) 56 (69/43) Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 34 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 35 Krankheitsfolgenmodell (ICIDH) Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 36 International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 37 ICF-Kapitel mit bewegungstherapeutischer Relevanz Körperstrukturen Kapitel 7: Mit der Bewegung in Zusammenhang stehende Strukturen (s710 - s799) Körperfunktionen Kapitel 2: Vestibuläre Funktionen (b235), Propriozeption (b260), Tastsinn (b265), Schmerzen (b280-b289) Kapitel 4. Funktionen des kardiovaskulären, hämatologischen, Immun- und Atmungssystems (b410 - b469) Kapitel 5: Funktionen im Zusammenhang mit dem Stoffwechsel (b540 - b559) Kapitel 7. Neuromuskuloskeletale und bewegungsbezogene Funktionen (b710 b789) Aktivitäten und Teilhabe Kapitel 4: Mobilität (d410 - d469) Kapitel 5: Selbstversorgung (d510 - d599) Kapitel 9. Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben (d920) Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 38 Mobilität Das Kapitel 4 (Mobilität) befasst sich mit der eigenen Bewegung durch Änderung der Körperposition oder -lage oder Verlagerung von einem Platz zu einem anderen, mit der Bewegung von Gegenständen durch Tragen, Bewegen oder Handhaben, mit der Fortbewegung durch Gehen, Rennen, Klettern oder Steigen sowie durch den Gebrauch verschiedener Transportmittel. Die Körperposition ändern und aufrecht erhalten (d410-d429) Gegenstände tragen, bewegen und handhaben (d430-d449) Gehen und sich fortbewegen (d450-d469) Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 39 Vergleich der bewegungswissenschaftlichen Terminologie mit der Terminologie der ICF Bewegungswissenschaft ICF Motorische Fertigkeiten Mobilität Motorische Fähigkeiten Funktionen Passive Systeme der Energieübertragung Strukturen Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 40 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 41 Mobilitätstests Timed up and go test WOMAC Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 42 Western-Ontario and McMaster Universities Osteoarthritis Index (WOMAC) 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) Treppen hinaufsteigen Treppen hinuntersteigen Aufstehen vom Sitzen Stehen Sich zum Boden bücken Gehen auf ebenem Boden Einsteigen ins Auto/Aussteigen aus dem Auto 8) Einkaufen gehen 9) Socken/Strümpfe anziehen 10) Aufstehen vom Bett 11) Socken/Strümpfe ausziehen 12) Liegen im Bett 13) Ins Bad/aus dem Bad steigen 14) Sitzen 15) Sich auf die Toilette setzen/Aufstehen von der Toilette 16) Anstrengende Hausarbeiten 17) Leichte Hausarbeiten Bewertung: 11-stufige Skala bzw. Visuelle Analog-Skala Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 43 Aufgabenbereiche Aufstehen Hinsetzen Stehen Gehen Laufen Springen Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 44 Soviel testen wie nötig und so wenig wie möglich! Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 45 Teststrategie Adaptatives Testen Sequentielles Testen Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 46 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 47 Zusammenfassung Vorteile der ICF-Orientierung: Restitutio ad integrum von Strukturen und Funktionen nicht oder nur eingeschränkt Anerkannter und erwarteter Standard im medizinischen Kontext Modell ist mit sportwissenschaftlicher Systematik kompatibel Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 48 Fähigkeit Allgemeine aerobe Ausdauer Lokale aerobe und anaerobe Ausdauer Kraft Reaktionsschnelligkeit Aktionsschnelligkeit Koordination Beweglichkeit Gelenkigkeit Muskeldehnbarkeit Prof. Dr. Georg Wydra ICF-Domäne und Kapitel Kapitel 4: Funktionen des kardiovaskulären, hämatologischen und Atmungssystems (b410 - b469), Kapitel 5: Funktionen im Zusammenhang mit dem Stoffwechsel (b540 - b559) Kapitel 7: Funktionen der Muskelausdauer (b740) Kapitel 7: Funktionen der Muskelkraft (b730) und des Muskeltonus (b735) Kapitel 7: Neuromuskuloskelettale und bewegungsbezogene Funktionen (b710 - b789) einschließlich der Funktionen der Reflexe und Muskeln. Funktionen der Bewegungsmuster beim Gehen, Rennen oder anderen Bewegungsabläufen des gesamten Körpers (b770) Kapitel 2: Vestibuläre Funktionen (b235), Propriozeption (b260), Tastsinn (b265) Kapitel 7: Funktionen der Bewegung (b750-b789) Kapitel 7: Neuromuskuloskelettale und bewegungsbezogene Funktionen (b710 - b789) einschließlich der Funktionen der Gelenke und Knochen: Gelenkbeweglichkeit und Gelenkstabilität Kapitel 7: Funktionen des Muskeltonus (b735) Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 49 ICFKomponenten Anatomische Strukturen Physiologische Funktionen Aktivitäten und Teilhabe Prof. Dr. Georg Wydra ICF-Kategorien Assessmentverfahren Mit der Bewegung in Zusammenhang stehende Strukturen Vestibuläre Funktionen, Propriozeption, Tastsinn Schmerzen Umfangs-, Dicken- und Längenmessungen Koordinations- und Gleichgewichtstests; Posturografie Schmerzfragebögen, aber auch Fragebögen zum Wohlbefinden und zur Lebensqualität Ergometrie, Spiroergometrie Funktionen des kardiovaskulären, hämatologischen - und Atmungssystems Funktionen im Zusammenhang mit dem Stoffwechsel Neuromuskuloskelettale und bewegungsbezogene Funktionen (Gelenkbeweglichkeit und Gelenkstabilität, Muskelkraft, Muskeltonus und Muskelausdauer) Die Körperposition ändern und aufrecht erhalten, Gegenstände tragen, bewegen und handhaben, Gehen und sich fortbewegen Sich an informellen oder formell organisierten Wettkampfspielen oder athletischen Ereignissen, zu beteiligen Auf seine Gesundheit achten und sich über diese Notwendigkeit im Klaren sein Neutral-Null-Methode Manuelle Krafttests Apparative Krafttests: Isokinetik Mobilitätstests: Verfahren zur Erfassung von Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Koordination (sportmotorische Tests, Beobachtungen, Fragebögen) Fragebögen zur körperlichen und sportlichen Aktivität Fragebögen zum Gesundheitsverhalten Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 50 Arbeitsauftrag A 2: Wie könnte aus Ihrer Sicht eine der Motorischen Basisdiagnostik entsprechende Diagnosestrategie für Ihren Tätigkeitsbereich aussehen? Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 51 3 Befragungen • Formen der Befragung • Makroplanung • Mikroplanung • Fragentypen • Fragebögen als Testinstrumentarien • Arbeitsauftrag Fragebogenkonstruktion Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 52 Befragung Bei einer Befragung handelt es sich um eine wissenschaftliche Methode, bei der Versuchspersonen durch eine Reihe gezielter Fragen bzw. anderer Stimuli, wie z. B. Bilder, zu Äußerungen veranlasst werden, die mündlich oder schriftlich wiedergegeben werden (vgl. Moosbrugger & Kelava 2008). Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 53 Qualitative Befragungen Das Narrative Interview will durch freies Erzählenlassen zu subjektiven Bedeutungsstrukturen kommen, die durch eine Vorstrukturierung nicht erschlossen werden können. Vorteil: Erschließen neuer und unbekannter Dimensionen. Nachteil: Hoher zeitlicher und personeller Aufwand für Durchführung und Auswertung der Interviews. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 54 Qualitative Befragungen Das Problemzentrierte Interview setzt an konkreten Problemen an, wobei der Interviewte durch einen Interviewleitfaden auf bestimmte Fragestellungen hingelenkt wird. Vorteil: Überprüfung ob die Fragestellungen vom Interviewten verstanden wurden, Erschließen neuer Aspekte und größerer Zusammenhänge. Nachteil: Hoher zeitlicher und personeller Aufwand für Durchführung und Auswertung der Interviews. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 55 Standardisierte Befragungen Bei standardisierten Interviews werden die Fragen und mögliche Antwortmöglichkeiten vorgegeben. Vorteil: Persönliche Ansprache fördert die Motivation zu antworten, hohe Auswertungsökonomie. Nachteil: Nicht abgefragte Aspekte bleiben unberücksichtigt. Erläuterte und kontrollierte Befragung: Die Befragten bekommen einen Fragebogen vorgelegt und erläutert. Vorteil: Persönliche Ansprache fördert die Motivation zu antworten. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 56 Standardisierte Befragungen Postalische Befragung: Die Befragten bekommen einen Fragebogen (einschließlich eines frankierten Rückumschlages) postalisch zugestellt. Vorteil: Ortsunabhängige Erreichbarkeit vieler Versuchspersonen. Nachteil: Hohe Portokosten und je nach subjektiver Bedeutung der Fragestellung geringe Rücklaufquote. Onlinie-Befragung: Eine Befragung über das Internet, wobei die Fragen direkt am Bildschirm (online) beantwortet werden können. Vorteile: geringe Kosten, schneller Rücklauf. Nachteil: Nur Internetnutzer können erreicht werden (siehe http://www.2ask.de ) Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 57 Makroplanung (Strukturierung der Befragung) Festlegung des Themenbereiches unter Berücksichtigung der relevanten Literatur Strukturierung des Themenbereiches in Teilbereiche (Programmfragen) Festlegung der Reihenfolge der einzelnen Themenbereiche: Interessante aber unkritische Fragen zu Beginn (Eisbrecherfragen), komplizierte Fragen in der Mitte des Fragebogen, leichte Fragen (z. B. Angaben zur Person am Ende des Fragebogens) Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 58 Mikroplanung (Spezifizierung der Inhalte der Befragung) Formulierung der Fragen Festlegung der Antwortmöglichkeiten (offene vs. geschlossene Fragen; Skalierung geschlossener Fragen) Befragungstechnische Aspekte zur Motivierung der Befragten (Eisbrecher-, Übergangs- und Ablenkungsfragen) Probebefragung, Itemanalyse Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 59 Zur Formulierung von Fragen Der Interviewer will etwas von dem Befragten. Deshalb gilt es Überforderungen zu vermeiden: Fragen exakt, konkret und eindeutig formulieren keine doppelten Verneinungen keine Suggestivfragen Bildungsniveau und intellektuelle Fähigkeiten der Befragten berücksichtigen Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 60 Offen formulierte Fragen Mit welchen Erwartungen lesen Sie diesen Studienbrief? _________________________________________________ _________________________________________________ Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 61 Alternativfragen Lesen Sie diesen Studienbrief um allgemeine Anregungen zu erhalten oder um neue Tests kennenzulernen? Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 62 Katalogfragen Mit welchen Erwartungen lesen Sie diesen Studienbrief? um allgemeine Anregungen zu erhalten um neue Tests kennenzulernen um selbst Assessmentverfahren auswählen zu können Andere Ziele: __________________________________________________ __________________________________________________ Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 63 Skalen- oder Ratingfragen Ich lese diesen Studienbrief, um allgemeine Anregungen zu erhalten Variante 1: Diskret gestufte Ratingskala ich stimme voll zu lehne ich vollkommen ab Variante 2: Verbale Ratingskala ich stimme voll zu ich stimme zu unentschieden lehne ich ab lehne ich vollkommen ab Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 64 Skalen- oder Ratingfragen Variante 3: Numerische Ratingskala Variante 4: Visuelle Analogskala Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 65 Grafisches Rating Gesichterskala von Andrews und Withey (1976). Wie fühlen Sie sich in diesem Moment? Bitte kreuzen Sie das entsprechende Gesicht an! Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 66 Semantisches Differential Wie fühlen Sie sich in diesem Moment? Bitte kreuzen in jeder Zeile Sie das Kästchen an, das Ihrer momentanen Stimmung am nächsten kommt! Gut Sauber Schwach Prof. Dr. Georg Wydra schlecht schmutzig stark Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 67 Borg-Skala Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 68 Dichotome Antwortkategorien Ja-Nein- oder Stimmt-Stimmt-Nicht-Antworten Ich lese diesen Studienbrief, um allgemeine Anregungen zu erhalten ja nein um neue Tests kennenzulernen ja nein Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 69 Fragebogen zur Erfassung des motorischen Funktionsstatus (FFB-Mot) Selbsteinschätzungsfragebogen zur Erfassung des motorischen Funktionsstatus in Normalpopulationen Der Fragebogen besteht aus vier Subskalen: Kraft (K), Ausdauer (A), Beweglichkeit (B) und Koordination (Ko). Jede dieser Subskalen umfasst sieben Items. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 70 FFB-Mot: Items zur Erfassung der Kraft • K-ADL: auf einem Stuhl sitzend ohne Hilfe der Arme aufstehen können • K1: einen schweren Einkaufskorb (8 kg) über mehrere Etagen tragen • K2: eine volle Bierkiste in den Keller tragen • K3: aus der Rückenlage ohne Hilfe der Arme den Oberkörper aufrichten (Situp) • K4: einen schweren Koffer über Kopfhöhe heben (z. B. im Zug auf die Gepäckablage) • K5: 2 schwere Koffer über mehrere Etagen tragen • K-Sport: eine Hantel mit mehr als Ihrem Körpergewicht hochstemmen Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 71 Fragebögen als Testinstrumentarien (FAHW) Aspekte des Wohlbefindens Aspekte des Missbefindens Körperlicher Bereich Zufriedenheit mit dem momentanen Körperzustand Körperliche Gebrechen und Schmerzen Psychischer Bereich Ruhe, Ausgeglichenheit und Vitalität Unsicherheit, Stress und Anspannung Sozialer Bereich Freunde haben, intaktes Familienleben, Eingebundensein in die soziale Gemeinschaft Einsamkeit und soziale Isolation, Enttäuschung über Mitmenschen http://www.sportpaedagogik-sb.de/pdf/FAW.pdf Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 72 Trifft überhaupt nicht zu Trifft kaum zu Ich weiß nicht! Trifft ungefähr zu Trifft voll und ganz zu 1. Ich bin sehr ausgeglichen 2. Ich kann ohne Probleme auf andere zugehen 3. Wenn ich mich bewege, spüre ich meine Krankheit 4. Ich fühle mich alleingelassen 5. Ich habe dauernd Schmerzen 6. Ich bin mit meinem körperlichen Zustand zufrieden 7. ich habe jede Menge Freunde 8. Ich habe mein Leben im Griff 9 . Meine Stimmung ist gedrückt 10. Ich bin von meinen Mitmenschen enttäuscht 11. Ich fühle mich körperlich gesund 12. Ich halte die innere Anspannung nicht mehr aus Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 73 Trifft kaum zu Trifft überhaupt nicht zu Ich weiß nicht! 4 3 2 1 2. ich kann ohne Probleme auf andere zugehen 5 4 3 2 1 3. wenn ich mich bewege, spüre ich meine Krankheit -5 -4 -3 -2 -1 4. ich fühle mich verlassen -5 -4 -3 -2 -1 5. ich habe dauernd Schmerzen -5 -4 -3 -2 -1 6. ich bin mit meinem Körperzustand einverstanden) 5 4 3 2 1 7. ich habe jede Menge Freunde 8. ich habe Alles im Griff 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 9. meine Stimmung ist gedrückt -5 -4 -3 -2 -1 10. ich bin von meinen Mitmenschen enttäuscht -5 -4 -3 -2 -1 11. ich fühle mich körperlich gesund 5 4 3 2 1 12. ich halte die innere Anspannung nicht mehr aus -5 -4 -3 -2 -1 Trifft ungefähr zu 5 Trifft voll und ganz zu 1. ich bin sehr ausgeglichen Siehe hierzu: http://www.sportpaedagogik-sb.de/index.php?artikel=fahw Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 74 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 75 Arbeitsauftrag A 3: Versuchen Sie einen Fragebogen zur Erfassung der körperlich-sportlichen Aktivität zu entwickeln! • Welche Programmfragen würden Sie stellen? • Versuchen Sie die verschiedenen Fragetypen zu berücksichtigen! Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 76 4 Beobachtungen • Definition • Differenzierung von Beobachtungen • Zur Erfassung der Beobachtungsdaten • Dynamic Gait Index (DGI) Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 77 Beobachtung Eine Beobachtung ist eine Form der selektiven Wahrnehmung, bei der durch die Fokussierung und Konzentration auf einzelne Aspekte andere Aspekte ausgeblendet werden (vgl. Erdmann & Willimczik, 1978). Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 78 Differenzierung von Beobachtungen dem Grad der Natürlichkeit der Beobachtungssituation der Rolle des Beobachters in teilnehmende oder nichtteilnehmende Beobachtungen dem Grad der Strukturiertheit, als unstrukturiert, teilstrukturiert, vollstrukturiert Grad der Standardisierung Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 79 Zur Erfassung der Beobachtungsdaten Alle Möglichkeiten, die bei Befragungen Anwendung finden, können auch bei Beobachtungen angewandt werden. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 80 Dynamic Gait Index (DGI) Der Dynamic Gait Index misst die Fähigkeit, das Gehen an verschiedene Erfordernisse anzupassen. 1. Gehen auf ebener Strecke 20 m 2. Gehen mit Tempowechsel: 5 m normal, 5 m schnell, 5 m langsam 3. Gehen mit Kopfdrehung rechts und links 4. Gehen und nach oben und nach unten schauen 5.Gehen und Drehung um 180° 6 Gehen über Hindernisse 7 Gehen um Hindernisse links und rechts herum 8 Treppensteigen Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 81 Arbeitsauftrag A 4: Wenden Sie die unter Befragungen genannten Strategien auf die Items des Dynamic Gait Index (DGI) an. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 82 5 Gütekriterien von Tests Hauptgütekriterien Objektivität (= Interrater-Reliabilität) Reliabilität Validität Nebengütekriterien Nützlichkeit Normierbarkeit Normwertproblematik Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 83 Hauptgütekriterien Die Objektivität (= Interrater-Reliabilität) ist der Grad, in dem die Testergebnisse unabhängig vom Untersucher sind. Differenzierung: • subjektive Verfahren: • semiobjektive Verfahren: • objektive Verfahren: Man unterscheidet: • Durchführungsobjektvität, • Auswertungsobjektivität • Interpretationsobjektivität Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 84 Hauptgütekriterien Die Reliabilität ist das Ausmaß der Messgenauigkeit eines Tests. Man unterscheidet: • Stabilität eines Tests (Test-Retestreliabilität) • Äquivalenz von Tests (Paralleltest-Reliabilität) • Interne Konsistenz von Tests (Split-Half-Reliabilität, Cronbachs Alpha). Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 85 Itemliste BL 1. Kloßgefühl, Engigkeit oder Würgen im Hals 2. Kurzatmigkeit 3. Schwächegefühl 4. Schluckbeschwerden 5. Stiche, Schmerzen oder Ziehen in der Brust 6. Druck- oder Völlegefühl im Leib 7. Mattigkeit 8. Übelkeit 9. Sodbrennen oder saures Aufstoßen 10. Reizbarkeit 11. Grübelei 12. Starkes Schwitzen 13. Kreuz- oder Rückenschmerzen 14. Innere Unruhe 15. Schweregefühl bez. Müdigkeit in den Beinen 16. Unruhe in den Beinen 17. Überempfindlichkeit gegen Wärme 18. Überempfindlichkeit gegen Kälte 19. Übermäßiges Schlafbedürfnis 20. Schlaflosigkeit 21. Schwindelgefühl 22. Zittern 23. Nacken- oder Schulterschmerzen 24. Gewichtstabnahme Prof. Dr. Georg Wydra Itemliste BL 1. Kopfschmerzen bzw. Druck im Kopf 2. Müdigkeit 3. Gleichgewichtsstörungen 4. Anfallsweise Atemnot 5. Erstickungsgefühl 6. Neigung zum Weinen 7. Appetitlosigkeit 8. Schluckauf 9. Herzklopfen, Herzjagen oder Herzstolpern 10. Rasche Erschöpfbarkeit 11. Angstgefühl 12. Leibschmerzen (einschließlich Magen und Unterleib) 13. Verstopfung 14. Energielosigkeit 15. Gelenk- oder Gliederschmerzen 16. Konzentrationsschwäche 17. Kalte Füße 18. Mangel an geschlechtlicher Erregbarkeit 19. Leichtes Erröten 20. Frieren 21. Aufsteigende Hitze, Hitzewallungen 22. Trübe Gedanken 23. Innere Gespanntheit 24. Taubheitsgefühl (Einschlafen, Absterben, Brennen oder Kribbeln) in Händen und/oder Füßen Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 86 Reliabilitätsarten Verfahren zur Reliabilitäts-bestimmung Interrater Stabilität (Objektivität Übereinstimmung Test-RetestMethode ParalleltestMethode Äquivalenz Konsistenz X X X Split-HalfMethode X Konsistenzanalyse X Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 87 Hauptgütekriterien Die Validität eines Tests gibt die Genauigkeit an, mit der der Test dasjenige Merkmal, das er erfassen soll, tatsächlich auch misst. Man unterscheidet im Wesentlichen folgende Validitätsarten: • Inhaltlich-logische Validität • Expertenvalidität • Kriteriumsvalidität (Vergleich mit einem Außenkriterium) • Faktorielle Validität (Faktorenladung eines Tests) Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 88 Bestimmung der Hauptgütekriterien Es sollten keine Unterschiede zwischen verschiedenen Messungen bestehen Vergleich der Mittelwerte Es sollten positive Zusammenhänge zwischen den Messungen bestehen Analyse der Korrelationen Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 89 Der Korrelationskoeffizient r nach Pearson Für die Reliabilitätskoeffizienten gelten folgende Richtwerte: >0.90 = ausgezeichnet; 0.80 – 0.90 = sehr gut; 0.70 – 0.80 = annehmbar; 0.60 – 0.70 = mäßig; < 0.60 = gering (vgl. BÖS 1987). Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 90 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 91 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 92 Rechenbeispiel Vpn Tester 1 Tester 2 Tester 3 Tester 4 1 1 10 10 8 2 2 9 1 9 3 3 8 9 10 4 4 7 2 11 5 5 6 8 12 6 6 5 3 13 7 7 4 7 14 8 8 3 4 15 9 9 2 6 16 10 10 1 5 17 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 93 Mittelwerte Tester 1 Tester 2 Tester 3 Tester 4 N 10 10 10 10 M. 5,5 5,5 5,5 12,5 Minimum Maximum 1,0 10,0 1,0 10,0 1,0 10,0 8,0 17,0 Ergebnis des Mittelwertvergleichs (t-Texts) Tester 1 Tester 2 Tester 3 Tester 1 0,000 0,000 Tester 2 0,000 -0,000 Tester 3 0,000 0,000 Tester 4 3,7** 4,8*** SD 3,0 3,0 3,0 3,0 Tester 4 -3,7** -4,8*** - Ergebnis der Korrelationsanalyse Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 94 Tester 1 Tester 2 Tester 3 Tester 4 Prof. Dr. Georg Wydra Tester 1 Tester 2 Tester 3 Tester 4 -1,000 -0,152 1,000 -1,000 0,152 -1,000 -0,152 0,152 -0,152 1,000 -1,000 -0,152 Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 95 Grafische Darstellung der Korrelationen 1 2 3 Scatterplot: Tester 1 vs. Tester 2 (MD fallweise) Tester 2 = 11,000 - 1,000 * Tester 1 Korrelation: r = -1,000 1 Tester 3 8 6 4 2 12 18 10 16 8 14 Tester 4 10 Tester 2 Scatterplot: Tester 1 vs. Tester 4 (MD fallweise) Tester 4 = 7,0000 + 1,0000 * Tester 1 Korrelation: r = 1,0000 Scatterplot: Tester 1 vs. Tester 3 (MD fallweise) Tester 3 = 6,3333 - ,1515 * Tester 1 Korrelation: r = -,1515 12 - 4 6 12 4 10 2 8 0 0 0 2 4 6 Tester 1 8 10 2 4 12 6 8 10 Tester 1 6 12 0 4 2 Tester 3 16 8 14 6 10 2 8 0 6 Tester 2 8 12 0,95 Konf.Int. 12 4 4 10 Scatterplot: Tester 2 vs. Tester 4 (MD fallweise) Tester 4 = 18,000 - 1,000 * Tester 2 Korrelation: r = -1,000 10 2 8 18 12 0 6 Tester 1 Scatterplot: Tester 2 vs. Tester 3 (MD fallweise) Tester 3 = 4,6667 + ,15152 * Tester 2 Korrelation: r = ,15152 - 2 0,95 Konf.Int. 0,95 Konf.Int. Tester 4 0 10 6 12 0 2 4 0,95 Konf.Int. 6 8 10 Tester 2 12 0,95 Konf.Int. Scatterplot: Tester 3 vs. Tester 4 (MD fallweise) Tester 4 = 13,333 - ,1515 * Tester 3 Korrelation: r = -,1515 3 18 16 - Tester 4 14 12 10 8 6 0 2 4 6 Tester 3 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 8 10 12 0,95 Konf.Int. 96 Weitere Korrelationskoeffizienten Urteilerübereinstimmung von kategorialen Daten: Kappa von Cohen Kappa von Fleiss Urteilerübereinstimmung bei Rangdaten Weighted-Kappa von Cohen Konkordanzkoeffizient von Kendall Bortz,J.; & Lienert, G. A. (2008). Kurzgefasste Statistik für die klinische Forschung. Leitfaden für die verteilungsfreie Analyse kleiner Stichproben. Heidelberg: Springer. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 97 Intra-Klassen-Korrelation (ICC) Intraklassen-Korrelationskoeffizient (Intra-Class-Correlation oder ICC) wird in der Regel berechnet, wenn mehr als zwei Beobachter vorhanden sind Berechnung erfolgt über eine Varianzanalyse, wobei die Unterschiede zwischen den Beobachtern kleiner sein müssen als die Unterschiede zwischen den Messobjekten. Voraussetzungen: Intervallskalierte Daten, Homogenität der Varianzen Zu den Arten des ICC und zur Berechnung siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Intra-Klassen-Korrelation Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 98 Zusammenhang zwischen Reliabilität und Validität Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 99 Nebengütekriterien Ein Test ist ökonomisch, wenn er hinsichtlich der organisatorischen, räumlichen, zeitlich/personellen, instruktions- und gerätespezifischen Testdurchführungsbedingungen keine oder nur geringe Ansprüche an Testleiter und Testpersonen stellt. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 100 Nebengütekriterien Ein Test ist nützlich, wenn für den Testinhalt ein praktisches Bedürfnis besteht. und es die Testanwendung erlaubt, relevante Entscheidungen zu treffen. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 101 Schwierigkeit und Trennschärfe Die Schwierigkeit eines Tests gibt an, inwieweit er interindividuelle Unterschiede feststellen kann. Sie ist abhängig von der Aufgabenschwierigkeit und der Differenziertheit der Skalierung. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 102 Nebengütekriterien Ein Test ist normierbar, wenn die Messwerte einer Versuchsperson in Bezug gesetzt werden können zu den Testergebnissen einer ausgewählten Population. Die Rohwerte werden dazu in sogenannte Normwerte umgewandelt. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 103 Normbegriffe Israel (1983) unterscheidet verschiedene Normbegriffe: Majoritätsnormen (Orientierung an der Standardnormalverteilung) Minimalnormen (Abgrenzung zu pathologischen Werten) Idealnormen (im Hinblick auf die Gesundheit und die Lebenserwartung ideal) Spezialnormen (Voraussetzungen für bestimmte Sportarten, z. B. Körperfettanteil) Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 104 Wichtige Normwerttransformationen Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 105 Beispiel 1 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 106 Beispiel 2 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 107 Angabe von Normwerten von Fragebögen oder von motorischen Testverfahren Beispiel Deutscher Motoriktest Q = Quintile (5 gleich große Bereiche) PR = Prozentrangwerte LS = Liegestütze; SU = Sit-ups; SHH= seitliches Hin- und Herspringen; Bal. = Balancieren; RB = Rumpfbeuge; 6-Min. = 6-MinutenLauf z bzw. Z = z- bzw. Z-transformierte Zahlen LK = Leistungsklasse Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 108 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 109 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 110 Berechnungsbeispiele M = 100; SD = 10; Wert = 110; z = ? M = 50; SD = 20; Wert = 60; Z = ? M = 100; SD = 10; Wert = 120; t = ? M = 100; SD = 10; Wert = 110; z = ? M = 100; SD = 10; Wert = 110; Prozentrangwert = ? Installieren Sie das Psychometrica. Spielen Sie mit dem Programm und schauen Sie sich an, wie sich die verschiedenen Normwerte verändern! Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 111 Normwertproblematik Als Normhaltung definiert Staffel (1889, S. 12) „... die Haltung, welche der schön gebaute, kräftige Mensch unwillkürlich zur Schau trägt, und in welcher sich das spezifisch Menschliche am charakteristischsten und typischsten ausprägt.“ Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 112 Haltungsindex nach Fröhner Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 113 Abbildung 5-1: Prozentuale Aufteilung der untersuchten Kinder und Jugendlichen nach dem Haltungsindex nach Fröhner (nach Zahlen von Ludwig, Mazet & Schmitt, 2003, S. 167) Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 114 Das optimale Verhältnis von Bauch- und Rückenmuskulatur Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 115 Normwerte nach David Normwerte nach David und daraus resultierende Trainingsempfehlungen. Angabe der Quotienten der Rumpfflexoren/Rumpfextensoren. Männer Frauen Prof. Dr. Georg Wydra optimal 0,6 - 0,7 0,5 - 0,55 Trainingsempfehlung Bauchmuskulatur Rückenmuskulatur kleiner 0,6 größer 0,7 kleiner 0,5 größer 0,55 Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 116 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 117 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 118 Leseempfehlung Wydra, G. (2004). Zur Problematik von Normwerten in der Bewegungstherapie. Krankengymnastik – Zeitschrift für Physiotherapeuten, 56, 2280 – 2289. http://www.sportpaedagogik-sb.de/pdf/Normwertproblematik.pdf Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 119 6 Der diagnostische Prozess • Diagnostik • Diagnose • Indikation und Indikationsmodelle • Tests als Hilfen beim Qualitätsmanagement • Tests als Hilfen bei der Evaluation • Diagnostischer Prozess Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 120 Diagnostik und Diagnose Unter Diagnostik versteht man einen Prozess, im Rahmen dessen Informationen über Menschen gesammelt werden, um diesen eindeutige Diagnosen zuzuordnen (Tack, 1976). Unter Diagnose kann man das Ergebnis einer Diagnostik verstehen. Diagnosen stellen Klassifikationen bzw. Etikettierungen etc. dar (Pawlik 1976). Im engeren medizinischen Sinne geben Diagnosen Auskünfte über die Art und Schwere einer Erkrankung, krank oder gesund, therapiebedürftig oder nicht therapiebedürftig. Diese Entscheidung bezeichnet man als Indikation (Biermann-Ratjen et al., 2003). Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 121 Assessment Unter einem Assessment versteht man einen multidimensionalen und interdisziplinären diagnostischen Prozess, mit dem Ziel, die medizinischen, psychosozialen und funktionellen Probleme und Ressourcen eines Patienten zu erfassen und einen umfassenden Behandlungs- und Betreuungsplan zu entwickeln. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 122 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 123 Indikation Unter Indikation (von lateinisch indicare = anzeigen‘) versteht man ganz allgemein die Entscheidung für oder gegen (Kontraindikation) eine bestimmte Strategie aufgrund von vorliegenden Informationen. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 124 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 125 Prognostische Dimension von Indikationen Jede Indikationsentscheidung beinhaltet immer auch eine prognostische Dimension im Hinblick auf den zu erwartenden Behandlungserfolg. Damit ist unmittelbar die Evidenz basierte Medizin berührt. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 126 Tests als Hilfe zur Evaluation Qualitätsmanagement Evidenz basierte Medizin Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 127 Tests und Qualitätsmanagement Unter Health Outcome versteht Huber (2004, S. 122) „die Veränderung der Gesundheit eines Individuums oder einer Gruppe, welche aufgrund einer Intervention oder einer Reihe von Interventionen eingetreten ist“. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 128 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 129 Tests und (EbM) Cochrane Collaboration (2003): „Unter Evidenz-basierter Medizin (EbM) oder evidenzbasierter Praxis im engeren Sinne versteht man eine Vorgehensweise des medizinischen Handelns, individuelle Patienten auf der Basis der besten zur Verfügung stehenden Daten zu versorgen. Diese Technik umfasst die systematische Suche nach der relevanten Evidenz in der medizinischen Literatur für ein konkretes klinisches Problem, die kritischen Beurteilung der Validität der Evidenz nach klinisch-epidemiologischen Gesichtspunkten; die Bewertung der Größe des beobachteten Effekts sowie die Anwendung dieser Evidenz auf den konkreten Patienten mit Hilfe der klinischen Erfahrung und der Vorstellungen der Patienten. Ein verwandter Begriff ist die evidenzbasierte Gesundheitsversorgung („Evidence-Based Health Care“), bei der die Prinzipien der EbM auf alle Bereiche der Gesundheitsversorgung, einschließlich Entscheidungen zur Steuerung des Gesundheitssystems, angewandt werden.“ Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 130 Stufe Evidenz-Typ Ia wenigstens ein systematischer Review auf der Basis methodisch hochwertiger kontrollierter und randomisierter Studien Ib wenigstens eine ausreichend große, methodisch hochwertige, kontrollierte und randomisierte Studie IIa wenigstens eine hochwertige Studie ohne Randomisierung IIb wenigstens eine hochwertige Studie eines anderen Typs quasiexperimenteller Studie III mehr als eine methodisch hochwertige nichtexperimentelle Studie IV Meinungen und Überzeugungen von angesehenen Autoritäten (aus klinischer Erfahrung); Expertenkommissionen; beschreibende Studien Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 131 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 132 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 133 Arbeitsauftrag A 5: Inwieweit spielen in der Therapie die Aufgabenbereiche eines Assessments eine Rolle? Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 134 7 Diagnostische Validität Mit Hilfe von Diagnosen werden Entscheidungen im Sinne von krank oder gesund, therapiebedürftig oder nicht therapiebedürftig bzw. die Art der Therapie getroffen. Diagnosestudien dienen der Untersuchung, Evaluierung, Bewertung diagnostischer Verfahren in der Medizin. Ziel ist es, die diagnostische Güte der eingesetzten Verfahren zu bestimmen. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 135 Wiederholung Gütekriterien von Tests Hauptgütekriterien • Objektivität • Reliabilität • Validität Nebengütekriterien • Nützlichkeit • Ökonomie • Normierbarkeit Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 136 Möglichkeiten der Klassifikation Nach: Gigerenzer, G. (2002). Das Einmaleins der Skepsis. Berlin: Berlin Verlag. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 137 Mögliche Entscheidungen Goldstandard (anerkannter Test) Auffälligkeit liegt nicht liegt vor vor Neuer Test Auffälligkeit Prof. Dr. Georg Wydra positives Testergebnis liegt vor richtig positiv a falsch positiv b alle TestPositiven = a+b negatives Testergebnis liegt vor falsch negativ c richtig negativ d alle TestNegativen = c + d a+c= alle Auffälligen b+d= alle Unauffälligen a+b+c+d= alle Untersuchten Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 138 Möglichkeiten der Klassifikation Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 139 Sensitivität (Empfindlichkeit, Trefferquote) a ac Sensitivität (Empfindlichkeit, Trefferquote): Anteil der Personen, bei denen bei einem positiven Testergebnis auch tatsächlich die Erkrankung oder Auffälligkeit vorliegt. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 140 Spezifität d d b Spezifität: Anteil der Personen, bei denen bei einem negativen Testergebnis tatsächlich keine Auffälligkeit oder Erkrankung vorliegt. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 141 Positiver Vorhersagewert a ab Der Positive prädiktive Wert oder Positive Vorhersagewert: Die Wahrscheinlichkeit, dass das positive Testergebnis einer Person auch tatsächlich positiv ist. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 142 Negativer Vorhersagewert d d c Der Negative prädiktive Wert oder Negative Vorhersagewert: Die Wahrscheinlichkeit, dass das negative Testergebnis einer Person auch wirklich negativ ist. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 143 Positive Likelihood Ratio Sensitivität 1 Spezifität Die Positive Likelihood Ratio (PLR) stellt das Verhältnis des Anteils zwischen Kranken mit positivem Testergebnis (Sensitivität), zum Anteil von Gesunden mit positivem Testergebnis (Falsch-PositivRate) dar. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 144 Negative Likelihood Ratio 1 Sensitivität Spezifität Die Negative Likelihood Ratio (NLR) stellt dahingegen das Verhältnis des Anteils zwischen Kranken, bei denen der Test negativ ausfällt (Falsch-Negativ-Rate), zum Anteil von Gesunden, mit negativem Testergebnis (Spezifität), dar. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 145 Testeffizienz Weil Werte von 100 % für Sensitivität und Spezifität in der Praxis nicht zu realisieren sind, sollte die Summe von Sensitivität und Spezifität mindestens 160 % ergeben. Die PLR muss bei einem Test von akzeptabler Effizienz hoch und die NLR niedrig sein. Positive Likelihood Ratio > 10 5 - 10 2-5 1-2 Negative Likelihood Ratio < 0,1 0,1 – 0,2 0,2 – 0,5 0,5 - 1 Test- Effizienz sehr gut gut mäßig schlecht (nach Zahlen von Mühlhauser & Höldke, 1999, S. 16). Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 146 Gütemaß Sensitivität Spezifität Positiver Vorhersagewert Negativer Vorhersagewert Positive Likelihood Ratio Negative Likelihood Ratio Prof. Dr. Georg Wydra Alternative Begrifflichkeiten Richtig-Positiv-Rate, Empfindlichkeit oder Trefferquote; englisch sensitivity, true positive rate, recall oder hit rate Richtig-Negativ-Rate oder Kennzeichnende Eigenschaft; englisch: specificity, true negative rate oder correct rejection rate Relevanz, Wirksamkeit, Genauigkeit, positiver prädiktiver Wert; englisch: precision oder positive predictive value; Abkürzung: PPV Segreganz oder Trennfähigkeit; englisch: negative predictive value; Abkürzung: NPV Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 147 Orientierung am Goldstandard Goldstandard (anerkannter Test) Auffälligkeit liegt nicht liegt vor vor Neuer Test Auffälligkeit Prof. Dr. Georg Wydra positives Testergebnis liegt vor richtig positiv a falsch positiv b alle TestPositiven = a+b negatives Testergebnis liegt vor falsch negativ c richtig negativ d alle TestNegativen = c + d a+c= alle Auffälligen b+d= alle Unauffälligen a+b+c+d= alle Untersuchten Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 148 Gütemaß Formel a ac d d b Sensitivität Spezifität Positiver Vorhersagewert a ab Negativer Vorhersagewert d d c Positive Likelihood Ratio Negative Likelihood Ratio Prof. Dr. Georg Wydra Grafik Sensitivität 1 Spezifität 1 Sensitivität Spezifität Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 149 Wie denkt der Mensch? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau mit einem positiven Testergebnis Brustkrebs hat? Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 150 Gütemaß Formel a ac d d b Sensitivität Spezifität 0,87 0,93 Positiver Vorhersagewert a ab 0,09 Negativer Vorhersagewert d d c 0,99 Positive Likelihood Ratio Negative Likelihood Ratio Prof. Dr. Georg Wydra Sensitivität 1 Spezifität 1 Sensitivität Spezifität Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 12,4 0,13 151 Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau mit einem positiven Testergebnis Brustkrebs hat? Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 152 Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau mit einem positiven Testergebnis Brustkrebs hat? Positives Testergebnis: davon tatsächlich Krebs: Prof. Dr. Georg Wydra 77 Frauen 7 Frauen = 9 Prozent Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 153 Arbeitsauftrag Gegeben seien folgende Werte: a b c d 25 25 25 25 99 1 1 99 1 99 99 1 A 6: Berechnen Sie die oben angegebenen Gütemaße! Stellen Sie das Ergebnis grafisch dar. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 154 Das Borderlineproblem Weitestgehend ungeklärte Fragen in der Therapie: • Ab wann wird jemand aufgrund des Befundes als krank (= behandlungsbedürftig) klassifiziert? • Wo liegt die Grenze (Borderline) zwischen gesund und krank? Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 155 Wahrscheinlichkeiten bei gesunden- bzw. kranken Personen einen bestimmten Wert eines untersuchten Parameters zu beobachten. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 156 Auswirkungen eines niedrigen Trennpunktes auf den Anteil falsch positiver- und falsch negativ getesteter Personen. (Schwarzer et al., 2002, S. 446) Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 157 Auswirkungen eines hohen Trennpunktes auf den Anteil falsch positiv- und falsch negativ getesteter Personen. (Schwarzer et al., 2002, 447) Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 158 Gütemaße des KMS in Bezug zum MOT Gütemaß Formel a ac d d b Sensitivität Spezifität 67 % 85 % Positiver Vorhersagewert a ab 43 % Negativer Vorhersagewert d d c 94 % Positive Likelihood Ratio Negative Likelihood Ratio Prof. Dr. Georg Wydra Sensitivität 1 Spezifität 1 Sensitivität Spezifität Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 4,51 0,39 159 ROC-Kurve Eine weitere Möglichkeit zur Beurteilung von Sensitivität und Spezifität stellt die ROC-Analyse dar. Hierbei werden die Werte für 1Spezifität (X-Achse) und Sensitivität (Y-Achse) in ein Koordinatensystem eingezeichnet. Die Receiver Operating Characteristic-Kurve bzw. Grenzwertoptimierungskurve stammt aus der Signalentdeckungstheorie (Abel, 1993). Liegen alle Werte nahe bei der Diagonale entsprechen die Werte einer Zufallsverteilung. Die Fläche zwischen ROC-Kurve und der Diagonalen (AUC=Area under curve ) stellt ein weiteres Gütemaß dar. Die Fläche kann Werte zwischen 0, 5 und 1 annehmen. Im Idealfall bei einer 100-prozentigen Trennschärfe beträgt der Wert 1. Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 160 Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 161 Arbeitsauftrag A 7: Worin liegt der Unterschied zwischen den Testgütekriterien und den Gütekriterien der Diagnosestudien? A 8: Welche negativen Konsequenzen hat eine falsch positive Diagnose in der Bewegungstherapie, außer, dass der Patient eine Therapie bekommt, obwohl er keine benötigt? A 9: Welchen „Goldstandard“ würden Sie zur Überprüfung von Wohlbefindensfragebögen vorschlagen? Prof. Dr. Georg Wydra Sportwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes 162 Literaturverzeichnis Amir, T. (2007). Assessment: WOMAC. Arthrose evaluieren. 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