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Schottland 126 Der große Graben Eine logische Linie läuft einmal quer durch Schottland: The Great Glen, der große Graben zwischen Inverness und Fort William. Wer dann an der Westküste angekommen ist, verlängert erfreut bis tief in die Highlands. Am Ufer des Loch Tummel widerlegt das Wetter alle Vorurteile ... für eine Viertelstunde. JöRG SpaNIol ❘ text & fotos In der Fairfield-Lodge in Inverness herrscht Hochbetrieb. Also: relativ gesehen, für hiesige Verhältnisse. Fast ein Dutzend Gäste aus der ganzen Welt quasseln aufgeregt im Frühstücksraum durcheinander, ganz nervös in Vorfreude auf den Great Glen Way, auf einen Tag Fliegenfischen oder einen Besuch bei Nessie. Und alle wollen ihr ganz persönliches, liebevoll zubereitetes Frühstück gleichzeitig. Da muss George doch mal kurz zur Ordnung rufen: „Ladies und Gentlemen, das ist ja fast wie eine Party hier! Das ist Marie nicht gewohnt. Ich bitte um etwas Geduld.“ Dabei lächelt George so verbindlich, dass die vielen Falten in seinem Gesicht sich zu Dreiecken um Mund und Augen gruppieren. George und Marie, die Besitzerin des Hauses, sind längst im Rentenalter. Doch ihre Lodge, eines der liebevoll zugekitschten Bed & Breakfast-Häuser, ist ganz offensichtlich eine Herzensangelegenheit. Und ein kräftiges Frühstück mit gebratenem Speck, Bohnen und Ei gehört einfach dazu, bevor man sich in Schottlands raue Luft begibt. Der Ruf der Gegend ist nicht der beste, wenn es ums Wetter geht. Durch die Kombination aus Schafzucht und Klima sind die windigen Hochlagen der Highlands baumfreie Tundra, und die bis zu 3000 Millimeter Jahresniederschlag, die der Reiseführer für das Zwischenziel, Fort William an der Westküste, vermeldet, lassen Übles befürchten: Das ist mehr als dreimal so viel Regen wie im deutschen Durchschnitt – und fünf bis zehn Grad kälter ist der Sommer hier oben außerdem. Die italienischen Touristen in Inverness hatten sich die Jacken fest um die Körper geschlungen. Ein kräftiges Frühstück mit Speck, Bohnen und Ei gehört einfach dazu. 128 TREKKINGBIKE 4/2010 Die Haltung stimmt, der Sound auch. Nur der Rock war mutmaßlich gerade in der Wäsche. (oben links) Oberhalb des LochNess-Westufers überziehen Heide und Birken die Hügel. (oben rechts) Devils Staircase, Teufelstreppe, heißt das siebenstufige Schleusensystem bei Fort Augustus. (links) Schottische Häuser sind klein – aber oft liebevoll rausgeputzt. (rechts) Very scottish: typisches Kaminzimmer eines Bed & Breakfast. Die torfigen Wasser des River Moriston schäumen Richtung Loch Ness. (rechts) Nationalsport Golf: „Sie hätten uns sehen sollen, als wir jung waren!“, scherzt die Lady. (links) 130 TREKKINGBIKE 4/2010 Hier Rad fahren? Die Frage nach der Temperatur erledigt sich schon wenige Kilometer hinter der Küste. Der Great Glen ist eine tiefe Furche, die Ost- und Westküste verbindet. Langgestreckte Seen wie Loch Ness und Loch Lochy füllen den engen Graben zwischen den bis zu 1000 Meter hohen Hügeln auf. Dass die Hauptstraße quer durch Schottland dort unten verläuft, ist logisch. Dass Radler nicht auf dieser Straße fahren sollten, ist ebenso logisch, und so kämpfen wir uns auf einer mehr als 15 Prozent steilen Rampe auf die Hochfläche. Wir dampfen wie Kutschpferde und preisen die dicken Reifen der Leihräder, denn in diesem Bereich verläuft der Great Glen Cycleway genau auf der Trasse des Great Glen-Wanderweges – und der ist selbstverständlich nicht asphaltiert. Der gut 100 Kilometer lange Fernwanderweg und seine Rad-Varianten folgen der Grabenkante, was der Aussicht zugute kommt: Aus endlosen Heideflächen drücken sich die schwarzen Rücken runder Berge himmelwärts, aus moorigen Sumpflöchern ragen Inseln störrischer, gelbbrauner Gräser, zwischen denen sich Glockenblumen ducken. Die Luft ist so klar, als sei sie destilliert. Sie trägt den Duft von nassen Kiefernnadeln, von Minze in Bachgräben und von Heidekraut in der Wärme plötzlicher Sonnenstrahlen aus der tief hängenden Wolkenschicht. Der komfortablere Teil des Schleichwegs zwischen den schottischen Küsten liegt jedoch unten. So weit unten, dass sich dort alles Wasser sammelt, das aus den Mooren und vom triefenden Schiefer träufelt. Der 200 Jahre alte Caledonian Canal ist kein wichtiger Transportweg, doch aus den stolzen Zeiten sind die Treidelpfade am Ufer übrig geblieben. Es geht flach und abgeschieden weiter westwärts. Durch 29 Schleusen schwappt dunkles Wasser, von Die Luft ist so klar, als sei sie destilliert. Sie duftet nach Minze und nassem Torf. Freizeitkapitänen gequirlt, von malerischen Schleusenwärterhäuschen gesäumt. Weiß gestrichene kleine Häuser mit dezentem Braunkohleduft aus dem Kamin. Frisch lackierte Eisengeländer umfrieden bunte Blumen und samtig geschorene Rasenflächen, die im Wind zittern. Manchmal ist der 4/2010 TREKKINGBIKE 131 Westwind mit kleinen, wild stiebenden Tropfen durchsetzt. Sie kommen so schnell, dass erst ein Bein in der panisch hervorgezerrten Regenhose steckt, wenn der Spuk schon wieder vorbei ist. Eine pädagogische Maßnahme des schottischen Wetters: Sie lehrt, dass der Gleichmut eines Gräser zupfenden Hochland-Schafes die einzig sinnvolle Geisteshaltung in diesen Breiten ist. „Du musst es zulassen!“, würde der Pädagoge sagen. Die Eingeborenen sind sowieso mit kurzen Hosen unterwegs. Aber sollten die nicht eigentlich … Röcke tragen? Kaum einen Tag später fügt sich auch dieses Puzzleteil ins klischeebeladene SchottlandBild. Das Rhu Mor Guesthouse steht in Fort William, einem hübschen Urlaubsstädtchen am Fuß des mit 1344 Meter höchsten Britenberges Ben Nevis. Ian McPherson und seine etwa achtzigjährige Mama haben es liebevoll ausgestattet: ein echter und ein falscher Kamin, Mitglieder des Adels und der Königsfamilie schauen als ordensgeschmückte Porzellanpüppchen aus Vitrinen, im Frühstückraum glänzt ein schwarzer Flügel. Nirgends Ikea, überall Patina. Weil gerade Hauptsaison ist, wohnt Ian im Gartenhäuschen, während Gäste aus Israel, Korea, Deutschland und Italien das Wohnhaus okkupieren. Und Ian trägt einen Schottenrock. Aus patriotischer Überzeugung und angeblich seit 26 Jahren. „Das sind acht Meter gefalteter Wollstoff. Ich hätte nie gedacht, dass sich so ein Kilt im Sommer und im Winter gut anfühlt. Aber mittlerweile fühle ich mich eher in Hosen unwohl.“ Nach ein paar Tagen in schottischem Wetter reizt natürlich die Frage, wie es denn so sei, mit dem Schottenrock im Sattel … „Ich habe das ausprobiert“, sagt Ian, „in Regen und Gegenwind. Und ich muss sagen: da verzichte ich lieber.“ Er meint das Radfahren, nicht das Rocktragen. Wir bleiben bei Hosen und fahren nach einer wilden Frühstückmischung aus Porridge, Spiegelei und Pilzen immer tiefer in die wilden, widerborstigen Hügel des Schottischen Hochlands. 132 TREKKINGBIKE 4/2010 Oben links im Bild sähe man den 1344 Meter hohen Ben Nevis – wenn dies nicht Schottland wäre ... Auch hässliches Wetter hat seine verborgenen Reize. Coast to coast: Ruderboot in einer Schleuse des Caledonian Canals. Infos: ScHoTTLand CHARAKTER Trotz der kurzen Tagesetappen von maximal 60 Kilometern ist die hier vorgestellte Route ein Fall für Fortgeschrittene: Bis zu 800 Höhenmeter täglich und ein Wegverlauf auf teilweise grobem Untergrund überfordern reine Genussradler. Bergtaugliche Kettenschaltung und nicht zu schmale Reifen sind empfehlenswert. TOURENTIPPS Die hier vorgestellte Route folgt dem Verlauf einer Veranstalterreise (siehe „Veranstalter“) von Inverness nach Fort William. Die Streckenführung orientiert sich am Verlauf des Fernwanderweges „Great Glen Way“, der an manchen Stellen eine ausgeschilderte Rad-Variante aufweist. Die in der Senke des Great Glen verlaufende Autostraße ist zu vermeiden. Ab Fort William überwindet ein Zugtransfer Richtung Südosten einige Bergketten. Die Radstrecke setzt sich dann von Rannoch Station Richtung Pitlochry fort. Die Etappen im einzelnen: Inverness – Drumnadrochit (ca. 37 km, 550 Höhenmeter), Drumnadrochit – Fort Augustus (ca. 39 km, 850 Höhenmeter), Fort Augustus – Fort William (ca. 56 km, 450 Höhenmeter), Fort William – Bahntransfer nach Rannoch Station – Tummel Bridge (ca. 39 km, 200 Höhenmeter), Tummel Bridge – Pitlochry (ca. 37 km, 400 Höhenmeter) Nicht der schönste, aber der bekannteste See Schottlands: Loch Ness, 36 Kilometer lang. der Bahn (Fahrradmitnahme ist in Schottland kostenlos möglich, manchmal jedoch reservierungspflichtig). Vorausbuchungen der Bahntickets senken den Preis. Sie sind möglich über Seiten wie www.visitbritaindirect. de oder www.firstscotrail.com ESSEN Herausragend ist die Küche im Bunrannoch House nahe Kinloch Rannoch, etwa 30 Kilometer vor dem Reiseziel in Pitlochry. Das frisch zubereitete Mehrgängemenü aus regionalen Zutaten und eigener Jagd ist die 30 Pfund pro Person wert. Man kann dort auch wohnen. www.bunrannoch.co.uk UNTERKUNFT Wer nicht in Bed & Breakfast-Häusern übernachtet, verpasst Schottland. Die Preise dieser privaten Pensionen liegen etwa zwischen 25 und 50 Pfund pro Person im Doppelzimmer mit Frühstück. Selten sind mehr als zehn Gäste in einer Unterkunft, was die Sache sehr familiär macht. Die Broschüre „Bed & Breakfast nationwide“, zu beziehen unter www.bedandbreakfastnationwide.co.uk führt die Betriebe auf. BESTE REISEZEIT VERANSTALTER Theoretisch eignet sich die ganze lange Saison von April bis Oktober. Doch es gibt gute Gründe, die Hauptsaison im Juli/August zu meiden: Anders als in unseren Breiten sind Mai und Juni (relativ) trockene Monate, und viel wärmer wird es auch im „Hochsommer“ nicht. Zudem sind vor der Hauptsaison und im September auch spontan noch Unterkünfte in „Bed & Breakfast“-Häusern zu bekommen. Camper sollten bedenken, dass die winzigen, wolkenweise auftretenden Stechmücken erst ab Juni richtig aktiv werden. Die hier vorgestellte Reise ist zu buchen bei: Wikinger Reisen Individuell, Telefon 02331/904804; www.wikinger.de. Der Veranstalter kümmert sich um die Unterkünfte, den Gepäcktransport und stellt robuste Leihräder. ANREISE BAHN: Dank Kanaltunnel kann man auch ohne Schiff und Flugzeug nach Schottland gelangen. Für die Strecke Paris-Edinburgh sind etwa acht Stunden zu veranschlagen, von dort nach Inverness noch einmal drei Stunden. Keine Fahrradmitnahme bis London. In Inverness (oder auch Pitlochry) gibt es jedoch Mieträder. FLUGZEUG: Mit dem Sommerflugplan 2010 bietet die Lufthansa einen Direktflug von Düsseldorf nach Inverness an. Ansonsten empfiehlt sich die Anreise über Glasgow oder Edinburgh und die Weiterfahrt mit KARTEN/LITERATUR Lonely Planet: Schottland (deutsche Ausgabe), 19,90 Euro Auf 540 Seiten liefert der 2009 aktualisierte Klassiker unter den „alternativen“ Reiseführern umfangreiche praktische Tipps und Hintergrundinfos. Für den ersten Teil der Tour unübertroffen: Die wasserdichte Detailkarte Footprint Maps: The Great Glen Way incl. Cycle Route, ISBN 1 871149622 Ansonsten reicht eine gute Straßenkarte, z. B. Marco Polo: Scotland/Northern England 1:300.000, ISBN 978-3-8297-3761-6 AUSKUNFT ALLGEMEIN www.visitscotland.com 4/2010 TREKKINGBIKE 133 © Foto: Daniel Simon www.trekkingbike.com TESTABO JETZT 2 × TREKKINGBIKE TESTEN + GESCHENK NUR 6,50 € (statt 9,80 €) TREKKINGBIKE-TRINKFLASCHE n passt in alle gängigen Flaschenhalter n Füllmenge: 750ml AUCH E IV INKLUS l ita dig R FÜR NU 1 EMUEHRR! 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Als Geschenk erhalte ich (bitte nur ein Geschenk ankreuzen): das TREKKINGBIKE-Glasbecher-Set (ZTR11) die TREKKINGBIKE-Trinkflasche (ZTR13) der TREKKINGBIKE-Sattelschutz (ZTR05) das TREKKINGBIKE-Buff-Tuch (ZTR18) Anschrift des Auftraggebers *Lieferung solange der Vorrat reicht. BUFF-TUCH TREKKINGBIKE-SATTELSCHUTZ n bei jedem Wetter sicherer Witterungsschutz n wasserdicht n mit patentierter Befestigung zum Schutz gegen Diebstahl n 12 verschiedene Arten zum Tragen n dient bei Bedarf blitzschnell als Mund- und Nasenschutz n die atmungsaktiven Materialien schützen vor Wind und Wasser n hoher Tragekomfort Aktion: P-5071/B-5072 1 HEFT GRATIS Ich zahle per: Bankeinzug (nur mit deutscher Bankverbindung möglich) IBAN D (bei Bankeinzug/Kreditkarte) E BIC MASTERCARD VISA Card Gültig bis: Card-Nr. Rechnung Einzugsermächtigung/SEPA-Lastschriftmandat: Ich ermächtige die Delius Klasing Verlag GmbH (DK) widerruflich, den Betrag bei Fälligkeit durch Lastschrift von meinem Konto einzuziehen. Ich ermächtige DK, Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von DK auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Hinweis: Innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, kann ich die Erstattung des Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit DK vereinbarten AGB. Gläubiger-ID: DE03ZZZ00000369776 Name, Vorname Datum und Unterschrift Straße, Nr. Wichtig: Kurzabo-Angebote sind zum persönlichen Kennenlernen der Zeitschrift und können daher nur einmal pro Haushalt genutzt werden (Geschenkabos sind ausgeschlossen). PLZ, Ort Telefon Geburtsdatum E-Mail abo.trekkingbike.com/5071b +49 (0)521- 55 99 22 abo.trekkingbike@delius-klasing.de Delius Klasing Verlag, Postfach 10 16 71, D-33516 Bielefeld +49 (0)521-55 98 88 13