Frankreichrundfahrt - Teil 2 - Mindener Yacht-Club

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Frankreichrundfahrt - Teil 2 - Mindener Yacht-Club
2 REISE
Frankreichrundfahrt - Teil 2
France naturelle
Mit der „Natalia“, einer Broom 10/70 Sceptre, gingen wir auf große Fahrt rund
Frankreich. Dabei legten wir über 1100 Kilometer auf neun Wasserstraßen zurück und passierten 320 Schleusen. Ausgangspunkt unserer Reise war St.-Jeande-Losne. Der zweite Teil führt uns nun von Digoin nach Paris.
Skipper
6/2008
REISE 3
Blick von der Kanalbrücke von Digoin: Die von hier aus sichtbaren
Sandbänke erschweren die Fahrt auf der Loire deutlich
Eine Hauseinfriedung in Dompierre-sur-Besbre mit bunten
Vogelhäuschen amüsierte besonders meine Frau
Natur pur: Zu unseren schönsten
Momenten auf dem Wasser
zählte die Fahrt auf dem Canal
de Briare in der Region Centre
Text und Fotos: Bernd Bachmaier
A
uf dem Canal du Centre haben wir Digoin erreicht
(siehe Skipper 05/08). Über die 243 Meter lange Kanalbrücke, die über die Loire führt und wie der Kanal
im 19. Jahrhundert geschaffen wurde, gelangen wir den Canal
latéral à la Loire. Seine Breite und Beschaulichkeit erinnern
eher an eine Fluss- als eine Kanalandschaft. Fertig gestellt im
Jahr 1838, verbindet die künstliche Wasserstraße Saône und
Rhône sowie Seine und Loire. Erdacht und erbaut wurde er zur
Lösung der Schiffahrtsprobleme auf der Loire, die mit ihren
wechselnden Wasserständen, Sandbänken und gefährlichen
Brückendurchfahrten den Transport auf dem Fluss behinderte.
6/2008
Skipper
Im Hafen von Dompierre–sur–Besbre finden wir optimale
Voraussetzungen für einen (Kurz-)Aufenthalt vor
Dompierre-sur-Besbre
Nach einer sehr beschaulichen Fahrt steuern wir den Hafen
von Dompierre-sur-Besbre an, der über einen Stichkanal von
rund zwei Kilometern zu erreichen ist. Kleiner Nachteil: Die
TE (tirant d’eau = Tiefgang) beträgt hier nur 1,20 Meter. Der
große Vorteil: Im Port-de-Plaisance von Locaboat findet man
beste Bedingungen vor - und das für eine Liegegebühr von 5 €.
Besonder interessant fand ich die im Inneren der Capitanerie
aufgehängten Reproduktionen alter Stiche, die zeigen, dass an
diesem Ort früher entgegen dem allgemeinen Trend - als die Eisenbahn die Schifffahrt verdrängte - hier Güter von der Eisenbahn auf Schiffe verladen wurden, um von dort zur Loire zu
4 REISE
Während der
Fahrt haben wir
uns mit russischen Skippern
angefreudet,
die uns immer
mal wieder begegneten
gelangen. Gleichzeitig unterstreicht dies die Bedeutung der
Loire als Wasserstraße. In der Nähe des Port-de-Plaisance haben wir eine kleine Bar entdeckt, die außerordentlich liebevoll
geführt wird und auch aufgrund der zivilen Preisen zu empfehlen ist. Während unseres zweitägigen Aufenthalts haben wir
dort manche, mir dann schon bekannte Einheimische einkehren sehen. Wenn man - wie wir - bei schönem Wetter draußen
sitzen kann, fällt der Blick tatsächlich auf die im Törnführer
beschriebenen Holzhäuser, die die Ufer des Stichkanals säumen. Bei einer Wanderung in den Ort mit Besichtigung der Kirche kommen wir an einer Hauseinfriedung mit bunten Vogelhäuschen vorbei, die speziell meine Frau, die „Admiralin“, begeistert hat. Der nächste Tag führt uns bei erstmals regnerischem Wetter nach Decize.
Decize
Hier machen wir im Hafen von Crown Blue Line fest, der
auch wieder alles bietet, vor allem Duschen, die nach acht
Stunden reiner Fahrtzeit auch den Preis von 8 € mehr als wettmachen. Nach eingigen Telefonaten mit unserem Heimathafen
H2O gelingt es uns, die in St.-Jean-de-Losne eingebaute Stromversorgungsanlage von Mastervolt wieder in Gang zu bringen.
Auf das vor 20 Jahren auf dem Schiff installierte Batterieladegerät wollten wir uns auf dieser für uns ersten großen Schiffsreise nicht verlassen. Den Ort selbst haben wir leider nicht gesehen, da dieser nur über eine große Schleuse zu erreichen ist
und wir damit unseren etwas eng kalkulierten Zeitplan umgeworfen hätten. Der nächste Tag führte uns bei Regenwetter
über Fleury sur Loire nach Nevers.
Fleury-sur-Loire
In keinem uns bekannten Törnführer als ernsthafte Anlegestelle erwähnt, hat Fleury-sur-Loire uns in vielfacher Hinsicht
überrascht und erfreut. Schon allein die Tatsache, dass ein Ort
mit 280 (!) Einwohnern ein eigenes Postamt, Gasthaus und eine alte Kirche besitzt, ist bemerkenswert. Dass dazu noch eine
wirklich skipperfreundliche Anlegestelle mit Wasser, Strom
und zu bestimmten Zeiten auch Duschmöglichkeit kommt, ist
schon ungewöhnlich. Leider können wir nach unserer Zeitplanung (auf dem Weg nach Nevers) dort nicht übernachten. So
freundlich wie der Ort ist auch der Schleusenwärter, der ebenso benannten Schleuse „18 Fleury“. Bei ihm kaufen wir reichlich Gemüse - den Preis dafür ließ er uns selbst bestimmen. Das
Gemüse ist so ausgezeichnet und sicher echt „Bio“, dass wir
Skipper
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REISE 5
Vom Hafen in Nevers blickt man auf die
rote Sandsteinbrücke und die Stadt
Schiffshund Iwan überblickt
die Lage vom Bug aus
In der Kathedrale in Nevers ist
einwunderschönes Tympanon zu sehen
Die Kathedrale Saint-Cyr et Sainte-Juliette weist verschiedene Baustile des 10. bis 16. Jahrhunderts auf
Bevor es weiter geht, werfen wir einen letzten
Blick auf die Loire, die hier links abweicht
In Châtillon-sur-sur-Loire
liegt eine empfehlenswerte
Einkehrmöglichkeit
Augenschmaus: Die Schleusenwärterhäuschen in Frankreich sind meist liebevoll mit
buntem Blumenschmuck dekoriert
den Speisezettel die nächsten zwei Tage danach ausgerichtet
haben. Im Übrigen macht auch das Schleusenwärterhaus mit
üppigem Blumenschmuck dem Namen des Ortes alle Ehre. Bei
der kurz nach der Schleuse zu durchfahrenden Brücke schlägt
die Tyrannei der Durchfahrtshöhen wieder zu...
Nevers
Nevers ist Verwaltungssitz des Département Nivernais, der
früheren Provinz Burgund. Julius Cäsar soll hier sein Ausgangslager zur Eroberung von Gallien errichtet haben. Der
Hafen selbst ist über einen Stichkanal von 2,5 km mit zwei
Schleusen zu erreichen und exzellent ausgestattet. Die Stadt ist
vom Hafen aus über eine rote Sandsteinbrücke zu erreichen.
Man sollte jedoch gut zu Fuß sein, wenn man die vielen Sehenswürdigkeiten besuchen möchte. Das für uns imposanteste
Bauwerk ist die Kathedrale Saint-Cyr et Sainte-Juliette. Nach
zahlreichen Zertstörungen durch Brände und Kriege wurde sie
immer wieder erneuert. Das Ergebnis ist ein ungewöhnlicher
Mix verschiedener Baustile des 10. bis 16. Jahrhunderts. Welchem dieser Stile der abgebildete Turm angehört, überlasse ich
dem Stilempfinden der geschätzten LeserInnen. Viele weitere
Sehenswürdigkeiten wie etwa das Städtische Museum, das in6/2008 Skipper
teressante Sammlungen von Fayencen beherbergen soll, haben
wir nicht besucht. Ebenso wenig wie das Kloster Saint-Gildard, in dem Bernadette Soubirous, die Seherin von Lourdes ,
von 1866 bis 1879 lebte. Berühmt ist Nevers auch für seine
„Nougatine“, ein feines Krokant mit Nougatfüllung und Schokoladenüberzug. Cineasten dürfte Nevers aufgrund des Films
„Hiroshima mon Amour“ ein Begriff sein, dessen Handlung
zum Teil hier spielte.
Für uns geht es weiter loireabwärts. Auf dem Weg nach Marseilles lès Aubigny steht uns wieder ein Skippererlebnis der besonderen Art, nämlich die Kanalbrücke von Guétin (die hier
den Allier überquert) mit anschließender Doppelschleuse bevor. Die Brücke ist gemauert, wurde von Adolphe Jullien entworfen, 1838 in Betrieb genommen und 1890 umgebaut. Bei
einer Breite von 9,33 Meter und einer Gesamtlänge von 343
Metern ist hier nicht nur der Blick auf den wildströmenden Allier spannend, sondern auch die Bewältigung der nachfolgenden Doppelschleuse mit der eindrucksvollen Hubhöhe von
9,20 Meter. Beim Festmachen der Leinen ist uns ein einheimischer Spaziergänger behilflich. Auf diesem Teil unserer Reise war uns der Wettergott ausnahmsweise nicht hold, so dass
wir uns am Außensteuerstand abwechselen, um innen die Klamotten zu trocknen.
6 REISE
Die 663 m lange Kanalbrücke von Briare ist mehr als eindrucksvoll
Marseilles-lès-Aubigny
Bei inzwischen aufklarendem Wetter legen wir in Marseilleslès-Aubigny an. Da der in den Törnführern gerühmte Port-dePlaisance (mit Strom und Wasser) nur für zwölf eher noch kleinere Boote ausgelegt ist und bei unserer Ankunft um 17 Uhr
schon voll belegt war, machen wir an den schrägen Kaimauern
fest, was für unsere Natalia mit zwei Schrauben unter Kiellinie
allerdings nicht unproblematisch war. Dafür können wir einigen Charter-Skippern beim Anlegen helfen, was diese sehr
dankbar aufgenommen haben. Unser „Liegeplatz“ befindet
sich direkt neben der Apotheke des Ortes. Zwar benötigen wir
keine Medikamente, doch der Inhaber empfiehlt uns freundlicherweise ein schönes Restaurant. Da dieses im Gegensatz zum
unmittelbar gegenüberliegenden Bistro zwei Kilometer Fußmarsch erfordert hätte, entscheiden wir uns für das Bistro.
Auch hier hat sich wieder unsere Erfahrung bestätigt, dass es in
den „Tabac-Bistro“-Lokalitäten fast alles gibt - und das sehr
preiswert. Nicht stören darf einen allerdings, dass man den
Schlüssel zur Toilette, die 10 Höhenmeter tiefer liegt und in einem eigenen Häuschen untergebracht ist, vom Chef zu treuen
Händen überreicht bekommt. In Erinnerung wird mir Anlegestelle dadurch bleiben, dass ein Skipper am nächsten Tag rückwärts mit der ihm höchstmöglichen Geschwindigkeit ausparkte, weil die Schleuse gerade öffnete. Nur durch ein Manöver
des so genannten letzten Augenblicks, das in meinem Fall „mit
zwei Maschinen Fullspeed voraus“ hieß, war ein Schaden an
den Schiffen zu vermeiden. Es stellte sich dann heraus, dass er
unbedingt hinter seinem Skipperfreund aus Paris in die Schleuse einfahren wollte. Bei der späteren Analyse und Manöverkritik mit der Admiralin stieß ich im Buch „Les canaux de Bourgogne“ von Catherine Parinet (erschienen in der Edition Ouest-France) auf einen Satz über die Loireskipper: Sie seien „seigneurs sur l’eau, vilains sur terre“. Mir drängte sich nach diesem Erlebnis eher Eindruck auf, dass es sich genau umgekehrt
verhält. Das Buch, das alle Kanäle im Burgund beschreibt, ist,
auch wenn man des Französischen, so wie wir, nicht so mächtig ist, schon aufgrund der herrlichen Bilder zu empfehlen und
macht Appetit, diese auf eigenem oder gechartetem Kiele zu er-
kunden. Auf dem Weg nach Ménétréol, unserem nächsten
Halt, besuchen wir die Stadt La Charité-sur-Loire, die wir auch
zu Fuß erreichten. Da wir auf unserem eher kleinen Schiff nur
ein Fahrrad dabei haben (mehr für Notfälle gedacht), sind die
Streckenbeschreibungen sozusagen für das Fußvolk, da wir
beide natürlich vieles gemeinsam erkunden wollten. Über die
berühmte Steinbrücke mit zehn Bögen aus dem 16.Jahrhundert
gelangt man in den Ort. Die ehemals große Hafenstadt war
1429 Schauplatz einer Niederlage der berühmten Jeanne
d’Arc. Neben der historischen Altstadt ist besonders die Basilika Ste.-Croix-Notre-Dame aus dem 11. Jahrhundert einen Besuch wert.
Ménétréol
Auch die Anlegestelle in Ménétréol bietet Strom und Wasser
und vor allem die für uns glückliche Kombination aus Tabac,
Bistro und Restaurant. Erneut speisen wir sehr preiswert und
gut und genießen den berühmten Sancerre Der weltbekannte
Nach einem Besuch in der Bar de
la Marine in Ouzouër-sur-Trézée
hatten wir wieder Strom...
Die Mosaik-Dekorationen
der Kirche Saint-Etienne in
Briare sind sehenswert
Skipper
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Weinort Sancerre liegt nur knappe zwei Kilometer entfernt weithin
sichtbar auf einem Hügel. Wir versagen uns, da mit dem Schiff unterwegs,
Besuch und Degustation in den Weinkellern, obwohl uns das nach dem kulinarischen Abend in Ménétréol schon gereizt hätte. Bei leidlich gutem
Wetter steuern wir das nächstes Ziel unserer Reise an, den Hafen von
Châtillon sur Loire.
Châtillon-sur-Loire
Diese Stadt bietet neben einem, in diesem Fall tatsächlich nur Charterbooten vorbehaltenen Hafen, auch einen mit Strom und Wasser ausgestatteten
für Freizeitskipper. Die Capitanerie war in unserem Fall nur von 17 bis 19
Uhr geöffnet. Châtillon sur Loire ist laut unserer Reiseführer bekannt für
Antiquitäten- und Trödelgeschäfte. Da uns der Sinn (wie so oft auf unserer
Reise) eher nach leiblichen Genüssen steht, warten wir die Öffnungszeit des
unmittelbar am Hafen gelegenen Restaurants „Le vieux port“ ab. Ein absolutes kulinarisches Highlight, wenn man diesen Ausdruck für ein französisches Restaurant, das gleichzeitig wieder Bistro und Tabacladen ist, verwenden darf. Der Chef des Hauses ist gleichzeitig auch Chef de Cuisine. Während ich an der Bar einen Picot Bière zu mir nehe, kann ich ihn in der Küche
beobachten und bin beeindruckt, mit welcher Liebe er die vorzüglich schmeckenden Speisen zubereitet. Dass er mit Handrücken und Daumenballen
ständig die Temperatur der Teller überprüfte, war dabei noch das Mindeste.
Ausgesprochen gut gestärkt freuen wir uns auf den nächsten Abschnitt unserer Reise, nämlich die Überquerung der Loire über die weltberühmte Kanalbrücke von Briare, die Schiffe mit einem Tiefgang bis 2,20 m aufnehmen.
kann. Diese genietete Eisenkontruktion ist in jedem Reiseführer erwähnt
und begeistert nicht nur Jugendstilfans. Was allerdings sehr viele nicht wissen, ist die Tatsache, dass diese Brücke, die 1896 fertig gestellt wurde, nicht
von Gustave Eiffel, dem Konstrukteur und Erbauer des Eiffelturms, stammt.
Seine Firma war lediglich am Bau der Fundamente und beim Unterbau beteiligt. Geplant wurde das imposante Bauwerk von den Ingenieuren LéonceAbel Mazoyer und Charles Sigault. Letzterer entwarf auch die berühmten
Pilaster. Ehre, wem Ehre gebührt. Wir hatten das Glück, ohne Gegenverkehr
und Wartezeit, an einem herrlichen Samstagvormittag die insgesamt 663
Meter lange Brücke zu befahren. Nach ihrer Errichtung war sie für ein ganzes Jahrhundert die größte war die Trogbrücke Europas. Diesen Titel verlor
sie 2003 allerdings an das Wasserstraßenkreuz Magdeburg.
Die vielen Ausflugsschiffe auf dem Canal de Briare
haben uns beim
Schleusen oft viel
Zeit gekostet
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Skipper
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In Ouzouër-sur-Trézée stehen
einige wunderschöne Häuser
Die unfreiwilligen
Wartezeiten verleiten einen
dazu, sich genauer
umzusehen und spontan
die eine oder andere Anlegestelle anzusteuern
Briare
In Briare gibt es mehrere Anlegestellen, wobei die unmittelbar am Kanal gelegenen wenig einladend und mit großen Schiffen überfüllt sind. Interessanter wäre der alte Hafen an der
Loire, der allerdings mindestens einen Tag Fahrzeit kostet, da
zwischen Brücke und Hafen etwa fünf Kilometer und vier
Schleusen mit Hubhöhen bis zu 5,5 Meter liegen, deren Öffnungszeiten von den üblichen abweichen. Lohnen würde sich
dieser Abstecher nur, wenn man dort eine Übernachtung einplant. Sehenswert in Briare ist neben der Kirche Saint-Etienne
ein Mosaik- und Knopf-Museum.
Nach der Brücke beginnt der Canal de Briare, der landschaftlich besonders reizvoll ist, was leider auch viele Passagiere wissen, die auf großen Ausflugssschiffen auf dem Kanal unterwegs sind. Die großen Pötte, die eben noch so in die Schleusen passen, haben unser Vorankommen oft behindert. Nicht
nur durch die Wartezeit vom Festmachen in den Schleusen,
sondern auch durch die Zeit, die durch die Wasserverdrängung
zur Wiederauffüllung der Schleuse nötig war. Bei einem reinen
Kanal, ohne zusätzliche Wasserzufuhr, einleuchtend. Das Können, der oft weiblichen, Ausflugssschiff-Kapitäne, auf extrem
engem Raum ihr Schiff zu manövrieren, hat mich allerdings
schwer beeindruckt.
Ouzouër-sur-Trézée
Bei der Weiterfahrt legen wir spontan in Ouzouër-sur-Trézée
an, da unterhalb der Schleuse ein wunderschöner Liegeplatz
mit Strom und Wasser zum Verweilen einlädt. Der Strom floss
allerdings erst nach meinem Besuch der Bar de la Marine. Dort
konnte ich am Samstagnachmittag einen Ortsansässigen aktivieren, der mit Hilfe des passenden Schlüssels und seines Multimeters die Störungsquelle im Schaltkasten orten und beheben
konnte. Von dieser Aktion profitierten später weitere Freizeitskipper, die hier ebenfalls anlegten. Doch auch das Ensemble
Die berühmte Schleusentreppe von
Rogny hat auch uns sehr beeindruckt
des Ortes ist sehenswert. Da die Mesnerin gerade den Blumenschmuck für den folgenden Sonntag anbrachte, konnten wir
die Kirche Saint Martin aus dem 12. Jahrhundert besichtigen.
Der nächste Tag führt uns über 18 Schleusen nach ChâtillonColigny. Auf dem Weg dorthin passierten wir Rogny-les-SeptÉcluses mit der berühmten siebenstufigen Schleusentreppe aus
dem 17. Jahrhundert, deren Bau 1605 begonnen und 1652 beendet wurde. Bauherr war König Henri IV. Seinerzeit war dies
eine absolute Pionierleistung und ist auch heute noch eindrucksvoll anzusehen. Wer es sich einteilen kann, sollte das im
Juli stattfindende musikalische Feuerwerk besuchen, das auf
den Stufen der Schleusen stattfindet und von dem mir Freunde
begeistert erzählt haben.
Châtillon-Coligny
Unterhalb der Schleuse finden wir eine optimale Anlegestelle. Der Hafen wird von der Stadt betrieben und hier sind sinnvollerweise die Aufenthaltszeiten für Schiffe (bei kostenlosem
Strom und Wasser) auf 48 Stunden und eine bestimmte Schiffslänge beschränkt. Auserdem gibt es eine sehr gute Informationsbroschüre. An die Religionskriege hier erinnern noch zwei
Häuser in der Rue de Paradis. Das erste, „Le Paradis“, in dem
sich die Katholiken versammelten, am Ende der Straße dann
„L’Enfer“ (Hölle), in dem sich die Protestanten trafen. Zur
Ökumene war es noch sehr weit. Eine deutlich weniger kriegerische Familie stellte die der Wissenschaftler Becquerel dar, die
von hier stammen. Antoine, Edmont, Jean und Henri brachten
diesen kleinen Ort, in mehreren Generationen, ins das Licht
der Wissenschaft. Henri Becquerel erhielt 1903 den Nobelpreis
in Physik (gemeinsam mit Marie und Pierre Curie) für die Entdeckung der natürlichen Radioaktivität. Der Name Becquerel
als Maß für Radioaktivität ist spätestens seit Mai 1986
(Tschernobyl) auch Nicht-Physikern geläufig. Die Weiterfahrt
führt uns bei herrlichem Wetter in einer malerischen und wirklich idyllischen Landschaft weiter nach Montargis. Die SchleuSkipper
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sen sind automatisiert, allerdings sind die Foto-bzw.Radarzellen am Ufer nicht so leicht auszumachen. Da
diese die nächsten Schleusen steuern ist hier „Wahrschau“ angesagt.
Montargis
Montargis wird gerne als „Venedig des Gâtinais“
bezeichnet und bietet eine ausgesprochen gute Anlegestelle mit Strom und Wasser. Es gibt hier tatsächlich
unglaublich viele Kanälchen, über die ebenso viele
kleine Brücken führen, die jeweils mit Jahreszahl und
Namen des Erbauers versehen sind. Kulinarisch haben wir allerdings das „Poulet de Gâtinais“, das in
vielen Führern erwähnt wird, nicht genießen können,
da fast alle französischen Restaurants geschlossen
waren und wir letztendlich eine Pizza dem Döner vorzogen. Hier treffen wir ein dänisches Skipperpaar, das
sein Schiff in der Türkei hat bauen lassen und dann
von einem italienischen Hafen aus überführt hat. Der
Waschtag, den sie hier einlegen, führte die Admiralin
anschließend auf die Bank, da sie beim Wassernachfüllen irrtümlicherweise den Dieseltank wählte. Beim
nächsten Wasserbunkern haben wir dann besonders
aufgepasst, man lernt ja immer dazu. Wir haben die
beiden in St.-Mammès wiedergesehen, die Stimmung
an Bord war auch da noch etwas angespannt.
Canal du Loing
Drei Kilometer und drei Schleusen hinter Montargis beginnt der Canal du Loing. Im Gegensatz zum
Canal de Briare ist dieser viel weniger ansprechend.
Die Industrie prägt das Bild, Bäcker, Metzger und
Bars haben seit einigen Jahren geschlossen. Auf den
Hafen von Nemours wollen wir uns dann auch nicht
verlassen,und legen in der „Prärie“ an. Dies mit Hilfe
einer englischen Admiralin, da das Wetter sehr stürmisch war. Dabei wäre Nemours einen Aufenthalt
durchaus wert gewesen. Es gibt vor der Schleuse sehr
gute Anlegemöglichkeiten, die allerdings in den Führern nicht erwähnt sind. Am Nachmittag erreichen
wir dann St.-Mammès. Der Hafen von Moret-sur-
Die Hafenanlage in Montargis, dem „Venedig des
Gatinais“ ist vorbildlich. Auch ein Besuch der Stadt, die in
wenigen Minuten zu Fuß erreichbar ist, lohnt sich
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Skipper
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Trotz der großen Frachtschiffe (viel Schwell) lohnt
es sich, im Hafen
St.-Mammès festzumachen
Loing, der uns mehrfach empfohlen wurde, war hoffnungslos
überfüllt - der alte Ort soll sehr schön sein, ist allerdings von
St.-Mammès zu Fuß sehr schwer zu erreichen.
St.-Mammès
In St.-Mammès haben wir das Glück am 15. August sowohl
einen Jahrmarkt als auch eine offene Kirche anzutreffen. Der
Hafen ist unbedingt zu empfehlen. Wir sind zwar vor den großen Frachtschiffe gewarnt worden, die dort mit viel Schwell
vorbeifahren. Doch dazu ein Tip: Dieser trifft einen auf der
Westseite, wo man längs liegt, deutlich weniger in Form von etwas Rollen, als querliegend an der Ostseite mit Stampfen.
Westlich ist es oft deutlich leerer, da die Steckdosen und Wasseranschlüsse ganz oben und bei der Anfahrt kaum zu sehen
sind. Außerdem legen dort Passagierschiffe seitlich an, die
auch einen Teil der Wellen aufhalten. Ebenfalls empfehlenswert ist ein Bistro-Restaurant namens „Isamarina“ am SeineKai, wo es „Galette“ gibt, die die Chefin selbst zubereitet. Man
kann sich die Zutaten (wie bei Pizzas) aussuchen. Wir waren
zweimal dort, ebenso wie die Schausteller des Rummelplatzes.
Wir haben hier manche, mit den ganz großen Frachtschiffen
von Paris kommenden Kapitäne gesehen, die hier angelegt haben. Und es gab die erste Möglichkeit unsere Dieseltanks für
den Rest der Fahrt nachzufüllen.
Seine
Die Seine ist mit 776 km Länge nach Loire und Rhône der
drittlängste Fluß Frankreichs. Sie macht uns erstmals mit sehr
großen Schiffahrtsschleusen bekannt. Für die Großschifffahrt
ist St.-Mammès interessant, da es auf halben Weg nach Marcilly liegt - dort endet die Großschifffahrt auf der Seine. Für einfache Freizeitschiffer ist hier eigentlich kein Platz. Bis Paris gibt
es für Motorboote unserer Größe kaum sinnvolle Anlegestellen. Wobei die Frachtschiffkapitäne sehr, sehr kooperativ waren, wohl aus Mitleid mit dem Minischiff. Die Schleusenanforderung hat mich überfordert, nachdem unser Funkgerät ausgefallen war, und auch via Telefon kein Kontakt mit dem
Schleusenwärter herzustellen war. Vielleicht würden wir noch
heute vor der ersten Schleuse stehen, wenn uns nicht der Kapitän eines großen Schubverbandes mit heftigen Handzeichen
aufgefordert hätte, ihm zu folgen. Wir sind dann hinter ihm
noch einige Male bei „dunkelroten“ Schleusenampeln eingefahren. Die Metropole Paris ist hier bereits sehr stark spürbar.
Seien es die feudalen Villen am Ufer mit Privathäfen oder Anlegestellen, die nur Mitgliedern irgendwelcher Clubs offen stehen. Für uns hat daraufhin das „Slipsymbol“ in den Karten be-
Auf dem Weg nach Paris:
Die Seine hatten wir uns
etwas romantischer
vorgestellt
deutet, dass man gar nicht nach einem Liegeplatz schauen
braucht, da hier Renn- oder Wasserskiboote stationiert sind
und durch die geringe Wassertiefe für uns zu vernachlässigen.
Nach einer Übernachtung unterhalb der Ecluse 4 „Vives
Eaux“ im Schutze eines grossen Frachtschiffes, das von einem
vietnamesischen Kapitän gesteuert wurde, fahren wir in die
französische Hauptstadt. Im „Funkschlepptau“ eines schwedischen Seglerpaares. Von diesen stammt übrigens auch der Ausdruck „Admiralin“.
Paris
Gemeinsam mit unseren Schweden treffen wir in Paris ein.
Der Port de Paris-Arsenal dürfte wohl der sicherste FreizeitHafen der Welt sein. Er wurde nach nur drei Jahren Bauzeit
1825 fertiggestellt. Man erreicht ihn nur über eine Schleuse
von 3,10 m Hubhöhe von der Seine. Von der Capitanerie aus
wird er über Farbkameras mit entsprechemden Monitoren
überwacht. Auge und Stimme der in der Capitanerie Tätigen
erreichen einen überall. Für diese Sicherheit schienen uns 23 €
für ein „Doppelzimmer“ mit Dusche und Waschmaschine mitten in Paris mit Metrostation vor der Haustür nicht überzogen.
Ich musste hier erstmals meine sämtlichen Schiffspapiere vorlegen. Man erhält dann einen Code und einen Magnetchip mit
dem die Duschen, Waschmaschinen etc. zu aktivieren sind.
Und auch die Türen. Da der Hafen ab 20 Uhr geschlossen ist,
kommt man nur mehr damit hinein. Vom Versuch, eventuell
über das Tor zu steigen, halten einen große, durchtrainierte
Muskelmänner mit ebenso furchteinflößenden Kampfhunden
ab... Dass ich die erste Nacht in Paris nicht unter einer Parkbank mit Clochards verbringen musste, verdanke ich dem
Handy und der Admiralin.
Im dritten und letzten Teil unseres Törnberichts in Skipper
07/08 geht es um die Erkundung der Pariser Kanäle, die ganz
wenig Parisbesucher kennen, und unsere Heimfahrt über Marne und Saône.
Von den Brücken von Paris, die wir bis zum Port-Arsenal
unterquerten, hat uns die Pont de Bercy am meisten beeindruckt
Skipper
6/2008
Foto für Inhalt