Hennecke - IHK Bonn/Rhein-Sieg
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Hennecke - IHK Bonn/Rhein-Sieg
D eshalb wird sich „Die Wirtschaft“ im Titelthema auf den folgenden Seiten mit dem K-Sektor in der Region Bonn/Rhein-Sieg beschäftigen. Wir wollen bedeutende Unternehmen aus der Region vorstellen, auf Geschichte und zukünftige Entwicklung der Branche eingehen, aber auch Forderungen und Verbesserungspotenziale heraus arbeiten. macht und weltweit erfolgreich vermarktet. Hinzu kamen in späteren Jahren neu gegründete Unternehmen ehemaliger Dynamit NobelMitarbeiter, die diese Produkte oder ähnliche Entwicklungen und Weiterentwicklungen ihrerseits mit Erfolg krönten. Diese Spin-Offs können als Keimzelle für die heutigen Strukturen betrachtet werden. Strategien und Zukunft des Kunststoffsektors Die Kunststoffbranche in Deutschland, wie auch in der Region, hat sich seit den 70er Jahren überaus positiv entwickelt. So ist die Zahl der Mitarbeiter bundesweit von etwa 100.000 auf 400.000 gestiegen. Trotz der nur noch geringfügigen Wachstumsraten bei der Beschäftigtenzahl, hat die Verarbeitungsmenge auch in den letzten Jahren deutlich zugelegt. „Seit 1997 hat allein die Verarbeitung von PVC um über 30 Prozent zugenommen“, sagt Werner Preusker, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt e.V. mit Sitz in Bonn. Kunststoffe wachsen zum Einen, weil sie dank ihrer Eigenschaften konventionelle Werkstoffe für Autoteile, Wasserrohre oder Fenster verdrängen, zum Anderen, weil sie Produkte ermöglichen, die ohne Kunststoffe nicht denkbar wären, wie Mobiltelefone, Notebooks oder Windräder. Die Kunststoffbranche ist einer der wenigen immer noch wachsenden Industriezweige in Deutschland, der auch Arbeitsplätze schafft. Ein Erklärungsansatz für die Entstehung des Kunststoffclusters Bonn/Rhein-Sieg geht auf die Firma Dynamit Nobel in Troisdorf zurück. Wie Rainer Hardtke, Kommunikationsberater und Kunststoffexperte in der Region, erläutert, wurden besonders in den Jahren 1930 bis 1960 von Troisdorf aus einer umfangreichen Grundlagenforschung heraus zahlreiche Erfindungen ge- Vielfältig sind die Produkte, die aus Kunststoff hergestellt werden können: z.B. Fensterprofile, Regenkleidung, Schirme und Stiefel sowie Kabel aller Art. 12 Dennoch lassen sich auf Basis einer Umfrage im Rahmen der Initiative „Kunststoffland NRW“ zwei grundlegende Probleme erkennen. Zum einen besteht noch ein erheblicher Verbesserungsbedarf im Bereich der Innovationen und besonders des Wissenschaftstransfers. Die Branche bringt zahlreiche Innovationen hervor, dennoch ist die Zeitspanne von der ersten Idee bis zum marktfähi- gen Produkt häufig zu lang. Zum anderen leidet die Branche unter einem Nachwuchsmangel in fast allen Bereichen, also vom Facharbeiter bis zum Hochschulabsolventen. So können nur rund 50 Prozent aller Ausbildungsplätze vergeben werden, da hier das Angebot geeigneter Bewerber zu gering ist. Dennoch ist Preusker für die Zukunft optimistisch: „Kunststoffe sind wie das Glas am Ende des 19. Jahrhunderts. Experten gehen davon aus, dass sich Umsatz und Produktion bis 2020 verdreifachen können – wenn die Weichen heute richtig gestellt werden.“ Zum Ersatz von natürlichen Rohstoffen komme immer stärker die Realisierung von Spezialwerkstoffen hinzu. Dies lasse sich in ganz unterschiedliche Produkte vom Kleiderbügel über die Motorenkonstruktion bis hin zu Stadiondächern umsetzen. Kunststoffe werden ständig weiterentwickelt „Kunststoffe werden auf bestimmte Anwendungen hin ständig weiter entwickelt und stellen nicht mehr den billigen Ersatz für einen Naturstoff dar“, stellt Preusker fest: „Dabei ist Deutschland weltweit einer der bedeutendsten Knowhow-Träger. Wir exportieren Produkte, keine Arbeitsplätze! Weiteres Wachstum erwarten wir also durch die Substitution alter Werkstoffe, durch neue Produkte und Anwendungsbereiche. Eine wettbewerbsfähige Produktion wird auch in Zukunft in Deutschland möglich sein, wenn wir - auch durch bessere Information über uns als Branche - das Nachwuchsproblem lösen können.“ (mp) DIE WIRTSCHAFT 2/2006 Hennecke ist ein Maschinenbauunternehmen, das sich auf die Herstellung von Maschinen zur Produktion von Kunststoffen spezialisiert hat. 1945 gegründet, ist das Unternehmen seit 1975 eine 100%ige Tochter der Bayer Material Science AG. Seit die von Bayer erfundenen Polyurethane maschinell verarbeitet werden können, setzt Hennecke entscheidende innovative Impulse für den technologischen Fortschritt in der PUR-Branche. Die wesentlichen Abnehmer von PUR-Produkten sind die Fahrzeugindustrie, Polstermöbel- und Matratzenhersteller mit ihrem Bedarf an Weichschaumstoffen und Unternehmen aus der Wärme- und Kältedämmung, beispielsweise Kühlschrankhersteller. In diesen Anwendungsgebieten hat Hennecke heute eine führende Marktposition. Hennecke beschäftigt in Sankt Augustin rund 400 Mitarbeiter und bildet jährlich etwa 35 Auszubildende aus. Interview mit Rudolf Brumund (Geschäftsführer Hennecke GmbH) und Wolfgang Hähner (Kaufmännischer Leiter Hennecke GmbH) Hennecke ist eine 100%ige Tochter der Bayer Material Science AG. Welche Vorteile ergeben sich für Hennecke daraus? H ennecke profitiert ganz eindeutig von der Zugehörigkeit zu Bayer MaterialScience Polyurethane (BMS-PUR) und ist von den Umstrukturierungen im gesamten Bayer-Konzern positiv betroffen. BMS-PUR entwickelt und verbessert ständig die Rohstoffsysteme zur Herstellung von Polyurethan-Bauteilen. Hennecke übernimmt dann die Entwicklung und Herstellung der Maschinen, die zur Verarbeitung benötigt werden. So hat Hennecke übrigens die weltweit erste Hockdruck-Maschine zur Verarbeitung von Polyurethanen, eine Erfindung der Bayer AG, entwickelt. Hennecke und Bayer können ihren Kunden somit Komplettlösungen aus einer Hand von den Rohstoffen über die Verfahrenstechnik bis hin zur Maschine anbieten und weltweite DIE WIRTSCHAFT 2/2006 Kontakte zum beiderseitigen Nutzen einbringen. Wo sehen Sie die Vorteile des Produktionsstandortes Deutschland bzw. Bonn/Rhein-Sieg? Z u nennen ist hier zu allererst das hohe Qualifikationsniveau der Mitarbeiter, das die Grundlage für Innovationen bildet. Ohne ständige Bereitschaft zu Produkt- und Prozessinnovationen würde Hennecke in weltweiten Wettbewerb nicht bestehen können. In allen anderen Bereichen ist die ausländische Konkurrenz ebenbürtig oder hat sogar deutliche Kostenvorteile gegenüber dem Produktionsstandort Deutschland, besonders in Form von niedrigeren Arbeitskosten. In der Summe ist der gesamte Produktionsstandort Deutschland gefährdet. In einer zunehmend globalisierten Welt verliert der Standort Deutschland zunehmend an Boden, besonders in Hinblick auf Netto- arbeitszeiten und damit einhergehend durch steigende Arbeitsstückkosten. Die 35-Stunden-Woche verbunden mit 30 Tagen Urlaub, 10 Feiertagen, Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz... verursacht zu hohe Kosten, hier besteht erheblicher Handlungsbedarf. Sollte es nicht gelingen die Erfolgsfaktoren „Qualifizierte Mitarbeiter“ und „Produkt- und Prozessinnovationen“ mittels grundlegender Änderungen besonders im Bereich der Arbeitszeiten zur vollen Geltung kommen zu lassen, wird sich die Wettbewerbssituation des Produktionsstandorts Deutschland weiter verschlechtern. Welche Strategien verfolgt Hennecke, um wettbewerbsfähig zu bleiben? E s ist unabdingbar die Wertschöpfung auf bestimmte Produktionsschritte zu konzentrieren. Dazu ist es notwendig, Produkte mit geringer Fertigungstiefe, wie z. B. Schaltschränke, nicht mehr selber zu produzieren, sondern sie komplett montiert einzukaufen und die so frei werdenden Kapazitäten z. B. in der Einrichtung / Programmierung von Steuerelementen zu konzentrieren, da dieser Arbeitschritt einen wesentlich höheren Mehrwert erzielt als der im Beispiel genannte Schaltschrank. Dies bedeutet aber nicht, dass Komponenten mit geringer Fertigungstiefe generell nicht mehr von unseren Mitarbeitern produziert werden, sondern die Entscheidung über Eigenproduktion oder Einkauf wird zudem von der Betriebsauslastung abhängig gemacht. Grundvorrausetzung für solche flexiblen Produktionsabläufe bilden dabei unsere qualifizierten, vielseitig einsetzbaren Mitarbeiter in Kombination mit flexiblen Arbeitszeitmodellen. Zudem bietet eine breite Produktpalette Möglichkeiten, auf Krisensituationen zu reagieren. Hennecke setzt dies mit den fünf Produktlinien Kühlmöbel, Contimat, Blockschaum, Automotive und Reaktionsgießmaschinen erfolgreich um. Wie werden Innovationen angeschoben? P rodukt- und Prozessinnovationen sind das Ergebnis eines permanenten Ideenaustauschs. Dazu ist vor Jahren bei Hennecke ein Ideen-Pool eingerichtet worden, um eine innerbetriebliche Plattform des Ideenaustauschs zu schaffen, diese wird durch regelmäßigen Ideenaustausch mit BMS-PUR gestärkt. Ein Innovationsteam, das sich regelmäßig trifft, unterstützt die ständige Verbesserung unserer Produkte und unserer innerbetrieblichen Abläufe. Als eine Innovati- 13 on aus dem Unternehmen lässt sich beispielhaft die weltweit erste FCKW-freie Produktion von Dämmmaterialen für Kühlschränke nennen, auch hier war die Zusammenarbeit mit Bayer von maßgeblichem Einfluss. Wie beurteilen Sie die Verfügbarkeit von qualifizierten Mitarbeitern bzw. profitieren Sie von den neu geschaffenen FHs in der Region? M omentan haben wir Probleme, gute diplomierte Ingenieure für die Entwicklungskonstruktion und den Vertrieb zu finden, die bereits über einige Jahre Berufserfahrung verfügen. Diese Leute sind auf dem Arbeitsmarkt nur schwer zu bekommen, da die Zahl der Studenten in technischen Fächern in der Vergangenheit stetig gesunken ist. Mittlerweile hat sich die Zahl der Hochschulabsolventen wieder erhöht, so dass dieses Problem in den nächsten Jahren der Vergangenheit angehören wird. In Zusammenarbeit mit den Fachhochschulen in der Region bietet Hennecke interessierten Studenten ein Verbundstudium und stundenreduzierte Arbeitsverträge während des Studiums an, ebenso betreut Hennecke Diplomarbeiten. Im Idealfall besuchen Azubis des Betriebes nach ihrer Ausbildung zum Mechatroniker eine FH und verbleiben nach erfolgreichem Abschluss in der Firma. Dieser Weg ist für Hennecke der optimale Weg hochqualifizierten Nachwuchs zu erhalten. Was erwarten Sie von der Politik, um auch in Zukunft konkurrenzfähig zu sein? D ie Rahmenbedingungen für den Produktionsstandort Deutschland müssen fundamental geändert werden. Zentrales Problem sind die im internationalen Vergleich zu hohen Arbeitsstückkos- 14 ten aufgrund zu geringer Nettoarbeitszeiten. Die 35-Stunden-Woche ist angesichts der internationalen Konkurrenzsituation nicht mehr tragbar. Zwar bieten flexible Arbeitszeitmodelle gewisse Spielräume, um auf die Auftragslage reagieren zu können, insgesamt geben aber die bestehenden Tarifverträge ein zu enges Korsett vor. Damit ist nun aber gerade nicht eine Gewinnmaximierung um jeden Preis gemeint. Vielmehr könnte z. B. bei sehr guten Ergebnissen eine Erfolgsbeteiligung der Mitarbeiter am Unternehmensergebnis noch stärker betont werden als dies heute schon der Fall ist und bei weniger guten Ergebnissen wäre ein Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung geleistet. Die Verantwortung für betriebliche Bündnisse für Arbeit sollte deshalb auf die betriebliche Ebene verlagert werden. Ein weiteres Problem sind Fragen rund um den internationalen Patentschutz. Oftmals ist eine Verfolgung von Patentverletzungen aufgrund des langwierigen Prozesses und der hohen Kosten nicht effektiv. Ständige Innovationen sind hier das einzig wirksame Mittel, um einen Wettbewerbsvorteil zu erhalten und weiter auszubauen. Welche Forderungen bestehen an die Politik in der Region, etwa hinsichtlich des Standortmarketings? B is zum Verlust der Hauptstadtfunktion ist die Industrie in der Region Bonn/ Rhein-Sieg von der Politik vernachlässigt worden. Erst mit dem einsetzenden Hennecke GmbH Polyurethane Technology Birlinghovener Straße 30 D-53754 Sankt Augustin Telefon 0 22 41/3 39-0 Telefax 0 22 41/3 39-20 4 E-Mail: hennecke@hennecke.com Internet: www.hennecke.com Strukturwandel vollzog sich ein gewisser Bewusstseinswandel. Die Industrie in der Region wurde von Politik und Verwaltung „neu“ entdeckt. Davon ist heute allerdings nicht mehr viel zu spüren. In der Außendarstellung der Region wird der Dienstleistungssektor stets überbetont und auch überbewertet. Dies ist nicht akzeptabel und wird der Bedeutung der Industrie in der Region in keiner Weise gerecht. Schließlich beschäftigt allein die seit 60 Jahren im Markt tätige Hennecke GmbH heute mit weltweit insgesamt über 500 Mitarbeitern mehr Mitarbeiter als alle in Bonn ansässigen UN-Sekretariate zusammen. Wie wird sich die Branche in den nächsten zehn Jahren entwickeln? D er Preisdruck auf den gesamten KSektor in Deutschland wird sich weiter erhöhen. Dafür lassen sich mehrere Gründe nennen. Die Rohstoffpreise werden wohl auf hohem Niveau verharren, dies gilt z. B. für Stahl im Falle des Maschinenbaus oder auch für Polyurethane. Besonders Kunststoffverarbeiter der Automobilzulieferindustrie sind nicht in der Lage, die erhöhten Preise der Rohstoffe und Vorprodukte in ausreichendem Maße an die Automobilhersteller weiterzugeben, da diese sehr stringent in ihrer Einkaufspolitik agieren. Dadurch werden die Gewinnmargen weiter sinken. Dieser Mechanismus wirkt sich dann auch auf die Auftragslage von Hennecke aus, da unsere Kunden in diesem Fall tendenziell preisgünstigere Maschinen bestellen werden und auf den „Mercedes“ von Hennecke verzichten. Wir sehen unsere Zukunft in innovativen Produkten, geschaffen von qualifizierten und motivierten Mitarbeitern. Die Erwartung an Politik, Verbände und Gewerkschaften ist dabei, durch vernünftige Rahmenbedingungen die Wettbewerbsfähigkeit zu ermöglichen und auf Dauer erfolgreich zu sein. (mp) DIE WIRTSCHAFT 2/2006 Besonderheit dieser Etiketten liegt darin, das diese nicht auf die Flasche geklebt werden, sondern wie eine Banderolle über die Flasche gestülpt werden. Welche Bedeutung spielen veränderte Kundenwünsche bzw. Konsumentenwünsche bei der Entwicklung neuer Maschinen? Die Die LEMO Maschinenbau GmbH ist Weltmarktführer für Folienschweißmaschinen. Folienschweißanlagen sind Anlagen, auf denen Plastiktüten, Müllsäcke und Folienkunststoffverpackungen produziert werden. Das Unternehmen wurde 1949 von Michael Lehmacher in Niederkassel-Mondorf als Gravieranstalt und Apparatebau gegründet. 1965 machte LEMO Furore als weltweit erster Hersteller von automatischen Schweißmaschinen für Tragetaschen. 1998 erfolgte die Markteinführung des LEMO - AUTOPACK–Systems, eine automatische Endverpackung der gefertigten Beutel per Roboter. 2004 schließlich stellte LEMO seine neue Maschinengeneration CT vor. Kundenorientierung, Technologieführerschaft und Qualität sichern LEMO einen Weltmarktanteil von 25 Prozent mit steigender Tendenz. Heute produziert LEMO pro Jahr rund 100 Maschinen und kommt mit 160 Mitarbeitern auf einen Jahresumsatz von 37 Millionen Euro. Die Exportrate liegt bei über 80 Prozent des Gesamtumsatzes. Interview mit Sabine Zanders, (Vertrieb/Marketing LEMO Maschinenbau GmbH) Wie ist es einem mittelständischen Unternehmen wie der LEMO Maschinenbau GmbH möglich im internationalen Wettbewerb zu bestehen? LEMO ist Weltmarktführer in der Herstellung und Entwicklung von Maschinen, die zur Produktion von Kunststofftragetaschen, Beuteln und Säcken benötigt werden. Dies zeigt sich u.a. in unserer Exportquote, die bei rund 80 Prozent liegt. Unsere wichtigsten Absatzmärkte sind die USA, Europa sowie Asien. Auch im asiatischen Raum werden Maschinen zur Verarbeitung von Kunststofffolien hergestellt, die zu unseren Produkten in Konkurrenz stehen. Uns kann es nicht gelingen, mit den asiatischen Maschinenbauern über den Preis in Konkurrenz zu treten, sondern alleine über die Qualität. Die Qualität unserer Maschinen liegt weit über der unserer asiatischen Konkurrenz und das wird von unseren Kunden auch seit Jahrzehnten honoriert. Die Auftragslage im Maschinenbau ist direkt abhängig von der wirtschaftliDIE WIRTSCHAFT 2/2006 chen Situation der Kunststoffverarbeiter. In welchem Umfang ist bzw. war ihr Unternehmen hiervon betroffen? S tarke Schwankungen des Ölpreises wirken sich direkt auf das Produktionsvolumen der Kunststoffverarbeiter aus und damit auch auf die Auftragslage von Maschinenbauern wie LEMO. Deutliche Einbrüche waren zum Beispiel nach den Anschlägen vom 11. September zu verzeichnen. Ebenso gibt es aber auch geschäftsbelebende Effekte wie z. B. die Einführung des Dosenpfands in Deutschland. Zum Zeitpunkt der Einführung konnte LEMO eine marktreife Maschine zur Herstellung von Kunststoffetiketten für PET-Flaschen vorstellen. Die LEMO Maschinenbau GmbH Rheidter Straße 52 D-53859 Niederkassel-Mondorf Telefon 0228 / 4591-0 Telefax 0228 / 4591-113 E-Mail: info@lemo-maschinenbau.com Internet: www.lemo-maschinenbau.com Ansprüche an Kunststofftragetaschen unterliegen ständigen Veränderungen. So werden in jüngerer Vergangenheit wieder verstärkt höherwertige Tragetaschen verlangt. Zudem sind nationale Vorlieben hinsichtlich der Taschenform zu beachten. In den USA ist zum Beispiel die „Hemdchentasche“ das vorherrschende Modell, während in Skandinavien die „Sinustragetasche“ vorgezogen wird. Die „Hemdchentasche“ ähnelt im Grundriss dem eines Unterhemdes und besitzt sehr lange Trageschlaufen, die außen an den Kanten der Tasche entspringen. Der Tragegriff einer „Sinustragetasche“ beschreibt eine Sinuskurve von einer Ecke der Tasche zur anderen. In Deutschland dominiert die Tragetasche mit Schlaufen, sowie die DKT-Tragetasche. Übrigens spricht man bei Plastiktragetaschen nie von Tüten, da Tüten immer aus Papier hergestellt sind. Die Region Bonn/Rhein-Sieg stellt deutschlandweit ein einmaliges Cluster der Kunststoffindustrie dar. Welche Vorteile ergeben sich daraus? D ie Ballung von Unternehmen der gleichen Branche stellt per se einen klaren Standortvorteil dar, der beinahe zwangsläufig zu Synergieeffekten führt. So besteht eine enge Kooperation mit den Firmen Kuhne und Reifenhäuser, die in nur etwa zehn Kilometer Entfernung von unserem Standort beheimatet sind. Kuhne und Reifenhäuser produzieren u. a. Extruder, die zur Produktion von Kunststofffolien benötigt werden. LEMO produziert die Maschinen, die zur weiteren Verarbeitung dieser Kunststofffolien nötig sind. Im Idealfall können die unterschiedlichen Maschinen der verschiedenen Firmen mittels enger Kooperation von Anfang an in einer Produktionsstraße kombiniert werden. So profitiert letztendlich auch der Kunde von der hier bestehenden Konzentration im K-Sektor. Welche Vorteile bietet der Standort Bonn/Rhein-Sieg darüber hinaus? E in wesentlicher Standortvorteil ist die sehr gute Verkehrsinfrastruktur. Der Anschluss an das nationale und internati- 15 LEMO: INTERmat DKT Maschine zur herstellung von DKT-Tragetaschen onale Autobahnnetz ist hervorragend und stellt für uns besonders im Bereich der Logistik einen klaren Standortvorteil dar. Die räumliche Nähe und schnelle Erreichbarkeit der Flughäfen Köln/Bonn, Düsseldorf und Frankfurt ist für uns und vor allem für unsere internationalen Kunden ebenso von großer Bedeutung. Im Messegeschäft ist zudem die geringe Entfernung nach Köln und Düsseldorf zu nennen. So ist es uns möglich während der Messezeiten einen Shuttleverkehr für unsere Kunden zum Werk in Mondorf einzurichten. Wie wird sich die Branche in den nächsten zehn Jahren entwickeln? D ie gesamte Kunststoffbranche ist längst noch nicht am Ende ihrer Entwicklung angelangt. Kunststoffe haben sich in den letzten Jahren zu einem höherwertigen Ersatz für herkömmliche Werkstoffe entwickelt, so gewinnen beispielsweise PET-Flaschen gegenüber Glasflaschen immer mehr an Bedeutung. Ebenso wird das Thema Recycling an Bedeutung gewinnen und Prozessinnovationen generieren. Insgesamt lassen sich die Zukunftsaussichten als sehr positiv bezeichnen. (mp) Es würde den Rahmen dieser Titelgeschichte sprengen, wenn wir alle Marktführer der Region vorstellen wollten. Wir haben uns auf einige wenige beschränkt, weitere Unternehmensprofile werden im Branchenreport "Kunststoff" veröffentlicht. Das Troisdorfer Familienunternehmen Reifenhäuser zählt zu den weltweit führenden Herstellern von Maschinen und Anlagen zur Verarbeitung thermoplastischer Kunststoffe. Mit den Reifenhäuser-Maschinen werden Folien hergestellt, mit denen Lebensmittel, pharmazeutische Produkte und Büromaterialien verpackt werden. Das Unternehmen errreicht einen Marktanteil von 15 Prozent bei den Folienmaschinen in Mitteleuropa. Während dieses Geschäft jedoch rückläufig ist, brummt die zweite Sparte Spinnvliesmaschinen. Die Auslastung des Troisdorfer Werkes ist bis Ende 2006 gesichert, der weltweite Marktanteil beträgt rund 75 Prozent. 90 Prozent des Gesamtumsatzes (rund 225 Millionen Euro) macht Reifenhäuser-Agrar-GroßfoliReifenhäuser im Ausland. en-Anlage mit 35m Bauhöhe Halbzeuge aus Troisdorf haben noch immer Weltruf. Die HT Troplast AG hat Industriegeschichte im Kunststoffsektor geschrieben, doch das ehemalige Konglomerat ist mittlerweile in mehrere Teile gesplittet worden. Die Essener Rütgers AG, eine 100prozentige Tochter des Energie- und Chemiekonzerns RAG Aktiengesellschaft, hat Ende Dezember 2004 die HT Troplast mit den Geschäftseinheiten profine, Trocellen und Dynos an das Finanzkonsortium Carlyle und Advent veräußert. Profine zählt zu den europäischen Marktführern für Fensterprofile. Trocellen ist mit einer breiten Pa- Dr. Reinold Hagen Stiftung „Menschen fördern, Technik gestalten.“ So lautet das Leitmotiv der Dr. Reinold Hagen Stiftung in Bonn-Holzlar. Die Hagen-Stiftung realisiert gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg einen Branchenreport Kunststoff. Nähere Auskünfte dazu erteilt Michael Kunze, IHK Bonn/Rhein-Sieg, E-Mail kunze@bonn.ihk.de, Telefon 0228/2284-140, Die Dr. Reinold Hagen Stiftung ist in den Bereichen Aus- und Weiterbildung, Forschung & Entwicklung und Beratung aktiv, um die Position kleinerer und mittlerer Unternehmen zu stärken. In den einzelnen Aktionsfeldern wird ein breit gefächertes Programm angeboten. Die Dr. Reinold Hagen Stiftung betreibt eine überbetriebliche Ausbildungsstätte für gewerblich- 16 technische Berufe. Sie initiiert Forschungsvorhaben und führt Forschungsprojekte im Bereich der Kunststoffanwendung und des Maschinenbaus durch. Die Stiftung vergibt Förderpreise für innovative Lösungen in Wissenschaft sowie Praxis und prämiert herausragende Bildungsleistungen. Lernprozesse in Unternehmen werden durch Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen sowie eine ganzheitliche Bildungsberatung unterstützt. Unter dem Stichwort Engineering kommt das Dienstleistungsangebot hinzu, den gesamten Entwicklungsprozess von der Idee bis zur Optimierung des fertigen Produktes zu begleiten. Zusammen mit ihren Beteiligungsgesellschaften, der Hagen Engineering GmbH und der Weiterbildungsgesellschaft der IHK Bonn/Rhein-Sieg, setzt die Dr. Reinold Hagen Stiftung innovative Impulse und die technische sowie räumliche Ausstattung der Stiftung unterstützt die hochgesteckten Ziele. DIE WIRTSCHAFT 2/2006 lette von Polyolefin-Schäumen für Isolierung und Bau, die Autoproduktion sowie für die Herstellung von Schuhen und Sportartikeln einer der führenden Hersteller in Europa, während Dynos im Marktsegment Schleifscheibenträger aus Vulkanfiber zu den weltweit führender Anbietern zählt. Diese drei Geschäftseinheiten der HT Troplast AG beschäftigten im Jahr 2004 weltweit insgesamt rund 4.300 Mitarbeiter und erwirtschafteten einen Umsatz von rund 770 Millionen Euro. Ebenfalls veräußert wurde Ende 2004 das Trosifol-Geschäftsfeld. 200 Mitarbeiter in Troisdorf und 55 Beschäftigte im russischen Nischni Nowgorod stellten Spezialfolien für Verbundsicherheitsglas und erzielten einen Umsatz von rund 85 Millionen Euro. Käufer war die KSE Kuraray Specialities Europe, ein weltweit führender Hersteller von Polyvinyl-Alkohol. Doch die Diversifizierung der HT-Geschäftsfelder ging im Herbst 2005 weiter: Die Trocellen GmbH (rund 190 Mitarbeiter, 90 Millionen Euro Jahresumsatz) ist an die japanischen Unternehmen Furukawa Electric und Otsuka Chemical veräußert worden. Und die Vulkanfiber-Sparte Dynos (23 Millionen Euro Umsatz in 2004, 63 Mitarbeiter) ist nun im Besitz des Schweizer Finanzinvestors M2 Capital Partners. rern in den Bereichen Automobilzulieferung (Kunststofftanksysteme) und Verpackung. Die Ursprünge des Unternehmens gehen bis 1935 zurück, als der Ingenieur Reinold Hagen in seiner Heimatstadt Siegburg die „Galvanischen Werkstätten“ gründet. Dort werden galvanische Arbeiten ausgeführt und Stanz- und Ziehartikel hergestellt. Die Entwicklung des thermoplastischen Kunststoffes ermöglicht ihm frühzeitig die Herstellung von PVC-Halbzeugen wie Platten, Schläuche und Profile. Der Name Kautex (Kautschuk-ex) entsteht. Nach Zerstörung des Siegburger Werkes beginnt Kautex 1947 in Bonn-Holzlar mit dem Wiederaufbau. Reinold Hagen entwickelt 1949 die erste Blasformmaschine für die Verarbeitung von PolyethyEinige Produkte der len (PE). Der neue Kunststoff erFa. Kautex: kleine Gemöglicht Kautex die Herstellung fahrgutbehälter (o.) und von Hohlkörpern: Neben Flaschen der Tank des VW-Phaeton und Behältern geht der Schrumpfschlauch in Produktion. 1950 entwickelt Kautex das Blasform-Verfahren für die eigene Produktion weiter: Nach den ersten Serienmaschinen entstehen bald vollwertige Automaten. Im Sommer 1950 wird der weltweit erste 10-Liter-Ballon vorgestellt. Er ist unzerbrechlich und resistent gegen Chemikalien. (mp) -Anzeige Hub Seit der Vorstellung der ersten Blasformmaschine zur Verarbeitung von Polyethylen im Jahre 1949 übernimmt Kautex Textron eine technologische Vorreiterrolle in der Entwicklung und Herstellung von blasgeformten Kunststoffprodukten. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Bonn-Holzlar gehört seit 1997 zur amerikanischen Textron-Gruppe. Kautex Textron steht seinen Kunden in der Automobil- und der Verpackungsindustrie mit rund 5.430 Mitarbeitern an 37 Orten weltweit als Systemführer und Systementwickler zur Seite. 2004 hat Kautex Textron einen Umsatz von 1,27 Mrd. Euro erwirtschaftet. Das Unternehmen zählt zu den weltweiten Technologie- und MarktfühKautex in Bonn-Holzlar DIE WIRTSCHAFT 2/2006 17