120920_Pressespiegel Auswahl

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120920_Pressespiegel Auswahl
die Initiative KULTUR FÜR ALLE Stuttgart macht sich
seit Januar 2010 erfolgreich dafür stark, dass auch
Menschen mit wenig Geld daran teilhaben können.
Pressespiegel Auswahl
............................................................................................
Entwickelt und gefördert durch die
Alexander Gunsilius I Gudrun Hähnel I Peter Jakobeit II BANKVERBINDUNG BW-Bank Stuttgart I Konto 1090961 I BLZ 600 501 01 I
www.kultur-fuer-alle.net II SITZ STUTTGART Amtsgericht Stuttgart I VR 720677 I Steuernummer 99019/41634 II VORSTAND Harald Wohlmann (Vorsitzender) I
KULTUR FÜR ALLE STUTTGART E.V. I Willi-Bleicher-Str. 20 I 70174 Stuttgart I Tel. 0711 / 828 595 06I Fax 0711 / 224 77-23 I info@kultur-fuer-all.net I
…………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………..
Das Kulturangebot Stuttgarts ist bunt –
Zweck des
Vereins ist die
Förderung der
Teilhabe aller
Gesellschaftsgruppen an
Kunst und
Kultur. Der
Verein ist als
gemeinnützig
anerkannt.
1.
GOOD NEWS (01.09.2012)
"So sehen Sieger aus"
2.
STUTTGARTER ZEITUNG (27.02.2012)
"Kultur muss für alle zugänglich sein"
3.
GOOD NEWS (21.01.2012)
"Kultur für alle – Kulturstadt Stuttgart"
4.
STUTTGARTER NACHRICHTEN (07.12.2011)
"Sparkurs bedroht auch Kulturangebot für Arme"
5.
STUTTGARTER ZEITUNG (20.04.2011)
"Kostenlose Kultur wird angenommen"
6.
STUTTGARTER NACHRICHTEN (20.04.2011)
"Ich bin wieder Mensch"
7.
STUTTGARTER ZEITUNG (11.01.2011)
Kostenlos Kultur für sozial Schwache"
8.
CANNSTATTER ZEITUNG (29.04.2010)
"Kultur für null Euro findet großen Anklang"
9.
GOOD NEWS (AUSGABE 3/10)
"Initiative KULTUR FÜR ALLE"
10.
PRINZ (AUSGABE 3/10)
"0 Euro kostet die Kultur"
11.
STUTTGARTER NACHRICHTEN (03. 02.2010)
"Kultur für Bürger mit geringem Einkommen"
12.
STUTTGARTER ZEITUNG (30.01.2010)
"Kultur zum Nulltarif findet großen Anklang"
…………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………..
……………………PRESSESPIEGEL AUSWAHL…
Zweck des
Vereins ist die
Förderung der
Teilhabe aller
Gesellschaftsgruppen an
Kunst und
Kultur. Der
Verein ist als
gemeinnützig
anerkannt.
Großartig
Seite 2
So sehen Sieger aus
Jetzt haben wir es schriftlich: Im Ranking deutscher Kulturstädte lief die Kesselmetropole allen
anderen Städten davon – und ist ab sofort ganz offiziell die Kulturmetropole des Landes.
großen und kleinen Einrichtungen
Stuttgarts zu ermöglichen.“
Bild: A. T. Schaefer
Jene großen und kleinen Einrichtungen
befinden sich in einem regen Austausch
mit der Stadt – und dadurch mit Susanne Eisenmann. „Die Mitarbeiter des
Kulturamts sind stark in ihren Fachgebieten verankert. Sie sprechen regelmäßig mit den Aktiven und besuchen
deren Veranstaltungen“, so die Kulturbürgermeisterin. Dadurch merken sie,
wo es klemmt und wo Hilfe notwendig
ist, wenn neue Entwicklungen anstehen.
Und damit nicht genug: „Einzelne Gemeinderäte und Mitarbeiterinnen oder
Mitarbeiter der Kulturverwaltung sind
Mitglied in Beiräten und Gremien der
Kultureinrichtungen. Hier erfahren sie
hautnah, was sich die Einrichtungen
wünschen, wohin sie sich entwickeln
können und wollen“, beschreibt sie das
fruchtbare Verhältnis, das letztlich zu
diesem hocherfreulichen Rankingergeb-
nis geführt hat. Und damit das auch so
bleibt, vertraut die Kulturbürgermeisterin auf das „Zauberwort der Kontinuität“, wie sie es nennt. „Stuttgart ist keine
Stadt, die Millionen in ein Event investiert, dessen Effekt Schlagzeilen macht,
aber letztendlich verpufft“, erklärt sie.
„Diesem langfristigen, vielleicht schwäbischen Herangehen verdanken wir die
enorme Breite, Vielfalt und Qualität.“
Auf den Lorbeeren ausruhen kommt für
sie jedoch nicht in Frage. Entsprechend
engagiert fällt ihr abschließender Blick
in die Zukunft aus: „Ich denke an die
Planungen zur John-Cranko-Schule und
zum Stadtmuseum, an den seit Jahren
betriebenen Ausbau der Kulturförderung, an die Nähe der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter des Kulturamts zu den
Künstlerinnen und Künstlern.“ (BS)
Weitere Informationen:
www.stuttgart.de,
www.kultur-fuer-alle.net
Bild: Kunstmuseum Stuttgart
Eines der besten des Landes: Das Stuttgarter Opernhaus bei Nacht.
Das geht runter wie Öl: Nicht Berlin,
München, Hamburg, Frankfurt oder
Köln – nein, Stuttgart ist die Kulturhauptstadt Deutschlands. Zu diesem
erfreulichen Ergebnis kommt eine
großangelegte Studie des Hamburger
Weltwirtschaftsinstituts, die dafür die
Kultur in 30 deutschen Metropolen auf
den Prüfstand stellte – und Stuttgart
zum Sieger kürte. Gefolgt von Dresden, München, Berlin und Bonn ist es
demnach unser schönes Städtle, das am
meisten für die Kultur tut – und dessen
Kulturprogramm von den Bürgern am
besten angenommen wird. Einerseits
freut uns das ungemein, andererseits
haben wir uns gefragt: Welche Ursachen hat dieser Spitzenplatz? Und, ein
wenig ketzerisch formuliert: Ist er überhaupt verdient? Wir sprachen mit dem
Kulturamt der Stadt Stuttgart und dem
Verein „Kultur für alle“, um diesen Fragen auf den Grund zu gehen.
Bild: Liederhalle
„Manchmal ist es mit den
Schwaben so: Man zählt zu den
besten, aber man geht damit
nicht hausieren.“
XXX.
Susanne Eisenmann ist mit dem Ergebnis des Rankings sichtlich zufrieden.
Als Kulturbürgermeisterin der Stadt
Stuttgart weiß sie besser als die meisten anderen, wie es um die kulturelle
Seite unserer Stadt steht und sieht die
Umfrage als Bestätigung einer bereits
geltenden Tatsache: „Das Ranking unterstreicht, was in der Stuttgarter Kulturszene schon lange diskutiert wurde:
dass wir zu den wichtigsten deutschen
Kulturstädten zählen.“ Dass Bescheidenheit eine schwäbische Tugend ist,
wurde angesichts dieser Studie auch
im Rathaus deutlich. „Manchmal ist
es mit den Schwaben so: Man zählt zu
den besten, aber man geht damit nicht
hausieren“, meint sie. „Und dann vergisst man manchmal auch selbst, wie
gut man eigentlich ist.“ Verdient ist
die Spitzenpositionierung in ihren Augen deswegen natürlich nicht weniger.
„Der Stuttgarter Gemeinderat und die
Kulturverwaltung haben die Kultureinrichtungen seit den 1950er Jahren mit
hohem Aufwand unterstützt. Vor allen
in den letzten zwei Jahrzehnten wurde immens viel unternommen, um das
kulturelle Angebot in der Landeshauptstadt weiter zu auszubauen.“
In dieser Spanne von 20 Jahren hat sich
in Stuttgart in der Tat viel getan: Unter
anderem wurden die Akademie Schloss
Solitude, die Rosenau, das Theater Rampe, der Treffpunkt Rotebühlplatz, die
beiden Musical-Hallen, das Friedrichsbau-Varieté, das Produktionszentrum
Tanz, das Literaturhaus, das Kinderund Jugendtheater JES, das Kunstmuseum, der Jazzclub Bix, die Wagenhallen
und die neue Stadtbibliothek am Mailänder Platz eröffnet. „Und das ist nur
1. September 2012
Moderne Kunst im Herzen der Stadt: Das Kunstmuseum fällt auf.
Das Ranking des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts:
Für die Bewertung zog das Institut folgende Indikatoren heran:
Modernste Technik für tolle Konzertabende: der Beethovensaal der Liederhalle.
„Wir werden uns auch in
Zukunft dafür stark machen,
Menschen mit geringem
Einkommen kostenlose Kulturbesuche in großen und kleinen
Einrichtungen Stuttgarts
zu ermöglichen.“
ein Teil“, bemerkt Eisenmann und fügt
hinzu: „Die Renovierung des Areals
‚Unterm Turm‘, der Umzug des Theaterhauses und mehr als ein Dutzend
weitere von großen Investitionen begleitete Veränderungen kommen dazu.“
Nicht zu vergessen die weit über die
Landesgrenzen hinaus gerühmte Oper,
das Ballett, die Staatstheater, die Liederoder Schleyerhalle. Die Stuttgarter Kulturlandschaft ist „immens vielfältig“,
wie die Kulturbürgermeisterin urteilt.
Und das nicht nur in den großen Häusern, wohlgemerkt: „Wir haben neben
dem Kunstmuseum und der Staatsgalerie mit national und international beachtetem Spitzenniveau auch eine prickelnde Kunstszene in den Off-Spaces,
die innerhalb der jungen künstlerischen
Szene überregional an Bedeutung gewinnt.“ Schnell wird ersichtlich: Die
Auszeichnung ist mehr als verdient.
Neben den bereits erwähnten Gründen
für Stuttgarts Sieg im Wettstreit um den
Titel der Kulturhauptstadt spielen auch
soziale Gründe in die Entscheidung mit
hinein. Der Verein „Kultur für alle“
sorgt dafür, dass das kulturelle Angebot der Landeshauptstadt allen Kesselbewohnern zugänglich ist – und bietet
mit einer Bonuscard Vergünstigungen
und Rabatte. „Kultur ist ein Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens, denn
Kulturveranstaltungen sind Anlässe
und Orte der Begegnung und des Austausches“, so Eva Ringer von „Kultur
für alle“. „Wer wenig Geld hat, spart
oft zwangsläufig an Kultur. Außerdem
haben Menschen mit geringem Einkommen meistens schlechtere Bildungs- und
Aufstiegschancen und bleiben von der
Teilhabe am kulturellen Leben ausgeschlossen.“ Hier kommt der Verein ins
Spiel: „Die Initiative „Kultur für alle“
geht mit ihrem Angebot gegen die Tendenz der Ausgrenzung an, um allen
Menschen Kultur und gesellschaftliche
Teilhabe zugänglich zu machen“, so
Ringer. Ihrer Erfahrung nach sind die
Stuttgarter Bürger sehr kulturinteressiert – eine Tatsache, die sie an den verkauften Theater- und Museumskarten
festmachen kann. Das Ziel ihres Vereins ist dennoch klar umrissen: „Wir
werden uns auch in Zukunft dafür stark
machen, Menschen mit geringem Einkommen kostenlose Kulturbesuche in
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8 Kulturhighlights in den kommenden Monaten
1. Am 23. September 2012 feiert
„Don Quijote – Der Träumer von
La Mancha“ seine Premiere am
Stuttgarter Ballett.
2. Ab dem 15. September 2012 zeigt
das Landesmuseum Württemberg
in seiner Großen Landesausstellung „Die Welt der Kelten – Zentren der Macht – Kostbarkeiten
der Kunst“.
3. Die große Landesausstellung
„Mythos Atelier“ mit Werken
von Spitzweg bis Picasso ist ab
dem 27. Oktober 2012 in der
Stuttgarter Staatsgalerie zu sehen.
4. „Das Auge der Welt. Otto Dix und
die Neue Sachlichkeit“ ist vom
10. November 2012 an im Kunstmuseum zu erleben.
5. Stuttgarts neues Musical „Sister
Act“ zieht am 9. Dezember 2012
mit mächtig Brimborium und Lebensfreude ins SI-Centrum ein.
6. Philipp Poisel gibt im Rahmen
seiner „Projekt Seerosenteich“Konzertreihe am 14. Januar in der
Liederhalle ein Heimspiel.
7. Giuseppe Verdis „Nabucco“ ist
ab dem 24. Februar 2013 in der
Oper zu erleben.
8. Hasko Webers Inszenierung von
Sibylle Bergs „Angst reist mit“
erlebt seine Uraufführung am 23.
März 2013 im Nord-Ableger des
Schauspiels Stuttgart.
Kulturstadt Stuttgart
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1 von 2
24.01.2012 09:43
Kulturstadt Stuttgart
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24.01.2012 09:43
www.stuttgarter-zeitung.de
STUTTGART
MITTWOCH
20. April 2011
STADT,
REGION
& LAND
21
Region Stuttgart
Baden-Württemberg
Reportage
24
28
32
Kommentar
Überfällig
Ballett Die Chance für einen Neubau der
John-Cranko-Schule muss genutzt werden.
Von Thomas Borgmann
J
Beliebt bei Bonuscard-Besitzern: das Lindenmuseum (links mit Mandala-Ausstellung), das Kunstmuseum und das Theaterhaus (im Bild das Stück Caveman).
Fotos: Zweygarth (2), Theaterhaus
Kostenlose Kultur wird angenommen
der andere Besucher auch schon im Vor- vor allem über das Internet bekannt gefeld Karten für sich zu reservieren. „Es war macht, künftig werde man die Zielgruppe
uns wichtig, dass nicht das Gefühl auf- auch auf anderen Wegen ansprechen, um
kommt, dass Restkarten verschenkt wer- die Auslastung zu verbessern.
Aufgefallen ist bei der Evaden, die ansonsten verfallen
luation auch, dass in Häusern
fragten der Möglichkeit, kostenlos Kultur würden“ sagt Julia Schindler. „Das Angebot wird
Rund 65 000 Stuttgarter vor allem stark von mit gemischtem Programm,
besuchen zu können, eine sehr hohe peretwa dem Theaterhaus oder
sönliche Bedeutung zugemessen. „Dieses haben im Jahr 2011 vom Sozidem Landesmuseum mit dem
Feedback bestätigt unsere Grund- alamt eine Bonuscard mit Familien mit
Jungen Schloss, vor allem das
annahme, dass es wichtig ist, Menschen dem Zusatz Kultur ausge- Kindern genutzt.“
Kinderprogramm stark nachmit wenig Geld kulturelle Teilhabe zu er- stellt bekommen, also immer- Julia Schindler vor der
gefragt wurde. Der Elternanmöglichen“, sagt Julia Schindler: „Unser hin zehn Prozent der Einwoh- Initiative Kultur für alle
ner der Landeshauptstadt.
teil unter den knapp 200 BeAngebot funktioniert, wie es gedacht war.“
Bewährt hat sich dabei auch das Prinzip Nur ein Teil davon, so Julia Schindler, sei fragten sei mit 60 Prozent auffallend hoch,
der Bonuscard Kultur: Die beteiligten Ein- von Haus aus kulturaffin, wie in allen ande- sagt Julia Schindler. Vielen sei es ein Anlierichtungen verpflichten sich, ein festes Kar- ren Teilen der Gesellschaft auch. Auf der gen, das Interesse ihrer Kinder zu wecken.
Insgesamt 52 Theater, Museen, Bühnen
tenkontingent in allen Preiskategorien zur anderen Seite gebe es viele MehrfachnutVerfügung zu stellen. Dadurch haben die zer, die regelmäßig ins Theater oder Mu- und Orchester sind momentan KulturpartBonuscard-Besitzer die Möglichkeit, wie je- seum gehen. Bisher habe man das Angebot ner – von der Akademie für gesprochenes
Wort bis zum Weißenhofmuseum. Einige
würden sich von selbst melden, sogar von
KARTEN IM WERT VON 45 000 EURO BEREITGESTELLT
außerhalb wie das Museum Ritter in WalMethode Für die Evaluation
gebildete (64 Prozent), nur
denbuch oder das Freiburger Barockorsind mit 19 der Kultureinrichzwei von zehn waren älter als
chester, sagt Ulrike Jäger, Vorstandsvorsittungen Interviews zur Nutzung
50 Jahre. Jeder fünfte hat das
zende der Initiative Kultur für alle. Die Sudes Angebots und Reaktionen
Angebot mit Kindern genutzt.
che nach weiteren Einrichtungen, etwa
der Besucher geführt worden.
auch Kinos, läuft ständig weiter, was die
In 33 Häusern wurden StrichlisRanking Die meisten Besucher Initiative aber vor allem noch braucht, sind
ten geführt und Fragebögen für
hatte das Theaterhaus (613),
Sponsoren. Der Etat von 40 000 Euro ist
die Bonuscard-Besucher ausgegefolgt vom Linden-Museum
nur bis Ende des Jahres gesichert, über die
legt. 198 wurden ausgefüllt.
sehr wichtig oder wichtig. Die (305), Kunstmuseum (300),
weitere Finanzierung laufen derzeit Gemeisten wünschen sich eine
Renitenztheater (299) und
spräche mit der Stadt. Gleichzeitig ist das
Ergebnis 99 Prozent der
Erweiterung des Angebots. Un- dem Jungen Ensemble StuttStuttgarter Kulturprojekt aktuell auch in
Befragten gaben an, die Mög- ter den Befragten waren über- gart (272). Insgesamt wurden
Berlin und Brandenburg ein Thema, wie
lichkeit, kostenlos Kultur
durchschnittlich viele Frauen
Karten im Wert von 45 000
Helga Breuninger betont: „Dort will man
besuchen zu können, sei für sie (64 Prozent) und formal höher Euro bereitgestellt. hef
unser Modell übernehmen.“
Bilanz Rund 50 Museen und Theater haben 2010 mehr als 3500
Besuche für Bonuscard-Empfänger ermöglicht. Von Markus Heffner
E
uphorie kommt bei den Projektverantwortlichen beim Anblick der
nackten Zahl noch keine auf, einen
guten Anfang sieht Helga Breuninger darin
aber allemal: Mehr als 3500 Mal haben die
Bonuscard-Empfänger der Landeshauptstadt im vergangenen Jahr eine der knapp
50 Kultureinrichtungen besucht, die bei
dem Sozialprojekt „Kultur für alle“ aktuell
mitmachen. „Das ist noch ausbaufähig,
10 000 Besuche wären ein guter Schnitt“,
sagt die Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Stuttgart, auf deren Initiative die
Bonuskarte Kultur Anfang vergangenen
Jahres eingeführt wurde.
Um das Nutzungsverhalten auswerten
zu können und zu sehen, ob das soziale
Engagement auch auf fruchtbaren Boden
fällt, hat die Initiative nun eine Evaluation
durchgeführt und dabei die beteiligten Kultureinrichtungen und auch die Besucher
selbst befragt. Neben den Zahlen, die dabei
erhoben worden sind, ist für die Verantwortlichen vor allem eine zentrale Erkenntnis von Bedeutung, wie die Geschäftsführerin der Initiative, Julia Schindler, sagt. So
hätten fast alle Befragten in den Fragebögen angegeben, dass der Kulturbesuch für
sie ohne die Bonuskarte und die Möglichkeit des freien Eintritts nicht möglich gewesen wäre. Ebenso hätten praktisch alle Be-
Ein Lichtblick für die John-Cranko-Schule
Dreißig Architekturbüros sind aufgefordert, Pläne und
Modelle für einen Neubau zu entwerfen. Von Thomas Borgmann
Wettbewerb
Z
wei Jahre vor seinem plötzlichen
Tod 1973 hatte der legendäre Choreograf und Ballettdirektor John
Cranko eine Idee: „Ohne eigenen Nachwuchs hat unsere Compagnie keine Zukunft. Deshalb müssen wir ein Institut
gründen, in dem junge Tänzerinnen und
Tänzer aus der ganzen Welt gründlich ausgebildet und auf ihren schönen aber schweren Beruf vorbereitet werden.“ Am 1. Dezember dieses Jahres feiert die JohnCranko-Schule ihr 40-jähriges Bestehen.
Und alles deutet darauf hin, dass diese weltweit renommierte Ballettschule zum Geburtstag von Stadt und Land einen Neubau
am Urbansplatz geschenkt bekommt.
Doch ehe es soweit ist, wird noch einige
Zeit vergehen. Immerhin, nach langem
und zähem Suchen ist geeigneter Grund
und Boden gefunden worden, der dem
Land gehört: Rund 9300 Quadratmeter
oberhalb des Urbansplatzes, neben der alten Musikhochschule – fünf Minuten zu
Fuß von der Oper entfernt. Auf dem Areal
stand ehemals ein Wasserwerk; und weil
dieses Grundstück genau in einer für die
Innenstadt wichtigen Frischluftschneise
liegt, sollen nur 5900 Quadratmeter davon
bebaut werden.
Diese und andere Zahlen, Daten und Fakten kamen gestern im Rathaus auf den
Tisch, als der Technikausschuss des Gemeinderats darüber informiert wurde, dass
Ende Mai der Architektenwettbewerb startet. Stadt und Land werden dreißig angesehene Büros aus dem In- und Ausland zur
Teilnahme auffordern. Sie sollen sich Gedanken darüber machen, wie beim Urbansplatz folgendes Raumprogramm zu verwirklichen wäre: Ein 700 Quadratmeter großer
Ballettsaal, in dem auch öffentliche Veranstaltungen
stattfinden
können; dazu
ein halbes Dutzend kleinerer Trainingssäle, nicht zu vergessen Schulungs- und
Wohnräume für das Internat, für die Verwaltung sowie diverse Nebenräume. Schließlich hat die John-Cranko-Schule
heute rund 150 Schülerinnen
und Schüler aus fast allen
Kontinenten, 50 Lehrer
unterrichten sie. Übrigens, in dem großen Saal
soll auch die arrivierte Compagnie bessere Probenbedingungen vorfinden als im Ballettsaal der Staatsoper. Ilse LangeTiedje von der staatlichen Hoch-
bauverwaltung Vermögen und Bau sagte
gestern vor den Stadträten: „Ende Mai wollen wir diesen Architektenwettbewerb ausschreiben. Im November soll das Preisgericht tagen und eine Entscheidung fällen,
wir wollen das Ergebnis noch in diesem
Jahr haben.“ Und auf die Frage des CDUKultursprechers Jürgen Sauer, was das Projekt denn kosten werde, sagte die Amtschefin: „Wir gehen von 25 Millionen Euro aus,
die sich Stadt und Land nach dem Staatstheatervertrag teilen.“
Allerdings gibt es in den Haushalten von
Stadt und Land bis dato noch kein
Geld für den Neubau der
John-Cranko-Schule. Aber
auf beiden Seiten ist man
wohl entschlossen, die miserablen räumlichen Verhältnisse,
die die Schule seit vielen Jahren in dem Haus Urbanstraße 94 ertragen muss,
Von nichts kommt nichts.
Wer ein berühmter Tänzer
werden will, für den ist
die beste Schule
gerade gut genug.
Foto: Steinert
nicht länger hinzunehmen als unbedingt
notwendig. Über den genauen Baubeginn,
so Lange-Tiedje, lasse sich jetzt jedoch
noch nichts sagen.
Apropos Geld: Roswitha Blind, die Chefin der SPD-Ratsfraktion, appellierte gestern an Oberbürgermeister Wolfgang
Schuster (CDU): „Der Oberbürgermeister
muss sich dieses wichtige Kulturprojekt zu
eigen machen und es offiziell zum neuen
Doppelhaushalt 2012/13 anmelden.“ Dann
könne der Gemeinderat darüber befinden.
Jürgen Sauer von der CDU ging freilich
schon einen Schritt weiter: „Nach der Sanierung des Schauspiels und der Oper, für
die Stadt und Land 55 Millionen Euro investieren, wäre der Neubau der CrankoSchule ein weiteres, wichtiges Signal – dieser Neubau ist mehr als notwendig.“
Michael Kienzle, der Kultursprecher
der Grünen, lenkte den Blick auch auf das
Umfeld am Urbansplatz: „Der Standort ist
gut, das Areal ist schön. Aber wir wollen
auch, dass die Grünfläche am Urbansplatz
in die Planungen einbezogen wird, ebenso
der Verkehr in diesem Quartier.“ Der Neubau allein genüge nicht. Der Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) sagte: „Wir
brauchen für dieses Projekt einen neuen
Bebauungsplan – das Baurecht liegt also
ganz beim Gemeinderat.“ Am 17. Mai, so
kündigte Hahn an, werde sich der Technikausschuss noch einmal mit der Ausschreibung des Architektenwettbewerbs beschäftigen. Man wolle alles so gründlich vorbereiten wie nur möglich.
ohn Cranko würde sich in seinem
Grab auf dem kleinen Friedhof an der
Solitude umdrehen. Vor vier Jahrzehnten hat der Begründer des Stuttgarter
Ballettwunders klugerweise eine Schule gegründet, um die Zukunft seiner Compagnie
auf sichere Beine zu stellen. Doch Stadt und
Land, die Verwaltungen wie die Politik, sind
mit dieser Schule, die zurecht John Crankos Namen trägt, nur stiefmütterlich umgegangen. Bis heute sonnen sich die Großkopfeten oft und gerne im Glanz des weltberühmten Stuttgarter Balletts, aber es ist
jammerwürdig, wie schlecht der tänzerische Nachwuchs tatsächlich untergebracht
ist. Eine Visitenkarte ist das alte Schulgebäude an der Urbanstraße wirklich nicht –
eher blamabel wie so viele Schulgebäude in
dieser Landeshauptstadt.
Doch jetzt ist gottlob Abhilfe in Sicht.
Ausgerechnet im Jubiläumsjahr, in dem
John Crankos Gründung vierzig wird, gibt
es die Chance, das so lange Versäumte endlich nachzuholen – und das ist mehr als
überfällig. Am Urbansplatz, nur wenige
Fußminuten von der Kulturmeile entfernt,
bietet sich die gute Gelegenheit, einen Neubau zu errichten. Immerhin sind Stadt und
Land dazu entschlossen, dafür Ende Mai
einen internationalen Architektenwettbewerb auszuschreiben – eine reizvolle Aufgabe für die kreativen Planer, die sich in
Stuttgart mit einem besonderen Bauwerk
hohe Meriten verdienen und einen bleibenden Namen schaffen können.
Freilich, jeder noch so schlüssige Entwurf, jedes noch so ansprechende Modell
nutzen nichts, wenn das Geld fehlt. 25 Millionen Euro soll das Projekt kosten, Stadt
und Land müssen jeweils die Hälfte tragen.
Der Gemeinderat steht mit Mehrheit dahinter, was die künftige grün-rote Landesregierung denkt, ist noch offen. Ihr finanzieller
Spielraum ist enger als der der Stadt. Trotzdem muss dieser Neubau sein.
SSB-Fahrplan
Kleine Änderungen
ab Gründonnerstag
An Gründonnerstag treten bei den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) einige Änderungen im Fahrplan in Kraft. Die Stadtbahn-Linie U 8 wird neu in das Netz eingegliedert
und erhält einen neuen Fahrplan. Sie verkehrt im 20-Minuten-Takt vom Vaihinger
Bahnhof zu den Minuten 2, 22 und 42 (sieben Minuten später als heute). Aus Richtung Ostfildern starten die Züge dann zu
den Minuten 1, 21 und 41 (sechs Minuten
später als heute).
Einige Änderungen ergeben sich auch
auf der Linie U 1 in dem Abschnitt zwischen Vaihingen und dem Österreichischen Platz. In Richtung Fellbach fahren die Züge ab Donnerstag vom Vaihinger
Bahnhof eine Minute früher ab. Ab dem
Charlottenplatz gilt dann aber wieder der
aktuelle Fahrplan. Durch diese Änderung
wird Umstieg von der U 1 auf die U 4 an der
Haltestelle Vogelrain in Heslach verbessert. Um auch den Umstieg von der Buslinie 82 auf die Stadtbahn U 1 zu gewährleisten, fährt der Bus in Richtung Waldeck an
allen Haltestellen ab Rohr bis zur Waldburgstraße eine Minute früher ab.
Auf der Linie U 2 zwischen Botnang und
Neugereut erfolgt samstags und sonntags
die erste Fahrt bereits um 4.52 Uhr. In Gegenrichtung fährt der erste Stadtbahnzug
ab Haltestelle Rathaus ebenfalls fünf Minuten früher.
wos
Wohin an Ostern?
Ausflugstipps
Karfreitag und Ostern nahen – und damit eine
ganze Reihe freier Tage. Auf den Panoramaseiten 26 und 27 gibt die Stuttgarter Zeitung allerlei Tipps für Tripps zu unbekannteren und auch
bekannten Orten in der Landeshauptstadt. Aus
produktionstechnischen Gründen erscheinen
die Seiten im Lokalteil deshalb ausnahmsweise
in einer geänderten Abfolge.
StZ
Kontakt
Lokalredaktion
Telefon: 07 11/72 05-12 71/12 72
E-Mail: lokales@stz.zgs.de
Kulturmagazin
Nummer 92 • Mittwoch, 20. April 2011
17
Unser Tipp
Brauns Niederungen
Warum wirft man daheim saure Milch in
den Müll, stellt sie im Büro aber in den
Kühlschrank? Was sind Aderendhülsen?
Warum rücken einem manche Leute im
Gespräch so sehr auf die Pelle? Beobachtungen über absonderliche Alltagsphänomene, Sitten und Unsitten und die eigenartige Gattung Mensch; klasse Pointen,
eine nie aufdringliche Moral und der
amüsant-amüsierte persönliche Ton machen den Charme von Adrienne Brauns
Kolumnen aus, die samstags im Wochenendteil der „Stuttgarter Zeitung“ erscheinen. Schön, dass der Tübinger Silberburg-Verlag die Texte gesammelt und
jetzt unter dem Titel „Von den Niederungen des Seins oder Tutti Bikini capta
sunt“ als Buch veröffentlicht hat. Heute
um 20 Uhr stellt die Kunst- und Theaterkritikerin Adrienne Braun ihre gesammelten Kolumnen im Literaturhaus vor.
Die Stuttgarter Literaturwissenschaftlerin Hannelore Schlaffer unterhält sich
mit ihr über die kleine feine Form. (StN)
Bücher der Woche
P. G. Wodehouse:
Onkels Erwachen.
Aus dem Englischen von
Thomas Schlachter. Epoca,
Zürich. 266 Seiten. 19,95 Euro
Von der John-Cranko-Schule kommt Louis Stiens im Herbst als Eleve zum Stuttgarter Ballett. Dort will der 19-Jährige tanzen – und für die Noverre-Gesellschaft erneut choreografieren
Foto: Verena Fischer
Von Gunther Reinhardt
Hang zu widerstrebenden Gefühlen
Der John-Cranko-Schüler Louis Stiens gewinnt für seine Choreografie „Mäuse“ den Beo-Preis
Wer als Eleve zum Stuttgarter Ballett
kommt, ist meist ein unbeschriebenes
Blatt. Nicht Louis Stiens. Der 19-jährige
Münchner ist schon als Nachwuchschoreograf aufgefallen.
Von Julia Lutzeyer
Unterricht und Training an der JohnCranko-Schule. Proben für John Neumeiers
„Kameliendame“ für die nächste Spielzeit
als Eleve beim Stuttgarter Ballett. Und im
Mai sind Diplomprüfungen. Viel Zeit bleibt
Louis Stiens, Ballettschüler der Akademieklasse A, fürs Choreografieren nicht. Dabei
will der 19-jährige Münchner beim
nächsten Noverre-Abend Junge Choreografen im Juli unbedingt wieder ein Stück
beisteuern.
2010 stellte er in diesem Rahmen
„Mäuse“ vor. Eine Auseinandersetzung mit
dem Lebensgefühl Jugendlicher in der Pubertät zu einem Popsong von Tori Amos. Mit
diesem eigenwillig und frischen Stück – getanzt von seinem Mitschüler Robert Robinson – hatte er nicht nur Kritiker und Publikum beeindruckt. Tadeusz Matacz, Leiter
der John-Cranko-Schule, nahm es sogar ins
hiesige Bühnenprogramm auf und zu einer
Gala nach Lausanne mit. Zudem ermunterte er ihn, damit als erster Vertreter der
Helena Waldmann
im Theaterhaus
In die Erlebniswelt einer Vergessenden
dringt Helena Waldmanns neues Tanzstück
„Revolver besorgen“ ein. Uraufgeführt
wurde das von Tänzerin Brit Rodemund interpretierte Nachdenken über Demenz im
vergangenen November in München; nun
tourt die neue Produktion von Helena Waldmann und ist am 6. und 7. Mai, jeweils um
20.30 Uhr, im Theaterhaus in Stuttgart zu
Gast. Mit brisanten Themen hat sich die Berliner Tanz- und Theaterkünstlerin Waldmann einen Namen gemacht. In „Letters
From Tentland“ zum Beispiel ließ sie iranische Frauen in Zelten tanzen. (StN)
John-Cranko-Schule überhaupt beim BeoWettbewerb beruflicher Schulen der Baden-Württemberg-Stiftung teilzunehmen.
Stiens gewann. Für „Mäuse“ bekam er
einen ersten Preis.
Wer steckt hinter dem jungen Talent? Ein
schmaler Mann mit wachem, intensivem
Blick aus türkisgrünen Augen. Aufgeweckt,
sehr zugewandt, eloquent, überlegt. Ein
paar Worte, schon ist man bei dem Aspekt,
der im Lauf des Gesprächs immer wieder
zur Sprache kommen wird. „Schon als Kind
war ich von der Bühne extrem angezogen
und hatte zugleich große Angst vor ihr“, erinnert sich Stiens an erste Theaterbesuche
mit seinen Eltern, beide Absolventen des
Mozarteum Salzburg, Gitarristen und
Musikpädagogen.
Ein musisches Elternhaus. Doch zum
Tanz ging es wie für viele Jungs über den
Sport. „Für mich war es schon als Dreijähriger eine Bestrafung, meinen Eltern nicht
vortanzen zu dürfen“, erzählt Stiens. „Doch
die sahen darin nur einen Bewegungsdrang
und steckten mich in den Sportverein.“ Ein
Purzelbaum war es, der eine Beobachterin
sagen ließ: „Da fehlt nur Musik.“ „Dadurch
begriffen meine Eltern, dass es für mich
nicht die Bewegung, sondern der Tanz
war.“ Nach erstem Ballettunterricht an einer privaten Schule wurde der sechsjährige
Louis in die Heinz-Bosl-Stiftung aufgenommen. Zwölf Jahre stand er dort an der
Stange, sprang und wirbelte durch die Diagonale, spielte Klavier, zeichnete viel und
machte in München Abitur.
Von der Akademie der John-CrankoSchule hatte er an der Isar nur das Beste
gehört. Unmöglich, so glaubte er, dort angenommen zu werden. „Dass ich mich beworben habe, war fast ein Scherz. Ich
dachte nicht, dass ich die Aufnahmeprüfung schaffe.“
Sein Anspruch ist,
an die Grenzen und
darüber hinaus zu gehen
Er sollte sich täuschen. Erst in Stuttgart
ging ihm auf, dass nicht nur die Schule,
auch die Ballettkompanie ganz vorne mitspielt. Nicht zuletzt wegen des umfassenden
Repertoires – von Crankos Klassikern hin
zu einem Marco Goecke, als dessen Fan sich
Stiens zu erkennen gibt. „Vielleicht ist das
Choreografieren eine Art Ersatz fürs Zeichnen geworden“, sagt Stiens. Angefangen hat
er 2009 noch in München mit einem namenlosen Pas de deux. „Beim Choreografieren
kann ich meine Kreativität ausleben.“
Nur Schrittvorgaben zu folgen genügt
dem angehenden Tänzer nicht. Auch deshalb ist ihm das Moderne mit seinen
gegenwärtigen emotionalen Zuständen nä-
her als das klassische Ballett. Das war nicht
immer so. Als Kind war es „Schwanensee“,
das ihn tief beeindruckte. Das erste Ballett,
das er auf der Bühne sah, hallt bis heute in
ihm nach. „Außerdem ist es wichtig zu wissen, woher eine Kunstform kommt.“
Aber: „Wenn in klassischen Stücken nur
die tadellose Oberfläche gewollt ist, fehlt
die Ehrlichkeit.“ Stiens sucht in einem
Tanzstück nach Gefühlen, die echt sind und
tief aus dem Inneren kommen. „Es reizt
mich, Wohlbefinden und Unbehagen zur
selben Zeit zu erzeugen. Wenn ich könnte,
würde ich auf der Bühne ein ganzes Bündel
an Ideen zusammenbringen, die in einen
riesigen Gefühlskollaps münden.“
An die Grenzen und darüber hinaus zu gehen, das ist sein Ansporn. „Viele Bilder in
mir sind so abstrus, dass ich fast Angst vor
ihnen habe.“ Dass Stiens Marco Goecke als
Vorbild nennt, überrascht da nicht. Doch
das hat seine Tücken, wie Stiens rückblickend an seinem dritten und jüngsten Stück
„Still Light“ erkannt hat. Thematisch
wollte er damit etwas über den Wettbewerbszirkus und das Buhlen um Aufmerksamkeit erzählen, formal bezeichnet er
seine Choreografie heute „als Fehlschlag“:
Zu groß die Nähe zu Goeckes düster-filigranen Ästhetik. Übel nahm es der Hauschoreograf dem Nachwuchstalent wohl nicht.
Goeckes Kommentar: „Das lernst du auch
noch.“ Louis Stiens ist schon dabei.
Und wieder träumt Ludwigsburg vom Oscar
Gregor Erler von der Filmakademie Baden-Württemberg geht ins Rennen um den Studenten-Oscar
Gregor Erler hat schon einige Preise gewonnen mit seinem Diplomfilm an der Ludwigsburger Filmakademie, dem 27-minütigen
Thriller „St. Christophorus: Roadkill“, in
dem ein Rechtsanwalt auf einer nächtlichen
Autofahrt Zeuge eines Unfalls wird und in
einen bösen Albtraum gerät. Nun hat Erler
es damit auch in die Vorauswahl für den
diesjährigen Studenten-Oscar geschafft.
Insgesamt 52 Teilnehmer aus 32 Ländern
– darunter Kuba, Israel und Spanien – haben in diesem Jahr Beiträge eingereicht, wie
die Academy of Motion Picture Arts and Sci-
ences in Beverly Hills am Montag mitteilte.
Sechs davon stammen von deutschen Filmhochschulen, neben der Filmakademie
Baden-Württemberg sind das die Kunsthochschule für Medien Köln, die Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf
in Brandenburg, die Münchner Hochschule
für Fernsehen und Film, die Hamburg Media School und die Film- und Fernsehakademie Berlin.
2007 hatte sich der Ludwigsburger Regie-Student Toke Constantin Hebbeln mit
dem Film „Nimmermeer“ gegen die interna-
tionale Konkurrenz durchgesetzt, 1998 war
Thorsten Schmidt mit seinem Diplomfilm
„Rochade“ erfolgreich.
Mit den Studenten-Oscars ehrt die Akademie seit 1972 jährlich jeweils einen Auslandsregisseur und junge Talente aus den
USA. Gewinner des Nachwuchspreises mischen häufig auch bei der großen Oscar-Verleihung mit: Seit 1972 konnten sie 43 OscarNominierungen holen, achtmal hat einer
von ihnen die Trophäe bekommen. In diesem Jahr werden die Studenten-Preise am
11. Juni in Beverly Hills verliehen. (ha/dpa)
„Ich bin wieder Mensch“
Erste Bilanz des Projekts „Kultur für alle“ – Kostenloses Angebot an sozial Schwache von 50 Einrichtungen
„Wir unterstützen die Initiative ,Kultur für
alle‘“, heißt es an etlichen Programmpunkten des Theaterhauses. Einige wissen Bescheid, was das bedeutet: Sozial schwache
Bürger Stuttgarts können diese Veranstaltungen kostenlos besuchen.
Seit Januar 2010 gibt es die Initiative
„Kultur für alle“. Unter dem Dach der Breuninger-Stiftung hat sie sich zum Ziel gesetzt, dass auch jene am kulturellen Leben
teilnehmen können, die sich dies aufgrund
ihres geringen Einkommens eigentlich nicht
leisten könnten. Die Stadt unterstützt dies,
indem dieses Kulturangebot automatisch
an den Pass angekoppelt ist, mit dem sozial
Schwache Vergünstigungen in den verschiedensten Einrichtungen bekommen.
65 000 Bürger haben in Stuttgart solch einen Sozialpass, etwa 3500 von ihnen haben
2010 dieses Kulturangebot genutzt, wie eine
erste Evaluation ergab, die im Auftrag der
Breuninger-Stiftung erstellt wurde. Das ist
nur eine Momentaufnahme, da einige Kultureinrichtungen erst gegen Ende des vergangenen Jahres dazugestoßen sind.
Inzwischen sind es 50 Häuser, die sich daran beteiligen. Theater wie die
Schauspielbühnen, die Rampe
oder das Junge Ensemble haben
ein gewisses Kontingent an kostenlosen Karten, da den Raumkapazitäten Grenzen gesetzt sind,
Museumsangebote etwa des
Kunstmuseums, des Linden-Museums oder des Porsche- sowie
des Mercedes-Benz-Museums haben keinerlei Beschränkungen.
Die Reaktionen derjenigen, die dieses Angebot bisher angenommen haben, sind positiv: „Ein Stück Lebensqualität“ habe sie
wieder gewonnen, schreibt eine Rentnerin,
„ich bin wieder Mensch“, fügt eine junge
Frau hinzu. „Ich kann wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen“, lautet eine
Foto: privat
Von Armin Friedl
Reaktion vieler. Das Abrufen von 3500 kostenlosen Karten belegt aber auch, dass noch
viel zu tun ist. Auch da bietet sich die Breuninger-Stiftung an, die vor allem Ideen umsetzt, die sich später anderweitig finanzie-
„Wir sind gut aufgestellt,
andere Städte wollen
dieses Projekt
ebenfalls übernehmen“
Helga Breuninger
Stiftungs-Vorstandsvorsitzende
ren können. Und da gibt es etwa die Theater- oder die Lesepaten, die ein Publikum ansprechen, das bislang eher kulturfern war.
„Wir sind gut aufgestellt, andere wollen dieses Projekt übernehmen“, erklärt Helga
Breuninger, Vorstandsvorsitzende der Stiftung. Statistisch sieht die Nutzung des kos-
tenlosen Besuchs bislang so aus: Etwa zwei
Drittel kommen in Begleitung, knapp die
Hälfte mit einem Familienmitglied, jeder
Fünfte mit seinen Kindern. 64 Prozent der
Nutzer waren Frauen, ebenfalls 64 Prozent
sind höher gebildet, haben zumindest eine
Fachhochschulreife.
Am begehrtesten waren bislang das Theaterhaus (613 Karten), das Linden-Museum
(305), das Kunstmuseum (300), das Renitenz-Theater (299) und das Junge Ensemble
Stuttgart (272). Wer mit Kindern unterwegs
war, entschied sich naheliegenderweise vor
allem für das Junge Ensemble, dann für das
Junge Schloss, für das Naturkundemuseum,
für das Kommunale Kontakt Theater sowie
für das Kindertheater Kruschteltunnel.
„Kultur für alle“ gibt es unter anderem
heute zur Generalprobe des Konzerts „60
Jahre SWR-Big-Band“ im Theaterhaus
oder am Karfreitag für den PhilharmoniaChor in der Liederhalle.
Dass es sich bei diesem ausgesprochen
hübsch gestalteten Band um einen Roman handelt, ist zwar als großspurige Behauptung auf der Vorderseite zu lesen.
Doch eher kommt man sich in „Onkels
Erwachen“ wie in einer herrlich turbulenten Boulevardkomödie vor. Türen fliegen
auf und zu, aufgebrachte Menschen stürmen von rechts nach links und von links
nach rechts durch Landhäuser, Parkanwesen oder Herrenclubs. Es gibt amouröse Verwicklungen, familiäre Dispute.
Und anstatt erzählerisch weit auszuholen, lässt P. G. Wodehouse, der von der
„Financial Times Deutschland“ zum
„Großmeister der Sprachzwirbelei“ ernannte britische Autor und Humorist,
lieber seine skurrilen Protagonisten ausführlich zu Wort kommen. Da ist zum
Beispiel Pongo Twistelton, der notorisch
unter Geldnot leidet und der seinen reichen Kumpel Horace Pendlebury-Davenport anpumpen will. Dieser wiederum ist
mit Pongos Schwester Valerie liiert und
tendiert zur Eifersucht. Er hat Valerie
von Claude Potts beschatten lassen, dessen Tochter ist wiederum die Verlobte eines Cousins von Horace.
Sind Sie verwirrt? Frederick Twistelton, der fünfte Earl von Ickham – besser
Onkel Fred –, ist es auch. Das hält ihn
aber nicht davon ab, in diesem Durcheinander eifrig mitzumischen. Zum Vergnügen des Lesers natürlich.
Klaus Böldl: Der nächtliche
Lehrer. S.-Fischer-Verlag,
Frankfurt am Main. 125 Seiten.
16,95 Euro
Von Nicole Golombek
Wenn ein gebildeter Autor wie Klaus
Böldl, 1964 in Passau geborener Autor
und Skandinavist, seinen Erzähler häufig und auffallend beiläufig Hummeln beobachten lässt, darf man davon ausgehen: Es ist ein Leitmotiv, keine Schlamperei. Tatsächlich sagt der Aberglaube,
dass Hexen und Teufel gern Hummelgestalt annehmen, wichtiger noch für diese
traurige Geschichte aber: Ein Hummelvolk überlebt in Europa nur einen Sommer. Im Norden Europas, in einer kleinen Stadt, lernt der Lehrer Lennart eine
Frau kennen. Ihre Liebe währt kurz und
endet tödlich. Die Hummeln, die der Erzähler über ungemähte Wiesen und Beete
eines Schulgartens kreiseln lässt, werden
zu brummenden Todesboten.
Böldl nutzt die Geschichte des sich
zunehmend von der Welt abwendenden
Lehrers für Stilübungen. Wie in einem
Bergman-Film inszeniert er das Hell-Dunkel, fahles Licht, gleißende Helle, und das
Dunkel des kühlen Waldes. Er achtet auf
Details, das dünne blonde Haar eines
Kneipenbesuchers, das Brandloch im Vorhang, ein vibrierendes Birkenblatt. Der
wiegende Rhythmus, die präzisen Beobachtungen und schweigsamen Figuren, all
das erzeugt eine sanfte Melancholie, in
der man sich gern verliert.
Szene
Allein mit der Angst
Die Stuttgarter Choreografin Katja Erdmann-Rajski begibt sich für ihre Reihe
der Wahl-Verwandtschaften auf die Spuren von Alfred Hitchcock. „Die Zelle.
Hitchcocks Traum(a)“ heißt ihr neues
Tanzstück, das sich mit der Dramaturgie
der Angst und dem Wunschtraum des
Meister-Regisseurs befasst, einmal einen
Film in einer Telefonzelle zu drehen – gefangen in der Zelle des eigenen Ichs, allein mit der Angst. Uraufführung ist am
20. Mai im Theater Rampe. (StN)
STUTTGART 19
STUTTGARTER ZEITUNG
Dienstag, 11. Januar 2011 | Nr. 7
Kostenlos Kultur
für sozial Schwache
Nestwerk: auch
Mieter müssen
um Geld bangen
Bilanz Inzwischen machen 50 Einrichtungen bei dem Bonusprogramm
mit. Dessen dauerhafte Finanzierung ist noch offen. Von Nicole Höfle
Insolvenz Für Kautionen hat es
keine gesonderten Konten
gegeben. Von Mathias Bury
A
m Freitag zur Lesung, am Samstag
ins Theater, am Dienstag zum Vortrag über ferne Länder – Sina Wack
(Name geändert) ist fast jeden Abend auf
einer Kulturveranstaltung irgendwo in der
Stadt zu finden. Möglich macht ihr dies die
Bonuskarte Kultur, die die Bürgerstiftung
zusammen mit Kulturschaffenden vor
knapp einem Jahr ins Leben gerufen hat.
Sina Wack ist Hartz-IV-Empfängerin, hat
im Monat 359 Euro zur Verfügung und feut
sich darüber, kostenlos Veranstaltungen besuchen zu können. „Ich könnte mir die
Theaterbesuche gar nicht leisten“, sagt die
31-jährige Stuttgarter Künstlerin und versichert. „Ich bedanke mich auch jedesmal
fein, weil mir die Abwechslung guttut.“
Vor einem Jahr ist die Bonuskarte Kultur an den Start gegangen, für die Verantwortlichen ist die Initiative „Kultur für
alle“ schon jetzt ein großer Erfolg. „Wir
haben viele positive Rückmeldungen von
den Kultureinrichtungen und den HartzIV-Empfängern bekommen“, versichert
die Geschäftsführerin der Initiative, Julia
Schindler. Das Prinzip der Bonuscard Kultur ist einfach: Die beteiligten Einrichtungen verpflichten sich, je nach Auslastung
und Möglichkeiten ein Kartenkontingent
in allen Preiskategorien zur Verfügung zu
stellen. Die Bonuskarten-Inhaber haben so
die Möglichkeit, Karten schon im Vorfeld
zu reservieren. „Wichtig war uns, von der
Restkartenphilosophie
wegzukommen.
Hartz-IV-Empfänger sollten genauso die
Chance auf einen guten Platz haben wie
jeder andere auch“, sagt Schindler.
Auswertung kommt erst im Frühjahr
Gestartet ist die Initiative mit 20 Kultureinrichtungen, inzwischen sind 50 daraus geworden. Dazu zählen große Namen wie
Kunstmuseum, Literaturhaus, die Schauspielbühnen und das Theaterhaus, aber
auch kleinere Einrichtungen wie das Kulturzentrum Merlin und der Bix Jazzclub.
Neu hinzugekommen sind das Porsche-
BONUSKARTEN VON DER STADT
Ausgabe Etwa 65 000 Bonuskarten gibt die
Stadt Stuttgart jedes Jahr an bedürftige Menschen aus, die meisten davon sind Hartz-IVEmpfänger. Wer Anspruch auf die städtische
Bonuskarte hat, erhält seit dem vergangenen
Jahr auch die Bonuskarte Kultur, die den Inhabern freien Eintritt zu bestimmten Kulturveranstaltungen sichert. Die Bonuskarte Kultur geht
zurück auf die Initiative „Kultur für alle“, die
von der Bürgerstiftung angestoßen wurde.
Angebot Inzwischen beteiligen sich fast 50 Kultureinrichtungen, darunter namhafte Theater
und Spielstätten der Stadt, an dem BonuscardProgramm. Alle Beteiligten haben sich verpflichtet, ein festes Kontingent aus Karten aller
Preiskategorien für die sozial Schwachen zur
Verfügung zu stellen. höf
und das Mercedes-Benz-Museum sowie
das Museum für Naturkunde. Wie viele
Hartz-IV-Empfänger im vergangenen Jahr
kostenlos Kultur getankt haben, kann derzeit niemand sagen. Zwar wurden HartzIV-Empfänger und auch die beteiligten Einrichtungen befragt, eine Auswertung liegt
aber noch nicht vor. Bisher gibt es Zahlen
nur für einzelne Einrichtungen: Das Renitenztheater hat 2010 etwa 230 Karten an
Bonuskarten-Inhaber ausgegeben, das
Junge Ensemble Stuttgart mehr als 200
und die Stiftsmusik mehr als 160 Karten.
N
„Kunst unabhängig vom Geldbeutel“
Im Literaturhaus hat sich eine kleine
Gruppe von Hartz-IV-Empfängern zu
Stammbesuchern entwickelt: „Wir haben
eine Handvoll Bonuscard-Inhaber, die fast
zu jeder Veranstaltung kommen“, erzählt
Stephanie Hofmann vom Literaturhaus,
das im Schnitt 120 Lesungen im Jahr anbietet. Im Naturkundemuseum werden bisher
fünf bis zehn Karten im Monat an sozial
Schwache ausgegeben bei insgesamt rund
200 000 Besuchern im Jahr. Groß ist die
Nachfrage im Theaterhaus, wo 2010 mehr
als 460 Karten an Hartz-IV-Empfänger gingen. „Wir reservieren bei Eigenproduktionen ungefähr zehn Prozent der Tickets für
Bonuskarten-Inhaber. Bisher ist noch niemand abgewiesen worden, wenn das Kontingent ausgeschöpft war“, sagt Antje
Mohrmann vom Theaterhaus. Allerdings
gibt es Einschränkungen: Die Vergünstigung greift nicht für alle Veranstaltungen.
Die beteiligten Kulturschaffenden sind
voll des Lobes für die Initiative. „Für uns
sind die Eintrittsgelder zwar wichtig, aber
wir wollen auch, dass sozial Schwache ins
Museum kommen können“, sagt etwa Tobias Wilhelm vom Naturkundemuseum.
Stephanie Hofmann vom Literaturhaus
spricht von einem wichtigen Signal: „Jeder
kann Kultur genießen, unabhängig vom
Geldbeutel.“ Allerdings gibt es auch Einrichtungen, die bewusst andere Wege gehen, unabhängig von der Initiative. Die
Staatsgalerie zum Beispiel, die mittwochs
und samstags allen freien Eintritt in ihre
Sammlungen gewährt. Oder die Stuttgarter Staatstheater, die auf ihre eigene Preispolitik setzen: „Wir bieten in allen Spielstätten günstige Karten für maximal acht
Euro und sorgen damit für sozialen Ausgleich“, sagt Vertriebsleiter Bernhard Utz.
Die Initiatoren von Kultur für alle hoffen natürlich, weitere Partner zu gewinnen. Was sie aber derzeit vor allem brauchen, sind Sponsoren. Die Finanzierung
der Bonuskarte Kultur, an die eine Teilzeitstelle geknüpft ist, ist nur für zwei Jahre
gesichert. Rund 40 000 Euro beträgt das
Budget im Jahr, die bisher über eine große
Spende und die Bürgerstiftung aufgebracht
werden. „Wir wollen weitermachen, hoffen
aber auch auf Unterstützung der Stadt“,
sagt Corinna Walz vom Vereinsvorstand.
Die Bonuscard Kultur öffnet viele Türen: zum Familientag im Schloss Rosenstein, zur
Autoschau im Porsche-Museum, zu Esther Schweins im Theaterhaus, zu Jazz im Bix, zu
den Bällen im Linden-Museum und zur Kinderkunst im Kunstmuseum. Fotos: Steinert, Zweygarth
Bahn macht weiter – die Demonstranten auch
Begleitet von Protesten werden die Arbeiten rund um den
Hauptbahnhof fortgesetzt. Von Thomas Braun und Jan Georg Plavec
Stuttgart 21
D
ie Weihnachtspause ist endgültig
Am Morgen hatten Mitarbeiter des
vorbei, Gegner und Befürworter Energieversorgers EnBW gestern Baumades Bahnprojekts Stuttgart 21 zei- schinen vor dem Hauptbahnhof aufgefahgen wieder Präsenz. Die Bahn nahm ges- ren und den Verlauf von Stromleitungen
tern die für die Dauer der Schlichtungsge- im Bereich des Kurt-Georg-Kiesinger-Platspräche unterbrochenen Bauarbeiten, be- zes am Nordausgang markiert. Heute wird
gleitet von Protesten, wieder auf. Und am dort mit der Verlegung einer 220 Meter
Abend demonstrierten erstmals in diesem langen Starkstromleitung begonnen. Die
Jahr erneut Tausende gegen den Bau des bestehende Kabeltrasse muss weichen, um
geplanten unterirdischen Tiefbahnhofs – Platz für den Bau des geplanten unterirdidie Organisatoren zählten mehr als 7000 schen Technikgebäudes zu schaffen. Das
Teilnehmer, die Polizei 4000.
Starkstromkabel sichert die Versorgung
Auf der ersten Montagsdemo im neuen der Stuttgarter Innenstadt. Die Arbeiten
Jahr sprachen Brigitte Dahlbender und Vol- verlaufen innerhalb des bereits eingezäunker Lösch weniger von der Wiederauf- ten Baufelds vor dem abgerissenen Nordflünahme der Arbeiten, sie betongel des Hauptbahnhofs.
ten vor allem die Bedeutung Proteste behindern
Die neue Kabeltrasse soll
des Themas S 21 für die Land- die Arbeiten
unter dem Parkplatz hintagswahl. „Wir sind nicht in
durchgeführt werden. In mehder Phase nach dem Konflikt, am Nordausgang.
reren Bauabschnitten wersondern mitten drin“, sagte
den Kabelschutzrohre eingedie Landesvorsitzende des Bundes für Um- baut, die entsprechenden Gräben werden
welt und Naturschutz. Theaterregisseur danach wieder zugeschüttet. Während der
Lösch rief zum zivilen Ungehorsam auf: Bauphase, die voraussichtlich acht bis zehn
„Niemand wird das Projekt weiterbauen Wochen dauert, sind dort nicht alle Stellplätze verfügbar. Darüber hinaus sucht die
können, wenn wir physisch präsent sind.“
Ministerpräsident Stefan Mappus Bahn zurzeit Ersatzstandorte für die Ver(CDU) gibt sich ungeachtet dieser Proteste setzung von 15 Bäumen, die am Rande des
überzeugt, dass das 4,1 Milliarden Euro Parkplatzes stehen. Schon kurz nach Beteure Bahnprojekt umgesetzt wird. „Ab ginn sind die Arbeiten durch Proteste beheute wird wieder gebaut, und der Bau hindert worden. Rund 50 Stuttgart-21-Gegwird weitergehen“, sagte Mappus auf dem ner der sogenannten „Parkschützer“-InitiaJahresempfang der Industrie- und Han- tive demonstrierten vor dem Bauzaun gegen den Einsatz von Baufahrzeugen. Die
delskammer in Karlsruhe.
Polizei löste am Mittag eine Blockade vor
dem Zaun auf. Das Aktionsbündnis gegen
Stuttgart 21 war nach eigenen Angaben
nicht an der Aktion beteiligt. Sitzblockaden sind laut Stocker erst wieder vorgesehen, wenn Bäume gefällt oder umgepflanzt
werden oder der Südflügel des Hauptbahnhofes abgebrochen wird.
Unterdessen hat die Bahn gestern auf
dem Grundstück Jägerstraße 14 bis 18 – der
ehemaligen Bundesbahndirektion – eine
Messpegelstelle für das Grundwassermanagement eingerichtet. Ein Bohrer ist bereits
installiert, weitere Messstellen am KurtGeorg-Kiesinger-Platz sollen in den kommenden Tagen folgen. Auch an der Zentrale des Grundwassermanagements am
nördlichen Rand des Schlossgartens werden die Arbeiten fortgesetzt. Die vorübergehend stillgelegte Baustelle wird wieder eingerichtet, das Gelände wird für weitere Arbeiten vorbereitet. Mit dem Grundwassermanagement sollen während der Bauarbeiten für den Tiefbahnhof etwaige Veränderungen des Wasserpegels überwacht und
erfasst werden. Mittels eines insgesamt
17 Kilometer langen Netzes oberirdisch
verlegter Rohre wird Grundwasser aus den
einzelnen Baugruben für den Betontrog abgepumpt, gereinigt und dann wieder über
Brunnen in den Boden infiltriert.
Weitere Bilder vom Protest unter
www.stuttgarter-zeitung.de/foto
icht nur etliche Handwerker, Architekten und Banken oder die Zeichner des Nestwerk-Fonds bei der
GLS-Bank gehören zu den Geschädigten
der insolventen Stiftung Nestwerk, auch
zahlreiche Mieter dürften Geld verlieren.
So hat sich in der Zwischenzeit herausgestellt, dass die Stiftung erhaltene Mietkautionen nicht auf einem speziellen Konto
gesichert, sondern die Gelder einfach dem
Stiftungsvermögen zugeschlagen hat.
Betroffen davon sind all jene Mieter der
Nestwerk-Objekte, die einen Mietvertrag
mit der Stiftung selbst haben. Wie viele Personen dies insgesamt sind, lässt sich gegenwärtig nicht genau sagen. Bei den vermutlich verlorenen Kautionen dürfte es sich
aber um eine hohe fünfstellige Summe handeln. So hat alleine die Landeshauptstadt
329 Belegungsrechte für Wohnungen in
den 17 sehr unterschiedlich großen Nestwerk-Immobilien in der Stadt.
Nicht um ihr Geld bangen müssen immerhin all jene Mieter, die zwar in Nestwerk-Wohnungen eine Bleibe gefunden haben, aber einen Vertrag mit Generalmietern wie der Caritas und der Evangelischen
Gesellschaft (Eva) haben. Die beiden Wohlfahrtsverbände betreuen dort etwa von
Wohnungslosigkeit bedrohte oder seelisch
kranke Menschen. „Wir sind zum Glück
nicht betroffen“, sagt Jürgen Armbruster,
der als Vorstand bei
der Eva die Dienste für Mieter von
Menschen in Woh- Caritas und
nungsnot und die
Dienste für seelische Eva müssen
Gesundheit verantwor- nicht um ihr
tet. Die Eva habe von Geld bangen.
Nestwerk drei Häuser,
in denen insgesamt
etwa 50 Personen leben, gemietet, für die
Wohnungen aber selbst keine Kautionen
bezahlt. Die Kautionen der Mieter, die mit
der Eva einen Vertrag haben, seien aber
vorschriftsmäßig abgesichert, so Armbruster. So verhält es sich auch bei der Caritas.
„Für an uns gezahlte Kautionen besteht
keinerlei Gefahr“, versichert der CaritasVorstand Raphael Graf von Deym.
Unterdessen stellt sich weiter die Frage,
warum die Verantwortlichen im Umfeld
des abgelösten Nestwerk-Vorstands Lothar Dietl dessen Geschäftsgebahren trotz
immer wieder auftretender Kritik nie genauer unter die Lupe genommen haben.
Und dies, obwohl Dietl vor Jahren bereits
wegen Untreue verurteilt worden war. Sie
hätten dies nicht gewusst, hatten der frühere Diakoniepfarrer Martin Friz, der im
Stiftungsrat sitzt, und die ehemalige Sozialbürgermeisterin Gabriele Müller-Trimbusch, die im Kuratorium von Nestwerk
vertreten ist, auf Nachfrage erklärt; der Stiftungsrat Nikolaus Illik-Brücher wollte sich
nicht äußern (wir haben berichtet).
Ein langjähriger Kenner der Verhältnisse tritt den Darstellungen entgegen.
Nicht nur Dietls Mitvorstand Harro Schauwecker habe von dessen Vorstrafe gewusst,
„auch im Stiftungsrat und im Kuratorium
war das bekannt“. Man habe Dietl ganz bewusst „eine Chance geben wollen“.
Auffahrunfall
Mülllaster rammt
Kleinwagen
Drei Verletzte und rund 12 000 Euro Schaden sind die Bilanz eines Auffahrunfalls in
Degerloch. Gestern um 8.55 Uhr fuhr ein
43 Jahre alter Lkw-Fahrer auf der Löffelstraße und übersah offenbar, dass der vor
ihm fahrende Toyota nach rechts in die Rubensstraße abbiegen wollte und deswegen
langsamer fuhr. Das schwere Müllfahrzeug
rammte den Kleinwagen, der durch die
Wucht des Aufpralls auf zwei Autos geschleudert wurde, die auf der Abbiegespur
zur Löffelstraße warteten. Der 53-jährige
Fahrer des Toyota erlitt bei dem Unfall
schwere Verletzungen, Rettungssanitäter
brachten ihn in ein Krankenhaus. Der 43
Jahre alte Lkw-Fahrer und der 28-jährige
Honda-Fahrer wurden leicht verletzt. Zwei
Fahrzeuge mussten abgeschleppt werden.
Während der Unfallaufnahme waren ein
Fahrstreifen der Löffelstraße sowie die Rubensstraße bis 10.30 Uhr gesperrt. Deswegen kam es auch auf der Weinsteige zu starken Verkehrsbehinderungen.
fip
Kontakt
Lokalredaktion
Die Polizei löst eine Sitzblockade von Stuttgart-21-Gegnern vor dem Bahnhof auf.
Foto: dpa
Telefon: 07 11/72 05-12 71/12 72
E-Mail: lokales@stz.zgs.de
Freitag, 30. April - Sonntag, 2. Mai 2010
Cannstatter/Untertürkheimer Zeitung
STUTTGART
7
Kultur für null Euro findet großen Anklang
Historiker gegen
Bahnhof-Abriss
Bereits mehr als 20 Museen, Theater und Musikclubs machen bei der neuen Bonuscard + Kultur mit
Stuttgart (dpa) – Der Verband Deutscher Kunsthistoriker hat vor einem
Teilabriss des Stuttgarter Hauptbahnhofs für das Bahnprojekt Stuttgart 21 gewarnt. Das dreiflügelige
Empfangsgebäude von Paul Bonatz
präge die Stuttgarter Mitte. Es gelte
als eines der Hauptwerke der internationalen Architekturgeschichte,
heißt es in einem Brief des Verbandes unter anderem an das Bundesverkehrsministerium, an Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU)
und an Bahnchef Rüdiger Grube.
Die Beschlüsse für den Abriss der
beiden Seitenflügel des denkmalgeschützten Bahnhofs gehörten erneut
auf den Prüfstand, verlangten die
Experten in dem bereits vor etwa
einem Monat abgeschickten Schreiben. Der in Bonn ansässige Verband
mit 2400 Mitgliedern erinnerte daran, dass der Bonatz-Bahnhof auf gesamtdeutscher Ebene Maßstäbe gesetzt und auf Nachfolgebauten in
Düsseldorf und Oberhausen gewirkt
habe. Ein Teilabriss führe zu unwiederbringlichen Verlusten und komme einer Missachtung von Denkmalschutzgesetzen gleich.
Stuttgart – Seit Anfang diesen Jahres können rund 65 000 BonuscardInhaber in der Landeshauptstadt
von einem neuen Angebot profitieren. Unter dem Motto „Kultur für
Alle“ wird Menschen mit wenig
Geld die kostenlose Teilhabe an
Kulturveranstaltungen ermöglicht.
Das Interesse ist seit Januar ungebrochen.
Von Yvonne Weirauch
Entstanden ist die Initiative am Runden Tisch der Bürgerstiftung Stuttgart. „Wir kooperieren mit den
Stuttgarter Kultureinrichtungen sowie dem Sozialamt der Landeshauptstadt“, sagt Geschäftsführerin
Julia Schindler. Sie ist sozusagen
nach eigener Beschreibung das
„Mädchen für alles“. Bereits zum
Start konnten 21 Kultureinrichtungen aus unterschiedlichen kulturellen Sparten gewonnen werden.
Mittlerweile sind es gute 24, darunter das Theaterhaus, das Kunstmuseum oder das Mercedes-Benz-Museum. „Und es werden sicherlich
noch mehr“, ist sich Schindler sicher. Viele Institutionen wüssten
noch gar nicht, dass dieses Projekt
bestehe.
Das Prinzip ist einfach – und in
Deutschland in dieser Art einzigartig: Die kooperierenden Kultureinrichtungen stellen ein festes Kontingent an Freikarten aus allen Preiskategorien zur Verfügung. Die Karten
bekommen die Interessenten dann
direkt an der Kasse der jeweiligen
Einrichtungen. „Vergeben werden
kostenlose Eintrittskarten, keine
gegeben. Wir sind
gerade dabei, die
Zahlen genau zu
erfassen und eine
Evaluation zu erstellen.“ Kultur
solle kein Luxus
sein. Jedem sollte
Kulturgut zugänglich gemacht
werden.
„Das finde ich
persönlich für die
Gesellschaftwichtig“, sagt Julia
Schindler. Durchweg positive Resonanz
habe
Schindler bisher
erhalten – mal per
Mail, mal per Telefon. Ein älteres,
von Armut betroffenes Ehepaar
habe sich beiGeschäftsführerin Julia Schindler freut sich auf die Herausforderungen, die ihr mit dem Projekt be- spielsweise bevorstehen.
Foto: Weirauch dankt, dass es
Restkarten“, betont Schindler ausdrücklich. Reservierungen seien sogar von Vorteil, bevor an der Abendkasse die besten Plätze schon vergeben wären. Die Besucher werden
bei den Einrichtungen behandelt,
wie jeder andere auch.
Weit mehr als 1000 Karten
„Hauptsächlich nehmen Bedürftige
mit geringem Einkommen, die keine
Transferleistungen beziehen, alle,
die Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II,
Grundsicherungsleistungen sowie
Familien mit mindestens fünf Kin-
dern das Angebot in Anspruch“,
sagt Schindler. Die Kultur zum Nulltarif komme an. „Es herrscht eine
große Nachfrage nach den Freikarten – das Theaterhaus beispielsweise hat bisher 162, das Junge Ensemble Stuttgart 116 Karten ausgegeben“, so die Geschäftsführerin.
Auch die Ergebnisse von der Stiftsmusik, dem Linden-Museum und
dem Literaturhaus mit je knapp 100
ausgegebenen Eintrittskarten ließen
sich sehen. „Ich schätze, seit Januar
wurden insgesamt weit mehr als
1000 kostenlose Eintrittskarten an
Nutzer der Bonuscard + Kultur aus-
endlich mal wieder ein Konzert besuchen konnte. Dann habe eine
Mutter unter Tränen am Telefon berichtet, dass es wunderbar sei, nun
mit den Kindern in ein Kindertheater gehen zu können. Mit einer siebenköpfigen Familie sei das ansonsten nicht ganz billig. Viel Arbeit
steht der jungen Geschäftsführerin
noch bevor: „Wir müssen eine solide Finanzierung auf die Beine stellen“, sagt sie. Zudem müsse die Initiative noch bekannter gemacht
werden. Sponsoren zu finden sei nur
ein kleiner Teil der Aufgaben. Die
ersten finanziellen Hürden waren
dank der Bürgerstiftung kein größeres Problem. Nachdem das Thema
in der Landeshauptstadt bereits seit
einiger Zeit auf politischer Ebene
und von verschiedenen Sozial- und
Kultureinrichtungen diskutiert wurde, legte eine engagierte Stuttgarter
Bürgerin mit einer größeren Spende
von rund 40 000 Euro an die Bürgerstiftung Stuttgart den Grundstock für die Finanzierung.
KULTURPARTNER
Akademie für das gesprochene Wort
BIX Jazzclub
Forum Theater
JES – Junges Ensemble Stuttgart
Kirchenmusik. Veranstaltungen
Kiste
Kulturgemeinschaft Stuttgart
Kulturwerk
Kunstmuseum Stuttgart
Kunststiftung Baden-Württemberg
Linden-Museum Stuttgart
Literaturhaus Stuttgart
Merlin Kulturzentrum
Musik der Jahrhunderte
Philharmonia Chor Stuttgart
Renitenztheater Stuttgart
Stiftsmusik Stuttgart
Theater der Altstadt
Theater Lindenhof
Theaterhaus Stuttgart
Theater Rampe
Volkshochschule Stuttgart
Weissenhofmuseum
Württembergischer Kunstverein
Weitere Informationen gibt es im Internet unter der Adresse www.kulturfuer-alle.de
Brandstiftung im
Keller vermutet
Stuttgart (red) – Nachdem ein Feuer
in einem Nebenraum des Kellergeschosses eines Mehrfamilienhauses
an der Haldenrainstraße am Mittwochabend einen Gesamtschaden
von rund 21 000 Euro verursacht
hat, gehen die Ermittler nach erstem
Erkenntnisstand von Brandstiftung
aus. Anwohner hatten den Brand
gegen 20.25 Uhr gemeldet. Drei Bewohner wurden vorsorglich mit
Verdacht auf Rauchgasintoxikation
in ein Krankenhaus gebracht.
Sparkassenakademie plant Neubau auf Stuttgart-21-Areal
Gasleitung
defekt
Standorte in Neuhausen und Rastatt sind modernisierungsbedürftig und schlecht ausgelastet – Neubau in der Nähe des Hauptbahnhofs
Stuttgart (kh/eh) – Eine Arbeitsgruppe des Sparkassenverbandes
schlägt vor, in Stuttgart in der Nähe
des Hauptbahnhofs eine zentrale
Bildungsstätte zu bauen und die
Standorte in Neuhausen und Rastatt
aufzugeben. Die Entscheidung fällt
die Verbandsversammlung am 29.
Juni. Der Neubau für die Akademie
wäre voraussichtlich Anfang 2014
fertig, sagt Verbandsgeschäftsführer
Tilmann Hesselbarth.
Als Standort für die neue Akademie
wurde ein Grundstück der LBBWImmobilien auf dem Stuttgart-21Areal in direkter Nachbarschaft zur
neuen Bibliothek ausgewählt, so
Hesselbarth. Es ist nur einen Steinwurf entfernt vom bestehenden
Hauptsitz des Sparkassenverbandes
am Hauptbahnhof. Der Sparkassenverband springt dort für das in
Schwierigkeiten geratene Finanzinstitut ein.
Wie berichtet, wollte die LBBW Immobilien auf dem 6200 Quadratmeter großen Grundstück einen neuen
Hauptsitz für 500 Mitarbeiter bauen. Ein fertiger Entwurf für das gut
45 Millionen Euro teure Gebäude
lag bereits vor: Die Berliner Architekten Krüger. Schuberth, Vandreike hatten ein Haus konzipiert, das
einer liegenden Acht ähnelt. Enthalten sollte es 18 300 Quadratmeter
Büroflächen, kleine Läden und Gastronomie im Erdgeschoss sowie in
einem Seitenflügel 60 bis 80 Wohnungen. Das Konzept dürfte mit
dem neuen Bauherren hinfällig werden. Hesselbarth kündigte an, der
Sparkassenverband werde noch im
Laufe dieses Jahres einen Architektenwettbewerb ausschreiben. Vorbedingung für das neue Akademiezentrum in der Landeshauptstadt
sei jedoch, dass die Verbandsversammlung dem Vorhaben zustimmt.
In erster Linie gehe es um die Frage
der Wirtschaftlichkeit. Das Investitionsvolumen kann Hesselbarth
noch nicht konkret beziffern. Es
dürfte aber deutlich über 50 Millionen Euro liegen. Dennoch verteidigt er die Idee: „Unsere Gebäude in
Neuhausen und Rastatt stammen
aus den siebziger Jahren, beide
müssten jetzt aufwendig saniert und
modernisiert werden. Das würde einen zweistelligen Millionenbetrag
kosten.“
Es sei geprüft worden, ob einer der
beiden Standorte erhalten und die
Akademie dort konzentriert werden soll, berichtet Hesselbarth. Dagegen spreche aber die Entfernung
zur Zentrale des Verbandes in Stuttgart und die Verkehrsanbindung.
Bei der Standortanalyse seien auch
alle Städte mit ICE- und Autobahnanschluss geprüft worden. Bei der
Suche nach dem „Idealpunkt“ sei
ermittelt worden, wo die Schulungsteilnehmer in den vergangenen fünf
Jahren herkamen – Stuttgart habe
sich als „aufkommensidealer Standort“ herauskristallisiert, berichtet
Hesselbarth. Bisher seien 90 Prozent der Teilnehmer mit dem Auto
angereist, das dürfte sich am neuen
Standort ändern. Die neue Akademie soll „150 Wohneinheiten in
Apartmentform“ erhalten. Diese
Kapazität sei auf den Durchschnittsbedarf ausgerichtet. In Spitzenzeiten müssten Teilnehmer auch in
Hotels untergebracht werden.
Historisch bedingt verfügt die Sparkassenakademie über einen badischen und einen württembergischen Standort. Sie verfügen zusammen über 68 Schulungsräume
und 330 Hotelbetten für Seminarteilnehmer. Ihre Auslastung sei auf
50 Prozent geschrumpft wegen des
Wandels in der Weiterbildung, erklärt Hesselbarth. Die 54 Sparkassen im Land würden heute verstärkt
die Dozenten der Akademie in ihre
eigenen Häuser holen. Früher dauerten Lehrgänge sechs oder gar zehn
Monate, inzwischen finde oft nur
noch an Wochenenden Blockunterricht statt.
Stuttgart (red) – Aufgrund einer defekten Erdgasleitung ist gestern gegen 6.45 Uhr Gas in den Abwasserkanal und in ein Bürogebäude an
der Böblinger Straße im Stuttgarter
Süden gedrungen. Feuerwehrleute
und Angehörige eines Energieversorgers evakuierten das Haus, entlüfteten es und suchten nach der Ursache des Gasgeruchs. Sie stellten
eine undichte Stelle im Bereich der
Fahrbahn an einer Zuleitung fest,
aus der das Gas ausströmte. Explosionsgefahr bestand zu keiner Zeit
und es wurde niemand verletzt. Das
Haus durfte nach der Entlüftung
wieder betreten werden. Die Böblinger Straße war zwischen dem
Südheimer Platz und der Burgstallstraße während der Grabungs- und
Reparaturarbeiten zeitweise komplett gesperrt.
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Kultur für alle
Seite 10
Kultiviert
Seit Januar 2010 ermöglicht der Verein „Kultur für alle“ Stuttgarter Bürgerinnen
und Bürgern, kostenlos am Kulturleben der Stadt teilzunehmen.
Für viele Menschen ist Kultur in
erster Linie Genuss. Ein Stück Lebensqualität, das die Kultureinrichtungen in Stuttgart ihren Besuchern
gerne bieten. Diese Lebensqualität
kostet in der Regel Eintritt – ganz
gleich, ob es sich um ein Museum,
Theater oder die Oper handelt. Dass
Kultur trotzdem nicht am Eintrittspreis scheitern muss, dafür setzt
sich der Stuttgarter Verein „Kultur
für alle“ ein.
Kultur soll kein Luxus sein
Die Idee hinter der Initiative erklärt
Geschäftsführerin Julia Schindler
so: „Wir wollen nicht, dass Kultur Luxus wird, sondern für alle
zugänglich ist.“ Im Herbst 2008
trafen sich Vertreterinnen und Vertreter Stuttgarter Sozial- und Kultureinrichtungen am „Runden Tisch“
der Bürgerstiftung Stuttgart und
gründeten die Initiative „Kultur für
alle Stuttgart“. Bis Dezember 2009
arbeitete diese Initiative ehrenamtlich an der Umsetzung. Heute ist
aus der Initiative ein eigener Verein
geworden. Hans Tränkle, ehemaliger Geschäftsführender Intendant
des Stuttgarter Staatstheaters, engagiert sich als Schirmherr für den
Verein: „Es gibt ähnliche Projekte.
Diese betreffen aber nur einen bestimmten Kreis. Dass ‚Kultur für
alle‘ wirklich einen ganz großen
Kreis betrifft, das ist einmalig in
Stuttgart.“
tungen profitieren. Derzeit machen
25 Kultureinrichtungen aus verschiedenen Sparten bei der Initiative mit, darunter das Theaterhaus,
das Kunstmuseum, das MercedesBenz Museum, die Kiste oder die
Volkshochschule (VHS).
Ein Kontingent aus
allen Preiskategorien
Die kooperierenden Kultureinrichtungen stellen ein festes Kontingent
an Freikarten aus allen Preiskategorien zur Verfügung. Die Karten
bekommen die Interessenten dann
direkt an der Kasse der jeweiligen
Einrichtung. „Vergeben werden kostenlose Eintrittskarten, keine Restkarten“, betont Geschäftsführerin
Julia Schindler. Das ist für den Verein keine Nebensache, ergänzt Hans
Tränkle: „Die Besucher werden
bei den Einrichtungen behandelt
wie jeder andere Karteninteressent
auch, nur dass sie nichts bezahlen
müssen.“
Kein Antrag notwendig
Wer dieses Angebot in Anspruch
nehmen will, braucht keinen besonderen Antrag, denn der Verein
„Kultur für alle“ ist an die Bonuscard + Kultur geknüpft. Die Bonuscard + Kultur erhalten automatisch
Bedürftige mit geringem Einkommen, die keine Transferleistungen
beziehen, alle, die Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II, GrundsicherungsKostenloser Eintritt
leistungen und Leistungen nach
für 60.000 Stuttgarter
dem Asylbewerberleistungsgesetz
beziehen sowie Familien mit mindeSeit Januar 2010 können weit über stens fünf Kindern – auf besonderen
60.000 Stuttgarter von kostenlosem Antrag auch sogenannte SchwellenEintritt zu vielen Kulturveranstal- haushalte.
Kultur soll kein Luxus sein: Dieses Ziel verfolgen Hans Tränkle und Julia Schindler.
Die Nachfrage ist groß
ein Selbstläufer. Aber natürlich nächste Runde. Ziel des Vereins
müssen wir weiter daran arbeiten“, ist es, im Jahr 2010 ein möglichst
buntes Programm an KulturangeSchon jetzt nach zweimonatigem so Julia Schindler.
boten anzubieten, weitere InteresBestehen ist die Nachfrage groß.
senten zu gewinnen und natürlich
Neue Kulturveranstalter wurden
Kultur ist ein
die dritte Säule zu festigen: weitere
gewonnen und bereits Ende Januar
Grundbedürfnis
Geldgeber akquirieren. Denn mohatten fast alle Einrichtungen Eintrittskarten im zweistelligen Bereich Hans Tränkle steht dem Verein mentan ist die finanzielle Basis eine
vergeben.
mit seinen Erfahrungen zur Seite: zweckgebundene Spende einer en„Kultur ist ein Grundbedürfnis des gagierten Stuttgarterin. (JB)
Viel Werbung musste der Verein Menschen. Ich stehe für diese Sanicht machen – denn sehr schnell che und werde mich bemühen, enthatte sich das Angebot herumge- sprechende Kontakte zu knüpfen.“ Weitere Informationen:
sprochen. „Momentan ist es noch Mit Rückenwind geht es also in die www.kultur-fuer-alle.net
Von
Stuttgart in die Welt
Das Kunstmuseum Stuttgart zeigt zwei Ausstellungen mit Fotografien von Elger Esser und Gerda Taro.
als ein Fotokünstler, der die bildnerischen Möglichkeiten und auch
den Abbildcharakter der Fotografie
hinterfragt. „Eigenzeit“ heißt die
Ausstellung Essers im Kunstmuseum Stuttgart – und der Titel erinnert
daran, dass eine fotografische Aufnahme nicht nur ein fotografisches
Motiv festhält, sondern auch eine
eigene Zeit kreiert.
So benennt Elger Esser zwar die fotografierten Dörfer, Fluss- oder Küstenlandschaften. Und doch scheinen
die Fotos aus einer anderen Zeit zu
stammen.
Ganz eigene „Eigenzeit“
Bilder: Katalog
Gerda Taros Bilder berühren den Betrachter unmittelbar.
Es kommt nicht oft vor, dass ein
Museum zeitgleich zwei Ausstellungen präsentiert, die so viel verbindet und die doch unterschiedlicher nicht sein könnten.
Diese seltene Koinzidenz kann man
derzeit im Kunstmuseum Stuttgart
bestaunen. Gezeigt werden Werke
von Elger Esser und Gerda Taro.
Beide sind in Stuttgart geboren.
Beide sind ausgezogen, um mit der
Fotokamera die Welt einzufangen.
Ihr fotografischer Blick erweitert
den Horizont. Jeder für sich. Jeder
auf seine Weise.
März 2010
Die Bildreporterin
Gerda Taro
Gerda Taro, 1910 in Stuttgart geboren, erlebt ihre Kindheit und Jugend
in Stuttgart. 1929 zieht die Familie
nach Leipzig, vier Jahre später flieht
Taro vor den Nationalsozialisten
nach Paris. Dort wird sie Bildreporterin. Im August 1936 fährt sie mit
ihrem Lebensgefährten, dem berühmten Fotografen Robert Capa,
nach Spanien, um über die kriegerische Auseinandersetzung zwischen Republikanern und Franco-
Elger Essers Fotografie „Le Treport“ scheint wie aus einer anderen Zeit.
Faschisten zu berichten. Zuerst Gerda Taros Werk musste deshalb
arbeitet Taro für Capa, später ver- ein unvollendetes bleiben. Auch
deshalb wirkt die Ausstellung, die
mehrt für sich selbst.
vom International Center of PhoNah dran am Geschehen tography in New York zusammengestellt wurde, extrem dicht und
Gerda Taros Fotografien aus den konzentriert.
Krisengebieten sind menschlich
und unmittelbar. Die KriegsfotoDer Fotokünstler
grafin ist keine distanzierte BeobElger Esser
achterin, sondern nimmt am Geschehen teil – was ihr letztlich zum Dreißig Jahre nach Gerda Taros
Verhängnis wird. 1937 kommt sie Tod kommt Elger Esser in Stuttgart
kurz vor ihrem 27. Geburtstag bei zur Welt. Er versteht sich weniger
einem Rückzugsgefecht ums Leben. als Bildberichterstatter, sondern
In einer anderen Werkgruppe
schöpft Esser aus dem Fundus seiner historischen Postkartensammlung, deren Motiv er stark vergrößert oder handkoloriert. In Essers
Werken findet man sogar Heliogravüren, die nach einem der ältesten fotografischen Druckverfahren
hergestellt wurden. Auch in diesem
technischen Sinne haben Elger Essers Fotografien ihre ganz eigene
„Eigenzeit“. (RC)
Informationsbox
Elger Esser, „Eigenzeit“
bis 11. April 2010
Gerda Taro, „Krieg im Fokus“
bis 16. Mai 2010
Kunstmuseum Stuttgart
Öffnungszeiten: Täglich
außer Mo.: 10 - 18 Uhr;
Mi. und Fr.: 10 - 21 Uhr
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imm das, Guido. „Kultur Für Alle“ nennt sich der Verein,
der der städtischen Bonuscard seit 2010 den Zusatz „plus
Kultur“ eingebracht hat. Eben diese Karte wird „einkommensschwachen Stuttgartern“, vorwiegend Hartz IV-Empfängern, immer zu Jahresbeginn zugeschickt. Heuer ging sie an circa 10
Prozent der Stuttgarter – also an 64 000 Leute, denen damit nun erstmals freier Eintritt beziehungsweise ein bestimmtes Kartenkontingent
garantiert wird, um kostenlos Veranstaltungen in bislang 24 Kultureinrichtungen der Stadt besuchen zu können.
Das funktioniert gerade jetzt nicht nur sehr gut als Antithese zu Typen
wie Guido Westerwelle oder Thilo Sarrazin, sondern ist auch ein unbestritten gutes Zeichen, wenn allerorts eingespart und zusammengestrichen wird. Obendrein brechen sich auch die angeschlossenen Einrichtungen kaum einen Zacken aus der Krone, haben die doch bei vielen
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Die Zahl des Monats
Veranstaltungen eh immer noch einige Plätze frei. Wo Kunst und Kultur anfangen – beziehungsweise, ob „Avatar“, AC/DC oder Ähnliches
auch daraunter fallen könnten –, das lassen wir derweil mal offen.
Mit „Gutmenscherei“ hat das viel weniger zu tun, als mit der ehrlichen
Überzeugung, dass Kultur für alle zugänglich sein sollte. „Kunst- und
Kulturveranstaltungen sind Orte und Anlässe, bei denen sich alle Bürger treffen. Nicht teilnehmen zu können, grenzt aus“, lässt die Initiative verlauten, die in Kooperation mit den jeweiligen Kultureinrichtungen und dem Sozialamt der Stadt arbeitet. In Städten wie Frankfurt
laufen ähnliche Programme bereits mit großem Erfolg. In Stuttgart sind
unter anderen der BIX Jazzclub, Literaturhaus, JES, Theaterhaus, Merlin und das Kunstmuseum mit dabei. Westerwelle nicht.
ms
3 Alle Informationen zur Bonuscard plus Kultur, den angeschlossenen Kooperationspartnern und der Idee gibt’s unter kultur-fuer-alle.net
Stuttgart und die Region
Nummer 27 • Mittwoch, 3. Februar 2010
21
Kultur für Bürger
mit geringem
Einkommen
Verdi gibt sich kampfeslustig
Leute
Beschäftigte des öffentlichen Dienstes demonstrieren am Donnerstag – Busse und Bahnen betroffen
Initiative ermöglicht kostenlosen
Eintritt zu Theater und Konzerten
Die Fronten zwischen Gewerkschaften
und Arbeitgebern sind verhärtet. „Die
Pflichten einer Kommune können nicht
ständig über das Einkommen der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst finanziert werden“, sagt Verdi-Bezirkschef
Bernd Riexinger. Deshalb wird gestreikt.
Der Pokal ist aus einem bunten FrottierHandtuch geformt.
Sauber, sauber, Herr
Zauberer! Der Stuttgarter Magier und
Comedian Topas hat
den mit 3000 Euro dotierten Hamburger
Comedy-Preis gewonFoto: StN
nen. An vier Abenden Topas
waren in zehn Stadtteilkulturzentren sowie in Schmidts Trivoli-Theater 20 Solisten und Duos aus allen Deutschlands gegeneinander angetreten. Im Finale setzte sich der Stuttgarter
mit seinem Comedy-Programm durch, in
dem er die Psyche von Apparaten erforscht und mannhaft gegen Handy und
Sprechanlagen kämpft. Zu den Siegern
der Vorjahre zählt Cindy aus Marzahn.
Nach seiner Rückkehr in Stuttgart feierte Topas am Dienstagabend seinen Pokalgewinn mit den Kollegen Helge Thun
und Eure Mütter bei der „Mütternacht“
in der Rosenau. (ubo)
Von Sven Hahn
STUTTGART. Rund 65 000 Stuttgarter besitzen eine Bonuscard. Diese Karte soll es ermöglichen, dass auch Menschen mit wenig
Geld am gesellschaftlichen Leben der Stadt
teilnehmen können. Mit dem Sozialausweis
verbindet sich in diesem Jahr ein völlig
neues Angebot: Kultur für Alle.
Menschen, die über kein oder nur geringes Einkommen verfügen, können nun mit
ihrer Bonuscard umsonst das Theater oder
Konzerte besuchen. 21 sogenannte Kulturpartner stellen zum Start der Aktion Tickets aus allen Preiskategorien zur Verfügung. Der Verein Kultur für Alle geht aus einer Initiative der Bürgerstiftung hervor.
„Dieses Projekt steht besser für das Profil
unserer Stiftung als irgendetwas zuvor“,
sagt Helga Breuninger, Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung. Die Initiative
werde nicht nur ein oder zwei Jahre laufen,
sondern fest in der Stadt verankert werden,
so Breuninger weiter. Das soll durch die Kooperation mit dem seit 2001 bestehenden
System der Bonuscard erreicht werden.
Das Vorbild für die Initiative kam aus
Wien, wo eine ähnliche Idee verwirklicht
wurde. „Da haben wir uns gesagt, was die
können, das schaffen wir auch“, so Breuninger. An personeller Unterstützung mangelt
es dem neu gegründeten Verein jedenfalls
nicht. Sowohl hilfsbereite Bürger als auch
prominente Fürsprecher haben sich gefunden und unterstützen Kultur für Alle. Eine
70-Jährige spendete insgesamt 40 000 Euro.
Die Rentnerin will zwar anonym bleiben,
wurde als Gegenleistung aber in alle Entscheidungsprozesse eingebunden. „Unsere
Spenderin war bei jeder Sitzung am Runden
Tisch dabei“, berichtet Julia Schindler. Sie
wird die Geschäftsführung des Vereins übernehmen.
Schirmherr der Aktion ist der ehemalige
Intendant des Stuttgarter Staatstheaters,
Hans Tränkle. „Die Zeit, die ich nicht mehr
im Theater verbringe, wollte ich eigentlich
für mich nutzen“, so der langjährige Theaterchef. Eine ganze Reihe von Anfragen für
ehrenamtliche Jobs habe er deswegen abgelehnt. „In diesem Fall konnte ich aber nicht
Nein sagen. Das Konzept macht einfach zu
viel Sinn“, so Tränkle weiter. „Und meinen
alten Arbeitgeber können wir bestimmt
auch bald als Partner gewinnen.“
Von Barbara Czimmer-Gauss
STUTTGART. In der zurückliegenden Tarifverhandlung hätten die Arbeitgeber „kein
Angebot unterbreitet, der Gewerkschaft
bleibt damit nichts anderes mehr übrig, als
für diesen Donnerstag zu einem 24-stündigen Warnstreik aufzurufen“, sagte VerdiGeschäftsführer Bernd Riexinger gestern
bei einer Pressekonferenz. Der Aufruf gilt
den Beschäftigten der Kommunen und des
Bundes in Stuttgart sowie den Landkreisen
Böblingen, Ludwigsburg und Rems-Murr.
Die Busse und Stadtbahnen der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) bleiben deshalb in den Depots. „Die Fahrer werden in
ihren Betriebshöfen bleiben und darauf achten, dass keine Bahn ausfährt“, kündigte
Riexinger an. Verdi-Chef Bsirske wird ihnen auf dem Möhringer Betriebshof um
5 Uhr am Morgen einen Besuch abstatten,
für 6 Uhr hat Bsirske eine Visite beim Abfallwirtschaftsbetrieb in Vaihingen angekündigt, wo ebenfalls gestreikt wird. Eine Notdienstvereinbarung ist mit jenen Fahrdiensten geschlossen worden, die Behinderte in
Schulen bringen müssen.
Stillstand zeichnet sich auch bei der
Zahnrad- und der Seilbahn sowie bei den
Esslinger Stadtbuslinien ab. Der Verkehrsund Tarifverbund Stuttgart empfiehlt den
Fahrgästen, auf S-Bahnen, Nahverkehrszüge oder Nebenbahnen umzusteigen; wer
zum Flughafen will und nicht an der
S-Bahn-Linie wohnt, ist auf Taxi oder
Bringdienst angewiesen. Während des
Streiks bleiben alle SSB-Dienststellen und
Kundenzentren geschlossen. Auskünfte geben das VVS-Callcenter unter 07 11 /
1 94 49 sowie die Homepage www.vvs.de.
Die Beschäftigten des Klinikums Stuttgart planen um 9 Uhr eine Kundgebung
vorm Katharinenhospital. Dazu erwartet
Riexinger etwa 500 Teilnehmer; auch Beschäftigte der umliegenden Krankenhäuser
seien dazu eingeladen. Allerdings ist mit
den Kliniken eine Notdienstvereinbarung
abgeschlossen worden, so dass dringende
Operationen und Behandlungen stattfinden
Mord im Ferienort
48-jähriger Schreiner muss sich für Tat verantworten
Von Sascha Schmierer
HEMMINGEN/WÜSTENROT. Mehr als fünf
Monate nach dem Mord an einer Seniorin in
Wüstenrot (Kreis Heilbronn) hat die Staatsanwaltschaft Heilbronn am Dienstag Anklage gegen einen 48 Jahre alten Mann erhoben. Der Nachbar der Ferienwohnung im
Ortsteil Neulautern soll im August 2009 ins
Schlafzimmer der aus Hemmingen im Kreis
Ludwigsburg stammenden 69-Jährigen eingedrungen sein. Mit einem Axtstiel schlug
der gelernte Schreiner seinem im Bett liegenden Opfer offenbar so lange auf den Kopf,
bis die studierte Mathematikerin starb.
Danach fügte der mutmaßliche Täter der
Leiche laut einem Sprecher der Ermittlungsbehörde zahlreiche Schnitte mit einem
Elektromesser zu. Der Täter nahm mehrere
Tausend Euro Bargeld sowie weitere Gegenstände aus der Ferienwohnung mit. Bei seinen Vernehmungen hat der ledig lebende
48-Jährige die Tat gestanden.
Nach dem Mord hatten Polizeiexperten
eine Sexualstraftat vermutet. Mit Fahndungsplakaten wurde nach Wäschedieben
und Voyeuren gesucht, selbst Fällen von
Tierquälerei gingen die Ermittler nach. Auffällig war, dass in der Ferienwohnung keinerlei Einbruchsspuren zu finden waren.
Comedy-Preis für Topas
Dold gewinnt in New York
Wegen des Warnstreiks der Fahrer stehen die Räder der gelben Busse und Bahnen am Donnerstag still;
wer zur Arbeit muss, sollte sich nach Alternativen umsehen oder zu Fuß gehen
Foto: AP
können. Ausnahmen gibt es ferner für die
Beschäftigten im Winterdienst.
Da auch die Arbeitnehmer der Bäderbetriebe und der Bürgerbüros zum Streik aufgerufen sind, erwartet Verdi dort einen eingeschränkten Betrieb. Der Müll wird am
Donnerstag nicht abgeholt, die Abfuhrtermine verschieben sich deshalb um einen
Tag. In den Kindertagesstätten der Landeshauptstadt sei die Bereitschaft, sich am
Warnstreik zu beteiligen, groß, meint Riexinger. Allerdings sei nicht zu beurteilen,
wie viele Einrichtungen geschlossen sein
werden, „weil die sich untereinander absprechen“. Der Gesamtelternbeirat wurde am
Donnerstag vergangener Woche informiert.
Die Teilnehmer des Warnstreiks treffen
am Donnerstag um 9.30 Uhr zu einer Streikversammlung im DGB-Haus, Willi-Bleicher-Straße 20, zusammen. Um 11 Uhr startet deren Demonstrationszug über Rotebühlplatz, Rathaus und Planie zum Schlossplatz, wo um 12 Uhr die Kundgebung stattfindet. Daran werden auch zahlreiche Streikende aus den Landkreisen teilnehmen.
Bernd Riexinger rechnet mit 4000 bis
5000 Streikenden in der Region und mit bis
zu 3000 Demonstrationsteilnehmern. Und
er rechnet damit, „dass die Bürger für diesen Warnstreiktag Verständnis haben“.
Weil die Geduld von Eltern von Kita-Kindern bereits im Frühjahr 2009 arg strapaziert worden ist, werde sich Verdi „eine entsprechende Strategie“ überlegen; „mit den
SSB, dem Klinikum und dem Abfallwirtschaftsbetrieb sind wir diesmal ja etwas
breiter aufgestellt“, so Riexinger.
Die Vorwürfe von Verwaltungsbürgermeister Klaus-Peter Murawski, der Warnstreik sei unverhältnismäßig und zu früh
ausgerufen worden, weist Riexinger zurück:
„Wir wollten Eltern und Fahrgäste nur frühzeitig informieren; außerdem könnte ein
Warnstreik verhindern, dass mit länger dauernden Streiks die große Keule geschwungen werden muss.“
Ihre Meinung bitte!
Überzogen oder berechtigt – was halten
Sie von den Streikforderungen?
Diskutieren Sie mit unter:
www.stuttgarter-nachrichten.de/meinung
Der Stuttgarter Thomas Dold hat am
Dienstag bereits zum
fünften Mal beim
New Yorker Treppenlauf zugeschlagen.
Der 25-Jährige gewann nicht nur zum
fünften Mal beim berühmten Lauf auf
Dold
Foto: AP
das Empire State
Building, er tat dies
auch noch zum fünften Mal hintereinander. Thomas Dold schaffte die 1576 Stufen auf den Wolkenkratzer in gerade einmal zehn Minuten und sechzehn Sekunden – und war damit ganze neun Sekunden langsamer als bei seinem Triumph
im vergangenen Jahr. „Es ist unglaublich“, freute sich Dold in New York, „ich
habe aber auch alles drangesetzt und bin
so schnell gerannt, wie meine Füße mich
nur tragen konnten.“
Gewinnerin bei den Frauen war die
Neuseeländerin Melissa Moon (40) mit 13
Minuten und 13 Sekunden. Das ungewöhnliche Rennen, das dieses Jahr zum
32. Mal stattfand, gilt wegen seiner vielen Teilnehmer als der spektakulärste
Treppenlauf der Welt. Der älteste Teilnehmer bei dieser Auflage war immerhin
72 Jahre alt. (dpa)
Machen Sie die Rückrunde
zum Heimspiel.
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drei Religionen
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Neue Stiftung Stuttgarter Lehrhaus lädt zum Dialog ein
Von Barbara Czimmer-Gauss
STUTTGART. Das Balinger Ehepaar Blickle
und Meinhard Tenné haben die Stiftung
Stuttgarter Lehrhaus gegründet. Sie soll den
Dialog zwischen den Religionen fördern und
hat ihren Sitz im Stuttgarter Westen bezogen, in einer Immobilie der Evangelischen
Kirche. „Die drei Religionen wissen viel zu
wenig voneinander“, sagt Gründungsstifter
Meinhard Tenné. Er selbst, Karl-Hermann
Blickle, der Vorsitzende der Synagoge Hechingen, sowie dessen Frau Lisbeth wollen
ein Forum für Aufklärung schaffen.
Die Stiftung Stuttgarter Lehrhaus dient
als Dachorganisation und hat dazu im PaulGerhardt-Zentrum im Stuttgarter Westen
Räume von der evangelischen Kirchengemeinde angemietet. Sie stellt ein Büro sowie
zweimal monatlich Veranstaltungsräume
zur Verfügung, unter anderem für den Verein Haus Abraham, den Tenné 2007 zum selben Zweck gegründet hatte. Seinen Sitz im
Kloster Denkendorf musste der Verein allerdings räumen, weil die Evangelische Landeskirche die Kosten für Renovierung und Erhalt der Immobilie nicht stemmen kann.
Wegen der Sparmaßnahme musste zudem
das Forum jüdischer Bildung und Kultur
neue Räume suchen. Barbara Traub, die Vorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg, gehört ihm an. Künftig
können das Forum sowie die landeskirchliche Arbeitsgruppe Wege zum Verständnis
des Judentums das Lehrhaus nutzen.
„Die drei beteiligten Institutionen bringen Veranstaltungen in eigener Verantwortung ein, und wo es sich anbietet, kooperieren sie“, sagt Pfarrer Michael Volkmann,
Angehöriger der landeskirchlichen Arbeitsgruppe und ehrenamtlicher Geschäftsführer der Stiftung. Vorträge und ein eigenständiges Programm der Stiftung sind vorgesehen. Den Auftakt macht die Eröffnungsveranstaltung am kommenden Wochenende.
Zur Finanzierung stehen Erträge aus dem
Stiftungskapital in Höhe von 100 000 Euro
zur Verfügung. Außerdem bringt das Haus
Abraham 7000 Euro an Spenden ein, die seit
2007 gesammelt worden waren.
Die Stiftung knüpft an die Tradition des jüdischen Lehrhauses an, das es von 1926 bis
1938 bereits in Stuttgart gegeben hatte. Kulturbegeisterte, Schauspieler, Opernsänger,
darunter Ministerialrat Otto Hirsch, Otto
Einstein und Musikdirektor Karl Adler, gründeten den Verein Jüdisches Lehrhaus und luden Redner wie den Religionsphilosophen
Martin Buber zu Vorträgen ein. Meistens befassten sich die Referenten mit der jüdischen
Religion und Tradition, in einzelnen Fällen
auch mit dem Christentum. „Wir verstehen
uns heute hingegen ausdrücklich als interreligiöse Einrichtung“, weist Volkmann auf das
deutlich weiter gefasste Ziel hin.
¡ Am Sonntag, 7. Februar, 17 Uhr, wird das
Stuttgarter Lehrhaus in der Rosenbergstraße 194b eröffnet.
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STUTTGARTER ZEITUNG
Samstag, 30. Januar 2010 | Nr. 24
STUTTGART 23
Kultur zum Nulltarif
findet großen Anklang
Raidt schreibt
Liebe Berliner
Werbegötter!
Angebot Seit diesem Jahr können Bonuscard-Empfänger kostenlos in
Theater und Museen – was zunehmend genutzt wird. Markus Heffner
D
Sportwagen locken
Mehr als 530 000 Besucher haben im ersten Jahr
das neue Porsche-Museum besucht. Von Jürgen Brand
V
Infos ab Februar unter
www.kultur-fuer-alle.net.
Mit erwartungsvollen Grüßen,
Erik Raidt
Illustration: Stadt Paderborn
Die Spielregeln Die Betriebe
stellen ein festes Kontingent in
allen Preiskategorien zur Verfügung. Alle Tickets können auch
vorher reserviert werden. hef
om Bauch-Feeling her würde ich tippen, dass Ihr always ultrahippen
Werber aus Berlin einen Bombenslogan hindrechselt, mit dem Stuttgart tourismusmäßig zur Rakete wird. Ihr habt von
Stuttgart Marketing den Auftrag, Ihr werdet Eure Mission erfüllen. Und Ihr werdet
schon noch rausfinden, auf welchem Planeten dieses verdammte Stuttgart liegt.
Werbesprüche brezeln uns sagenhaft
auf. Städte, die keinen haben, könnten dank
einer EU-Verordnung bald geschlossen werden, und der Killesberg auf den Gegenwert
einer amerikanischen Schrottimmobilie hinabsinken. Nie im Leben hätte ich meinen
Jahresurlaub in Bottrop gebucht, wenn ich
nicht von diesem steilen Spruch geködert
worden wäre: „Bottrop – überraschend anders!“ Das kann man für Bottrop nur hoffen. Wenn ich schon
mal dort bin, wellnesse
ich gleich in „Krefeld –
Stadt wie Samt und
Seide“, bevor ich sanft
schnurrend meinen Wagen auf dem Highway
nach
Hartz-IV-City
lenke: „Neuss – Soziale
Großstadt.“
Tief im Westen, wo
früher die Sonne verstaubte, macht heute
Ihr, liebe Werbegötter, glänzende Geschäfte. Ganze Landstriche werden doch
nur deshalb von ölreichen Scheichs und
blutjungen Kätzchen russischer Oligarchen
belagert, weil sie so genial vermarktet werden: „Lebendiges Hagen“, „Essen – die Einkaufsstadt“ und „Recklinghausen attraktiver“. Toll, aber es geht noch besser: „Paderborn überzeugt.“
Jetzt sind wir dran. Ich sehe Euch schon
beim Meeting brainstormen. „Stuttgart, verflucht, das ist härter als Pforzheim! Hmm
Fanta 4, hmm Daimler, hmm, wer um alles
in der Welt ist Wolfgang Schuster?“ Aber
dann wird bei Euch ein Geistesblitz in den
Konferenztisch einschlagen. Stuttgart, unser Motor Deutschlands, unsere Krampfader Europas, unsere Benz- und Stuggitown, unsere Großstadt zwischen Wald und
Reben wird von Euch einen brandneuen Slogan verpasst bekommen.
Dann wird die Welt, dann werden endlich auch wir selbst wissen, wer wir wirklich
sind. Stuttgart muss noch Stuttgarter werden! I feel scho a bissle Vorfreude.
Mit der Bonuscard dabei: sibirische Impressionen im Linden-Museum (oben), die Otto-DixFotos: Steinert, dpa
Ausstellung in der städtischen Galerie
JAZZ, LITERATUR, KUNST UND THEATER
Die Eintrittskarte Die Bonuscard wird vom Sozialamt überwiegend an Hartz-IV-Empfänger ausgegeben, dieses Jahr
wurde sie mit dem Zusatz
„+ Kultur“ ergänzt. Verschickt
wurde sie bisher an 64 000
Die begehrte Karte der Stadt
Stuttgarter, also an mehr als
zehn Prozent der Einwohner.
Theater, Literaturhaus, Junges
Die Kulturpartner In 19 Kultur- Ensemble Stuttgart (JES), Evanbetrieben haben Bonuscard-Be- gelische Gesamtkirchengesitzer bisher freien Eintritt: Aka- meinde, Kiste, Kulturgemeindemie für das gesprochene
schaft, Kulturwerk, LindenmuWort, BIX Jazzclub, Forum
seum, Philharmonia Chor StuttRepro: StZ
as Stück, das seit diesem Jahr auf „Es muss keiner Angst haben, an der Abendeinigen Stuttgarter Bühnen Pre- kasse abgewiesen zu werden.“
miere feiert, hat bisher viel Beifall
Die Kulturgemeinschaft etwa, die mit Pebekommen. Es heißt „Kultur für alle“ und ter Jakobeit einen der vier Vorstandsmitermöglicht allen Empfängern der Bonus- glieder des Vereins stellt, reserviert für
card, die vom Sozialamt überwiegend an jede eigene Veranstaltung zehn Karten,
Hartz-IV-Empfänger ausgegeben wird, ei- also für klassische Konzerte, Ballettauffühnen kostenlosen Besuch im Theater, im Mu- rungen oder auch Lesungen. „Nur Restkarseum oder einer anderen Kultureinrich- ten auf den hintersten Plätzen anzubieten,
tung. „Wir haben bisher sehr viel positive wäre diskriminierend. Wir wollen eine
Resonanz bekommen“, sagt Julia Schind- Gleichbehandlung“, sagt der Geschäftsfühler, die Geschäftsführerin des neu gegrün- rer der Kulturgemeinschaft Stuttgart, der
deten Vereins, der das Projekt betreibt.
angenehm überrascht ist von der guten ReFast alle der rund 20 Einrichtungen in sonanz gleich vom ersten Tag an. „Das
der Stadt, die sich bislang an dem neuen zeigt, dass wir uns keiner romantischen
Angebot für einkommenschwache Men- Schwärmerei hingegeben, sondern ins
schen beteiligen, können schon nach dem Schwarze getroffen haben“, sagt er.
ersten Monat über reges Interesse berichEin wenig Sorgen bereitet noch der Etat,
ten. Das Renitenztheater etwa, das Junge der von der Bürgerstiftung auf etwa
Ensemble Stuttgart (Jes), die
60 000 Euro pro Jahr veranKulturgemeinschaft, das En- „Es geht nicht um
schlagt wurde. Ein Teil davon,
semble der Stiftsmusik Stutt- Gutmenschentum. die gesamten Personalkosten,
gart oder das Theaterhaus am
sind zwar durch eine großzüPragsattel, das bereits mehr Wir wollen einen
gige Spende einer Stuttgarteals 40 Karten an Bonuscard- möglichst niedrigrin gedeckt, aus der geplanten
Besitzer ausgegeben hat. An- schwelligen
Anschubfinanzierung durch
fangs seien viele noch skepdie Stadt ist aber ein Streichtisch gewesen, ob die Tickets Zugang zur Kultur
posten geworden. Die Grünen
auch wirklich umsonst sind ermöglichen.“
hatten für den Haushalt den
und tatsächlich Plätze freige- Julia Schindler,
Antrag gestellt, die „Bonushalten werden, erzählt Julia Vereinsgeschäftsführerin
card + Kultur“ drei Jahre lang
Schindler. Hinterher hätten
mit jeweils 15 000 Euro zu unsie sich per Mail oder Gästebucheintrag be- terstützen. In den von Sparzwängen bedankt, dass sie endlich mal wieder ein klas- stimmten Haushaltsberatungen wurde der
sisches Konzert besuchen durften.
Antrag aber mit etlichen weiteren abgeAuf den Weg gebracht worden ist das lehnt. „Zumindest im ersten Jahr wird jetzt
landesweit einmalige Projekt von der Stutt- die Bürgerstiftung einspringen“, sagt Cogarter Bürgerstiftung, die erstmals im Sep- rinna Walz von der Bürgerstiftung, die als
tember 2008 einen Runden Tisch mit Ver- verantwortliche Projektleiterin ebenfalls
tretern diverser Kultur- und Sozialeinrich- Mitglied des Vorstands ist. Mittelfristig
tungen organisiert hatte. Zum Jahreswech- müsse aber nach anderen Finanzierungssel wurde dann der Verein Kultur für alle modellen gesucht werden
gegründet, der das Projekt nach der StartAuch die Sponsorensuche steht bei Julia
phase vorantreiben soll. Dringlichste Auf- Schindler daher ganz oben auf der Liste,
gabe sei, so Julia Schindler, weitere Kultur- neben der Suche nach weiteren Kulturpartbetriebe in Stuttgart zu gewinnen. Gleich- nern. Ziel sei, sagt sie, dass letztlich alle
zeitig müsse intensiv Aufklärungsarbeit be- Einrichtungen mitmachen. Als jüngster
trieben und bei der Zielgruppe für das An- Kulturbetrieb hat sich Anfang der Woche
gebot geworben werden.
das Kunstmuseum am Schlossplatz bereitWichtig ist der 29-Jährigen dabei vor al- erklärt, Bonuscard-Besitzern freien Einlem, die Grundidee klarzumachen: „Was tritt zu gewähren. Grundsätzlich stehe
die Initiative macht, hat nichts mit Gut- man zwar auf dem Standpunkt, dass Kultur
menschentum zu tun. Es geht darum, ei- den Menschen etwas wert sein sollte, sagt
nen niedrigschwelligen Zugang zur Kultur die Sprecherin Eva Klingenstein, bei dieser
zu ermöglichen“, betont sie. So sind die be- Aktion mache das Museum aber gerne mit,
teiligten Häuser verpflichtet worden, je „weil Kunst für uns ein Gut ist, das allen
nach Auslastung und Möglichkeiten ein fes- zugänglich sein muss“. Bilder wie der „Artes Kartenkontingent in allen Preiskatego- beiterjunge“ von Otto Dix würden keinen
rien zur Verfügung zu stellen. Dadurch sei Sinn machen, „wenn nur diejenigen sie sees möglich, die Tickets wie jede andere Ein- hen könnten, die sich einen Besuch im Mutrittskarte auch telefonisch zu reservieren. seum problemlos leisten können“.
gart, Renitenztheater, Stiftsmusik Stuttgart, Theater der Altstadt, Theater Rampe, Theaterhaus, Vortragsprogramm der
VHS, Württembergischer
Kunstverein, Kunstmuseum.
Morgen in Sonntag Aktuell:
Jahresbilanz
V
or einem Jahr ist das Porsche-Museum eröffnet worden. Die Erwartungen an die neue Attraktion, die
nach den Plänen des Wiener Architekturbüros Delugan Meissl gebaut wurde, waren
sehr unterschiedlich. Während Porsche
selbst tief stapelte und mit 250 000 Besuchern pro Jahr rechnete, hatte der damalige Stuttgarter Tourismuschef Klaus Lindemann mit deutlich höheren Besucherzahlen spekuliert. Jetzt, genau ein Jahr später, ist klar: Alle Erwartungen sind übertroffen worden. Mehr als 530 000 Menschen
haben das Museum besucht. Damit hat sich
das Porsche-Haus auf Anhieb auf dem zweiten Platz in der Stuttgarter Museumsrangliste etabliert, gleich hinter dem viel größeren Mercedes-Benz-Museum.
Auch bundesweit steht das Porsche-Museum gut da. „Es gibt einen regen Austausch mit den Automuseen“, sagt der Museumschef Achim Stejskal. Das BMW-Museum in München etwa hatte im ersten
Jahr 400 000 Besucher. Und auch im Museumsshop, dessen Angebot inzwischen deutlich erweitert worden ist, lag der Pro-KopfUmsatz doppelt so hoch wie im Shop des
BMW-Museums.
Bis zu 4500 Besucher an einem Tag
„Wir wollen authentisch sein“, versucht
Stejskal den Erfolg des Museums trotz der
Turbulenzen um Porsche im vergangenen
Jahr zu erklären. „Und das scheint uns zu
gelingen.“ Trotz des Besucherandrangs mit
bis zu 4500 Besuchern an einem Tag und
obwohl die Autos und anderen Exponate
im Museum für die Besucher greifbar nahe
sind, ging laut Stejskal im ersten Jahr
nichts kaputt, und es kam auch nichts weg.
Dabei wurde das Prinzip des rollenden Mu-
seums konsequent gelebt, im ersten Jahr
wurden die ausgestellten Autos rund
100-mal bewegt, nahmen also an Autoschauen und Oldtimerveranstaltungen
teil. Im Museum selbst gab es rund 170 Sonderveranstaltungen. Auch in der weltweiten Kunstszene hat das Museum inzwischen einen guten Namen. Die Anfragen
von Fotografen, die das Museum als Kulisse nutzen wollen, häufen sich.
Außengastronomie wird eingerichtet
Größere Probleme hat der Neubau nach
Angaben der Museumsleitung im ersten
Jahr nicht gemacht. Die Risse in den Bodenplatten waren schon vor der Eröffnung aufgetreten. Die Platten sollen nach und nach
ersetzt werden, tatsächlich fallen die Risse
aber nicht weiter auf. Auch dem heftigen
Regenunwetter inklusive Blitzeinschlag im
vergangenen Sommer trotzte der Neubau.
Auf dem Platz vor dem Museum soll
möglichst bis zum Beginn der Freiluftsaison eine Außengastronomie eingerichtet
werden. Inhaltlich werden in diesem Jahr
die Schwerpunkte im Museum – und auch
im erfolgreichen Eigenverlag – auf den Themen 60 Jahre Standort Zuffenhausen,
60 Jahre Porsche und USA sowie auf der
Hybridtechnologie liegen.
Mit Spannung blicken die Verantwortlichen der ersten großen Ausleihaktion entgegen. Der Typ 64, eines der Herzstücke
der Ausstellung, wird für drei Monate an
das High Museum of Art in Atlanta ausgeliehen. Dafür muss ein Transportgestell gebaut werden, damit das wertvolle Stück auf
der Reise nicht beschädigt wird.
Bilder vom Porsche-Museum unter
www.stuttgarter-zeitung.de/foto
BESSER REGIEREN
100 Tage Kabinett Merkel II –
So urteilt SPD-Chef Sigmar Gabriel
BESSER SURFEN: Apples I-Pad ist da –
So verändert es unser Leben
BESSER WOHNEN: Große Möbel liegen im Trend –
So sehen Wohlfühlinseln aus
D I E S I E B T E A U S G A B E I H R E R TA G E S Z E I T U N G