Leitlinie Jungrinderaufzucht - Thüringer Landesanstalt für

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Leitlinie Jungrinderaufzucht - Thüringer Landesanstalt für
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Thüringer Landesanstalt
für Landwirtschaft
Leitlinie
zur effizienten und umweltverträglichen
Jungrinderaufzucht
Thüringer Ministerium
für Landwirtschaft,
Naturschutz und Umwelt
Besuchen Sie uns auch im Internet:
www.tll.de/ainfo
Impressum
Herausgeber: Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft
Naumburger Str. 98, 07743 Jena
Tel.: (03641) 683-0, Fax: (03641) 683 390
E-Mail: pressestelle@jena.tll.de
Autoren:
im Juli 2002
Dr. Horst Warzecha
Heinrich Kuhaupt (Fachschule für Agrarwirtschaft
und Hauswirtschaft Stadtroda)
Dr. habil. Gerhard Anacker
Dipl.-Ing. agr. Jens-Rüdiger Hubrich
1
Marktchancen
Die Grundlage einer rentablen Milchproduktion sind hohe Milchleistungen der Kuhbestände. In
Thüringen konnte eine kontinuierliche Steigerung der Pro-Kuh-Leistung von 1989 mit 4 200 kg
auf 2001 mit 7 559 kg erreicht werden. Dafür gibt es viele Einflussfaktoren, wie z.B. die Genetik
durch die Umzüchtung des SMR in das Deutsche Holstein (DH), Verbesserung der Futtergrundlage, die Qualität der Jungrinder für die Bestandsergänzung. Infolge der Milchquotenregelung
wird die für jeden Betrieb auf dem Markt absetzbare Milchmenge festgelegt. Bei einer weiteren
Leistungssteigerung je Kuh kommt es zu einem fortgesetzten Abbau der Kuhbestände, verbunden mit der Freisetzung von Stallplätzen und Grobfutter (Weide). Damit sind die Anforderungen
für die Jungrinderproduktion zur betrieblichen Reproduktion festgelegt. Es ist im Prinzip nur
noch eine intensiv erweiterte Reproduktion des Milchkuhbestandes erforderlich, d.h. es sind weniger aber dafür qualitativ hochwertigere Färsen kostengünstiger zu erzeugen, die den Bedarf an
Jungkühen abdecken.
Der Markt für den Handel mit tragenden Färsen regelt sich über die Nachfrage nach Zucht- und
Nutztieren. Die gestellten Qualitätsanforderungen (Mutterleistung, Erstkalbealter) können oftmals nicht erfüllt werden. Das gilt insbesondere beim internationalen Handel. Aus der Sicht einer Vollkostenrechnung ist ein Verkauf nur selten auskömmlich.
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Produktionsziele und Anforderungen in der Jungrinderaufzucht
Entsprechend des jeweiligen Rassetyps, ist es das Ziel in der Rinderaufzucht, ein frohwüchsiges,
gesundes, großrahmiges und leistungsstarkes Tier für die Milcherzeugung zur Verfügung zu
stellen.
Erhebungen aus der Praxis in Thüringen zeigten eine erhebliche Differenzierung in der Jungrinderaufzucht mit einem Erstkalbealter (EKA) von 24 bis 36 Monaten. Das durchschnittliche
Erstkalbealter liegt mit 29,3 Monaten deutlich zu hoch, woraus sich eine lange unproduktive
Phase im Lebenszeitraum einer Kuh ergibt.
In der Aufzucht ist jedoch bei allen Rassen zu bestimmten Altersabschnitten eine ausreichende
Lebendmasseentwicklung wichtiger (Tab. 1) als das Erstkalbealter.
Bei den Deutschen Holstein (DH) mit einem Lebendgewicht (LG) von 650 kg der adulten Kuh
sind folgende Parameter anzustreben:
Tabelle 1:
Zielparameter der Jungrinderaufzucht
Lebensabschnitt
9 Monate
12 Monate
1. Zuchtbenutzung
Vor dem 1. Kalben
nach dem 1. Kalben
Gewicht (%) zur adulten Kuh
ca. 40
ca. 50
ca. 63
ca. 95
ca. 85
LG (kg) bei DH
250 – 270
300 – 340
380 – 420
600 – 630
540 – 570
Je nach Intensität der Aufzucht können diese Parameter früher oder später erreicht werden und
bilden bei einer gewichtsabhängigen ersten Zuchtbenutzung die Grundlage für ein frühes oder
spätes EKA. Die Jungrinderaufzucht sollte durch ein kontinuierliches Wachstum gekennzeichnet
sein. (Die Entwicklung bis zur 16. Lebenswoche wird in der Leitlinie „Kälberaufzucht“ behandelt.)
Insbesondere im ersten Lebensjahr ist in der vorpubertären Phase bis zum Alter von neun Monaten die Wachstumskapazität maximal zu nutzen (bis 1 000 g/d). Das ist die entscheidende
Phase um das EKA vorzuverlegen. Von zehn bis zwölf Monaten sollten die Zunahmen unter 800
g/d liegen, um während der Pubertät die Gewebedifferenzierung - Bildung des Milchdrüsengewebes und des Geschlechtsapparates - zu fördern. Eine zu hohe Fütterungsintensität führt verstärkt zur Ausbildung von Fettzellen in der Euteranlage, wodurch das Wachstumshormon, wel3
ches für die Bildung des Milchdrüsengewebes verantwortlich ist, gehemmt wird. Das wirkt sich
später negativ auf die Milchleistung aus. Für die weitere Aufzucht sind Zunahmen von 500 bis
700 g/d anzustreben. Anhaltspunkte für die Färsenproduktion mit unterschiedlichen EKA und
damit verschiedener Aufzuchtintensität werden in Tabelle 2 angeführt. Eine zielgerichtete Jungrinderaufzucht erfordert eine ständige Produktionskontrolle durch drei bis fünf Wägungen der
Einzeltiere während der Aufzucht.
Tabelle 2: Richtwerte für die Körpermasseentwicklung weiblicher Jungrinder bei verschiedenem Erstkalbealter
Altersabschnitt
Geburt
4. Monat
6. Monat
12. Monat
Erstbesamung
15. Monat
18. Monat
19. Monat
7. Trächtigkeitsmonat
Kalbung post partum
LG adult
24
kg
40
140
190
345
g/d
830
830
700
410
535
>550
650
720
Erstkalbealter (Monate)
27
kg
g/d
40
135
790
180
790
325
810
kg
40
130
170
300
g/d
750
670
720
415
530
>530
650
420
525
>525
650
450
500
600
600
500
550
30
Unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Milchproduktion erfolgt die
Reproduktion in der Regel im eigenen Betrieb.
Für eine ökonomische Milcherzeugung ist neben der Erhöhung der Milchleistung, die Verlängerung der Nutzungsdauer der Kühe und die Verkürzung der Aufzuchtdauer der Jungrinder erforderlich. Dabei wird das Ziel der kostengünstigen Erzeugung qualitativ hochwertiger Färsen oftmals nicht erreicht.
Ziel sollte es in Thüringen sein, ein EKA von 24 bis 28 Monaten zu erreichen. Der Produktionsstandort (Ackerbau oder Grünland) hat einen entscheidenden Einfluss auf die Aufzuchtintensität
und damit auf das EKA. Auf den Ackerbaustandorten sollte eine intensive Aufzucht im Stall mit
einem EKA von 24 bis 26 Monaten durchgeführt werden. Auf Grünlandstandorten ist die Weidenutzung durch die Jungrinder meistens unumgänglich, um den Grünmasseaufwuchs zu nutzen
und die betriebsökonomisch notwendigen Fördermittel aus KULAP sowie der Ausgleichszulage
(AGZ) in den benachteiligten Gebieten zu sichern. Aufgrund der niedrigen Ertragslage auf dem
extensiven Grünland (teilweise ohne N-Düngung) kommt es zu einem geringeren Lebendmassezuwachs von 150 bis 400 g/d auf der Weide, was sich negativ auf die Lebendgewichtsentwicklung der Tiere auswirkt. Das führt bei einer gewichtsabhängigen ersten Zuchtbenutzung zu einem späteren EKA. Deshalb wird auf diesen Standorten ein EKA von 26 bis maximal 28 Monaten
empfohlen. In unseren mehrjährigen Untersuchungen zur Jungrinderaufzucht unter Einbeziehung einer Weideperiode auf extensiven Grünland wurden tägliche Zunahmen von unter 400 g
erzielt mit einem Leistungsrückgang gegenüber 1992 von 23 % (Tab. 3).
Tabelle 3: Lebendmassezuwachs der Jungrinder eines Betriebes bei Beweidung von extensiven Grünland in den Übergangslagen
und im Thüringer Wald
Jahr
1992
1997
1998
1999
2000
2001
Tiere
2 358
2 322
2 233
2 071
2 475
2 495
Tiere/Herde
157
155
160
122
137
139
Weidetage
153
145
137
146
158
146
4
Zuwachs (kg)
78
58
54
57
64
56
Zuwachs (g/d)
512
400
392
391
415
383
3
Züchterische Aspekte
Die Färsen stellen in unseren Herden den jüngsten und damit züchterisch interessantesten Teil
der Population dar. Entsprechend sollte man mit dem genetisch wertvollen Tieren im Betrieb
umgehen. Von einem Einsatz von Deckbullen ist diesbezüglich generell abzuraten. Es gibt keinerlei Informationen zu den Vererbungseigenschaften der ND-Bullen bezüglich Leistung und vor
allen Dingen auch zum Problemkreis Geburtsverlauf. Da die Fruchtbarkeit bei den Färsen deutlich besser ist als im Milchkuhbereich, erscheinen die Aufwendungen für die Künstliche Besamung auch ökonomisch in einem anderen Licht.
Fruchtbarkeit und Kalbeverlauf mit einem h²-Wert von 0,05 stellen Merkmale mit einer geringen
Heritabilität dar, die einem gravierenden Umwelt-, sprich Managementeinfluss unterliegen. Das
sollte bei der züchterischen Bewertung dieses Merkmalskomplexes beachtet werden. Bei den
Bullen für die Künstliche Besamung erfolgte die Ausweisung von Informationen zum Geburtsverlauf. In der Regel kommen Vererber mit unterschiedlicher Schwergeburthäufigkeit im Färsenbereich zum Einsatz. Der Kalbeverlauf und die Totgeburtenrate werden paternal (d. h. aus der
Besamung des Bullen) und maternal (d. h. der Töchter eines Bullen selbst) erfasst. Hierbei besteht folgender Zusammenhang:
Leichte Geburten aus der Besamung eines Bullen hängen insbesondere mit der Konstitution
des Beckens (Beckenbreite, Abstand der Hüfthöcker) zusammen. Die schmaleren Becken
dieser leichtgeborenen Kälber bleiben über das Wachstum und die Entwicklung tendenziell
erhalten und können zu späteren Problemen bei der eigenen Abkalbung führen (Geburtswege zu schmal). Es gibt also eine negative Korrelation zwischen paternalem und maternalem
Kalbeverlauf. Deshalb sind maßgeblich bei diesem Merkmalskomplex die durch die Haltung
und das Management gravierend beeinflussenden Faktoren, wie z. B. optimale Aufzucht,
insbesondere altersgerechte Fütterung, zu beachten. Außerdem haben Beckenbreite, Vorhandstärke und Körpertiefe Einfluss auf Futteraufnahme, Stoffwechselaktivität und damit natürlich auch auf die notwendige Leistungsbereitschaft unserer Kühe.
4
Fütterung
Hohe Milchleistungen und eine gute Gesundheit sind nur von Kühen zu erzielen, die in der Lage
sind, große Grobfuttermengen zu verzehren. Da diese Fähigkeit, außer von der Körpergröße und
dem Lebendgewicht der Tiere, die das Volumen der Vormägen mit bestimmen, besonders vom
Training der Grobfutteraufnahme während der Jugend beeinflusst wird, ist in der Jungrinderaufzucht auf einen hohen Grobfutterverzehr zu orientieren. Zu beachten ist dabei, dass die einzelnen Grobfutterarten unterschiedlich gefressen werden. So kann man beim Frischfutter von folgender Rangfolge ausgehen: Weidegras (weidereif) >Kleegras >Gras >Grünmais >Rotklee >Luzerne >Zwischenfrüchte >Rübenblatt. Von Grassilagen werden die mit höherem Trockensubstanzgehalt (>35 % TS) besser verzehrt als Nasssilagen. Das gleiche gilt für Maissilagen, wobei
hier zu hohe TS-Gehalte (>35 %) ungünstiger zu bewerten sind.
Um eine hohe Grobfutteraufnahme zu erreichen, sind z. B. folgende Maßnahmen zweckmäßig:
Ÿ Weideauftrieb bei weidereifem Futter (Wuchshöhe >15 und <25 cm, Rohfasergehalt >22 und
<26 % i. d. TS) vornehmen;
Ÿ bei Portionsweide zweimalige tägliche Zuteilung, Besatzdichte am Weiderest orientieren
(ca. 25 bis 30 %, die am nächsten Tag nachgeweidet werden;
Ÿ bei Umtriebsweide Besatzdichte und Weidetage aus dem Futteraufwuchs ableiten, in Trockenperioden immer beifüttern;
Ÿ Jungrinder etwa ab sechsten Lebensmonat an die Weide (Halbtagsweide) gewöhnen, konsequente Beifütterung ist bis zu einem Jahr unbedingt erforderlich;
Ÿ ausreichend Tränkwasser auf der Weide bereitstellen (mind. 5 l/kg TS-Aufnahme);
5
Ÿ
Ÿ
Ÿ
systematische Parasitenbekämpfung (Lungen- und Magendarmwürmer) durchführen;
bei Stallhaltung mindestens zwei Grobfuttermittel anbieten; auf wiederkäuergerechte Rationsgestaltung achten (>18 % Rohfaser in der TS, davon mindestens 2/3 strukturwirksam);
ausreichend Fressplätze und Fresszeit gewähren.
Eine leistungs- und qualitätsorientierte Jungrinderaufzucht erfordert die gezielte Fütterung nach
einer vom angestrebten EKA abhängigen Gewichtsentwicklung, um eine gute Kondition, insbesondere zum Zeitpunkt des Belegens und des Kalbens, zu gewährleisten. Für die optimale Versorgung der wachsenden Jungrinder entsprechend der Lebendmasseentwicklung; hinsichtlich
umsetzbarer Energie (ME), nutzbarem Rohprotein (nXP), ruminale Stickstoffbilanz (RNB), Vitaminbedarf sowie der Versorgung mit Mengen- und Spurenelementen sind die Normwerte der
Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG-Information 3/1999) zu verwenden. Die Bedarfswerte an o. g. Nährstoffen wurden auszugsweise in den Tabellen 4 bis 5 aufgeführt.
Empfehlungen zur täglichen Versorgung von Jungrindern mit umsetzbarer
3/1999)
Lebendmassezunahme (g/Tag)
Lebendmasse
500
600
700
kg
Energie (MJ ME)
150
31
32
34
200
37
40
42
250
44
47
50
300
50
54
58
350
57
61
65
400
63
67
72
450
69
74
80
500
75
81
88
550
81
88
95
600
88
95
103
Tabelle 4:
Energie (ME) (Quelle: DLG-Information
800
900
36
44
53
61
69
78
86
95
103
112
38
47
56
64
73
83
92
101
111
120
Ein zusätzlicher Energiebedarf ergibt sich mit 21,4 MJ ME/Tag in der 6. bis 4. Woche vor dem Kalben bzw. 30,0 MJ ME von der 3.
Woche vor bis zum Kalben.
Tabelle 5: Versorgung von Jungrindern mit nutzbarem Rohprotein (nXP) und Mindestversorgung mit pansenverfügbarem
Stickstoff (Ruminale N-Bilanz, RNB 1) ; Quelle: DLG-Information 3/1999)
Lebend500
600
700
800
900
masse
nXP
RNB*
NXP
RNB*
nXP
RNB*
nXP
RNB*
nXP
RNB*
kg
g/Tag
g/Tag
g/Tag
g/Tag
g/Tag
150
400
0
440
0
480
0
515
0
550
0
200
450
0
480
0
525
0
560
0
595
0
250
495
0
525
0
560
0
590
0
620
0
300**
(555)
-5
(590)
-5
(630)
-6
(670)
-6
(700)
-6
350**
(625)
-6
(670)
-6
(710)
-6
(760)
-7
(810)
-7
400**
(690)
-7
(740)
-7
(795)
-7
(855)
-8
(910)
-8
450**
(760)
-14
(820)
-15
(880)
-16
(950)
-17
(1010)
-18
500**
(825)
-15
(890)
-16
(960)
-17
(1040)
-19
(1120)
-20
550**
(895)
-16
(970)
-18
(1050)
-19
(1140)
-20
(1220)
-22
600**
-17
(1040)
-19
(1135)
-20
(1220)
-22
(1320)
-23
* größer oder gleich
** g nXP je MJ ME
1) RNB= (Rohprotein – nXP)/6,25
Werte in Klammern: Hier ist nXP nicht limitierend, wenn ausreichend umsetzbare Energie und Stickstoff im Vormagen zur
Verfügung steht.
Bei der Rationsgestaltung sollte deshalb ein ausgeglichenes Protein-/Energieverhältnis möglichst schon durch die Kombination von protein- und energiereichen Grobfuttermitteln angestrebt werden, wobei ein zeitweise geringes Proteinüberangebot mitunter nicht zu verhindern ist.
Bereits eine Energieüberversorgung ab 10 % führt zu einer verminderten Adaption an die Aufnahme großer Grobfuttermengen und zu einer gewissen Fetteinlagerung im Milchdrüsengewebe. Das bedingt in der ersten Laktation geringere Leistungen, verstärkte Anfälligkeit für Ketose
und Konzeptionsschwierigkeiten (HENNIG, 1971). Eine Energieunterversorgung ist, ebenso wie
6
Proteinmangel, mit geringeren Zunahmen verbunden, die während der anschließenden Laktation durch erhöhten Kraftfuttereinsatz wieder ausgeglichen werden müssen und außerdem niedrigere Milchleistungen zur Folge haben. Proteinüberschuss kann ebenfalls zu verminderter Futterund damit Energieaufnahme, zu Leberschädigungen, Stoffwechselstörungen und dadurch zu
Ketose führen.
Zur bedarfsgerechten Mineralstoffversorgung ist besonders auf die Mengenelemente Ca, P und
Mg zu achten, da für diese Elemente das Resorptionsvermögen der älter werdenden Jungrinder
abnimmt. Grünfuttermittel, besonders Gräser und ihre Konservate, sind Na-arm und trocken
gewachsenes Futter hat i.d.R. niedrige P-Gehalte. Die Spurenelementversorgung über das Grobfutter ist weitgehend standortabhängig. Für die Auswahl geeigneter Mineralfuttermischungen
sollten deshalb die für den Standort typischen Grobfuttermittel analysiert werden. Den Jungrindern sind dann entsprechende betriebsspezifische Mineralstoffmischungen, sowohl auf der Weide als auch bei Stallhaltung zur beliebigen Aufnahme anzubieten. Da die heute im Handel befindlichen Mineralfuttermischungen fast ausschließlich eine Vitaminergänzung A, D3 und E besitzen, wird mit dem freien Angebot solcher Mischungen an die Jungrinder auch deren Bedarf an
diesen Vitaminen abgesichert.
Die Rationsgestaltung für Jungrinder basiert auf betrieblichen Futtermitteln wie Gras- und Maissilage, Getreide-Ganzpflanzensilage, Zwischenfrüchte, Heu, Stroh, Weidegras und Kraftfutter.
Den Rationsberechnungen sind mittlere Qualitäten nach den DLG-Futterwerttabellen zugrunde
zu legen – besser für die Rationsgestaltung ist es jedoch, Analysenergebnisse der vorhandenen
Futtermittel, insbesondere bei den Grobfutterarten, zu nutzen. Für die Realisierung der angestrebten Aufzuchtleistung sollte eine Zufütterung von Kraftfutter zu bestimmten Altersanschnitten erfolgen. Zum Energieausgleich in vorkommenden Futtermangelsituationen wie z. B. bei der
Beweidung von extensiven Grünland wird eine Ergänzungsfütterung mit Grob- oder Kraftfutter
empfohlen. Wichtig ist die Einschätzung der Futteraufnahme der Jungrinder, die stark von der
Konstitution des Tieres und den betrieblichen Verhältnissen abhängt. Sie wird beeinflusst von
der:
Ÿ
Rasse – milchbetonte haben eine höhere Futteraufnahme;
Ÿ
Hohe Energiekonzentration des Grobfutters und der Gesamtration verbessern die Futteraufnahme;
Ÿ
Silage – bei Grassilage werden bei gleichem Energiegehalt höhere Mengen aufgenommen
als von Maissilage;
Ÿ
Haltungsverfahren und Fütterungstechnologie;
Ÿ
Weidegang – abhängig von Grasangebot und Grasqualität.
Entsprechend den vorgenannten Erfordernissen wurden als Fütterungsbeispiel die Rationspläne
(Tab. 6 und 7) für das Abkalbealter von 24 und 27 Monaten aus den DLG-Informationen 3/1999
hier aufgeführt. In beiden Futterplänen haben die Tiere Weidegang. Hohe Anforderungen werden
bei dem verkürzten Erstkalbealter gestellt, insbesondere bei Weidegang ist eine Zufütterung erforderlich. Die drei Fütterungsvarianten unterscheiden sich durch die betriebseigene Futtergrundlage.
Variante I
– reiner Grünlandbetrieb: Fütterung mit Grassilage bzw. Weidegras
Variante II
– gemischter Anbau: 50 % Grassilage-T bzw. Maissilage-T
Variante III – Ackerbaustandort; kein Weidegang: hoher Maissilageanteil
Die Varianten I und II enthalten Weidegang. Bei Variante III ist ganzjährige Stallhaltung unterstellt (T = Trockenmasse).
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Tabelle 6: Rationspläne für Jungrinderaufzucht, Erstkalbealter 27 Monate, Geburt im April
Leb.-masse (kg)
45 –85
85 – 150
Futterwoche Variante I
1. – 8.
lt Tränkeplan
9. –21.
Grassilage, 2.Schnitt
Kälber-Kraftfuitter
150 – 250
22. – 41
Grassilage, 2.Schnitt
MLF(18/3)
Mineralfutter
308 kg T
0,5 kg T
50 g
250 – 350
42. – 51.
Grassilage, 2. Schnitt
Mineralfutter
6,1 kg T
50 g
52. – 61.
Weide, Frühjahr 1)
Mineralfutter
Weide, Frühjahr
Mineralfutter
Weide, Frühjahr 2)
Mineralfutter
Grassilage, 2. Schnitt
Mineralfutter
6,2 kg T
50 g
8 kg T
50 g
8 kg T
50 g
9,4 kg T
50 g
350 – 450
62. – 66.
67. – 80.
Menge
Variante II
1,7 kg T
105 kg T
Maissilage
Grassilage, 2. Schnitt
Kälber-Kraftfutter
Maissilage
Grassilage, 2. Schnitt
MLF (18/3)
Mineralfutter
Maissilage
Grassilage, 2. Schnitt
Mineralfutter
Weide, Frühjahr 1)
Mineralfutter
Weide, Frühjahr
Mineralfutter
Weide, Frühjahr 2)
Mineralfutter
Maissilage
Grassilage, 2. Schnitt
Mineralfutter
Maissilage
Grassilage, 2. Schnitt
Mineralfutter
Weide, Frühjahr 1), 3)
Mineralfutter
450 – 550
81. – 101.
550 – 626
102 – 106
Grassilage 2. Schnitt
Mineralfutter
10,2 kg T
50 g
106. – 116.
Weide, Frühjahr 1), 3)
Mineralfutter
Grassilage 4) , kg T
Weide 4), kg T
Maissilage 4), kg T
Kraftfutter, kg T
Mineralfutter, kg
10,3 kg T
50 g
2920
2260
210
33
Summen:
Menge
0,9 kg T
0,9 kg T
104 kg T
1,8 kg T
1,8 kg T
0,5 kg
50 g
3,1 kg T
3,1 kg T
50 g
6,2 kg T
50 g
8 kg T
50 g
8 kg T
50 g
4,7 kg T
4,7 kg T
50 g
5 kg T
5 kg T
50 g
10,3 kg T
50 g
1 440
2 260
1 440
200
33
Übergangsfütterung im Stall oder als Beifutter zur Weide
Beifütterung falls Menge und Qualität nicht ausreicht
3) Mindestens 4 Wochen vor der Kalbung Beginn der Vorbereitungsfütterung
4) Ohne Futterreste
1)
2)
Tabelle 7: Rationspläne zur Jungrinderaufzucht, Erstkalbealter 24 Monate, Geburt im Oktober
Leb.-masse
(kg)
45 - 85
Futterwoche
1.- 8.
85 – 150
9.- 20.
150 – 250
250 – 350
350 – 450
Variante I
Menge
Variante II
Fütterung
lt. Tränkeplan
Grassilage, 2. Schnitt
Kälberaufzuchtfutter
1,8 kg T Maissilage
1,5 kg T Grassilage, 2. Schnitt
Kälberkraftfutter
21. - 32. Grassilage, 2. Schnitt 3,1 kg T Maissilage
MLF (18/3)
1,5 kg Grassilage, 2. Schnitt
MLF (18/3)
Mineralfutter
33. - 37. Weide, Frühjahr 1)
3,3 kg T Weide, Frühjahr 1)
Melasseschnitzel
Melasseschnitzel
1 kg
Mineralfutter
Mineralfutter
50 g
38.- 49. Weide, Sommer 2)
5,2 kg T Weide, Sommer 2)
Melasseschnitzel
Melasseschnitzel
1 kg
Mineralfutter
Mineralfutter
50 g
50.- 54. Grassilage, 2.Schnitt
5 kg T Maissilage
Melasseschn./Weizen 1,3 kg Grassilage, 2. Schnitt
oder MLF (14/3)
Mineralfutter
Mineralfutter
50 g
55. - 71. Grassilage, 2.Schnitt 7,5 kg T Maissilage
Melasseschn./Weizen 0,5 kg Grassilage, 2. Schnitt
oder MLF (14/3)
Mineralfutter
Mineralfutter
50 g
8
Menge
0,9 kg T
0,9 kg T
1,5 kg
1,6 kg T
1,6 kg T
1,3 kg
50 g
3,3 kg T
1 kg
50 g
5,2 kg T
1 kg
50 g
3,1 kg T
3,1 kg T
50 g
4 kg T
4 kg T
50 g
Variante III 5)
Menge
Maissilage
Grassilage, 2. Schnitt
Kälber-Kraftfutter
1,2 kg T
0,6 kg T
105 kg T
Maissilage
Grassilage, 2. Schnitt
Ausgleich-KF (35/2)
2,2 kg T
1 kg T
0,6 kg
Maissilage
Grassilage, 2. Schnitt
Ausgleich-KF (35/2)
4 kg T
1,7 kg T
0,6 kg
Maissilage
Grassilage, 2. Schnitt
Ausgleich-KF (35/2)
4,5 kg T
3 kg T
0,5 kg
Leb.Futter- Variante I
masse (kg) woche
450 – 550 72.- 76. Grassilage, 2. Schnitt
Mineralfutter
Menge
Variante II
9,4 kg T Maissilage
50 g
Grassilage, 2. Schnitt
77.- 90. Weide, Frühjahr 1)
Mineralfutter
9,4 kg T Weide, Frühjahr 1)
50 g
Mineralfutter
4,7 kg T
4,7 kg T
50 g
9,4 kg T
50 g
91. –
104.
10,3 kg T Weide, Sommer 2), 3)
50 g
Mineralfutter
10,3 kg T
50 g
Mineralfutter
550 – 625
Summe 4)
1)
2)
3)
4)
5)
5
Menge
Weide, Sommer 2), 3)
Mineralfutter
Grassilage, 2.Schnitt, kg T
Maissilage, kg T
Weide, kg T
Kraftfutter, kg
Mineralfutter, kg
1 910
Variante III
Menge
Maissilage
Grassilage, 2. Schnitt
Ausgleich-KF (35/2)
Maissilage
Grassilage, 2. Schnitt
Ausgleich-KF (35/2)
Maissilage
Grassilage, 2. Schnitt
Ausgleich-KF (35/2)
6 kg T
3 kg T
0,5 kg
6 kg T
3,5 kg T
0,5 kg
6 kg T
3,5 kg T
0,5 kg
1 480
2 780
1 000
1 000
2 400
370
31
2 400
490
25
530
Übergangsfütterung von ca. zwei bis drei Wochen im Stall oder als Beifutter auf der Weide
Beifütterung, falls Menge und Qualität der Weide nicht ausreicht
Mindestens vier Wochen vor der Kalbung Beginn der Vorbereitungsfütterung
Ohne Futtereste
Auf eine Mineralfuttergabe kann verzichtet werden, wenn das Ausgleichs-Kraftfutter hinreichend mit Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen ausgestattet ist. Viehsalz anbieten.
Gesundheitsprohylaxe im Kälber- und Jungrinderbereich
Im Mittel liegen die Kälberverluste derzeit bei 15 bis 20 %. Diese setzen sich aus 5 bis 10 % Todgeburten und bis zu 10 % Verlusten während der Aufzucht zusammen. Angestrebt werden geringe Verluste von maximal 5 % Todgeburten und maximal 5 % Verendungen während der Aufzucht.
Von den Verendungen entfallen mindestens 50 % auf Kälberdurchfälle und mindestens 20 % auf
Atemwegserkrankungen.
Durch Vorbeugemaßnahmen sind die Ansteckungsgefahren zu vermindern und die Abwehrkräfte des Kalbes steigern.
Zu nennen wären:
• Bestmögliche Geburtshygiene
• Abkalbeboxen, die nicht zu Seuchenzentren verkommen dürfen
• Unterbringung des neugeborenen Kalbes getrennt von der Mutter
• Erstkolostrum innerhalb der ersten drei Stunden von 1,5 bis 2 Liter und nach weiteren drei
Stunden nochmals 1,5 bis 2 Liter
• Muttertierschutzimpfung mit einem Kombinationsimpfstoff drei bis zwölf Wochen vor dem
Abkalben als Einmalimpfung. Der Vorteil besteht darin, dass eine höhere und längere Antikörperausscheidung über die Milch erfolgt.
Durchfallerkrankungen älterer Kälber und Jungrinder können erregerbedingt oder auch fütterungsbedingt sein. Eine Verhinderung erregerbedingter Durchfälle ist durch ein straffes Hygienemanagement möglich. Gegen Salmonellose kann eine vorbeugende Impfung der Kälber oder
der Muttertiere durchgeführt werden.
Bezüglich der Bovinen Virus Diarrhoe – Mucosal Disease (BVD/MD) gibt es noch kein einheitliches Bekämpfungs- und Prophylaxeprogramm. In Deutschland besteht zwar eine Meldepflicht,
eine einheitliche staatliche Bekämpfung findet nicht statt. Je flächendeckender in den Rinderbeständen geimpft wird, umso größer ist der Anteil von Kälbern mit kolostral erworbener Immunität.
Um bei Weidenutzung zu verhindern, dass sich Kälber und Jungrinder mit Magen-DarmWürmern infizieren kommt der durchdachten Prophylaxe und guten Weidehygiene besondere
Bedeutung zu. Grundsätzlich sollten Kälber getrennt von älteren Rindern gehalten werden.
9
Mit der Verordnung zur Änderung der BHV 1-Verordnung sind IBR Erkrankungen anzeigepflichtig. Es besteht Bekämpfungspflicht. In der 2001 erlassenen BHV 1-Verordnung sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen festgelegt.
6
Haltung
Die Haltung von Jungrindern ist in der Verordnung zum Schutz von Kälbern bei Stallhaltung
(Kälberhaltungsverordnung) geregelt. Danach werden Jungrinder über einem Alter von acht Wochen nur in Gruppen gehalten, bei einem Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1:1.
Die Gruppenhaltung wirkt sich positiv auf die Lebendgewichtsentwicklung, auf die Gesundheit
und die Gliedmaßenqualität der Tiere gegenüber Einzel- oder Anbindehaltung aus.
Für die Gruppen- oder Laufstallhaltung gibt es verschiedene Systeme, wie den Tieflaufstall, Tretmiststall, Vollspaltenboden oder Teilspaltenboden. Die einzelnen Varianten unterscheiden sich
vor allem in den baulichen Ausführungen, den arbeitswirtschaftlichen Anforderungen sowie dem
Strohbedarf.
Bei Laufstallhaltung sollten Fangfressgitter oder andere Arretierungsmöglichkeiten für die Jungrinder vorhanden sein, um erforderliche Einzeltierbehandlungen bzw. die Besamung ohne größere Schwierigkeiten vornehmen zu können. Die Anbindehaltung sollte in Krankenabteilen bzw. ställen auch nur ausnahmsweise angewendet werden.
Die entsprechenden Platzanforderungen für die Tiere, der erforderliche Strohbedarf sowie der
Anfall an Mist, Jauche und Gülle sind in den folgenden Tabellen 8 bis 11 für konventionell oder
ökologisch wirtschaftende Betriebe dargestellt.
2
Tabelle 8: Mindestflächenbedarf (m /Tier) für Jungrinder in Laufstallhaltung (konventionelle Bewirtschaftung)
Alter (Monate)
4–7
8 – 15
16 – 27
1) Quelle:
2)
Gewicht (kg)
Tieflauf- bzw. Tretmiststall
Flachlaufstall/2-Flächenlaufstall
bis 300
bis 420
bis 520
2,5
3,5
4,5
2,0
2,5
3,5
1)
Vollspaltenboden
2)
2,00
2,35
2,50
KTBL-Arbeitsblatt / Bauwesen und Tierhaltung Nr. 1095 (1994)
ab 10 Monaten auf Vollspaltenboden möglich, aber nicht tiergerecht
2
Tabelle 9: Mindeststall- und -freiflächenbedarf (m /Tier ) für Jungrinder in Laufstallhaltung (ökologische Bewirtschaftung)
Stallfläche
(Tieren zur Verfügung stehende Nettofläche)
Tierart
Zucht- und Mastrinder
Lebendgewicht (kg)
bis 100
bis 200
bis 350
über 350
Zuchtbullen
1)
2)
3)
2
Mindestfläche (m /Tier )
1,5
2,5
4,0
2)
5,0
10
Quelle: EU-VO Ökologische Tierhaltung Nr. 1804/1999
2
mind. 1m /100 kg LG
2
mind. 0,75 m /100 kg LG
10
Außenfläche
(Freigelände- außer Weidefläche)
2
Mindestfläche (m /Tier )
1,1
1,9
3,0
3)
3,7
30
1)
Tabelle 10: Richtwerte für die Einstreumengen, den Festmist- und Jaucheanfall
1)
Tierart Jungrinder /
Aufstallung
Einstreumenge
kg/(GV/Tag)
Festmistmenge
3
m /(GV Monat)
Jauchemenge
3
m (GV/Monat)
Anbindestall
Liegeboxenlaufstall
Tretmiststall
Tiefstreustall
Einraum
Zweiraum
6 bis 8
5 bis 7
4 bis 6
0,9 bis 1,6
0,9 bis 1,3
1,2 bis 2,0
0,3 bis 0,6
0,3 bis 0,6
0 bis 0,2
8 bis 15
6 bis 10
2,0 bis 2,4
1,0 bis 1,3
3)
0,6 bis 0,7
1)
2)
3)
2)
Quelle: VDI-Richtlinien Handbuch Reinhaltung der Luft, Band 3, März 2001, S. 12
Harn vollständig in der Einstreu gebunden
als Flüssigmist
Tabelle 11: Richtwerte für den Flüssigmist- und Kotanfall
1)
Tierart Rinder
Flüssigmist/Kot
3
m /(GV Monat)
Kühe und Rinder über 2 Jahre
Rinder 1 bis 2 Jahre Mast
Weibliches Jungvieh 1 – 2 Jahre
Jungvieh- und Kälberaufzucht unter 1 Jahr
Mastkälber
1,3 bis 1,7
1,4
1,3
1,2
0,9
2)
1)
Quelle: VDI-Richtlinien, Handbuch Reinhaltung der Luft, Band 3. März 2001, S. 14
Einstreumenge bei eingestreuter Liegefläche: Anbindestall 1 kg bis 3 kg /(GV Tag), Liegeboxenstall 0,5 kg bis 2 kg/(GV/Tag)
2)
In Betrieben mit Grünland sollte die kombinierte Stall-Weide-Haltung mit Weidegang während
der Vegetationsperiode durchgeführt werden. In der Tabelle 12 sind Untersuchungswerte des
Wachstumsverlaufes von auf der Weide zu besamenden Jungrindern eines Praxisbetriebes in den
Perioden Stallaufzucht bis Weideaustrieb, Weideperiode auf extensivem Grünland und Stall nach
der Weide aufgezeigt.
Bei einer Aufzuchtintensität der Jungrinder bis zu 13,7 Monaten mit durchschnittlich 752 g/d
entspricht das einem EKA von etwa 27 Monaten. Durch die Beweidung von ertragsarmen extensiven Grünland kam es im Mittel nur zu 396 g/d Zunahmen, trotz Kraftfutterzufütterung nach
dem ersten Aufwuchs. Unterstellt man 0,5 kg/Tag Lebendgewichtszuwachs auf der Weide, so
wurden in 154 Weidetagen 16 kg/Tier weniger Lebendmasse erreicht. Damit erhöht sich bei einer
gewichtsabhängigen Besamung (400 kg) das Alter um 40 Tage, woraus ein EKA von ca. 29 Monaten resultiert. Im Stall nach der Weideperiode kam es zu sehr hohen kompensatorischen Zunahmen, die hier den Lebendmasseverlust ausgleichen, aber keinen Einfluss auf ein niedrigeres
EKA mehr hatten. Bei besamten/tragenden Jungrindern sind diese Einflüsse nicht so gravierend,
so dass sie besser für die Beweidung eignen.
Tabelle 12: Wachstumsverlauf von zu besamenden Jungrindern im Stall, auf der Pensionsweide und nach Weideabtrieb im Stall
Anzahl
Alter
Wiegezeiträume
Monate von
bis
Ort
102
13,7
Geburt 20.04.99
Im Stall vor der Weide
102
14,4
21.04.
102
Weidevorbereitung
1)
2)
12.05.
21.09.99
Pensionsweide
102
21.04.
21.09.99
Weide Durchschnitt
102
22.09.
19.10.99
102
18,7
11.05.99
Tage
21,2
102
102
21,2
Zuwachs
kg
g/d
416
40
352
313
752
21
352
347
-5
-238
133
347
413
66
496
154
352
413
61
396
Stall nach der Weide
3)
28
413
447
34
1214
1)
49
447
488
41
837
77
413
488
75
974
644
0
488
448
695
20.10.
07.12.99
Stall nach der Weide
22.09.
07.12.99
Geburt
07.12.99
Stall nach Weide Durchschnitt
Gesamt
1)
Weidevorbereitung:
3)
Lebendmasse (kg)
Beginn
Ende
2)
Silage, 1 kg Kraftfutter, Weide Kraftfutterzufütterung: 1 kg vom 11.06. bis 10.08.; danach 2 kg bis 21.09.
Futtereinsatz: 10 kg Maissilage, 5 kg GPS, 0,8 kg Kraftfutter 18/3, 0,7 kg Rapskuchen, 0,5 kg Erbsenstroh
11
Das Weidemanagement ist so zugestalten, dass Verluste an Lebendgewicht so niedrig als möglich gehalten werden. Die Jungrinder sind deshalb vor Weideaustrieb rechtzeitig an die Weide
und die damit verbundene Futterumstellung in Vorbereitungskoppeln zu gewöhnen, der Weidebesatz ist der geringeren Ertragslage des extensiven Grünlandes anzupassen, d. h. es ist großzügig ausreichend Weidefläche anzubieten mit niedrigem Beweidungsdruck. Bei Nachlassen des
Grünmassezuwachses nach dem zweiten Umtrieb (Juli/August) sollte bei Bedarf rechtzeitig zugefüttert werden (Silage, Heu oder Kraftfutter). Der Weideabtrieb im Herbst ist in Abhängigkeit
vom Futterangebot nicht unnötig hinauszuzögern und deshalb rechtzeitig vorzunehmen.
Trotzdem sollte diese Haltungsform bevorzugt werden, denn die zeitweise auf der Weide gehaltenen Jungrinder weisen einen besseren Gesundheitsstatus, insbesondere bei den Gliedmaßen
auf. Der Einfluss des Sonnenlichtes und das vitaminreiche Grünfutter haben eine außerordentlich positive Wirkung auf die Fruchtbarkeit der weidenden Jungrinder, die bis in den folgenden
Januar anhält. Außerdem werden bei den geweideten Jungrindern günstigere Abkalbe- und Aufzuchtergebnisse beobachtet.
Bei größeren Jungrinderbeständen ist es zweckmäßig, diese in drei Weidegruppen zu unterteilen,
so dass sie in Herden
Ÿ noch nicht besamungsfähige,
Ÿ besamungsfähige und besamte sowie
Ÿ nachweislich tragende Tiere
gehalten werden.
7
Wirtschaftliche Betrachtungen
7.1 Allgemeines
Wirtschaftliche Zwänge gebieten es, die Produktionskosten der Färsenaufzucht so gering wie
möglich zu gestalten und damit betriebliche Voraussetzungen und Kapazitäten bestmöglich zu
verwerten. Ein alte, aber angesichts der sich stark wandelnden betrieblichen Rahmenbedingungen immer wieder neu gestellte Frage, bezieht sich auf das optimale Erstkalbealter. In der Literatur und Praxis liegen hierfür Angaben vor, die bereits Erstkalbealter von unter 24 Monaten realisieren, zum anderen gibt es aber auch noch Betriebe, bei denen Färsen zum Zeitpunkt ihres Abkalbens ein ganzes Jahr älter sind. Ursache dieser sehr unterschiedlichen Erstkalbealter ist maßgeblich die Intensität der Fütterung und die damit erreichten Lebendmassezunahmen pro Tag.
Im Folgenden geht es darum, die wirtschaftlichen Effekte von extensiv bis intensiv aufgezogenen
Färsen unter bestimmten zugrundegelegten Annahmen aufzuzeigen und zu diskutieren. Unterschiedliche Erstkalbealter mit 24, 26, 28, 30 und 32 Monaten waren die Basis dafür. Bei den EKA
von 24 bis 26 Monaten erfolgt die Unterstellung einer intensiven Aufzucht auf Ackerbaustandorten, während bei den EKA von 28 bis 32 Monaten von einer extensiven Stall-Weide-Haltung ausgegangen wird.
7.2 Leistungs-Kosten-Rechnung für verschiedene Intensitätsniveaus
Die Kalkulationen (Tab. 13) gehen davon aus, dass mit einem aufgestallten Kalb (DH) mit einem
Gewicht von ca. 45 kg eine trächtige Färse mit einem Gewicht von 530 kg im siebenten Trächtigkeitsmonat erzeugt wird. Dies entspricht mit Schwankungen in etwa der Marktreife, also dem
Zeitpunkt der Vermarktung der Färsen. Zum anderen ist dies auch der Zeitpunkt, bei dem i.d.R.
eine Färse in den Milchviehbestand überführt wird, um mit einer einsetzenden Vorbereitungsfütterung die gewünschte Leistungsfähigkeit nach dem Abkalben herzustellen.
Die zu betrachtende Variationsgröße ist nunmehr das Erstkalbealter, welches von 24 und 26
Monaten (intensive Aufzucht) und 28 bis 32 Monaten (extensive Aufzucht in Zweimonatsschritten kalkuliert wird. Aus dieser Betrachtung ergibt sich während Aufzucht eine durchschnittliche tägliche Zunahmeleistung von ca. 500 g bis 700 g pro Tag.
12
Die weiteren Annahmen zu den Leistungen und Kosten sind im Wesentlichen aus üblichen
Normwertkatalogen (z.B. KTBL) entlehnt, wobei Angaben aus Thüringer Betrieben (Referenzunternehmen) berücksichtigt worden sind.
In Abhängigkeit vom Erstkalbealter errechnen sich monetäre Leistungen in Höhe von 1 072 Euro
(EKA 24 Monate) bis 1 106 Euro (EKA 32 Monate) pro Produktionseinheit. Die Ursache der Differenzierung liegt ausschließlich an den mit zunehmenden Erstkalbealter höheren Nährstoffausscheidungen.
Im Bereich der variablen Direktkosten sind in den Einzelangaben geringfügige Differenzierungen
angegeben. Während die Kosten für Konzentratfuttermittel um bis zu 30 Euro zurückgehen, steigen vor allem die variablen Maschinenkosten. Schließlich ist zu ergänzen, dass sich mit zunehmenden Erstkalbealter und damit längerer Kapitalbindung der Zinsansatz von Tier- und Umlaufvermögen von 39 auf 58 Euro erhöht.
In der Summe liegen die Direktkosten ohne Grundfutterkosten wenig differenziert auf einem
Niveau von ca. 575 bis 612 Euro pro Produktionseinheit. Nach Maßgabe von unterstellten
Grundfuttereinsatzmengen und deren Bewertung entstehen Grundfuttervollkosten in Höhe von
gut 324 Euro (bei EKA 24 Monate) bis ca. 388 Euro (bei EKA 32 Monate). Ursache für die Differenzierung, die nicht stetig ansteigt, sind maßgeblich die relativ günstigen (Voll-)Kosten für
Maissilage bei den intensiver aufgezogenen Tieren. Für die 28-Monats-Färse wirkt das günstige
Weidefutter kostenentlastend.
Die Differenzierung der festen Kosten (Arbeitskosten, Abschreibungen, Zinsansätze, Gemeinkosten) gilt strenggenommen nur dann, wenn die Kapazitäten (z.B. Gebäude oder Arbeitskräfte) bei Neuaufnahme der Färsenaufzucht bereitgestellt werden müssen. In dieser Entscheidungssituation dürften sich allerdings nur selten Betriebe befinden. Für einen laufenden Betrieb
ist im Einzelnen zu überprüfen, welche dieser Kostenpositionen sich z.B. bei der Verkürzung
des Erstkalbealters einsparen lässt.
Ausgehend von den getroffenen Unterstellungen errechnen sich Gesamtkosten einschließlich
Zinsansätze in Höhe von 1 391 bei EKA 24 Monate bis 1 627 Euro bei EKA 32 Monate. Dabei
sind Zinsansätze in Höhe von 83 bis 120 Euro integriert. Es verbleibt damit ein Kostenüberhang
von 300 bis 500 Euro pro Produktionseinheit. Unter Vollkostenbetrachtungen ist eine 24 Monatsfärse wirtschaftlich noch am vorzüglichsten; eine Verlängerung der Aufzucht im Stall auf 26
Monate verschlechtert das Ergebnis um ca. 100 Euro. Die auch auf der Weide aufgezogene Färse (28 Monate), bei der gegebenenfalls die durchschnittlichen Zunahmen durch Zufütterung
von Konservaten realisiert werden, ist wirtschaftlich der 24-Monats-Färse nur geringfügig unterlegen. Steigende Erstkalbealter über 28 Monate hinaus führen zu steigenden Fehlbeträgen. Allerdings bleibt auch zu beachten, dass für alle Abkalbealter ein wenn auch bescheidenes Betriebseinkommen entsteht.
Grundsätzlich ist ein geringeres Erstkalbealter wirtschaftlicher, als spätere Abkalbungen. Dies
gilt uneingeschänkt für Färsenaufzucht auf Ackerstandorten mit Futterbau, der hohe Nutzungskosten verursacht. Für Grünlandstandorte ist die Verkürzung der Erstkalbealter durch höherwertiges energiereiches Grünlandfutter ebenfalls zielführend. Wenn in Grünlandbetrieben dies allerdings durch zusätzlichen Maiseinsatz realisiert wird und dabei Grünlandpotenzial ungenutzt
bleibt, dürfte kurz- und mittelfristig keine Kosteneinsparung zu realisieren sein.
Fest steht aber auch, dass unter Vollkostengesichtspunkten in keinem Verfahren eine Kostendeckung durch entsprechende Leistungen zu erreichen ist. Die Färsenaufzucht dürfte auch langfristig nur als „Koppelproduktionsverfahren“ der Milchviehhaltung seine Berechtigung behalten, da in diesem Zusammenhang zusätzliche Überlegungen (z.B. gesicherter Zugang an eigenen Reproduktionstieren) und andere einzelbetriebliche Bedingungen die Aufrechterhaltung
13
des Verfahrens begründen. Viele Unternehmen haben bauliche Kapazitäten, die i.d.R. keine
Nutzungskosten verursachen und damit wirtschaftlich sinnvoll verwertet werden können.
Unterstützt wird dies in den benachteiligten Gebieten, in denen eine Ausgleichszulage gezahlt
wird. Rein ökonomisch gesehen trägt die Ausgleichszulage je nach Standort und EKA zu einer
Kostenentlastung bis 97 Euro je Färse bei.
Tabelle 13: Leistungs-Kosten-Rechnung der Färsenaufzucht verschiedener Erstkalbealter (pro Tier in Euro)
Erstkalbealter in Monaten (EKA)
24
26
28
30
32
Leistungen:
Standort
AL
AL
GL
GL
GL
998
997
997
997
997
Markterlös Schlachtfärsen (5%)
17
17
17
17
17
Dungwert
53
62
71
79
88
Schlachtprämie (Agenda 2000)
4
4
4
4
4
1 072
1 080
1 089
1 097
1 106
Bestandesergänzung
160
160
160
160
160
Kälberaufzucht-, Kraft- u. Mineralfutter
119
115
100
88
88
Tierarzt, Medikamente
55
55
55
55
55
Besamung, Bedeckung
32
32
32
32
32
Wasser, Energie
34
37
41
44
48
Zuchtverband, Tierseuchenkasse
12
12
13
13
14
variable Maschinenkosten
62
71
77
85
92
variable Gebäudekosten
5
5
6
6
7
Streustroh
34
38
25
30
35
sonstige Direktkosten
5
5
5
5
5
Verlustausgleich
18
18
18
18
18
Zinsansatz Tier- und Umlaufvermögen
39
46
43
50
58
Summe Direktkosten
575
594
575
586
612
Deckungsbeitrag 1
497
487
514
511
494
Herstellungskosten Grundfutter
324
395
277
336
388
Arbeitskosten
282
304
326
347
369
Abschreibungen
81
89
96
104
112
Verzinsung Anlagen
44
48
53
58
62
Leitung/Verwaltung, Gemeinkosten
84
84
84
85
85
Summe Grundfutter- und Festkosten
815
920
836
930
1016
Summe Gesamtkosten
1 391
1 514
1 411
1 516
1 627
Gesamtkosten ohne Zinsansätze
1 308
1 420
1 315
1 409
1 508
Saldo Leistungen und Kosten
-318
-434
-322
-418
-521
Verfügbares Betriebseinkommen
89
10
148
88
22
Wertansatz Nutzfärsen (95% von 1050 )
Summe Leistungen
Kosten:
14