Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung

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Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Grundstücksmärkte und
Immobilienbewertung
SS 2009
Leiter und Autor:
A.Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Fachbereich Stadt- und Regionalforschung
Technische Universität Wien
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A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
INHALTE
1. Der Immobilienmarkt
Das Gut Immobilie
Generelle Eigenschaften von Immobilien
Eigenschaften von unbebauten Immobilien
(Grundstücken)
Eigenschaften von bebauten Immobilien
Anbieter und Nachfrager auf dem Immobilienmarkt
Besonderheiten des Immobilienmarktes
2. Immobilienbewertung
Wertbegriffe
Methoden der Immobilienbewertung
Praxis der Immobilienbewertung
Das Zinshaus
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GRUNDSTÜCKSMÄRKTE UND
IMMOBILIENBEWERTUNG
1. Der Immobilienmarkt
1.1. Das Gut Immobilie (Liegenschaft)
Grundsätzlich ist zwischen bebauten und unbebauten Liegenschaften
(Immobilien) zu unterscheiden.
Bei bebauten Liegenschaften wird üblicherweise zwischen Wohngebäuden,
Büro- und Geschäftsgebäuden, zwischen Gewerbe- und Industriegebäuden
sowie land- oder forstwirtschaftlich genutzten Gebäuden unterschieden.
1.2 Generelle Eigenschaften von Immobilien
(1)
Heterogenität (hoher Komplexitätsgrad)
Unter heterogenen Gütern sind solche zu verstehen, die in ihren
Eigenschaften nicht gleichartig sind, aber dennoch miteinander
konkurrieren, da sie in gewissem Grade substituierbar sind. Diese Aussage
gilt zum Beispiel für unterschiedliche Automarken, die Differenzierungen
hinsichtlich ihrer Qualität aufweisen, ebenso wie beispielsweise für die
Wechselbeziehungen zwischen Auto- und Motorradmärkten, auf denen
dasselbe Bedürfnis (räumliche Fortbewegung) auf verschiedene Art
befriedigt werden kann. Auch das auf Fremdenverkehrsmärkten produzierte
und konsumierte Gut „Urlaubsofferte“ ist ein in hohem Maße heterogenes
Gut
Der Komplexitätsgrad einer Immobilie ist höher als der anderer
Konsumgüter. Der vom Konsum ableitbare Nutzen einer Immobilie hängt
von einer Vielzahl von Faktoren ab, so z. B. von der Größe, der
Beschaffenheit und der Lage der Immobilie.
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Aus der Sicht der Nachfrage kommen zur Gesamtbeurteilung Faktoren wie
Nähe zum Arbeitsplatz und Sozialprestige der Gegend hinzu. Die
Gesamtheit der hier angesprochenen objektiven wie subjektiven Kategorien
zur Beurteilung des einzelnen Gutes macht deutlich, dass eine Identität
zwischen zwei angebotenen Immobilien nicht zu erreichen sein wird, im
strengen Sinne also jede Immobilie als gesondertes Gut betrachtet werden
muss. Aus der Heterogenität ergibt sich die Notwendigkeit einer sektoralen
Strukturierung der Immobilienmärkte.
(2) Standortgebundenheit (Immobilität)
Die Immobilie ist bodengebunden. Schon in der Bezeichnung „Immobilie“
ist ihre Immobilität enthalten. Die Standortgebundenheit der Immobilie
bedingt, dass der Nutzen, der von dem Gut ausgeht, u. a. von externen
Faktoren determiniert wird. Solche externen Faktoren sind:
• die Entfernung zu Arbeitsstandorten, Einkaufsmöglichkeiten oder
anderen infrastrukturellen Einrichtungen.
• die Qualität des Umfeldes, die wiederum durch das Sozialklima
zwischen den Nachbarn, die Bebauungsdichte, Immissionsbelastungen u. ä. geprägt wird.
Diese Faktoren können nur zum Teil durch die Standortentscheidung des
Investors beeinflusst werden, denn einige dieser Faktoren hängen allein von
Entscheidungen der Kommunen ab - hier ist vor allem die Infrastruktur
angesprochen - oder von Entscheidungen der Investoren umliegender
Bausubstanz im gewerb1ichen Bereich oder im Wohnungsbereich, wodurch
die Qualität des Umfeldes weitgehend determiniert wird.
Im Speziellen können folgende Lageeigenschaften unterschieden werden:
Entscheidend ist, welche wirtschaftliche Bedeutung die Region einnimmt, in
der die Immobilie liegt.
Immobilien, die in Städten und in infrastrukturell voll aufgeschlossenen
Regionen situiert sind, erzielen höhere Preise als Liegenschaften in
ländlichen und weniger erschlossenen Gebieten.
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Äußere Verkehrslage
Die Lage zum Verkehrsnetz, zu Orten mit Arbeits- und
Einkaufsmöglichkeiten sowie weiterführenden Schulen spielt eine besondere
Rolle. Positiv auf den Preis wirken sich Lagen mit geringer Entfernung zu
einer Bundesstraße, einer Autobahnauffahrt, einem Bahnhof und
öffentlichen Verkehrsmitteln, die möglichst regelmäßig und in dichter Folge
verkehren, aus.
Innere Verkehrslage
Ein Grundstück ist dann als voll aufgeschlossen zu bezeichnen, wenn es an
einer befestigten und auch mit schweren Fahrzeugen zu jeder Jahreszeit
befahrbaren Straße liegt. Wenn es an einer Sackgasse gelegen ist, so muss
zumindest ein ausreichender Umkehrplatz vorhanden sein.
Weitere Wert bestimmende Merkmale bilden die Entfernung zur Ortsmitte,
die Lage zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels und zu
den örtlichen Einkaufszentren zur Deckung des täglichen Bedarfs sowie die
Fußwegentfernung zu Grundschulen und die Fahrentfernung zu höheren
Schulen.
Bei gewerblichen Liegenschaften spielen die Anschlussmöglichkeiten an
Straße und Schiene, die Lage zu Material- und Rohstoffversorgungsgebieten, zum Arbeitsmarkt und zu den Absatzgebieten eine wesentliche
Rolle.
Wohnlage
Als günstig anzusehen sind verkehrsarme, aber leicht erreichbare Gebiete,
landschaftlich reizvolle Lagen, exklusive Wohnlagen in Städten, geringer
Ausländeranteil; Nähe zu Erholungsgebieten und Seen, Lagen mit Fernblick
und dgl.. Wert mindernd zu beurteilen sind die Nähe zu Industriegebieten
(Immissionsbeeinträchtigungen), sanierungsbedürftigen Baugebieten usw.
Geschäftslage
Für den Liegenschaftswert ist der mögliche Ertrag aus der Bewirtschaftung
des Grundstücks maßgeblich. Zwischen dem Zentrum eines Orts
(Einkaufsstraße, Fußgängerzone) und den nahe gelegenen Zonen
(Nebenstraßen) ist ein deutliches Wertgefälle festzustellen. Ecklagen wirken
sich fast immer Wert erhöhend aus. In Fremdenverkehrsgebieten ist
entscheidend, ob eine ein- oder zweisaisonale Nutzung möglich ist.
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Klimalage
Sonnenbestrahlte und windgeschützte Grundstücke werden für Wohnbauten,
Gastgewerbebetriebe und Freizeiteinrichtungen bevorzugt. Nordhanglagen,
Nebelgebiete und stark exponierte Lagen (Wind) beeinflussen den Wert
ungünstig.
Lage an Seen
Stark Wert erhöhend ist die Lage unmittelbar am Ufer eines Sees.
Grundstücke, die in der Seeuferschutzzone (meist 500 m Breite, gemessen
vom Seeufer) liegen, dürfen nicht verbaut werden. Für die Verbauung von
Seeufern muss die Naturschutzbewilligung der Naturschutzbehörde
(Bezirkshauptmannschaft) eingeholt werden, die aber nur mehr selten erteilt
wird.
Lage in Gefahrenzonen
Als Gefahrenzonen werden Gebiete bezeichnet, die durch Hochwasser,
Wildwasser, Lawinen, Vermurungen, Steinschlag und dgl. gefährdet sind.
In jeder Gemeinde liegt ein Gefahrenzonenplan auf. Die roten Zonen dürfen
nicht bebaut werden. In den gelben Zonen sind eventuelle Wert mindernde
Beeinträchtigungen bei der Bewertung zu berücksichtigen. Insbesondere
wirken sich bauliche Anordnungen zum Schutz vor der Gefahr Kosten
erhöhend aus.
(3) Verkauf und Vermietung
Die Immobilie ist ein Hartgut, das gekauft oder gemietet werden kann.
Daraus ergibt sich die Aufsplittung in einen Markt für Eigentum und einen
für Mieten bzw. Pacht.
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1.3 Eigenschaften von unbebauten Immobilien
(Grundstücken)
(1)
Nicht-Vermehrbarkeit
Wenn man von einigen Sonderfällen (Landgewinnung durch Aufschüttung
bzw. Abdeichung in den Niederlanden oder in den Arabischen Emiraten)
absieht, ist Land nicht physisch vermehrbar. Sehr wohl ist aber die
Herstellung (Produktion) von bebaubarem Land mit den Instrumenten der
Raumplanung eine wesentliche hoheitliche (in Österreich: gemeindliche)
Aufgabe.
Im Flächenwidmungsplan sind die Widmungsarten nach den Grundsätzen
des Raumordnungsgesetzes und des Gemeinwohls erfasst und dargestellt.
Grundsätzlich sind drei Widmungskategorien von besonderer Bedeutung:
• Bauland
• Grünland
• Verkehrsflächen und sonstige Widmungen
Bauland
Feststellung des Entwicklungszustands
Der Ermittlung dieses Werts kommt besondere Bedeutung zu, da das
Bauland jene Kategorie ist, mit der die höchsten Werte erzielt werden. Ob
ein Grundstück Baulandqualität besitzt, hängt von seiner Nutzbarkeit, Lage
und Beschaffenheit ab.
Zum Bewertungsstichtag muss festgestellt werden, auf
Entwicklungsstufe sich das zu bewertende Grundstück befindet.
welcher
Man unterscheidet im Allgemeinen drei Entwicklungsstufen:
• Die Entwicklung des Grünlands zum Bauerwartungsland.
• Die Entwicklung des Bauerwartungslandes zum Bauaufschließungsgebiet.
• Die Entwicklung des Bauaufschließungsgebiets zum baureifen Land.
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Bauerwartungsland
Dieses befindet sich immer im Grünland. Es steht nicht fest, was und wann
gebaut werden kann. Die Bebauung wird unter Berücksichtigung einer
geordneten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets in absehbarer
Zeit erwartet oder erhofft (z.B. wenn ein Grundstück innerhalb des
verbauten Gebiets liegt, und keine Umstände gegen eine Bebauung
sprechen, so kann mit einer Umwidmung gerechnet werden).
Die Höhe des Werts für Bauerwartungsland hängt davon ab, wie groß die
Chancen für eine Bebauung beurteilt werden.
Im Allgemeinen werden aufgrund der Zinsverluste ca. 25 bis 50 % der
Preise für baureifes Land gezahlt.
Sollte die Hoffnung auf eine Umwidmung nur sehr vage sein, so ist der
übliche Grünlandpreis für diese Zone anzusetzen.
Bauaufschließungsgebiet
Das Bauaufschließungsgebiet - oder Bauerweiterungsgebiet - ist bereits als
Bauland gewidmet, die volle Aufschließung ist jedoch noch nicht
durchgeführt.
In der Regel ist das Bauaufschließungsgebiet nicht in die einzelnen
Grundstücke geteilt. Bei der später erfolgenden Teilung sind unter
Umstanden größere Liegenschaftsteile (bis zu 25 %) für die Erschließungsanlagen an das öffentliche Gut abzutreten.
Für die Bewertung sind die Aufschließungskosten vom ortsüblichen Preis
abzuziehen, jedoch unter Berücksichtigung des Zinsverlustes, der bis zur
Baureifwerdung zu einem späteren Zeitpunkt eintritt.
Es werden im Allgemeinen ca. 50 bis 75 % der Preise für baureifes Land
gezahlt.
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Baureifes Land
Als baureifes Land können jene Flächen angesehen werden, die bereits voll
aufgeschlossen sind.
Voll aufgeschlossen ist ein Grundstück mit folgenden Voraussetzungen:
• Zufahrt auf befestigter Straße ist möglich.
• Eventuell vorgeschriebener Gehsteig ist fertig gestellt.
• Wasser-, Strom-, eventuell Gas- und Fernheizungsversorgung sind
gesichert.
• Abwasserbeseitigung (Kanalanschluss) ist vorhanden.
• Anliegerbeitrag ist zur Ganze entrichtet.
Bei Bedarf sind Kommunikationsleitungen wie Telefon, Kabelfernsehen
usw. vorhanden. Das baureife Land liegt bei Gemeinden mit einem
Flächenwidmungsplan in jenen Zonen, die als Bauland ausgewiesen sind. In
Gemeinden ohne Flächenwidmungsplan ist dieses innerhalb des zusammenhängend verbauten Ortsgebiets situiert. Im Allgemeinen ist das baureife
Land bereits in die einzelnen Baugrundstücke geteilt. Eine Teilung lässt
allerdings nicht zwingend auf baureifes Land schließen, da auch
Bauaufschließungsgebiete unterteilt sein können.
Bei der Wertermittlung von noch unverbauten Baugrundstücken ist auf
folgende Möglichkeiten zu achten:
• Eine Baulandqualifikation ist nachgewiesen bei Vorliegen einer
Bauplatzbewilligung (z.B. in Oberösterreich Voraussetzung für eine
Baubewilligung)
• Baubewilligung oder
• Erklärung als Baugebiet im Flächenwidmungsplan.
Die zuvor genannten Bewilligungen werden auf eine bestimmte Zeit
befristet und sind vor Ablauf dieser Frist aufgrund neu entstandener
öffentlicher Interessen widerrufbar, sofern noch nicht mit einem Bau
begonnen wurde bzw. in einigen Bundesländern der Bau noch nicht
vollendet ist.
Die Gültigkeit der Flächenwidmungspläne erstreckt sich zwar über einen
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gewissen Zeitraum, trotzdem sind Umwidmungen mit Widerruf der Bauund Bauplatzgenehmigung möglich, wenn mit dem Bau noch nicht
begonnen wurde.
Wie Erfahrungen zeigen, ist ein Widerruf oder die Verweigerung einer
neuerlichen Baugenehmigung bei unverbauten Baugrundstücken, die abseits
des eigentlichen Baugebiets liegen, durchaus möglich. Der Liegenschaftseigentümer kann nur für zwischenzeitlich tatsächlich getätigte Ausgaben,
welche im Hinblick auf die erteilte Baubewilligung erfolgten,
Abgeltungsansprüche geltend machen. Eine Wertminderung oder ein
entgehender Gewinn im Verkaufsfalle sind davon ausgeschlossen.
Für den Gutachter ist es daher wichtig zu wissen, ob mit dem Beginn des
Bauvorhabens in nächster Zeit gerechnet werden kann, oder ob die
Liegenschaft trotz vorhandener Baubewilligung noch längere Zeit unverbaut
bleibt.
Neben dieser allgemeinen Eigenschaft der Nichtvermehrbarkeit gibt es noch
eine Reihe von individuellen Merkmalen.
(2)
Art der baulichen Nutzung(smöglichkeit)
Der Wert eines Grundstücks wird sehr stark von der baulichen
Nutzungsmöglichkeit beeinflusst.
Das Bauland wird aufgrund der Raumordnung z.B. in Oberösterreich in
folgende Widmungskategorien eingeteilt:
Wohngebiete
Wohngebiete sind nur für Wohngebäude mit Nebenanlagen (Garagen,
Gartenhauschen und dgl.) vorgesehen: andere Bauten und sonstige Anlagen
dürfen nur dann errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder
kulturellen Bedürfnissen dienen und keine Gefahren oder unzumutbare
Belästigungen für die Bewohner mit sich bringen. Unter diesen
Voraussetzungen dürfen auch Fremdenverkehrsgebäude und -anlagen
errichtet werden.
Reine Wohngebiete
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In diesen dürfen nur Wohnbauten mit Nebenanlagen und sonstige Bauten,
die der Deckung des Bedarfs der Bewohner dienen, errichtet werden.
Dorfgebiete
Für land- und forstwirtschaftliche Gebäude sowie Gärtnereibetriebe
vorgesehen. Darüber hinaus dürfen nur solche Gebäude und Anlagen
errichtet werden, die auch im Wohngebiet zulässig sind.
Kur- und Fremdenverkehrsgebiete
Für Kuranstalten und Beherbergungsbetriebe vorgesehen.
Kerngebiete
Für
öffentliche
Bauten,
Verwaltungsgebäude,
Gebäude
für
Dienstleistungsbetriebe sowie für Versammlungs- und Vergnügungsstatten
vorgesehen. Die Bewohner in einem solchen Gebiet dürfen allerdings keiner
erheblichen Belästigung durch die Errichtung eines solchen Gebäudes
ausgesetzt werden.
Gemischte Baugebiete
Für Gebäude, die in Wohngebieten oder in Kerngebieten errichtet werden
dürfen, sowie Betriebe, die die Umgebung nicht wesentlich stören.
Betriebsbaugebiete
In diesen dürfen Betriebe, dazugehörige Verwaltungs- und
Betriebswohngebäude sowie Lagerplätze errichtet werden, die die
Umgebung nicht erheblich stören und nicht gefährden.
Industriegebiete
Für Betriebe mit übermäßiger Beeinträchtigung der Umgebung
(ausgenommen hohe Explosions- und Strahlungsgefahr), Betriebe mit
besonderer räumlicher Ausdehnung und Betriebswohngebäude.
Geschäftsbautengebiete
In diesen können Großgeschäfte, Warenhäuser und Einkaufszentren errichtet
werden.
Zweitwohnungsgebiete
Für Appartementhäuser, Feriendörfer, Wochenendsiedlungen
Nebenanlagen sowie zweckentsprechende Betriebe (z.B. Hallenbäder).
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mit
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(3) Maß der baulichen Nutzung(s-möglichkeit)
Die Bebauungspläne enthalten im Allgemeinen Festlegungen über das
Maß der zulässigen baulichen Nutzung sowie über die Bauweise
(geschlossene, offene, gekuppelte oder Gruppenbauweise) für das einzelne
Grundstück.
Das Maß der baulichen Nutzung wird im Bebauungsplan durch folgende
Festlegungen bestimmt:
Grundflächenzahl (GRZ)
Die Grundflächenzahl zeigt die bebaubare Fläche im Verhältnis zur
gesamten Grundstücksgröße.
Beispiel:
Grundstücksgröße 1.000 m2
Bebaubare Fläche 500 m2
Verhältnis bebaubare Fläche zu Grundstucksgröße 500: 1.000
daher GRZ 0,5
Geschossflächenzahl (GFZ)
Die Geschossflächenzahl stellt das Verhältnis der Summe der
Bruttogrundrissflächen aller Geschosse zur Grundstücksfläche dar. Das
Kellergeschoss bleibt dabei allerdings unberücksichtigt.
Beispiel:
Grundstücksgröße 1000 m2
Grundflächenzahl 0,3 (d.h. es können 300 m2 verbaut werden)
zulässige Geschosszahl 3
Geschossfläche 300 m2 X 3 = 900 m2
Geschossflächenzahl = 0,9
Baumassenzahl (BMZ)
Die Baumassenzahl stellt das Verhältnis des über Niveau zu errichtenden
Bruttorauminhalts zur Fläche des Baugrundstücks dar.
Bauklasse
Die Bauklasse regelt die mögliche Gebäudehöhe (z.B. in Wien, NÖ).
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Für das Bundesland Wien sind in der Bauordnung festgelegt:
Bauklasse I mindestens 2,5 m, höchstens 9 m
Bauklasse II mindestens 4,5 m, höchstens 12 m
Bauklasse III mindestens 10,0 m, höchstens 16 m
Bauklasse IV mehr als l6,0 m, höchstens 21 m
Bauklasse V mehr als 21,0 m, höchstens 26 m
Bauklasse VI mehr als 26,0 m
Für die Beurteilung des Bodenwerts muss daher ein überschlägiges
Behauungsprojekt entworfen werden, um hieraus die Ausnutzbarkeit des
Bauplatzes zu erkennen. Der Einfluss des Maßes der baulichen Nutzung auf
den Bodenwert wird in ländlichen Gebieten, in denen kein Baulandmangel
herrscht, weniger stark ausgeprägt sein als in städtischen oder stadtnahen
Bereichen. in denen das Bauland knapp ist.
(4) Anliegerleistungen
Durch die Schaffung eines Bauplatzes erwachsen der Allgemeinheit
Verpflichtungen und Lasten, wie z.B. die Straßen- und Gehsteigherstellung,
Aufschließungskosten usw., die aber in erster Linie dem Bauwerber zugute
kommen. Alle Bauordnungen enthalten daher einen mehr oder weniger
umfangreichen Katalog von Anliegerleistungen, die anlässlich der Erteilung
der Bauplatzbewilligung bzw. Baubewilligung zu entrichten sind.
In Oberösterreich gibt es z.B. vier Arten von Anliegerleistungen:
Grundabtretung
Bis zur Mitte der vorgesehenen Aufschließungsstraße ist der dafür
erforderliche Grund his zu einer Höchstbreite von 8 m kostenlos an die
Gemeinde abzutreten.
Beitrag zu den Kosten des Grunderwerbs
Wurde von einer Gemeinde der Grund für eine Aufschließungsstraße bereits
gekauft, so muss der Bauplatzwerber einen Kostenersatz leisten, und zwar
für eine Straßenbreite, für die er sonst den Grund kostenlos hätte abtreten
müssen.
Beitrag zu den Kosten der Fahrbahn
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Dieser Beitrag ist für die Staubfreimachung der Aufschließungsstraße, wobei
für Einfamilienwohnhäuser in der Bauordnung eine Ermäßigung vorgesehen
ist.
Beitrag zu den Kosten des Gehsteigs
Wenn im Zuge der Aufschließungsstraße auch ein Gehsteig vorgesehen ist,
so wird ein Beitrag zu den Herstellungskosten des Gehsteigs vorgeschrieben.
Die Vorschreibung der Anliegerleistungen setzt einen rechtswirksamen
Bebauungsplan voraus und wird durch die Gemeinde vorgenommen.
Da die Anliegerleistungen nicht unbeträchtlich sein können, muss bei der
Ermittlung des Bodenwerts stets darauf geachtet werden, oh diese bereits
entrichtet sind.
(5)
Größe des Grundstücks
Die Größe eines Grundstücks muss der baulichen Nutzungsmöglichkeit
aufgrund des Bebauungsplans entsprechen. Zu kleine oder zu große Flächen
können zu einer Wertminderung führen.
Für Grundstücke, die für Ein- und Zweifamilienwohnhäuser in offener
Bauweise vorgesehen sind, betragt die wirtschaftliche Größe 600 bis 1.000
m2. In den Gemeinden werden je nach Struktur und Preisniveau
Mindestgrößen für Baugrundstücke festgelegt. Für die noch einigermaßen
zweckmäßige Nutzung eines Baugrundstücks müssen 400 m2 als Mindestgröße angesehen werden.
Bei Grundstücken, die für die gewerbliche Nutzung vorgesehen sind, muss
darauf geachtet werden, dass die Fläche auch für erforderliche
Verkehrswege oder Lagerplätze ausreicht.
Zu kleine Grundstücke können meist nur gemeinsam mit dem
Nachbargrundstück widmungsgemäß genutzt werden. Bei zu großen
Grundstücken ist zu prüfen, oh eine vernünftige Teilung unter
Berücksichtigung von allfälligen Aufschließungskosten möglich ist.
Im Allgemeinen erzielen kleinere Grundstücke höhere Preise je m2 als große
Flächen; eine Ausnahme bilden Grundstücke in exklusiven Wohnlagen. In
den anderen Fällen kann es notwendig sein, die Fläche in Teilflächen zu
zerlegen und unterschiedliche Werte anzusetzen.
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(6)
Form des Grundstücks
Neben der Größe hat die Form des Grundstücks einen beträchtlichen
Einfluss auf die Bebauungsmöglichkeiten.
Die ideale Form ist ein Rechteck, bei dem das Verhältnis der Breite zur
Länge in etwa 1:2 beträgt. Unregelmäßige Grundstücksformen, Vielecke,
Dreiecke mit spitzen Winkeln sowie schmale und tief geschnittene
Grundstücke führen oft zu einem geringeren Wert. Einen stark
eingeschränkten Käuferkreis haben unselbständige Grundstücksflächen, das
sind kleine und ungünstig geschnittene Grundstücke, welche für sich allein
nicht bebaubar sind und für welche sich eine sinnvolle Nutzung nur bei
Zusammenlegung mit benachbarten Grundstücken ergibt.
Bei besonders tief geschnittenen Grundstücken sollte eine Zonenbewertung
durchgeführt werden. Dabei wird die Grundstucksfläche nach ihrer Tiefe in
Wertzonen eingeteilt, die sich wie folgt abgrenzen:
Vorderland: bis 40 m Tiefe
Hinterland I: 40 bis 80 m Tiefe
Hinterland II: über 80 m Tiefe, soweit noch baulich nutzbar
In eng verbauten Stadtzentren:
Vorderland: bis 25 m
Hinterland I: 25 bis 50 m
Hinterland II: über 50 m
Die Wertansätze für das Hinterland betragen:
Hinterland I: Etwa die Hälfte des Vorderlandpreises.
Hinterland II: Etwa ein Viertel (oder weniger) des Vorderlandpreises.
(7)
Niveau des Grundstücks, Boden und Untergrund
Bevorzugt werden Grundstücke mit ebener Lage. Leichte Hanglagen his zu
10 % Neigung sind ebenen Grundstücken gleichzusetzen. Darüber
hinausgehende Hanglagen fuhren zu höheren Baukosten, da besondere
bauliche Maßnahmen, wie die Herstellung eines Planums für die Umgebung
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des Hauses, der Bau von Stützmauern, Treppen und Grundstücksauffahrten,
erforderlich werden. Stärkere Hanglagen senken somit in der Regel den
Liegenschaftswert, eventuell vorhandene Vorteile, wie eine besonders
schöne Aussicht, können sich allerdings ausgleichend auswirken. Südhange
sind attraktiver als Nordhänge.
Die Beschaffenheit des Untergrunds hat einen wesentlichen Einfluss auf die
bauliche Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks. Ungünstige Bodenverhältnisse führen zu höheren Baukosten. Höhere Fundierungskosten
verursachen aufgeschütteter Boden, steiles Hanggelände, schwerer
Stichboden (weicher, sandiger Lehm oder Ton) und Hackboden (fester
Lehm, Ton oder Mergel). Felsboden verteuert die Baukosten besonders, da
Sprengarbeiten notwendig sind. Hochstehendes Grundwasser erfordert
aufwendige Abdichtungen am Kellergeschoss oder sogar den Bau einer
Betonwanne. Eventuell muss auf einen Keller verzichtet werden.
(8)
Ver- und Entsorgung, Technische Infrastruktur
Trink- und Nutzwasserversorgung
Ein Grundstück ist in dieser Hinsicht dann als voll aufgeschlossen zu
bezeichnen, wenn in unmittelbarer Nähe der Anschluss an eine öffentliche
oder genossenschaftliche Wasserversorgungsanlage möglich ist. Bei der
Eigenversorgung aus einer Quelle oder einem Brunnen ist auf eine
einwandfreie Trinkwasserqualität und die Ergiebigkeit auch in
Trockenzeiten zu achten.
Ist der Anschluss an das öffentliche Wasserversorgungsnetz nur über eine
weitere Entfernung möglich, so wirken sich die entstehenden Mehrkosten
auf das Grundstück Wert mindernd aus.
Abwasserbeseitigung
In der Regel werden die Abwässer durch den Anschluss an ein öffentliches
Kanalnetz entsorgt. Ist ein öffentlicher Kanal vorhanden, oder wird er
nachträglich errichtet, so wird ein Anschluss meistens zwingend
vorgeschrieben, wobei relativ hohe Anschlusskosten entstehen.
Sollte für ein Grundstuck keine Anschlussmöglichkeit bestehen, so ist zu
prüfen, ob die Entsorgung auf der eigenen Liegenschaft möglich ist. Dabei
werden die Abwässer durch die Klärung in einer eigenen Kläranlage und
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Ableitung der geklärten Abwässer in einen Vorfluter und Versickerung oder
durch die Sammlung in dichten Senkgruben und Abfuhr der Fäkalien
beseitigt. Die eigene Kläranlage stellt allerdings die teuerste
Abwasserbeseitigung dar.
Energieversorgung
Ein Stromanschluss ist fast für jede bauliche Anlage notwendig. Ist eine
gewerbliche oder industrielle Nutzung vorgesehen, so ist auf die
Möglichkeit eines Kraftstromanschlusses zu achten. Auch bei der Nutzung
für Wohnzwecke muss zumindest ein Kraftstromanschluss, z.B. für
Elektroherd, Sauna usw., vorgesehen sein. Erhebliche Kosten können
dadurch verursacht werden, wenn eine lange Zuleitung oder ein Fall einer
Neubebauung die Errichtung eines Transformators erforderlich sind.
Eine immer größere Rolle spielt die Energieversorgung mit Fernwärme und
Ferngas. Da diese Energien eine günstige Alternative zum Strom darstellen,
wirkt sich die zusätzliche Versorgung damit werterhöhend aus.
(9) Rechte und Lasten
Grunddienstbarkeiten
Bei Grunddienstbarkeiten stehen sich ein dienendes und ein herrschendes
Grundstück gegenüber. Die Grunddienstbarkeit ist für das dienende
Grundstück eine Belastung und für das herrschende Grundstück ein
Bestandteil. Grunddienstbarkeiten sind unteilbar und belasten immer das
ganze Grundstück. Wird ein Grundstück geteilt, so bleibt jeder Teil mit der
Dienstbarkeit belastet.
Grunddienstbarkeiten sind z.B. Hausservitute, Feldservitute (Wegerechte,
Notwegerechte), Wasserrechte (Wasserschöpfrecht, Viehtränke, Wasser - Zu
- und Ableitung), Weiderechte, Waldrechte (z.B. Holzbezugsrecht) und
Leitungsrechte (einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen kann das Recht,
eine elektrische Leitung über fremden Grund zu fuhren, zu betreiben und zu
erhalten, zwangsweise eingeräumt werden).
Nicht jede Grunddienstbarkeit wirkt sich Wert- erhöhend oder -mindernd
aus, sondern es hängt von der Bedeutung und der Größe des Vor- bzw.
Nachteils ab.
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Persönliche Dienstbarkeiten
Die persönliche Dienstbarkeit ist an die Person des Berechtigten gebunden,
nicht übertragbar und nicht vererblich, und erlischt mit dessen Tod.
Persönliche Dienstbarkeiten sind z.B. Dienstbarkeit der Wohnung,
Fruchtgenussrecht.
Reallasten
Die Reallast verpflichtet den Eigentümer eines Grundstücks, an den
Berechtigten wiederkehrende Leistungen zu erbringen. Der Eigentümer, der
die Reallast begründet hat, haftet für diese Leistungen nicht nur mit dem
Grundstück, sondern auch mit seinem gesamten Vermögen (z.B. das Recht
auf lebenslangen Unterhalt beim Ausgedinge).
Vorkaufs- und Wiederkaufsrechte
Die dinglichen Vorkaufs- und Wiederkaufsrechte haben keinen oder wenig
Einfluss auf den Wert des Grundstücks, da der Vorkaufsberechtigte den
gleichen Kaufpreis zahlt wie ein anderer Interessent. Ein Nachteil für das
belastete Grundstück liegt nur dann vor, wenn das Wiederkaufsrecht mit
einem festen Grundstückspreis verbunden ist, der unter dem Marktwert liegt.
1.4 Eigenschaften von bebauten Immobilien
Stellvertretend wird hier das Gut Wohnung betrachtet; die meisten der
gemachten Aussagen treffen in ähnlicher Form auch auf Häuser und
Gewerbeimmobilien (Büros, Geschäfte oder Produktionsstätten) zu.
(1)
Unteilbarkeit der Wohnung
Wohnungen sind nicht oder nur bedingt teilbar. In den meisten Füllen ist es
nicht möglich, einen zusätzlichen Raum zu mieten oder einen Raum
abzugeben, es sei denn bei Untervermietung Die Unteilbarkeit der
Wohnungsnachfrage hat somit zur Folge, dass der nachfragende Haushalt
auf Preisveränderungen, die eine gewisse, von dem Haushalt individuell
festgesetzte Obergrenze übersteigen nur reagieren kann, indem er zwischen
2 Wohnungstypen springt, Das impliziert, dass die konventionellen
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Konzepte der Preis- und Einkommenselastizität der Nachfrage auf den
Wohnungsmarkt kaum anwendbar sind.
(2)
Dauerhaftigkeit – Länge des Lebenszyklus
Die Wohnung ist das langlebigste aller lebensnotwendigen Konsumgüter
und wird von mehreren Haushalten hintereinander genutzt. Entsprechend der
technischen Qualität des erstellten Baukörpers wird eine bis zu l00-jährige
Nutzungsdauer unterstellt, die oft noch überschritten wird (und bei
entsprechender Instandhaltung des Gebäudes auch gesteigert werden kann),
andererseits aber oft deshalb nicht zu erreichen ist, weil sich für das
Nutzungsangebot keine Nachfrage mehr findet. Drei Aspekte verdienen in
diesem Zusammenhang Beachtung:
• Infolge seiner Dauerhaftigkeit bleibt das Gut lange potentiell
marktwirksam. So kann es während seiner Lebensdauer mehrmals am
Markt angeboten werden (Besitzer- oder Mieterwechsel); neben dem
Markt
für
Neubauten
ergibt
sich
somit
auch
ein
Gebrauchtwohnungsmarkt. Grundsätzlich ist dies kein Spezifikum des
Wohnungsmarktes. Auch andere Märkte, insbesondere der
Automobilmarkt, kennen derartige Prozesse. Doch während sich an
diesen Märkten die potentielle Marktwirksamkeit auf kurz- bis
mittelfristige Zeiträume erstreckt, ist - bedingt durch die Lebensdauer
des Gutes - am Wohnungsmarkt ein langfristiger Marktbezug
gegeben.
• Die lange physische und ökonomische Lebensdauer von Wohnungen
führt dazu, dass die Zu- und Abgänge im Gesamtbestand relativ
gering sind. Daher kann sich der Gesamtbestand auch langfristig nur
recht zögernd an Nachfrageveränderungen anpassen, wodurch die
Gebrauchtwohnungsmärkte gegenüber den Neubaumärkten eine
größere Bedeutung erlangen.
• Aus der langfristigen Nutzungsmöglichkeit resultiert in Verbindung
mit den hohen Produktionskosten das Problem eines geringen
Kapitalumschlags. Ist dann in Relation zu den Baukosten das im
Mietwohnungsbau zu erzielende Nutzungsentgelt niedrig, ergibt sich
eine Erhöhung des Investitionsrisikos, denn es ist bei der langen
Lebensdauer des Gutes „Wohnung“ fast unmöglich, das Volumen und
die zeitliche Verteilung der in Zukunft zu erwartenden Einnahmen
und Ausgaben zu projektieren und damit den Kapitalwert einer
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solchen Investition zu berechnen. Die Unmöglichkeit, eine
Vorausschätzung der den Wohnungsmarkt beeinflussenden Faktoren
über den gesamten Nutzungszeitraum einer Wohnung zu leisten,
kompliziert die Investitionsentscheidung. Ist aber erst einmal das
Wohnobjekt errichtet, ist es auch bei hohen auf ihm ruhenden
finanziellen Belastungen wirtschaftlich nicht sinnvoll, das Gut
Wohnung aus dem Markt zu nehmen, sollte die Miete alle Kosten
nicht mehr decken. Die Langfristigkeit der Vermarktung macht somit
eine
ausschließlich
auf
Mieteinnahmen
ausgerichtete
Investitionsmotivation risikoreich, dem Investor bleibt als alleiniges
Datum eine Garantie der Unsicherheit.
• Soll ein Wohnungsangebot langfristig marktwirksam bleiben, wird der
Investor
auf
Änderungen
der
Wohngewohnheiten
und
Wohnansprüche reagieren müssen, wenn er sein Angebot auf
bestimmte Nachfragerkreise ausrichten will. Ebenso wird er auch
ohne derartige Änderungen der Nachfragerichtung für den
technischen Erhalt seines Besitzes durch Maßnahmen der
Instandhaltung und Instandsetzung Sorge tragen müssen. Ständige
Reinvestitionserfordernisse ergeben sich somit als dritte Konsequenz
der langen Lebensdauer des Marktgutes.
(3) Lange Produktionsdauer
Der Herstellungsprozess von Wohnungen ist als langwierig zu
charakterisieren: zwischen Investitionsentscheidung und Fertigstellung des
Objektes vergehen in der Regel zwei Jahre. Witterungsabhängigkeit des
Bauprozesses und die lohnintensive Produktionsweise setzen einem
Bemühen zur Reduzierung dieser Frist durch Rationalisierung enge Grenzen.
Damit wird aber die Anpassung an unterschiedliche Marktlagen erschwert,
denn zwischen dem Erkennen etwa einer Unterversorgung, der Reaktion
hierauf und dem Wirksamwerden dieser Reaktion liegt ein Time-lag in der
oben beschriebenen Größenordnung.
Der Einfluss auf die Struktur der Wohnverhältnisse kann aus demselben
Grunde nicht zeitlich unmittelbar gelingen: Denn gemessen am gesamten
Wohnungsbestand macht der jährliche Neuzugang etwa 2 bis 3 v. H. aus.
Lange Produktionsdauer und Kapazität der Bauwirtschaft begrenzen damit
den unmittelbaren Einfluss der Neuproduktion auf das Marktgeschehen.
20
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
(4)
Hohe Produktionskosten
Aus den hohen Produktionskosten bei der Erstellung von Wohnraum
resultieren Einflüsse, die Unterschiede zwischen wohnlicher Versorgung
und Versorgung mit anderen Gütern bedingen. In der Regel ist der Bauherr
nicht in der Lage, das Gut aus vorhandenen Barmitteln zu kaufen; so beträgt
der Preis einer Neubauwohnung gegenwärtig das Acht- bis zehn Fache des
Jahreseinkommens eines Durchschnittsverdieners.
Anmerkung: Durchschnittlicher m2-Preis einer Neubaueigentumswohnung in
Österreich: € 2.000.-; in Wien: € 2.800.-: ergibt bei einer 80m2-Wohnung zwischen €
160.000.- und € 225.000.-
Als erste Folge ergibt sich daraus für viele Haushalte die Unmöglichkeit,
eine Wohnung als eigenen Besitz zu erwerben. Darum ist auf dem
Wohnungsmarkt wie in sonst keinem Bereich des privaten Konsums das
Phänomen der Miete verbreitet. Des Weiteren ergibt sich für die Bauherren
die Notwendigkeit, die Herstellungskosten mit langfristig ausgeliehnen
Mitteln kreditieren zu lassen. Die Wohnversorgung gerät hierdurch in eine
starke Abhängigkeit von den Verhältnissen am Kapitalmarkt. Durch die
Verzinsung und Tilgung derartiger Kredite entsteht ein hoher, periodisch
anfallender Kostenblock, der in der Miete bzw. in der Belastung (bei
Wohneigentum) seinen Niederschlag findet und diese in ihrer absoluten
Höhe weitgehend bestimmt.
Analog zur Unüblichkeit, wegen ihrer Höhe die Kosten eines neu
erworbenen Wohnobjekts auf einmal aus Barmitteln zu begleichen, ergibt
sich für einen Vermieter die Unmöglichkeit, das in ein Objekt investierte
Kapital relativ schnell herauszulösen, da Mietzahlungen in einer derartigen
Höhe nicht zu erwirtschaften sein werden. Damit ergibt sich parallel zur
langen Nutzungsdauer des Gutes eine langfristige Kapitalbindung im Objekt.
Im Mietwohnungsbau stehen den hohen Anfangsinvestitionen Einkünfte
gegenüber, die erst über eine lange Zeitperiode hinweg erwachsen.
Außerdem herrscht beim Anbieter über die Höhe der zu erwartenden
Einkünfte große Unsicherheit, da er nicht in der Lage ist, die langfristige
Entwicklung der Nachfrage nach Wohnungen und damit verbundene
Entwicklung der Mietpreise vorherzusehen. Diese Tatsache beeinflusst auch
sein Investitionsverhalten.
21
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
(7) Hohe Transaktionskosten
Beim Kauf/Verkauf einer Immobilie fallen hohe Suchkosten
(Maklerkosten), Verhandlungskosten, Vertragsabschlußkosten und andere
Transaktionskosten (Grunderwerbssteuer, etc. ) an
(8) Begrenzte Substitutierbarkeit
Wohnen zählt zu den „basic needs“, den Vitalbedürfnissen des Menschen,
deren Befriedigung zur Sicherung einer biologischen wie auch geistigen
Existenz unerlässlich ist. Hieraus resultiert die Sonderstellung, die die
Nachfrage nach Wohnraum innerhalb der Bedürfnisstruktur eines Haushaltes
besitzt.
Die Nachfrager haben praktisch keine Möglichkeit der Substitution. Es
lassen sich zwar graduelle Unterschiede in Bezug auf Zeitpunkt und Qualität
der Bedürfnisbefriedigung feststellen, doch existieren weder Ersatzgüter,
noch ist auf Dauer eine zeitliche Aussetzung des Bedarfs denkbar. Die
Wohnung gehört - zumindest traditionell - zu der Kategorie des starren
Bedarfs eines Haushalts. Dies gilt jedoch nur für den Grundbedarf
Es ist nämlich sinnvoll, den Wohnbedarf und die sich daraus ergebende
Wohnungsnachfrage in 2 Komponenten zu zerlegen:
a) den Grundbedarf, der nur auf die lebensnotwendige Versorgung mit
Wohnraum abgestellt ist;
b) den darüber hinausgehenden Bedarf, der durch andere Faktoren, wie z. B.
Geltungsbedarf, Prestigestreben Vermögensanlage etc. ausgelöst wird.
Diesem Sachverhalt entspricht auch die Trennung zwischen normativem und
subjektivem Bedarf. Der normative Bedarf kann als eine politische
Definition des Grundbedarfs gesehen werden. Indem man als normativen
Bedarf z. B. eine bestimmte m2-Wohnfläche pro Person festsetzt,
operationalisiert man den Begriff des Grundbedarfs. Die Aufteilung der
Nachfrage in zwei Komponenten ist jedoch kein spezifisches
Charakteristikum des Gutes Wohnen, sondern sie gilt für alle langlebigen
Konsumgüter So kann beispielsweise der Grundbedarf an individueller
motorisierter Fortbewegung durch den Erwerb eines Mopeds gedeckt
werden. Zunehmende qualitative Anspruche, z. B. nach Witterungsschutz,
schnellerer und sichererer Fortbewegung, aber auch Aspekte demonstrativen
22
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Konsums führen bei vorhandener Kaufkraft zur Nachfrage an anderen
Teilmärkten (Motorrad, Kleinwagen, größeres Automobil). Bei langlebigen
Konsumgütern folgt der Deckung des Grundbedarfs in Abhängigkeit von
individueller Kaufkraft und Marktsituation eine qualitative Differenzierung
der Nachfragerichtung.
(9) Mangelnde Marktransparenz
In der Regel ist der Haushalt, der nur selten am Wohnungsmarkt in der Rolle
des Nachfragers aktiv wird, nur unzureichend über das vorhandene Angebot
informiert. Gründe dafür sind der geringe Standardisierungsgrad von
Wohnungen, die räumliche Dispersion des Marktes und nicht zuletzt die
Schwierigkeiten und Kosten, die bei der Erlangung von Marktinformationen
entstehen. Die Folge ist, dass der Nachfrager bei Markteintritt unrealistische
Vorstellungen vom vorhandenen Wohnungsangebot und den herrschenden
Preisen hat, So müssen diese Vorstellungen des Nachfragers in der Folgezeit
einen sukzessiven Anpassungsprozess durchleben, dessen Resultat eine
durch die Angebotsgegebenheiten beschränkte Nachfrage ist. Andererseits
sind auch private Anbieter / Vermieter oft nur unzureichend über
Marktpreise informiert.
Neben diesen allgemeinen Eigenschaften einer Wohnung sind (ähnlich wie
beim unbebauten Grundstück) noch folgende individuelle Merkmale zu
nennen:
(1)
Größe der Wohnung
Während bei Wohnungen die Nutzfläche in der Regel einfach zu eruieren
ist, stellt sich diese Aufgaben bei anderen Immobilien oft schwierig dar:
Bruttogeschoßfläche versus Nettogeschoßfläche, inwieweit sind Gänge,
Stiegenhäuser zu berücksichtigen, wie sind Wohnkeller zu bewerten, etc.
Wertaussagen zur Größe einer Wohnung sind vor dem Hintergrund
bestimmter Moden und Trends zu relativieren. Galten Kleinwohnungen (30
– 40 m2) noch vor wenigen Jahren als besonders attraktiv, so sollten derzeit
sogenannte „Singlewohnungen“ zumindest 50 m2 aufweisen. Es gilt aber
nach wie vor, dass größere Wohnungen bezogen auf den m2-Preis billiger
sind.
23
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
(2)
Baualter und Zustand
Während das Baualter bzw. auch die Zeitpunkte von Sanierungen in der
Regel einfach zu erheben sind, wird beim Zustand meistens eine subjektive
Einschätzung abgegeben.
(3)
Höhe der Räume und Grundriss
Ähnlich wie das Baualter kann auch die Raumhöhe objektiv gemessen
werden, werden die Einschätzung eines „guten“ bzw. „schlechten“
Grundrisses nicht so einfach ist.
(4)
Orientierung und Stockwerkslage
Die Orientierung nach Himmelsrichtungen sollte sich auf die
Hauptwohnräume beziehen. Neben der Himmelsrichtung sind aber auch
Eigenschaften wie Hoflage oder Aussicht auf stark befahrene Straßen zu
vermerken. Die Stockwerkslage ist mit dem Vorhandensein bzw.
Nichtvorhandensein eines Liftes zu relativieren. Generell wird die
Stockwerkslage gerne als Indikator für „Aussicht“ herangezogen.
(5)
Ausstattung
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien hier genannt: Keller(abteil), Zahl
der Bäder, WCs, Heizungsart, Balkon, Terrasse, Garten, Loggia (Größe),
Anschlüsse für Gas, Telefon, Internet, Kabel-TV.
(6)
Möblierung
Häufig werden hier die drei Kategorien „voll“, „teilweise“ (Küche) und
„nicht“ möbliert herangezogen. Ohne den genauen Zustand der Möbel zu
kennen, sind aber Werturteile generell nicht möglich.
24
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
1.5
Anbieter und Nachfrager auf dem
Immobilienmarkt
1.5.1
Anbieter am Immobilienmarkt
Immobilienmärkte zeichnen sich auch dadurch aus, dass sehr
unterschiedliche Personen und Personengruppen als Anbieter auftreten.
An erster Stelle sind physische Personen zu nennen, die als private Akteure
auf den verschiedenen Segmenten des Immobilienmarktes agieren. So zum
Beispiel, wenn Baugrundstücke, Einfamilienhäuser, Eigentumswohnungen
privat verkauft oder vermietet (verpachtet) werden. Dies kann unmittelbar
oder unter Beiziehung von Vermittlern (Maklern) geschehen.
Die zweite wichtige Gruppe sind gemeinnützige Wohnungsunternehmungen,
die einer sozialen Verpflichtung zur Wohnungsversorgung unterliegen und
vor allem als Anbieter von Wohnungen auftreten.
Bei freien Wohnungsunternehmen steht hingegen das Gewinnmotiv an erster
Stelle.
Bedeutend sind auch Gebietskörperschaften. Am Bodenmarkt können
Länder sog. Baurechtsgründe (langfristige Verpachtung von Gründen zur
Errichtung von Einfamilienhäusern im Eigentum) oder Gemeinden
unmittelbar Baugründe anbieten. In Österreich und hier besonders in Wien
spielt auch der Sektor der Gemeindewohnungen eine herausragende Rolle.
1.5.2.
Nachfrager am Immobilienmarkt
Hier ist zu unterscheiden zwischen jener Nachfragergruppe, die auf dem
Immobilienmarkt als „Endverbraucher“ (Endnutzer) auftritt und jener
Gruppe, die (vor allem) Baugrundstücke zur weiteren Verwertung nachfragt.
Zu Ersteren sind private Haushalte zu zählen, die vor allem Wohnungen
bzw. Familienhäuser nachfragen. Definitionskriterium für Haushalte ist das
gemeinsame Wirtschaften. Ein Haushalt kann auch aus einer Einzelperson
bestehen. Ebenso Endverbraucher sind Betriebe, die unterschiedliche
Gewerbeimmobilien (Büros, Produktionsstätten, etc.) nachfragen.
25
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Auf der anderen Seite sind es vor allem Wohnbaugesellschaften und
Genossenschaften (sowohl gemeinnützig als auch gewinnorientiert) als auch
Gebietskörperschaften die für ihre Projekte auf dem Grundstücksmarkt tätig
werden.
1.6 Besonderheiten des Immobilienmarktes
Der Begriff Markt wird in der Literatur allgemein umschrieben als das
Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage.
Diese leerformelhafte Umschreibung des Marktvorganges erfährt durch v.
Stackelberg eine Konkretisierung dahingehend, dass unter Markt die
gedankliche Zusammenfassung aller Kauf- und Verkaufsakte eines
bestimmten Gutes innerhalb eines bestimmten Gebietes und Zeitraumes
verstanden wird.
Konstitutiv für das Vorhandensein eines Marktes ist demnach das Handeln
von Akteuren in Bezug auf ein bestimmtes Wirtschaftsgut, wobei der
Marktvorgang als Austausch von Leistungen zu charakterisieren ist. Die
räumliche und zeitliche Eingrenzung, die v. Stackelberg in seiner Definition
vornimmt, deutet bereits an, dass in der Realität für ein Wirtschaftsgut
verschiedene (räumliche und sachliche) Märkte existieren können.
Aus dieser Spezifizierung und den diskutierten Eigenschaften ist unmittelbar
ersichtlich, dass es sich bei Immobilien um sehr heterogene Güter handelt,
die sich in ihren Eigenschaften wesentlich voneinander unterscheiden. Es
scheint deshalb auch nicht sinnvoll, "ein typisches Gut Immobilie" zu
definieren, sondern für verschiedene Analysezwecke jeweils bestimmte
Merkmale herauszugreifen, diese in Einzelmodellen zu analysieren und
später eine Verallgemeinerung oder Synthese anzustreben".
Bevor auf den Boden- und den Wohnungsmarkt speziell eingegangen wird,
seien einige generelle Besonderheiten angeführt:
Neben der Unterscheidung objektspezifischer Märkte (Kleingärtenmarkt,
Markt der Dachgeschosswohnungen, etc.) wird bei Immobilienmärkten
häufig auch eine regionale Abgrenzung vorgenommen. Dies ergibt sich u.a.
aus der Lebenssituation der nachfragenden Haushalte, die auf Grund von
26
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Arbeitsplatz, Schule oder Ähnlichem nur in einem bestimmten, räumlich eng
abgegrenzten Segment agieren.
Die Mehrzahl der Immobilienmärkte ist durch eine große Zahl von Nachfragern gekennzeichnet, die jedoch nur einen verschwindend kleinen Teil an
der Gesamtnachfrage ausmachen. Man spricht von einer atomistischen oder
polypolistischen Nachfragestruktur. Die Nachfrager haben unterschiedliche
Präferenzen, die sich aus ihren individuellen Motiven ableiten lassen und
sie sind über die Preise und die Struktur der angebotenen Immobilien nur
unvollständig informiert. Demnach besitzen die Anbieter quasi ein Monopol
für ihre Offerten, jedoch sind diese Güter so ähnlich, dass die Anbieter in
enger Substitutionskonkurrenz zueinander stehen. Für den Fall, dass auf
diesen Märkten zugleich auch viele Anbieter auftreten, was für
Immobilienmärkte sicherlich zutrifft, haben Chamberlain (1933), Gutenberg
(1965) u.a. das Marktmodell der "Monopolistischen Angebotskonkurrenz"
entwickelt.
Charakteristisch für diese Marktform ist etwa im Gegensatz zum Modell der
"Vollkommenen Konkurrenz", dass der Anbieter nicht die gesamte
Nachfrage verliert, wenn er den Preis für sein Gut anhebt und nicht unbegrenzt Nachfrager hinzugewinnt, wenn er den Preis geringfügig senkt. Sein
Spielraum bei der Preisgestaltung wird umso größer sein, je exklusiver er
das Bild oder Image seines Anbots gestalten kann.
Diese Art von "Non-Price-Competition" spielt auch beim "heterogenen
Oligopol" eine wichtige Rolle. Oligopolistische Angebotskonkurrenz ist
gekennzeichnet durch einige wenige Anbieter, denen eine große Zahl von
Nachfragern gegenübersteht und diese Marktform trifft besonders auf den
Wohnungsmarkt mit den gemeinnützigen und gewinnorientierten
Wohnbaugesellschaften zu. Typisch für die Strategien der einzelnen
Anbieter ist, dass sie bei der Vermarktung ihres Produktes die erwarteten
Reaktionen der anderen Oligopolisten miteinbeziehen.
Darüber hinaus können am Immobilienmarkt auch noch Beispiele für andere
Marktformen identifiziert werden:
Angebotsmonopol:
Dies trifft beispielsweise auf die Wohnungen der Gemeinde Wien zu.
27
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Exkurs:
Preisbildung am Bodenmarkt
Die Bildung und Entwicklung der Preise für Grund und Boden hat seit
Begründung der Nationalökonomie immer wieder das (oft emotionale)
Interesse einer breiten Öffentlichkeit gefunden und ist immer stärker zu
einem Kernproblem der Wohnungs- und Städtebaupolitik sowie der
Raumordnungspolitik geworden: Das Faktum, dass mit der Verfügung über
Grund und Boden Einkommen zu erzielen ist und umso eher, je mehr mit
Änderung gesamtwirtschaftlicher Daten Bodenwertsteigerungen einhergehen, blieb immer Objekt reformerischer und vielfach radikaler
Erörterungen.
Da die Begriffe „Bodennutzung“ und „Grundrente“ bei der Diskussion um
Fragen des Bodenwertes und -preises von zentraler Bedeutung sind, sollen
sie zunächst erläutert werden:
Als Bodennutzung wird die zukünftig realisierbare Verwendung des Bodens
bezeichnet. Hierzu gehört die land- und forstwirtschaftliche Nutzung des
Bodens ebenso wie dessen Verwendung als Standort für Wohn- und
Geschäftsgebäude, Gewerbe-, Dienstleistungs- und Industriebetriebe.
Verwaltungsgebäude, Infrastruktureinrichtungen oder für sonstige Zwecke.
Jedes Grundstück der insgesamt nicht vermehrbaren Bodenmenge einer
Volkswirtschaft ist zu einem gegebenen Zeitpunkt einer bestimmten
Bodennutzung gewidmet.
Zwischen Bodennutzung und Bodenpreis besteht eine enge Verbindung. Sie
ergibt sich über die Grundrente.
Die Grundrente ist nach heutiger wirtschaftstheoretischer Auffassung der
Preis für die Bodennutzung bzw. das Einkommen, das aus dem produktiven
Einsatz von Bodennutzung für den Bodeneigentümer entsteht. Die
Grundrente hat wie Lohn und Zins einen doppelten Aspekt: einerseits ist sie
ein Preis- und Kostenfaktor für die Wirtschaftseinheit, welche Bodennutzungen produktiv verwerten, andererseits ist sie eine Einkommenskategorie für die Landbesitzer. Zudem ist die Rente in mikroökonischer
Sicht als Regulativ auf dem Grundstücksmarkt anzusehen.
Zur Erklärung der Grundrente sind in der Nationalökonomie verschiedene
Theorien entwickelt worden. Die ersten Erklärungsansatze, die sich auf den
28
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
landwirtschaftlichen Bereich beziehen und heute noch als Fundament für die
Erklärung der Bodenpreisbildung gelten, stammen von Ricardo und von von
Thünen.
Ausgangspunkt bei Ricardo ist die These, dass für die Agrarproduktion
zunächst die qualitativ besten Böden genutzt werden. Wenn die Nachfrage
nach fruchtbarem Boden jedoch größer ist als das Angebot an Boden mit
optimaler Qualität, werden auch die weniger fruchtbaren Böden zur
Agrarproduktion herangezogen. Die auf den Böden verschiedener Güte
geernteten Produkte erzielen am Markt zwar den gleichen Preis, bei
gleichem Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital ist aber die
quantitative Ausbeute auf den fruchtbareren Böden größer, wodurch letztlich
ein höherer Ertrag bzw. im Vergleich zu den schlechteren Böden eine
Differenzialrente erwirtschaftet wird.
Von Thünen dagegen unterstellt in seiner Theorie vom isolierten Staat das
Vorhandensein einer großen Fläche von Boden mit gleich guter Qualität.
Inmitten dieser Fläche liegt die einzige vorhandene Stadt, in der die
erzeugten Agrarprodukte verkauft werden können. Nach von Thünens
Auffassung bestimmt die Höhe des Preises, den das Produkt am Markt
erzielt, zusammen mit den Produktions- und den Transportkosten die
Grundrente. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Transportkosten, erstens,
mit der Distanz zwischen Produktionsort und Markt proportional ansteigen
und, zweitens, je nach Art des Produktes differieren. Entsprechend der Idee
der Gewinnmaximierung wird der Landwirt auf seinem Boden jeweils das
Produkt anbauen, bei dem die Differenz zwischen dem erreichbaren
Marktpreis und der Summe aus Produktions- und Transportkosten am
größten ist. Aufbauend auf dem Modell von v. Thünen hat Alonso 1964 eine
Theorie der Bodenpreisbildung entwickelt, wobei er auch Wohnbauland und
Gewerbebauland mit einbezieht. Er unterstellt eine Menge vereinfachender
und z. T. unrealistischer Prämissen, wie etwa eine atomistische Konkurrenz
und vollkommene Markttransparenz, die eine empirische Überprüfung des
Modells kaum zulassen. Auf der Basis seiner Prämissen entwickelt er auf
der Grundlage der klassischen Theorie des Haushalts und der Unternehmung
Gebotspreiskurven für die drei möglichen Arten der Bodennutzung
Gewerbe/Büro, Wohnen und Landwirtschaft, wobei das Preisgebot von der
Entfernung des Bodens vom Stadtzentrum abhängt. Je nach Bodennutzung
ist diese Entfernung für die Grundrente von unterschiedlicher Bedeutung.
Die Art der Bodennutzung wird in diesem Modell über den Bodenmarkt
29
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
bestimmt, d.h. sie ist davon abhängig, bei welcher Nutzungsart ein Anbieter
für ein gegebenes Grundstück den höchsten Preis erzielen kann.
Bei den empirischen Untersuchungen über die Bodenpreisbildung wird von
der Hypothese ausgegangen dass die Lage des Bodens für den erzielbaren
Preis von entscheidender Bedeutung ist, wobei eine Stadt als räumlicher
Bezugspunkt genommen wird. Brigham versuchte, von dieser Hypothese
ausgehend, die Abhängigkeit der Bodenpreise von der Erreichbarkeit der
Arbeitsplätze für die Region Los Angeles zu zeigen. Mills überprüfte anhand
historischen Datenmaterials die Abhängigkeit der Bodenwerte von der
Entfernung zum Zentrum für Chicago. Eine ähnliche Untersuchung führte
Seyfried für die Stadt Seattle durch.
Der Grundrente kommt jedoch nicht nur eine preistheoretische Funktion zu.
Sie ist aufgrund ihres funktionellen Charakters innerhalb der
Einkommensverteilung auch eine soziale Kategorie. Ein Teil des
Grundrenteneinkommens wird von unterschiedlichen Standpunkten aus
gesehen als unverdient erachtet, da mit seiner Erzielung keine produktive
Leistung verbunden ist. Die Ausschaltung spekulativer Momente im Prozess
der Bodenpreisbildung und die Sicherung einer Entscheidungsbefugnis der
Allgemeinheit in der Frage der Bodennutzung haben schon früh zu einer
Diskussion um Erfassung und Besteuerung von Bodenwertsteigerungen
sowie zur radikaleren Forderung nach einer Sozialisierung des Bodens
geführt. Im Folgenden sollen die wesentlichen Argumente pro und contra
Erfassung und Besteuerung von Bodenwertsteigerungen sowie die
rechtlichen Möglichkeiten zu ihrer Realisierung erörtert werden.
Exkurs: Zu Fragen der Erfassung von Bodenwertsteigerungen und
Bodenpolitik
Die Idee einer Abschöpfung des Bodenwertzuwachsens beruht auf der
ethischen Vorstellung, dass das gesamte Einkommen durch persönliche
Anstrengungen oder Opfer gerechtfertigt sein müsse. Vor allem seit
Ricardos Grundrententheorie gewann der Gedanke an Bedeutung, die
Gemeinschaft habe ein bevorzugtes oder ausschließliches Recht auf die
Grundrente, da die Grundrente Einkommensquelle ohne Arbeit sei und von
der Gemeinschaft geschaffen sei, die wiederum das Entstehen von
Nutzungsansprüchen und Lagevorteilen bedinge. Dieser Gedanke hatte
schon früh zu Vorschlagen geführt, die von der speziellen und bevorzugten
30
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Besteuerung der Grundrente bzw. Bodenwerte bis zur vollständigen
Sicherung der Grundrente für die Gemeinschaft durch eine
Bodensozialisierung reichten. Stewart Mill, der Ricardos Grundrententheorie
aufnahm, führte den Begriff des “unearned increment“ ein, weil bei
wachsender Bevölkerung und zunehmender Nachfrage nach Boden das
Einkommen der Grundeigentümer ohne jegliche Anstrengung steige.
Hinsichtlich der intendierten Form der Überführung der Grundrente an die
Allgemeinheit lassen sich drei Ansätze unterscheiden:
1. Im Interesse einer Steigerung der volkswirtschaftlichen Produktivität wird
eine
Bodenübertragung
an
den
Staat
verlangt.
Eine
Wertsteigerungserfassung wird für ungerecht gehalten, da die Grundrente
ohne Zutun des Eigentümers steigen könne. Es gibt nicht einmal eine
Rechtfertigung dafür, sie durch eine Besteuerung nur zu schmälern.
2. Weiterhin wird die Auffassung vertreten, jede Bodenwertsteigerung bzw.
das damit verbundene Einkommen sei unverdient, weil sie dem
Bodeneigentümer
sittlich
nicht
gebühre.
Wenn er sie beziehe, sei das ethisch nicht einwandfrei, da alle
Nichtbodenbesitzer nur durch Arbeit und/oder Kapitaleinsatz Einkommen
beziehen könnten. Darüber hinaus komme sie nur privilegierten Schichten
zugute, da die Mehrzahl der Menschen eben keinen Boden besitzt. Diese
Auffassung wird auch heute noch im Kern von denjenigen vertreten, die
zum Wertsteigerungsproblem Stellung genommen haben oder selbst
Vorschläge zur Besteuerung entwickelt haben. Dabei wird bei der
Besteuerung der Rente auf das arbeitslose Einkommen abgezielt, das nicht
seiner Entstehung nach arbeitslos, sondern arbeitslos bezogen wird.
3. Ein weiterer, aktuell wohl am häufigsten vertretener Standpunkt ist der,
dass sich die Wertsteigerungen des Bodens auf Leistungen oder
Aufwendungen der Allgemeinheit zurückführen lassen. Weil die
Gemeinschaft sozusagen Urheberin der Wertsteigerung sei, habe sie auch
einen Anspruch darauf. Der Steuerung der Bodenpreise kommt in diesen
Konzepten auch eine Steuerungsfunktion für die Bodennutzung zu:
Landschaft, Industrie und Wohnsiedlungen sowie der Verkehr sollen in
einem wohl koordinierten Beziehungszusammenhang stehen. Diese Aufgabe
kann aber innerhalb einer marktwirtschaftlichen Ordnung nicht durch den
Markt gelöst werden. Den handelnden Wirtschaftssubjekten fehlt es dazu am
31
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
nötigen Überblick, ebenso wie wirtschaftliches Interesse im Einzelfall nicht
notwendigerweise dem allgemeinen Interesse entspricht.
Mit den Forderungen nach Besteuerung von Bodenwertsteigerungen und
Sozialisierung des Bodens werden Art. 14 und 15 des Grundgesetzes direkt
angesprochen. In Art. 14 Abs. 1 wird das Privateigentum zur
verfassungsrechtlichen Norm und damit zum Kern unserer Gesellschaftsund Wirtschaftsordnung überhaupt erhoben. Demgegenüber betont Abs. 2
desselben Artikels die Sozialpflichtigkeit des Eigentums. Art. 14 Abs. 3 und
Art, 15 ermöglichen in Einzelfällen sogar Enteignungen und
Vergesellschaftung, allerdings nur unter Zahlung einer angemessenen
Entschädigung. Durch dieses Dilemma, das bei der Rechtsauslegung
zwangsläufig entsteht, wird der Eigentumsbegriff mit einer erheblichen
Unsicherheit belastet.
Abgesehen von der verfassungsrechtlichen Problematik,
bodenpolitische Maßnahmen immer zwei Ziele im Auge haben:
müssen
1) Sie müssen die Mobilität des Baubodens erhöhen und dampfend auf die
Preiserwartungen einwirken und
2) sie dürfen die private Investitionsbereitschaft nicht beschränken. Denn die
gewaltigen städtebaulichen Aufgaben der Zukunft lassen sich ohne die
Investitionsbereitschaft privaten Kapitals nicht lösen.
Im Folgenden soll untersucht werden, in weicher Weise die Abschöpfung
unverdienter Wertzuwächse die Erreichung dieser Ziele beeinflusst. Dabei
sollen zwei Formen der Abschöpfung diskutiert werden: der
Planungswertausgleich (Planungswertabgabe) und die Bodenwertzuwachssteuer.
Der Planungswertausgleich findet in Deutschland seine konkrete
Realisierung in der Ausgleichsabgabe nach § 41 StBauFG. Damit wird der
Forderung nach der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG)
entsprochen. Man geht dabei von dem Grundgedanken aus, dass ein
Eigentümer für Wertsteigerungen seines Bodens, die sich aus neuen
Planungsfestsetzungen ergeben, einen Ausgleichsbetrag an die öffentliche
Hand entrichten muss, da ihr - und damit letztlich der Allgemeinheit - durch
den Ausbau der Infrastruktur enorme Kosten entstanden sind.
32
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Allgemein
lassen
sich
sieben
Hauptargumente
gegen
ein
Abschöpfungssystem in Form einer Bodenwertzuwachssteuer anführen:
1. Die Höhe des unverdienten Einkommens aus Bodenbesitz kann nicht
genau berechnet werden.
2. Bodenwertveränderungen sind weder quantitativ, zeitlich noch
räumlich auf einzelne Ursachen zurückführbar.
3. Wenn der Allgemeinheit das Recht zugestanden wird,
Bodenwertsteigerungen abzuschöpfen, dann muss sie gerechterweise
bei Bodenwertminderungen auch zum Ausgleich herangezogen
werden können.
4. Da die Abgabe elastisch gehandhabt werden muss, kann eine
Stabilisierung der Bodenpreise nicht erwartet werden.
5. Wie das Beispiel der Baulandsteuer gezeigt hat, führt eine
Bodenwertzuwachssteuer nicht zu einer erhöhten Bodenabgabewilligkeit, sondern wirkt eher in umgekehrter Richtung.
Da eine derartige Abschöpfung das Verhältnis von Angebot und
Nachfrage auf den Baumärkten nicht tangiert, kann sie keine Kosten
senkende Wirkung haben.
6. Auch eine Steigerung des Sozialprodukts kann von der Einführung
einer solchen Steuer nicht erwartet werden.
Will man die Bildung und Entwicklung der Bodenpreise unter Wahrung der
privaten Verfügungsmacht so beeinflussen, dass Auswüchse in Form von
übertriebenen Preissteigerungen möglichst gering gehalten werden, so sind
Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Geschehen auf dem Bodenmarkt
mit marktwirtschaftlichen Mitteln beeinflussen. Dabei ist zu beachten, dass
es „natürlich ... immer schwer sein (wird), die Waage zwischen
Sozialpflichtigkeit und Privateigentum in Einklang zu halten“; ob durch
Eingriffe der öffentlichen Hände mit vorsichtiger Tendenz der
Kommunalisierung auch wirklich etwas Besseres geschaffen wird, ist jedoch
zu bezweifeln. Die Auswahl der zur Beeinflussung des Bodenmarktes
geeigneten Maßnahmen und Mittel erfordert die Kenntnis der auf diesem
Markt agierenden Parteien, ihrer Verhaltensweisen und die
Berücksichtigung aller die Bodenpreisbildung bestimmenden Faktoren.
33
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
2. Immobilienbewertung
2.1 Wertbegriffe
Vor Ermittlung von Immobilienwerten ist die Frage zu stellen, welcher Wert
ermittelt werden soll. Werten ist teleologisch und bedarf eines
Wertesystems.
Im Lexikon der Philosophie wird der Wert als Beziehung zwischen einem
Gegenstand und einem Maßstab durch einen wertenden Menschen definiert.
Wesentlich sind dabei die Entscheidungsmöglichkeiten, die dem wertenden
Menschen in der jeweiligen Situation zur Verfügung stehen. Bewerten heißt
vergleichen, d.h. ein Bewertungsobjekt wird einem Vergleichsobjekt
gegenübergestellt und vom bekannten auf den unbekannten Preis
geschlossen.
Nachstehend werden verschiedene in Österreich gebräuchliche
Wertdefinitionen, wie sie in Gesetzen verankert sind, beschrieben. Im
Vergleich dazu werden der international übliche Verkehrswert und die
Definition des fairen Wertes der internationalen Buchführungsstandards
dargestellt.
2.1.1
Verkehrswert
Der Verkehrswert ist in § 2 Abs. 2 und 3 des Liegenschaftsbewertungsgesetzes (LBG), wie folgt definiert:
Der Verkehrswert ist der Preis, der bei Veräußerung der Sache üblicherweise
im redlichen Geschäftsverkehr für sie erzielt werden kann. Die besondere
Vorliebe und andere ideelle Wertzumessungen einzelner Personen haben bei
der Ermittlung des Verkehrswertes außer Betracht zu bleiben.
Der Verkehrswert ist der zentrale Wertbegriff im Rahmen der
österreichischen Wertermittlung. In der ÖNORM B 1802 existiert keine
Definition des Verkehrswertes. Das Ziel der Grundstücksbewertung ist –
von Ausnahmen abgesehen – die Ermittlung des Verkehrswertes.
34
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Es ist daher unter dem Verkehrswert begrifflich jener Wert zu verstehen, der
im allgemeinen Grundstücksverkehr am wahrscheinlichsten zu erzielen ist.
2.1.2
Einheitswert
Der Einheitswert wird auf Basis des Bewertungsgesetzes vom zuständigen
Finanzamt ermittelt. Der Einheitswert dient als Bemessungsgrundlage für
verschiedene Steuern, wie z.B. der Grundsteuer, der Erbschaftssteuer, etc.
und liegt in der Regel deutlich unter dem Verkehrswert. Eine Relation
zwischen Verkehrswert und Einheitswert kann generell nicht festgelegt
werden.
2.1.3
Marktwert
Marktwert ist der in Europa und international harmonisierte Wertbegriff für
den aktuellen Wert (Bewertungsstichtag), den eine Immobilie repräsentiert.
Er ist in unterschiedlichen Quellen definiert, wobei jedoch sachlich keine
Unterschiede gegeben sind. Der Marktwert wird für vielfältige
Bewertungszwecke ermittelt, wobei der Begriff in Österreich vorwiegend im
Bankenwesen sowie im Bilanzierungsbereich verwendet wird.
Das internationale Komitee für Bewertungsstandards (IVCS) hat
gemeinsam mit dem Europäischen Dachverband der Immobilienbewerter
(TEGoVA) nachfolgende Definition des Marktwertes festgelegt:
Der Marktwert ist der geschätzte Betrag, zu dem eine Immobilie in einem
funktionierenden Immobilienmarkt zum Bewertungsstichtag zwischen einem
verkaufsbereiten Verkäufer und einem kaufbereiten Erwerber nach
angemessenem Vermarktungszeitraum in einer Transaktion im
gewöhnlichen Geschäftsverkehr verkauft werden könnte, wobei jede Partei
mit Sachkenntnis, Umsicht und ohne Zwang handelt. Beim Marktwert
dürfen Steuern und Nebenkosten nicht berücksichtigt werden.
Es sei hier angeführt, dass es auch sog. „Non-Market-Values“ gibt
35
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
2.1.5 Beleihungswert
Der Beleihungswert ist ein eigenständig ermittelter Wert und nicht mit dem
stichtagsbezogenen Marktwert oder Verkehrswert ident.
Neben den angeführten Wertbegriffen existieren noch weitere national
übliche Wertbegriffe, wie z.B. jener des Versicherungswertes, etc. Auch
international existieren diverse Wertbegriffe die auch im Konnex mit den
regionalen Marktbedingungen des jeweiligen Immobilienmarktes zu
bewerten sind.
2.1.6
Market Value als „Existing Use Value”
Der „Existing Use Value“ ist der beste Preis, zu dem eine Liegenschaftstransaktion bedingungslos gegen Geldzahlung am Bewertungsstichtag
stattfinden würde unter den Annahmen:
• eines gewillten Verkäufers,
• eines angemessenen Zeitraums vor dem Tag der Bewertung für
Vermarktung, für Übereinkunft über Preis und Bedingungen und für
den Verkaufsabschluss unter Berücksichtigung der Eigenschaften des
Objektes sowie der Marktsituation,
• dass die Marktsituation, die Marktwerte und andere Umstände zu
jedem
früheren
angenommenen
Tag
zwischen
dem
Bewertungsstichtag und dem Tag der angenommenen notariellen
Beurkundung der Transaktion dieselben waren,
• dass weitergehende Offerten durch Kaufinteressenten mit besonderem
Interesse an dem Objekt nicht berücksichtigt werden und
• dass jede der Parteien nach ordnungsmäßiger Vermarktung
unabhängig, wohlwissend und ohne Zwang gehandelt hat,
• dass das Objekt in absehbarer Zukunft lediglich für die bestehende
Nutzung geeignet ist und
• dass das Objekt zum Verkaufszeitpunkt völlig leer steht und als
Einheit verkauft wird.
2.1.7
Market Value als „Alternative Use Value“
36
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Der „Alternative Use Value“ ist der Wert bei Unterstellter bzw. theoretisch
möglicher Umnutzung des Objektes in der Zukunft.
2.2
Methoden der Immobilienbewertung
Die Immobilienbewertungsverfahren in Österreich lassen sich in gesetzlich
festgelegte und nicht kodifizierte Verfahren unterteilen.
2.2.1
Liegenschaftsbewertungsgesetz
Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung und des großen Anteils am
Volksvermögen, das in Österreich in Immobilien gebunden ist, erfährt die
Wertermittlung eher eine stiefmütterliche Behandlung im österreichischen
Recht.
Das Liegenschaftsbewertungsgesetz (LBG), BGBl. Nr. 150/1992 ist ein
maßgeblicher Schritt dazu, in Österreich eine eigenständige rechtliche
Grundlage auf dem Gebiet der Liegenschaftsbewertung zu schaffen. Davor
existierten als rechtliche Grundlagen die Liegenschaftsbewertungsrichtlinien
aus dem Jahr 1977 und 1982 und die Realschätzordnung aus dem Jahr 1897.
Zur Realschätzordnung ist anzuführen, dass diese nur für das
Exekutionsverfahren anzuwenden war, was vielfach verkannt wurde. Gemäß
Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, durfte die Realschätzordnung bei
der Feststellung des Verkehrswertes bei unentgeltlich erworbenen
Liegenschaften nicht herangezogen werden, da vom Herstellungswert und
nicht vom Anschaffungswert ausgegangen wurde. Ziel des
Liegenschaftsbewertungsgesetzes ist es, einen rechtlichen Rahmen als
Orientierungs- und Entscheidungshilfe, ohne allzu enge Grenzen für die
Tätigkeit des Sachverständigen zu schaffen. Zwingend anzuwenden ist das
Liegenschaftsbewertungsgesetz nur im gerichtlichen Verfahren und im
Verwaltungsverfahren
mit
sukzessiver
gerichtlicher
Kompetenz
(Enteignung).
Für den Bereich der privaten Wertermittlungen ist das LBG nicht
anzuwenden, daher wurde die ÖNORM B 1802 geschaffen.
37
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
ÖNORM B 1802
Im Zuge der Neubearbeitung der Normenserie B 1801 mussten die
verkehrswertrelevanten Regelungen außer betracht bleiben, daher wurde im
Jahr 1998 eine eigene ÖNORM B 1802 „Grundlagen der
Liegenschaftsbewertung“ geschaffen.
Die ÖNORM B 1802 ist in neun Abschnitte wie folgt gegliedert:
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Anwendungsbereich
Begriffsbestimmungen
Allgemeine Grundsätze
Einflussgrößen der Wertermittlung
Wertermittlungsverfahren
Wahl des Wertermittlungsverfahrens
Flächen und Rauminhalte
Bezugsnormen und notwendige Rechtsvorschriften
Stichwortverzeichnis
Der Anwendungsbereich der ÖNORM B 1802 betrifft die Ermittlung der
Grundlagen des Verkehrswertes von bebauten und unbebauten
Grundstücken und Liegenschaftsteilen, einschließlich der Bestandteile, wie
z.B. Gebäude, Außenanlagen, Superädifikate und Baurechte. Die Inhalte
betreffen die Nachvollziehbarkeit des Verfahrens, des Befundes und der
Schlussfolgerung.
Superädifikate oder Überbauten sind selbständige Bauwerke, die auf
fremden Grund in der Absicht aufgeführt werden, dass sie nicht stets
darauf bleiben sollen (§ 435 ABGB). Das Fehlen der Absicht, das Bauwerk
stets auf fremden Grund zu belassen, muss nach außen erkennbar in
Erscheinung treten, und zwar entweder durch die Bauweise des Gebäudes
(Markt- und Praterhütten, Schrebergartenhäuschen) oder dadurch, dass das
Gebäude auf Grund eines zeitlich begrenzten Benutzungsrechtes errichtet
wird. Superädifikate sind selbst bei fester Bauweise als beweglich
anzusehen. Im Gegensatz zum Baurecht handelt es sich beim Superädifikat
um keinen selbstständigen Bestandteil einer Grundbuchseinlage.
Das Baurecht ist das dingliche, veräußerliche und vererbliche Recht, auf
oder unter der Bodenfläche eines fremden Grundstücks ein Bauwerk zu
haben. Es besteht unabhängig vom Eigentumsrecht am Grundstück.
38
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Sinn und Zweck des Baurechts ist es, dem Eigentümer seine Rechte an der
Liegenschaft zu erhalten und künftigen Verwendungen nicht endgültig
vorzugreifen. Es wird dadurch auch vermieden, dass dringend benötigte
Bauflächen ungenutzt bleiben. Zudem erspart sich der Bauberechtigte den
Kaufpreis für den Grund.
Das Bauwerk gehört dem Eigentümer des Bauwerks, der Grund dem
Grundeigentümer. Diese Personen müssen nicht ident sein.
Das Baurecht entsteht durch bücherliche Eintragung im C-Blatt der
belasteten Liegenschaft. Es muss sich auf den ganzen Grundbuchskörper
beziehen. Im Anschluss an die belastete Einlage wird eine eigene
Baurechtseinlage eröffnet, die wie ein selbständiger Grundbuchskörper zu
behandeln ist. Alle Eintragungen gegen den Bauberechtigten (z.B.
Veräußerung oder Belastung des Baurechts) sind in dieser Einlage zu
vollziehen. Dem Baurechtsinhaber stehen am Bauwerk die Rechte eines
Eigentümers und am Grundstück die Rechte eines Nutznießers zu.
Das Baurecht gilt als unbewegliche Sache, ein errichtetes Bauwerk ist Teil
des Baurechtes und somit ebenfalls unbeweglich.
Das Baurecht kann nicht auf weniger als 10 und nicht auf mehr als 100 Jahre
bestellt werden. Innerhalb des festgelegten Zeitraumes ist seine Beendigung
durch Vereinbarung möglich. Bei Erlöschen des Baurechts fällt das Bauwerk
an den Grundeigentümer, der den Baurechtsinhaber mangels anderer
Vereinbarung für ein Viertel des vorhandenen Bauwertes entschädigen
muss.
2.2.2
Kodifizierte Wertermittlungsverfahren
Gemäß Liegenschaftsbewertungsgesetz (LBG) sind Wertermittlungsverfahren anzuwenden, die dem jeweiligen Stand der Wissenschaft
entsprechen. Als solche Verfahren kommen insbesondere das Vergleichswertverfahren gemäß § 4 LBG, das Ertragswertverfahren gemäß § 5 LBG
und das Sachwertverfahren gemäß § 6 LBG in Frage. Aber auch andere
gesetzliche Regelungen, wie z.B. das Handelsgesetzbuch (HGB), das
39
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Aktiengesetz (AktG), das Bewertungsgesetz und das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) enthalten diesbezügliche Vorgaben.
Die im LBG angeführten Wertermittlungsverfahren können entsprechend
dem zeitlichen Ansatz, wie folgt gegliedert werden:
Sachwertverfahren
Vergleichswertverfahren
Ertragswertverfahren
Vergleichspreise
Vergangenheit
Möglichst
Verkehrswert
ermittelt aus
Vergleichswert,
Ertragswert,
Sachwert
Zukunft
Zeitachse
Herstellungswert
Nutzen
Aus Vergangenheit
Künftig erwartbar
Wertermittlungsstichtag
Nachstehend werden die drei im Liegenschaftsbewertungsgesetz
angeführten Wertermittlungsverfahren überblicksartig vorgestellt.
2.2.2.1
Vergleichswertverfahren
Im Vergleichswertverfahren wird der Verkehrswert der Liegenschaft durch
den zeitnahen Vergleich mit bereits realisierten und unter Marktbedingungen
zustande gekommenen Kaufpreisen vergleichbarer Liegenschaften
abgeleitet. Das Vergleichswertverfahren gilt als das theoretisch geeignetste
Verfahren zur Verkehrswertermittlung.
Die Vergleichbarkeit der Rahmenbedingungen entsprechend der Struktur des
nachstehenden Bildes ist zu prüfen, wobei unterstellt wird, dass auch alle
weichen Faktoren monetär bewertet werden:
40
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Voraussetzung für die Anwendung des Vergleichswertverfahrens ist die
Verfügbarkeit von zeitnahen Preisen für Vergleichsliegenschaften. Die
Beurteilung der Vergleichbarkeit ist nur gegeben, wenn Eigenschaften bzw.
Faktoren der Wohnimmobilie sowohl für die zu bewertende als auch die
Vergleichsliegenschaft
verfügbar
sind
und
eine
weitgehende
Übereinstimmung festgestellt wird. Übereinstimmung wird hinsichtlich
sachlicher und rechtlicher Faktoren aber auch hinsichtlich des
Bewertungsstichtages in bestimmten Umfang gefordert.
Neben den objektiven Zahlen (Größe, Baujahr, etc.) werden auch subjektive
Qualitätsbeurteilungen getroffen, um zu marktgerechten Vergleichswertergebnissen zu kommen. Auch ist ein Vergleichsobjekt nicht ausreichend,
sondern es werden mehrere gefordert. Zusätzlich zur Vergleichbarkeit der
Grundstücke ist zu prüfen, ob der jeweilige Marktpreis nicht durch
ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse bestimmt ist. Die
Heterogenität der Wohnimmobilien bewirkt, dass diese Voraussetzungen
kaum gegeben sind und das Verfahren daher fast nur bei unbebauten
Grundstücken, Reihenhäusern und Eigentumswohnungen zur Anwendung
kommt.
Da in Österreich im Gegensatz zu Deutschland, keine zentralen
Kaufpreissammlungen (Bodenrichtwertkarten) existieren, ist auch kaum eine
größere Anzahl von Kaufpreisen verfügbar, die für verfeinerte statistische
Verfahren erforderlich wäre.
Da für die Vergleichsliegenschaften am Markt verhandelte Kaufpreise
vorliegen, während für die zu bewertende Liegenschaft ein Wert ermittelt
werden soll, können Abweichungen von ± 15 % auch für gleichartige
Liegenschaften gegeben sein.
Im Rahmen des Vergleichswertverfahrens kann der Wert durch den
unmittelbaren Vergleich mit hinreichend übereinstimmenden Vergleichsliegenschaften und mittelbaren Vergleich, z.B. mit Bodenrichtwerten
ermittelt werden.
41
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
42
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
2.2.2.2
Sachwertverfahren
Der Sachwert ist die technische Wertkomponente und besteht aus dem
Bodenwert samt Erschließungskosten, dem Bauwert samt Baunebenkosten
und den Kosten der Außenanlagen. Nachstehend wird das Ablaufschema
über die Ermittlung des Verkehrswertes im Sachwertverfahren abgebildet:
Abbildung
Schema Sachwertverfahren
Da beim Sachwertverfahren marktferne Werte ermittelt werden, ist der
Anpassungsbedarf, insbesondere in Relation zum Vergleichswertverfahren
verfahrensbedingt ungleich höher. Daher ist das Sachwertverfahren auch für
Ertragsliegenschaften nur bedingt geeignet.
Nachstehend werden wesentliche Komponenten des Sachwertverfahrens, das
sich als substanzorientiertes Verfahren an den Ersatzbeschaffungskosten
43
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
orientiert, erörtert. Der Bodenwert ist abhängig von der Flächenwidmung
(Wohnbaugebiet, Grünland, etc.), der Lage und der infrastrukturellen
Erschließung, der Baureifmachung (Wasser-, Gas-, Kanal- und
Stromanschluss), der Größe des Grundstückes und der Grundstücksform
sowie der Bodenbeschaffenheit (Bodenklasse, Grundwasserverhältnisse,
Bodenrelief, Bodenbelastung) und einer ev. Bebauung oder Bestockung
(Baumbestand). Der Boden ist ein unbeschränkt nutzbares Gut, sodass keine
Restnutzungsdauer zu berücksichtigen ist.
Unter
dem
Herstellungswert
werden
die
durchschnittlichen
Herstellungskosten, die aufgewendet hätten werden müssten, wenn das
Gebäude am Bewertungsstichtag errichtet würde. Zu den Herstellungskosten
zählen neben den eigentlichen Baukosten auch die Nebenkosten, wie z.B.
die Planung und Bauvorbereitung und Finanzierung des Projektes.
Herstellungskosten entstehen sowohl für Gebäude als auch für
Außenanlagen.
Von Wertminderung wegen Baumängeln und Schäden spricht man, wenn
die Wohnimmobilie nicht dem Stand der Technik entspricht. Die Ursachen
können einerseits durch Bauschäden die in der Folge zu Folgemängeln
führen oder durch extreme externe Einflüsse bzw. die Nichtdurchführung
der laufenden Instandsetzung.
Unter der Wertminderung infolge Alterung und Abnutzung versteht man den
Wertverlust des Gebäudes der durch den üblichen Verschleiß durch laufende
Nutzung entsteht. Hinsichtlich des Alters der Wohnimmobilie wird zwischen
technischer und wirtschaftlicher Restnutzungsdauer differenziert.
Abhängig von der Art der Nutzung und der Gebäudeart und Ausstattung
wurden verschiedene Wertminderungskurven entwickelt. Auch durch
überdurchschnittlich hohe Nutzungskosten und besondere Umstände
(verlorener Bauaufwand, schlechte Flächenökonomie) kann eine
Wertminderung auftreten. Auch sonstige Umstände, wie z.B.
Denkmalschutz oder ungeeignete Baustoffe (Asbestzement, etc.) kann eine
Wertminderung bewirkt werden. Außenanlagen werden analog Gebäuden
durch die Herstellungskosten und entsprechende Wertminderungen bewertet.
Durch die Summierung von Liegenschaftswert, Gebäudewert und Wert der
Außenanlagen wird der Sachwert der Liegenschaft ermittelt.
44
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Bei der Ableitung des Verkehrswertes aus dem Sachwert der Liegenschaft
sind die generelle Marktlage, die Marktbesonderheiten der bewerteten
Immobilie, z.B. Häuser mit Übergröße, der Grad der Zweckgebundenheit,
die Besonderheiten des Standortes für die Nutzung, der Denkmalschutz und
sonstige marktrelevante Rahmenbedingungen (Leibrenten, Nutzungsrechte,
etc.) zu berücksichtigen.
2.2.2.3
Ertragswertverfahren
Ausgangsüberlegung für die Anwendung des Ertragswertverfahrens zur
Ermittlung des Verkehrswertes ist die Feststellung, dass der Wert eines
Renditeobjektes von den Erträgen der Wohnimmobilie dominiert ist.
Nachstehend wird das Ablaufschema über die Ermittlung des
Verkehrswertes im Ertragswertverfahren abgebildet:
Abbildung
Schema Ertragswertverfahren
45
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Das Verfahren ist zweigliedrig, da der Barwert aus den Gebäudeerträgen für
die Restnutzungsdauer der Wohnimmobilie ermittelt wird, während beim
Ertrag aus dem Grundstück von einem ewigen Bestand ausgegangen wird.
Das Ertragswertverfahren, das den Wert aus den Erträgen der
Wohnimmobilie ableitet, wird im Wesentlichen durch die Komponenten
Bodenwert, Reinertrag, Bewirtschaftungskosten, Liegenschaftszins und
Restnutzungsdauer determiniert.
Der Bodenwert wird im Regelfall anhand des Vergleichswertverfahren
ermittelt, unabhängig davon, ob es sich um bebaute oder unbebaute
Grundstücke handelt. Die Vertreter der These vom „gedämpften Bodenwert“
gehen von einem Abschlag für bebaute Liegenschaften aus, da die
Dispositionsfreiheit eingeschränkt ist. Insbesondere gilt dies, wenn das
Ausmaß der tatsächlichen Bebauung hinter der rechtlich zulässigen
Bebauung zurückbleibt.
Bei der Ermittlung des Gebäudewertes wird vom Rohertrag auf den
Reinertrag der Wohnimmobilie geschlossen.
Der Jahresrohertrag umfasst alle bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und
zulässiger Nutzung nachhaltig erzielbaren Einnahmen aus dem Grundstück,
wie insbesondere Mieten und Pachten in einem Jahr. Die Höhe der Erträge
ist maßgeblich davon abhängig, ob die Wohnimmobilie unter das
Mietrechtsgesetz fällt oder nach den bestandsrechtlichen Bestimmungen des
Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches behandelt wird. Die tatsächlichen
Erträge des Wohnobjektes dürfen nicht ungeprüft in die Bewertung
übernommen werden, sondern nur wenn die Nachhaltigkeit überprüft und
festgestellt wurde.
Werden die Bewirtschaftungskosten, die je nach Rechtsgrundlage
unterschiedlich gegliedert werden, vom Jahresrohertrag abgezogen ergibt
sich der Jahresreinertrag. Beispielsweise werden die Nutzungskosten nach
ÖNORM B 1801-2, wie folgt gegliedert:
46
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
• KAPITALKOSTEN
• Fremdmittel
• Eigenleistungen
• ABSCHREIBUNGEN
• Ordentliche Abschreibungen
• Außerordentliche Abschreibungen
• STEUERN UND ABGABEN
• Steuern
• Abgaben
• VERWALTUNGSKOSTEN
• Eigenleistungen
• Fremdleistungen
• BETRIEBSKOSTEN
• Ver- und Entsorgung
• Aufsichtsdienste
• Technische Dienstleistungen
• Objektreinigung
• Sonstige Dienstleistungen
• ERHALTUNGSKOSTEN
• Instandhaltungskosten
• Instandsetzungskosten
• Restaurierungskosten
• SONSTIGE KOSTEN
Vom Jahresreinertrag werden auch das Mietausfallwagnis und die
Verzinsung des Bodenwertes abgezogen. Dadurch wird der Reinertrag der
baulichen Anlage ermittelt. Die Bodenwertverzinsung wird abgezogen, da
diese bei den Einnahmen des Jahresrohertrages bereits berücksichtigt ist.
Dieser Reinertrag der baulichen Anlage wird mit dem Vervielfältiger
multipliziert. Der Vervielfältiger richtet sich nach dem Liegenschaftszinssatz
und der Restnutzungsdauer. Im verwendeten Zinssatz sollten die
allgemeinen Risiken, wie z.B. durch Konjunkturschwankungen,
branchenbedingte Probleme, Umweltprobleme und das spezielle Risiko
durch die besondere Lage und Situation der bewerteten Liegenschaft und die
geringe Mobilität bzw. Verwendungsänderung berücksichtigt werden. Die
Bedeutung der Einflussfaktoren zeigt sich durch die Bandbreite beim
47
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
empfohlenen Liegenschaftszinssatz, zwischen 2,0 und 5,5% für
Wohnliegenschaften. Durch die Multiplikation von Reinertrag der baulichen
Anlage mit dem Vervielfältiger ergibt sich der Gebäudeertrag. Wird die
Wertminderung durch Schäden und Mängel abgezogen, ergibt sich der
Bauwert der Gebäude.
Durch die Addition von Bodenwert mit dem Bauwert der Gebäude und dem
Bauwert der Außenanlagen ergibt sich der Ertragswert der Liegenschaft.
2.2.2.4
Kritik und Verbesserungsansätze
Die Verfahren der konventionellen Wertermittlung sind aufgrund des
dynamischen Wandels der Nachfrage, höheren Risiken, zunehmendem
Wettbewerb
und
komplexen
Interdependenzen
zwischen
den
Wohnungsmarktakteuren zunehmend problematisch.
Das Vergleichswertverfahren scheint aufgrund des Marktbezuges zur
Ermittlung des Verkehrswertes auf den ersten Blick gut geeignet, als Mangel
in der zugrunde liegenden Theorie ist anzuführen, dass die auf dem Markt
erzielten Verkaufspreise mit einem Wert verglichen werden. Dies ist
unbedenklich, solange der Preis nicht durch besondere Umstände beeinflusst
wurde, die der Definition des Verkehrswertes widersprechen. Operativ
wären für die Anwendung des Vergleichswertverfahren eine entsprechende
Anzahl von Vergleichspreisen, qualitative Informationen zu diesen
Vergleichspreisen und Umrechnungskoeffizienten erforderlich, sodass deren
Affinität zur bewertenden Wohnimmobilie überprüft werden kann.
Aufgrund fehlender diesbezüglich zugänglicher Datenbanken in Österreich,
der Heterogenität von Wohnimmobilien und des dynamischen Wandels im
Zeitablauf sind diese Anforderungen nur selten im erforderlichen Umfang
gegeben.
Die theoretische Eignung des Vergleichswertverfahren erscheint unstrittig,
die praktische Umsetzung scheitert jedoch in Österreich vielfach an der
Operationalisierung mangels entsprechender Vergleichspreise sowie
Informationen zur Qualität der Vergleichsimmobilien, wobei insbesondere
die Umrechnungen und Anpassungen durch Vergleichsrechnungen zwischen
48
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Wertermittlungsgrundstück
problematisch sind.
und
Vergleichsgrundstücken
teilweise
Das Sachwertverfahren basiert auf substanzorientierten Ansätzen, die auf
den Kosten für das Grundstück und das Gebäude aufbauen. Der
Substanzwert wird nach mathematisch mehr oder weniger exakten
Verfahren errechnet, die daher zusätzlich erforderliche Marktanpassung
stellt einen Verfahrensbruch und den größten Schwachpunkt des Verfahrens
dar. Die Marktanpassung ist systematisch schwer nachvollziehbar
darzustellen, außer der Verkehrswert wäre bekannt. Es wird daher eine
mangelnde Marktnähe des Sachwertverfahrens konstatiert.
Ein weiterer Schwachpunkt des Sachwertverfahrens liegt in der Vergangenheitsorientierung, da historische Herstellungskosten und problematisch zu
belegende Wertminderungsansätze zum Sachwert führen. Das
Entwertungsproblem kann durch die Gleichstellung vom Alter der
Wohnimmobilie und Entwertung nicht abschließend gelöst werden, da der
Wert primär mit dem Nutzen und nicht mit dem Alter der Wohnimmobilie
korreliert. Die nutzerseitigen Anforderungen unterliegen einem Wandel, der
durch die Wohnung im Zeitablauf besser oder schlechter erfüllt wird,
andererseits werden Verbesserungen bzw. immobilienseitige Anpassungen
(Renovierung) nicht laufend sondern periodisch umgesetzt. Das
Sachwertverfahren berücksichtigt primär die Sichtweise des Anbieters einer
Immobilie, die Sicht des Nachfragers und somit des Nutzens bleibt
weitgehend - außer dem Aspekt der Marktanpassung - unbeleuchtet. Auch
wenn davon ausgegangen wird, dass der Sachwert korrekt und nachvollziehbar ermittelt wird, stellt sich die Frage, inwieweit die auf den
Bewertungsstichtag ab geminderten Herstellungskosten dem Verkehrswert
entsprechen. Dies hat dazu geführt, dass einzelne Autoren den Sachwert aus
der Bewertung verbannen, andere den Substanzwert als Synonym für
künftiges Leistungspotential (um)definieren.
Zusammenfassend sind die mangelnde Marktorientierung und die
unzureichende Berücksichtigung der Nachfrageaspekte zentrale Mängel des
Sachwertverfahrens.
Das Ertragswertverfahren basiert auf der Annahme, dass der Wert einer
unter Renditeaspekte erworbenen Wohnimmobilie von den Erträgen, die
49
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
sich aufgrund der zukünftigen Nutzenpotentiale erzielen lassen, determiniert
wird.
Der nachhaltige Jahresreinertrag und Zinssatz sind die dominanten Faktoren
für die Wertermittlung nach dem Ertragswertverfahren, wobei relativ
geringfügige Änderungen dieser Indikatoren, erhebliche ergebnisrelevante
Auswirkungen haben. Als zentrale Nachteile des Ertragswertverfahren sind
die impliziten Ansätze zu nennen, beispielsweise sollen durch den Zinssatz
verschiedenste Aspekte, wie z.B. die Nachfrageentwicklung, die sich
ändernden Marktrahmenbedingungen, etc. abgedeckt werden, wobei in
Österreich keine Gutachterausschüsse existieren, die Zinssätze festlegen.
Auch die häufig getroffene Annahme, dass der Bewirtschaftungsaufwand
einem Prozentsatz des Mietertrages entspricht, ist abzulehnen, da diese
Kosten mit den Herstellungskosten korrelieren und nicht mit den
Mietkosten. Ein weiterer Nachteil des Ertragswertverfahrens liegt in der
einseitigen Fokussierung auf die Ziele des Wohnungsmarktanbieters.
Im Hinblick auf die Lebenszyklusbetrachtung von Wohnimmobilien ist den
Nutzenaspekten, d.h. der Erfüllung der sich ändernden Nutzenanforderungen
und der Höhe der investorunabhängigen Nutzenkosten (zweite Miete) eine
hohe Bedeutung für den Wert beizumessen.
Generell werden gegenüber
Vorbehalte angeführt:
dem
Kapitalwertkonzept
nachstehende
• Die in Zukunft anfallenden und abzuzinsenden Finanzströme
(nachhaltiger Reinertrag) sind nicht bekannt und nur grob vorhersehbar
• Der Zeithorizont (wirtschaftliche Restnutzungsdauer), bis zu dem
Vorausschätzungen erfolgen sollen, ist unbestimmt
• Der Zinssatz, mit dem die Abzinsung erfolgen soll, kann insbesondere
im Hinblick auf die zu berücksichtigende Risikoprämie nur vage
geschätzt werden
• Die Verwendung konstanter Wachstumsraten ist fragwürdig und geht am
Problem der sich dynamisch entwickelnden Ökonomie vorbei
Auch tragen die vielfältigen Interdependenzen und Synergien zwischen den
einzelnen Stakeholdern und die Unvollkommenheit des Marktes zur
Komplexitätssteigerung bei.
50
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Als Nachteil aller drei konventionellen Wertermittlungsverfahren ist
deren mangelnde theoretische Fundierung, die vergangenheitsbezogene
Betrachtung, die implizitern Ansätze und die fehlende ganzheitliche
Ausrichtung und die unzureichende Berücksichtigung der zukünftigen
Einflussnahme durch die verschiedenen Wohnungsmarktakteure auf den
Verkehrswert anzuführen. Insbesondere wird die Bedeutung der
Vergangenheitsdaten von Ökonomen für den Marktwert gering eingeschätzt.
Die vorstehenden Ausführungen zeigen auch die Bedeutung der
Zweckbezogenheit von Gutachten, z.B. ist für renditeorientierte Sichtweisen
das Ertragswertverfahren, für substanzorientierte Sichtweisen, wie z.B. die
Wiederherstellungskosten im Versicherungsfall das Sachwertverfahren die
eher geeignete Methode.
Der Grundstücksmarkt wird nicht von Juristen, Ingenieuren und
Betriebswirten, sondern überwiegend normalen Verkäufern und Käufern
gestaltet, es ist daher notwenig, den Markt für Wohnimmobilien laufend zu
beobachten. Es ist ein Übergewicht juristischer und formaler Bezüge
gegenüber marktwirtschaftlichen Denkweisen festzustellen. Faktisch
überwiegt
die
Orientierung
an
formalen
Verfahrenabläufen
(Sachwertverfahren, Ertragswertverfahren, etc.) gegenüber ökonomischen
Marktbetrachtungen durch die Sachverständigen. Dies scheint eher durch
den Usus und die Ausbildung der Gutachter bedingt, als durch die
legistischen Grundlagen in Österreich, da das LBG die Anwendung von
Wertermittlungsverfahren vorschreibt, die dem Stand der Wissenschaft
entsprechen und nur demonstrativ die drei Verfahren anführt.
Ausgehend von den gutspezifischen Besonderheiten, den psychologischen
und soziologischen Aspekten, dem Stakeholderkonzept und den Problemen
der konventionellen Wertermittlungsverfahren, wird daher im nächsten
Kapitel
ein
ganzheitlich
ausgerichtetes,
zukunftsorientiertes
Immobilienwertmodell entwickelt, dass die Einflussmöglichkeiten der
Wohnungsmarktakteure auf die Wertentwicklung von Wohnimmobilien
explizit berücksichtigt. Ziel ist die Darstellung der wesentlichen Faktoren
und Eingangsparameter für die Wertentwicklung von Wohnimmobilien.
51
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
2.2.2
Nicht kodifzierte Verfahren
2.2.2.1
Discounted Cashflow (DCF) (nach Ross-Brachmann)
Die so genannte DCF-Methode ist ein international weit verbreitetes
Verfahren, das insbesondere in den angelsächsischen Ländern eine hohe
Verbreitung genießt.
Es handelt sich um ein so genanntes „Barwertverfahren“: Aus dem
Eigentum an einer Immobilie resultieren jährliche Einnahmen und
Ausgaben, deren Saldo als Cash-Flow bezeichnet wird. Über einen frei
gewählten Beobachtungszeitraum (in der Regel zwischen 8 und 15 Jahren
wird der jährliche Cash-Flow aus der zu bewertenden Immobilie ermittelt,
auf den Bewertungsstichtag abdiskontiert und die Summe der einzelnen
Barwerte ermittelt.
Zum Ablauf des Betrachtungszeitraums wird der Restwert der Immobilie
geschätzt und der Verkaufserlös (Bruttoverkaufserlös abzüglich
Verkaufsnebenkosten) ebenfalls auf den Bewertungsstichtag diskontiert. Zur
Schätzung des Bruttoverkaufserlöses wird regelmäßig auf den
Rohertragsvervielfältiger zurückgegriffen; da dieser allerdings für einen
Schätzhorizont von 8 bis 15 Jahren kaum gesichert abgeleitet werden kann,
wird er in der Regel in Orientierung an den Vervielfältiger in Ansatz
gebracht, der zum Bewertungszeitpunkt als angemessen und marktkonform
angesehen wird, d.h. er wird in gleicher Höhe oder geringfügig (bis zu einer
Jahresrohmiete) niedriger gewählt.
Anwendungsbereiche des DCF-Verfahrens
Das DCF-Verfahren wird in der Praxis nicht nur als Bewertungsverfahren
sondern auch zur Analyse von Investitionsentscheidungen eingesetzt:
Während zu Bewertungszwecken lediglich objektive Größen Eingang finden
dürfen, können zur Beurteilung und Analyse von Investitionsentscheidungen
spezifische Besonderheiten des betreffenden Investments/Investors
berücksichtigt werden; dies sind u. a. Finanzierungskonditionen, steuerliche
Effekte und subjektive Präferenzen des Investors.
Diese unterschiedliche Ausrichtung des Verfahrens findet auch im
anzuwendenden Zinssatz ihren Niederschlag:
52
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
• Bei Einsatz des Verfahrens zu Bewertungszwecken ist der interne
Zinssatz zu ermitteln; es handelt sich wie beim klassischen
Ertragswertverfahren um den Zinssatz, der bei der Anwendung zum
Verkehrswert führt; er ist dementsprechend aus dem Marktgeschehen
abzuleiten; man spricht vom I.R.R.-Verfahren (Internal rate of
Return).
• Bei der Verwendung des Verfahrens zur Beurteilung und Analyse von
Investitionsentscheidungen kommt ein investitionsorientierter
Zinssatz zur Anwendung (Net Present Value Methode); er leitet sich –
je nach Ausgangslage – aus der Verzinsung der Alternativinvestition,
der Finanzierung der geplanten Investition oder anderen subjektiven
Kriterien ab.
Zum Einsatz zu Bewertungszwecken eignet sich jedoch nur das auf Basis
objektiver Größen durchgeführte DCF-Verfahren.
DCF-Verfahren versus Ertragswertverfahren
Der Vergleich zwischen DCF-Verfahren und Ertragswertverfahren hat sich
in den letzten Jahren zu einem „Methodenstreit“ entwickelt: Insbesondere
die nicht sachgerechte Behauptung, dass die Ertragswertermittlung nur
Vergangenheitsgrößen berücksichtigt und damit als „veraltet“ beurteilt wird,
wohingegen in die DCF-Methode durchaus auch Zukunftserwartungen und
Prognosen einfließen können und ihm das Image des dynamischen
zukunftsorientierten Prognoseverfahren zugesprochen wird, ist dieser
Diskussion sicherlich nicht förderlich.
Bei sachlicher Betrachtung muss letztendlich festgestellt werden, dass das
Ergebnis jedes der beiden Verfahren weniger von seiner Methode, als
vielmehr von den jeweiligen Eingangsgrößen und der Bewertungskompetenz
seines Anwenders abhängig ist.
Auch die sachgerechte Anwendung des Ertragswertverfahren stellt
ausschließlich auf die zukünftigen Erträge ab und sieht zudem die
Möglichkeit vor, Besonderheiten hinsichtlich der Zahlungsströme zu
berücksichtigen; allerdings müssen diese auf dem Weg von
Sonderrechnungen in das Verfahren eingeführt werden. Dies gilt auf der
53
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Einnahmenseite für Ausgangssituationen wie die Vermietung ober- bzw.
unterhalb des Marktniveaus, Staffelmietvereinbarungen, Leerstände und
mietfreie Zeiten sowie auf der Ausgabenseite für die differenzierte
Behandlung von fixen und inflationsabhängigen Kosten sowie für die
zeitgerechte Berücksichtigung von größeren Instandhaltungsmaßnahmen.
Das auf Grund seiner Berechnungsmethodik primär dynamisch ausgelegte
DCF-Verfahren hat allerdings ohne Zweifel folgende Vorteile:
Es ermöglicht eine differenzierte Darstellung der Entwicklung von einzelnen
Einnahmeund
Ausgabeströmen,
d.h.
besondere
vertragliche
Vereinbarungen und die Konsequenzen unterschiedlicher Mietverhältnisse
können besser dargestellt werden.
Auf Grund der periodenweisen Aufführung der Einnahmen und Ausgaben
ist insgesamt eine transparentere Darstellung möglich; aperiodisch
auftretende Kosten können besser in die Berechnungen eingeführt werden;
z.B. Revitalisierungs- und Modernisierungskosten.
Dem stehen jedoch auch Risiken und Nachteile gegenüber:
Die differenzierten Darstellungsmöglichkeiten verleiten zu Scheingenauigkeiten; nicht in allen Bewertungsfällen ist es erforderlich – die
Möglichkeiten der Methode auszureizen oder überzustrapazieren; es handelt
sich letztendlich um eine Schätzung. Grundsätzlich gilt, dass das Ergebnis
jeder Berechnung nur so gut ist wie seine Eingangsgrößen.
Die Wahl des angemessenen/sachgerechten Zinssatzes ist das zentrale
Problem des DCF-Verfahrens; hierzu sind Informationen über den CashFlow von Vergleichsobjekten sowie interne Zinssätze bei Veräußerungen
erforderlich. Die differenzierte Rechenmethodik des DCF-Verfahrens, die
die Besonderheiten des Einzelobjektes herausstellt, wird bei Rückrechnung
kaum zu einer ausreichenden Anzahl von Vergleichsobjekten für eine
gesicherte Ableitung des internen Zinssatzes führen. Für den
Liegenschaftszins beim Ertragswertverfahren stehen demgegenüber –
zumindest derzeit noch – deutlich mehr Kaufpreisauswertungen zur
Verfügung.
54
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Die Methodik der pauschalen Schätzung des Verkaufserlöses der Immobilie
nach Ablauf der Betrachtungszeit (8 – 15 Jahre) wird der Bedeutung dieser
Wertkomponente innerhalb der Gesamtrechnung nicht gerecht: Bei einem
Bürogebäude mit einer Gesamtnutzungsdauer von 60 Jahren ist der
Beobachtungszeitraum der ersten 10 Jahre nur in einer Größenordnung
zwischen 40 und 50 % für den gesamtwert der Immobilie Wert bildend; der
verbleibende Teil von über 50 % wird durch den diskontierten Verkaufserlös
gebildet.
Ausblick
In der Praxis findet das DCF-Verfahren derzeit noch überwiegend zur
Vorbereitung und Analyse von Investitionsentscheidungen Anwendung. Zu
seiner Anwendung als alleinigem Bewertungsverfahren fehlt es sowohl an
einer qualifizierten Auswertung von aus dem Marktgeschehen abgeleitetem
methodengerechten Zinssätzen (Internal Rate of Return) sowie dem
einzelnen Sachverständigen am „Gefühl für eben diesen Zinssatz“, der
keinen Bezug zum bekannten Liegenschaftszinssatz hat. Die
finanzmathematische Methodik hingegen ist – insbesondere mit Hilfe
entsprechender EDV-Programme – leicht erlern- und beherrschbar.
Für das DCF-Verfahren sprechen nicht nur die oben aufgezeigten Vorteile
bei der Darstellung und Berechnung komplexer Zahlungsströme, sondern
auch die Harmonisierungsbestrebungen im Europäischen Raum hinsichtlich
der Bewertungsverfahren. Dabei steht zu erwarten, dass die weit verbreiteten
angelsächsischen Bewertungsverfahren zunehmend Bedeutung erlangen und
mittelfristig zumindest gleichwertig neben den österreichischen und
deutschen Verfahren Akzeptanz und Anwendung finden.
2.2.2.2
Residualwertverfahren (nach Ross-Brachmann)
Diese Verfahren kann zur Bewertung von Grundstücken herangezogen
werden und zwar für den Bodenwert bebauter Grundstücke mit
untergeordneter bzw. minderwertiger Bebauung bzw. für unbebaute
Grundstücke, die auf Grund ihrer planungsrechtlichen Prämissen und der
Rahmenbedingungen des Marktes zu einer kurzfristigen Bebauung geeignet
sind.
55
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Das Verfahren unterstellt eine fiktive, wirtschaftlich sinnvolle Bebauung des
bereffenden Grundstücks, ermittelt dessen möglichen Veräußerungserlös
nach Fertigstellung und bringt hiervon alle im Zusammenhang mit der
Bebauung, Vermarktung und Finanzierung anfallenden Kosten inkl. Eines
angemessenen Unternehmergewinns in Abzug; zudem werden die
Erwerbsneben- und Vorhaltekosten des Grundstücks berücksichtigt. Als
Ergebnis von Erlös und Kosten ergibt sich der aus der Sicht eines Investors
für das unbebaute Grundstück maximal zahlbare Kaufpreis.
Schwächen des Verfahrens
Die Eingangsgrößen sind schwierig zu ermitteln. Die Ermittlung des
Verkaufserlöses nach Fertigstellung der geplanten Baumaßnahme basiert auf
Prognosen der nachhaltigen Mieten zum Zeitpunkt der Fertigstellung; aus
diesem langen Prognosehorizont resultieren erhebliche Risiken, z.B. die
Gefahr sich verändernder Marktbedingungen. Auch die Überschreitung von
kalkulierten Baukosten gehört zu den regelmäßig auftretenden
„Phänomenen“ bei der Realisierung von Immobilienprojekten.
Die Methode ist sehr fehleranfällig, d.h. geringe Abweichungen bei den
Eingangsgrößen führen zu großen Veränderungen beim Ergebnis. Da
insbesondere die beiden Parameter „Verkaufserlös“ und „Herstellkosten“
jeweils regelmäßig eine hohe absolute Wertgröße haben, wirken sich bereits
geringe Veränderungen/Fehler bei deren Kalkulation überproportional stark
auf das vergleichsweise kleine Residuum (Bodenwert) aus.
2.2.2.2
Modell der Hedonischen Preise
Die Beobachtung lehrt, dass auf dem städtischen Bodenmarkt bestimmte
Grundstücke mit sehr unterschiedlicher Ausprägung ihrer Eigenschaften
gleiche Preise, hingegen bestimmte Grundstücke, in denen einzelne
Eigenschaften gleich ausgeprägt sind, sehr verschiedene Preise erzielen
können. Diese Beobachtung deutet darauf, dass städtische Grundstücke nicht
nur in der Dimension Menge oder Größe (nach Flächeneinheiten) zu
bewerten sind, sondern dass ihr Wert vieldimensional gemessen werden
muss.
56
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Unter diesem Aspekt gilt für Grundstücke im Besonderen die Feststellung
von K. LANCASTER, wonach nicht Güter an sich, sondern die Ausprägung
ihrer Eigenschaften den Bezug zum individuellen Nutzen, zu den
Präferenzen und konsumtechnologischen Bedingungen ihrer Nutzer
herstellen. Danach stellt sich die methodische Frage, wie die Preisbildung
auf dem Grundstücksmarkt mit Hilfe des konsumtechnologischen Ansatzes
von K. LANCASTER modelliert werden kann. Jedenfalls kommen die
Grundstückspreise nicht wie auf Märkten für homogene Güter zustande,
indem sich die nachgefragte Menge beim sogenannten Gleichgewichtspreis
mit der Angebotsmenge deckt. Vielmehr gilt für städtische Grundstücke (im
Sinne von W. ALONSO), dass einerseits dem Nachfrager und Nutzer bei
derselben Zahlungsbereitschaft Grundstücke mit sehr unterschiedlichem
Eigenschaftenprofil zur Wahl stehen können, dass andererseits jedoch auch
für den Anbieter eines Grundstücks Nachfrager bzw. Nutzer mit sehr
verschiedenen Präferenzen und nutzungstechnologischen Vorstellungen
gleichwertige Vertragspartner für eine Transaktion sein können. Nimmt man
an, dass sich auf dem städtischen Bodenmarkt jedes Grundstück von jedem
anderen in seinem Eigenschaftenprofil unterscheidet, dann entspricht jedem
Grundstück eine eigene Nachfragermenge, während sich zugleich jeder
Nachfrager ein eigenes Sortiment verschiedener ihn interessierenden Grundstücke schafft. Dabei bezieht sich die Preisforderung des
Grundstücksanbieters auf Nachfrager bzw. Nutzer mit verschiedenen
Konsum- bzw. Produktionstechnologien und Präferenzen; die Bereitschaft
der Nachfrager, das betreffende Grundstück zu einem bestimmten Preis zu
erwerben, beruht hingegen auf dem Vergleich verschiedener Grundstücke,
die in gleicher Weise für beabsichtige Nutzungstechnologien geeignet sind
bzw. den besonderen Präferenzen dieses potentiellen Nutzers entsprechen.
Den städtischen Grundstücksmarkt kennzeichnet es danach, dass die
Nachfrager und Nutzer nicht die gewünschten Eigenschaften der sie
interessierenden Grundstücke getrennt kaufen und nach ihren Präferenzen
und nutzungstechnologischen Erfordernissen beliebig bündeln können,
sondern dass sie das aktuell immer sehr beschränkte Angebot von
Grundstücken
darauf
überprüfen
müssen,
in
welchem
der
grundstücksspezifischen
Eigenschaftenbündel
sie
ihre
nutzungstechnologischen Vorstellungen und Präferenzen am besten verwirklichen
können. Bei ihrer Kaufentscheidung müssen dann die Nachfrager in der
Regel notwendigerweise in Kauf nehmen, dass in dem Eigenschaftsprofil
des erworbenen Grundstücks ein Teil ihrer nutzungstechnologisch begründet
57
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
gewünschten Eigenschaftsausprägungen nicht, hingegen andere unter
Umständen nutzungstechnologisch schädliche Eigenschaftsausprägungen
unerwünscht enthalten sind.
Unter diesem Aspekt können die Eigenschaften von städtischen
Grundstücken als nachgeordnete Güter (und Übel), die einzelnen
Eigenschaftsausprägungen als Gut- und Übelmengen, angesehen werden.
Innerhalb jedes einzelnen Grundstücks (als "Güterbündel") sind Güter und
Übel gekoppelt.
Mit solcherart begrifflichen Vorverständnis hat S. ROSEN (aufbauend auf
A. COURT, K. LANCASTER und W. ALONSO) für analoge
Anwendungen das "Modell der Hedonischen Preise" für die marktliche
"implizit-Bewertung" der Eigenschaften von Gütern entwickelt. Mit der
Methode der hedonischen("Liebhaber"-)Preise ergibt sich der Grundstückspreis als Summe aus den implizit-bewerteten Einzelpreisen für die im
Grundstück gekoppelten Güter und Übel (=Eigenschaften in ihren
Ausprägungen).
Auf die Frage, wie hedonische Preise aus den Ausprägungen der
zugeordneten Grundstückseigenschaften abgeleitet werden können, gibt die
umfangreiche Literatur (vgl. u.a. J. ROTHENBERG, G.C. GALSTER, R.V.
BUTLER und J. PITKIN) keine eindeutige Auskunft. Im allgemeinen wird
die These vertreten, dass der hedonische Preis für eine Guteigenschaft nicht
linear mit deren Ausprägungsmenge zunimmt (Bei negativen Eigenschaften
sollte der hedonische Preis in entsprechender Weise mit deren
Ausprägungsmengen abnehmen). In der empirischen Analyse können
Preisfunktionen für die im einzelnen Gut "Grundstück" gebündelten
Eigenschaften (nach üblichen statistischen Verfahren) nur mit den
durchschnittlichen Ausprägungsmengen der Eigenschaften zu einzelnen
Grundstücken - und nicht marginal (wie auf homogenen Märkten für das von
verschiedenen Anbietern zuletzt produzierte Gut) ermittelt werden.
Aus diesem methodischen Problem folgt, dass entweder die Funktion der
hedonischen Preise für die Ausprägungen der einzelnen Grundstückseigenschaften oder die Funktion, mit der aus den einzelnen hedonischen
Preisen der Gesamtpreis für Grundstücke gebildet wird, nicht-linear sind.
58
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Im Sinne des Modells von S. ROSEN werden im Folgenden die hedonischen
Preise für die Eigenschaften eines Grundstücks formalisiert:
Es wird davon ausgegangen, dass ein Haushalt aus seinem Einkommen E für
ein Grundstück einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen bereit ist. Dafür
stehen ihm unterschiedliche Grundstücke G mit den Eigenschaften g1, g2, g3,
...., gn zur Wahl.
G = (g1, g2 ... gn)
Aus jeder der Grundstückseigenschaften gi zieht der Haushalt seinen Nutzen
oder Schaden. Die Bereitschaft ϕ, für ein bestimmtes Grundstück G einen
Preis zu zahlen, ergibt sich aus dem Haushaltseinkommen y und aus den
Präferenzen für die einzelnen Grundstückseigenschaften.
ϕ = ϕ(g1, g2 ... gn; y; α)
wobei α den Vektor der eigenschaftenspezifischen Präferenzen
kennzeichnet. Man kann (im Sinne von S. ROSEN u.a.) unterstellen, dass
die Ausprägungen der einzelnen Grundstückseigenschaften analog wie die
Mengen einzelner Güter behandelt werden können und damit die
entsprechenden Nutzenfunktionen konkav sind. Dann wird die
Zahlungsbereitschaft für das Grundstück (als "Bündel von Eigenschaften")
mit der Ausprägung jeder einzelnen positiven Eigenschaft zu-, jeder
einzelnen negativen Eigenschaft abnehmen; die Veränderung ist allerdings
degressiv. Die partielle Ableitung der Zahlungsbereitschaft für ein
Grundstück i nach der Ausprägung einer bestimmten Grundstückseigenschaft δϕ/δgi offenbart die Zahlungsbereitschaft des Haushalts für die
Eigenschaft gi. S. ROSEN nimmt an, dass die marginale Zahlungsbereitschaft der Nachfrager für eine Eigenschaft mit deren zunehmender
Ausprägungsmenge, wenn positiv, abnimmt.
Symmetrisch zur Zahlungsbereitschaft der Nachfrage der Haushalte kann im
Prinzip die Preiserwartung der Anbieter von Grundstücken beschrieben
werden. Dabei ist ϕ der Preis, den ein Besitzer beim Verkauf seines
Grundstücks erwartet. Indem die Besitzer in der Regel ihr Grundstück
entweder selbst nutzen oder von Fremden nutzen lassen, ziehen sie aus der
aktuellen Nutzung ihren Ertrag x und bewerten diesen nutzungstechno59
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
logisch mit eigenen Präferenzen ß. An diesen Werten orientieren die
Anbieter von Grundstücken ihre Minimalforderung an Verkaufspreisen.
ψ = ψ (g1,g2 ... gm, x, ß),
wobei ß den Vektor der eigenschaftenspezifischen Präferenzen des Besitzers
bzw. des Vornutzers des Grundstücks ausdrückt. Man kann im Sinne von S.
ROSEN u.a. unterstellen, dass die Nutzen- bzw. Ertragsfunktion der
Anbieter von Grundstücken konvex ist, so dass auch die Preiserwartung ψ
der Grundstücksanbieter mit der Ausprägungsmenge einer jeden positiven
Grundstückseigenschaft zunimmt. Der Marktpreis für das Grundstück i
ergibt sich dann nach den klassischen Kriterien, wenn die Zahlungsbereitschaft seines Nachfragers und die Preisforderung seines Anbieters
identisch sind.
(ψi = ψi)
Das hier beschriebene Modell für die marktliche implizit-Bewertung von
Gütern liefert in dieser Forschungsarbeit die Erklärung dafür, dass virtuelle
Preise für Grundstücke geschätzt werden können, deren Eigenschaften zwar
unmittelbar bekannt, deren hedonische Preise hingegen aus Funktionen
übernommen werden, die aus zuvor bekannten Grundstückspreisen geschätzt
worden sind.
60
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Die Modelle GPSIM und ÖGRUSIM
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit Hedonischen
Preisen
Methoden
Logarithmische Regressionsanalyse
Ln (P) = C + α1E1 + α2E2 + … + αnEn
P = EXP (C + α1E1 + α2E2 + … + αnEn)
P…
Ei …
αi …
C…
Preis des Gutes
Eigenschaften
zu schätzende Parameter (Preise der Eigenschaften)
Modellkonstante
Preis des Gutes:
Produkt der Preise der Eigenschaften
(Auf- bzw. Abschläge)
6
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit Hedonischen
Preisen
Beispiel
P = EXP (9,869 + 0.13 * BAD + 0.954 * LNM2 + 0.0076 * SOZ)
Was bedeuten die Parameter:
0.13 (BAD): EXP (0.13) = 1.1388: eine Wohnung mit Bad ist um ca. 14
% teurer als eine Wohnung ohne Bad
0.0076 (SOZ): EXP (0.0076 *10) = 1.079: Ein um 10% höherer
Akademikeranteil in der Umgebung erhöht den Preis um ca. 8 %
7
61
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit Hedonischen
Preisen
Simulation
P = EXP (9,869 + 0.13 * BAD + 0.954 * LNM2 + 0.0076 * SOZ)
(1) 80 m2, Badezimmer, 40 % Akademikeranteil in Umgebung)
P (geschätzt): EXP(9,869 + 0.13 + 4.382 * 0.954 + 0.304) =
EXP(14.4834) = 1.950.117 ATS = € 141.720
(2) 40 m2, kein Badezimmer, 5% Akademikeranteil
P (geschätzt): EXP (9,869 + 3.6889 * 0.954 + 0.038) =
EXP (13.4262) = 677.531 ATS = € 49.238
8
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit Hedonischen
Preisen
GPSIM – Analyse und Simulation Wiener Immobilien
(räumliche Bezugseinheit: Baublock)
Arten von Immobilien
•
Eigentumswohnungen (neu und gebraucht)
•
Mietwohnungen (vermietete Eigentumswohnungen): freie Mieten und
Richtwertmieten
•
Mietbüros
•
Ein- und Zweifamilienhäuser (Preise und Mieten)
•
Baugründe (nach Bauklassen bzw. erzielbarer Nutzfläche)
9
62
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit
Hedonischen Preisen
Datenbasis
•
Geschäftsfälle der Austria Immobilienbörse (A!B), vormals W!B
•
Kaufpreissammlung der MA 69
•
Zahl der Beobachtungen: ca. 50.000.-
•
Zeitperiode: 1986 – 2006
•
Ca. 1 Drittel effektive Transaktionen, ca. 2 Drittel Angebotspreise
10
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit Hedonischen
Preisen
Erklärende Variable
•
Ausstattungsvariable
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Adresse/Baublockcode
Zeitpunkt des Anbots bzw. der Transaktion
Preis/Miete
Betriebskosten / Mehrwertsteuer
Nutzfläche / Grundstücksfläche
Zustand
Baujahr
Stockwerkslage
Verfügbarkeit von Strom, Gas, Wasser, Kanal, Telefon, Kabel-TV
Zahl und Größe der Räume, Badezimmer, Balkone, Terrassen, Garagen
Heizungsart
Möblierung
11
63
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit Hedonischen
Preisen
Erklärende Variable
(2) Lagevariable
•
Naturraum: Höhenlage, Hangneigung, Nähe zu Parkanlagen,
Wasserflächen, Weingärten, Wiesen und Wäldern
•
Infrastruktur: Erreichbarkeit des Stadtzentrums im öffentlichen und im
Individualverkehr, Nähe zu Haltestellen des öffentlichen Verkehrs,
Nahversorgungsqualität
•
Soziales Milieu: Anteil der Akademiker, der Pensionisten oder von
Gastarbeitern in der Nachbarschaft
•
Ökologie: Belastungen durch Lärm oder Staub, Parkplatzsituation,
Verbauungsdichte
•
Stadtgestalt: Lage in Schutzzonen, Nähe zu Denkmälern und
Monumenten
12
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit Hedonischen
Preisen
Modellergebnisse
Baualter und Zustand der Wohnung
Hier ist angeführt, um wieviel Prozent sich eine sonst gleichgelegene und gleichausgestattete
gebrauchte Eigentumswohnung von einer Referenzkategorie = 100% (hier: sehr gut
ausgestattete Wohnung; Baujahr vor 1919) unterscheidet.
BJ: vor 1919; Zustand: gut:
BJ: vor 1919; Zustand: durchschnittlich/mäßig:
BJ: 1919-1940; Zustand: sehr gut:
BJ: 1919-1940; Zustand: gut:
BJ: 1919-1940; Zustand: durchschnittlich/mäßig:
BJ: 1946-1960; Zustand: sehr gut:
BJ: 1946-1960; Zustand: gut:
BJ: 1946-1960; Zustand: durchschnittlich/mäßig:
BJ: 1961-1970; Zustand: sehr gut:
BJ: 1961-1970; Zustand: gut:
BJ: 1961-1970; Zustand: durchschnittlich/mäßig:
BJ: 1971-1975; Zustand: sehr gut:
BJ: 1971-1975; Zustand: gut:
BJ: 1971-1975; Zustand: durchschnittlich/mäßig:
BJ: 1976-1980: (Zustand: sehr gut):
BJ: 1981-1985: (Zustand: sehr gut):
BJ: 1986-1990: (Zustand: sehr gut):
BJ: 1991 und später: (Zustand: sehr gut):
76%
69%
92%
81%
71%
95%
81%
76%
91%
82%
77%
94%
88%
79%
96%
102%
107%
117%
64
13
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit Hedonischen
Preisen
Vorhandensein von Garage und Balkon
Balkon vorhanden:
Garage/Autoabstellplatz vorhanden (nicht die Kosten):
Badezimmer vorhanden:
103%
104%
114%
14
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit Hedonischen
Preisen
Lage der Wohnung im Haus / Vorhandensein von Lift und/oder
Terrasse
Hier ist angeführt, um wieviel Prozent sich eine sonst gleichgelegene und gleichausgestattete
gebrauchte Eigentumswohnung von einer Referenzkategorie=100% (hier: Erdgeschoßwohnung
ohne Terrasse) unterscheidet.
Erdgeschoß / Terrasse /Eigengarten:
1/2 Stock / keine Terrasse:
1/2 Stock / Terrasse:
3/4 Stock / kein Lift / keine Terrasse:
3/4 Stock / kein Lift / Terrasse:
3/4 Stock / Lift / keine Terrasse:
3/4 Stock / Lift / Terrasse:
5/6 Stock / kein Lift / keine Terrasse:
5/6 Stock / kein Lift / Terrasse:
5/6 Stock / Lift / keine Terrasse:
5/6 Stock / Lift / Terrasse:
höher / kein Lift / keine Terrasse:
höher / kein Lift / Terrasse:
höher / Lift / keine Terrasse:
höher / Lift / Terrasse:
115%
101%
103%
90%
93%
105%
117%
71%
95%
108%
121%
58%
99%
108%
124%
65
15
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit Hedonischen
Preisen
Lagefaktoren
Geben an, um wie viel Prozent eine gebrauchte Eigentumswohnung, bei der ein Lagefaktor
seine maximale Ausprägung hat, teurer ist als eine sonst gleiche Wohnung, bei der dieser
Lagefaktor seine minimale Ausprägung hat
Beispiel:
Lagefaktor: Soziales Milieu (Anteil der Akademiker und Maturanten in der Nachbarschaft): 56 %.
Bedeutet, dass eine Wohnung um 56 % teurer ist, wenn in ihrer Nachbarschaft 60%
(=Maximum) Akademiker und Maturanten wohnen, als eine sonst gleiche Wohnung, wo in der
Umgebung nur 0,6 % (=Minimum) Akademiker und Maturanten wohnen.
Soziales Milieu (Akademikeranteil)
Industrie und Gewerbe in der Nachbarschaft:
Verkehrslärm
Aufwand bei der Suche von Parkplätzen
Erreichbarkeit des Stadtzentrums (mix aus IV und ÖV)
Höhenlage und Hangneigung (Fernsicht/Aussicht)
Dichte Verbauung in der Nachbarschaft
56 %
-4 %
-7,5 %
-6 %
13 %
10 %
-17 %
16
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit Hedonischen
Preisen
Lagefaktoren
Nähe zu Parks
Nähe zu Weingärten, Wälder und Wiesen
Nähe zu Wasserflächen
Nähe zu Kleingärten, Friedhöfen und sonstigen Grünflächen
Nähe zu Schutzzonen und denkmalgeschützten Gebäuden
Nähe zu kulturellen Einrichtungen
6%
20 %
2%
12 %
14 %
2%
17
66
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit Hedonischen
Preisen
Ein konkretes Beispiel
Eigentumswohnung: 1230 Maurer Lange Gasse
Baujahr: 2000
Zustand: sehr gut
Größe: 87,67 m2 davon 7,43 m2 Loggia
Badezimmer, Kellerabteil, kein Garagen/Autoabstellplatz
im 2. Stock gelegen
Ergebnis:
Baulicher Wert pro m2 : € 1.382.Grundanteil pro m2: € 544.Gesamtwert pro m2 Nutzfläche: € 1.926.-
Gesamtwert des Objektes: € 168.852.-
18
Univ. Prof.
Dr. Wolfgang Feilmayr
TU Wien
Bewertung von Immobilieneigenschaften mit Hedonischen
Preisen
Anwendungen
Immobilienindizes
Aus dem Modell können unmittelbar Indizes abgeleitet werden, die die
zeitliche Entwicklung einzelner Immobilienkategorien widerspiegeln.
Inzwischen liegen für die meisten Immobilienkategorien quartalsweise
Indizes vor, die getrennt für Wien und das restliche Österreich berechnet
werden. Die Ermittlung wird von der Österreichischen Nationalbank
mitfinanziert.
24
http://www.srf.tuwien.ac.at/feil/immo.htm
67
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
2.3
Praxis der Immobilienbewertung
2.3.1
Verkehrswertermittlung unbebauter
Grundstücke
Für die Ermittlung des Verkehrswerts eines unbebauten Grundstücks eignet
sich am besten das Vergleichswertverfahren.
Folgende Punkte sollten besonders beachtet werden:
• Es muss eine ausreichende Zahl geeigneter Vergleichsgrundstücke
vorhanden sein.
• Nicht jeder Kaufpreis ist für einen Preisvergleich geeignet, z.B.
Liebhaberpreise, Gefälligkeitspreise unter Verwandten und Freunden,
Kaufpreise in Zwangsversteigerungs- oder Konkursverfahren.
• Die Vergleichsgründstucke müssen bei den maßgeblichen
Wertfaktoren, wie Lage, Bodenbeschaffenheit, Größe, Gestaltung,
Erschließungsgrad, Art und Maß der zulässigen Nutzung, vergleichbar
sein.
• Unterschiede in den maßgeblichen Wertfaktoren zwischen den
Vergleichsgrundstücken und dem zu bewertenden Grundstück müssen
durch Zu- oder Abschläge angemessen ausgeglichen werden.
• Die Kaufpreise der Vergleichsgrundstücke sollten um den
Bewertungsstichtag zustande gekommen, aber zumindest nicht älter
als 4 Jahre sein. Preisänderungen, die bis zum Bewertungsstichtag
eingetreten sind, müssen durch angemessene Zu- und Abschläge
berücksichtigt werden.
Vergleichspreise können mit Hilfe der Urkundensammlung des Grundbuchs,
Auskünften von allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten
Sachverständigen und Realitätenbüros sowie Hinweisen von zuständigen
Gemeindeämtern erhoben werden.
Mit den bereits erhobenen Grundpreisen sollte eine eigene Grund/Kaufpreissammlung angelegt werden, auf die man immer wieder
zurückgreifen kann.
68
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Grünland
Für die Verkehrswertermittlung sind vor allem
forstwirtschaftlich genutzten Flächen von Bedeutung.
die
land-
und
Als grobe Richtwerte können gelten:
für Wiesenflächen:
für Ackerflächen:
für Waldflächen (je nach Entwicklung):
für Weingärten:
2–3€
3–5€
2–5€
6 – 10 €
im städtischen Bereich werden (unbebaubare) Gartenflächen ca. ein Drittel
des Baulandpreises bezahlt.
2.3.2
Ermittlung des Bodenwertes bebauter
Grundstücke
Die Ermittlung des Bodenwerts bebauter Grundstucke stellt sich schwieriger
dar als bei unbebauten, da verlässliche und marktkonforme Wertermittlungsmethoden nur bedingt zur Verfügung stehen. Vor allem die vorhandene
Bebauung wirft besondere Bewertungsprobleme auf.
In der Frage, ob die vorhandene Bebauung den Bodenwert beeinflusst oder
nicht, stehen zwei Meinungen gegenüber.
Einige Experten vertreten die Auffassung, dass der Umstand der Bebauung
bei der Bewertung des Grund und Bodens außer Acht zu lassen und der
Bodenwert eines bebauten Grundstucks so zu behandeln sei, als ob dieses
unbebaut wäre.
Dem steht die Meinung gegenüber, dass eine vom Maß der zulässigen
baulichen Nutzung abweichende tatsächliche Bebauung unter bestimmten
Voraussetzungen den Bodenwert des Grundstücks durchaus beeinflussen
kann. Allerdings führt nicht jede Minderausnutzung gegenüber der
69
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
zulässigen Bebauung zu einer Wertminderung des Grund und Bodens. Eine
Minderausnutzung wirkt sich dann nicht auf den Bodenwert aus, wenn das
Maß der zulässigen baulichen Nutzung durch Aufstockung oder Anbau
ausgeschöpft werden kann. In diesen Fällen ist der volle Bodenwert
vergleichbarer unbebauter Grundstücke anzusetzen.
Wenn das Maß der zulässigen baulichen Nutzung nicht ausgeschöpft werden
kann, z.B. bei nichtaufstockbaren Gebäuden, ist der Bodenwert durch die
tatsächliche Bebauung gemindert. Die Wertminderung richtet sich nach dem
Minderertrag und der Restnutzungsdauer des Gebäudes. Erfahrungsgemäß
nehmen die erzielbaren Erträge in den oberen Geschossen eines Gebäudes
ab, vor allem dann, wenn die unteren Geschosse gewerblich genutzt werden.
Die Dauer der Minderausnutzung richtet sich im Allgemeinen nach der
Restnutzungsdauer des Gebäudes. Bei einer langen Restnutzungsdauer wird
der Bodenwert stärker gemindert als bei einer geringeren Nutzungsdauer.
Mit zunehmendem Alter des Gebäudes steigt der reduzierte Bodenwert his
zur Höhe eines vergleichbaren unbebauten Grundstücks. Es kann davon
ausgegangen werden, dass Gebäude mit einer Restnutzungsdauer von
weniger als 20 Jahren keine Bodenwertminderung verursachen. Eine Rolle
spielt auch die Objektgröße, da eingeschossige Gebäude meistens mit einem
geringeren
Kostenaufwand
abgebrochen
werden
können
als
mehrgeschossige Objekte.
Das Ausmaß der Wertkorrektur bei einer Minderausnutzung gegenüber der
zulässigen baulichen Nutzung ergibt sich nach folgender Formel:
(Ertragsminderung x Restnutzungsdauer) / 100
Beispiel:
Aufgrund des Bebauungsplans sind drei Geschosse zulässig. Das
Grundstück ist allerdings nur mit einem zweigeschossigen Gebäude verbaut,
welches aus bautechnischen Gründen nicht aufgestockt werden kann.
Der Minderertrag gegenüber der zulässigen Bebauung beträgt daher 33%.
Restnutzungsdauer des Gebäudes 50 Jahre
Berechnung:
(33 x 50) /100 = 16,5
70
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Der Bodenwert ist somit um den Abschlag wegen Minderausnutzung in
Höhe von 16,5 % zu reduzieren.
2.3.3
Ermittlung des Verkehrswerts bebauter
Liegenschaften im Sachwertverfahren
Der Liegenschaftswert setzt sich im Sachwertverfahren aus folgenden drei
Komponenten zusammen:
• Bodenwert
• Bauwert des/der Gebäude(s)
• Bauwert der Außenanlagen
Bodenwert
Der Bodenwert wird im Vergleichswertverfahren ermittelt. Eventuell muss
ein Abschlag wegen Minderausnutzung berücksichtigt werden.
Bauwert des Gebäudes
Der Bauwert des Gebäudes wird nach dem bereits dargestellten Schema
ermittelt
Herstellungswert
Der Herstellungswert oder Neubauwert ist auf Preisbasis zum
Bewertungsstichtag zu ermitteln Es sind dabei nicht jene anzusetzen, die für
die Errichtung der baulichen Anlagen seinerzeit aufgewendet wurden,
sondern ein fiktiver Kostenbetrag der für die Neuerrichtung der baulichen
Anlagen zum Bewertungsstichtag aufgewendet werden musste (Normalherstellungswert). Eine gewählte Berechnungseinheit wird mit den Richtwerten
für die jeweilige Berechnungsfläche vervielfacht.
Die Berechnungseinheiten sind vorzugsweise für:
Wohn-, Geschäfts-, Büro- u. gewerblich genutzte Bauten: m3 Bruttorauminhalt
Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser:
m2 Wohnnutzfläche
Industriegebäude, Hallen:
m2 Bruttogrundrissfläche
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Bruttogrundrissfläche
Die Bruttogrundrissfläche ist die Summe aller Grundrissflächen in einer
Grundrissebene (z.B. Kellergeschoss, Erdgeschoss, Obergeschoss,
Dachgeschoss) und wird in m2 angegeben.
Zu unterscheiden sind Grundrissflächen
• allseitig umschlossener (umbauter) Räume
• die nicht allseitig in voller Hohe umschlossen, jedoch überdeckt sind,
z.B. Flächen von Loggien, vorkragenden Bauteilen und aufgelösten
Geschossen
• die weder allseitig umschlossen noch überdeckt sind, z.B. Flächen von
Balkonen oder Dachterrassen
• von ausgebauten und nichtausgebauten Dachgeschossen
Die Bruttogrundrissfläche ist nach den äußeren Begrenzungen (inklusive
Wandaußenverputz oder Wandaußenverkleidung) des Geschosses zu
berechnen. Die Maße können dem Grundriss der amtlich bewilligten
Baupläne entnommen werden (die Grundrisse der Pläne stellen den Schnitt
in 1 m Höhe dar).
Nicht zur Bruttogrundrissfläche zählen die nichtnutzbaren Grundrissflächen
von
Hohlräumen
zwischen
der
Geländeoberfläche
und
der
Unterkonstruktion baulicher Anlagen, die nichtnutzbaren Zwischenräume
bei Kaltdächern oder Dachräumen sowie nichtnutzbare Flachdächer.
Die Bruttogrundrissfläche wird vor allem für die Bewertung von
Hallenbauten verwendet. Bei mehrgeschossigen Objekten mit gleichem
Grundriss der einzelnen Geschosse kann die Bruttogrundrissfläche des
Erdgeschosses mit der Geschossanzahl multipliziert werden. Sind die
Ausmaße der einzelnen Geschosse unterschiedlich, müssen die Bruttogrundrissflächen der einzelnen Geschosse ermittelt und zusammengezählt werden.
Bruttorauminhalt
Der Bruttorauminhalt ist in m3 anzugeben.
Der Bruttorauminhalt eines Gebäudes wird umschlossen:
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Seitlich:
Von den Außenflächen (Oberflächen des Wandaußenverputzes oder der
Wandaußenverkleidung) der Umfassungsmauern
Unten:
Unterkante der Trag- und Fußbodenkonstruktion des untersten Geschosses
Oben:
Bei nichtausgebautem Dachgeschoss von der Oberfläche des
Dachgeschoßfußbodens, bei ausgebautem Dachgeschoss von den
Außenflächen der umschließenden Wände und Decken.
Nicht zum Bruttorauminhalt eines Gebäudes zählen:
Dachaufbauten und -vorsprünge, Balkone und Terrassen, Vordächer,
Vorlegestufen und Freitreppen, Licht- und Luftschächte, freistehende oder
angebaute Rauch- und Abgasfänge, Rauchkanäle (Füchse), Fundamente aller
Art (ausgenommen Fundamentplatten), Vorkehrungen gegen drückendes
Wasser sowie mit einem Gebäude baulich nicht verbundene unterirdische
Bauten (z.B. außerhalb des Gebäudes befindliche Tiefgaragen, Schutzräume,
Fußgängertunnel).
Zur Ermittlung des Bruttorauminhalts werden die Bruttogrundrissflächen mit
den aus den Bauplänen zu entnehmenden zugehörigen Geschosshöhen
multipliziert.
Die Geschosshöhe ist der Abstand zwischen der Oberfläche des Fußbodens
und der Oberfläche des darüber liegenden Fußbodens. Bei Flachdächern
ohne Dachraum wird die Höhe his zur Außenfläche des Daches genommen.
Beim untersten Geschoss ist zur vorne definierten Höhe die Dicke der
gesamten Trag- und Fußbodenkonstruktion (aber ohne Fundamente,
ausgenommen Fundamentplatten) hinzuzurechnen.
Wenn kein Bauplan vorliegt und die Geschosshöhe geschätzt werden muss,
so sind bei Gebäuden jüngeren Baujahrs eine Höhe von 2,8 his 3 m, und bei
Altbauten 4 m anzusetzen. Man kann auch die lichte Höhe der Räume
ausmessen und für Massivdecken 30 cm und für Tramdecken 40 cm
dazurechnen.
Für die Bewertung müssen die Bruttorauminhalte von Gebäudeteilen, die
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sich in Konstruktion und Ausstattung wesentlich von den übrigen
Bauwerksteilen unterscheiden getrennt ermittelt werden.
Nettogrundrissfläche
Die Nettogrundrissfläche ist die Summe aller nutzbaren Grundrissflächen
zwischen den Oberflächen der Wände in einer Grundrissebene. Die
Nettogrundrissfläche wird aus den lichten Fertigmaßen errechnet.
Zu den Nettogrundrissflachen zählen auch die Grundrissflächen:
• von Aufzugschachten, begehbaren Schächten, betriebstechnischen
Anlagen oder betrieblichen Einbauten
• von mobilen Wandelementen und Einbaukästen
• freistehender Rohre, Leitungen und dgl.
• von Wandöffnungen, sofern deren lichte Höhe mindestens 2 m beträgt
(aber nicht die Grundrissflächen von Türöffnungen).
Nicht zu den Nettogrundrissflächen zählen die Grundrissflächen von Zähler, Fenster- und Parapetnischen sowie anderen Wandnischen, sofern deren
Höhe 2 m unterschreitet.
Die Nettogrundrissflache wird eingeteilt in:
• Nutzfläche: Jener Teil der Fläche, der aufgrund der
Zweckbestimmung des Gebäudes genutzt wird (z.B. Wohnnutzfläche,
betrieblich genutzte Fläche)
• Ver- und Entsorgungsfläche: Diese Fläche ist für die Unterbringung
der allgemein benötigten haustechnischen Einrichtungen bestimmt.
Dazu
gehören Anlagen für Wasser- und Energieversorgung, Heizung,
Lüftung, Klimatisierung, Beleuchtung, Abwasserbeseitigung,
Abfallbeseitigung, Aufzugs- und Fördertechnik sowie sonstige
Betriebstechnik.
• Verkehrsfläche: Teil der Nettogrundrissfläche, der allgemein
zugänglich ist und welcher der Benützung baulicher Anlagen dient
(z.B. Eingangshalle, Gänge, Stiegenlaufe, Aufzugsschächte,
Fahrtreppen usw.)
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Wohnnutzfläche
Unter Wohnnutzflache versteht man die anrechenbare Nettogrundrissfläche
der Räume von Wohnungen.
Zur Wohnnutzfläche gehören nicht die Nettogrundrissflächen von:
• Geschäftsräumen und gewerblich genutzten Räumen
• Wirtschaftsräumen wie Futterküchen, Vorratsräume, Backstuben,
Räucherkammern, Ställe, Scheunen, Abstellraume und ähnliche
Räume
• Zubehörräumen wie Keller, Waschküche, Abstellräume außerhalb der
Wohnung, Dachböden, Trockenräume, Schuppen, Garagen usw.
• Die Nettogrundrissfläche von Balkonen, (Dach)-Terrassen und
gedeckten Freisitzen sollte bei der Bewertung mit einem Richtpreis
von rund einem Drittel bis einem Viertel des Preises für die
Wohnnutzfläche angesetzt werden.
Die Berechnung dieser Flächenart ist für die Bewertung von
Eigentumswohnungen
und
für
die
Ertragswertermittlung
bei
Mehrparteienwohnhäusern, in welchen Räume entweder freistehen oder
durch die Liegenschaftseigentümer genutzt werden, während der Rest
vermietet ist, von Bedeutung.
Die Wohnnutzfläche kann mit Hilfe der Grundrisspläne ermittelt werden und
zwar werden die Wohnnutzflächen der einzelnen Räume zusammen gezählt.
Wenn Kaufverträge von Eigentumswohnungen oder Mietverträge zur
Verfügung stehen, so kann die Wohnnutzfläche meistens aus diesen
entnommen werden.
Ermittlung der Richtpreise
Die Richtpreistabellen enthalten durchschnittliche Erfahrungswerte von
Herstellungskosten für Objekte mit einer bestimmten Nutzung
(Einfamilienwohnhaus, Eigentumswohnung, gewerblich und industriell
genutzte Gebäude usw.), Bauweise (Reihen-, Gruppenbauweise,
Einzelgebäude, ein- oder mehrgeschossige Bauweise), Bauart (Konstruktion
und verwendete Baustoffe) sowie Ausstattung (einfache, gute, luxuriöse).
Entscheidend für die Richtwerte ist auch die Region, in der sich die
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Liegenschaft befindet. In Gebieten, wo die Gebäude mit erheblichen
Eigenleistungen gebaut werden (z.B. in ländlichen Gemeinden), fallen die
Richtpreise niedriger aus.
Zu beachten ist, dass bei gewerblich und industriell genutzten Objekten die
Umsatzsteuer nicht zu berücksichtigen ist, bei privat genutzten
Liegenschaften muss sie jedoch in den ermittelten Wert einbezogen werden.
Die Richtwerte werden in Euro pro m3 Bruttorauminhalt bzw. pro m2
Wohn-/Sonstige Nutzfläche oder Bruttogrundrissfläche angegeben. Sind
Gebäudeteile oder Geschosse sehr unterschiedlich ausgestattet, so sind die
Herstellungskosten dafür getrennt unter Ansatz der zutreffenden Preise zu
ermitteln.
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Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
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Wertminderung wegen Alters
Technische Lebensdauer
Die technische Lebensdauer wird von der Qualität des Baumaterials
bestimmt. Die Obergrenze der Gesamtlebensdauer hängt von der
Haltbarkeitsgrenze der tragenden Bauteile ab.
Ein Gebäude besteht aus Teilen, die nur einmal hergestellt werden (z.B.
Außenwände, Decken, Treppen) und solchen, deren technische Lebensdauer
geringer ist und die daher periodisch erneuert werden müssen (z.B.
Dachrinnen, Rohrleitungen, Heizungsanlagen).
Neben der Qualität des Baumaterials sind auch die durchgeführten
Instandhaltungsarbeiten entscheidend, da bei deren Unterlassen die
tragenden Teile ungehindert Witterungseinflüssen ausgesetzt sein können
und daher erheblich schneller altern (z.B. schadhaftes Dach).
Wirtschaftliche Nutzungsdauer
Unter der wirtschaftlichen Nutzungsdauer versteht man die Zeitspanne, in
der ein Gebäude zu den jeweils herrschenden wirtschaftlichen Bedingungen
entsprechend seiner Zweckbestimmung allgemein wirtschaftlich nutzbar ist.
Gründe für eine Verkürzung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer sind vor
allem:
• Modernen Bedürfnissen nicht entsprechender, unwirtschaftlicher
Aufbau (z.B. Grundriss, Geschosshöhe, Raumtiefe, Konstruktion
usw.).
• Zeitbedingte oder persönliche Baugestaltung, die modernen
Anforderungen nicht entspricht.
• Zurückbleiben hinter den allgemeinen Anforderungen an gesunde
Wohn- und Arbeitsverhältnisse.
• Technische und wirtschaftliche Entwicklung von Branchen (z.B.
Tankstellen, Kinos).
Die wirtschaftliche Nutzungsdauer ist in der Regel kürzer als die technische
Lebensdauer.
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Gewöhnliche Lebensdauer
Diese hängt im Wesentlichen von der Bauart (Konstruktion und verwendete
Baustoffe), der Bauweise (Massivbau, Fertigteilbau) und Nutzung ab. Die
gewöhnliche Lebensdauer berücksichtigt damit in angemessener Weise
sowohl die technische Lebensdauer als auch die wirtschaftliche
Nutzungsdauer.
Der Berechnung der Alterswertminderungsquote können folgende
Erfahrungswerte über die gewöhnliche Gebäudelebensdauer zugrunde gelegt
werden:
Gebäudeart
Gewöhnliche
Lebensdauer
in Jahren
Einfamilienhäuser und Wohngebäude
Bauausführung
Einfamilienhäuser und Wohngebäude
Bauausführung
Fertighäuser auf Holzbasis
Büro- und Verwaltungsgebäude
Geschäfts- Kaufhäuser
Supermärkte
Hallen, Fabriksgebäude
Betriebsgebäude (Industrie)
Schuppen
in
normaler 80
in
einfacher 60-80
40-60
40-80
40-60
20-40
30-50
10-30
20-30
Verkürzung oder Verlängerung der gewöhnlichen Lebensdauer
Zu einer Verkürzung der Lebensdauer führen nicht behebbare Baumängel
(z.B. Fundierungsmängel) und - Schäden sowie Schäden, die nur mit
unverhältnismäßig hohen Kosten behoben werden können.
Eine Verlängerung der Restlebensdauer tritt dann ein, wenn das Gebäude in
seinen wichtigsten Bauteilen wie Mauern Decken, Treppen, Dach erneuert
oder verbessert worden ist. Bauliche Maßnahmen an nicht tragenden Teilen
(z.B. Neugestaltung der Fassade) oder normaler Instandhaltungsaufwand
führen zu keiner Verlängerung der Lebensdauer.
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Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Die wirtschaftliche und technische Entwicklung kann dazu führen, dass sich
ein Gebäude wirtschaftlich schneller abnutzt. als man aufgrund seines Alters
annehmen würde. Die wirtschaftliche Überalterung tritt besonders bei alten
Einfamilienwohnhäusern älteren Hotelgebäuden und Warenhäusern sowie
Gewerbe- und Industrieobjekten, die den heutigen betriebswirtschaftlichen
und technischen Anforderungen nicht mehr genügen, auf.
Wichtig ist, dass sich die Verwendung des Gebäudes gegenüber der
gewöhnlichen Lebensdauer für jeden Eigentümer verkürzt, d.h. dass auch
bei einer anderweitigen Nutzung die volle wirtschaftliche Verwertbarkeit
verloren geht.
Bei den oben genannten Fällen ist es zweckmäßig die voraussichtlich noch
verbleibende Restlebensdauer zu schätzen, sodass man zusammen mit den
seit dem Baujahr vergangenen Jahren die gewöhnliche Gebäudelebensdauer
erhält.
Beispiel:
Gewöhnliche Lebensdauer:
Alter des Gebäudes:
Wirtschaftliche Nutzbarkeit:
80 Jahre
40 Jahre
nur noch 10 Jahre
Die tatsächliche gewöhnliche Lebensdauer beträgt somit:
Alter:
+ Restlebensdauer
Somit
40 Jahre
10 Jahre
50 Jahre
Alterswertminderung von Ein-, Um- und Aufbauten
Grundsätzlich muss die Alterswertminderung für jedes Gebäude getrennt
berechnet werden. Ein-, Um- und Aufbauten teilen allerdings das Schicksal
des Hauptgebäudes. Für die Berechnung der Wertminderung wird das Alter
jenes Teils (Altbau oder Neubau) zugrunde gelegt, der überwiegt. Nur wenn
ein Erweiterungsbau nach Größe und Bauart eigenständig genutzt werden
kann, wird die Wertminderung wegen Alters getrennt ermittelt.
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Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Vertragliche Nutzungsdauer
Bei Baurechten und Superädifikaten richtet sich die gewöhnliche
Gebäudelebensdauer nach der Vertragslaufzeit.
Berechnung der Alterswertminderung
Die Wertminderung wegen Alters wird vom eventuell um die
Wertminderung wegen Baumängel und Bauschäden gekürzten
Herstellungswert berechnet. Damit soll die Wertminderung erfasst werden,
die sich dadurch ergibt, dass das Gebäude altert und abgenutzt wird.
Zur Ermittlung werden das derzeitige Alter des Gebäudes und die zu
erwartende gewöhnliche Lebensdauer benötigt.
Für die Alterswertminderung sind verschiedene Formen entwickelt worden,
und zwar:
Lineare Wertminderung wegen Alters
Diese Alterswertminderungsform kommt im Allgemeinen in Betracht bei
Gebäuden mit aufwendiger Innenausstattung (z.B. Einfamilienwohnhäuser),
bei Fabrik- und Werkstättengebäuden, die einem verstärkten Verschleiß
unterliegen und bei Gebäuden, die nachlässig oder gar nicht baulich instand
gehalten werden.
Die Formel zur Berechnung der Wertminderung in % lautet:
(Gebäudelebensalter / gewöhnliche Lebensdauer) x 100
Progressive Wertminderung wegen Alters (nach Ross)
Im Gegensatz zur linearen Abschreibung weist diese Form eine leichte
Progression auf. Sie kann bei Wohn- und Geschäftshäusern (Büro-,
Verwaltungsgebäuden, Ladengeschäften, Warenhäusern usw.) mit einfacher
bis normaler Ausstattung und guter baulicher Instandhaltung angewendet
werden.
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Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Die Formel zur Berechnung der Wertminderung in % lautet:
2
⎡ ⎛
⎞⎤
Gebäudelebensalter ⎟⎥
Gebäudelebensalter
⎢ 1 x⎜
+
2
⎟⎥ x100
⎢ 2 ⎜⎜
gewöhnlich
eLebensdau
er
⎟
⎢⎣ ⎝ gewöhnlicheLebensdauer
⎠⎥⎦
Parabolische Wertminderung wegen Alters
Diese weist eine bedeutend stärkere Progression auf. Sie eignet sich für
Gebäude mit geringwertiger Innenausstattung und mittlerer Beanspruchung
(Lagergebäude, nicht stark beanspruchte Gebäude der Industrie,
landwirtschaftliche Gebäude), die sich, gemessen an ihrem Alter in einem
guten baulichen Zustand befinden
Die Formel zur Berechnung der Wertminderung in % lautet:
2
⎡⎛
⎞⎤
Gebäudelebensalter ⎟⎥ x100
⎢⎜
2 ⎟⎥
⎢⎜⎜
⎟
⎢⎣⎝ gewöhnlicheLebensdauer ⎠⎥⎦
Kurven der verschiedenen Wertminderungstabellen
A Lineare Wertminderung wegen Alters
B Progressive Wertminderung wegen Alters (nach Ross)
C Parabolische Wertminderung wegen Alters
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Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
I
Für die Berechnung der Alterswertminderung werden vor allem die lineare
und die progressive Wertminderung herangezogen.
Begrenzung der Alterswertminderung
Bei älteren Gebäuden, die ihrem Alter entsprechend genutzt werden und
weder baufällig noch abbruchreif sind, werden in der Regel noch mindestens
30 % des Herstellungswerts bei einem Verkauf erzielbar sein.
Abschläge wegen besonderer wertbeeinflussender Umstände
Der Gebäudesachwert ist eventuell um besondere wertbeeinflussende
Umstände zu korrigieren.
Ungünstige Lageverhältnisse
Die Lage eines Grundstücks wirkt sich zwar in erster Linie auf den
Bodenwert aus, kann aber auch den Wert des Gebäudes beeinflussen; z.B.
Einfamilienwohnhaus in unmittelbarer Nähe einer Fabrik.
Beeinträchtigung durch Immissionen
Besonders negativ können sich Verkehrs- und Industrieimmissionen wie
Lärm, Rauch, Staub, Gerüche, Erschütterungen usw., auswirken.
Beeinträchtigungen durch Lärm ergeben sich vor allem durch die Nähe zu
Hauptverkehrsstraßen,
Flugplätzen,
größeren
Bahnhöfen
usw.
Industriebetriebe führen des öfteren zu Belästigungen durch Rauch, Staub
und Geruch. Belästigungen durch Erschütterungen treten in der Nähe von
Presswerken und Steinbrüchen auf.
Unorganischer Aufbau der Gebäude
Dies kommt vor allem bei Fabriksliegenschaften vor.
83
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Der unorganische Aufbau entsteht z.B. wenn ein Unternehmen expandiert
und die notwendigen Erweiterungsbauten ohne gründliche Planung
durchgeführt werden.
Mit Hilfe des Lageplans kann geprüft werden, welche Wege die Werkstoffe
bei ihrer Verarbeitung zurücklegen. Zur Bemessung des Abschlags kann der
Prozentsatz herangezogen werden, um den die tatsächlichen
Produktionskosten von den Produktionskosten eines Normalbetriebs
abweichen.
Verlorener Bauaufwand
Diesem Abschlag liegt die Überlegung zugrunde, dass bei einem eventuellen
Verkauf ein Teil der tatsächlichen Baukosten dadurch verloren geht, dass
dem Käufer eines Gebäudes dieses nach seinem Sinn etwas anders gebaut
hätte und somit das vom Verkäufer errichtete Hans den geschmacklichen
und bautechnischen Vorstellungen des nachfolgenden Käufers nicht zur
Gänze entspricht. Auch besonders luxuriöse und extrem moderne
Bauausführungen werden von den Kaufern nicht voll honoriert.
Der Abschlag wird vorn Gebäudesachwert, berichtigt um die Abschläge
wegen besonderer Wert beeinflussender Umstände, berechnet. In vielen
Fallen können etwa 10 % angesetzt werden.
Bauwert der Außenanlagen
Zu den Außenanlagen zählen Einfriedungen, Gartentore, Platzbefestigungen,
Stützmauern, Schwimmbecken, Tennisplätze usw. Daneben gehören auch
außerhalb des Gebäudes gelegene Versorgungs- und Abwasseranlagen dazu.
Bei der Bewertung geht man vom Herstellungswert aus und berichtigt diesen
um
• die Wertminderung wegen baulicher Mängel und Schäden,
• die Wertminderung wegen Alters
• und Minderungen wegen besonderer Umstände.
Bei kleineren Außenanlagen
Pauschalbetrags.
empfiehlt
84
sich
der
Ansatz
eines
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Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Durchschnittlich betragen die Außenanlagen
Gebäudeherstellungskosten bei
• einfachen Anlagen 2 - 4 %
• durchschnittlichen Anlagen 5 - 7 %
• aufwändigen Anlagen 8 - 12 %
in
Prozent
der
Bei aufwändigen Anlagen ist zu prüfen, ob diese überhaupt werterhöhend
sind und von einem Käufer honoriert werden.
Der Sachwert einer bebauten Liegenschaft stimmt nicht in jedem Fall mit
dem Verkehrswert überein. Für die Kaufpreise sind vor allem Angebot und
Nachfrage am Realitätenmarkt entscheidend. Außerdem hängt der
Verkehrswert von der Art und Größe sowie der Marktgängigkeit der
Liegenschaft ab.
Abschläge zur Anpassung an den Verkehrswert
Berücksichtigung der Marktlage
Bei Ein- und Zweifamilienwohnhäusern mit einem Sachwert von derzeit bis
zu € 230.000.- entsprechen die Sachwerte etwa denen der Kaufpreise. Liegt
der Sachwert einer solchen Liegenschaft darüber, so empfiehlt sich ein
Abschlag in Höhe von 10 bis 20 %. Dabei spielt eine Rolle, dass Liegenschaftskäufe in der Regel fremdfinanziert werden und die Finanzierung den
jeweiligen Einkommensverhältnissen des Käufers angepasst werden muss.
Bei Verkäufen von teuren Liegenschaften nimmt die Zahl der
Kaufinteressenten stark ab, da der Kreis, der bereit ist, hohe Mittel für das
Wohnen einzusetzen, eher dahin tendiert, sich ein Haus nach eigenen und
individuellen Vorstellungen neu zu bauen.
Auch bei gewerblich und industriell genutzten Liegenschaften ist der
Interessentenkreis oft eingeschränkt.
Ungünstige Objektgröße
Große Ein- und Zweifamilienwohnhäuser eventuell mit einem Schwimmbad
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A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
im Gebäude, verursachen hohe Betriebs- und Instandhaltungskosten, die
einen Interessenten vom möglichen Kauf abhalten können.
Große, unbebaute Baugrundstücke, die nicht teilbar sind, erreichen nicht
immer den ortsüblichen m2-Preis.
Industrieliegenschaften, deren Gebäude im Verhältnis zu der
Grundstücksfläche überdimensioniert sind und keine Anbaumöglichkeit
bieten, sowie betrieblich genutzte Grundstücke, die zu klein oder übergroß
sind, werden in der Regel unter dem Sachwert gehandelt.
Starke Zweckgebundenheit
Dieser Abschlag kommt in der Regel nur bei gewerblich und industriell
genutzten
Liegenschaften
vor.
Besonders
problematisch
sind
Industriebauten, die für einen bestimmten Zweck errichtet wurden und eine
andere Verwendungsmöglichkeit ohne Vornahme größerer Umbauten
ausschließen.
Ungünstiger Standort
Bei Wohnhäusern wirkt sich die Nähe zu stark befahrenen Straßen usw.
sowie größere Entfernungen zu Versorgungseinrichtungen wertmindernd aus
(z.B. Luxusvilla in einer abgelegenen ländlichen Gemeinde).
Bei Industrieliegenschaften wirken sich vor allem eine fehlende Infrastruktur
oder
eventuelle
Beschrankungen
hinsichtlich
Geruchsund
Lärmbelästigungen durch die Nähe zu Wohngebieten negativ auf den
Verkehrswert aus.
Denkmalschutz
Steht ein Gebäude unter Denkmalschutz, so darf dieses nicht abgerissen
werden. Darüber hinaus dürfen keine baulichen Veränderungen
vorgenommen werden, die den denkmalgeschützten Charakter
beeinträchtigen würden. Der Eigentümer ist also gehindert, den Grund und
Boden anderweitig auszunutzen, sodass allenfalls ein Abschlag bis zu 15 %
gerechtfertigt erscheint.
86
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
2.3.5
Ermittlung des Verkehrswerts bebauter
Liegenschaften im Ertragswertverfahren
Der Liegenschaftswert setzt sich im Ertragswertverfahren aus folgenden
drei Teilen zusammen:
• Bodenwert
• Wert des/der Gebäude(s) (Gebäudeertragswert)
• Wert der Außenanlagen (meistens im
berücksichtigt)
Gebäudeertragswert
Bodenwert
Der Bodenwert wird üblicherweise mit Hilfe des Vergleichswertverfahrens
ermittelt. Eventuell ist der Abschlag für Minderausnutzung zu
berücksichtigen.
Wert des Gebäudes
Der Algorithmus zur Ermittlung des Gebäudewertes folgt dem eingangs
beschriebenen Ablaufschema
Rohertrag
Der Rohertrag kann aus Mietaufstellungen und Mietzinsabrechnungen
entnommen werden.
Neben der eigentlichen Miete oder Pacht sind im Rohertrag auch sonstige
Kosten, wie Verwaltungskosten, Betriebskosten, Instandhaltungsbeiträge,
enthalten, die für den Vermieter nur Durchlaufcharakter haben und vom
Mieter zu tragen sind. Es ist jedoch zu prüfen, ob diese Kosten auch wirklich
im Rohertrag enthalten sind, oder ob diese direkt vom Mieter oder Pächter
getragen werden. In einem solchen Fall dürfen diese Kosten beim Abzug der
Bewirtschaftungskosten nicht mehr berücksichtigt werden. Es ist darauf zu
achten, dass die eigentlichen Miet- oder Pachterträge auf Dauer nachhaltig
erzielt werden können, d.h. die Mieten müssen dem ortsüblichen Niveau
entsprechen. Anhaltspunkte können dabei Mietenspiegel geben. Auskünfte
kann man auch bei Realitätenmaklern und -büros einholen.
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A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Für leer stehende und eigen genutzte Räume ist ebenfalls eine Miete
anzusetzen. Werden für Räumlichkeiten keine oder nur geringe Mieten (z.B.
bei Verwandten, Arbeitnehmern) verrechnet, so sind diese zu korrigieren.
Bei überhöhten Mieten (z.B. Gastarbeiterwohnstätten) darf nur das
ortsübliche Niveau berücksichtigt werden.
Bewirtschaftungskosten
Zu den Bewirtschaftungskosten zählen:
•
•
•
•
•
Abschreibung der baulichen Anlagen
Verwaltungskosten
Betriebskosten
Instandhaltungskosten
Mietausfallwagnis
Abschreibung der baulichen Anlagen
Die Abschreibung entfällt beim Ertragswertverfahren als Unkostenfaktor, da
sie im Vervielfältiger berücksichtigt wird (als Erneuerungsrucklage).
Verwaltungskosten
In den Verwaltungskosten sind die Kosten für Personal und Einrichtungen
enthalten, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung und Bewirtschaftung der
Liegenschaft notwendig sind. Diese Kosten können auch in den
Betriebskosten enthalten sein.
Zu den bei der Verwaltung anfallenden Leistungen zählen:
•
•
•
•
•
Vermietung
Mietbuchhaltung, Überwachung des Mieteingangs, Mahnwesen
Abrechnung von Nebenkosten, Betriebskosten, Steuern und Abgaben
Mietanpassung und - Änderung
Planung, Beauftragung Überwachung und Abrechnung von
Instandhaltungs-, Wartungs- und Pflegearbeiten
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A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
•
•
•
•
Rechnungsprüfung and Zahlungsverkehr
Erstellung des Jahresabschlusses
Bearbeitung von Versicherungsfällen
Organisation und Personalangelegenheiten
Die Verwaltungskosten betragen durchschnittlich 3 - 8 % des Rohertrags;
bei nur einem oder wenigen gewerblichen Großmietern kann dieser Satz auf
1 - 2 % des Rohertrags sinken.
Betriebskosten
Die Betriebskosten sind jene Kosten, die durch den laufenden Gebrauch der
Liegenschaft entstehen and vom Benutzer zu tragen sind.
Hierzu zählen die Kosten für:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Wasserversorgung
Abwasserbeseitigung
Rauchfangkehrung
Müllabfuhr
Allgemeinbeleuchtung (Stiegenhaus)
Versicherung gegen Brandschaden, Haftpflicht usw.
Hausbesorger
Hausreinigung
Aufzug und technische Einrichtungen
Beheizung, Belüftung, Klimatisierung
Pflege der Außenanlagen
Warmwasserversorgung
Schädlingsbekämpfung
Es ist darauf zu achten, dass nur jene Betriebskosten angesetzt werden, die
aus dem Rohertrag gedeckt werden. Betriebskosten die direkt vom Mieter
oder Pächter getragen werden, sind nicht zu berücksichtigen.
Instandhaltungskosten
Die Instandhaltungskosten sind Kosten, die durch Hintanhaltung oder
Beseitigung von baulichen Schäden aus Abnutzung, Alterung und
89
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Witterungseinflüssen entstehen. Sie dienen somit zur Aufrechterhaltung des
bestimmungsmäßigen Gebrauchs der Gebäude während der Nutzungsdauer.
Die Instandhaltungskosten werden üblicherweise vom Eigentümer getragen.
Zu beachten ist, dass nicht die tatsächlichen Kosten des maßgebenden
Jahres berücksichtigt werden, da besonders hohe oder niedrige Kosten den
Wert in einem ungerechtfertigten Ausmaß beeinflussen würden. Auch ein
Kostendurchschnitt der letzten Jahre ist in der Regel nicht brauchbar.
Die jährlichen Instandhaltungskosten werden daher in % der
Herstellungskosten am Bewertungsstichtag berechnet. Je nach Art der
Bauausführung und des -zustands betragen die Instandhaltungssätze:
Wohnhäuser:
0,5 bis 1,5 % der Herstellungskosten
Geschäftshäuser: 0,5 bis 2 % der Herstellungskosten
sehr alte, vielfach bereits unter Denkmalschutz stehende Objekte:
durchschnittlich 4 % der Herstellungskosten
Mietausfallwagnis
Das Mietausfallwagnis ist das Wagnis einer Ertragsminderung, die durch
uneinbringliche Miet- und Pachtruckstände oder Leerstehen zwischen zwei
Mietverträgen entsteht. Es dient auch zur Deckung der Kosten einer
Rechtsverfolgung auf Zahlung, Kündigung eines Mietverhältnisses oder
Räumung. Bei gewerblich genutzten Räumen ist das Risiko größer, da diese
oft schwieriger zu vermieten sind.
Das Mietausfallwagnis wird mit einem Prozentsatz des Rohertrags
berechnet. Die Sätze betragen bei:
Wohnobjekten: 2 %
Büros und Praxen: 2,5 %
gewerblich genutzten Objekten: 2,5 bis 4 %
90
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Verzinsung des Bodenwerts
Berechnung
Der Grundstücksreinertrag (Jahresrohertrag minus Bewirtschaftungskosten)
ist in einen Verzinsungsbetrag des Bodenwerts und in einen
Gebäudeertragsanteil zu teilen.
Der Grund und Boden ist zeitlich unbegrenzt, d.h. ewig nutzbar, sodass sich
der Verzinsungsbetrag als Jahreswert einer ewigen Rente errechnet.
Die Formel lautet:
Verzinsung des Bodenwerts = ( Bodenwert x Kapitalisierungszinssatz) / 100
Der Verzinsungsbetrag des Bodenwerts hat für die Berechnung des
Bodenwerts selbst keine Bedeutung und dient lediglich der Ermittlung des
auf die baulichen Anlagen entfallenden Reinertragsanteils.
Maßgebender Zinssatz
Es wird grundsatz1ich derselbe Zinssatz herangezogen, wie bei
Kapitalisierung des Gebäudeertragsanteils, da die Kapitalverzinsung
Grund und Bodens ebenso wie die des Gebäudes von der Nutzung
Grundstücks abhängt. Der Grund und Boden teilt das Schicksal
Gebäudes, solange dieses steht.
der
des
des
des
Übergroße Grundstücksflächen
Wenn eine Liegenschaft Grundstücksflächen aufweist, die zur
wirtschaftlichen Nutzung der baulichen Anlagen nicht unbedingt
erforderlich sind und selbständig verwertet werden könnten, so sind diese
Flächen für die Verzinsung des Bodenwerts nicht heranzuziehen Solche
Flächen sind z.B. Grundstücksreserven für die Erweiterung von Gewerbeund Industrieliegenschaften.
Es ist allerdings darauf zu achten, dass für die Ermittlung des Bodenwerts im
Rahmen des stets die gesamte Liegenschaftsfläche (inklusive
91
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Grundstücksreserven) anzusetzen ist, auch wenn für die Verzinsung des
Bodenwerts nur eine Teilfläche berücksichtigt wird.
Vervielfältiger
Ermittlung des Vervielfältigers
Der Reinertrag der baulichen Anlagen stellt einen Jahresbetrag einer
Zeitrente dar. Der Gebäudeertragswert wird als Barwert einer jährlich
nachschüssig zu zahlenden Rente errechnet. Dabei wird unterstellt, dass der
auf die baulichen Anlagen entfallende Reinertrag während der
Restnutzungsdauer unverändert bleibt.
Mieten werden im Aligemeinen monatlich im Voraus bezahlt, sodass man
annehmen könnte, dass für die Ermittlung des Gebäudeertragswerts der
Barwert einer monatlich vorschüssig zahlbaren Zeitrente heranzuziehen
wäre. Dabei ist aber zu bedenken, dass nicht der monatlich vereinnahmte
Rohertrag identisch mit einer Rentenrate ist, sondern der sich ergebende
Reinertrag einer Jahresabschlussrechnung. Somit ist es durchaus
sachgerecht, den jährlichen Reinertrag mit der Rate einer jährlich
nachschüssig zu zahlenden Zeitrente gleichzusetzen.
Im Reinertrag der baulichen Anlagen sollen sowohl der jährliche
Abschreibungsbetrag ( = Erneuerungsrücklage) für den Gebäudezeitwert als
auch die Verzinsung des Gebäudezeitwerts Deckung finden. Die verzinst
anzulegende Erneuerungsrücklage ist so zu bemessen, dass zu jedem
Bewertungsstichtag der jeweilige Bauwert des Gebäudes bis zum Ende der
Nutzungsdauer angespart werden kann. Zu Beginn der Restnutzungsdauer ist
der Betrag für die Erneuerungsrücklage noch gering, da aufgrund des noch
großen Gebäudezeitwerts der Reinertrag noch fast in voller Höhe für die
Verzinsung benötigt wird. Mit fortschreitendem Alter des Gebäudes wird
durch die Abnutzung der Zeitwert und damit auch der Verzinsungsbetrag
geringer. Die jährlichen Rücklagenbeträge werden dagegen mit
abnehmender Restnutzungsdauer des Gebäudes größer. Der Reinertrag der
baulichen Anlagen verlagert sich somit allmählich von den
Verzinsungsbeträgen des Gebäudekapitals auf die Rücklagenbeträge für den
anzusammelnden Gebäudezeitwert.
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A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Der zu verwendende Vervielfältiger richtet sich nach
• dem Kapitalisierungszinssatz und
• der Restnutzungsdauer des Gebäudes
Es ist zu beachten, dass nur die Restnutzungsdauer und nicht die
Gesamtnutzungsdauer den Vervielfältiger beeinflusst.
Die Formel für den Vervielfältiger lautet:
q
V =
q
n
n
−1
x(q − 1)
Kapitalisierungszinssatz
Allgemeines
Die Höhe des Kapitalisierungszinssatzes ist für die Berechnung
Gebäudeertragswerts von besonderer Bedeutung. Nach den Regeln
Rentenrechnung ergibt sich, je niedriger die Verzinsung desto höher
Vervielfältiger und damit der Wert des Gebäudes und je höher
Verzinsung, desto niedriger der Vervielfältiger und damit der Wert
Gebäudes. Mit abnehmender Restnutzungsdauer nimmt allerdings
Auswirkung der Höhe des Zinssatzes ab.
des
der
der
die
des
die
Ein Kriterium für die Wahl des Kapitalisierungszinssatzes ist das Risiko,
welchem der Ertrag aus dem Realbesitz unterworfen ist.
Einfamilienwohnhäuser sowie land- und forstwirtschaftliche Liegenschaften
unterliegen einem geringeren Risiko als gewerbliche oder industriell
genutzte Objekte.
Wie im Bankgeschäft gilt der Grundsatz:
Geringes Risiko: kleine Verzinsung
Großes Risiko: hohe Verzinsung
Im Allgemeinen wird man mit folgenden Zinssätzen zu zutreffenden
Liegenschaftswerten kommen:
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A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
Einfamilienwohnhäuser:
Zweifamilienwohnhäuser:
Mietwohnhäuser:
Wohn – und Geschäftshäuser:
Büro – und Geschäftshäuser:
Kaufhäuser, Einkaufszentren, SB-Märkte
Industriegrundstücke
Touristische Liegenschaften
Land- und forstwirtschaftliche Liegenschaften
2,5 – 3,5 %
3,5 – 4 %
2,5 – 4 %
5 – 5,5 %
5,5 – 6 %
6 – 6,5 %
6–7%
8 – 12 %
2,5 – 3,5 %
Die angegebenen Werte differieren noch wesentlich nach ihrer Lage, wobei
es bei sehr guten Lagen (Wiener Innenstadt) zu Reduktionen und bei sehr
schlechten Lagen (Peripherie) zu Aufschlägen kommt.
So empfiehlt der Hauptverband der Sachverständigen:
Liegenschaftsart Lage:
hochwertig
Lage:
gut
Wohnhäuser
Bürohäuser
Geschäftshäuser
EKZ,
Supermarkt
Gewerbe
Industrie
Landund
Forstwirtschft
2,5 – 4 %
3,5 – 5,5 %
4,0 – 6,0 %
4,5 – 7,5 %
2,5 – 4,5 %
4,0 – 6,0 %
4,5 – 6,5 %
5,0 – 8,0 %
5,5 – 8,5 %
5,5 – 9,5 %
2,5 – 3,5 %
6,0 – 9,0 % 6,5 – 9,5 % 7,0 – 10,0 %
6,0 – 10,0 % 6,5 – 10,5 % 7,0 – 11,0 %
2,5 – 3,5 % 2,5 – 3,5 % 2,5 – 3,5 %
http://www.meingrundstueck.at/
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sehr Lage: gut
3,0 – 5,0 %
4,5 – 6,5 %
5,0 – 7,0 %
5,5 – 8,5 %
Lage: mäßig
3,5 – 5,5 %
5,0 – 7,0 %
5,5 – 7,5 %
6,0 – 9,0 %
A. Prof. Dr. Wolfgang Feilmayr
Grundstücksmärkte und Immobilienbewertung
LITERATUR
Kranewitter, Heimo (2002); Liegenschaftsbewertung, 4.Auflage; Wien
Heuer, Jürgen (1985); Lehrbuch der Wohnungswirtschaft; 2. Auflage;
Frankfurt am Main
Holzner, Peter und Renner, Ulrich; (2005); Ross-Brachmann: Ermittlung
des Verkehrswertes von Grundstücken und des Wertes baulicher Anlagen;
29. Auflage; Isernhagen
Bienert, Sven und Funk, Margret (Hrsg.) (2007); Immobilienbewertung
Österreich; Edition ÖVI Immobilienakademie, Wien
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