Die reichsten Deutschen
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Die reichsten Deutschen
• BIL ANZ-MAG A ZIN.DE DAS DEUTSCHE WIRTSCHAF TSMAG A ZIN Die Preis: 3,00 € 09 14 500 reichsten Deutschen Mayday, Mayday – Lufthansa in Turbulenzen 3 NanoChamps Fleischeslust auf vier Seiten HALL of BMW: Aus Freude am Sparen SHAME Gran Performer. %BTOFVF4,MBTTF$PVQÏ Eine Marke der Daimler AG TUIFUJTDIF4DIÚOIFJUJNBUIMFUJTDIFO(FXBOE%JFTJOOMJDILMBSF-JOJFOGàISVOH EZOBNJTDIF'PSNFOVOEIBSNPOJTDIF1SPQPSUJPOFOFSIFCFOEBTOFVF4,MBTTF$PVQÏ [VFJOFNNPEFSOFO4UBUFNFOUBVUPNPCJMFS#BVLVOTU&JOFQSPHSFTTJWF&STDIFJOVOH EJFOJDIUTBMT1FSGPSNBODFWFSTQSJDIUXXXNFSDFEFTCFO[EFTLMBTTFDPVQF Die Verbrauchswerte beziehen sich auf die zur Markteinführung (09/2014) verfügbaren Motoren (S 500 4MATIC, S 63 AMG, S 63 Anbieter: Daimler AG, Mercedesstraße 137, 70327 Stuttgart AMG 4MATIC und S 65 AMG). Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,9–9,4 l/100 km; CO₂ -Emissionen kombiniert: 279–219 g/km. Deutsche Bank deutsche-bank.de Weltweit in Ihrer Nähe. Weltweit stark. Für Sie. 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AUS DER REDAKTION Wenn’s ums Geld geht, liefert BILANZ jetzt die ultimative Liste der 500 Vorbilder.“ Lesen Sie BILANZ auch in der Welt-Tablet-App Klaus Boldt, Chefredakteur und als E-Paper unter www.bilanz-magazin.de MIKRO-/NANOTECHNIK Sensoren und Sandwiches MARTHA BÖCKENFELD Fotos: Ulrich Mahn, Guy Corbishley Photography, Steffen Roth, picture alliance / dpa / Jan Haas Die Frau der Zahlen Auf das Treffen in der Londoner Zentrale der Bank Kleinwort Benson hatte sich nicht nur BILANZ-Redakteurin Sophie Crocoll vorbereitet: Auch Martha Böckenfeld (Foto), die Hausherrin, brachte Schaubilder und Unternehmenszahlen mit sowie eine 514-seitige Geschichte der Privatbank. Eine Frage konnte sie allerdings nicht beantworten: Wie die Kirche heiße, die Crocoll durch die Glastür des Besprechungsraums sehen konnte. Auch drei Mitarbeiter Böckenfelds waren ratlos. Ein Schild bei der Kirchentür verriet schließlich: St. George’s Hanover Square. Bekanntestes Gemeindemitglied war Barock-Komponist Georg Friedrich Händel. Der lebte in der Nachbarschaft. SEPTEMBER 2014 Kleinteile BoschMann Axel Giese und BILANZ-Redakteur Stephan Knieps (r.). Der Zeitplan für den Besuch von BILANZ-Redakteur Stephan Knieps in der Reutlinger Sensorfabrik von Bosch war strikt: eine Stunde Besichtigung der Fertigungshalle, danach Mittagessen in der Kantine, anschließend eine Stunde für ein Gespräch. Die Einhaltung der strengen Kleiderordnung für die Arbeitsräume ist jedoch zeitaufwendig, und Bosch-Gruppenleiter Axel Giese (auf dem Foto links) war zudem so begeisterungsfähig und erzählfreudig, dass sich die Werkstattbesichtigung auf zwei Stunden ausdehnte. Das Gespräch ließ sich nicht verschieben, also fiel der Kantinenbesuch aus. Einmal mehr konnte Giese helfen: Er empfahl die belegten Brote aus dem Automaten. KOBE-FLEISCH Ein Hoch auf das Steak! So eine Geschichte wünscht man sich für den Start in den neuen Job: Seine erste Recherche für BILANZ führte Volker ter Haseborg (auf dem Foto rechts) in das Berliner Steak-Restaurant „Grill Royal“. Hier wird neuerdings Kobe serviert, das teuerste Fleisch der Welt: 100 Gramm für 78 Euro. Steak-Fan ter Haseborg recherchierte die jahrhundertealte Geschichte des Edelfleischs und spürte beim Düsseldorfer Importeur Frank Albers den strikten Qualitätskriterien der Japaner nach. Natürlich gab es auch eine Verkostung. Worüber sich der Texter am meisten freute: Er brauchte sein Fleisch nicht zu teilen. Die beiden Fotografen, die ihn nach Berlin und Düsseldorf begleiteten, sind Vegetarier. Die nächste BILANZ erscheint am 10. Oktober 5 INHALT 9/2014 Die 500 reichsten Deutschen 615 Milliarden Euro schwer Rangliste Wer hat am meisten Geld? Welche Familien sind die mächtigsten im Land? Wie lebt der deutsche Geldadel? Das Vermögen der 500 reichsten Deutschen: fast dreimal so groß wie das BIP von Dänemark. 20 Wolfgang Porsche mit Sohn Ferdinand 60 Ehre, wem Ehre gebührt 76 Halle der Scham BILANZ gründet eine Heimstatt für die schlechtesten Manager der Republik. Lieferheld und Weltmarktführer Interview Niklas Östberg macht sie alle satt. Der Schwede organisiert die Zustellung von Restaurantessen in 23 Ländern. 6 SEPTEMBER 2014 Schnitt: zeitlos. Kaufmännische Prozesse: up to date. 70 Mit Software von DATEV. Im Kleinen sind wir groß Mikro- und Nanotechnik Hier ist Deutschland stark – etwa mit dem „Lab on a Chip“ (Foto), das ein ganzes Labor ersetzt. NAMEN UND NACHRICHTEN 8 BMW Jetzt müssen selbst die reichen Bayern sparen – und bekommen Ärger mit dem Betriebsrat. 10 Nachruf Der große Wirtschaftsjournalist Winfried Wilhelm ist tot. 11 Lufthansa Ärger am Boden und in der Luft: Jetzt geht der Chef zum Gegenangriff über. 12 Daimler-LKW Wie Wolfgang Bernhard die Weltmarktführung verteidigt. 14 Bankhaus Sarasin Carsten Maschmeyer will 27 Millionen Euro. 16 Eon, Eckhard Cordes, Pink Lotus 18 Machtnetz In der BILANZ-Inspektion: Oliver Samwer – seine Freunde, seine Feinde. Fotos: picture alliance / HOCH ZWEI, Jens-Ulrich Koch, Steffen Roth, Lieferheld.de UNTERNEHMEN UND MÄRKTE 20 Die 500 Reichsten Die Schaefflers hängen Aldi ab, Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel und Karl Lagerfeld in der Liste: Wer verdient womit wie viel? 22 Schweres Geld: Porträts der reichsten vier Deutschen. 24 Die reichsten Reichen: Plätze 1 bis 100. 34 Die großen Kollektive. 52 Die reichsten Armen: Plätze 101 bis 500. IDEEN UND INNOVATIONEN 70 Mikro- und Nanotechnik Winzige Produkte, riesige Geschäfte. 76 Direktzusteller Wer hungrig ist, kommt an Niklas Östberg kaum vorbei: Gespräch mit dem Chef von Lieferheld.de. 78 TV-Rechte Stefan Piëch, der Neffe von VW-General Ferdinand, versucht, mit Fix & Foxi Geld zu verdienen. PRIVAT 82 Ein bisschen zu fett, vielleicht BILANZ probiert: das teuerste Steak der Welt. 86 Holleins Kunstwelt Deutschlands einflussreichster Museumsdirektor fordert: Bürger, engagiert euch! 88 Baaders Beste Der Hamburger Epikureer Fred Baader über einen Kult-Kiosk und ein Erlebnis mit einem Château Margaux. 90 BILANZ-Gewinner Zweimal pleite, jetzt wieder obenauf: Lars Windhorst. 69 Notizen aus China Die beliebtesten Neuwagen auf dem größten Automarkt der Welt. SEPTEMBER 2014 man sein Handwerk verstehen. Genau wie für die Unternehmensführung. Ihr Steuerberater und die kaufmännische Software von DATEV sorgen für einfache und zuverlässige 5 Aus der Redaktion. 16 Impressum. Prozesse in Ihrem Unternehmen – vom Angebot über die Rechnung bis zur fertigen Buchhaltung. So können Sie sich ganz auf Ihren Erfolg konzentrieren. Informieren Sie sich auf www.datev.de/up-to-date oder unter 0800 1001116. 60 Hall of Shame Das Gegenstück zur Ruhmeshalle – BILANZ nominiert zwei Laureaten. 66 Porträt Martha Böckenfeld, die viel zu unbekannte Bankerin. Für perfekt geschneiderte Kleidung muss Kobe-Rind Endlich auch offiziell in Deutschland – BILANZ hat das teuerste Steak der Welt für Sie probiert. Seite 82 Zukunft gestalten. Gemeinsam. NAMEN & NACHRICHTEN Stahlbad in München Die BMW-Spitze will im Stammwerk sparen. Der Betriebsrat fordert im Gegenzug, 700 bis 800 Millionen Euro zu investieren – für ein neues Presswerk, eine Lackieranlage und die Modernisierung der Montage. LUFTHANSA ÄRGER AM BODEN UND IN DER LUFT 11 GEGENWIND DAIMLERS LKWCHEF BERNHARD IM GESPRÄCH 12 ANGESCHMIERT NEUE NAMEN, NEUE FORDERUNGEN AN DIE SARASIN BANK 14 IN KÜRZE FUNK, CORDES, DIBELIUS 16 8 SEPTEMBER 2014 NAMEN UND NACHRICHTEN Aus Freude am Sparen Von BMW bis Volkswagen – das Gebot der Stunde in der Autoindustrie lautet: Runter mit den Kosten, und zwar zack, zack und möglichst radikal! Mittel und Methoden unterscheiden sich. Eines ist aber überall garantiert: Krach und Ärger mit den Betriebsräten. Fotos: picture alliance / Sven Simon, BMW D Dank der hohen Nachfrage haben sie die Werksferien weitgehend durchgearbeitet. Das Geschäft läuft. Trotzdem erwartet die hiesigen Autobauer ein ungemütlicher Herbst. Aber weniger die Konkurrenz sorgt für Ärger: Die Konzerne setzen sich selbst mächtig unter Druck. Sogar beim Premiumchampion in München geht es zur Sache: BMW-Chef Norbert Reithofer (58) hat seine Strategen mit ernster Miene auf die Dringlichkeit der Maßnahmen hingewiesen und dazu angehalten, mit den Kostenkürzern von McKinsey minutiös Posten für Posten zu flöhen und nichts außer Acht zu lassen – selbst die Anzahl der Minuten, die man den Leuten für ihre Brotzeit zugesteht. Obwohl das Sparprogramm von BMW-Offiziellen nach interner Sprachregelung keinesfalls als solches bezeichnet oder ausgewiesen werden darf, läuft es darauf hinaus: Reithofer will einige Hundert Millionen Euro im Jahr einsparen. Betriebsräte klagen, dass ab 2015 allein 100 Millionen Euro durch einen Abbau von Sonderleistungen in den deutschen Werken erreicht werden sollen. Funktionäre der IG Metall sind alarmiert, es geht ihnen jedoch in erster Linie darum, die gut 9.000 SEPTEMBER 2014 Arbeitsplätze in München zu sichern und nicht um die Wahrung von Privilegien. Im Stammwerk München droht darum eine Eskalation des Streits: Die Arbeitnehmer widersetzen sich der bevorstehenden Schrumpfkur und fordern, ganz im Gegenteil, keine Senkung, sondern eine Erhöhung der Ausgaben: 700 bis 800 Millionen Euro an Investitionen seien dringend nötig, um Presswerk, Lackiererei und Montage zu modernisieren und damit intern wieder konkurrenzfähig zu machen. Krach gibt es auch bei VW in Wolfsburg. Dort kommt es immer wieder zu Produktionsausfällen im Stammwerk (siehe BILANZ 7/2014). In der Fertigung herrscht Unruhe, und in der ganzen Innung, nicht nur bei VW, hat sich ein leidenschaftlich geführter Diskurs entfacht darüber, was ein Autobauer heute noch selbst fertigen muss und was er seinen Lieferanten anvertrauen und überlassen kann. Bis spätestens 2017 muss VW-Chef Martin Winterkorn (67) fünf Milliarden Euro pro Jahr einsparen, um die schmale Rendite seiner Kernmarke zu erhöhen. Gewiss, die Niedersachsen (VW-Umsatz 2013: 197 Milliarden Euro) stehen unter größerem wirtschaftlichen Zwang als die renditestarken Bayern (76 Milliarden Euro Umsatz im vergangenen Jahr), die zuletzt neue Rekordzahlen gemeldet haben. Doch um ihre Fertigung zu optimieren, nutzen sie dasselbe Druckmittel: den Hinweis auf die internationalen Standorte ihrer Unternehmen, die mit den heimischen Werken um den Bau neuer Modelle konkurrieren. So produziert BMW in den USA erfolgreich Geländewagen und errichtet gerade eine Fertigung in Mexiko. Welche Modelle die Bayern dort ab 2019 bauen werden, ist noch nicht entschieden. Im Gespräch ist die 3er-Reihe, die zurzeit auch in München Da lang BMW-Chef Norbert Reithofer muss die Produktion optimieren 9 NAMEN UND NACHRICHTEN Winfried Wilhelm † Der Wirtschaftsjournalismus in Deutschland hat einen seiner Besten verloren: Winfried Wilhelm, Berater der BILANZ, ist tot, im Alter von 77 Jahren Anfang August einem Krebsleiden erlegen. Mit beeindruckender Haltung ertrug er die heimtückische Krankheit. Bis zuletzt war er mit bewundernswerter Energie in der Redaktion engagiert. Mit seiner Erfahrung im Magazin-Journalismus, seiner Kreativität und Tatkraft hatte er maßgeblichen Anteil, dass BILANZ im Frühjahr dieses Jahres erfolgreich in den deutschen Markt gestartet ist. Winfried Wilhelm hat die Wirtschaftspublizistik in den vergangenen Jahrzehnten geprägt wie kaum ein zweiter Journalist. Als junger Diplomkaufmann startete er seine Karriere 10 Stillstand Volkswagens Betriebsrat hat Nachtschichten am Sonntag in Wolfsburg abgesagt – weil die Probleme in der Produktion des Golf und seiner Ableger anhalten. In den BMW-Werken Dingolfing und Regensburg haben sich Management und Belegschaft bereits geeinigt. In München werden die Gespräche ab Mitte September zügig wieder aufgenommen, heißt es. „Wir investieren in den nächsten Jahren einen dreistelligen Millionenbetrag in das Werk München“, kündigte BMW jetzt an. Wie hoch dieser Betrag sein und wann er investiert wird, darum ringen nun beide Seiten. Bei Volkswagen dürfte es schwieriger werden. Der mächtige Betriebsrat hat in Wolfsburg nach BILANZ-Informationen die für das dritte Quartal geplanten Sonntagsschichten gestrichen: Solange die Fertigung immer wieder unerwartet stehen bleibe, sei die Arbeit am Tag des Herrn nicht opportun. Das Stammwerk wird in diesem Jahr mehr Autos bauen als 2013, aber wohl weniger als die kalkulierten 850.000 Fahrzeuge. Mitten in der Debatte um eine geringere Fertigungstiefe muss Winterkorn zudem einen neuen Chef für seine Komponentenwerke suchen. VW stellt von Achsen bis Sitzen zu viel selbst her. Amtsinhaber Werner Neubauer (65) bleibt ein Jahr länger. Dann muss ein Nachfolger ran. MARK C. SCHNEIDER Mitte der 1960er-Jahre bei Capital, wo er sich den Ruf als investigativer und ideenreicher Journalist erwarb. Der erste Versicherungsvergleich und die erste Universitäts-Rangliste hierzulande gehen auf Wilhelm zurück. 1973 wechselte er zum Manager Magazin und setzte dort Maßstäbe in der Unternehmensberichterstattung. Seine Enthüllungsgeschichten waren legendär: Wilhelm deckte 1980 die Commerzbank-Schieflage auf, 1990 einen Putschversuch familienfremder Manager bei der Vermögensverwaltung des Fürstenhauses Thurn und Taxis, 1997 recherchierte Wilhelm gemeinsam mit Klaus Boldt, heute BILANZ-Chefredakteur, die Überschuldung des Medienmagnaten Leo Kirch. Großes Aufsehen erregte Wilhelms Veröffentlichung des sogenannten „Liener-Dossiers“ 1995: In einem Geheimpapier hatte der gefeuerte Daimler-Finanzvorstand Gerhard Liener schonungslos mit dem vormaligen Konzernchef Edzard Reuter abgerechnet. Winfried Wilhelm lebte die Kontrollfunktion des Journalismus vor, „zumal die anderen Organe, Aufsichtsräte und Wirtschaftsprüfer, nicht so funktionieren, wie sie sollten“, wie er einmal sagte. Von der Redaktion verlangte er stets höchste Qualität, aber er half mit großer Selbstverständlichkeit und, so es möglich war, mit entscheidenden Informationen, wenn ein Kollege nicht weiterkam oder weiterwusste. Er war ein großartiger Motivator und Ideengeber, ein echter Kerl und humorvoller Mensch. Von 1987 bis 2000 diente er dem Manager Magazin als stellvertretender Chefredakteur, zeitweise als Chefredakteur, später lange Jahre noch als Berater der Chefredaktion. Ruhestand war für ihn ein Fremdwort, aufhören kam nicht infrage. So gehörte Wilhelm im Frühjahr 2014 gemeinsam mit seinen langjährigen Weggefährten Arno Balzer und Klaus Boldt zu den Gründungsmitgliedern der deutschen BILANZ. Für uns ist es Verpflichtung, in der BILANZ sein Werk fortzusetzen. Wir trauern um Winfried Wilhelm, einen großen Freund. 1 SEPTEMBER 2014 Fotos: picture alliance / dpa, Privat vom Band läuft. Eine Milliarde Dollar investiert BMW in Mexiko. Einen Betrag in vergleichbarer Größenordnung, fordern die Arbeitnehmer, solle der Konzern auch für München lockermachen. Vorbild der angestrebten Vereinbarung in München ist der Handel, den Daimlers Betriebsrat geschlossen hat: Als Gegenleistung dafür, dass die Belegschaft Kosteneinschnitte in dreistelliger Millionenhöhe ohne Murren akzeptiert und dadurch eine flexiblere Produktion und die Vergabe von weiteren Aufträgen an Dienstleister ermöglicht, modernisiert der Konzern für 1,5 Milliarden Euro das Mercedes-Werk Sindelfingen, in dem die S-Klasse entsteht und nach dem Kontrakt noch ein zusätzliches Modell. Aber warum spart selbst ein Luxushersteller wie BMW ausgerechnet in einer Phase von Absatzrekorden und holt sich damit den Ärger ins eigene Haus? „Vorsorge“, sagt Engelbert Wimmer, Chef des Beratungsunternehmens Polarixpartner. „Die Kunden kaufen kleinere und damit margenschwächere Autos. Die Entwicklung verbrauchsarmer Motoren kostet Milliarden – und keiner weiß, wie lange der Boom westlicher Hersteller in China anhält.“ Jetzt reicht’s! Lufthansa-Chef Carsten Spohr, frisch im Amt, geht zum Gegenangriff über: Im Visier hat er die Piloten, das Bodenpersonal und das ganze Geschäftsmodell. Setzt er sich durch? Fotos: picture alliance / Keystone, picture alliance / AA F Raus mit dem Bodenpersonal Lufthansa-Chef Spohr will die Bodentruppen in billigere GmbHs ausgliedern – Teil seines Plans zur Rettung der Airline. ür seine ersten hundert Tage als Chef der Lufthansa hätte sich Carsten Spohr (47) durchaus etwas mehr Aufwind gewünscht. Seine Piloten wollen dem Konzern Gehaltserhöhungen und Vorruhestandsregelungen ohne Maß abpressen; Wettbewerber attackieren mit Methoden, die alle Kriterien der Dumping-Politik erfüllen; und der Aktienkurs hat mit knapp 12 Euro seinen Jahrestiefstand erreicht. Zum Glück ist der neue Chef mit einem robusten Naturell ausgestattet. Ärger macht ihm wenig aus, Kontroversen scheut er nicht: weder im Luftverkehr mit den renitenten Piloten noch zu Lande in der Auseinandersetzung mit dem Bodenpersonal. Auf den Flughäfen abseits der Drehkreuze Frankfurt und München will er das LH-Schalter- und Gepäckpersonal in GmbHs ausgliedern. Dass dies nicht jedem gefällt, war ihm klar. Betriebsräte leisten Widerstand, die Verhandlungen über die Bodenreform haben begonnen. Es wird nicht einfach. Spohr muss seine Auslagerungen möglichst zügig umsetzen, bis Ende des Jahres in Stuttgart und Düsseldorf, Berlin und Hamburg, 2015 auch in Köln, Nürnberg, Hannover und Bremen. „Er hat keine Alternative“, sagt ein Aufsichtsrat. So teuer und wenig ausgelastet die Bodentruppen der Gesellschaft, nach Meinung vieler Konkurrenten, sein mögen, so stolz und streitbar sind sie auch und keineswegs gewillt, ihre Privilegien widerstandslos aufzugeben. Aufschub und Blockade lautet ihre Politik. Das Arbeitsgericht Nürnberg hat die „außerordentliche Kündigung“ einer Betriebsvereinbarung in Bremen Hannover und Nürnberg inzwischen für „unwirksam“ erklärt. Spohr verliert wertvolle Zeit. Und der Ärger wächst. Am Flughafen Charles-de-Gaulle haben die Manager ihre Belegschaft über die bevorstehenden Ausgründungen bereits in Kenntnis gesetzt – mit der Folge, dass das dortige Personal umgehend in wilde Streiks trat. Unter dem Chaos leiden vor allem die Passagiere. Jeden Tag, erzählen Lufthansa-Betriebsräte, fehlten ein paar Hundert Koffer auf dem Gepäckband, deren Verbleib nur mühsam und zeitaufwendig ermittelt werden kann. Auch der angestrebte Verkauf der LH-Rechenzentren, wo rund 1.400 Leute SEPTEMBER 2014 Streikhansa April 2014: Lufthansa-Piloten streiken drei Tage lang (Rekord!), 425.000 Passagiere sind betroffen; über 60 Mio. Euro Schaden. Februar 2014: Private Sicherheitsleute lähmen mit Arbeitsniederlegung den Frankfurter Flughafen. April 2013: Ganztägiger Warnstreik, nur 32 von 1.720 geplanten Lufthansa-Flügen finden statt. September 2012: Der bis dahin größte Ausfall an einem Tag für die Lufthansa: Rund 1.000 Flüge werden gestrichen, über 100.000 Passagiere sind betroffen. beschäftigt sind, verzögert sich. Hewlett-Packard, IBM und der französische IT-Dienstleister Atos scheinen an einer Übernahme nicht uninteressiert zu sein. Vor Jahresende rechnet niemand mit einem Abschluss. Trotz der Widerstände und Unbilligkeiten will Spohr in absehbarer Zeit auch Hand anlegen an die LH-Hauptstandorte München und Frankfurt. Seine Aufsichtsräte, genervt von den Forderungen der Pilotengewerkschaft Cockpit, haben ihn ermuntert, Härte zu zeigen. Denn in ihrer derzeitigen Verfassung ist die Lufthansa auf Dauer chancenlos sowohl gegen Billigflieger wie Ryanair oder Easyjet als auch gegen staatlich subventionierte Konkurrenten wie die Golf-Airlines Emirates und Etihad (und ihren Deutschland-Ableger Air Berlin). „Wir müssen Inflation und Preisrückgänge in Höhe von rund 700 Millionen Euro kompensieren“, knurrt Spohr, „damit wir nur auf dem gleichen Gewinnniveau bleiben.“ Sein Plan sieht vor, die Tochterfirma Germanwings zur Nummer drei unter den europäischen Flug-Discountern in Europa auszubauen. Nach den jüngsten Streitereien mit Cockpit ist die Stimmung unter den LH-Aktionären schlechter denn je. Das von der Gewerkschaft geforderte Gehaltsplus von zehn Prozent und die Aufrechterhaltung der luxuriösen Vorruhestandsregelung (bis zu 60 Prozent der Vergütung ab 55 Jahre bis zum gesetzlichen Rentenalter) sind in der Branche einmalig. Dennoch zeigen die Piloten wenig Neigung, die Altersgrenze, wie vom Vorstand gefordert, auf 60 Jahre zu erhöhen: Sie wissen um ihre Macht, denn ohne sie fliegt nichts und niemand. Gezielt bringen sie auch Gerüchte in Umlauf, behaupten Spohr-Vertraute, wonach sie die Lufthansa verlassen würden, wenn er, Spohr, unnachgiebig bleibe: Allein in den USA würden in den nächsten 20 Jahren bis zu 85.000 Piloten gebraucht. Dass tatsächlich Piloten ihre Kündigung einreichen, um künftig für eine Airline in Ohio zu arbeiten, ist mehr als zweifelhaft: Als die Lufthansa vor zwei Jahren die Piloten ihrer Tochtergesellschaft Austrian auf Kostendiät setzte, spuckten zwar viele große Töne, blieben aber fast vollständig an Bord. 1 11 NAMEN UND NACHRICHTEN Daimlers Mann fürs Grobe Herr Bernhard, Sie sind ein extrem ehrgeiziger Mann. In diesem Jahr wollen Sie die Ergebnisse von 2013 übertreffen. Reicht Ihnen das: nur besser zu sein als im Vorjahr? Unsere Ziele sind anspruchsvoll, der Gegenwind ist rau. Die Währungsturbulenzen treffen uns – wir rechnen mit 250 Millionen Euro Belastung –, aber wir schlagen uns wacker, gemessen an den Umständen. Positiv ist: Nordamerika wächst mit gut zehn Prozent stärker als erwartet, das zeigen die Auftragseingänge. Dabei können wir viele Aufträge aufgrund des strengen Winters und nach einem Ausbau der Kapazitäten erst seit dem Frühsommer abarbeiten. Bis Ende des Jahres dürfte unsere Produktion auf diesem hohen Niveau abgesichert sein. In den USA, wo LKW-Fahrer traditionell mit der Hand schalteten, wird die Automatik immer beliebter … Die Popularität der Automatgetriebe überrascht uns inzwischen selbst. Im Werk Gaggenau, wo wir sie herstellen, arbeiten wir an der Kapazitätsgrenze. Deshalb bauen wir bei unserer Tochter Detroit Diesel eine eigene Fertigung in den USA auf. Spätestens 2016 wollen wir dort große Stückzahlen fertigen. Der Erfolg des Automatgetriebes in den USA ist nicht mehr aufzuhalten. Nicht nur in den USA, hört man, laufen die Geschäfte besser als erwartet. Ja, auch in Japan erwarten wir unter 12 Mehr als Verkleidung Der oftmals an seinem eigenen Ehrgeiz gescheiterte Klassenprimus Bernhard kommt mit den hemdsärmeligen Truckern gut klar. dem Strich einen Zuwachs von gut fünf Prozent. Zum ersten Mal werden wir dort in einem wachsenden Markt auch Marktanteile gewinnen. Wie sieht es in Europa aus? Hier gilt seit Jahresbeginn die strengere Abgasnorm Euro VI. Weil die Techniken teurer sind, haben sich viele bereits 2013 mit bisherigen Modellen eingedeckt. Bei den Auftragseingängen im Großhandel spüren wir die Delle. Das hat zur Folge, dass die Produktion unter unseren Erwartungen bleibt. 2014 erwarten wir ein Marktminus von mindestens fünf Prozent. Wie wollen Sie darauf reagieren? Indem wir diszipliniert an unseren Kosten arbeiten und um jeden Auftrag kämpfen. Unser Effizienzprogramm „Daimler Trucks Number One“ spart jährlich gut 1,6 Milliarden Euro, da sind wir auf der Zielgeraden. Den Kräften des Marktes können wir uns nicht entziehen. Wir müssen damit umgehen. Sind Ihre Werke flexibel genug? Zum jetzigen Zeitpunkt: ja. Das sind alles beherrschbare Schwankungen, die uns nicht ins Schwitzen bringen. Samstagsschichten, die wir vorsorglich eingeplant hatten, führen wir aktuell nicht durch. Aber das ist es dann auch. Daimler stelle zu viele Bauteile selbst her, sagen Kritiker. Falsch? Richtig ist, dass wir die verschiedens- ten Komponenten selbst produzieren – ungeachtet dessen, ob wir damit wirklich einen technischen Mehrwert leisten können. Deshalb kategorisieren wir unsere Fertigungsumfänge jetzt nach Kernkomponenten, die wir brauchen, um langfristig unser technisches Know-how und unsere Qualität abzusichern, weil sie kein anderer so konstruieren und herstellen kann. Gleichzeitig gibt es auch viele Komponenten an Randbereichen, wie Deckel, Hebel und Klauen, die überall auf der Welt ordentlich hergestellt werden können. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus? Wir wollen in die Produktion erfolgskritischer Komponenten investieren und gleichzeitig das Wachstum nutzen, um uns von den Dingen zu trennen, die andere besser oder günstiger machen. Das diskutieren wir gerade in den Standorten mit den Betriebsräten und haben dazu auch schon eine erste Vereinbarung geschlossen. Wenn wir den Kleinkram loswerden, können wir stärker in den entscheidenden, technisch wirklich anspruchsvollen Bereichen wachsen. Sie koordinieren die europäischen Lkw-Bauer. Folgen die Ihrer Linie? Ja, das ist uns gelungen. Wir haben uns intensiv ausgetauscht und sprechen jetzt mit einer Stimme. Zur Reduzierung von CO2 haben wir ein umfangreiches Weißbuch verfasst. Auf der IAA stellen die Chefs der europäischen SEPTEMBER 2014 Foto: Daimler AG Er ist so talentiert wie ungeduldig: Wolfgang Bernhard (54), Daimlers anfangs unfreiwilliger Lkw-Vorstand. Jetzt verantwortet er einen Umsatz von gut 30 Milliarden Euro und muss die Weltmarktführerschaft verteidigen. Welche Farbe hat Dein Glück? Kollektion Wahres Glück Wellendorff • Tel. 07231 - 28 40 128 • www.wellendorff.de NAMEN UND NACHRICHTEN Truckkonzerne, von Volvo über Scania und MAN bis zu Daimler, die Details vor. Sie werden kaum andere Branchen finden, in denen das möglich ist. Geben die Lkw-Bauer bei der Reduzierung von Abgasen klein bei? Im Gegenteil, mit Euro VI haben wir schlicht das maximal Machbare für den Umweltschutz erreicht. Inzwischen sind die Partikelemissionen so gering, dass sie technisch kaum noch messbar sind. Für diese Messungen sind schrankgroße Anlagen notwendig, um überhaupt wissenschaftlich einigermaßen nachvollziehbare Ergebnisse zu erhalten. An vielen Tagen schwirren mehr Partikel und Feinstaub aus anderen Quellen herum, da reinigen die neuen Trucks eher die Luft, als ihr zu schaden. Um wirklich weitere Fortschritte zu erzielen, müssten andere Bereiche betrachtet werden, die viel mehr Feinstaub ausstoßen. Scherzhaft gesagt: Dann muss die EU-Kommission im Sommer das Grillen verbieten und das Feuerwerk zu Silvester. Wir konzentrieren uns darauf, Verbrauch und CO2-Ausstoß weiter zu senken. Volkswagen werde 2015 den USHersteller Paccar kaufen, haben Sie vorausgesagt – und sich dafür eine Menge Ärger eingehandelt, inklusive Dementi von VW-Chef Martin Winterkorn. Eine Konsolidierung ist aber unvermeidlich, richtig? Als Marktführer beobachten wir Signale und Bewegungen im Markt natürlich sehr genau. Nach vielfältigen Spekulationen in den Medien halten wir es nicht für ausgeschlossen, dass sich unsere Branche weiter konsolidiert. Wobei Truckmarken in der Regel nicht verschwinden, sondern übernommen werden oder kooperieren. Bleibt Daimler dennoch vorn? Wir haben alle Voraussetzungen dazu. Daimler ist der einzige Truckhersteller, der tatsächlich weltweit präsent ist. Unsere Strategie ist es, in den etablierten Märkten USA, Europa und Japan technologisch führend zu sein. Verschärft die Politik in den Schwellenund Entwicklungsländern die Sicherheits- und Abgas-Anforderungen, können wir diesen Investitionen dort dann ein zweites Leben geben. Bei diesem Plattform-Management und der Nutzung gemeinsamer Module ist Daimler in einer einzigartigen Stellung. Das wollen wir ausnutzen. 1 Schwergewichte Auf der IAA für Nutzfahrzeuge (25.9. bis 2.10. in Hannover) zeigen Lkw-Bauer, was sie können. Wolfgang Bernhard tritt doppelt auf: Als Daimler-Vorstand und Kopf des europäischen Branchenverbands ACEA. Mehr zum Thema finden Sie unter: www.bilanz-magazin.de Maschmeyer und die „Bodehochzig“ Nächste Runde im Streit der Sarasin-Bank mit den hereingefallenen deutschen Steuersparern: neue Namen, neuer Drohbrief, neue Forderung. N eue Namen auf der Liste der angeschmierten Millionäre: Neben Carsten Maschmeyer (55), seit dem Verkauf seines Strukturvertriebs AWD Nummer 123 auf der Liste der reichsten Deutschen, Drogerie-Magnat Erwin Müller (81), seines Zeichens auf Platz 156 postiert, und Promi-Anwalt Matthias Prinz (58), als ärmerer Reicher nicht in Vermögenstabellen zu finden, hat auch Familie Hurler (Platz 170) einige ihrer mit Immobilien verdienten 750 Millionen Euro verloren, 14 ebenso wie die Paderborner Lebensmitteldynastie Stute (Platz 401). Dies geht aus Dokumenten der Sarasin-Bank hervor. Das schweizerische Geldhaus hatte vermögenden Anlegern sogenannte „Cum-Ex-Deals“ an der Börse angedreht, die freilich nur funktionieren, wenn der Staat Kapitalertragssteuern erstattet, die vorher gar nicht bezahlt worden sind. Carsten Maschmeyer, der jahrzehntelang Finanzprodukte an den Mann gebracht hat, fühlt sich betrogen. Er sei über die Anlagemechanik nicht aufgeklärt worden und darüber, dass sein Geld in eine riskante Anlageform geflossen ist. Maschmeyer bekam 26 Millionen Euro zurück, jetzt will er auf weitere 27 Millionen klagen. Bei Maschmeyer gingen unterdes zwei Drohbriefe ein, er solle auf Forderungen verzichten: „Leg Dich nicht weiter mit uns an, sonst kannst Du Deine Bodehochzig planen“ – zu deutsch: das Arrangement für die Beerdigung treffen. Maschmeyer heuerte Leibwächter an. 1 SEPTEMBER 2014 REVOLUTIONÄR KOMFORTABEL Die neuen Sitze in der Business Class: Entdecken Sie den Komfort eines komplett flachen Liegesessels sowie unseren ausgezeichneten Service während der gesamten Reise. AIRFRANCE.DE Wird seit Juni 2014 sukzessive auf Langstrecken in ausgewählten Boeing B777 eingerichtet. NAMEN UND NACHRICHTEN Pretty in Pink: Der Medizinunternehmer Andy Funk und seine Frau und Geschäftspartnerin, die Chirurgin Kristi Funk, starten Pink Lotus in Deutschland. 2015 soll die erste Ambulanz in München eröffnen und Gen-Analysen zum individuellen Krebsrisiko anbieten. Funk, Wendel und Dibelius Dass auch der Herbst schöne Tage kennt und einen von Zwietracht geplagten Konzern in einen Glücksrausch versetzen kann, erlebt man derzeit bei der Schaeffler AG in Herzogenaurach. Kurz nachdem die Wälzlagerfabrik von einer Führungskrise durchbeutelt wurde, heiratete „die bescheidene Milliardärin“ (Bild) Maria-Elisabeth Schaeffler (73) ihren drei Stunden älteren Freund, den Ex-BDI-Präses Jürgen Thumann. Einige Wochen zuvor hatte schon ihr ehemaliger und langjähriger Firmenchef Jürgen Geißinger (55) den Bund fürs Leben geschlossen und in Istanbul seine Hochzeit gefeiert. Geißinger war 2013 von Frau Schaeffler vor die Tür gesetzt worden, und sie erwartet von ihren Spitzenfunktionären, dass die den direkten Kontakt mit Verstoßenen meiden. La Schaeffler, die reichste Deutsche (s. Seite 22), schätzt es gar nicht, wenn ihre Untergebenen mit Leuten wie Geißinger auf vertrautem Fuße verkehren. Doch offenkundig richten sich nicht alle Bediensteten nach den Wünschen ihrer Herrin. Technikvorstand Peter Gutzmer (60), unlängst zum Konzernvize befördert, feierte bei Geißingers Türkei-Sause mit. Unklar, ob Maria-Elisabeth ihm dies verzeiht. Seit sich die Schauspielerin Angelina Jolie 2013 bei Pink Lotus Medical in Beverly Hills nach einer ungünstigen Gen-Diagnose vorsorglich die Brüste amputieren ließ, ist die Klinik des Deutschen Andy Funk (37) weltbekannt (BILANZ 7/2014). Jetzt soll ein alter Bekannter von ihm Pink Lotus auf dem europäischen Markt etablieren: der Mediziner Thomas Wendel (42). Wendel sucht derzeit Klinikbetreiber oder Finanzinvestoren, die sich am Aufbau beteiligen wollen. Im Frühjahr 2015 ist die Eröffnung der ersten Pink-Lotus-Ambulanz in München geplant: Frauen können sich dort einem GenTest nach dem Pink-Lotus-System unterziehen, um das Risiko einer Erkrankung an Brust- und Gebärmutterhalskrebs zu bestimmen. Die Beratung übernimmt Kristi Funk (44) selbst. Die Funks haben einen starken Unterstützer gefunden: Alexander Dibelius (54), Deutschlandchef der US-Investmentbank Goldman Sachs und ehemaliger Herzchirurg: „Er öffnet mir viele Türen“, sagt Wendel, „und hilft bei der Suche nach Partnern für Pink Lotus.“ Eckhard Cordes Die vom Wiederaufstieg in die erste Polit-Liga weit entfernte FDP bekommt prominente Verstärkung: Eckhard Cordes (63), Vorsitzender des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, Mitglied im CDU-Wirtschaftsrat Leserservice und Heftbestellungen: BILANZ – das deutsche Wirtschaftsmagazin Leserservice, 20583 Hamburg E-Mail: Impressum Bilanz Deutschland Wirtschaftsmagazin GmbH, Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg Kundenservice@bilanz-magazin.de Tel.: 0800 888 66 30 E-Paper erhältlich unter: www.Lesershop24.de und www.ikiosk.de 16 Tel: (040) 347 23447 Fax: (040) 347 23450 E-Mail: redaktion@bilanz-magazin.de Herausgeber: Dr. Arno Balzer. und krisenerprobter Elitemanager bei Daimler, Haniel und Metro, ist der Absteigerpartei beigetreten, was nicht nur deren Kassenlage bekommt. Die FDP hofft, dass der glänzend vernetzte Cordes weitere Prominenz anlockt. Chefredakteur: Klaus Boldt (v.i.S.d.P.). Chef vom Dienst: Joachim Tröster. Büroleitung: Annette Klangwald. Chefreporter Volker ter Haseborg. Redaktion: Sophie Crocoll, Ronny Galczynski, Michael Gatermann, Jens Kaiser, Stephan Knieps, Uli Mahn, Mark C. Schneider. Autor: Jürgen Schönstein. Bilanz Deutschland Wirtschaftsmagazin GmbH, Geschäftsführer: Johannes Boege, Dr. Stephanie Caspar. Gesamtanzeigenleiter: Stephan Madel (v.i.S.d.P.). Objektleitung Anzeigen: Florian Eon-Chef Johannes Teyssen in Vorstand des Stifterverbandes wiedergewählt BILANZ hat in seiner letzten Ausgabe unter der Überschrift „Kein Geld mehr da“ berichtet, der Aufsichtsratsvorsitzende der Eon SE Werner Wenning habe Johannes Teyssen zum Rücktritt aufgefordert. Johannes Teyssen habe Mitte Juni sein Ausscheiden aus dem Vorstand des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft annonciert. Durch die Tätigkeit von Herrn Johannes Teyssen hätten sich die Ausgaben der Eon für den Stifterverband auf über eine Million Euro gesteigert. BILANZ stellt richtig, dass Werner Wenning Johannes Teyssen nicht zum Rücktritt aufforderte. Johannes Teyssen annoncierte auch nicht sein Ausscheiden aus dem Vorstand des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft, er ist gerade wieder in den Vorstand der Stiftung gewählt worden. Die Ausgaben der Eon steigerten sich nicht während der Tätigkeit von Johannes Teyssen. Doch ein gutes Team Eon-Aufsichtsratschef Werner Wenning (r.) und Vorstandsvorsitzender Johannes Teyssen. Reinartz (florian.reinartz@axelspringer.de), Klara Müller (klara.mueller@axelspringer.de). Herstellung: Olaf Hopf. Druck: Weiss-Druck GmbH & Co. KG, Postfach 30, 52153 Monschau und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit. Die Rechte für die Nutzung von Artikeln für elektronische Pressespiegel erhalten Sie über die PMG Presse-Monitor GmbH, Tel.: 030/284930 oder www.pressemonitor.de BILANZ - Das deutsche Wirtschaftsmagazin ist ein Supplement der WELT. Rechtshinweis: Alle Inhalte (Text- und Bildmaterial) werden Internetnutzern ausschließlich zum privaten, eigenen Gebrauch zur Verfügung gestellt, jede darüberhinausgehende Nutzung ist unzulässig. Für die Inhalte fremder, verlinkter Internetangebote wird keine Verantwortung übernommen. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 1 für BILANZ Deutschland, gültig ab 01.01.2014. Unsere Standards der Transparenz SEPTEMBER 2014 Foto: Christian Schluete, Getty Images Geißinger/Schaeffler MESURE ET DÉMESURE TONDA METROGRAPHE Edelstahl Chronograph mit Datumsanzeige Hermès Kalblederband Made in Switzerland www.parmigiani.ch BAD OEYNHAUSEN DÜSSELDORF HAMBURG JUWELIER PLACH | BOCHUM JUWELIER HESTERMANN & SOHN; FRANZEN KÖNIGSALLEE JUWELIER HANSEN | MÜNCHEN STUTTGART INNSBRUCK JULIUS HAMPL LE STUDIO PARMIGIANI CHRONOMETRIE VON HOFEN | KITZBÜHEL | JUWELIER HEIDI BOXBÜCHER | DORTMUND, FRANKFURT | MÜNSTER, OSNABRÜCK KAMPEN/SYLT JUWELIER RÜSCHENBECK | WIEN JUWELIER RÜSCHENBECK JUWELIER OEDING-ERDEL JUWELIER SPLIEDT SCHULLIN – UHREN IM LOOSHAUS FÜR WEITERE INFORMATIONEN UND HÄNDLERADRESSEN: PARMIGIANI FLEURIER DISTRIBUTION DEUTSCHLAND GMBH, FON +49 89 210 204 64 0 NAMEN UND NACHRICHTEN Arnt Jeschke (43), Schulkamerad am Kölner Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, dient heute als Rocket-Internet-Schatzmeister. Er ist ein treuer Gefolgsmann, loyal bis auf die Knochen. Über seinen Vorgesetzten sagt er: „Alles an ihm ist echt und harte Arbeit.“ Samwers Uni-Prof, der Ökonom Horst Albach (83), war ein Fan seines Exstudenten, investierte angeblich 50.000 D-Mark in Alando, sorgte für Anlegerseriosität und machte einen prima Schnitt. Der Anwalt und Steuerberater Sascha Leske (40, Kanzlei Noerr) ist neben Arnt Jeschke und Oliver Samwer der Einzige, der das irritierend verwirrte RocketInternet-Flechtwerk überblicken kann. Wie es ist, mit zwei Brüdern aufzuwachsen, weiß Tengelmann-Leiter Karl-Erivan Haub (mit 54 der älteste). Dass es noch so ein Dreier-Gespann gab, habe ihn beeindruckt, sagt er. Na gut. Vor vier Jahren stieg Tengelmann bei Zalando mit zehn Prozent ein. Er zahlte einen stattlichen Preis, hat aber inzwischen einen gewissen Anteil mit dreißigfachem Gewinn lukrativ wieder abgestoßen. Konstantin Sixt (32), der Sohn des Münchner Autovermieters und Leiter von dessen Internetabteilung, sagt, dass ihn mit Oliver Samwer eine enge Freundschaft verbinde: „Mich beeindruckt, mit welcher Schlagkraft er – ganz im Schumpeter’schen Sinne der kreativen Zerstörung – innerhalb kürzester Zeit ganze Branchen grundlegend verändert.“ Rücksichtslos charmant Trotz seiner Erfolge begegnet man Oliver Samwer in der deutschen Internetszene immer noch mit Skepsis. D Der ältere Bruder, Marc (43), mag ein einnehmenderes Wesen haben, der jüngere, Alexander (39), gescheiter sein, aber Oliver (41) ist jener Samwer, der auch ohne die Brüder wäre, was er ist: der angriffslustigste Typ im Internet. Aufgewachsen als Söhnchen reicher Leute im Kölner Villenviertel Marienburg – der Vater ein Anwalt mit eigener Kanzlei –, stellte er sich einen Lebenslauf zusammen, der wohl jeden Arbeitgeber erbaute: Gastschüler in England und Paris, Hockeytrainer, Aushilfsjob in einer Klempnerei, bester Abiturient seines Jahrgangs (Notendurchschnitt: 0,8). 18 Samwer unterschrieb einen Vertrag als Trainee bei Sal. Oppenheim in Köln, damals noch eine der ersten Adressen der Stadt. Aber der junge Mann blieb nicht lange. Er ist nicht der Typ, der sich sagen lässt, was er tun oder lassen soll, oder der zum Chef geht und ihn fragt, ob er am Freitag einen Tag Urlaub nehmen darf. Anschließend studierte er BWL. 1999 gründete er das Ebay-Imitat Alando und verkaufte es ein halbes Jahr später an das Original für 43 Millionen Dollar. Später zog er Jamba (Klingeltöne) und die Groupon-Kopie City Deal auf. Die besten Geschäfte machte er immer mit den Ideen anderer Leute. Aber auf diese Idee ist er immerhin von alleine gekommen. Samwer ist ein großes Arbeitstier. Sagt man. Seine Frau und die drei Kinder in der Villa am Starnberger See wissen aber noch, wie er aussieht. Also keine Sorge. SOPHIE CROCOLL Rocket Internet arbeitet nach der alten PlattformRegel und kann in 100 Tagen eine Internetfirma zusammensetzen. Die Berliner sind an 70 Unternehmen beteiligt (Umsatz: über 700 Millionen Euro). Im Herbst soll die Holding an die Börse gehen. Marktwert: vier bis fünf Milliarden Euro. Auch der Modehändler Zalando, von den Samwers mitgegründet, will an den Kapitalmarkt. SEPTEMBER 2014 MACHTNETZ Geraune und Getuschel umgeben Samwer: Er kopiere, presse Geschäftspartner aus. Laut sagen will das niemand, die Branche ist klein und Samwer mächtig. Nur Ehssan Dariani (34), der Studi-VZ-Initiator, warnt: Gründer würden von Samwer über den Tisch gezogen. Weil Dariani aber auch sagt, er stehe gern im Zentrum des Sonnensystems, hören nicht viele hin. Brüder pflastern seinen Weg: Die ehemaligen Hexal-Besitzer und Zwillinge Andreas und Thomas Strüngmann (64, Foto) wollten gemeinsam mit den Samwers als Wagniskapital vorgehen, zum Beispiel bei Studi VZ. Doch die Samwers wickelten den Handel dann doch lieber alleine ab. Am Verkauf der Firma an Holtzbrinck für angeblich 85 Millionen Euro verdienten die Strüngmanns nicht mit. Der große Oliver und seine kleinen Brüder Marc (Mitte) und Alexander. Jeder der drei Brüder hat ganz besondere Fähigkeiten, ohne die eine solch großartige Gründerunternehmerleistung nicht möglich gewesen wäre.“ Er stelle die Realität unfair dar, warf Samwer dem Journalisten Mike Butcher von Techcrunch vor. Der würdige nicht, dass Rocket Tausende Jobs schaffe. Butcher hatte dann auch noch Samwers Blitzkrieg-Mail öffentlich gemacht („I will die to win and I expect the same from you!“). Versöhnliches Händeschütteln 2013 beim Wirtschaftsgipfel in Davos. Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub über die Samwers SEPTEMBER 2014 19 Fotos: Rocket Internet, Dieter Mayr / Agentur Focus, ullstein bild – ddp, noerr, Project A Ventures, Wolfgang Maria Weber, picture alliance / dpa, picture-alliance Treffen sich zwei Stipendiaten der Studienstiftung an der privaten Otto-Beisheim-Managementschule: Florian Heinemann (38) und Oliver Samwer. Später diente Heinemann bei Rocket als Geschäftsführer. Bis es ihm zu blöd wurde und er zum Konkurrenten Project A überlief. „Extrem“ und „intensiv“ lauten die Attribute, die ihm zu Samwer einfallen. 50 UNTERNEHMEN& MÄRKTE UNTERNEHMEN UND MÄRKTE HALL OF SHAME RUHMESHALLEN GIBT ES GENUG: BILANZ BIETET KÜNFTIG AUCH VERSAGERN EIN ZUHAUSE 60 PORTRÄT MONEY-MARTHA, DIE UNBEKANNTE STARBANKERIN 66 NOTIZEN AUS ... WELCHE AUTOS LIEBEN DIE CHINESEN? 69 20 Die J Jahrzehntelang galten die Familien von Karl und Theodor Albrecht (Aldi) als die reichsten im ganzen Land. Doch sie sind es nicht mehr. Nach Recherchen der BILANZ haben Maria-Elisabeth und Georg Schaeffler aus Herzogenaurach, Eigentümer der Schaeffler AG und eines großen Teils des Hannoveraner Autozulieferers Continental, den Handels- leuten aus dem Ruhrpott den Rang abgelaufen. Eine günstige Börsenkonjunktur, eine kluge Geschäftspolitik, aber auch glückliche Umstände, an denen es bekanntlich nie fehlen darf, kamen Mutter und Sohn Schaeffler zugute, die vor wenigen Jahren nach einer Reihe tollkühner Übernahmen noch von Milliardenschulden begraben zu werden drohten. Auch heute sind die Bilanzen der Franken von einem Idealzustand noch um einiges entfernt, die Verbindlichkeiten sind nach wie vor hoch, aber die Beherztheit, die Risikobereitschaft und nicht zuletzt die Nonchalance, die namentlich die Firmenerbin Maria-Elisabeth Schaeffler bei ihren Akquisitionen, etwa von FAG Kugelfischer, an den Tag gelegt hat, haben sich ausgezahlt. Die Aldi-Familien – ihrer in hohem Alter verstorbenen Leit- und SymbolfiguSEPTEMBER 2014 00 DIE 500 REICHSTEN reichsten Deutschen ren inzwischen beraubt – scheinen diese Eigenschaften schon seit geraumer Zeit zu entbehren. Ihr Management muss nun zeigen, ob es gelingt, ein Geschäftsmodell aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, das einzig und allein auf kompromissloser Effizienz beruht, zu modernisieren und um neue Angebote zu erweitern. Eine Palette Nivea-Dosen auf den Fliesen oder eine erste Backtheke in der Vorstadtfiliale reichen für einen Innovationspreis nicht aus. Auch im Internet spielt Aldi praktisch keine Rolle. Unter jenen Familien, deren Mitgliederzahl so groß ist, dass ihr Vermögen keinem begrenzten Kreis mehr zugerechnet werden kann, beherrschen die Porsches das Feld, dicht gefolgt vom Klan der Henkels. Es sind der Maschinen- und der Autobau, die Markenartikelindustrie und der Einzelhandel – in der Spitzengruppe SEPTEMBER 2014 auch vertreten durch den kraftvollen Dieter Schwarz (Lidl, Kaufland) –, die die Geld-Aristokratie in Deutschland repräsentieren. 150 Milliardenvermögen hat BILANZ in Deutschland ermittelt. Die Gruppe jener Deutschen, die in der Telekomund Internetbranche zu Reichtum gekommen sind, wächst beständig, bleibt aber überschaubar: Man findet die SAP-Gründer Plattner, Hopp, Tschira unter den ersten 100, die Silicon-ValleyGrößen Andreas von Bechtolsheim und Peter Thiel sowie Ralph Dommermuth (United Internet) und neuerdings die Samwer-Brüder (Rocket Internet). Doch sie bilden vorerst nur die Vorhut einer neuen Klasse von Internet-Milliardären, die in den kommenden Jahren spürbar anwachsen wird. Auf 590.95 Milliarden Euro summiert sich das Geld und Gut der 500 reichsten Deutschen. Rechnet man die Habschaft der 13 wohlhabendsten Großfamilien in Höhe von 81,65 Milliarden Euro noch hinzu, verfügt die hiesige Vermögenselite über 672,6 Milliarden Euro. In praktisch allen Fällen ist dieser Besitz fast zu seiner Gänze in Unternehmen, Immobilien oder zunehmend auch Kunstsammlungen gebunden. Im Tresor findet sich nur das Nötigste. Viele Familien haben zudem Stiftungen eingerichtet, die dem Wohle der Verwandtschaft dienen, steuersparend wirken und ein Unternehmen vor dem Verkauf oder Zugriff durch andere bewahren sollen. Die Aussage, dass das Gesamtvermögen der reichsten Deutschen fast dreimal so hoch ist wie das Bruttoinlandsprodukt von Dänemark, ist deshalb von geringem Erkenntniswert und wahrscheinlich nur für Statistiker von Interesse. 1 21 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Autoteile und Batteriehülsen Unter der Rubrik „Stars & Sternchen“ berichtete Bild am 20. August über die Geheimhochzeit von Maria-Elisabeth Schaeffler und dem Metall- und Plastikunternehmer Jürgen Thumann (73, Heitkamp & Thumann/Vermögen: 150 Millionen Euro). Die Zeremonie fand in Kitzbühel statt. „Deutschlands Industrie-Elite kniete diskret in der Kirche“ (Bild), 150 Gäste feierten im Hotel Rasmushof, Peter Kraus rockte. 1 Georg und Maria-Elisabeth Schaeffler Schaeffler, Herzogenaurach; Continental, Hann. 21,5 Milliarden Euro Um eine Instinktstrategin handelt es sich bei der Medizin- und BWL-Studienabbrecherin und später zur Gesamtpracht erblühten Erbin Maria-Elisabeth Schaeffler (73): Der aus Prag gebürtigen Österreicherin sind in den Jahrbüchern der Wälz- und Kugellagergilde mehrere Kapitel gewidmet und in den Maschinenbaulexika Dutzende von Einträgen. Segenssprüche und ein paar Verwünschungen begleiten die Blondine, die für ihren Metallcharme sowohl wie ihre Gefühlsseligkeit bekannt ist und die mit ihrem Sohn Georg (49) in 20/80-Proportion über die Schaeffler-Gruppe disponiert, eine Gründung des Wälzlager- und Kugelgewindegetriebe-Neuerers Georg Schaeffler (1917–1996). Seit einigen Jahren stehen den beiden auch 46 Prozent der Continental AG zu Gebote. Landesweite Reverenz erlangte die Dame anno 2001 durch die Überwältigung ihres börsennotierten Widersachers FAG Kugelfischer, den sie übermannte und ihrem Unternehmen nachgerade einverleibte. Geigen sangen, Posaunen schmetterten, sobald Maria-Elisabeth fortan ihr Haar zeigte. Unter den Grandseigneurs der Wälzlagerszene war die Verzückung groß bis zur Wehrlosigkeit, wenn La Schaeffler 22 auf den Balkon trat. Kanonenschläge donnerten, Salutsalven krachten, „Lebe hochs!“ wurden kraftvoll ausgebracht. Solcherart angereizt schritt die Schaeffler 2008 zur nächsten Überrumpelung: Dieses Mal wollte sie die dreimal so große und noch dazu Dax-notierte Continental AG wegputzen und niederwerfen. Aus heiterem Himmel brach der Sturm los, geführt mit der Unwiderstehlichkeit der Weibeskraft. Nach sechs Wochen hatte sie knapp 50 Prozent der Anteile für gut zehn Milliarden Euro annektiert. Leider gab die Investmentbank Lehman Brothers kurz darauf und planwidrig ihren Geist auf, woraufhin sich eine bis heute unüberwindbar scheinende Finanzkrise entspann: Im Handumdrehen verfiel der Wert des Schaeffler’schen Neuerwerbs, aber auch jener der Schaeffler-Werke selbst. Schädlichstem Einfluss sah sich die Aktie von Continental ausgesetzt, deren Preis binnen sechs Monaten von 74 Euro auf zwölf Euro schrumpfte, als sei er gekocht worden. Die Sicherheiten, die Frau Schaeffler bei ihren Banken hinterlegt hatte, waren plötzlich nicht mehr die Bohne wert, alle Fluchtwege aus dem Katastrophengebiet überdies abgeschlossen: Man machte sich auf das Schlimmste gefasst. Die Lage war zum Verzweifeln ungut. Aber Maria-Elisabeth Schaeffler ist ein Kraftpaket, seit Kindestagen mit dem Unternehmertum wohlvertraut: Ihr Vater war Generaldirektor der Ersten Allgemeinen Versicherung in Wien, ihr Urgroßvater Mitgründer von Skoda gewesen. Manchmal bleibt einem eben nichts übrig, als Schmerzen einfach auszustehen. Und das tat die Schaeffler. Und heute ist alles wieder gut. Das Wälzlagergeschäft ist in flottem Gange. Mit jährlich rund 2.100 Patentanmeldungen rechnet man Schaeffler zu den lebendigsten und geistsprühendsten Firmen dieses Landes. Ihre Fabrikate erzielten zuletzt Einnahmen in Höhe von 11,2 Milliarden Euro. Die Marge beträgt schon aus Tradition nicht weniger als zehn Prozent. Mutlose Widersacher verlangen reihenweise nach Abfertigung. Schaefflers Werke stellen einen Wert von gut 14, ihr Anteil an Continental von weiteren 15 Milliarden Euro dar. Bringt man die Schulden von neun Milliarden Euro in Abzug, was man fairerweise tun sollte, und schlägt Ersparnisse wieder darauf (allein als Dividende beschlagnahmte die Familie heuer 309 Millionen Euro), dann braucht man sich keine Sorgen mehr zu machen. Sohn Georg, den die Firmenheimseite operettenhaft wie einen Tambourmajor als „Lic oec. HSG Georg F. W. Schaeffler JD/LLM“ ausweist, gilt Umfragen zufolge als Stratege dritter Garnitur. Tadelnde Bemerkungen über seine Fähigkeiten puffen wie Rauchwölkchen in die Luft. SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Foto: Quelle: BILD-Zeitung, picture alliance / dpa / Aldi Süd/dpa Das Phantom Kurz vor seinem Tod brach Karl Albrecht (1920-2014) doch noch sein öffentliches Dauerschweigen und empfing die FAZ zur Privataudienz. „Ich habe Glück gehabt, sehr viel Glück“, sagte Albrecht. Aber er machte auch klar, dass er nie ein Faxenmacher gewesen war. Sich mit ihm anzulegen, bekam einem schlecht: „Ja, ich wollte groß werden, egal wie sie mich beschimpft haben, ich wollte groß werden.“ Aldi selbst, gestand er, sei „eineErfindung meines Bruders“ Theo gewesen. 2 3 4 Familien Albrecht und Heister Aldi Süd, Mülheim 18 Milliarden Euro Familie Theo Albrecht jr. Aldi Nord, Essen 16 Milliarden Euro Dieter Schwarz Schwarz-Gruppe, Neckarsulm 15 Milliarden Euro Karl Albrecht ist im Juli dieses Jahres gestorben, ein Mann von 94 Jahren, nahezu unsichtbar für die Welt. Wie auf Kreppsohlen war er durchs Leben geschlichen. Jetzt ist er tot und hat die höchste Stufe der Abwesenheit erreicht. Für die Welt hat sich wenig geändert. Wohnhaft war er in Essen-Bredeney, hinter Stahlzaun und Rhododendron, in einem Haus, das unten weiß verputzt, darüber holzverkleidet und dessen Dach mit schwarzen Ziegeln gedeckt ist: Stahltor, drei Kameramasten, eine Alarmsirene bei den Mülltonnen. Auch sein Vermögen ließ sich nicht blicken: Es ist zum überwiegenden Teil in der Siepmann-Stiftung gespeichert, die in Eichenau bei München in einem Gewerbegebiet Unterschlupf gefunden hat, gleich neben einem Aldi-Zentrallager, schräg gegenüber der Feuerwehr. Die seinen Nachfahren zustehende Südhälfte (Umsatz: 38 Milliarden Euro / 4.850 Filialen) des Aldi-Handels gilt als die gewichtigere und fruchtbarere. Entfaltung, die diesen Namen verdient, ist aber nur noch im Ausland möglich, wo Aldi Süd aufgrund seiner guten Stellung in den USA einige Vorteile besitzt. Als Sehnsuchtsmann und Hoffnungsträger gilt Albrechts Enkel Peter Max Heister (36), Betriebswirt und ehedem Assistent am KfW-Stiftungslehrstuhl für Entrepreneurial Finance der TU München sowie Partner einer Wagniskapitalfirma. Seit 2007 vertritt er im Unternehmensbeirat (neben Mutter Beate und Vater Peter) die Familieninteressen. Was Karl Albrechts Kategorisierung angeht: Es gibt fantasievollere, offenere und bessere Manager, als er je einer gewesen war. Nur – unter uns: Keiner von denen hat Aldi gegründet. Der wegen seiner Belang- und Seelenlosigkeit von kritisch gelaunten Manufactum-Kunden noch nicht einmal ignorierte Nordteil der Aldi-Organisation steht Cäcilie Albrecht (86) zu, der Witwe Theo Albrechts (1922–2010), ihrem Sohn Theo jr. (63) samt Anhang sowie ihrer Schwiegertochter Babette und deren fünf Kindern, den Hinterbliebenen des Gründersohnes Berthold, der 2012, 58-jährig, abberufen worden war. Der Gutteil der Habe (darunter 37 GmbHs und 37 KGs) ist vor Jahren nach Nortorf bei Kiel verfrachtet und dortselbst in einer Stiftung magaziniert worden, die den Namen des Evangelisten Markus trägt. Unter derselben Anschrift finden sich eine Stiftung mit dem Namen des Predigers Lukas und eine andere mit dem des Apostels Jakobus. Der Umsatz der Nordmänner beträgt präterpropter 25 Milliarden Euro, bleibt also um einiges hinter den Südkollegen zurück. Auch um den Gewinn zu überblicken, braucht man sich nicht auf einen Hocker zu stellen. Seit Jahren von Lidl und Kaufland strapaziert, den Verbänden von Dieter Schwarz (siehe rechts), wirkt Aldi Nord überspielt und müde. Wer ArmSein jahrzehntelang naturgetreu nachstellt, läuft Gefahr, eines Tages tatsächlich zu verwahrlosen. In den Ecken des Geschäfts haben sich Strukturkrusten gebildet, aller Liebreiz ist von Plaque belegt. Unter den Albrechts ist keiner, der eine Führungsrolle übernehmen könnte. Wer eine Firma wie einen Geheimbund organisiert und sich rarmacht wie die späte Marlene Dietrich, kann nicht erwarten, dass sich unter seinen Söhnen ein Freigeist entwickelt. Man mag die ganze Haltung nicht, die dahintersteht. Aber man mag sie nicht mit großem Respekt. Wer die Tiefen des Lebens ergründet oder ihnen doch nachgespürt hat, der ahnt, dass das Werk dieses gut konservierten 74-Jährigen höher zu bewerten ist als jenes der Albrecht-Brothers, die nie gegeneinander antraten wie die Klitschkos. Schwarz aber hat sein Wirtschaftswunder allein vollbracht wie ein Poet in der Zeit der Empfindsamkeit. Bei all dem Aufheben und Aufbauschen, das um die Aldis getrieben wird, vergisst man dies nur allzu leicht. Stolz und Feierlichkeit spiegeln sich in einem Umsatz wider, der zuletzt die sauerstoffarme Höhe von 74 Milliarden Euro erklommen hat, ein Zehntel mehr als im Jahr davor. Auf Lidl, die variantenreichere Ausgabe von Aldi, entfallen 54 Milliarden Euro, auf Kaufland der Rest. Vom Gewinn ist nichts bekannt. Er gehört zum Intimleben und ist privat. Die Schwarzen, haben Verhaltensforscher festgestellt, legen derzeit starke Neigungen zur Ausbreitung an den Tag und treten gebietsweise mit Wildheit auf. Aldi-Leute nehmen das Wort „Schwarz“ nur noch ungern in den Mund, aus Angst, es könnte ihnen auf der Zunge explodieren. Durchaus ähnlich sind sich die Widersacher in Hinsicht auf Öffentlichkeitsscheu und Sparsamkeit: Auch Schwarz ist aufs Höchste empfindlich in Fragen des Knauserns, Knickerns und Kürzertretens und legt Wert auf rationelle Verwendung der Mittel. Schulden hat er mit Fleiß gesammelt, wohl zehn Milliarden Euro. Diese in Abzug gebracht, wirkt sein Vermögen auf erklärliche Weise vermindert und nicht ganz so prangend, wie es zu erwarten stünde. Der Vater zweier Töchter bekleidet den Rang eines Ehrenbürgers von Heilbronn. SEPTEMBER 2014 23 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Rang 44: Ralph Dommermuth Der Gründer und Großaktionär der United Internet AG ist ein solider Geschäftsmann, dem nichts schiefgeht und den nichts umwirft. Gilt wegen seiner Sesshaftigkeit (Westerwald + Montabaur) aber als Hauptvertreter deutscher Internet-Kleinstädterei. Die 100 reichsten Deutschen Vermögen* 21,50 18,00 16,00 15,00 14,00 11,00 8,20 8,10 7,60 7,50 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Name Maria-Elisabeth und Georg Schaeffler Familie Albrecht und Heister Familie Theo Albrecht jr. Dieter Schwarz Familie Reimann Susanne Klatten Stefan Quandt Familie Würth Familie Oetker Johanna Quandt Firma Schaeffler, Herzogenaurach; Continental, Hannover Aldi Süd, Mülheim Aldi Nord, Essen Schwarz-Gruppe, Neckarsulm u.a. Reckitt Benckiser, Master Blenders, Amsterdam BMW, München; Skion, Bad Homburg BMW, München; Delton, Bad Homburg Würth, Künzelsau Oetker, Bielefeld BMW, München Branche Maschinenbau, Reifen Einzelhandel, Immobilien Einzelhandel, Immobilien Einzelhandel, Immobilien Haushaltsprodukte, Genussmittel Auto, Pharma Auto, Beteiligungen Befestigungssyst., Werkzeughand. Nahrungsmittel, Reederei Auto 10 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Hasso Plattner Aloys Wobben Familie Liebherr Dietmar Hopp Familie Michael Otto Klaus-Michael Kühne Familie Braun Klaus Tschira Peter Thiel Familie Jacobs SAP, Walldorf Enercon, Aurich Liebherr, Bulle/Schweiz SAP, Walldorf; Dievini, Walldorf Otto Versand, Hamburg Kühne & Nagel, Schindellegi; Hapag-Lloyd, Hamburg B. Braun, Melsungen SAP, Walldorf Clarium Capital, San Francisco; Founders Fund, New York vormals Jacobs Suchard, Bremen; Barry Callebaut, Zürich Rechnerprogramme Windenergieanlagen Baumaschinen, Hotels Rechnerprogramme, Beteilig. Versandhandel Spedition, Reederei Medizintechnik Rechnerprogramme Beteiligungen, Kapitalanlagen Beteiligungen 7,50 7,20 6,70 6,60 6,50 6,40 6,20 6,10 5,20 5,10 21 22 23 24 25 26 27 28 28 30 Familie Knauf Ingeburg Herz Familie August von Finck Andreas und Thomas Strüngmann Andreas von Bechtolsheim Familie Rethmann Familie Deichmann Friede Springer Familie Günter Herz Heinz-Hermann Thiele Knauf Gips, Iphofen Tchibo, Beiersdorf, beide Hamburg vormals Merck Finck & Co. (Bank), München vormals Hexal (Pharma); Santo, Holzkirchen Arista Networks, Santa Clara; Google, Mountain View Rethmann, Lünen Deichmann, Essen Axel Springer, Berlin Mayfair, Hamburg; DNV GL, Oslo Knorr-Bremse, München Baustoffe Nahrungsmittel, Kosmetik Hotels, Beteiligungen Beteiligungen Netzwerktechnik, Beteiligungen Entsorgung, Spedition Einzelhandel Medien Beteiligungen, Kapitalanlagen Auto-, Bahnzulieferer 4,70 4,60 4,50 4,25 4,10 4,00 3,80 3,70 3,70 3,60 31 31 31 34 35 35 37 37 37 37 Familie Alexander Otto Karl-Heinz Kipp Familie Haub Alexandra Schörghuber Familie Bauer Familie Kärcher Alexander, Marc und Oliver Samwer Familie Daniela Herz-Schnöckel Familie Bosch Günther Fielmann ECE Projektmanagement, Cura, beide Hamburg vormals Massa-Märkte (Einzelhandel), Alzey Tengelmann, Mülheim Schörghuber, München Bauer Media, Hamburg Alfred Kärcher, Winnenden Rocket Internet, Berlin Mayfair, Hamburg; DNV GL, Oslo Robert Bosch, Gerlingen Fielmann, Hamburg Einkaufszentren, Immobilien Kapitalanlagen, Immobilien Einzelhandel Brauereien, Hotels, Immobilien Medien Reinigungsgeräte Beteiligungen Beteiligungen, Kapitalanlagen Autozulieferer, Beteiligungen Optiker 3,50 3,50 3,50 3,40 3,20 3,20 3,00 3,00 3,00 3,00 41 41 43 44 44 46 47 47 47 47 Andreas und Reinfried Pohl Familie Riegel Heinz-Georg Baus Familie Wacker Ralph Dommermuth Familie Hubert Burda Theo Müller Familie Wirtz Ingrid, Victoria-Kath. und Karl-Friedr. Flick Familie Schleicher Deutsche Vermögensberatung, Frankfurt Haribo, Bonn Bauhaus, Mannheim; Duscholux, Schriesheim Wacker-Chemie, München United Internet, Montabaur Hubert Burda Media, München Molkerei Müller, Aretsried; HK Food, Düsseldorf Mäurer & Wirtz, Dalli, beide Stolberg; Grünenthal, Aachen Flick, Wien Schwenk Zement, Ulm Finanzdienstleist., Immobilien Nahrungsmittel, Immobilien Baumärkte, Immobilien Chemie Internet-Dienstleister Medien Nahrungsmittel Waschmittel, Pharma Beteiligungen, Kapitalanlagen Bau 2,80 2,80 2,75 2,65 2,65 2,60 2,50 2,50 2,50 2,50 *in Milliarden Euro 24 SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Foto: picture alliance / dpa, laif / Markus Hintzen Rang 61: Der Täufer Der Nietzscheaner Dirk Roßmann arbeitet mit allen Tricks. Wer bei ihm einkaufte, bekam Rabatt im Serengeti-Park. Roßmann selbst taufte dort einen Junglöwen. Aber nicht auf den Namen Fritz. ZUR VERFAHRENSWEISE Bei allen Vermögensangaben in der BILANZ-Rangliste „Die 500 reichsten Deutschen“ handelt es sich um Schätzungen. Grundlage der Erhebung sind Recherchen u.a. in Registern, in Archiv- und Dokumentensammlungen. Bewertet wurden Aktienkapital (Ende August 2014), Unternehmen (nach Umsatz, Profitabilität, Marktstellung), Kapitalanlagen, Immobilien, aber auch Kunstsammlungen und Familienstiftungen. Großfamilien mit mehr als 40 Mitgliedern sind in einer gesonderten Rangliste (Seite 34) aufgeführt. 51 51 53 53 55 55 55 55 59 60 Name Otto Happel Familie Stihl Familie Weiss Martin Viessmann Familie Jahr Bernard Broermann Bruno Steinhoff Familie Freier Walter Droege und Hedda im Brahm-Droege Familie Weisser Firma vormals Gea (Maschinenbau), Bochum Stihl, Waiblingen SMS, Düsseldorf Viessmann, Allendorf Gruner+Jahr, Hamburg Asklepios Kliniken, Hamburg Steinhoff, Westerstede; JD, Sandton/Südafrika S. Oliver, Rottendorf Droege, Düsseldorf Marquard & Bahls, Hamburg Branche Beteiligungen, Kapitalanlagen Sägen Hütten-, Walzwerktechnik Heizanlagen Medien, Immobilien, Beteilig. Krankenhäuser Möbel, Grundbesitz, Sägewerke Textilien Unternehmensber., Beteilig. Ölhandel Vermögen* 2,40 2,40 2,35 2,35 2,20 2,20 2,20 2,20 2,15 2,10 61 61 61 61 61 61 61 61 69 70 Familie Voith Erich Kellerhals Lutz Mario Helmig Familie Diehl Familie Mittelsten Scheid Familie Storz Willy Strothotte Dirk Roßmann Curt Engelhorn Familie Claas Voith, Heidenheim Media-Saturn, Ingolstadt vormals Helios-Kliniken; Aton, Fulda Diehl, Nürnberg Vorwerk, Wuppertal Karl Storz, Tuttlingen vormals Glencore (Rohstoffhandel), Baar Rossmann, Burgwedel vormals Boehringer (Pharma), Mannheim Claas, Harsewinkel Maschinenbau Handel Beteiligungen Autozulieferer, Rüstung Haushaltsgeräte Medizintechnik Kapitalanlagen, Beteiligungen Drogerien, Immobilien Kapitalanlagen Landtechnik 2,00 2,00 2,00 2,00 2,00 2,00 2,00 2,00 1,95 1,90 70 70 70 70 70 76 76 78 79 80 Thomas Bruch Familie Clemens Haindl Familie Dachser Friedhelm Loh Familie Leibinger Wilhelm von Finck jr. Erben Christof Engelhorn Rainer und Jürgen Blickle Siegfried Meister Familie Ludwig Merckle Globus-Märkte, St. Wendel vormals Haindl (Papier), Augsburg Dachser, Kempten Loh, Haiger Trumpf, Ditzingen vormals Merck Finck & Co. (Bank), München vormals Boehringer (Pharma), Mannheim SEW-Eurodrive, Bruchsal Rational, Landsberg am Lech Phoenix Pharma, Mannheim; Heidelberger Cement Handel Kapitalanlagen, Immobilien Spedition Elektrotechnik Maschinenbau Land-, Forstwirtschaft, Beteilig. Kapitalanlagen Antriebstechnik Großküchen Pharmahandel, Zement 1,90 1,90 1,90 1,90 1,90 1,85 1,85 1,80 1,75 1,70 80 82 83 83 83 83 87 87 89 89 Hans-Peter Wild Christoph Henkel Wolfgang Marguerre Michael und Reiner Schmidt-Ruthenbeck Familie Liz Mohn Wilfried und Kurt Stoll Dieter Schnabel Familie Wirtgen Johannes Mann Familie Benteler Wild-Werke, Eppelheim Henkel, Düsseldorf Octapharma, Lachen/Schweiz Metro, Düsseldorf Bertelsmann, Gütersloh Festo, Esslingen Helm, Hamburg Wirtgen, Windhagen vorm. Wertkauf (Einzelh.), Karlsruhe; Polis, Berlin Benteler, Paderborn Geschmacksstoffe Klebstoffe, Reinigungsmittel Pharmazie Großhandel Medien Automatisierungstechnik Chemiehandel Baumaschinen, Straßenfräsen Beteiligungen, Immobilien Autozulieferer 1,70 1,65 1,60 1,60 1,60 1,60 1,55 1,55 1,50 1,50 Christa Gelpke Hans-Werner Hector Familie Scheufele Familie Karl-Rudolf Mankel Familie Stoschek Christine Volkmann Georg von Opel Familie Ströher Axel Oberwelland Horst Brandstätter vormals Boehringer (Pharma), Mannheim vormals SAP, Walldorf Chopard, Genf, Pforzheim Dorma, Ennepetal Brose, Coburg Brose, Coburg vorm. Opel, Rüsselsheim; Paramount, Zug/Schweiz vormals Wella (Haarpflege), Darmstadt August Storck, Berlin Geobra, Fürth Kapitalanlagen Kapitalanlagen Uhren, Schmuck Schließtechnik Autozulieferer Autozulieferer Kapitalanlagen, Beteiligungen Immobilien, Kapitalanl., Kunst Süßwaren Spielwaren 1,50 1,50 1,50 1,50 1,50 1,50 1,45 1,45 1,45 1,40 89 89 89 89 89 89 97 97 97 100 SEPTEMBER 2014 25 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Der Befestiger Reinhold Würth in seinem Künzelsauer Kommandostand. Nur wenige Unternehmer waren so erfolgreich wie er. Aber niemand kommt ihm als Kunstsammler gleich. Würths Kollektion, ausgestellt in eigenen Museen, umfasst rund 16.000 Werke. 2011 kaufte er sich Holbeins Schutzmantel-Madonna für 50 Millionen Euro. Seine Teppich-Sammlung ist zum Glück noch überschaubar. 5 8 9 Familie Reimann Reckitt Benckiser, Slough/England; D.E. Master Blenders, Amsterdam 14 Milliarden Euro Familie Würth Würth, Künzelsau 8,1 Milliarden Euro Familie Oetker Oetker, Bielefeld 7,6 Milliarden Euro 1851 lernte der Salmiak-Mischer Johann Adam Benckiser den Chemiker Ludwig Reimann kennen, einen Meister im Fach der Wein- und Zitronensäurezubereitung. Wie es damals üblich war, gründeten die beiden auf Anhieb eine Fabrik und nahmen später Verbindung auf zu Reckitt & Sons in Hull, die Wäschestärke mahlte. So kam eines zum anderen, und Reckitt Benckiser (Umsatz: 12,6 Milliarden Euro) erblühte zu einem der besten Konzerne der Konsumgüterklasse: Für Hausfrauen und Senioren hält er Nützliches parat wie Kondome, „Calgon“ und „Kukident“. Die Jugend aber greift zu „Clearasil“. Von den Benckisers ist nichts mehr vorhanden, indes die Reimanns noch auf Erden wandeln: Renate Reimann-Haas (62), Wolfgang Reimann (61) und ihre Halbbrüder Matthias (49) und Stefan (50) sowie die insgesamt zehn Kinder. Neben den knapp elf Hundertstel, die sie noch an Reckitt Benckiser halten und die mit über fünf Milliarden Euro den massivsten Einzelwert darstellen, zählen zu ihrer Habschaft der Luxusmarkenartikler Labelux, ein Gros am New Yorker Parfümriesen Coty (Umsatz: 3,5 Mrd. Euro, u.a. „Calvin Klein“, „Davidoff“). Angelegt wird das Geld der Familie von Peter Harf (68, Vermögen: 900 Millionen Euro), einem edlen Geradeaus-Denker. Seit zwei Jahren versteift er sich auf Kaffee- und benachbarte Geschäfte: Unter seinen Anschaffungen türmen sich D.E. Master Blenders („Senseo“, „Douwe Egberts“) und Mondelez („Jacobs“, „Carte Noire“) auf. „Der Großteil der Bevölkerung trinkt Kaffee“, gab er der Welt am Sonntag in salopp redender Unangefochtenheit bekannt. „Der Verbrauch ist sogar in der Krise 2009 nicht zurückgegangen.“ In einer Welt des Wankens und Schwankens ist es angezeigt ein Wort zu verlieren über Reinhold Würth (79), den Befestiger, den Montierer, den großen Anbringer: Was Schrauben und Mütter angeht, gilt er als Meister aller Kontingente. Geschäftlich nur noch okkasionell in Erscheinung tretend, wartet er mit wütender Sehnsucht darauf, dass seine Firma endlich die Umsatzmarke von zehn Milliarden Euro überquert. Es ist nicht ohne Hohn, dass seine 63.571 Leute es offenbar umso lockerer angehen lassen, je fester er sich dies wünscht. Zuletzt waren die Einnahmen seines mit ca. 400 Gesellschaften auf irritierende Weise angelegten Betriebs gar nicht mehr gestiegen, sondern regelwidrig eingedorrt und abgeflaut: von schwäbisch-derben 9,99 auf zerbrechlich wirkende 9,75 Milliarden Euro. Der Gewinn erhöhte sich dank klugen Haushaltens zwar um 7,2 Prozent auf sprudelnde 445 Millionen Euro. Aber reich ist Würth reichlich. Was er will, sind diese zehn Milliarden! Der Chef ist ein Mann von freundlich-pfiffigem Angesicht. Doch bisweilen zeigt er ein schroff-unleidliches Naturell. Die wenigen Rückschläge, die der Imperator verkraften musste, schmerzen ihn mehr, als ihn seine Triumphe beglücken können. Sein Sinn für das Qualvoll-Besorgniserregende des Schraubenhandels äußert sich regelmäßig in kühler, verdichteter Form, wenn er Aufrufe diktiert und seine Leute zu Buße und Besserung und „Fleiß ohne Ende“ ermahnt. Neben dem Anreiz- und Ansporn-Dezernat leitet Würth den Aufsichtsrat von vier Familienstiftungen, in denen er das Firmenvermögen verbarrikadiert hat: „Dann können die Enkel das Firmengeld nicht für Ferraris verjubeln.“ Die westfälischen Radikalen sind überzeugt davon, dass nichts umkippen kann, was auf 392 Beinen steht. So groß ist die Menge ihrer Firmen und vermutlich auch der Branchen, wo sie sich in merkwürdigen Verknüpfungen verirren. Im Kombinat der Bielefelder wird gebraut (Radeberger), gekellert (Sekt), gemörsert (Backpulver), gebrannt (Schnaps), geliehen (Bank), gereedert (Container) und gebacken (Pizzen). Auch an einer Versicherung und einer Chemiefabrik lassen es die Oetkers nicht fehlen. Acht Grandhotels, unter anderem in Baden-Baden, Paris, Vence und Cap d’Antibes, raffinieren den Besitz. Nicht nur Ästhetiker rügen bei diesem Arrangement das Fehlen von Gliederungsprinzipien, auch innerhalb der Familie macht sich Auflehnung gegen die Vielschichtigkeit des Ensembles bemerkbar. Von den acht Kindern des 2007 verblichenen Rudolf-August Oetker liegen die fünf aus den Ehen I und II im Widerstreit mit den dreien aus Ehe III. Der Umsatz ihres Ungefüges bewegte sich zuletzt unter traurigen Verbeugungen rückwärts auf 10,8 Milliarden Euro (minus ein Prozent). Vom Gewinn ist nichts bekannt, aber es fiel einer an. Denn die Rücklagen erigierten um 319 Millionen Euro. Die Eigenkapitalquote beulte sich auf obszöne 40 Prozent vor. Das laufende Jahr gibt wenig Anlass für Triumphgeheul. Die Reederei Hamburg-Süd, Oetkers größter Umsatzbringer, schrumpft schneller, als die Schwesterfirmen wachsen können: Rapide verfallen die Frachtraten, halb leer dampfen die Frachter umher oder liegen leblos auf Reede. Man wollte sich mit Hapag-Lloyd paaren: Aber die Kinder der Ehen I, II und III konnten sich ja nicht einigen. 26 SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Staatsbesuch Auf der Luftfahrtmesse in Selchow erläutert Willi Liebherr der zu höchster Aufmerksamkeit angeregten Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Eigenschaften und Vorzüge von Fahrwerkssystemen aus der Abteilung Liebherr Aerospace. Zuvor hatte Kanzlerin Angela Merkel den Stand der aus Steuergründen in die Schweiz umgesiedelten Firma besucht und ihr Wohlwollen bekundet. Die reichsten Hamburger in Mrd. ¤ Fam. Michael Otto Otto Versand Ingeburg Herz Tchibo, Beiersdorf Fam. Günter Herz Mayfair, DNV GL Fam. Alexander Otto ECE, Cura Fam. Bauer Bauer Media 6,50 4,60 3,70 3,50 3,20 Foto: Sebastian Kahnert/dpa, Samuel Zuder/laif, picture alliance / dpa Quelle: BILANZ-Recherche 10 13 17 Johanna Quandt BMW, München 7,5 Milliarden Euro Familie Liebherr Liebherr, Bulle (Schweiz) 6,7 Milliarden Euro Familie Braun B. Braun, Melsungen 6,2 Milliarden Euro Johanna Quandt (88), die Witwe des 1982 verstorbenen Multiindustriellen Herbert Quandt, und ihre Kinder Stefan (Vermögen: 8,2 Milliarden Euro) und Susanne (Klatten / Vermögen: elf Milliarden Euro) verfügen in bestimmender Weise über 46,7 Prozent der Bayerischen Motoren-Werke. Zugeschnitten auf Mutter Johanna selbst sind 16,7 Prozent der Ration. Die BMW-Aktie hat sich im vergangenen Jahr auf fast verbotene Art verteuert, von 71 auf zwischenzeitlich sommerlich-süße 95,32 Euro. Der Konzern hat einen Börsenwert von knapp 60 Milliarden Euro. Allein die Tantieme aus diesem Engagement (zwei Milliarden Euro in den vergangenen drei Jahren) schmiegt sich wie eine unirdische Verzierung um das Quandt’sche Guthaben. Johanna Quandt lebt hinter Strauchwerk und unter Ulmen in einem Park in Bad Homburg, wo eine feine Baulichkeit ihr Schutz vor Kälte und Nässe bietet. Sie steht früh auf, der Gärtner bringt die Zeitung. Zumindest war dies Gepflogenheit. Coram publico tritt sie aufgrund ihres Alters nur noch selten in Erscheinung. Als freigebige Person erfreut sich die ehemalige medizinisch-technische Assistentin allenthalben ordentlicher Beliebtheit, zumal in ihrer Geburtsstadt Berlin, wo ihr Großvater Max Rubner als Nachfolger von Robert Koch das Hygiene-Institut der Charité geleitet und verbessert hatte. „Von ihm habe ich wohl mein Interesse an der Medizin geerbt“, sagte sie 2006 bei der Vorstellung der von ihr mitgegründeten Stiftung Charité. Johanna Quandt gehört zu den großen Unterstützern der Wissenschaft. Ihre Millionenspenden sind sehr begehrt. Niemand hätte gerne keine. Noch weniger Interesse als dem Regietheater der 70er-Jahre bringt der Durchschnittsdeutsche der Kunst des Baumaschinenbildens entgegen. Was nach Meinung von Willi Liebherr (67) und seiner Schwester Isolde (65), Kinder des Kran-Reformators Hans Liebherr (1915–1993), aber höchst unklug ist: Denn die Welt kann man nicht mit Sabbeln und Klicken verändern, mit Runterladen und Reinstellen. O nein, man muss rammen, bohren, kippen, laden, schütten, baggern, wuchten, wühlen und Gott weiß was. Soll man dies mit bloßen Händen tun? Natürlich nicht, man verwendet Muldenkipper, Rad- und Teleskoplader, Planierund Laderaupen, Bergwerks- und Hydroseilbagger und Turmdreh- und Raupenkrane, Wippwerk-, Küsten-Container- und Schiffskrane – gefühlloses, eisenhaftes, ganz und gar anti-digitales Zeugs, noch analoger als nur analog, beinahe faunisch in seiner eisklirrenden Gleichgültigkeit. In den vergangenen Jahren erlebte der 1982 aus Erbschaftssteuergründen in die Schweiz ausgerissene Konzern eine Blütezeit, angeregt sowohl von dem natürlichen Knabenwunsch, den Dingen auf den Grund zu gehen, sie zu verschieben und aufzuhäufen, als auch von einer stets in auffällig zügiger Weise voranschreitenden Baukonjunktur. Lange Zeit standen die Bilanzen der Liebherrs in der Tradition der klassischen erotischen Literatur. Doch nun stockt der Geschäftsgang: Die Einnahmen sanken ein bisschen, als hätte jemand für ein paar Sekunden den Stöpsel aus einer Kaldewei-Wanne gezogen: Nur neun (Vorjahr: 9,1) Milliarden Euro sammelten sich an. Unenttäuschend aber bleibt die Devise von Weltbeweger Hans Liebherr: „Ich guck’ nur so weit, wie mein Arm reicht.“ Gefeierter Medizintechniker, bekannt für seine Kanülen („Braunülen“), aber nicht nur für die. Der 175 Jahre alte Familienbetrieb ist mit 15,1 Prozent neuerdings auch größter Teilhaber der Rhön-Klinikum AG. Die Dosis hat einen Marktwert von mittlerweile rund 475 Millionen Euro. Auch sonst tut der guten Stimmung wenig Abbruch: Laut jüngster Bekanntmachung haben die Hessen ihre Verkaufserlöse auf knapp 5,2 Milliarden Euro eskaliert, das höchste Ergebnis aller Zeiten. Massig und reich zerklüftet wie ein Gebirge ragen die Zahlen empor. Aber man empfindet ihre Höhe dem Gegenstand durchaus angemessen. Der Gewinn verdickte sich in der gleichen Zeit um zwölf Prozent auf seimige 289 Millionen Euro. Alles in allem ein Anblick wie auf einer stark kolorierten Postkarte. SEPTEMBER 2014 Melsunger Ortsheilige Ludwig Georg Braun (70), Passionsstratege der Weltfirma Braun, und der stets unterkühlt wirkende "Bartenwetzer". 27 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Die reichsten Europäer Vermögen in Mrd. ¤ Amancio Ortega (Spanien) Zara Liliane Bettencourt (Frankreich) L’Oréal Stefan Persson (Schweden) Hennes & Mauritz Bernard Arnault (Frankreich) Christian Dior, LVMH M.-E. & Georg Schaeffler (D) Schaeffler, Continental 46,30 28,70 24,90 23,30 21,50 Quelle: BILANZ 20 23 Familie Jacobs vormals Jacobs Suchard, Bremen; Barry Callebaut, Zürich; Adecco, Glattbrugg 5,1 Milliarden Euro Familie August von Finck vormals Merck Finck & Co., München 4,5 Milliarden Euro Vor 24 Jahren hat die Bremer Familie Jacobs (damals mit dem 2008 verstorbenen Klaus J. an der Spitze) ihre Kaffeeund Schokoladenfabrik Jacobs Suchard („Toblerone“, „Krönung“) nach Amerika (Kraft Foods) verkauft und sich seit dieser Zeit mit hanseatisch-gediegenen Kapitalbeteiligungen den Respekt von Wissenschaft und Forschung erworben. Aus der weltgrößten Leiharbeiterfirma Adecco haben sich die Jacobs zur Gänze zurückgezogen. Nachdem sie ihr Quantum im Sommer von 18,4 auf 1,8 Prozent verdünnisiert hatten, verkauften sie Anfang September auch den Rest. Was mit dem Erlös von knapp 2 Milliarden Euro geschehen soll, steht in den Sternen: Wie die Schweizer Bilanz auswitterte, will die Familie bei drei oder vier Unternehmen mit Beträgen zwischen 250 und 400 Millionen Euro einsteigen. Eile scheint nicht geboten. „Natürlich haben wir keine Liste in der Schublade mit all den Dingen, die wir jetzt tun“, sagt Stammesführer Andreas Jacobs (49), ein Doktor der Gesetzeskunde. „Qualität ist wichtiger als Geschwindigkeit.“ So ist es ja häufig auch beim Sex. Bedeutendste Habschaft bleibt der Weltmarktführer für Industrieschokolade, Barry Callebaut (Umsatz: vier Milliarden Euro), an der die Jacobs Holding 50,1 und Klaus J. Jacobs Witwe Renata (58) weitere 8,48 Prozent hält. Die Ansicht, der Jacobs gern Ausdruck gibt, ist die, dass man „ein gut diversifiziertes Portfolio“ haben müsse. Bruder Christian (52) präsidiert der JacobsStiftung, die die Jacobs-Universität in Bremen 2006 mit gleichsam fleischigen 200 Millionen Euro verpflegt hat. 28 Die Exbankiersfamilie von Finck gehörte zu den Anregern und Urhebern der Münchener Rück- sowohl wie der Allianz-Versicherung und prägt seit 1911 (als Wilhelm Peter Finck nobilitiert wurde) sowohl die falschen als auch die richtigen Vorstellungen, die sich die Leute vom Geldadel machen. August von Finck (84) und sein Bruder Wilhelm, der seit 2003 nicht mehr am Leben ist, sind die Kinder aus der ersten Ehe des Gründersohnes August. Aus dessen zwoter Ehe indes entsprang Halbbruder Helmut (55), ein schräger Vogel. Besagter Helmut hing einst dem bekloppt-vergötterten Bhagwan an, zappelte in orangefarbener Kluft als Swami Anand Nityo in Oregon herum und war auch vor Rauschmitteln nicht gefeit. Der Vater stufte den Spiritualisierten zum Vorerben herunter: Das ihm zustehende Erbdrittel sollte erst auf Swamis „männliche, blutsmäßige, eheliche Kinder“ übergehen, bis dahin aber von seinen Halbbrüdern August und Wilhelm verwaltet werden. Im Winter 1985 unterschrieb der bodenlose Swami Anand Nityo in all seiner desolaten Verdutztheit eine Art Erbverzicht, stellte seinen Posten als Gesellschafter der Bank Merck Finck & Co. zur Verfügung, erhielt fast 66 Millionen Mark und eierte feiernd weiter, den Geist von sonderbaren Vorstellungen umfangen. August und Wilhelm aber gliederten die Hinterlassenschaft soft und sachlich und in ihrem Sinne, reihten dieses ein, ordneten jenes zu, fächerten alles auf, gruppierten und justierten: Land und Gut wurden Wilhelm zugeschlagen, die Industriepakete aber dem August alloziert. Es war ein kurioses Assortiment, dessen August habhaft wurde. Fast alles schüttelte er jedoch ab, entfernte auch das Herzstück der Komposition: das Bankhaus Merck Finck & Co., das er der Barclays Bank 1990 für 600 Millionen D-Mark aushändigte. Durch Vorgänge, deren Darstellung hier zu weit führen würde, zählen zu August von Fincks irdischen Gütern heute die Schweizer Technikfirma Von Roll, die Wirts- und Gasthauskette Mövenpick, eine Ration der Warenprüfungssozietät Générale de Surveillance und vieles mehr. Seit 2010 verkauft er Goldbarren der Marke „Degussa“. Mit Gattin Francine und in schicklicher Tracht herrscht der „Herr Baron“ oben auf Schloss Weinfelden im Schweizer Kanton Thurgau, wo er sich eines Gefühls des Hochmuts und der Erhabenheit nicht immer erwehren kann. Ihre Söhne tragen Namen wie Jungxylophonisten: Luitpold Ferdinand (42), Maximilian Rudolf (44), August François (46). Seit einigen Jahren hat der Baron wieder Ärger mit Swami, genannt Helmut. Er wirft seinem Halbbruder vor, ihn 1985 übers Ohr gehauen zu haben: Er sei anno Tobak gar nicht zurechnungsfähig, seine Abspeisung mithin sittenwidrig gewesen. Wie sicher sich der Swami seiner Sache ist, kann man nicht beurteilen. Auf die Idee, nicht ganz dicht gewesen zu sein, ist er ziemlich spät gekommen. Nach eigener Rechnung stünden ihm 760 Millionen Euro zu, womöglich mehr. Denn August und Wilhelm hätten durch den Verkauf von Merck, Finck & Co. an Barclays gegen den Letzten Willen ihres Vaters verstoßen, der angeordnet hätte, die Bank im Familienbesitz zu belassen. Das LG München ist mit der Sache befasst. Wir sehen dem Treiben von Halbbrüdern, die sich um ihr Erbteil balgen, mit lässiger Ungerührtheit zu. SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Verwirrte Frau mit Hut Als Adi Furler noch kommentierte, galten Galopprennen in Iffezheim als Weltereignisse. Heute kann der Pferderennsport nur mit Hilfe von Gönnern wie Andreas Jacobs (M.) überleben, der sich hier mit Hengst-Besitzer Klaus Allofs (l.) berechtigterweise des Lebens erfreut. 24 Foto: picture alliance / GES-Sportfoto Andreas und Thomas Strüngmann Athos, München; Santo, Holzkirchen. 4,25 Milliarden Euro Vor neun Jahren verkauften die Strüngmann-Zwillinge Andreas und Thomas (64) ihre unter dem unschönen Namen Hexal in Holzkirchen eingesessene Generika-Fabrik (eine Erzeugungsstätte von Nachahmermedikamenten, also solchen, deren Patentschutz abgelaufen war) für die Unsumme von 5,65 Milliarden Euro an die verschwendungssüchtige Novartis-Gruppe aus der Schweiz. Eine beträchtliche Komponente des Verkaufserlöses steckten die Brüder in Gründe, Böden und Gebäude: auf fruchtbare, einbringende Weise in Asien, auf fruchtlose, abträgliche bei der IVG Immobilien in hiesigem Gefilde. In Bad Wiessee hat sich Thomas Strüngmann darüber hinaus das Spielbankgelände angeeignet, das benachbarte „Haus des Gastes“ gleich dazu und schließlich auch noch das Hotel Wittelsbach daneben. 4,76 Millionen Euro soll die 11.600 Quadratmeter große Fläche am Tegernseeufer gekostet haben. Während unsereiner unter der Birke liegend den Ruf des Zeisigs einstudiert, sehen sich die Strüngmänner von Investitionslust gepackt und in Anspruch genommen. Ihre Vermögensverwaltung Athos und ihr Starbeteiliger Santo haben Einlagen vorzüglicherweise in Biotechnik-Unternehmen und Generika-Hersteller (Gesamtumsatz: über 210 Millionen Euro) deponiert, vor allem in solche südamerikanischen Ursprungs. Es gibt sechs Kinder, die eines Tages das Erbe wohl weitgehend unter sich ausmachen werden. SEPTEMBER 2014 Die Weltrangliste Vermögen in Mrd. € Carlos Slim Helú (Mexiko) Telmex, América Móvil Bill Gates (USA) Microsoft Warren Buffett (USA) Berkshire Hathaway Amancio Ortega (Spanien) Zara Larry Ellison (USA) Oracle ... 24. M.-E. & Georg Schaeffler (D) Schaeffler, Continental 60,80 59,40 51,20 46,30 39,40 21,50 Quelle: BILANZ 25 30 Andreas von Bechtolsheim Arista Networks, Santa Clara; Google, Mountain View 4,1 Milliarden Euro Heinz-Hermann Thiele Knorr-Bremse, München 3,6 Milliarden Euro 1982 hatte der damals 26-jährige Informatiker Andreas Maria Maximilian Freiherr von Mauchenheim, genannt Bechtolsheim, mit drei Studienkollegen das Stanford University Network gegründet, abgekürzt SUN, aus dem sich später die Firma Sun Microsystems auseinanderfaltete, die Arbeitsplatzrechner verfertigte, an die Börse ging und heute ein Element von Oracle ist. Auch später gründete dieser Sachkundige immer wieder Computerfirmen, die er mit Höchstgewinnen versilberte. Er bewegte sich im Zickzack und in Achterfiguren vorwärts und kam fast überall als Erster an. Die Begebenheit, wie er zwei Stanford-Studenten für ihren geplanten Suchautomaten einen Vertrauensvorschuss über 100.000 Dollar ausstellte, gehört im Siliziumtal zur Volkskunde und wird den Gören schon in der Vorschule erzählt. Sein Prozent an Google hat einen Wert von derzeit 2,6 Milliarden Euro. Munteren Progress erzielt Andy heute mit seiner Firma Arista, die Netzwerkschalter zubereitet, und mit seinem Beteiliger Highbar Ventures, dessen Geldausgaben sich mit der glücklichsten Regelmäßigkeit als erfolgreich erweisen. In über 100 Firmen arbeiten seine Dollars, nie gammeln sie einfach nur herum. Junges Volk drängt ihm nach: „Andy, Andy!“ rufen die Landeskinder. Die Quellen, aus denen seine Eingebungen fließen, kennt jeder: Es sind die Gescheitheit, der Witz und der Fleiß. Bechtolsheim ist bereit, in jedem Erfolg einen Grund zu erneutem Aufbruch zu sehen. Dieses Glückskind mit dem erd-entrückt-vergeistigten Appeal, das wie aus klarerem Stoff gebildet zu sein scheint, weiß, welche Geschäftsideen etwas taugen und welche läppisch sind. In einer Welt, in der es prestissimo, rapide und gar nicht schnell genug gehen kann, gehört der 73-jährige Heinz-Hermann zu den großen Bremskräften und stärksten Verzögerern: Niemand hat sich um Stopp und Stillstand und das Stehenbleiben als solches so verdient gemacht wie dieser Jurist und Stratege, der 1969 bei Knorr-Bremse als Sachbearbeiter in der Patentabteilung anfing und das Unternehmen mit der Hilfe Gottes und eines Millionenkredits der Deutschen Bank Mitte der 80er-Jahre der entzweiten Eignerfamilie aus dem Kreuze leierte. Inzwischen ist Knorr-Bremse amtierender Weltmeister in der Herstellung von Eisenbahn- und Lkw-Bremsen. Thiele, den das Gewerbe gekältet und gehärtet hat und der seit 2007 den Aufsichtsrat führt, kann mit Selbstgefälligkeit agieren. Man sieht dieses Verhalten einem Mann in dieser hervorgehobenen Position gerne nach. Ja, man vermisste es, legte er es nicht an den Tag. Zuletzt hoben die Münchner, erfolggekrönt in China und im Geschäft mit Hochgeschwindigkeitszügen, ihr Revenue auf 4,3 Milliarden Euro an; der Auftragseingang (plus 20 Prozent) ist so begeisternd, dass Anti-Arroganz-Seminare angeboten werden. Weil Heinz-Hermann Thiele das Geschäftemachen so leicht von der Hand geht, kaufte er sich privatim bei der Unternehmung Vossloh ein, die solche Erzeugnisse wie Spannklemmen und Weichen sowie Straßen-, Schwebe- und Eisenbahnen fabriziert. Thiele hält 25,14 Vossloh-Prozente in Händen und führt auch dort den Aufsichtsrat. Die Vossloh-Aktie aber bereitete zuletzt nur denjenigen eine Freude, die auf fallende Kurse gewettet haben. 29 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Deutschlands Geldaristokratie Vermögen in Mrd. ¤ Familie August von Finck vormals Merck Finck & Co. Andreas von Bechtolsheim Arista Networks, Google Wilhelm von Finck jr. vormals Merck Finck & Co. Georg von Opel vormals Opel, Paramount Finanz Elisabeth von Auersperg-Breunner Fides Familie von Metzler Bankhaus B. Metzler Familie zu Waldburg-Zeil Waldburg-Zeil Albert von Thurn und Taxis Thurn und Taxis Familie zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg Sayn-Wittgenstein Anton Wolfgang von Faber-Castell Faber-Castell 4,50 4,10 1,85 1,45 1,35 0,90 0,65 0,50 0,50 0,40 Alexandra Schörghuber Die Pastorentochter und Hotelkauffrau führt seit 2008 die Firma ihres verstorbenen Mannes Stefan. Sie entpuppte sich als unternehmerische Naturgewalt. Die Firmengruppe steht heute da wie eine Zwei plus. Quelle: BILANZ 31 31 34 Karl-Heinz Kipp vormals Massa-Märkte, Alzey 3,5 Milliarden Euro Familie Haub Tengelmann, Mülheim 3,5 Milliarden Euro Alexandra Schörghuber Schörghuber, München 3,4 Milliarden Euro Der créateur der früher nicht unbeliebten Massa-Verbrauchermärkte lebt heute auf den Dächern seiner Fünf-Sterne-Hotels „Tschuggen“ oder „Eden Roc“ in Arosa beziehungsweise Ascona. Er lebt dort nicht wie ein Storch in einem Nest, sondern wie ein Kauz in einem Penthaus. Für den 90-jährigen Kipp, der die Reize eines gepflegten Urlaubs im Gebirge mit der Traulichkeit des eigenen Zuhauses verbindet und sich zudem einer Fernsicht erfreut, der er Andacht und Studium widmen kann, sind dies jedoch beileibe nicht die einzigen Logiermöglichkeiten. Ihm gehören geradeso und gleichermaßen das Fünf-Sterne-Quartier „Carlton“ in St. Moritz, eine Anlage zum Verstummen, und weitere Karawansereien auf Vier- und Drei-Stern-Ebene. Auf die Frage, wie viele Milliarden er besäße, zitiert ihn die Mainzer Allgemeine mit den fidelen Worten: „Ich bin immer noch nicht mit dem Zählen fertig.“ Wie Giacometti, der am häufigsten gelobt wird für seine schlechtesten Werke, ist Kipp gar nicht sosehr im Einzelhandel als auf dem Gebiet des Immobilienwesens eine landauf, landab respektierte Autorität. Als er seine Massa-Märkte verkaufte, behielt er nämlich den Daumen auf den Läden selbst: Noch bis 2015 kassiert er 90 Millionen Euro Miete im Jahr. In Manhattan sind sieben Wolkenkratzer auf seinen Namen zugelassen, und in Alzey bei Worms ragt das „HanniKipp-Haus“ in den Himmel der Pfalz, eine unter Vierjährigen hochgeschätzte und -gelobte Kindertagesstätte. Kipp spendierte zwei Millionen Euro für den Bau und den Kosenamen seiner Frau Hannelore (87), mit der er die geraume Zeit von über 60 Jahren verheiratet ist. Möchte man die 500 Supermärkte Kaiser’s Tengelmann (Umsatz: 1,94 Milliarden Euro) geschenkt bekommen? Nein, möchte man nicht. Denn die Läden sind, was man problematisch nennt. 27 Filialen haben bereits dieses wächserne Aussehen angenommen, das auf nichts Gutes hindeutet. Aber verschenken will Karl-Erivan Haub (54) die kaputte Anlage ja sowieso nicht. Anderes nähme man ihm gerne ab: den Textildiscounter Kik zum Beispiel oder die Obi-Baumärkte. Denn die machen gute Geschäfte und wecken zarte Sinneslust. Nur ihretwegen konnte die Tengelmann-Gruppe (Umsatz: 7,82 Milliarden Euro) insgesamt etwas aufquellen. Auch die Immobilienfirma Trei Real Estate und die Beteiligungen am Ein-Euro-Verhökerer Tedi und die mehrheitlich zu Edeka gehörende Billigkette Netto lassen Kenner mit den Zungen schnalzen. Gerne haschte man auch nach Haubs Kleinanteil am Modehändler Zalando, weil der nicht so viel Arbeit macht. Aber Kaiser’s Tengelmann? Lieber nicht. Haub ist ein großer Russland-Freund: „Es ist eines der finanziell solidesten Länder überhaupt mit nur zehn Prozent Staatsverschuldung.“ Zumal für Obi sieht er dort Chancen. In Deutschland „gibt es immer noch zu viele Baumärkte“. Vierjährlich lassen sich die Deutschen im Sommer besonders dann volllaufen, wenn bei Fußballweltmeisterschaften die Sonne scheint. So wie in diesem Jahr. „Unglücklich ist in der Brauwelt derzeit niemand“, sagt Klaus Naeve (66), Leiter der Schörghuber-Organisation, zu der unter anderem die Brauereien Paulaner, Hacker-Pschorr, Kulmbacher und Fürstenberg gehören. Ihre Biergeschäfte versammelt die Gruppe gemeinsam mit der holländischen Heineken-Brauerei in der etwas lustlos klingenden Brau Holding International, an der die Bayern 50,1 Prozent der Anteile besitzen. Der Umsatz wurde für 2013 mit 599 Millionen Euro angegeben. Viel mehr werden es heuer aber auch nicht, trotz des Sauf-Julis: denn der Durst auf Bier geht ja allgemein zurück. Insgesamt zogen die Einnahmen um zehn Prozent an. Sie werden mit 740 Millionen Euro beziffert. In globo kommt die Vereinigung auf etwa 1,34 Milliarden und einen Gewinn von 148 Millionen Euro. Der bedeutendste Erwerbszweig, das Immobiliengeschäft, blieb wegen teurer Aufmöbelungen wie erwartet ein wenig hinter den anderen Sparten zurück. Verluste von 10,1 Millionen Euro schrieben die 20 Hotels, darunter das Arabella Son Vida und das Sheraton auf Mallorca. Der gute Zustand der Firma ist ihrer Eignerin Alexandra Schörghuber (56) zu verdanken, die alles Gemurkse verabscheut. Als ihr Mann 2008 verstarb, da hatte er ihr eine Firma hinterlassen, deren Stammbaumschema so aussah wie der Knoten, den Seeleute als Affenfaust bezeichnen. Schörghuber brachte dies in Ordnung. Alles wirkt heute flott und gut frisiert. Auch heuerte sie Naeve an, einen guten Mann und Exsteuerberater. 30 Deutschlands größte Baumärkte in Mrd. ¤ Umsatz 2013 Obi Bauhaus Toom Hornbach Zeus Quelle: Dähne Verlag 3.470 2.800 2.433 2.152 2.072 SEPTEMBER 2014 Fotos: picture alliance / Eventpress Radke, DVAG Stolzer Vater Andreas (l.) und sein Bruder Reinfried führen das Lebenswerk ihres im Juni verstorbenen Vaters fort. Der DVAG-Gründer, der 86 Jahre alt wurde, hat ein Unternehmen von glänzendem Gepräge hinterlassen. Nur hie und da müssen ein paar matte Stellen poliert werden. Der Verkauf von Finanzprodukten ist zurzeit eine zähe Angelegenheit. 35 37 41 Familie Kärcher Alfred Kärcher, Winnenden 3,2 Milliarden Euro Alexander, Marc und Oliver Samwer Rocket Internet, Berlin 3 Milliarden Euro Andreas und Reinfried Pohl jr. Deutsche Vermögensberatung, Frankfurt 2,8 Milliarden Euro Siegertypen aus Winnenden, 20 Kilometer nordöstlich von Stuttgart. Arbeiten immer unter Hochdruck, stehen ständig unter Dampf. Ihre Reiniger sind sagenumwoben. Allenthalben im Betrieb zischt, sprüht, dampft, saugt, schäumt es. 900 Geistesgrößen sind allein in der Sektion Forschung und Entwicklung mit dem Ausdenken immer neuer Geräte und Schmutzlöser beschäftigt. 2013 hat Kärcher über 120 neuartige Manufakte auf den Warenmarkt gebracht, 50 Patente angemeldet. Sauberkeit kennt keine Grenzen. Während schwangerer als schwanger nicht geht, geht noch sauberer als sauber sehr wohl. Die Ausbeute steigerte sich zuletzt um 6,5 Prozent auf alpine 2,05 Milliarden Euro. „Kärcher ist stärker gewachsen als der Reinigungsmarkt insgesamt“, stöhnt Generaldirektor und Weltmann Hartmut Jenner (48), der aus Winnenden stammt und seit 1991 bei Kärcher arbeitet und wahrscheinlich auch in Winnenden seinen Urlaub verbringt. Bei Konkurrenten und Deklassierten scheut das Vieh in den Ställen, die Vögel schrecken auf. Frauen geraten in Hitze, wenn Jenner aus dem Gebüsch tritt. Sein Konterfei prangt auf allen Dampfdruck-Illustrierten. Um den Gewinn macht Kärcher ein Riesengeheimnis. Die Kollegen von der Spurensicherung meinen, dass er nicht zu knapp sei: Denn den Standort Obersontheim will Kärcher für 40 Millionen Euro aufmöbeln, in der Nachbarschaft des Stammsitzes ein Kundenzentrum für 29 Millionen Euro errichten. Das 1935 von Alfred Kärcher hervorgebrachte Unternehmen gehört seinen Kindern Johannes Kärcher (63) und Susanne Zimmermann von Siefart (57), zwei von Natur aus diskreten Personen. Ein Unternehmen, das mit seinen Zahlen gleichsam trillert, ist Rocket Internet aus dem Hause der Samwer-Brüder Alexander (39), Marc (43) und Oliver (41). 333 Millionen Euro bezahlte der philippinische Telefonierladen LDTC im August für ein Zehntel an dieser Anstalt, die sich auf Beteiligungen an Internetfirmen spezialisiert hat und deren 70 unterhält. Wenige Tage später absorbierte Ralph Dommermuth (Vermögen: 2,65 Milliarden Euro) seinerseits 10,7 Prozent zum Preis von nun schon 435 Millionen Euro. Im Herbst soll Rocket Internet an die Börse bugsiert werden. Die Philippinos und Dommermuths United Internet sorgen für eine gewisse Veredelung des Aktionärskreises. So entfacht man Verlangen und Begierde auch bei anderen Bevölkerungsschichten. Die hiesige Nerd-Szene (vom Selbstbeweihräucherungszwang gemartert) weiß noch nicht so genau, was sie von den Samwers halten soll. Die Brüder gelten als unternehmerische Leichtgewichte, die außer Finanzartistik wenig zu bieten haben. Denn die hervorbringenden Kräfte des Schöpfertums sind ihnen nicht gegeben, sie stellen nur Geschäftsmodelle nach oder finanzieren deren Zweit- und Drittanfertigung, statt selbst einmal ein neues zu erfinden, ganz zu schweigen vom Missklang jenes protzenden Provinzialismus‘, der in einem Namen wie „Rocket Internet“ widerhallt. Der Modeversand Zalando, vor seinem geplanten Börsengang auf 3,8 Milliarden Euro taxiert, ist auch nur so ein Imitat (der US-Firma Zappos). An Zalando halten die Samwers 17 Prozent, an Rocket Internet deren 58,7. In diesem Jahr empfingen sie zudem eine Gewinnausschüttung über 287 Millionen Euro. Am 12. Juni dieses Jahres hörte das Herz von Reinfried Pohl nach 86 Jahren auf zu schlagen. Der Gründer dieses als Strukturvertrieb verwirklichten Einzelhändlers von Finanzprodukten war nicht nur einer der tüchtigsten Verkäufer des Landes, ein Unterstützer von Medizin und Rechtswissenschaft, sondern bis zu dem Tag, da ihn sein „Herrgott“ abrief, auch Vorstandschef, Leit- und Identifikationsfigur seiner DVAG. Trickreich und stets auf dem Posten, bekannt nicht nur für seine kulante Konduite, wirkte Pohl auch vorzüglich, was die Geselligkeit im Allgemeinen betraf: Wenn er Partys schmiss, dann stiegen sie in der Frankfurter Festhalle oder gleich in der Köln-Arena. Er brauchte Platz. Seine 25.000 Vertreter wollten mitfeiern und auch Einpeitscher wie Helmut Kohl oder Angela Merkel, Jogi Löw oder Michael Schumacher. Pohls Söhne Andreas (49) und Reinfried (54), die seit 30 Jahren an der Seite ihres Vaters gelernt und gestanden, ihn entlastet und vertreten hatten oder ihm als Sekretäre zur Hand gegangen waren, lenken fortan in gleichberechtigter Manier das Geschick der Familienholding, die 60,1 Prozent an der DVAG besitzt. Die italienische Versicherung Generali beansprucht den restlichen Part, aber nur 30 Prozent des Gewinns. Denn mehr konnte der alte Fuchs ihr unmöglich zugestehen. Unter der alleinigen Regie von Andreas Pohl steht die DVAG nunmehr selbst, deren Umsätze nach jüngster Kalkulation von 1,19 Milliarden auf 1,13 Milliarden Euro abscheuerten. Auch der Gewinn erschlaffte von 185 Millionen auf 176 Millionen Euro. Macht nichts. Den anderen erging es wenig besser. SEPTEMBER 2014 31 Fingerzeig Die Schauspielerin Maria Furtwängler und ihr Mann Hubert Burda, der Verleger, Trompeter, Kunsthistoriker, FocusErfinder, Tempelfreund, Exboxer und GelegenheitsHirnforscher. Wenn Burda loslegt, dann ist auch was fällig. 46 51 53 Familie Hubert Burda Hubert Burda Media, München 2,6 Milliarden Euro Familie Stihl Stihl, Waiblingen 2,4 Milliarden Euro Familie Weiss SMS, Düsseldorf 2,35 Milliarden Euro Ob man dieses Unternehmen, dessen Fassungsvermögen sich 2013 um 6,6 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro ausgeweitet hat, noch als Verlag bezeichnen darf, müssen Linguisten entscheiden. Die Münchner verbreiten 440 Medien, gedruckt und digitalisiert, aber die Zahlungseingänge aus dem E-Handel stiegen erneut auf unverhältnismäßige Weise: Der Gerätehändler Cyberport verschärfte seine Einnahmen zwischen 2011 und 2013 um paranormale 50 Prozent auf 548 Millionen Euro; ebenso unerklärlich verläuft die Entfaltung des Tierbedarfversenders Zooplus, der seinen Umsatz binnen eines Jahres um geradezu empörende 27 Prozent auf 427 Millionen Euro anschüttete. Das meiste Geld verdient Burda aber immer noch mit Papierwaren, zu denen u.a. Focus, Elle und Bunte gerechnet werden. Verleger Hubert Burda (74), der in einer Welt erlesener Gegenstände lebt, hat sich 2009 auf männlich-unbekümmerte Weise entmonumentalisiert und die Betriebsleitung an Paul-Bernhard Kallen (57) übertragen, einen exzellenten Manager. Burda selbst wirkt seither durch Appeal und Air. Diese Wirkungsweise ist nicht jedermann gegeben. „Klar treffe ich keine Grundsatzentscheidungen ohne den Eigentümer“, hört man Kallen mit kalter Lässigkeit sagen. „Das hat etwas mit Anstand zu tun. Ich kann ja schlecht sein Geld für etwas ausgeben, was er gar nicht möchte. Wäre ja verrückt.“ Vor vier Jahren hat Burda, über dessen Leben man durchaus mal einen Film drehen sollte, seinen Kindern Jacob (24) und Elisabeth (22) jeweils 20 Prozent an seiner Holding überlassen. Ehefrau Maria Furtwängler (48) ging leer aus. „Sägen“ - ein schönes Wort, genau so schön wie „lieben“, vom Sound her vielleicht sogar noch grooviger. Die Freude war jedenfalls riesengroß unter all den Zerkleinerern, die sonntagmorgens losziehen, um ein paar Wäldchen zu splittern: Denn der Weltrekordhalter im Motor- und E-Sägenbau, die Firma Stihl, so lasen sie in den Fachorganen, wolle künftig Karbon und Titan zum Einsatz bringen, zwei Stoffe, die so leicht sind, dass sie ständig wegwehen. So lässt sich’s ziemend holzen im Gehölz, und man ist nicht schon vom Schleppen schlapp. Die Waiblinger Stihlisten genießen erdumfassende Wertschätzung, niemand in der Zunft kommt ihnen gleich. Wo gerodet und gefällt wird, da nur mit Stihl. Doch bei der Umsatzermittlung kamen die Zähler zuletzt schon bei 2,8 Milliarden Euro nicht weiter. Die Buchhalter seufzten „Das ist ja kaum mehr als letztes Jahr“ und zählten zur Sicherheit noch einmal. Aber es stimmte: Bei Stihl stockt’s und staut’s. Wegen der Währungsunruhen habe man Sägen unterm geplanten Preis verkaufen müssen. Aber der Gewinn sei immerhin hoch, behaupten die Jungs vom Erkennungsdienst: Stihl habe alle großen Erledigungen – über 200 Millionen Euro – in bar bezahlt und dem Personal eine Gewinnbeteiligung von zehn Prozent für seine Genussrechte zugeschanzt, im Stammhaus eine Zulage in Höhe von 57 Prozent eines Monatsgehalts gewährt. Den Besitz des 1926 gegründeten Unternehmens teilen sich die Familien des großen Hans Peter Stihl (82, der das Fantasie-Amt des Ehrenvorsitzenden ausfüllt) und seiner Geschwister Rüdiger Stihl, Eva Mayr Stihl und Gerhild Schetter. Den Aufsichts- und Beiratsvorsitz hat Hans Peter Stihls Sohn Nikolas (54) inne. Heinrich Weiss (72) ist mit seinem 54-Prozent-Anteil auch der Oberaufseher dieses fabricateurs von Stahl-, Walz- und Röhrenwerken le plus grand du monde. 1871 von seinem Urgroßvater gegründet und eigentlich als Schmiede angedacht, befindet sich SMS (Umsatz: 3,3 Milliarden Euro) gegenwärtig nicht in der allerbesten Verfassung: Der Laden läuft nicht tipptopp. Dieses Urteil ist wohl angebracht, ohne befürchten zu müssen, sich eine Gegendarstellung einzuhandeln. Der Gewinn, von dem die Familie allenfalls den Zehnten einbehalten darf, zersetzte sich um fast ein Drittel auf 178 Millionen Euro: Russland, Ukraine, Stahlkrise überhaupt. „Wir liegen weit unter Soll und hoffen, dass wir noch aufholen können“, ließ Weiss hören. Das Unternehmen hat zwar genug Fett angesetzt, 1,6 Milliarden Euro liegen auf dem Konto. Aber Weiss, der Könner, fühlte sich veranlasst, sich sicherheitshalber zu reaktivieren. Fast täglich marschiert er jetzt ins Büro, denn es ist Not am Mann. Zum Glück ist „HW“, wie sein internes Kürzel, in guter Form und bissig wie einst im Mai. Im März wechselte er seinen Firmenchef aus, weil der „den Sack einfach nicht zumachte“ (F. Beckenbauer). Bei der Fertigung sollen künftig 250 Millionen Euro eingespart, das Walzen und Kochen von Stahl und Röhren vereinfacht und betriebsbedingte Kündigungen (im Stahlwerkbau) zumindest in Erwägung gezogen werden. Auch im Einkauf will Weiss haushälterischer vorgehen. Denn: „Wachstum ist nicht alles, der Gewinn muss stimmen.“ Seine Schwestern haben ihre 46 Prozent an SMS vorsorglich schon mal an ihre sieben Kinder weitergereicht. 32 SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Foto: picture alliance / dpa, Getty Images Aufheizer Der Wärmetechniker Martin Viessmann (r.) unterstützt den Wintersport mit Millionenbeträgen. Ein kluger Schachzug, denn Hitze kommt erst bei Kälte zur Geltung. Ordnungsgemäß verkleidet, zeigte er sich in Sotschi mit dem IOC-Präsidenten Thomas Bach. Die reichsten Düsseldorfer in Mrd. ¤ Familie Weiss SMS Familie Droege/im Brahm-Droege Droege Christoph Henkel Henkel Brüder Reppegather Centrum Familie Harro Uwe Cloppenburg P&C (West) 2,35 2,15 1,65 1,15 1,00 Quelle: BILANZ-Recherche 53 55 59 Martin Viessmann Viessmann, Allendorf 2,35 Milliarden Euro Bruno Steinhoff Steinhoff, Johannesburg 2,2 Milliarden Euro Walter Droege und Hedda im Brahm-Droege Droege, Düsseldorf 2,15 Milliarden Euro Martin Viessmann (60), Düsenpilot mit Verkehrsflugzeugführerschein und Besitzer der größten Mercedes-Kollektion außerhalb von Untertürkheim, hat die Einnahmen seiner Heiz- und Klimatechnik-Sozietät letzthin um fast zehn Prozent auf geradezu schamlos aufdringliche 2,1 Milliarden Euro erhitzt. Es keimt, braut und treibt wie im Orchideenhaus. Doch Bosch („Junkers“, „Buderus“) und Vaillant liegen in Europa trotzdem immer noch vorn. Um seine Tabellensituation zu verbessern, errichtet Viessmann – dieser Rationalist alter Schule – eine 50 Millionen Euro teure Temperaturerforschungsanstalt, deren Labore ausgestattet sind mit allem Firlefanz der Neuzeit. Wie jeder Stratege ist auch der Heizer aus Hessen ständig in Regung und Bewegtheit, treppauf, treppab, klettert in der Buchhaltung umher, von Unrast getrieben, exerziert mit seinen Direktoren, drillt die Sekretäre, mit rasender Umsicht wirtschaftend wie eine gute Stationsschwester. Denn bei Viessmann herrscht, laut Firmenmotto, ein „Climate of Innovation“. Einen Begriff von seiner inneren Unruhe geben seine Oldtimer und Flugzeuge (Cessna Citations), verziert mit den Firmenfarben Rot und Grau. Weil Allendorf über keinen Bahnhof, geschweige einen Autobahnanschluss verfügt, legte Viessmann einen Flugplatz neben dem Firmengelände an. Denn er muss sich in allen Niederlassungen zeigen. Viessmann verfügt über deren 120 in 74 Ländern. 2018 will der Alte die Leitung der 1917 gegründeten Firma Tochter Katharina (27, Betriebswirtin) oder Sohn Max (24, Wirtschaftsingenieur) anvertrauen. Außerhalb der Mobiliarbranche erhält die Welt nur gedämpfte Kunde von Bruno Steinhoff (75), einem Bauernsohn aus Oelde in Westfalen, der 1964 einen Möbelhandel eröffnete und Stühle, Tische, Betten, Sofas aus DDR und Ostblock einführte, seine Fertigkeiten später um die Herstellung von Polstern erweiterte, nach der Wiedervereinigung auch Zulieferer in Ostdeutschland und -europa an sich riss und eines schönen Tages den Textilfabrikanten Claas Daun (Vermögen: 300 Millionen Euro), mit dem er auf herzlichstem Fuße verkehrt, frug, ob man nicht eine Gemeinschaftsfirma in Südafrika instituieren wolle. Steinhoff entfachte viele kleine Wirbelwinde. Er hat Edelboutiquen für Hausrat in London und Paris eröffnet, immer auf dem Quivive, gewiss, aber das Volksgeschäft mit Möbeln zu Pappenstielpreisen ist bis heute seine Spezialität geblieben. Dank der Entschiedenheit seines Charakters hat er seine Dachgesellschaft von vornherein in Südafrika festgesetzt: Sie nennt auch Kiefernwälder ihr Eigen, Sägewerke, Spanplattenhersteller, Speditionen und Immobilien. Seit 1998 ist das weltweit tätige Unternehmen (Umsatz: rund sechs Milliarden Euro) an der Johannesburger Börse registriert und dort zurzeit mit einem Wert von 8,8 Milliarden Euro veranlagt. Seine BS Beteiligungs- & Verwaltungs-GmbH hält noch 8,1 Prozent. Seit seinem Rücktritt als Chef 2008 ist Steinhoff Aufsichtsrat. Zumal solche Unternehmen wecken den Appetit des Firmenverschlingers Walter Droege (61), deren Manager schon die Blicke stieren Ausdrucks zeigen, weil sie mehr brauchen als ein Bier, um in Fahrt zu kommen. Einmal in seinen Besitz gebracht, unterzieht Droege die Betriebe verschiedener Spezialbehandlungen, die Körperschaften schwächerer Konstitution zweifellos ins Grab bringen würden, sich hier aber gerade noch so eben als heilsam erweisen. An 125 Firmen in 30 Ländern soll der Heiler beteiligt sein, ihre Einnahmen beziffert er mit 7,6 Milliarden Euro. Einen seiner gelungensten Streiche zeigte er vor drei Jahren anlässlich der Mehrheitsübernahme des Arbeiterverleihs Trenkwalder (Umsatz: rund eine Milliarde Euro) aus Brunn am Gebirge, einer Örtlichkeit im Bezirk Mödling in Niederösterreich. In diesem Jahr riss sich Droege bereits den Medizintechnik-Hersteller Hoffrichter unter die Nägel, das Sanitätshaus Nicolai-Vital-Resort und ungefähr zwei Drittel der Pleitefirma Weltbild, seinerzeit ein Verlags- und Buchhandelshaus der katholischen Kirche, heute zu einem Ramschversender abgestorben. Gemeinsam mit seiner Frau und Mitgesellschafterin Hedda im Brahm-Droege (57) und den Viehof-Brüdern (früher Allkauf-Gruppe / Vermögen: 750 Millionen Euro) gehört ihm die Kunstsammlung Rheingold, die wohl mehr als 1.000 Werke umfasst und an deren Zusammenstellung leider auch der sogenannte Kunstberater Helge Achenbach mitgewirkt hat, dem so einige Betrügereien vorgeworfen werden. Die Kollektion ist noch nie in aller Vollständigkeit ausgestellt worden. Deshalb sind weder Güte noch Wert so einfach zu beurteilen. SEPTEMBER 2014 In Europa rangiert sein Möbelmastodon hinter Ikea auf Platz zwei. Er tritt in Deutschland mit den Poco-Möbelhäusern und in Frankreich, England und der Schweiz mit der Conforama-Gruppe in Aktion, die er Anfang 2011 für 1,2 Milliarden Euro aufgesaugt hat. 33 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE DIE REICHSTEN SIPPEN DES LANDES Zwei-Klassen-Gesellschaft Unter den großen Familienkollektiven, deren Mitgliederzahl teilweise in die Hunderte geht, dominieren die Porsches und Henkels das Feld. Mit weitem Abstand folgen die Traditionshäuser Heraeus und Siemens. 1 2 Familie Porsche Porsche, Stuttgart; Volkswagen, Wolfsburg 23,5 Milliarden Euro Familie Henkel Henkel, Düsseldorf 20 Milliarden Euro Ihren inneren Zusammenhalt findet die deutsch-österreichische Sippe der Porsches und Piëchs in ihrer Einlage bei der VW AG, die eine Höhe von 50,73 Prozent erreicht. Darüber hinaus sind die Familienstämme, die empfindlich auf jede Störung der Vermögensparität reagieren, durch Poolverträge miteinander verquickt, die sie auf Jahrzehnte hinaus oder auf ewig zu einer Einheit verkeilen, sodass sie guten Gewissens auch gemeinsam mit 47 Milliarden Euro hätten veranschlagt werden können. Wolfgang Porsche (71), das Haupt des deutschen Geschlechts, waltet seines Amtes in Österreich, auf dem etwas prekär klingenden Schüttgut in Zell am See. Himmelan, massiv und zerklüftet ragt das Vermögen: Zu den Liegenschaften im Porscheland, in Reiseführern noch als Pinzgau bezeichnet, zählen Bauernhöfe, Wald-, Gast-, Forstwirtschaften, ein Flughafen, das Schloss Heuberg, Beherbergungsbetriebe wie Schloss Prielau, das Peilgut auf der Areit, der Erlhof und Aberdutzende Beteiligungsfirmen. Auch viele Skilifte, Bergbahnen und Dampfer auf dem Zeller See tragen das Brandzeichen der Familie. Der VW-Anteil aber bildet die Hauptspeise mit einem veranschlagten Wert von über 20 Milliarden Euro. Aus Sorge, Wolfgang Porsche könne sein Vermögen steuersparend außer Landes schaffen, denn er hält es über eine deutsche GmbH-Formation, hat der Bundestag unlängst eine Änderung des Einkommensteuergesetzes verabschiedet. In den sechs Jahren, seit der Däne Kasper Rorsted (52) den Klebstoff- und Waschmittelkonzern („Persil“, „Pritt“, „Schwarzkopf“) führt, sind die Einnahmen auf 16,4 Milliarden Euro gesegelt, der Aktienpreis verdreifachte sich. Die Kassen sind mit Melodien überfüllt, in der Buchhaltung hört man Sektkorken knallen. Dem Mann ist wenig vorzuwerfen. „Wir wollen Henkel bis 2016 zu einem 20-Milliarden-Konzern machen“, sagt Rorsted wie Adalbert, der Prosaist. Die Düsseldorfer schämen sich nicht, ihr Wachstum vermöge einiger Einkäufe zu gewährleisten statt aus sich selbst heraus wie Tiere und Pflanzen. Erstaunlicherweise will sich Rorsted ausgerechnet in jenen Märkten kräftigen, die aufgrund ihrer Ausgefeiltheit und Reife bereits zu den umkämpftesten gehören 34 – aber eben auch die höchsten Renditen versprechen (sofern man dort die richtigen Firmen erwischt). Die 121 Gründernachkommen halten rund 59 Prozent der Firmenanteile und sehen den Vorgängen und Planungen mit Wohlgefallen zu. Auf 183 Millionen Euro belief sich allein ihre Ausschüttung in diesem Jahr. Das Unternehmen ist inzwischen über 30 Milliarden Euro wert. Größter Einzelaktionär ist Christoph Henkel (56) mit einem um die fünf Prozent vibrierenden Bestand. Er macht sich eine Freude daraus, gelegentlich alte Papiere abzustoßen und frische zu laden. Damit niemand auf dumme Ideen kommt, haben die Henkels ihren Aktienbindungsvertrag um 17 Jahre verlängert: Bis 2033 müssen mindestens 51 Prozent der Stammaktien in Familienbesitz bleiben. Vorzeigefrau Simone Bagel-Trah, der Stolz der Henkels und Aufsichtsratsvorsitzende des Konzerns, ist die Ururenkelin des Firmengründers Fritz Henkel (1848–1930). SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Jürgen Heraeus Die fälschlicherweise ständig zum „Top-Model“ überhöhte Eva Padberg ist in Wahrheit nur ein Mannequin gleichen Namens. Jürgen Heraeus aber ist ein echter „Top-Manager a. D.“ und seit 2008 auch Vorsitzender von Unicef Deutschland. Einer zweiten Laufbahn als Rucksack-Dressman steht überhaupt nichts im Wege. 4 Familie Siemens Siemens, München 5,6 Milliarden Euro 3 Familie Heraeus Heraeus, Hanau 6,4 Milliarden Euro Foto: BREUEL-BILD/Juri Reetz, christian.steinmetz@keyeffect.com Bester Edelmetallhändler breit und weit: Gold, Silber, Platin, Iridium usw.. Auch Quarzglas, Sensoren, Knochenzemente und Lichtquellen (Infrarot, UV) aus eigener Herstellung finden guten, derzeit jedoch keinen reißenden Absatz mehr. Aber so was kommt in den besten Familien vor. Die Handelseinnahmen blieben 2013 um 16 Prozent (13,5 Milliarden Euro) hinter dem Vorjahreswert zurück, doch nicht ganz so weit hinter den Erwartungen. Dem guten Ruf tut dies keinen Abbruch: Wenn die Preise der Güter sinken, dann leidet der Händler. Der Umsatz mit Eigenkreationen dezimierte sich indes auch um zehn Prozent auf 3,6 Milliarden Euro, was keinen guten Eindruck macht und unbestimmte Befürchtungen erweckt. Mit dem Verkaufserlös der Zahnersatz-Abtei- lung, die Kleinodien wie Goldzähne fabriziert, wurde die Firmenkasse gepolstert, der Gewinn verbreiterte sich um stattliche 217 auf 454 Millionen Euro. Eine Sonderdividende lehnten die knapp 200 Gesellschafter ab: Sie begnügen sich satzungsgemäß mit einem Viertel des Gewinns. Geschäftsführer Jan Rinnert (46), Schwiegersohn des Aufsichtsratschefs und Edelmetall-Magisters Jürgen Heraeus (78), hat aufs Entschiedenste empfohlen, den Umsatz bis 2020 zu verdoppeln, und auch die Abfassung einer Firmenstrategie bis 2051 als dringend wünschenswert erachtet, wohl um tröstliche oder erheiternde Wirkungen auszuüben. Solche Spökenkiekereien gehören zu den Freiheiten, die man sich als Familienunternehmer nehmen kann. Die etwa 150 Nachfahren Werner von Siemens’ teilen sich sechs Prozent des Unternehmens, dessen Wert die Börse mit rund 80 Milliarden Euro bemisst. Im Aufsichtsrat verleiht Volkswirt Gerd von Brandenstein (72) dem Familienwillen Ausdruck und Farbe. Sein Mandat endet 2018. Gut möglich, dass ihn schon vorher die Philosophin Nathalie von Siemens ablöst, eine Ururenkelin des Gründers. Die 43-Jährige ist Geschäftsführerin der Siemens-Vermögensverwaltung und der gemeinnützigen Siemens-Stiftung. Die Firma selbst macht denselben Eindruck wie immer: Stets geht gerade irgendetwas schief, stets misslingt gerade ein Coup, stets ist General Electric gerade einen Tick gewiefter, stets ist alles halb so schlimm, stets braucht die Organisation einen neuen Zuschnitt. Der Konzernumsatz (75,9 Milliarden Euro) zog sich zuletzt um zwei Prozent zusammen, als hätte man Zitronensäure injiziert. Der Überschuss erreichte mit letzter Kraft 4,2 Milliarden Euro. Die 13 mächtigsten Dynastien 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 11 13 Name Familie Porsche Familie Henkel Familie Heraeus Familie Siemens Familie Merck Familie Haniel Familie Freudenberg Familie Werhahn Familie Vaillant Familie Röchling Familie Miele Familie Zinkann Familie Hueck Firma Porsche, Stuttgart; Volkswagen, Wolfsburg Henkel, Düsseldorf Heraeus, Hanau Siemens, München Merck, Darmstadt Franz Haniel, Duisburg; Metro, Düsseldorf Freudenberg, Weinheim Wilhelm Werhahn, Neuss Vaillant, Remscheid Röchling, Mannheim Miele, Gütersloh Miele, Gütersloh Hella, Lippstadt Branche Auto, Beteiligungen, Immobilien Klebstoffe, Waschmittel Edelmetalle Elektrotechnik Pharma, Chemie Handel Autozulieferer, Haushaltsprodukte Beteiligungen Heizgeräte Kunststoffe Hausgeräte Hausgeräte Autozulieferer Vermögen* 23,5 20,0 6,40 5,60 5,20 4,00 3,40 3,00 2,65 2,30 2,00 2,00 1,60 *in Milliarden Euro SEPTEMBER 2014 35 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Nur noch Mittelständler Haniel-Chef Stephan Gemkow blickt, laut DPA-Analyse, „am 07.04.2014 im Anschluss an die Bilanzpressekonferenz in der Unternehmenszentrale von Haniel in Duisburg in die Kamera“. Dem ist nichts hinzuzufügen - außer, dass er es mit dem Lächeln der Unschuld tun kann: Denn den Mist haben ja zum Glück seine Vorgänger gebaut. 5 6 7 Familie Merck Merck, Darmstadt 5,2 Milliarden Euro Familie Haniel Franz Haniel, Duisburg; Metro, Düsseldorf 4 Milliarden Euro Familie Freudenberg Freudenberg, Weinheim 3,4 Milliarden Euro Der Umsatz des Chemie- und drittgrößten deutschen Pharmakonzerns verharrte 2013 wie festgedübelt bei 10,7 Milliarden Euro. Der Nettogewinn aber verdoppelte sich auf 1,2 Milliarden Euro. Dies ist der höchste Stand in der fast 350 Jahre langen Betriebsgeschichte. Besonders lukrativ gestaltet sich der Verkauf von Flüssigkristallen, die in LED-Bildschirmen zu ausgeprägter Geltung gelangen. In gänzlich unbescheidener Manier reklamiert Merck einen Weltmarktanteil von 60 Prozent für sich. Der dirigierende Vorstand Karl-Ludwig Kley (63) ist ein Fachmann für Firmenkäufe. Er geht gerne shoppen, will Merck aber gerne auch in die Lage versetzen, etwas kraftvoller aus sich selbst heraus zu wachsen. Ein Stärkungsprogramm mit dem bizarren Titel „Fit für 2018“ läuft seit zwei Jahren. Man wird sehen, wie fit Kley sich dann präsentieren wird. Als im Januar ruchbar wurde, dass Finanzvorstand Matthias Zachert an die Spitze von Lanxess wechseln würde, knickte der Merck-Kurs um zehn Grad ein wie ein Selleriestängel: „Für diese Kursreaktion habe ich, ehrlich gesagt, keine vernünftige Erklärung. Die Firma hat sich durch den Vorgang überhaupt nicht verändert“, sagte Kley reaktionsschnell, aber wenig schlagfertig. Die rund 200 Mercks halten rund 70 Prozent der Anteile, ihnen stand 2014 ein Gewinnanteil von 305 Millionen Euro zu. Auf mittlerweile 650 Gesellschafter vermehrt hat sich die Anzahl der eminent fortpflanzungswilligen Haniel-Teilhaber. Viel Vergnügen unternehmerischerseits finden sie jedoch nur noch selten. Nachdem ihr Unternehmen 2007 seinen Anteil an der Metro aus unerfindlichen Gründen auf 34 Prozent fast verdoppelt hatte, war es in Stockungen und Krämpfe verfallen. Noch ofenwarm und kaum im Amt musste der neue Vorstandschef Stephan Gemkow (54) 2013 gleich einen Verlust beichten, Firmen abwerten, die Dividende streichen und in diesem Jahr den Pharmagroßhandel Celesio für zwei Milliarden Euro verkaufen. Mit einem Umsatz von 3,6 Milliarden und einem Überschuss von 267 Millionen Euro hat sich Haniel zu einem Weltergewichtler gehungert. „Wir sind im gehobenen Mittelstand angekommen“, sagt Gemkow. Die Abhängigkeit von der müden Metro aber sticht, zieht und bohrt weiterhin. Denn die übrigen Gewerbe sind nicht, was man unter Zukunftsindustrien versteht: der Waschraumhygiene- und Berufsbekleidungsversorger CWS-Boco, der Büroversand Takkt und der Rohstoffhändler und der Wiederverwerter ELG. Gemkow will versuchen, in den USA Boden zu gewinnen: „Uns interessieren zum Beispiel leichte Produktion und technische Dienstleistungen.“ Er will zukaufen, vom Handel aber unbedingt die Finger lassen. Die vor 165 Jahren als Gerberei in Szene gesetzte Firma stellt heute Dichtungen, Filter, Schmierstoffe, Trennmittel für die Auto-, Süßwarenindustrie und Schifffahrt sowie Vliesstoffe („Vileda“) für Putz-Boys her. Rund 330 Freudenberger, im Gesellschafterausschuss künftig vom Anwalt Martin Wentzler (61) vertreten, einem Ururenkel des Firmengründers Carl Johann F., begossen zuletzt ein Umsatzwachstum von 6,7 Prozent auf 5,65 Milliarden Euro. Vierter Rekord in Folge. Der Jubel war groß. Aber auch nicht zu groß. Man will die Rivalen nicht aufreizen und weiß ja auch um die Schwächen des eigenen Haushalts. Die Organisation hat über die Jahre viel Weichfett angesetzt, wirkt gelatinös und quallig und wenig attraktiv auf Frauen und Nachwuchstalente. Firmenchef Mohsen Sohi (55) will die Dinge klären und vereinfachen und hat auf zeittypische Weise eines dieser Effizienzprogramme aufgebracht („Fokus 2.0“), um „die Qualität von Entscheidungen zu verbessern“, also auch die seinen. Einiges muss zusammengeschlagen, anderes aufgelöst, die mannschaftliche Geschlossenheit insgesamt gestärkt werden. Man hört, dass Sohi 500 Millionen Euro investieren wolle, viel davon in die Forschung. Auch die Marke „Freudenberg“ soll fanfarenhaft für Unruhe bei den Wettbewerbern sorgen, rohen, unbewussten Gesellen ohne Feingefühl. 36 SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Oberstes Gebot Vaillant-Chef Carsten Voigtländer zeigte sich euphorisiert angesichts des sogenannten Deutschen Nachhaltigkeitspreises, den sein Unternehmen diverse Male entgegennehmen durfte. Langfristigkeit hat Priorität bei den Remscheidern. Die Nachhaltigkeitskavallerie reitet ohne Umweg zu Voigtländer, sie untersteht nur ihm: „Chefsache“. 8 9 10 Familie Werhahn Wilhelm Werhahn, Neuss 3 Milliarden Euro Familie Vaillant Vaillant, Remscheid 2,65 Milliarden Euro Familie Röchling Röchling, Mannheim 2,3 Milliarden Euro Über 100 Unternehmen gehören zur Organisation der 350 Werhähne, darunter der Messer- und Töpfefabrikant Zwilling, einige große Baustoffhersteller und -händler (Schiefer, Asphalt), Steinbrüche verschiedenen Inhalts, aber auch eine nervöse Finanzsparte mit Instituten wie der ABC-Gruppe. Genug hatten die Neusser vom Mehl- und Mühlengeschäft (Diamant), weshalb sie es verkauften. Die Einnahmen bauschten sich zuletzt um rund fünf Prozent auf 3,2 Milliarden Euro. Man wolle die „Wachstumsfelder deutlich ausbauen“, und zwar „durch internes und externes Wachstum“, sagt Vorstandssprecher Anton Werhahn (56) seltsam unentschlossen. Die Heiz- und Lüftungstechniker haben im Mai beschlossen, ihre Geschäfte vor allem in Russland zu vervielfältigen. Ob das eine gute Idee war, wird man sehen. Auch in China will man sich ja breiter machen und neue Provinzen einnehmen, auch von Tibet ist die Rede. „China wird sich dem Thema Umwelt stellen müssen“, sagt Firmenchef Carsten Voigtländer (50) in schneidend kalter Weise. Die 48 Aktionäre der Gesellschaft hören den Plänen ihres Geschäftsführers mit Langmut und Abgeklärtheit zu. Unter den größten Unternehmen Deutschlands liegt Vaillant mit einem Umsatz von knapp 2,4 Milliarden Euro zufrieden auf Rang 210. Aus dem bombastischen Industriekombinat, das die Kohlehändler und späteren Stahlbarone von der Saar einst zusammengeschweißt und -genietet hatten, ist wenig geblieben. Seit dem Verkauf der Rüstungssparte (Rheinmetall) findet man nur noch eine Kunststoffverarbeitungsanstalt, wenn man nach Röchling fragt. Die verfügt allerdings über den besten Ruf. Das muss man zugeben. Die Firma, im Besitz von etwa 200 Verwandten, von denen nur vier „Röchling“ heißen, wächst zügig, zuletzt um 7,5 Prozent auf 1,28 Milliarden Euro Umsatz. Zur Habe gehören Bauten, Böden und Gründe, denn die wurden bei der KonzernMiniaturisierung nicht mitverkauft. 11 Fotos: picture alliance / dpa , picture alliance / Hans-Joachim Rech Familien Miele und Zinkann Miele, Gütersloh jeweils 2 Milliarden Euro Im Verhältnis 51,1 zu 48,9 teilen sich ungefähr 70 Mieles und Zinkanns seit Anbeginn aller Zeiten diesen fabelhaften Hersteller von Gerätschaften, die jeder kennt und deren Güte unübertroffen ist und die deswegen hier nicht im Einzelnen aufgeführt werden müssen. Miele-Erzeugnisse zeichnen sich durch Höchstpreise aus und die Eigenschaft, praktisch unzerstörbar zu sein. Wer eine Miele-Maschine besitzt, braucht entweder nie Ersatz oder kann sich keinen leisten. Kurz, Miele zeichnet sich durch ein Wachstumstempo aus, das mit dem Attribut Larghetto nicht unzutreffend bezeichnet ist. Im Geschäftsjahr 2013/2014 ging es mit 2,2 Prozent in einem SEPTEMBER 2014 Doppelspitze Reinhard Zinkann (Foto) ist der Ekstatiker in der Miele-Geschäftsführung, muss jedoch mit dem Nachteil leben, nicht Miele zu heißen wie seine Gerätschaften. Tempo voran, das dem Stillstand schon recht nahekommt. 3,2 Milliarden Euro landeten in der Kasse. Das Verhältnis der Geschäftsführer Markus Miele (45) und Reinhard Zinkann (55) ist gut, aber nicht spannungsfrei. Zinkann, verheiratet mit Amélie Geva von Wallenberg-Pachaly, neigt ein wenig zum Eskapismus, Miele zur Unaufdringlichkeit. Dies sind keine guten Voraussetzungen, um Einstimmigkeit herzustellen. 13 Familie Hueck Hella, Lippstadt 1,6 Milliarden Euro Auf über 60 Mitglieder vermehrt hat sich die Eigentümerschar dieser 1899 als Werkstatt für Kutscherbedarf vorgesehenen Unternehmung (Ballhupen, Kerzen, Petroleumlampen). Die Firma stellt heute Scheinwerfer und Schlussleuchten in Serie her und zählt angesichts eines zuletzt um elf Prozent auf 5,3 Milliarden Euro gestiegenen Umsatzes zu den Besten ihrer Art. Hella steht unter der Regie des Chefcellisten Jürgen Behrend, eines Hobbymusikers, der weiland eine Hueck gefreit hat. Behrend möchte die Firma in ein „familienkontrolliertes Unternehmen“ umbauen. Eine KGaA à la Henkel schwebt ihm vor. Börsengang? Warum nicht. 37 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Die größten Türdrücker der Welt Umsatz in Mrd. ¤ Vorwerk 2,80 Herbalife 3,65 Avon 7,55 Amway 8,95 Quelle: Direkt Selling News 61 61 61 Familie Voith Voith, Heidenheim 2 Milliarden Euro Familie Mittelsten Scheid Vorwerk, Wuppertal 2 Milliarden Euro Familie Storz Karl Storz, Tuttlingen 2 Milliarden Euro Die Schwaben führen so sperrige Dinge im Angebot wie Papiermaschinen und Anfahrkupplungen, Gelenkwellen und Schwingungsdämpfer, Schiffsantriebe, Lokomotiven und Turbinen für Wasserkraftwerke. Da die wenigsten Leute diese Apparate gebrauchen können und die meisten von denen wiederum zeit ihres Lebens auch nur einen einzigen kaufen, muss Voith großen Aufwand treiben im Fach der Überredungskunst: „Die Kunden in der Welt überlegen zweimal, bevor sie in Investitionsgüter investieren“, sagt Firmenchef Hubert Lienhard (63) frank und frei. Im ersten Halbjahr (2013/2014) sind die Einnahmen um vier Prozent auf 2,6 Milliarden Euro zusammengesackt, möglicherweise aufgrund eines vom Euro-Kurs hervorgerufenen Schwächeanfalls. Vielleicht aber auch nicht. Das Geschäft mit Papiermaschinen ist nur noch spukhaft belebt: „Der Markt ist tot“, sagt Lienhard geistesgegenwärtig. Aber auch Pumpspeicherwerke ziehen nicht, was merkwürdig ist, und das Geschäft mit der Bergbauindustrie lahmt auch. An Gewinnen bekommt Lienhard nur noch einen Fingerhut zusammen. Guten Mutes und lebensbejahend blickt Voith wie alle Mittelständler auf die VR China, die gefüllt ist mit Chinesen, denen man vieles andrehen kann, vielleicht sogar Papiermaschinen. Nur von Voith haben sie bislang wenig gehört: „Bei der Bank of Shanghai habe ich vier Treffen gebraucht, um zu erklären, wer wir sind.“ Lienhards Vertrag endet 2018. Wer auf sein vorzeitiges Ausscheiden wettet, könnte wenig gewinnen. Vier der rund 40 Familieneigentümer gehören dem Gesellschafterausschuss an, der gefragt werden will, bevor Großes entschieden wird. Vorwerk, 1883 als Barmer Teppichfabrik zur Welt gekommen und seit vier Generationen im Besitz der Familie Mittelsten Scheid, ist der drittgrößte Haustürverkäufer der Welt: 610.000 Leute drücken für Vorwerk auf die Klingel. Wichtigstes Produkt ist ihr Staubsauger „Kobold“, auf den ein rundes Viertel des zuletzt um phänomenale 11,9 Prozent aufgequollenen Umsatzes entfällt, der den rekordwert von 3,1 Milliarden Euro erreicht hat. Wunderbar, dass sich mit Klinkenberatung noch so viel Geld machen lässt. Den älteren Semestern unter unseren Lesern fällt sofort oder auch nie mehr, wer weiß, der Vertreter-Sketch von Loriot ein, der auf den „Kobold“ gemünzt war und in dem es heißt: „Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur saugen kann.“ Vorwerk verkauft aber auch klebrige Kosmetika („Jafra“) und Teppiche, die nicht fusseln, besonders schnell jedoch die rund 1.000 Euro teure Küchenmaschine namens „Thermomix“: alle 38 Sekunden eine. Man kann sich vorstellen, was dabei zusammenkommt, vor allem kann man es sich ausrechnen, wozu uns hier aber Zeit und Lust fehlen. In Portugal, teilt Vorwerk mit, gebe es mehr „Thermomix“ als Ipads. Das ist eine gute Nachricht für Vorwerk, für alle anderen aber vielleicht von minderem Interesse. Auch eine Bank (AKF) und die Hectas Gebäudedienste sowie ungefähr 33 „Kobold“-Läden gehören zum Familienbesitz. Daneben sind die Wuppertaler an 13 (Internet-)Firmen beteiligt und praktisch schuldenfrei. Das Unternehmen verfügt über einen See flüssiger Mittel (eine Milliarde Euro) und eine Eigenkapitalquote von überreichlichen 66 Prozent. Hervorstechender, allenfalls von B. Braun übertrumpfter Qualitätsmedizintechniker mit einem Umsatz von 1,3 Milliarden und einem Gewinn von rund 100 Millionen Euro, wie man sich erzählt. Meisterhaft und in hohem Tempo geführt von der vielfach prämierten und belobigten Sybill Storz (77), der Tochter des 1996 verstorbenen Chirurgiemechanikers und Gründervaters, wäre diese Firma auch eine ideale Erweiterung und Bereicherung für Multinationale wie Johnson & Johnson. Aber die Familie verkauft nicht: Sie ist zu fleißig. Bei der Untersuchung und Bearbeitung von Hohlorganen und Körperhöhlen, von Nasen und Blasen, Hälsen und Ohren sind die Endoskope des Weltmarktführers unverzichtbar. Im hiesigen Mittelstand soll es kein zweites Unternehmen geben, das es mit dem Ideenreichtum und der Kunstfertigkeit der Tuttlinger aufnehmen kann. Ständig stößt Storz Neues aus, aber nur Neues, was auch gebraucht wird. Denn merke: „Der Arzt sagt uns, was er will. Das hat schon mein Vater so gehalten.“ Sybill Storz ist bekannt für ihren Erwerbssinn und ihre Praxisnähe. Die Storz-Außendienstler gelten als die besterzogenen der Innung. In den Tuttlinger Regalen liegen 8.000 verschiedene Waren: Endoskope in Massen, Lichtquellen, Lichtleiter, Kameras und vollständig vernetzte Operationssäle für Chirurgen sowie Gerätschaften für Industrielle, die zum Beispiel das Innere von Miniaturmaschinen inspizieren möchten. Storz ist besser, aber auch um 15 Prozent teurer als die Konkurrenz. Sybills Sohn Karl-Christian Storz, Leiter der elitären Forschungsdivision, wird eines Tages die Regie übernehmen. 38 SEPTEMBER 2014 Deutschlands mächtigste Drogerienhändler Umsätze 2013 in Mio. € Budni 460 Müller 2.772 Orientierungsläufer Der Lächler links ist Bernhard Simon. Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass er Dachser leitet, eine der erfolgreichsten Speditionen des Kontinents. Wenn ihn der Hafer sticht, rennt er durchs Gelände (Island, Abruzzen, Botswana, Kempten), klettert auf Berge, radelt durch Täler, trabt, galoppiert oder hopst über den Parcours (aber nur mit Pferd). Dm 5.842 Rossmann 4.990 Foto: Bernd Hartung Quelle: Trade Dimensions, Unternehmensangaben April 2014 61 70 78 Dirk Roßmann Rossmann, Burgwedel 2 Milliarden Euro Familie Dachser Dachser, Kempten 1,9 Milliarden Euro Rainer und Jürgen Blickle SEW-Eurodrive, Bruchsal 1,8 Milliarden Euro Dirk Roßmann (68), ein Volksschüler, doch Geistes Kind Nietzsches und Schopenhauers, hat etwas Ärger mit Edeka, Aldi und Penny, weil die die Stirn haben, sich in seine Angelegenheiten einzumischen und der Bevölkerung immer mehr Mittelchen gegen Körpergeruch und solche zum Haare- und Händewaschen sowie Schmiere für die Haut und Putzpräparate aller Art regelrecht aufzudrängen. Es ist eine Unmanier. Allein der Preisschädiger Netto soll über 1.000 Drogeriefabrikate führen, bei Aldi stehen „Nivea“-Artikel palettenweise auf den Fliesen, wo sie, bei sachlicher Beleuchtung, aber viel von ihrer Attraktivität verlieren. Ärger und Unmut säuern die Stimmung. Roßmann begegnet den Ausschreitungen der Verbilliger unwirsch und lässt seinem Subjektiven Idealismus in Form der Gereiztheit freien Lauf: „Wenn wir sehen, dass die Wettbewerber mit niedrigen Preisen angreifen, machen wir natürlich mit.“ Sein Geschäft hat der Entdecker der SB-Drogerie (1972) auf beträchtliche sieben Milliarden Euro stimuliert. Wiewohl der Zustrom, zuletzt gespeist von orientierungslosen Schlecker-Kunden, sich verlangsamt, beträgt die Gewinnspanne gut vier Prozent, was ein guter Wert in der Drogenszene ist. Auf 40 Prozent des Profits erhebt freilich die Drogeriekette A.S. Watson Anspruch, Roßmanns Kompagnon, sie gehört dem Hongkonger Multimilliardär Li Ka-shing. Grübeln hält jung, aber seine Nachfolge hat Roßmann trotzdem schon (fast) geregelt: Eines Tages soll Sohn Daniel (36) oder dessen Halbbruder Raoul (27) den Laden übernehmen. Raoul arbeitet derzeit im Einkauf, Daniel in der Abteilung für Gelungene Strategien. Raffinierte, bauernschlaue Spediteurssippe, berühmt für ihre Durchforschungen und Austestungen auf dem Gebiet der perfekten Auslastung: ausgeschlossen, dass der Geheimdienst jemals einen Dachser-Lkw angehalten hat, in den noch eine Banane hineingepasst hätte. Der Transporteur unterhält über 10.000 Lastkraftwagen, von denen ihm aber beileibe nur ein Bruchteil gehört, und setzt 25.000 Leute ein, die ebenso in Schuss sind wie ihre Fahrzeuge. Dachsers Umsatz wurde zuletzt mit fünf Milliarden Euro kenntlich gemacht. Die Gewinnspanne wird von Schätzern mit knapp drei Prozent angegeben. Gründerenkel und Betriebswirt Bernhard Simon (54) führt das Geschäft, er weist sich inzwischen als „CEO“ aus und jagt derzeit mit Vorliebe die Versmolder Nagel-Spedition, den größten Lebensmitteltransporteur, der etwas vor ihm um die Kurven klirrt und klappert. Simon senkt den Bleifuß: „Wir wollen das führende Netz für innereuropäische Lebensmitteltransporte werden“, sagt er mit einem Anflug dringlicher Bestimmtheit. In Erlensee bei Frankfurt lässt er für 25 Millionen Euro vorsorglich eine monumentale Verladestation für den Lebensmittelverkehr zusammensetzen. Das Geschäft in Deutschland ist nicht einfach. Man muss sehen, wo man bleibt. Die Deutsche-Bahn-Firma Schenker wird der Preisdrückerei beschuldigt. Simon tut natürlich so, als jucke ihn das nicht: „Es gibt Marktbegleiter, die können rechnen, und andere, die können es nicht.“ Besonders im Ausland zeigt sein Unternehmen aber reifste Leistungen dank der Übernahmen von Graveleau (Frankreich), Azkar und Transunion (beide Spanien). Förder-, Gepäck- und Fließbänder erster Güte, Getränkeabfüllanlagen, Stadiondächer, Kieswerke, Montagelinien, merkwürdigerweise sogar Prozesse in der Chemieindustrie und natürlich Rolltreppen: SEW-Eurodrive setzt alles in Bewegung, was aus eigener Kraft nur teilnahmslos herumstehen oder -hängen könnte. Aber Stillstand und Starre machen heutzutage keinen guten Eindruck. Das jugendliche Publikum schätzt das flotte Hin und Her. 36 Jahre lang besetzte Gründersohn Rainer Blickle (67) das Direktorat, Anfang 2014 übertrug er die Obliegenheit an seinen fünf Jahre jüngeren Bruder Jürgen, der bisher das Amerika- und Asiengeschäft geleitet hatte. Ein Generationswechsel sieht normalerweise anders aus. Die Brüder waren Ende der 80er-Jahre nach dem Tod ihres Vaters Ernst in die Geschäftsführung gelangt. In Hochform präsentiert sich SEW („Driving the World“) nicht gerade, rechtes Behagen kommt nicht auf. Im Geschäftsjahr 2013/14 hatten irritierende Wechselkursverluste in Kombination mit einigen unnatürlichen Erscheinungen im Großgetriebegeschäft eine leichte Neigung des Umsatzes ausgelöst: Nur etwas mehr als 2,5 Milliarden Euro wurden zusammengezählt. Die Gewinne passen in eine Damenhandtasche. Diese Erfahrung erfüllt die Blickle-Brüder mit etwas Verdruss, sie verneinen aber dennoch jede Bedenklichkeit. In diesem Jahr hält man einen Aufschwung von strengen sechs Prozent für dringend angezeigt und vollständig wahrscheinlich. Die Hoffnung, dass dies gelinge, ist nicht unbegründet. An allen Plänen (wie dem Bau eines Montagewerks in Russland) hält man fest. SEPTEMBER 2014 39 Verwandtschaftsbeziehungen Gesamtvermögen in Mrd. € Familien Porsche u.Piëch Familie Albrecht Fam. Porsche Fam. Piëch Familie Quandt Familie Herz Familie Otto 11,00 Ingeburg Herz 4,60 Fam. Michael Otto 23,50 Fam. Albrecht u. Heister 18,00 Susanne Klatten 8,20 Fam. Günther Herz 3,70 Fam. Alexander Otto 23,50 Fam. Theo Albrecht jr. 16,00 Stefan Quandt Johanna Quandt 7,50 Fam. D. Herz-Schnöckel 3,00 Harald-Quandt-Töchter 0,75 47,00 34,00 27,45 11,30 6,5 3,5 10,00 Quelle: BILANZ 79 80 83 Siegfried Meister Rational, Landsberg am Lech 1,75 Milliarden Euro Hans-Peter Wild Wild-Werke, Eppelheim 1,7 Milliarden Euro Familie Liz Mohn Bertelsmann, Gütersloh 1,6 Milliarden Euro Weltrekordhalter für Dampfgarer in Großküchen. Gründer Siegfried Meister (76) behält sich 63 Prozent der Anteile vor und betrachtet die Dinge in Anbetracht seines Alters aus der Vogelperspektive des Aufsichtsrats. 461 Millionen Euro hat die Meisterfirma zuletzt einkassiert, der Gewinn (vor Abgaben) wurde auf 128 Millionen akzentuiert. Aus dem Stegreif fällt einem kein Unternehmen dieser oder bedeutenderer Größenordnung ein, das eine günstigere Umsatzrendite erzielt hätte als die Rational AG, die im Prime Standard der Frankfurter Börse immatrikuliert ist. Meister, einst Technikchef der „Wienerwald“-Restaurantkette, hat das Unternehmen 1973 ins Register eingetragen und drei Jahre später „die Gartechnik revolutioniert“ vermöge des ersten Automaten, der Dampf und Heißluft gleichermaßen zum Einsatz bringt. Heute kann den Landsbergern keiner mehr das Wasser reichen, außer zum Kochen. Mehr als 300 seiner 1.300 Beschäftigten sind Köche und können spüren, wann der Fisch gar ist. Sie brauchen kein Labor dazu. Nur jeden siebenundzwanzigkommasechsten Euro braucht Meister deshalb in die Forschung zu stecken. Angeblich fühlt sich jeder Rationalist aufs Äußerste angespornt und -gestachelt, weil er als „Unternehmer im Unternehmen“ nicht nur behandelt, sondern auch entlohnt wird. Einen Betriebsrat braucht Meister nicht. Mit Bosch, Siemens oder Miele, den Lieferanten der Hausfrauen und Hobbyköche, hat er sich klugerweise nie angelegt. Aber die sich auch nicht mit ihm, was noch klüger war. Rational ist die verkörperte Beständigkeit. Der gute Peter Stadelmann ist der dritte Firmenchef in 40 Jahren. Im Juli dieses Jahres hat Obergeschmacksverstärker Hans-Peter Wild (73) seine Firma Wild Flavors (Umsatz 2012: 838 Millionen Euro), die Aromen, Düfte, Fruchtauszüge, Lebensmittelfarben und Saftkonzentrate anrührt und durchmengt, an den US-Agrarkonzern Archer Daniels Midland verkauft. Der Handel hat ihm 1,4 Milliarden Euro vor Steuern eingebracht, 770 Millionen steckte sein 35-Prozent-Partner KKR ein. Nur das Getränke-département, das sich blütenartig um Wilds weithin bekannten Kassenerfolg „Capri Sonne“ entfaltet, ist dem Eppelheimer verblieben. Wild ist ein Doktor der Rechtswissenschaft, er hat seine Studien getrieben in Cambridge und an der Sorbonne, logiert in der Schweiz und manchmal auch in seinem Salzburger Fünf-Sterne-Hotel Schloss Mönchstein. Als Vernunftmensch weiß er, dass es närrisch wäre, „Capri Sonne“ mit ins Grab zu nehmen. Man sollte also nicht damit rechnen, dass Wild diesen Geschäftszweig behält. „Irgendetwas muss ich ja machen, ich lebe nicht ewig“, sagt er. Das 1931 auf die Welt gebrachte und von Gründersohn Hans-Peter Wild zum Weltkonzern zugespitzte Unternehmen ist an sein Ende gelangt. Dass seine beiden Söhne kein Interesse an der Fortführung seines Lebenswerks haben, ist bitter. Aber anders als Baudrillard, für den die Wirklichkeit eine Simulation war, ist Wild ein Pragmatiker. „Sie können in so eine große Verantwortung niemanden hineinzwingen.“ So schaut’s aus. „Wenn ich den Deckel zumache, ist ohnehin Schluss mit dem Familienunternehmen.“ Wild ist keine Heulsuse. Er genießt das Leben, mit Contra und Re. Bertelsmann (Umsatz: 16,4 Milliarden Euro) zehrt im Wesentlichen immer noch von jenen Streichen und Umtrieben, die dem früheren Vorstandschef Thomas Middelhoff (61) zuzuschreiben sind: Der hatte einen regen Beteiligungshandel aufgezogen (Mediaways, AOL Europe) und das Unternehmen in den Besitz von RTL und der weltgrößten Buchverlagsgruppe Random House gebracht. Es sind die einzigen Ressorts, die noch so etwas wie Vitalität zeigen. Die anderen Zweigstellen, Arvato und Gruner+Jahr (Stern, Geo), wirken seit Jahren ausgelaugt und ermattet. Selbst zwölf Jahre nach Middelhoffs Rauswurf hat der von Gründernachfahr Reinhard Mohn (1921–2009) und mehr noch von Bench-Mark Wössner (75) zum Westfalen-Express beschleunigte und zum Innungsvorbild verfeinerte Konzern noch nicht wieder die alte Statur (Umsatz 2001: 20 Milliarden Euro) erreicht. Konzernchef Thomas Rabe (49), der bei seinem Amtsantritt 2012 große Erwartungen weckte, weil er als expansiver Charakter galt, operiert glück- und erfolglos. So wirkt es jedenfalls. Wahrscheinlich folgt er einem Geheimplan. Das Vermögen der Familie Mohn blieb von den Vorgängen nicht unbeschadet. Reinhard Mohns Witwe Liz (73), die 11,4 Prozent des Kapitals kontrolliert, hat zwar alle Stimmrechte inne. Doch dies nützt weder ihr noch ihren Kindern Brigitte (50) und Christoph (49) auch nur das Geringste. Denn allen dreien fehlt jedes unternehmerische Talent. 77,6 Prozent des Konzernkapitals sind vor Jahren der Bertelsmann Stiftung übereignet worden, weitere elf Prozent den drei Kindern aus Reinhard Mohns erster Ehe. 40 SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Lässiges Aufblicken Zufrieden mit sich und der Welt zeigen sich Liz Mohn und Vicky Leandros auf dem Rosenball, der Spenden-Gala zugunsten der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe, die die Bertelsmann-Herrin 1993 gegründet hat. Der Festsaal im Berliner Interconti war mit 15.000 Rosen geschmückt, Liz Mohn aber nur mit einem Kleid von Guido Maria Kretschmer. 89 Familie Karl-Rudolf Mankel Dorma, Ennepetal 1,5 Milliarden Euro 83 Foto: picture alliance / Sven Simon Wilfried und Kurt Stoll Festo, Esslingen 1,6 Milliarden Euro Von den Herren Albert Fezer und Ludwig Stoll 1925 gegründet und mit ihren Anfangsbuchstaben versehen, nimmt Festo heute die weltweit führende Position in der Antriebs-, Steuerungs- und Automatisierungstechnik ein. Pneumatische und elektromechanische Antriebe sind die Delikatessen dieser Ausgeschlafenen aus Esslingen, die ihre Kenntnisse auf die Gebiete der Fühlertechnik, Druckluftaufbereitung und des Ventilbaus ausgedehnt haben. Dass sie auch Zahnriemenachsen mit Greifern im Sortiment führen, wundert schon gar keinen mehr in Anbetracht von insgesamt 30.000 Katalogprodukten. Festo ist eine Firma in ungekünstelter Bauart. Sie hat sich angewöhnt, in wohligem Gleichtakt um durchschnittlich sieben Prozent im Jahr zu verdicken und anzuschwellen. Falls es einmal nur adagio geht, legt sie im nächsten Jahr einen Zahn zu. Zurzeit steht ein Umsatz von 2,3 Milliarden Euro in der Chronik. Unter Krampf und gurgelnden Klagen machten Konkurrenten schlapp oder meldeten sich gleich krank. Vorstandschef Eberhard Veit (52), einst Entwickler bei Kärcher (siehe Seite 31), erledigt seinen Auftrag tadellos und genießt Respekt in Stadt und Land. Vor Freude lässt er eine 70 Millionen Euro teure „Fabrik der Zukunft“ zusammenSEPTEMBER 2014 stellen, um dort sogenannte Ventilinseln zu bauen, aber auch, um Ausflüglern zu zeigen, wie gut Festo ist. „Neben den modernsten Verfahren wird in der Fabrik auch eine Lernfabrik enthalten sein, in der wir unsere Mitarbeiter schulen und in der Kunden lernen, wie sie ihre Produktivität steigern können.“ Erwartungsgemäß spielt für einen Betrieb wie Festo die Bionik, also die Übertragung von Naturbewegungen auf die Technik, keine geringe Rolle. Mit gedankenvoll umwölkter Stirne studieren die schwäbischen Gelehrten den Flügelschlag der Lerchen, die Sprünge Grauer Riesenkängurus und das Zusammenziehen von Hohlkörpern, wie man sie von Quallen und Därmen kennt, stets in der Annahme, dass es sich bei all diesen Regungen und Bestrebungen um besonders wirkungsvolle Initiativen handelt, da die Natur sie andernfalls gar nicht hervorgebracht hätte. „Das Einzige, was ein Unternehmen künftig schützt“, sagt Zukunftsforscher Veit, sei „die Innovationskraft und ihr Tempo dabei“. Na, schön, na, schön. Aus der Stoll-Familie stammen alle acht Gesellschafter. Wilfried Stoll (76), der frühere Firmenchef, und sein Bruder Kurt (82) sind mit jeweils 25 Prozent auch Hauptgesellschafter und erfreuen sich unter Automatisierern intensiver Hochachtung. Der Suchmaschinist Google hat sich Anfang dieses Jahres am Rauchmelder- und Thermostate-Hersteller Nest (Kaufpreis: 3,2 Milliarden Dollar für ca. 300 Millionen Dollar Umsatz) vergriffen, um Privat- und Haushaltsdaten noch besser vermarkten zu können. Sofa-Surfer und Online-Kartoffeln haben die Vernetzung von Gegenständen schon mal zum „Internet der Dinge“ hochgeplappert. Ein weitaus geeigneteres Übernahmeziel wäre zweifellos die von den Schwagern Wilhelm Dörken und Rudolf Mankel vor 106 Jahren aus der Luft des Ruhrgebiets gebildete Firma Dorma gewesen. Denn sie „bietet ganzheitliche Lösungen rund um das Öffnen und Schließen von Türen“ an, wie es in einer etwas eitrigentzündeten Marketingschwellung auf der Heimseite heißt. Dorma fertigt robustes Zeug in Serie: Türschlösser, Halb-, Knauf- und Rundschließzylinder und auch sogenannte Panikbeschläge für Angsthasen. Im Katalog finden sich aber auch „Zeiterfassungsund Zutrittskontrollsysteme“ sowie Gerätschaften, die Türen mittels Funk, Fingerabdruck oder Magnetkarte öffnen. Da käme eine Menge Daten zusammen, wenn man es fidel genug anstellte. Nachdem Dorma zahlreiche Konkurrenten in Asche gelegt hat, darf das Unternehmen darauf bestehen, „Weltmarktführer“ genannt zu werden. Der Umsatz tastete sich 2013 auf den stangenartigen Rekordwert von einer Milliarde Euro vor. Mitgründerenkel Karl-Rudolf Mankel (72), der das Unternehmen zu dem gemacht hat, was es ist, überantwortete das Gros an seinem Betrieb vor fünf Jahren in weiser Voraussicht seinen absolut zuverlässigen Töchtern Christine (31) und Stephanie (29). 41 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Doppelsechs Elisabeth von Auersperg-Breunner und Tochter Emilia zeigten sich bei den Salzburger Festspielen in gewohnt austrainierter Verfassung. Kaum einem Fotografen gelang es, an ihrer dicht gestaffelten Abwehr vorbeizukommen. Hier stellen sie sich überlegen lächelnd der Pressemeute in den Weg, die zur Premiere von Schuberts Oper Fierrabras eilt. Eine Unmanier! 103 Elisabeth von Auersperg-Breunner Fides, München 1,35 Milliarden Euro Die Tochter des 2006 vom Tode ereilten Industrieerben Friedrich Karl Flick und seiner zweiten Frau Ursula (heute verheiratet mit dem österreichischen Mini-Kirch Herbert Kloiber) hat ihr Buch Ostern – Tradition, Dekoration und Kulinarik passenderweise im Frühjahr in den Handel gebracht und die Nation mit diesem Geständnis verblüfft: „Wissen Sie, ich bin ja auch Bäuerin, deshalb interessiere ich mich für bäuerliche Bräuche.“ Über Bücher weiß die 40-Jährige auch sehr gut Bescheid, denn sie hat in Paris Literaturwissenschaft studiert. Vor acht Jahren heiratete dieses Sonntagskind des Lebens zum zweiten Mal: Nachfolger des Bankiers und Argentiniers Miguel Reynal wurde Alexander von Auers–perg-Breunner, ein Österreicher, der als Prinz gekennzeichnet ist, aber mit diesem Titel so wenig anfangen kann wie Steffi Graf oder Fürst von Pappenheim mit den ihren, nachdem die Vorrechte der Stände ja nicht gerade gestern, sondern 1919 aufgehoben worden sind. Frau Auersperg-Breunner hat vier Kinder (Emilia, Aloysius, Balthasar, Séverine) und belebt mit ihnen und ihrem Prinzgemahl den Berghof am Attersee, einen unbeweglichen Besitz, der dem einst weltbekannten Orchesterleiter Herbert von Karajan (1908–1989) gehörte. Vor ihrem Einzug soll eine (angeblich 50 Millionen Euro teure) Renovierung unumgänglich gewesen und die Anlage mit einem 25-Meter-Schwimmbecken ausgestattet und vervollkommnet worden sein. Sowohl zum Fernsehgucken als auch zu Fluchtzwecken hat man ein Fernsehguck- und ein Panikpanzerzimmer im Turm eingerichtet. Um die Finanzen der Autorin kümmert sich auf nachahmliche Weise die treue Fides Vermögensverwaltung. 42 118 125 Familie Henning Conle Sirosa, Liechtenstein; Conle, Sonthofen 1,15 Milliarden Euro Familie Sick Sick, Waldkirch 1,05 Milliarden Euro Der je nachdem als „Mieterschreck“ und „Immobilienhai“ (Hamburger Abendblatt), „Slum Landlord“ (Taz) oder „Miethai“ (SZ), hier aber schlicht als Henning Conle (70) zur Geltung kommende Lozier-Magnat soll in den vergangenen vier Jahren allein in London sieben Gewerbegebäude im Schätzwert von 2,3 Milliarden Euro an sich gerissen haben: unter ihnen das im Tudorfachwerkstil geschnitzte Kaufhaus Liberty, das ebenfalls denkmalgeschützte Gefüge des früheren department store Barker, die ehemalige Art-déco-Zentrale von Shell im Mex House und die 6.000 Quadratmeter weiten Kensington-Dachgärten. Der Guardian verbreitet, dass Conle in London größtenteils seine Sirosa Real Estate aus Liechtenstein zum Einsatz gebracht habe. Conle ist ein Sprössling des Duisburger Baumeisters und SPD-Ratsherrn Heinrich August Conle (1915–1988), der gemeinsam mit seinem Bruder und Bauunternehmer Kurt (1918–1966) vor langer Zeit und unter Zuhilfenahme millionenschwerer öffentlicher Aufträge sein Glück im sozialen Wohnungsbau machte. Kurt Conle gehörte übrigens zu den Mitgründern der Fluggesellschaft LTU, die sich 2007 in Air Berlin und anschließend in Luft auflöste. Lichttaster, Lichtschranken, Barcode-Leser, aber auch Elektrofühler zur Staubmessung oder Gasanalyse – mit einem Wort, von dem, was der Volksmund als „Sensor“ bezeichnet, haben die Weiber und Mannen aus Waldkirch mehr zu bieten als jede andere Firma auf Erden. Die Kundschaft kommt aus allen Branchen und Richtungen, die man sich vorstellen kann, auch von oben und unten: Alle wollen fühlen und lesen. Wachstumsgrenzen gibt es auch. Aber niemand weiß, wo sie liegen. Von Erwin Sick (1909–1988), einem Nachkriegspatriarchen härtester Bauart 1946 als Ingenieurbüro aus der Taufe gehoben, kletterte der Umsatz der Breisgauer zuletzt um knapp vier Prozent auf eine pochende Milliarde Euro. Das ist eine Zahl, die jeden, der sie erreicht, mit Gefühlen des Loskommens und Überwindens belohnt. 91 Prozent des Aktienkapitals sind im Besitz der Gründertöchter Waltraud Sick (Buchautorin und Illustratorin), Renate Sick-Glaser und Dorothea Sick-Thies (beide Physiotherapeutinnen), die alles andere als Bock auf die Sensortechnik verspürten. Aber sie sind treue Hüterinnen der Familientradition. Ein Großteil des Restkapitals gehört so ungefähr 1.500 Belegschaftsaktionären. SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Fotos: Schunk, Claus/SZ Photo, picture alliance / wildbild Prinz von Rosenheim Firmenlenker Anton Kathrein jr. macht einen ungefährlichen Eindruck. Aber in ihm brodelt‘s. Seit zwei Jahren führt er das Unternehmen seiner Vorväter mit derselben Durch- und Zugriffsfreude wie einst der Senior. Antons Name ist Programm: „Kathrein im Aufbruch“. Die reichsten Münchner in Mrd. ¤ Heinz-Hermann Thiele Knorr-Bremse Alexandra Schörghuber Schörghuber Familie Wacker Wacker-Chemie Familie Hubert Burda H. Burda Media Alexandra Flick Diana 3,60 3,40 2,65 2,60 1,35 Quelle: BILANZ-Recherche 127 127 138 Familie Kathrein Kathrein, Rosenheim 1 Milliarde Euro Familie Harro Uwe Cloppenburg Peek & Cloppenburg West, Düsseldorf 1 Milliarde Euro Familie Hornbach Hornbach, Bornheim 950 Millionen Euro Ältester und womöglich größter Antennenhersteller der Welt, vor 95 Jahren von Anton Kathrein uraufgeführt. Die Werksleitung in Händen hat seit zwei Jahren sein Enkel, der 29-jährige Anton Kathrein jr. Dessen Vater, auch ein Anton der Bezeichnung nach, war 2012 schlagartig verstorben, wie es bei Herzversagen leider häufig der Fall ist. Der Senior war ein Kommerzialrat Prof. Dr. Dr. h. c. gewesen und von herrischer Gemütsart, als „König von Rosenheim“ gefürchtet, aktiv im Dienst von Verbänden und Lokalpolitik, Sponsor des Eishockeyklubs und eines Rallye-Teams, selbst an einen Gasthof („Zur historischen Weinlände“) hatte er gedacht. Auch sein Sohn machte klar, dass er keine Zimperliese ist: Er ließ das Unternehmen als Europa-AG umorganisieren, einen Beirat einberufen, den Grundstein für ein Werk in Mexiko legen und die Schließung eines in den USA mit Bedauern ankündigen. Sein Benehmen drückt aus, dass er hart genug ist, um in dieser Welt zurechtzukommen. Hand anlegen will er ebenso an Gefüge und Gliederung des Unternehmens: Es sollen Strukturvereinfachungen vorgenommen werden im Geschmack eleganter Schlichtheit, wie es Elektrotechniker mögen. „KiA“ steht auf dem Spielplan: „Kathrein im Aufbruch“. Der Erlös wurde zuletzt mit 1,36 Milliarden Euro angegeben - fälschlicherweise, muss man hinzufügen: Denn Kathrein hat jahrelang auch Lieferungen an sich selbst als Einnahme ausgegeben. Tatsächlich erreichen die Rosenheimer nur 800 Millionen Euro. Dies tut der allgemeinen Wertschätzung keinen Abbruch, aber vielleicht dem Rang als Weltmarktführer. Harro Uwe Cloppenburg (73), im Hause zu einem „HUC“ verniedlicht, das jeder Grundlage entbehrt, behauptet sich machtvoll an der Spitze jenes Familienverbands dieser entschlossenen Textilhändler, der den Westen, Süden und Osten des Landes beherrscht und 67 Bekleidungshäuser der Mittelklasse bewirtschaftet (Umsatz: ca. 1,4 Milliarden Euro). Als Juniorchef übt sein Sohn Patrick (32) bereits Wirkungen aus. Mit dem Stamm von HUCs Vetter James Cloppenburg (Vermögen: 350 Millionen Euro), der sich in Norddeutschland mit (nur) einem Dutzend Kaufhäusern breitgemacht hat, stehen die Düsseldorfer seit 1911 in leidenschaftlichem Wettstreit. Ob im Einkauf, im Marketing, der Verwaltung oder vor Gericht: Die Cloppenburgs machen sich die Hölle heiß. HUC bietet wenig Platz für weiche Stellen, er gilt als Schroffheit in Person. Ernst und Nüchternheit erfüllen sein Gemüt, ebenso Schieß- und Jagdlust. Zusammen mit seinem Ältesten Hendrik (49) möchte er sich ein eigenes Jagdrevier bei Kesseling aneignen, in der Nähe von Bad Neuenahr: 3,6 Millionen Quadratmeter im Schätzwert von 3,75 Millionen Euro. Das ist besser als ein Zelt am Strand. Die Gegend ist reich an jagdbarem Getier. Vom Pachten hat der Wildschütz genug. Er möchte den Wald allerdings gegen ein Geschäftshaus in Bonn tauschen, das 4,6 Millionen Euro wert sein und über 200.000 Euro Miete im Jahr einbringen soll – weit mehr also als jene 40.000 Euro, die die Gemeinde aus Holzverkauf und Jagdpacht im Jahr veranschlagt. Zwei Drittel der Wutkesselinger haben sich gegen den Handel ausgesprochen, sie wollen ihren Forst nicht als „Spekulationsobjekt“ misshandelt sehen. Bis vor Kurzem galt das Baumarkt-Genre als eine Betätigung, die Aufwand und Bemühen kaum noch lohne: Im Verhältnis zu der am Ende kaskadenhaft angeschwollenen Menge von Baumärkten, stieß der Selfmademan auf immer weniger Dinge, die seiner Verschönerung bedurften, von einer Wiederherstellung oder einem Neubau ganz zu schweigen. Nach dem Verderb von Praktiker und seiner Tochterfirma Max Bahr darf die Stimmung in der Gilde jedoch als aufgehellt betrachtet werden: Allein Hornbach konnte sechs Anlagen, die unbeschädigt geblieben waren, aus den Trümmern der verwüsteten Konkurrenz bergen. Die börsennotierten Bornheimer („Es gibt immer was zu tun“) haben im vergangenen Geschäftsjahr die Einkünfte ihrer 143 Häuser um 4,4 Prozent auf knapp 3,2 Milliarden Euro angeschüttelt und befördert. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern schoss mit einem Satz auf 105 Millionen Euro, was nach Auswertung aller Statistiken einer Sprunghaftigkeit von sauberen 5,8 Prozent entsprach. Albrecht Hornbach (59), von dem das Aperçu überliefert ist „Wir denken nicht quartalsweise, sondern in Generationen“, hat im März seinem Londoner Aktionär Kingfisher, Europas größtem Baumarktbetreiber, dessen lästige Sperrminorität (25 Prozent) im Jetzt-reicht’s-Gestus für 232 Millionen Euro abgekauft. Die Briten zogen ab, weil sie herausgefunden hatten, dass Hornbach nicht zu überwältigen war: Das Bekenntnis der Familie zur unternehmerischen Eigenständigkeit sei „unverrückbar“, knallte es den Königsfischern erhaben wie mit der Zuchtrute entgegen. „Jetzt gibt es klare Verhältnisse ohne Interessenkonflikte“, faucht Hornbach. SEPTEMBER 2014 43 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Deutschlands größte Autovermieter Marktanteile in Prozent andere 14,7 Sixt 31,9 Hertz 9,7 Die reichsten Frauen in Mrd. ¤ Susanne Klatten BMW, Skion Johanna Quandt BMW Ingeburg Herz Tchibo, Beiersdorf Maria-Elisabeth Schaeffler* Schaeffler, Continental Friede Springer Axel Springer 11,00 7,50 4,60 4,30 3,70 Avis 15,5 Europcar 28,2 *20-Prozent-Anteil an Schaeffler-Gruppe Quelle: BILANZ-Recherche Quelle: Euromonitor International 2013. Nach Umsatz 2012 (Europcar inkl. National und Alamo) 147 147 154 Ernst Freiberger Freiberger, Berlin; Medical Park, Amerang 850 Millionen Euro Familie Schwörer Peri, Weißenhorn 850 Millionen Euro Familie Erich Sixt Sixt, Pullach 800 Millionen Euro Der 64-jährige Herkunftsbayer hat 1998 seine Berliner Tiefkühl- und Fertigpizza-Großbäckerei („Alberto“) an die Südzucker AG verkauft und das Revenue zu einem großen Teil in eine Gruppierung von Wohn- und Bürohäusern, von Hotels und Gesundheitseinrichtungen vielschichtiger Provenienz gepulvert, die seither auf immer mehr Anlagen übergreift und beständig neue Mitglieder willkommen heißt. Für 300 Millionen Euro lässt Freiberger zurzeit in Berlin-Mitte ein 31.000 Quadratmeter umspannendes Areal wiederherstellen, das mit Bauwerken aus drei Jahrhunderten ein in der Hauptstadt beispielloses Gefüge bildet. In der Anlage findet sich das älteste Logenhaus der Stadt und die von Martin Gropius persönlich nach Art der Neorenaissance ausgeprägte Charité-Frauenklinik, das neobarocke, aber theatralisch herumstehende Haupttelegraphenamt und das in der prahlerischen Manier eines Art-décoExpressionismus angelegte und ausgeführte Fernsprechamt. Nicht unbedingt abgerundet, aber doch immerhin verkantet wird der Schauplatz durch die in strikter Bauhaus-Verfahrensweise errichtete „neue“ (!) Charité-Frauenklinik. Bis 2016 soll das „Forum Museumsinsel“ fertiggestellt sein. Danach will Freiberger, der Sohn eines Eiscremeherstellers (Efa-Eiskrem), 60 oder 80.000 Quadratmeter zur Vermietung freigeben. An seiner Medical Park AG im bayerischen Amerang (Umsatz: ca. 200 Millionen Euro), die zehn Reha-Kliniken und zwei Gesundheitszentren betreibt, hat sich sein Spezi Wolfgang Reitzle, der frühere Vorstandschef von Linde, mit zehn Prozent beteiligt und gleich den dortigen Aufsichtsratsvorsitz eingenommen. Unter den vielen Eigenarten des Betons sticht jene hervor, die ihn für Laien so unberechenbar macht: Eben noch frisch und weich, verhärtet er in Windeseile und ist durch nichts mehr aus der Ruhe zu bringen. Glücklich, wer ihn rechtzeitig in eine Gussform gekippt hat, wo er hart und fest und selbstherrlich wirken kann, ohne Schaden anzurichten. Jenen Gussformen aber, von Sachverständigen als Schalungen bezeichnet, gehört die ganze Liebe der Schwörers. Firmengründer Artur Schwörer muss 1969 lange über einen Firmennamen nachgedacht haben, der ungeeignet genug war, um der Mitwelt auf Anhieb klarzumachen, worum es ihm ging: Er fand, dass die griechische Vorsilbe „peri“ (zu Deutsch: „um“, „herum“, „ringsum“, „gegen“) diese Aufgabe am besten erfüllte. Peri also – in der Einöde zwischen Ulm und Memmingen gelegen – erzeugt mit Rigorosität die vielfältigsten Wand-, Säulen- und Deckenschalungen, aber auch feine Trag- und Rahmengerüste aus Holz. Keine Baufirma, die auf sich hält, will auf Peri-Schalungen verzichten. Die besten Staudämme, Schiffshebewerke, Hochhäuser, Brücken sowohl wie der verbreiterte Panama-Kanal sind mit ihrer Hilfe entstanden. Und als die Chinesen auf den Einfall kamen, Hongkong mit Macau und Zhuhai über ein gerüttelt Maß an Brücken und Tunnel zu verbinden, da baten sie natürlich Peri um Hilfe und Verschalungen. „Wir erwirtschaften 1,1 Milliarden Euro Umsatz“, schwört Geschäftsführer Alexander Schwörer (40). „Fast neun von zehn Euro des Umsatzes kommen aus dem Auslandsgeschäft, wir haben Projekte in aller Welt.“ Herrlich, wer so etwas sagen kann. Erich Sixt (70), Deutschlands herrschender Autoverleiher, hat 2014 sein gemeinsam mit BMW unterbreitetes Gemeinschaftsauto-Angebot namens „Drive Now“ um ein Beträchtliches erweitert und die hiesige Marktführerschaft übernommen. Auch einen Chauffeurdienst unter der Rubrik „My Driver“ ließ er einführen: Es bereite ihm Spaß, „etwas Neues auszuprobieren und dann zu sehen, was dabei herauskommt“. So lieben wir den Erich: immer auf Draht, immer auf Zack, nie um einen geilen Spruch verlegen. Obwohl seit 1986 an der Börse eingeschrieben, ist die Sixt AG selbstverständlich ein Familienunternehmen geblieben. Die Anstellung des Hauptaktionärs (60,1 Prozent) als Vorstandschef ist mindestens bis zu seinem 73. Lebensjahr garantiert, und auch Ehefrau und Söhne besetzen Schlüsselpositionen: Regine Sixt (70) ist fürs Marketing International zuständig, eine Tätigkeit, die ihre Naturgaben aufs Schönste begünstigt, ist sie doch im Fremdenverkehrsgewerbe glänzend verquickt und verknüpft. Alexander Sixt (34) leitet den Einkauf und die Strategieabteilung, Bruder Konstantin (31) u.a. den Vertrieb im Lande. Das 1912 von Martin Sixt als erster deutscher Autoverleih ausgedachte Unternehmen (Umsatz: 1,67 Milliarden Euro) macht einen gesunden Eindruck. Deshalb dehnt Sixt seinen Geltungsbereich auch in Amerika aus. Das ist nicht billig. Ohne die hohen Sonderposten hätte der Chef den höchsten Firmengewinn aller Zeiten bekanntmachen können. Aber auch so fiel er nicht schlecht aus: Mit einer Steigerung um 15,6 Prozent erreichte er eine lichte Höhe von 137,1 Millionen Euro. Die Umsatzrendite: konkurrenzlose 9,1 Prozent. 44 SEPTEMBER 2014 Aus der Reihe „Prima Posen“ Heute: Gregor Gerlach Der Vapiano-Gründer steht bisweilen auch hinterm Tresen. Aber nur, wenn man es sich fest wünscht und ihm dazu noch etwas zu essen in die Hand drückt, wie hier in seinem geschichtsträchtigen (Revue, Kabarett, Casino, 20er, 30er Jahre) und für viel Geld auf Vordermann gebrachten „Moulin Rouge“ in der Walfischgasse Numero elf zu Wien. 168 Foto: picture alliance / Michael Appel Klaus-Peter Schulenberg CTS Eventim, München 750 Millionen Euro Schulenbergs Metier ist der Verkauf von Eintrittskarten für Musikaufführungen, Vergnügungen und Turniere aller Art (Fußball-WM, Olympische Spiele). Er ist nicht nur einer der größten Billetthändler des Universums, sondern hält sich auch eigene Konzertagenturen (Marek Lieberberg, Semmel Concerts), die ihrerseits Tourneen ausrichten. Dies ist ein sehr zuträgliches Neben- oder Hauptgeschäft, je nachdem: Denn eine Hand kann immer die andere waschen. Fast vergessen: Schulenberg betreibt ja auch noch eigene Schau- und Kampfplätze wie die Waldbühne und das Tempodrom in Berlin, die Lanxess-Arena in Köln und das Hammersmith Apollo in London und weiß Gott was noch. Angefangen hat der 62-Jährige 1971, als er Bernd Clüver, den „Jungen mit der Mundharmonika“, auf die Bühne brachte, seine Studien an der Bremer Uni abbrach und eine Konzertagentur gründete. 1977 holte er die Stones nach Bremen. Das war der Durchbruch. Richtig wach chokte er seinen Betrieb 1996 mit der Übernahme des Computer-Ticket-Services CTS. 2000 brachte er das Unternehmen schließlich an die Börse. Schulenberg kontrolliert 50,2 Prozent des Kapitals und 80 Prozent des Konzertmarktes für Volksmusik (Rock und Pop). Aufgrund seiner Stellung hat er viele Schmeichler und viele Neider, lästig sind ihm weder die einen noch die anderen. Nach jüngsten Verlautbarungen setzt CTS Eventim 628 Millionen Euro um, der Gewinn vor Abzügen betrug 136 Millionen Euro. Das ist eine sonderbar gute Rendite, zu verdanken wohl dem Kartenverkauf übers Internet, bei dem Schulenberg risikolos die sogenannte Vorverkaufsgebühr ein- und abstreicht. SEPTEMBER 2014 168 168 Familie Hurler Jost Hurler, München 750 Millionen Euro Familie Gerlach Vapiano, Bonn; Seaside Hotels, Gerlach Wohnungsbau, beide Hamburg 750 Millionen Euro Das 1945 entfesselte Immobilienunternehmen ist ganz groß im Geschäft mit Einkaufszentren (Huma, früher auch Suma), verlegt sich aber mehr und mehr auf Projektentwicklungen. In München investiert die Familie ins „Schwabinger Tor“: 200 Mietwohnungen und Künstlerateliers an der Leopoldstraße, dazu eine Reihe Geschäfte, Gastwirtschaften und Büros und eines dieser schicksalhaft Luxushotels. Im Beherbergungsgewerbe ist die Sippe nicht unerfahren: Bereits 1949 hatte sich Jost Hurler (1918–2003) in den Mitbesitz des Gasthofes „Zur Überfahrt“ (heute eine Fünf-Sterne-Pension) in Rottach-Egern am Tegernsee gebracht, indem er der Eigentümerin den Kopf verdreht und sie geheiratet hatte. In den 70er- und 80er-Jahren zählte Jost Hurler, der Hotel- und Kaufhauskönig, zum zentralen Münchner Establishment um den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß. Jagdgebiete, Luxusquartiere, Flugzeuge, Frauen. Strauß kehrte immer wieder ins „Überfahrt“ ein. Hurler hielt ein Apartment zur freien Verfügung. Das Unternehmen gehört heute seinen Enkeln Andreas Kurzlechner, Maximilian, Michael, Oliver und Marc Hurler. Vor zwölf Jahren von Gregor Gerlach (45) und drei nicht zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Sozii in Hamburg eröffnet, hat sich der Selbstbedienungs-Italiener mit dem modischen Frische-Flair auf 152 Restaurants in 29 Ländern vervielfacht. Wahrscheinlich sind es in dieser Sekunde noch mehr. Alle drei Jahre möchte Gerlach ihre Anzahl verdoppeln, aber nicht die Anzahl der Länder. Der Umsatz wurde zuletzt mit 336 Millionen Euro präzisiert, nachdem eine Zeitlang irgendwo auch von 350 Millionen Euro die Rede gewesen war. Am Vapiano-Verbund hält Gerlach nur noch 30 Prozent. Deutlich mehr, nämlich 44, beansprucht der frühere Tchibo-Miteigentümer und Marken-Genius Günter Herz (Vermögen: 3,7 Milliarden Euro). Weitere 26 Prozent hat man für die Wella-Erben der Familie Sander (Vermögen: 700 Millionen Euro) erübrigt. Jung-Gerlach lenkt auch die Immobiliengeschäfte seines Vaters, des Jaguar-Heizers Theo (85), darunter den Betrieb von acht beziehungsweise demnächst wohl zwölf Hotels, von denen vier auf den Kanarischen Inseln vorkommen. Vapiano heißt so viel wie „Nimm’s locker“. 45 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Die reichsten Frankfurter in Mrd. ¤ Fam. Josef Buchmann Buchmann Fam. von Metzler Bankhaus B. Metzler Fam. Jochen Hückmann Merz Pharma Fam. Adam Merz Pharma Fam. Wisser Wisag 1,30 0,90 0,55 0,45 0,40 Quelle: BILANZ-Recherche Ceci n’est pas une pipe Sondern Kunstkollektor Frieder Burda, der Museumsgründer und Ehrenbürger BadenBadens. Rechts neben ihm blieb Picassos Bronze-„Enfant“ stehen. Als Mario Adorf Burdas Museum unlängst einen Besuch abstattete, da hielt der vor ebendiesem „Kind“ an und rief: „Grandios!“ 175 194 194 Frieder Burda vormals Burda-Verlag, Offenburg 700 Millionen Euro Familie Manfred Bode Krauss-Maffei Wegmann, München 650 Millionen Euro Friedrich Knapp New Yorker, Braunschweig 650 Millionen Euro Frieder Burda (78), mittlerer von drei Söhnen des Verlegers Franz Burda (1903–1986) und Bruder von Hubert (s. Seite 32), zählt zu den bedeutendsten Kunstsammlern nicht nur dieser Republik, sondern der ganzen Welt. Seit zehn Jahren unterhält er in Baden-Baden sein eigenes, vom Großarchitekten Richard Meier entworfenes Museum. Zwei Millionen Kulturbeflissene konnten es seither durchqueren. Aber nicht am Montag, denn dann ist es geschlossen. Finanzminister Wolfgang Schäuble hat, eigener Kombinatorik zufolge, „wahrscheinlich kein Museum häufiger besucht“. Aber ganz sicher sein kann er sich nicht. Sanft sagt Burda, der Ehrenbürger Baden-Badens: „Der Auftrag ist, den Leuten eine Freude zu machen, indem man ihnen schöne Bilder zeigt.“ Schaustücke von Sigmar Polke, Georg Baselitz, Markus Lüpertz, Neo Rauch, Mark Rothko, Willem de Kooning, Pablo Picasso, Jackson Pollock usw. gehören zu Burdas Kunstschätzen. Markus Lüpertz bezeichnete Burdas Pinakothek als „Juwel der Museumslandschaft“. Gerhard Richter bewies, dass er nicht zum Dichter geboren wurde: „Hier erst fangen meine Bilder an zu blühen.“ Seine Kollektion hat Burda 1998 sicherheitshalber in einer Stiftung endgelagert. Dem Fiskus darf man nicht nur Vertrauen entgegenbringen. „Dann kommen die Behörden mit den Katalogen und sagen: ,Der Richter für 20 Millionen, Sie haben zehn, und darauf müssen Sie Erbschaftssteuer zahlen.‘ Das lässt sich gar nicht machen“, teilte er der Zeit mit. Zur Glorifizierung besteht nichtsdestotrotz wenig Anlass. Kunst sammeln kann zur Not jeder. Weitaus besser wäre es, selbst Künstler zu sein. Mit Bedauern vernahmen Rüstungs- und Panzerfreunde Anfang Juli die Nachricht, das Krauss-Maffei Wegmann seine Selbstständigkeit aufgeben und sich mit dem französischen Staatsunternehmen Nexter zusammenspannen wolle. Entstanden war KMW nach dem Bankrott des Mannesmann-Konzerns anno 1999, als dessen traditionsreiche Rüstungssparte mit dem nicht minder traditionsreichen Kasseler Unternehmen Wegmann ein neues, bis dahin nicht gesehenes Ganzes bildete. Die Wegmann und Co. Unternehmens-Holding KG hält inzwischen sämtliche Anteile. Die Wegmänner bilden eine verschwiegene, taktvolle Volksgruppe, besonders der 73-jährige Patriarch Manfred Bode neigt nicht zur Schwatzhaftigkeit. Bode führte das Unternehmen bis 2005 eigenhändig und leitet heute den Aufsichtsrat. Niemand weiß besser Bescheid als er. Gegen einen Verkauf hatte er sich lange gesperrt. Doch der Kampfwagenbau ist kein Karamellschlecken: KMW schreibt zwar immer noch Gewinne und darf sich den führenden Panzerschmieden zurechnen. Beliebtestes Produkt ist der gemeinsam mit Rheinmetall vernietete „Leopard 2“. Aber von dem hat man seit 2009 keinen einzigen mehr verkauft. Die Umsätze liefen seit 2008 von 1,4 Milliarden auf 800 Millionen Euro ein, viele Exportanträge verstauben ungenehmigt in Berlin. Eine bereits vereinbarte Lieferung an Saudi-Arabien (Umfang: 1,9 Milliarden Euro) ist blockiert, was für verständlichen Unmut unter den recht weit verzweigten Gesellschaftern sorgt. Bei Rheinmetall wollte man bei Redaktionsschluss noch schauen, ob man die Koalition von KMW mit Nexter nicht noch sprengen oder sabotieren kann. Der 63-Jährige ist Alleininhaber dieser typischen Fußgängerzonen-Klamottenkette, die mit solchen Wettbewerbsverzerrern wie H&M und Zara zu tun hat, aber über einen Firmenjet verfügt, der es bis nach Ostasien schafft: Filial-Inspektion in Tokio, Lieferanten-Palaver in Schanghai, Messe-Visite in Kanton. 1,45 Milliarden Euro legte Knapps Einzelhandel (über 1.000 Läden in 39 Ländern) nach letzter Quantifizierung um. Im Internet betreibt er keine Geschäfte. Zu viele Umtäusche und Rückgaben. „Wir wollen nicht Hunderttausende von Teilen durch Europa karren und sie anschließend wieder abholen.“ Umsicht ist Knapps zweiter Vorname, Knallhärter sein dritter. Seinem Gebäudebestand fügte er zuletzt zwei Karstadt-Häuser hinzu: eines in Hannover, das andere in Braunschweig, wo bereits das Flebbe-Haus, ein Kleinhotel und die Villa Rimpau (heute: Villa Knapp), ein denkmalgeschützter Bau im Stil der brimborigen Neurenaissance, seine Ressourcen zieren. Knapp hat drei Kinder im Alter zwischen fünf und 18 Jahren erzeugt und hält nichts davon, dass eines von ihnen sein Amt übernimmt: „So eine Mörderarbeit möchte man niemandem zumuten“, sagte er vor geraumer Zeit der Textilwirtschaft. Es geht einem durch und durch, wie die Tränen von König Philipp im „Don Karlos“. „Die Familiennachfolge ist für mich ein Grund dafür, dass C&A heute nur noch Mittelmaß ist. Für New Yorker denke ich eher an eine Lösung in Form einer Stiftung.“ Das werden die C&A-Brenninkmeijers (von denen seit 1928 keiner mehr einen deutschen Pass besessen hat) gar nicht gerne hören. 46 SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Foto: picture alliance / dpa, picture alliance / Eventpress Mo Helfershelfer Mit einer Million Euro bezuschusste Willibert Krüger (2.v.l.) jüngst den Kölner Verein Arche, der wiederum bedürftige Kinder unterstützt. Instant-Manager Krüger ist, was man multifunktionstüchtig nennt: Er subventioniert den SV Bergisch Gladbach 09, operiert als Vize der IHK in Köln, sitzt dem Außenwirtschaftsausschuss und dem Wirtschaftsgremium der IHK vor und gehört wie selbstverständlich dem Gründungsbeirat der Wirtschaftsfachhochschule Bergisch Gladbach an. 194 211 211 Willibert Krüger Krüger, Bergisch Gladbach 650 Millionen Euro Familie Kaldewei Franz Kaldewei, Ahlen 600 Millionen Euro Familie Lapp Lapp, Stuttgart 600 Millionen Euro Sofort und weitgehend vorbereitungslos disponiblen Kaffee, Tee und Kakao liefert der berühmte Instantmanager und Granulatmeister Willibert Krüger (74) en gros et en détail unter eigenem Nachnamen, aber auch anonymerweise bei Aldi („Expressi“) und Starbucks („Verismo“). Niemand in Europa kommt Krüger in der Instantisierung und Herstellung von Brausetabletten gleich. In seinen anderen Domänen (Schokolade, Diät-Lebensmittel, Halbfertigmahlzeiten) ist er einer von vielen. Aber das zählt nicht. Anfang der 70er-Jahre hatte der junge Willibert mit der Hervorbringung von süßem Zitronentee vermittels Granulaten erstmals herumgepröbelt, wie es damals gerade Mode war in Amerika. „Mein Großvater hat eine Bürstenfabrik gehabt und mein Vater einen Großhandel. Und meine Mutter hat mir mit auf den Weg gegeben, dass in der Produktion und im Handel die Musik spielt. Da bin ich losmarschiert.“ Eben granulierte er noch verträumt herum, und kaum hat man sich’s versehen, wölkt er mit seinem internationalen Weltkonzern (1,9 Milliarden Euro Umsatz) schon die Nachbarorte Brück und Refrath je nach Windrichtung mit Vanilleund Erdbeerdüften ein. Bei Regen riecht es oft nach Kakao. Bald wird es bei Sonnenschein auch nach Kaffee riechen: Die Krügers bauen auf ihrem Gelände eine Rösterei und eine Kapselproduktion samt Silo und Hochregallager. „Wir setzen auf Wachstum und Stabilität. Dafür stellen wir uns auf das zukünftige Konsumverhalten der Verbraucher ein“, sagt Williberts Sohn und Geschäftsführer Marc Krüger (35) listig. Die Hälfte der Krüger-Firma gehört der Kölner Zuckerfabrik Pfeifer & Langen. Seine Aufgaben in hohem Grade meistert dieser Betrieb aus dem westfälischen Münsterland. Seit 1918 befasst sich die Familie in einer Weise und Art mit den Werkstoffen Stahl und Email, die selbst der Konkurrenz alle Bewunderung abringt. Nachdem zunächst mit Waschwannen, Milchkannen und Bratpfannen experimentiert worden war, brauste große Freude auf, als Kaldewei 1934 die erste freistehende (sic!) Badewanne auf den Markt stellte, denn werfen wäre wahrscheinlich auch zu riskant gewesen. Unter Feuer und Ekstase gelang es den Kaldeweis schon 23 Jahre später, die erste Badewanne auszuklügeln, die keine Nähte mehr aufwies, dem stundenlangen Herum-Rutschen Vorschub leistete und zum Durchbruch verhalf. Heute sitzen die meisten Menschen gerne in ihren Wannen, durch nichts aus der Ruhe zu bringen, außer durch den Schmutzrand, der sich bei Verdunstung bildet. Aber dieses Problem wird Kaldewei lösen. Kein Badhersteller weiß mehr über Fugenlosigkeit, Selbstreinigung, Rückenschrägen, Oberflächenveredelungen, Ablaufdeckel, Duschen, Wirbelbecken und den Waschpurismus überhaupt, und keiner nahm mehr Designpreise entgegen als dieser bodenständige Radikalbetrieb. Geschäftsführer Franz Kaldewei (34), der Werke und Wannen in kalter Verzückung hervorbringt, verfügt über den größten Brennofen der Welt. Er kann alles emaillieren und über die billigen Typen aus der Acrylzunft nur lachen. „Das Bad“, sagt er, „ist die neue Küche.“ Präsenz und Geistesgegenwärtigkeit zeigt der Europameister in 66 Ländern, der Umsatz beträgt über 200 Millionen Euro. Das Geschäft läuft gut, das Vermögen ist sorgfältig in Immobilien angelegt. Weltrekordhalter in den Fachbereichen Kabel, Leitungen und Kabelzubehör, gegründet von Oskar Lapp 1957. Aus Thüringen nach Schwaben geflüchtet, hatte der Mann Anstellung bei einem Stuttgarter Phono- und Medizingerätehersteller gefunden und dort Kabeladern in Schläuche eingezogen. Was ihm aufstieß, war, dass alle Schläuche schwarz waren, sowohl die, die zusammengehörten, als auch die, die nicht zusammengehörten. Deshalb erfand er prompt den FarbCode, sogar einen für mehradrige Steuerleitungen im Maschinenbau („Ölflex“). Wer Lapp-Leitungen sucht, der findet sie heute in der Bühnentechnik der Rolling Stones und im Opernhaus in Peking, in Flughäfen und Windkraftanlagen. Noch nicht abgehärtet gegen Lapps Wirkungen, gingen viele Wettbewerber ein oder in den Untergrund. Oskar Lapp starb 1987, seine Frau Ursula Ida führte das Unternehmen mit den Söhnen Siegbert (62) und Andreas (57) weiter. Die 84-Jährige ist heute Oberaufsichtsrätin der Firma. Wie es sich für Lapp gehört, obliegt die Führung zwei Herren, besagten Söhnen, zwei nicht unbegabten Managern. Lapp fertigt an 18 Standorten, unterhält 40 Vertriebsgesellschaften und Verbindung zu 100 Auslandsvertretungen. Die 3.200 Angestellten denken den ganzen Tag an nichts anderes als an Kabel, Leitungen und Zubehör. Zuletzt hat Lapp einen Umsatz von 830 Millionen Euro bekanntgegeben. Die Nachrichten aus Stuttgart waren allerdings wenig euphorisierend: Die Einnahmen verlieren an Höhe. Die Geschäfte in Brasilien aber sollen ausgebaut werden – man weiß nicht, ob die Stuttgarter vielleicht doch etwas zu verheimlichen haben. SEPTEMBER 2014 47 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Augenblicke Warsteiner-Herrin Catharina Cramer bei einem gelungenen Versuch, magnetisch und attraktiv zu wirken. Häufig nimmt sie zur Steigerung des Trance-Effektes noch ein Bierglas zur Hand, vorbildlicherweise jedoch nur ein gefülltes. Alles in allem: Ein unbedingt lohnender Anblick. Die reichsten Berliner in Mrd. ¤ Friede Springer Axel Springer Axel Oberwelland Storck Ernst Freiberger Freiberger Familie Joram Roth Roth Familie Dussmann Dussmann 3,70 1,40 0,85 0,70 0,70 Quelle: BILANZ 211 211 Walter Brune Brune, Düsseldorf 600 Millionen Euro Familie Gerhard Mey Webasto, Stockdorf 600 Millionen Euro Fragt man Walter Brune (88), den „Star-Architekten“ (Bild), was er davon halte, dass die Allianz Versicherung ein paar Überarbeitungen an der Düsseldorfer Kö-Galerie vornehmen wolle, die sie sich im Frühling für 300 Millionen Euro geleistet hat, dann erteilt er folgende Auskunft: „Ich habe die Urheberrechte an dieser Galerie, dulde keine Veränderung, die nicht mit mir persönlich abgesprochen ist. Wenn die Allianz etwas umbaut, dem ich nicht zustimme, erwirke ich sofort eine einstweilige Verfügung.“ Die Vorbesitzer – die New Yorker Investmentfirma Blackstone und der Hamburger Einkaufszentrum-Herkules Alexander Otto (Vermögen: 3,5 Milliarden Euro) – hatten die Kuppelkreuzung der Kö-Galerie bereits mit Rolltreppen deformiert, vermurkst und verkorkst. „Da habe ich einmal nicht aufgepasst“, gellt Brune. „Das passiert mir nicht noch mal!“ Der gebürtige Bremer hat die Stadtbilder dieses Landes, zumindest was seine Verkaufsarchitektonik betrifft, geprägt wie möglicherweise niemand sonst: Zwei Jahrzehnte lang war er für die Ausformungen der Karstadt-Häuser zuständig, er hat für Helmut Horten und die Bauknechts gestaltet. Zu seinen Auftraggebern gehörte die Weltbank und der Schah von Persien. Sein Geld hat der Bau-Leu in Immobilien angelegt, wie es prosaisch heißt, und immer wieder auch in Einkaufszentren selbst. Die Idee überdachter Innenstadt-Galerien, wie man sie in vielen Städten findet, die in den 70er-Jahren fürchteten, von Grüne-Wiese-Supermärkten entvölkert zu werden, geht auf Brune zurück. Teufelskerl, dieser Brune! Klar, dass sich ein Typ wie er nicht von der Allianz in die Suppe spucken lässt. In Stockdorf bei München arbeiten umgängliche Leute, und sie machen jeden Spaß mit. In Dach- und Fach-Angelegenheiten aber sind sie mit bedrohlichem Ernst bei der Sache: Denn Autodächer sind, was sie emotionell anregt und was sie deshalb ausdauernd herstellen wollen und können (daneben aber auch Standheizungen und Klimaanlagen). Nachdrückliches Gefallen wecken zur Zeit die Aussichten in China: „Schiebeund Panoramadächer sind dort zunehmend ein Muss“, hat Unternehmensleiter Holger Engelmann festgestellt. Der Chinese als solcher mag keine Kabrioletts. Aber Schiebedächer faszinieren ihn, das muss man schon sagen. Man kann mit Fug von einem Glasdach-Fimmel sprechen, wenn einem kein besseres Wort als Fimmel einfällt. In Bälde schon will Webasto seinen Umsatz auf fünf Milliarden Euro verdoppelt haben. Wir werden sehen, ob die Chinesen mit ihrem Faible (nicht: Fimmel) für Vollausstattungen tatsächlich auf Dächer setzen oder ihre Renminbi lieber für Lautsprecheranlagen, Ledersitze und Goldaschenbecher ausgeben. Der Weltmarkt für Kabrio-Dächer jedenfalls dorrt ein und wird hartschalig wie Altpudding. Pech für die Oberbayern, die 2010 erst die Kabrio-Sparte des ausgelöschten Konkurrenten Edscha voller Hoffnungen übernommen hatten. Aber die Chinesen wollen nicht geöffneterweise durch die Drecksluft Pekings zockeln, und in Südeuropa, wo die Sonne scheint, haben die Leute weniger Geld. Nun ja, so ist das Wirtschaftsleben. Den Besitz des Unternehmens teilt sich Gerhard Mey (59) mit den Töchtern des Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Baier (siehe rechts) und dem selbst. 48 211 Familie Werner Baier Webasto, Stockdorf 600 Millionen Euro 1901 als „Eßlinger Draht- und Eisenwarenfabrik Wilhelm Baier, Eßlingen/ Neckar“ in die Wege geleitet, überlegte es sich der Initiator 1908 doch noch einmal anders und siedelte ins reizvollere Stockdorf um in die Nähe des Starnberger Sees. Der Ortswechsel machte eine Neufirmierung in Webasto notwendig, die Abkürzung für „W. Baier Stockdorf“. 1937 knickte und pliierte Webasto das erste Faltdach für Daimler-Benz, seit 1956 ist man stolzer Stahlschiebedach-Lieferant für Mercedes. Die Dächer der Bayern sind maßgefertigt, da pfeift kein Wind durch Nähte und Ritzen, da rinnt und rieselt, da trieft und tröpfelt es selbst bei Tauwetter nicht. Geliefert wird pünktlich und immer an die richtige Adresse. Mit Recht rühmt sich Webasto der Weltmarktführerschaft. Die Erlöse der Firma sind 2013 aber nur um faule 1,8 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro geklettert, weshalb Webasto-Gouverneur Holger Engelmann den Sonnenstrahl seiner guten Absichten nun auf China richtet, wo er voll aufdrehen will. Der 71 Jahre alte Gründernachfahr und Aufsichtsratschef Werner Baier hat seinen Anteil bereits vor knapp drei Jahren seinen beiden Töchtern zur Verfügung gestellt – nur ein Prozent hat er sich aus Anhänglichkeit bewahrt. Die zweite Hälfte hält bekanntlich Gerhard Mey unter Verschluss (siehe links). SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Deutschlands größte Brauereien Umsätze in Mio. € Radeberger (u.a. Radeberger, Jever, DAB) AB-InBev (u.a. Beck’s, Diebels, Franziskaner) Bitburger (u.a. Bitburger, König Pilsener, Köstritzer) Krombacher (u.a. Krombacher, Eichener) Brau Holding (u.a. Paulaner, Hacker-Pschorr) Warsteiner (u.a. Warsteiner, Paderborner, Herforder) Oettinger (Oettinger) Veltins (inklusive V plus) Carlsberg (Holsten, Astra, Duckstein, Lübzer) Frankfurter Brauhaus (inklusive Feldschlösschen) Foto: picture alliance / dpa *BILANZ-Schätzung 1.800 1.400 * 770 671 588 519 430* 289** 200* 156** **2012 Quelle: BILANZ 211 231 247 Familie Ruth Kirch KF 15, München 600 Millionen Euro Familie Cramer Warsteiner Brauerei, Warstein 550 Millionen Euro Familie Gerhard Sturm EBM-Papst, Mulfingen 500 Millionen Euro Die Witwe des 2011 verstorbenen Medienpotentaten Leo Kirch schloss Anfang dieses Jahres einen Vergleich, der die Deutsche Bank ungefähr 925 Millionen Euro kostet. „Ungefähr“ deshalb, weil niemand die präzise Höhe kennt. Denn sie ist, anders als die eines Berges, nur schlecht festzustellen, das heißt zu fakturieren, weil ständig Zinsen draufgeschlagen und Steuern abgezogen werden müssen. Rechnungen atmen. Nach Abzug der Expensen für Insolvenzverwalter, Advokaten und Gläubiger bleiben ihr wohl um die 250 Millionen Euro. Es trifft gottlob keine Unbemittelte: Die 87-Jährige, eine geriebene Geschäftsfrau und Kunstsammlerin, verfügt über Großbesitz in der Schweiz und ist munter ins Immobiliengewerbe verwickelt, sowohl in München als auch rund um den Gendarmenmarkt in Berlin. Darüber hinaus ist sie Miteigentümerin (47,5 Prozent) von KF 15, der Dachorganisation in der Kardinal-Faulhaber-Straße 15 zu München, an der neben ihr im Wesentlichen Dieter Hahn (53) teilhat, der treueste Gefährte des nicht zuletzt von der Deutschen Bank entkräfteten Kirchs. Hahn dürfte an dem Vergleich in Höhe seiner KF-15-Einlage (42,5 Prozent) partizipieren. Zur Habseligkeit von KF 15 gehören Teilstücke an Biotechnikfirmen (Bitop AG) und eine auf 18,7 Prozent dimensionierte Quote an der Constantin Medien AG (u.a. Sport 1, Highlight Communication, Constantin Film). Außerdem lässt die Holding im Verein mit Dieter Hahns Bruder Wolfgang (der für Kirch einst in Amerika gearbeitet hatte) ein Golfresort aus der Pazifikküste Mexikos fräsen, schleifen und bohren. Darauf muss man erst mal kommen. Um 4,2 Prozent sank der Absatz der Nordsauerländer in den ersten sechs Monaten dieses Jahres. Bei ihrer Hauptmarke „Warsteiner“ setzte es gleich einen Niederschlag von knapp zehn Prozent. Dies sind keine Ergebnisse, auf die anzustoßen sich lohnen würde. Zumal die Konkurrenz ihren Absatz erhöht hat, was in Jahren von Fußball-Weltmeisterschaften zu den Selbstverständlichkeiten in der Gilde gehört. Schon aus lauter Vorfreude kippen sich die Leute ihre Pilse hinter die Binden. Firmenchefin Catharina Cramer (36), die sich den Besitz der 1753 erstmals erwähnten Brauerei im Wesentlichen mit ihren Schwestern Marie-Christina und Ann-Josephine teilt (und zwar in neunter Generation), hat alle Maßnahmen ergriffen, um den Wiederaufschwung einzuleiten: „Wir haben unseren Slogan verändert: Mein Vater hat unseren Premium-Klassiker zum ‚einzig wahren‘ gemacht. Daraus haben wir jetzt ‚Mach das einzige Wahre‘ abgeleitet.“ Sexistischer Etepetismus ist Cramer fremd, sie kombiniert Lederhose, Motorradstiefel und Jäckchen im Chanel-Stil, arbeitet aber ohne Schlagring: „Historisch gesehen sind Bierbrauen und Brotbacken ja sowieso Frauensache gewesen, bis die Männer merkten, dass man damit Geld verdienen kann.“ Die Cramers, die auch Marken wie „Herforder“, „Paderborner“ und „Frankenheimer“ ausstoßen, mischen auch in angrenzenden Gewerben mit: bei Vertriebsgesellschaften, Getränkegroß- und -kleinhandlungen, Immobilien und Beherbergungen („Welcome Hotels“). Rund 120 Firmen sollen zum Ensemble gehören, es setzte im vergangenen Jahr knapp 520 Millionen Euro um. Die Siegertypen aus dem Hohenlohekreis haben ihre Rivalen weitgehend unterjocht und erfreuen sich einer Eigenkapitalquote von 50 Prozent und eines Umsatzes, der um 11,2 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro aufgebohrt worden ist. Jetzt wird erweitert und ein Rechenzentrum angebaut. Denn Wachstum dehnt. Der Elektrobau Mulfingen und die 1992 von ihm eroberten Papst-Motoren stellen selbige her vieles andere, was sich kraft Elektromotoren in Drehung versetzen lässt, vor allem aber Ventilatoren: für Gebläse, Lüfter und sogar Pumpen elegantester Bauart. Alle Kontrahenten habe man gut im Griff, sagt Geschäftsführer Rainer Hundsdörfer. Aber auf die Chinesen muss man wohl ein bisschen aufpassen: Denn in Fernost gehen nicht zwei oder drei, sondern gleich 100 Konkurrenten zu Werke, „und 20 davon muss man im Auge behalten“. In China ist ein weiteres EBM-Papst-Werk geplant, auch in Nordamerika, vielleicht Mexiko. Man wird sehen. Im laufenden Geschäftsjahr will EBMPapst um weitere sieben Prozent an Gewicht zulegen, um dann richtige Dralligkeit zu verkörpern. Den Gewinn verschweigt man schon aus Gewohnheit, aber Entzücken soll das Herz beim Anblick der seidig-schwarzen Ziffern erfüllen. Den Opponenten gewinnt das Resultat indes nicht nur Bewunderung ab, auch neidische Sehnsucht und ein bitter-drängender Schmerz brennt in ihren Brüsten. Gründer Gerhard Sturm (79) hat sein Unternehmen hochpersönlich an die Weltspitze geführt und dort belassen. Er hält bis zu diesem Tag die Mehrheit in seinen Maschinenschlosserhänden. SEPTEMBER 2014 49 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE 247 Axel und Eric Schweitzer Alba, Berlin 500 Millionen Euro Beklommener Zeuge wird man der Schwierigkeiten, in denen der hinter Rethmann (Vermögen: vier Milliarden Euro) zweitgrößte Müllbeseitiger dieses Landes steckt: Seit 2012 fallen bei Alba Verluste an, in diesem Jahr wird es kaum anders sein. Die Verbindlichkeiten erreichen schätzungsweise 800 Millionen, und das bei einem Umsatz von 2,6 Mil- liarden Euro, der zuletzt vor Schreck um zehn Prozent zusammenzuckte – von den Wechseln in der Firmenleitung, die in beinahe habitueller Weise vonstattengehen, ganz zu schweigen. Axel (45) und Eric (49), der als Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags amtiert, könnten sich, falls ihnen der Sinn danach steht, damit aufheitern, dass die ganze Branche unter den Kalamitäten leidet, die der Preisverfall für Schrott nach sich zog und die zumindest jenen Unternehmen Schäden zufügte, die, wie Alba, damit handeln. Mehr als zwei Drittel ihrer Einnahmen erzielen die Berliner mit ihrer Beteiligung Alba SE (früher: Interseroh), einem Schrotthändler mit Hauptsitz in Köln. Statt zumindest die Vorjahreshöhe zu erreichen, blieben die Gesamteinnahmen bereits bei 1,8 Milliarden Euro wie angewurzelt stehen: Statistiker ermittelten einen Rückstand von 8,1 Prozent. „Wir sind bis 2017 durchfinanziert“, sagt Axel Schweitzer mit sachlich-rätselhafter Sportler-Attitüde. Schon 2015 werde er wieder Gewinne als Münzen auf die Tischdecke stapeln. Abb. zeigen Sonderausstattung. 247 Familie Conrad Conrad Electronic, Hirschau 500 Millionen Euro Das von Werner Conrad (53) geleitete Elektronikversandhaus aus der Oberpfalz rivalisiert mit Unternehmen wie Amazon auf der einen und Otto auf der anderen Seite. Auch die Klamottenschleuder Zalando zählt zur Konkurrenz, aber nur des schlechten Einflusses wegens, den dieser Händler auf die Seelen der Verbraucher ausübt. „Zalando gaukelt dem Verbraucher vor, jeden Artikel versandkostenfrei sofort am nächsten Tag zu erhalten“, behauptete Conrad frech in der Gaukelfragen stets zartsinnig gegenüberstehenden FAZ. Nicht genug damit, dürfen Zalan- 50 do-Besteller die Waren auch noch nach 100 Tagen kostenlos zurückschicken. So etwas bringt Conrad auf: „Mit Retourquoten von 50 Prozent und mehr kann das Geschäftsmodell auf Dauer nicht funktionieren“, donnert, blitzt und hagelt er. „Selbst wenn Zalando scheitert, bleibt der Schaden, den Verbraucher auf grenzenloses Bestell- und Rücksendeverhalten konditioniert zu haben. Das ist dramatisch!“ Vorausgesetzt, es ist so. Conrad Electronic geht auf die Entschlusskraft und den Unternehmungsgeist seines Urgroßvaters Max zurück, der 1923 in Berlin eine Werkstatt namens Radio Conrad aus einer Taufe hob.In Schwung kam der Betrieb jedoch erst in den 50er-Jahren. Gut und gerne erinnert man sich daran, wie die erste Kiste Drehkondensatoren im dreirädrigen Tempo Han- seat vom neuen Standort Hirschau ins 90 Kilometer entfernte Fürth gezuckelt wurde zu einem Radiohändler namens Grundig. Mit Kilometer- und Jahresangaben ist Conrad großzügig. Geschäftszahlen aber gibt er nicht preis, auch nicht, wenn man quengelt. Da „sind wir nicht mit Transparenz gesegnet an dieser Stelle“, sagt er klug. „Nur so viel: International machen wir deutlich mehr als 1 Milliarde Euro Umsatz, und wir sind profitabel.“ Mit 13 Millionen Versandkunden und mehr als 14 Millionen Filialgästen gehört Conrad eigener Einschätzung nach zu den führenden „Multichannel-Anbietern für Technik und Elektronik in Europa“. Ab 2015 will man bis zu 70.000 Pakete am Tag verschiffen und verfahren. Deswegen entsteht „nebenan“ (Conrad) ein Anbau für knackige 50 Millionen Euro. SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN 247 Familie Gläsel Weidmüller, Detmold 500 Millionen Euro Im Juli brachte sich die Firma Weidmüller (Umsatz: 640 Millionen Euro), dieser geschätzte acteur auf dem Gebiet der Verbindungstechnik, in Verlegenheit, als das Vorhaben endgültig gescheitert war, die Firma R. Stahl, einen Spezialisten für Explosionsschutz, gegen deren Willen zu inkorporieren. Es wäre die erste feindselige Eroberung eines deutschen Familien- unternehmens durch ein anderes gewesen. 300 Millionen Euro hätten sich die Detmolder den Ankauf kosten lassen, die Commerzbank hatte einen entsprechenden Kredit bereits in Aussicht gestellt und mit den Zähnen geknirscht. In der sehr auf Förmlichkeiten bedachten Familienunternehmerszene reagierte man indes pikiert auf die Weidmüller-Offensive. Die Etikette verlangt, dass man derlei Anschläge im Klub bei Cognac und Zigarre bespricht, und zwar im Paul-Dahlke-Generaldirektor-Konversationston („Höhö, ähem ... Auf Ihr Wohl, mein Lie- ber!“). Christian Gläsel (41), für die Eignerfamilie im Aufsichtsrat, will sich keine Verletzung der Umgangsregeln vorhalten lassen: „Wir haben mit unserem öffentlichen Angebot für R. Stahl gezeigt, dass Weidmüller ein modernes Familienunternehmen ist, das Gelegenheiten erkennt und sie mutig zu ergreifen sucht.“ Sein Geschäft mit Klemmen, Steckern, Kopplern und Modulen betreibt Weidmüller unter den Gesichtspunkten der Sparsamkeit, des Stilempfindens und der Grazie. Klagen über Fehlverhalten waren bis jetzt nicht aktenkundig gewesen. Für Entscheider, die ihren eigenen Stil fahren. Entscheidung leicht gemacht: die Volvo V60 und S60 Business Edition jetzt mit attraktivem Leasingangebot. 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Die Aussichten des 1946 gegründeten Unternehmens sind alles andere als SEPTEMBER 2014 schlecht, aber Biotest (Weltmarktanteil: drei Prozent) ist auch nicht so kolossal, als dass man grinsend in den Wettbewerb um Antikörper zöge. Die Dreieicher erwirtschaften mehr als 80 Prozent ihrer Umsätze außerhalb Deutschlands. Doch in den USA musste man kürzlich ein wichtiges Präparat vom Markt nehmen; die Krisen in Russland und Vorderasien wirken darüber hinaus bedrückend auf den Aktienkurs. Grundsätzlich aber bleiben die Biotester überzeugt von sich und ihren Plänen: Die Produktion soll bis 2019 verdoppelt, der Umsatz bis 2020 auf eine Milliarde Euro gepaukt und getrommelt werden. In der formschönen Ausführung von Cathrin Schleussner ist die Familie im Aufsichtsrat vertreten. 51 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Rang 121: Carsten Maschmeyer Der Finanzartist (hier beim Stressabbau mit Freundin Veronica Ferres) ist ein großer, zuletzt indes nicht immer erfolgreicher Investor. Rang 138: Clemens Tönnies Der Aufsichtsratschef von Schalke 04, ein ausufernder Agitator, verfügt über die Hälfte des größten deutschen Fleischkonzerns. Die Plätze 100 bis 194 100 100 103 103 103 106 106 106 106 106 Name Joachim und Andreas Kohm Horst Wortmann Familie Dohle Alexandra Flick Elisabeth von Auersperg-Breunner Hans Georg Näder Götz Werner Familie Lehmann Familie Hager Familie Josef Buchmann Firma Versandhaus Klingel, Pforzheim Wortmann, Detmold Dohle, Siegburg Diana, München Fides, München Otto Bock, Duderstadt Dm Drogeriemärkte, Karlsruhe Dm Drogeriemärkte, Karlsruhe Hager, Blieskastel Buchmann, Frankfurt Branche Versandhandel Schuhhandel Handel Vermögensverw., Kapitalanlagen Vermögensverw., Kapitalanlagen Medizintechnik, Prothesen Einzelhandel Einzelhandel Elektrotechnik Immobilien Vermögen* 1,40 1,40 1,35 1,35 1,35 1,30 1,30 1,30 1,30 1,30 106 112 112 114 114 114 114 118 118 118 Familie Stefan Messer Familie Simon Familien Johannes Mohn Familie Schwarz-Schütte Peter Unger Familie Hoffmann Familie Fuchs Familie Manchot Familie Henning Conle Gebrüder Reppegather Messer, Messer Eutectic Castolin, beide Sulzbach Bitburger Brauerei, Bitburg Bertelsmann, Gütersloh vormals Schwarz Pharma; Black Horse, Düsseldorf vormals Auto-Teile Unger, Weiden/Oberpfalz Hoffmann, Berlin Fuchs Petrolub, Mannheim Henkel, Düsseldorf Sirosa, Liechtenstein; Dieter Conle, Sonthofen Centrum, Düsseldorf Industriegase, Chemie Genussmittel Medien Beteiligungen, Kapitalanlagen Autozubehör Immobilien, Kapitalanlagen Schmierstoffe Klebstoffe, Waschmittel Immobilien Immobilien 1,30 1,25 1,25 1,20 1,20 1,20 1,20 1,15 1,15 1,15 121 121 121 121 125 125 127 127 127 127 Familie Kronseder Familie Wagner Stefan v. Holtzbrinck u. Monika Schoeller Carsten Maschmeyer Familie Sick Familie Lechler Familie Ziehl Familie Kathrein Heinrich Thorbecke Familie Jochen Opländer Krones, Neutraubling Rehau, Rehau Holtzbrinck-Verlag, Stuttgart Maschmeyer, Hannover Sick, Waldkirch Elring Klinger, Dettingen EBM, Mulfingen; Ziehl-Abegg, Künzelsau Kathrein-Werke, Rosenheim Henkel, Düsseldorf Wilo, Dortmund Abfüllanlagen Kunststoffverarbeitung Medien Kapitalanlagen, Beteiligungen Sensortechnik Autozulieferer Ventilatoren, Regeltechnik Antennen Klebstoffe, Waschmittel, Pumpen 1,10 1,10 1,10 1,10 1,05 1,05 1,00 1,00 1,00 1,00 127 127 127 127 127 127 127 138 138 138 Rolf Gerling Familie Hagenmeyer Familie Dräxlmaier Familie Harro Uwe Cloppenburg Sartorius-Erben Martin Herrenknecht Familie Kostal Dieter Schaub Familie Hornbach Clemens Tönnies vormals Gerling Versicherung, Köln Getrag, Untergruppenbach Dräxlmaier-Gruppe, Vilsbiburg Peek & Cloppenburg West, Düsseldorf Sartorius, Göttingen Herrenknecht, Schwanau Leopold Kostal, Lüdenscheid Medien-Union, Ludwigshafen Hornbach, Bornheim Tönnies-Gruppe, Rheda-Wiedenbrück Beteiligungen, Kapitalanlagen Getriebetechnik Autozulieferer Textilien Wägetechnik Tunnelbohranlagen Elektrotechnik, Autozulieferer Medien Baumärkte Fleischverarb., Schlachtbetr. 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 0,95 0,95 0,95 141 141 141 141 141 141 147 147 147 147 Familie von Metzler Familie Eberspächer Peter Harf Familie Goldbeck Hermann Langness Rolf Königs Torsten Toeller Josef Boquoi Thomas Olbricht Willi Verhuven Bankhaus B. Metzler, Frankfurt Eberspächer, Esslingen Joh. A. Benckiser, Wien Goldbeck, Bielefeld Bartels-Langness, Kiel Aunde, Mönchengladbach Fressnapf, Krefeld Bofrost, Straelen vormals Wella (Haarpflege), Darmstadt Alltours, Duisburg Bank Abgastechnik, Standheizungen Kapitalanlagen, Beteiligungen Bau, Immobilien Lebensmittelhandel Autotextilien Tiernahrung Handel, Immobilien Kapitalanl., Kunstsammlung, Immobilien Tourismus 0,90 0,90 0,90 0,90 0,90 0,90 0,85 0,85 0,85 0,85 *in Milliarden Euro 52 SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Fotos: picture alliance / BREUEL-BILD, picture alliance / dpa Rang 175: Jan Philipp Reemtsma Zu übergroßer Ernsthaftigkeit neigender Philologe, Essayist, Mäzen und Zigaretten-Erbe. Wahrscheinlich auch Nichtraucher. Hier in Zürich. Rang 194: Clemens J. Vedder Der Investor ist einer der heißesten Typen der internationalen Akrobaten-Szene. Schwer auf Zack, der Mann. Lebt in Florida, Zürich und auf Sylt. Überall gut. 147 147 147 154 154 154 154 154 154 154 Name Ernst Freiberger Familie Schwörer Familie Dyckerhoff Familien Dräger Erika Pohl Erwin Müller Familie Bentz Familie Eckes-Chantré Familie Schäfer Familien Kriegbaum Firma Freiberger, Berlin; Medical Park, Amerang Peri, Weißenhorn vormals Dywidag (Bau), Wiesbaden Drägerwerk, Lübeck vormals Wella (Haarpflege), Darmstadt Müller, Ulm Melitta, Minden Rotkäppchen-Mumm, Freyburg/Unstrut; Eckes, Nieder-Olm Schäfer-Werke, Neunkirchen vormals Kriegbaum-Gruppe (Einzelhandel), Böblingen Branche Immobilien Schalungs-, Gerüsttechnik Beteiligungen Medizin-, Sicherheitstechnik Immobilien, Beteiligungen Drogerien Nahrungsmittel Fruchtsäfte Gehäusetechnik; Logistik Immobilien, Beteiligungen Vermögen* 0,85 0,85 0,85 0,80 0,80 0,80 0,80 0,80 0,80 0,80 154 154 154 154 154 154 154 168 168 168 Familie Schwarz Albert Berner Helmut Greve Familie Erich Sixt Familie Kaeser Claus und Gunnar Heinemann Kurt Krieger Klaus-Peter Schulenberg Familie Peter Möhrle Familie Viehof vormals Schwarz Pharma, Monheim Berner, Künzelsau Greve, Hamburg Sixt, Pullach Kaeser-Kompressoren, Coburg Gebr. Heinemann, Hamburg Möbel Höffner, Waltersdorf; Kraft, Bad Segeberg CTS Eventim, München vormals Max Bahr (Baumärkte), Hamburg vormals Allkauf (Einzelhandel), Mönchengladbach Kapitalanlagen, Beteiligungen Befestigungssysteme, Werkzeuge Immobilien Autovermietung Maschinenbau Einzelhandel (Duty-free) Möbelhandel, Immobilien Ticketvertrieb, Konzertveranstaltungen Immobilien, Kapitalanlagen Beteiligungen 0,80 0,80 0,80 0,80 0,80 0,80 0,80 0,75 0,75 0,75 168 168 168 168 175 175 175 175 175 175 Harald-Quandt-Töchter Familie Stickling Familie Hurler Familie Gerlach Familie Sander Familie Joram Roth Klaus und Jost Hellmann Familie Ackermans Martin Brost Familie Woeste Harald Quandt, HQ Trust, beide Bad Homburg Nobilia, Verl Jost Hurler, München Seaside Hotels, Gerlach Wohnungsbau, Vapiano, alle HH vormals Wella (Haarpflege), Darmstadt Roth, Berlin Hellmann Logistics, Osnabrück vormals Allkauf, Mönchengladbach Brost, München Henkel, Düsseldorf Beteiligungen, Finanzdienstleistungen Küchenmöbel Immob., Einzelh., Einkaufszentr., Beteilig. Hotels, Immobilien, Restaurants Beteiligungen Immobilien Spedition Beteiligungen Kapitalanlagen Klebstoffe, Waschmittel 0,75 0,75 0,75 0,75 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 175 175 175 175 175 175 175 175 175 175 Jan Philipp Reemtsma Familie Grohe Familie Veltins Familie Claussen Frieder Burda Familie Häfele Familie Dussmann Paul-Heinz Wesjohann Hans Strothoff Franz Burda vormals Reemtsma (Tabak), Hamburg vormals Grohe (Sanitär), Hemer Veltins-Brauerei, Meschede-Grevenstein vormals Beiersdorf (Kosmetik), Hamburg vormals Burda-Verlag, Offenburg Häfele, Nagold Dussmann, Berlin PHW, Rechterfeld MHK Verbundgruppe, Cronbank, beide Dreieich vormals Burda-Verlag, Offenburg Kapitalanlagen Beteiligungen, Kapitalanlagen Genussmittel Kapitalanlagen, Beteiligungen Kunst, Beteiligungen, Kapitalanlagen Beschlagtechnik Gebäudemanagement, Catering Lebensmittel, Geflügel Möbelhandel, Bank Kapitalanlagen 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 175 175 175 194 194 194 194 194 194 194 Klaus C. Plönzke Detlev Meyer Friedhelm Behn Familie Kirchhoff Dieter Becken Michael Schumacher Familie Otto Rudolf Fuchs Clemens J. Vedder Familie zu Waldburg-Zeil Familie Holzhey vormals Ploenzke AG (IT), Stuttgart vormals CBR (Textilhandel), Celle vormals CBR (Textilhandel), Celle Kirchhoff-Gruppe, Iserlohn Becken, Hamburg Autorennfahrer, Gland/Schweiz Otto-Fuchs-Gruppe, Meinerzhagen Goldsmith Capital, Grand Cayman/Cayman Islands Waldburg-Zeil, Waldburg vormals Haindl-Gruppe(Papier), Augsburg Beteiligungen Beteiligungen Beteiligungen Autozulieferer, Maschinenbau Immobilien, Vermögensverwaltung Motorsport Metallverarbeitung, Luftfahrt Kapitalanlagen, Beteiligungen Grundbesitz, Immobilien Beteiligungen, Immobilien 0,70 0,70 0,70 0,65 0,65 0,65 0,65 0,65 0,65 0,65 SEPTEMBER 2014 53 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Rang 194: Heinz Dürr Der 80-Jährige spielt Golf, raucht, reist, kümmert sich um seine Stiftungen. Am Weltmarktführer für Autolackieranlagen hält seine Familie ein gutes Viertel. Rang 247: Jürgen Großmann Der Ex-RWEPremier hat Humor, ein Sterne-Restaurant, ein Stahlwerk und 38 weitere Firmen. Das Ensemble schreibt Verluste. Das ist keine gute Nachricht. Die Plätze 194 bis 298 194 194 194 194 194 194 194 194 194 194 Name Albrecht Knauf Stefan Heinig Familie Hörmann Familie Lampmann Familie Eisert Familie Manfred Bode Friedrich Knapp Familie Heinz Dürr Familie Stotmeister Willibert Krüger Firma Knauf-Interfer, Essen; AK, Norderfriedrichskoog Tedi, Dortmund; Kik, Bönen; Woolworth, Unna Hörmann, Steinhagen Phoenix Contact, Blomberg Phoenix Contact, Blomberg Krauss-Maffei Wegmann, München New Yorker, Braunschweig Dürr, Stuttgart Sto, Stühlingen Krüger, Bergisch-Gladbach Branche Metallverarbeitung, Luftfahrt Textilien, Einzelhandel, Immobilien Tore, Türen, Antriebe Automatisierungstechnik Automatisierungstechnik Rüstung Textilhandel Lackieranlagen Wärmedämmung Nahrungsmittel, Kaffee Vermögen 0,65 0,65 0,65 0,65 0,65 0,65 0,65 0,65 0,65 0,65 211 211 211 211 211 211 211 211 211 211 Familie Hummel Hans-Joachim Tessner Familie Grotkamp Familie Kaldewei Familie Koepff Evi Brandl Bernard Meyer Gerhard Weber Familie Lapp Familie Bock Mann + Hummel, Ludwigsburg Tessner, Goslar Funke, Essen Franz Kaldewei, Ahlen Gelita, Eberbach Vinzenz Murr, Etienne Aigner, beide München Meyer Werft, Papenburg; Neptun, Rostock Gerry Weber, Halle/Westfalen Lapp, Stuttgart vormals Lonrho (Bergbau), London Autofilter- und Ansaugsysteme Möbel, Beteiligungen Medien Sanitär Gelatineherstellung Fleischwaren, Immobilien, Luxusartikel Werft Textilien Industriekabel Immobilien, Beteiligungen 0,60 0,60 0,60 0,60 0,60 0,60 0,60 0,60 0,60 0,60 211 211 211 211 211 211 211 211 211 211 Walter Brune Familie Gerhard Mey Familie Werner Baier Familie Klopp Martin Kind Michael R. Neumann Leopold Stiefel Familie Krone Marion, Beatrice, Tobias Nagel Familie Ruth Kirch Brune, Düsseldorf Webasto, Stockdorf Webasto, Stockdorf Bünting, Leer Kind, Großburgwedel Neumann, Hamburg Media-Saturn, Ingolstadt Krone, Spelle Nagel, Versmold KF 15, München; vormals Kirch Media, Ismaning Immobilien Autodächer, -standheiz., -klimaanlagen Autodächer, -standheiz., -klimaanlagen Einzelhandel Hörgeräte Rohkaffeehandel Elektronikhandel Landtechnik, Nutzfahrzeuge Spedition Immobilien 0,60 0,60 0,60 0,60 0,60 0,60 0,60 0,60 0,60 0,60 231 231 231 231 231 231 231 231 231 231 Familie Rohde Familie Cramer Familien Jochen und Uwe Holy Familie Spaeter Familie Lürßen Verena Mitschke-Collande Arthur Handtmann Claudia Miller Familie Grillo Familie Klaus Fischer Rohde & Schwarz, München Warsteiner Brauerei, Warstein vormals Boss (Textilien), Metzingen Carl Spaeter, Duisburg Lürssen-Werft, Bremen Giesecke & Devrient, München Handtmann, Biberach vorm. Giesecke & Devrient (Spezialdruckerei), Mün. Grillo, Marxloh; Wilhelm Grillo, Duisburg Fischerwerke, Waldachtal Funk-, Messtechnik Genussmittel Immobilien, Beteiligungen Aluminium-, Stahlhandel Schiffbau Spezialdruckerei, Chipkarten Maschinenbau Kapitalanlagen Zinkverarbeitung, Metallhandel Dübel, Befestigungssys., Kfz-, Bauzulief. 0,55 0,55 0,55 0,55 0,55 0,55 0,55 0,55 0,55 0,55 231 231 231 231 231 231 247 247 247 247 Familie Michael Sieber Familie Jochen Hückmann Eugen Münch Barbara Lambrecht-Schadeberg Familie Bernhard Schadeberg Klaus Greinert Jürgen Großmann Familie Mann Dirk Ippen Familie Gerhard Sturm Simba-Dickie, Fürth; Märklin, Göppingen Merz, Frankfurt am Main Rhön-Klinikum, Bad Neustadt Krombacher Brauerei, Kreuztal Krombacher Brauerei, Kreuztal Duravit, Hornberg; Röchling, Mannheim Georgsmarienhütte, Hamburg Mann + Hummel, Ludwigsburg Münchner Merkur, München EBM-Papst, Mulfingen Spielwaren Pharma, Werbeartikel Krankenhäuser Genussmittel Genussmittel Sanitärkeramik Stahlwerk, Beteiligungen Autofilter- und Ansaugsysteme Medien Ventilatoren 0,55 0,55 0,55 0,55 0,55 0,55 0,50 0,50 0,50 0,50 54 SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Fotos: picture alliance / dpa, picture alliance / ROPI, ullstein bild - Sven Simon, picture alliance / BREUEL-BILD Rang 280: Nikolaus Hipp Führender Babynahrungsmittelhersteller des Landes. Fünf Kinder, 13 Enkel. Beherrscht die väterliche Firma mit seinen Brüdern Paulus und Georg. Rang 280: Gert-Rudolf Flick Muck tritt häufig in Erscheinung, wo er Leuten im Smoking mit Fliege begegnet wie Herrn Hipp. Ist Jurist und Kunstsammler, hauptsächlich aber Erbe. 247 247 247 247 247 247 247 247 247 247 Name Familie Gauselmann Axel und Eric Schweitzer Familie Behr Albert von Thurn und Taxis Günter Thiel Familie Vetter Familie zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg Familie Mühlens Klaus Murmann Familie Dedi Firma Gauselmann, Espelkamp; Hess, Magstadt Alba, Berlin vormals Behr, Stuttgart Thurn und Taxis, Regensburg Rosalia, Calidris, beide Luxemburg Vetter, Ravensburg Sayn-Wittgenstein, Berleburg vormals 4711 (Parfum), Köln vormals Sauer-Danfoss (Hydrauliksys.), Neumünster vormals Quelle (Versandhandel), Fürth Branche Spielautomaten, Zahlungssysteme Entsorgung, Recycling Autoklimaanlagen Grundbesitz, Immobilien Beteiligungen Einmalspritzen, Medizintechnik Immobilien, Grundbesitz Beteiligungen, Immobilien Kapitalanlagen, Beteiligungen Kapitalanlagen Vermögen 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 247 247 247 247 247 247 247 247 247 247 Thomas Bscher Paul-Otto Faßbender Florian Rehm Familie Conrad Familie Gläsel Familie Kober Familie Bartels Robert Tönnies Toni Meggle Familie Hirschvogel vormals Sal. Oppenheim, Köln Arag, Düsseldorf Mast-Jägermeister, Wolfenbüttel Conrad Electronic, Hirschau Weidmüller, Detmold AL-KO Kober, Kötz Bartels, Hamburg; Fraatz, Hamburg Tönnies-Gruppe, Rheda-Wiedenbrück Meggle, Wasserburg Hirschvogel, Denklingen Immobilien, Kapitalanlagen Rechtsschutzversicherung Genussmittel Einzelhandel Automatisierungstechnik Fahrzeug-, Gerätetechnik Immobilien, Hotels Fleischverarb., Schlachtbetriebe Milchverarbeitung, Beteiligungen Autozulieferer 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 247 247 247 247 247 247 247 247 247 280 Familie Werner Michael Bahlsen Erich Wesjohann Familie Januschke Familie Sachs Harald Schuldt Conle-Töchter Familie Hansjakob Müller Familie Morgenstern Familie Schleussner Familie Hipp Bahlsen, Hannover EW, Visbek-Norddöllen Hoffmann, München vormals Fichtel & Sachs, Schweinfurt Norddeutsche Reederei H. Schuldt, Hamburg vormals LTU (Luftfahrt), Düsseldorf Renolit, Worms Morgenstern, Berlin Biotest, Dreieich Hipp, Pfaffenhofen Backwaren Lebensmittel, Geflügel Werkzeughandel Immobilien, Kapitalanlagen Schifffahrt Kapitalanlagen, Beteilig., Immobilien Kunststoff-Folien Immobilien, Kapitalanlagen Pharmazie Nahrungsmittel 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,45 280 280 280 280 280 280 280 280 280 280 Gruner-Erben Familie Christiane Fuchs Familie Hermann-Hinrich Reemtsma Familie Heinrich Risken Kurt Engelhorn Claudia Engelhorn Familie Randlkofer Gert-Rudolf Flick Karl Schlecht Gerhard Richter vormals Gruner + Jahr (Medien), Hamburg Otto-Fuchs-Gruppe, Meinerzhagen vormals Reemtsma (Tabak), Hamburg Heristo, Bad Rothenfelde vormals Boehringer (Pharma), Mannheim vormals Boehringer Mannheim (Pharma), Mannheim Alois Dallmayr, München Flick-Erbe, London vormals Putzmeister, Aichtal Richter, Köln Beteiligungen Metallverarbeitung, Luftfahrt Kapitalanlagen, Wald Nahrungsmittel Kapitalanlagen Kapitalanlagen Kaffee, Lebensmittel, Immobilien Immobilien, Beteiligungen Betonpumpen Kunst 0,45 0,45 0,45 0,45 0,45 0,45 0,45 0,45 0,45 0,45 280 280 280 280 280 280 280 298 298 298 Familie Hoyer Claudia Ebert Familie Adam Familie Heinz Gries Familie Lorenz Bahlsen Roland Berger Familie Murjahn Walter Gunz Peter Schnell Familie Thomas Philippiak Hoyer, Hamburg vormals Wella (Haarpflege), Darmstadt Merz, Frankfurt am Main Griesson de Beukelaer, Polch Lorenz Snack World, Neu-Isenburg Roland Berger, München Caparol, Ober-Ramstadt vormals Media Markt, Düsseldorf Software AG, Darmstadt EBM-Papst, Mulfingen Spedition Beteiligungen Pharma, Werbeartikel Süßwaren Salzgebäck Dienstleistungen Farben Handel Rechnerprogramme Ventilatoren 0,45 0,45 0,45 0,45 0,45 0,45 0,45 0,40 0,40 0,40 SEPTEMBER 2014 55 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Rang 298: Kajo Neukirchen Markierte als sog. „Sanierer“ stets den Harten und Unbeherrschbaren. Nur seine Frau Erika behielt ihn im Griff. Großer Immobilienbesitz im Aus- und Inland. Rang 298: Dieter von Holtzbrinck Einer der wenigen Verleger (r. BW-Chef Winfried Kretschmann), der diesen Namen verdient. Zeit und Handelsblatt-Gruppe stehen ihm zu Gebote. Die Plätze 298 bis 399 298 298 298 298 298 298 298 298 298 298 Name Familie Wöhrl Günther Cramer Familie Düsterberg Familie Wacker Anton Wolfgang von Faber-Castell Familie Bettermann Stefan und Thomas Cremer Familie Eckstein Jana Niederberger Familie Schmitt Firma Wöhrl AG, Nürnberg; LTU, Düsseldorf SMA Solar, Niestetal Apetito, Rheine Wacker Neuson, München Faber-Castell, Stein OBO Bettermann, Menden Cremer, Hamburg Union Tank Eckstein, Kleinostheim Niederberger, Neustadt a.d. Weinstraße Bank Schilling, Hammelburg Branche Textilhandel, Fluglinie Wechselrichter Lebensmittel Baugeräte Schreibgeräte Elektroinstallationssysteme Futtermittel, Getreidehandel Tankkarten Stadtwerbung, Hotels, Weingüter Privatbank Vermögen 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 298 298 298 298 298 298 298 298 298 298 Familie Böllhoff Dieter von Holtzbrinck Familie Meerpohl Familie Pilarsky Familie Wisser Familie Bauer Dieter Fuchs Familie Koch Familie Silvius Dornier Familie Otto Rettenmaier Böllhoff, Bielefeld DvH Medien, Stuttgart Big Dutchman, Calveslage Cronimet, Karlsruhe Wisag-Gruppe, Frankfurt a. M. J. Bauer, Wasserburg Fuchs Gewürze, Dissen Kaefer Isoliertechnik, Bremen vormals Dornier (Luftfahrt), Friedrichshafen Scheuerle, Pfedelbach; Rettenm. & Söhne, Rosenberg Montagesys., Verbindungstechnik Medien Ställe, Fütterungsanlagen Schrottverarbeitung Gebäudemanagement Molkerei Gewürze Isoliertechnik Kapitalanlagen Maschinenbau, Naturfasern 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 298 298 298 298 298 298 298 298 298 298 Familie Krahn Familie Gölkel Hans-Julius und Iver Ahlmann Familie Albert Familie Fritsch-Albert Bernhard Termühlen Frank Gotthardt Leibbrand-Erben Familie Hülsbeck Monika Gräf Otto Krahn Gruppe, Hamburg vormals Blendax (Zahnpflege), Mainz Aco-Gruppe, Büdelsdorf Westfalen, Münster Westfalen, Münster vormals MLP (Finanzdienstleistungen), Wiesloch Compugroup Medical, Koblenz vormals Leibbrand (Einzelhandel), Bad Homburg HuF Hülsbeck & Fürst, Velbert Hülsbeck & Fürst, Velbert Kunststoffveredelung Kapitalanlagen Bauelemente, Entwässerungstechnik Technische Gase, Tankstellen Technische Gase, Tankstellen Beteiligungen, Grundbesitz Rechnerprogramme Kapitalanlagen Autoschließsysteme, Immobilien Autoschließsysteme, Immobilien 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 298 298 298 298 298 298 298 298 298 298 Familie Bach Familie Klaus Grohe Familie Zollner Familie Reimann-Dubbers Familie Gerhard Schick Helmut Röschinger Albert Büll Edwin Kohl Familie Hohorst Familie Hehl Scherdel, Marktredwitz Hansgrohe, Schiltach Zollner Elektronik, Zandt vormals Benckiser (Reinigungsmittel), Mannheim Bechtle, Neckarsulm Argenta, München Büll & Liedtke, Capital Stage, beide Hamburg Kohlpharma, Merzig/Saarland Wago, Minden Arburg, Lossburg Ventilfedern Sanitär Autozulieferer Beteiligungen IT-Dienstleistungen Immobilien Beteiligungen, Immobilien Pharmahandel Elektrotechnik Spritzgießmaschinen 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 298 298 298 298 298 346 346 346 346 346 Falk Strascheg Netzsch-Erben Dolf Stockhausen Kajo Neukirchen Familie Lenz Erich und Martin Dreier Familie von und zu Guttenberg Friedrich Christian Flick Familie Ernsting Jicky Vogel vormals Technologieholding, München Netzsch, Selb Clariant, Muttenz/Schweiz Neukirchen, Frankfurt Züblin, Stuttgart Dreier Immobilien, Dortmund zu Guttenberg, Neubeuern Flick, Gstaad Ernsting’s Family, Coesfeld vormals Robert Vogel, Hamburg; Vogel, Paris Beteiligungen, Kapitalanlagen Maschinen-, Gerätebau Spezialchemie Beteiligungen Beteiligungen Immobilien Grundbesitz, Wald, Kapitalanlagen Kunstsammlung, Kapitalanlagen Textilien Immobilien 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 56 SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Fotos: picture alliance / Eventpress He, picture alliance / dpa Rang 346: Karl Lagerfeld Schönes Foto des Mannes, den sie in Paris „le kayser“ nennen. Er kann fast alles. Hat zuletzt ein Buch gestaltet über das „private life“ seiner Katze Choupette. Rang 346: Thomas H. Eckelmann Zum Besitz der Hamburger Familie gehören Hafenanlagen, Containeranbieter und 75 Prozent des börsennotierten Umschlagbetriebs Eurokai. 346 346 346 346 346 346 346 346 346 346 Name Karl Lagerfeld Familie Festge Familie Peter Eisenmann Familie Dowidat Familie Niewodniczanski Familie Grenzebach Familie Gärtner Familie Fahrenkamp Horst Grosspeter Familie Piepenbrock Firma Lagerfeld, Paris Haver & Boecker, Oelde Eisenmann, Böblingen Gedore, Remscheid Bitburger Brauerei, Bitburg Grenzebach, Hamlar Porta, Porta Westfalica Porta, Porta Westfalica vormals Quarzwerke (Baustoffe), Dülmen Piepenbrock-Service, Berlin Branche Mode, Beteiligungen Drahtweberei, Maschinenbau Anlagenbau Werkzeuge Genussmittel, Kapitalanlagen Maschinenbau, Beteiligungen Möbelhandel Möbelhandel Kapitalanlagen Gebäudereinigung Vermögen 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 346 346 346 346 346 346 346 346 346 346 Familie James Cloppenburg Familie Trost Heinz und Peter Schmitz Bernd Hoffmann Werner Mützel Josef Klüh Familie Läpple Hugo und Heinz Fiege Familie Siegfried Weishaupt Otto Eckart Peek & Cloppenburg Nord, Hamburg Trost AST, Stuttgart Schmitz Cargobull, Horstmar Schmitz Cargobull, Horstmar Weka Mediengruppe, München Klüh, Düsseldorf Läpple, Heilbronn Fiege, Greven Max Weishaupt, Schwendi vormals Pfanni (Lebensmittel), München Textil Autozubehör Anhänger Lkw-Auflieger Medien Gebäudemanagement Werkzeugbau Spedition Heizsysteme, Ölbrenner Immobilien 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 346 346 346 346 346 346 346 346 346 346 Familie Schütz Helmut Rothenberger Familie Viegener Familie Sedlmayr Familie Bartels Werner Sterzenbach Wilfried Förster Familie Karl Ruppert Geschwister Hollmann Familie Bischoff Schütz-Werke, Selters Rothenberger, Kelkheim Viega, Attendorn vormals Spaten-Franziskaner (Bier), München vormals Erasco (Konserven), Lübeck vormals Kiekert (Autozulieferer), Heiligenhaus vormals PDV Unternehmensberatung; C 1 Group. K & L Ruppert, Weilheim vorm. Bauer-Verlag, Hamburg; Hollmann, Hamburg vormals Haindl-Gruppe (Papier), Augsburg Transportmittel, Tanksyst., Verpack. Rohrwerkzeuge, Immobilien Sanitär-, Installation- und Heizungstech. Immobilien, Kapitalanlagen Kapitalanlagen Beteilig., Kapitalanlagen, Immobilien Dienstleistungen Textilhandel Hotels, Immobilien Beteiligungen, Immobilien 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 346 346 346 346 346 346 346 346 346 346 Röchling-Erben Familie zu Fürstenberg Gerd Brachmann Ernst Langner Familie Ehrmann Heinz und Markus Hankammer Marc Fielmann Familie Schwarz Christian Pepper Familie Alfred Keller vormals Röchling (Kunststoffe), Düsseldorf Fürstenberg, Arnsberg vormals Medion, Essen vormals Suba-Center (Einzelhandel), Hamburg Ehrmann, Oberschönegg Brita, Taunusstein Fielmann, Hamburg Rohde & Schwarz, München Pepper, Berlin Siegwerk, Siegburg Kapitalanlagen Immobilien, Beteiligungen Elektronikhandel Immobilien, Beteiligungen Milchprodukte Filter, Immobilien Optiker Funk-, Messtechnik Immobilien, Kapitalanlagen Druckfarben 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 346 346 346 346 346 346 346 346 399 399 Hans Grothe Familie Dagmar Westberg Thomas H. Eckelmann Peter zur Mühlen Familie Frank Axel Schroeder Konstantin Winterstein Familie Vossloh Ernst August von Hannover Familie Neunteufel Grothe, Duisburg vormals Beiersdorf (Kosmetik), Hamburg Eurokai, Hamburg Zur Mühlen, Böklund Roto Frank, Leinfelden-Echterdingen Münchmeyer Petersen Capital, Hamburg Clariant, Muttenz/Schweiz Vossloh, Werdohl August, Hannover Wacker Neuson, München Bau, Immobilien Kapitalanlagen Containerterminal Fleisch-, Wurstwaren Türen, Beschläge, Fenster Finanzdienstleistungen Spezialchemie Verkehrstechnik Grundbesitz, Immobilien Baugeräte 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,30 0,30 SEPTEMBER 2014 57 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Rang 399: Wendelin Wiedeking Der frühere Porsche-Chef (hier mit Gattin Ruth) hat seine Millionengehälter stets gut angelegt: Pizzerien, Agenturen, Schuhmode, Internetfirmen usw. Rang 399: Innegrit Volkhardt Mit ihrer Schwester Michaela teilt sich die Betriebswirtin u.a. den Besitz des Bayerischen Hofes in München und der Tenne in Kitzbühel. Die Plätze 399 bis 500 399 399 399 399 399 399 399 399 399 399 Name Willi Betz Jens Coppenrath Familie Kreke Familie Zentis Familie Graf von Hardenberg Siegfried Kaske Familie Lange Familie Wolf Udo Hardieck Familie Martin Firma Betz, Reutlingen Coppenrath & Wiese, Osnabrück; Diethelm, Seattle Douglas, Hagen Zentis, Aachen Hardenberg-Wilthen, Nörten-Hardenberg Hamm-Reno-Gruppe, Osnabrück Hansa Brunnen, Rellingen; Jungheinrich, Hamburg Jungheinrich, Hamburg Gerry Weber, Halle/Westfalen Möbel-Martin, Saarbrücken; Globus, St. Wendel Branche Spedition Backwaren, Immobilien Einzelhandel Nahrungsmittel Genussmittel Schuhhandel Getränke, Flurförderzeuge, Immob. Flurförderzeuge Textilien Einzelhandel Vermögen 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 399 399 399 399 399 399 399 399 399 399 Hans Dieter und Wolfgang Beck Familie van Dedem Familie Richard Weber Michael Huber Susan Buschke David Folkerts-Landau Monika Gomolla Wendelin Wiedeking Familie Schuler-Voith Familie Friedrich-Wilhelm Werner C. H. Beck Verlag, München Union Tank Eckstein, Kleinostheim Karlsberg Brauerei, Homburg Artaris, Düsseldorf Mast-Jägermeister, Wolfenbüttel Deutsche Bank, Frankfurt Maritim, Bad Salzuflen Wiedeking, Stuttgart vormals Schuler (Maschinenbau), Göppingen Bijou Brigitte, Hamburg Buchfachverlag Tankkarten Genussmittel Beteiligungen Spirituosen Beteiligungen, Kapitalanlagen Hotels, Immobilien Beteiligungen, Kapitalanlagen Kapitalanlagen, Beteiligungen Modeschmuck 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 399 399 399 399 399 399 399 399 399 399 Familie Holland Innegrit und Michaela Volkhardt Familie Gemmer Familie Castell-Rüdenhausen Familie Castell-Castell Frank und Ulrich Stiebel Eckhard Pfeiffer Familie Lindner Familie Hymer Walther Seinsch Augsburger Allgemeine; Main-Post, Würzburg Bayerischer Hof, Mün.; Hotel zur Tenne, Kitzbühel Döhler, Darmstadt Fürstlich Castell’sche Bank, Castell Fürstlich Castell’sche Bank, Castell Stiebel Eltron, Holzminden vormals Compaq (Computer), Houston/Texas Lindner, Arnstorf Erwin Hymer, Bad Waldsee vormals Takko, Kik, Telgte und Bönen Medien Hotels Lebensmittelzusatzstoffe Bank; Immobilien; Grundbesitz Bank; Immobilien; Grundbesitz Elektrogeräte, Wärmepumpen Kapitalanlagen Bodensyst., Laden-, Fassadenbau Freizeitfahrzeuge, Wohnwagen Beteiligungen, Kapitalanlagen 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 399 399 399 399 399 399 399 399 399 399 Familie Moll Helmut Nanz Familie Segmüller Familie Imhoff Familie Schöller Hubert Schrödinger Familie Hettich Hans R. Beierlein Reinhard Schneider Familie Stute Moll, Keimfarben, beide München vormals Nanz (Einzelhandel), Stuttgart Hans Segmüller Polstermöbelfabrik, Friedberg vormals Stollwerck (Süßwaren), Köln vormals Schöller (Eis), Nürnberg Leipa, Schwedt Hettich, Kirchlengern Beierlein, München Werner & Mertz, Mainz Stute-Werke, Paderborn Betonwerke, Farben, Immoblien Kapitalanlagen, Beteiligungen Möbel Kapitalanlagen Kapitalanlagen Papier Möbelbeschläge Musikproduktion Putzmittel Nahrungsmittel 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 399 399 399 399 399 399 399 399 399 399 Familie Bremicker Gebrüder Pieroth Familie zu Waldburg-Wolfegg und Waldsee Familie Hans-Jochen Steim Familie Gartner Familie Franz X. Meiller Dagmar Ottmann Dietmar und Margrit Harting Martin Putsch Familie Eklöh Abus August Bremicker Söhne, Wetter Wein International, Burg Layen Waldburg-Wolfegg, Wolfegg Kern-Liebers, Junghans, beide Schramberg vormals Gartner (Hochhausfassaden), Gundelfingen Meiller, München Flick-Erbe, München Harting, Espelkamp Recaro, Stuttgart Douglas, Hagen Sicherheitssysteme Weingüter, Kellereien, Direktvertr. Grundbesitz, Immobilien Industriefedern, Uhren Kapitalanlagen, Beteiligungen Nutz- und Baufahrzeuge Kapitalanlagen, Beteiligungen Verbindungstechnik Flugzeug-, Autositze, Beteiligungen Einzelhandel 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 58 SEPTEMBER 2014 DIE 500 REICHSTEN Fotos: Rumpf, Stephan/SZ Photo, picture alliance / Eventpress Ad, picture alliance / AP Photo, Michael Timm/face to face Rang 468: Sebastian Vettel Der 27-jährige Vierfachweltmeister fährt in jüngster Zeit den anderen meist hinterher. Sein Motor (Renault) taugt nichts. Er sei eine „Gurke“, sagt er. Rang 468: Eugen Block Der Besitzer des Hamburger Fünf-Sterne-Hotels Grand Elysée und der Restaurant-Kette Block House zeigt sich hier mit Iris Berben in unberechenbarer Stimmung. 399 399 399 399 399 399 399 399 399 399 Name Familie Döring Familie Udo Wirthwein Familie von Resch Herbert Mederer Hermann Friedrich Bruhn Familie Ruckdeschel Heiko Hubertz Claas Daun Familie Kannegiesser Familie Bauer Firma Zentis, Aachen Wirthwein, Creglingen Gretsch Unitas, Ditzingen Mederer, Fürth Bruhn, Hamburg Ireks, Kulmbacher Brauerei; beide Kulmbach Digital Pioneers, Bigpoint, Whow Games, Hamburg Daun, Rastede; KAP, Frankfurt Herbert Kannegiesser, Vlotho Bauer, Schrobenhausen Branche Süßwaren Kunststofftechnik Fenster-, Türtechnik, Baubeschläge Süßwaren, Fruchtgummi Immobilien Backmittel, Malzhandel, Genussmittel Online-Spiele Industrietextilien, Beteiligungen Wäschereitechnik Spezialtiefbau, Maschinenbau Vermögen 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 399 399 399 399 399 399 399 468 468 468 Daniel Hopp Oliver Hopp Familie Hans Inselkammer Familie Schmitz-Morkramer Peter Löw Ignaz Walter Familie Jörg Sennheiser Sebastian Vettel Familie Geers Eugen Block Actris, Mannheim Hopp, Mannheim Inka, München Quantum, Hamburg vormals Arques, Starnberg; Livia, München Walter, Augsburg Sennheiser, Wedemark Vettel, Heppenheim Geers, Dortmund Block House, Grand Elysée, beide Hamburg Immobilien, Beteiligungen Beteiligungen Immobilien, Beteiligungen Immobilien, Beteiligungen Beteiligungen Bau Kopfhörer, Mikrofone Motorsport Hörgeräte Hotel, Gastronomie, Immobilien 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,30 0,25 0,25 0,25 468 468 468 468 468 468 468 468 468 468 Alexander Margaritoff Familie Burkart Familie Kühne Joachim Schoss Familie Vöster-Alber Familie Alfred Neven DuMont Familie Christian Schütte Dietmar Gunz Victor und Nicola Lemken Bernhard Wendeln Hawesko, Tornesch vorm. Zehnacker (Gebäudemanagement), Singen Carl Kühne, Hamburg vormals Scout 24 (Online-Marktplätze), München Geze, Leonberg M. DuMont Schauberg, Köln M. DuMont Schauberg, Köln FTI, München Lemken, Alpen vormals Wendeln (Backwaren), Garrel Weinhandel Beteiligungen, Kliniken, Altenpflege Konserven Kapitalanlagen Tür-, Fenster-, Sicherheitstechnik Medien Medien Tourismus Pflugmaschinen Beteiligungen, Immobilien 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 468 468 468 468 468 468 468 468 468 468 Paul Wendeln Karlheinz Kögel Familie Renkhoff-Mücke Thomas Ganske Eberhard Ebner Familie Wolfgang Schuppli Renate Schubries Stephan Holthoff-Pförtner Familie Schrödinger-Huesmann Familie Berenberg vormals Wendeln (Backwaren), Garrel Ltur, Media Control, beide Baden-Baden Warema, Marktheidenfeld Jahreszeiten-Verlag, Hoffmann & Campe, Hamburg Südwest Presse, Ulm vormals Hypothekenbank, Düsseldorf Funke Mediengruppe, Essen Funke Mediengruppe, Essen Leipa, Schwedt Joh. Berenberg Gossler, Hamburg Beteiligungen, Immobilien Tourismus, Marktforschung Markisen, Jalousien, Sonnenschutztech. Medien Medien Beteiligungen, Kapitalanlagen Medien Medien, Immobilien Papierfabrik Privatbank 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 468 468 468 468 468 468 468 468 468 500 Jan Bernhard Rothfos Familie Wöhlke Heino Wührmann Familie Pilz Werner Gegenbauer Familie Conrado Dornier Anne-Marie Steigenberger Holger Strait Familie Kraut Maria-Alexandra Grundig Kord, Hamburg; Arko, Hamburg Budnikowsky, Hamburg Vitakraft, Bremen Pilz, Ostfildern Gegenbauer, Berlin vormals Dornier (Luftfahrt), Friedrichshafen vormals Steigenberger Hotels, Frankfurt Niederegger, Lübeck Bizerba, Balingen Elektro-Erbin Kaffeehandel, Einzelhandel Drogerien Tiernahrung Steuerungstechnik Gebäudemanagement Kapitalanlagen Immobilien, Kapitalanlagen Süßwaren Wäge-, Schneidetechnik Beteiligungen 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,20 SEPTEMBER 2014 59 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE 60 SEPTEMBER 2014 HALL OF SHAME Ehre, wem Ehre gebührt Orden und Ehrungen für erfolgreiche Manager gibt es zuhauf. Doch was ist mit den großen Arbeitsplatz- und Wertevernichtern, die hartnäckig an ihren Ämtern haften? Ihnen widmet BILANZ die Hall of Shame, das Gegenteil einer Ruhmeshalle, einen Ort der Scham und, vielleicht, auch der Reue. Die ersten Laureaten haben sich Beachtliches geleistet. Foto: Getty Images K Kein Mensch ist unfehlbar – auch Managern misslingt bisweilen etwas. Die guten lernen daraus und versuchen, ihren Fehler nach Möglichkeit nicht zu wiederholen. Die schlechten aber ducken sich, weisen mit dem Finger auf die anderen und meistern die Krise, indem sie sie aussitzen. Die guten bauen sich ihr Denkmal selbst: ihr blühendes Unternehmen. Für die schlechten gründet BILANZ die „Hall of Shame“, um ihre Taten und Streiche vor dem Vergessenwerden zu bewahren. Die Auswahl fiel der BILANZ-Redaktion nicht leicht, denn Missmanager gibt es zuhauf. Unter den Kandidaten war auch Josef Ackermann (66). Sechs Jahre lang war er Chef der Deutschen Bank. Seinen Nachfolgern hinterließ er 2013 ein Desaster. Das einst so angesehene Geldhaus ist heute in 118 Verfahren mit Aufsichtsbehörden verwickelt, mehr als tausend Rechtshändel sind anhängig, jeder mit einem Streitwert von mehr als 100.000 Euro. Oder die Manager, die Deutschlands größten Warenhauskonzern Karstadt gegen die Wand gefahren haben? Leute wie Walter Deuss oder Wolfgang Urban oder später Karl-Gerhard Eick, der sich 2009 für seine sechsmonatige Amtszeit als Arcandor-Chef eine Abfindung über 15 Millionen Euro garantieren ließ? Doch die Redaktion fand würdigere Kandidaten. Klaus-Peter Müller: Als Vorstandschef ruinierte er Deutschlands zweitgrößte Privatbank, die vor seinem Amtsantritt ein gesundes Unternehmen war. Nach SEPTEMBER 2014 einer geradezu in völliger Besinnungslosigkeit geführten Akquisetour konnte das Institut nur vom Steuerzahler vor dem Tode errettet werden. Die Aktionäre mussten seit der Machtübernahme des Managers im Jahre 2001 sage und seufze 97 Prozent Wertverlust verkraften. Doch heute führt der Mann ungerührt und selbstgewiss als Aufsichtsratsvorsitzender weiter Regie. Gerhard Cromme: Er hat als Chefaufseher den Traditionskonzern Thyssen-Krupp an den Rand des Abgrunds manövriert. Er genehmigte gleich zwei Stahlwerksneubauten in einem entfernten Kontinent, kalkuliert in Zeiten der Hochkonjunktur, schlampig geplant, ohne Rücksicht auf Verluste. Risikomanagement? Fehlanzeige. Gesunder Menschenverstand? Hier doch nicht. Nach Gesamtkosten von über 13 Milliarden Euro versuchte das waidwunde Unternehmen, die Milliardengräber an Konkurrenten billig abzustoßen. Diesen Aufsichtsratsvorsitz ist Cromme zwar los, er klammert sich aber trotz ähnlich bescheidener Leistung weiterhin an den Posten des Chefaufsehers von Siemens und hat durch seine Nähe zu unappetitlichen Affären – von Luxusreisen auf Firmenkosten bis zu Bestechungsprozessen – ganz nebenbei noch die Reputation der Regierungskommission für gute Unternehmensführung beschädigt, der er bis 2008 vorsaß. Sein Nachfolger als Chef dieses Gremiums, das über ethische Unternehmensführung nachsinnt, wurde – kein Witz – Klaus-Peter Müller. Kein Wunder, dass angesichts solcher Leistungen die Skepsis in der Bevölkerung gegen die Wirtschaftseliten wächst. Verantwortung heißt nicht, achselzuckend zuzugeben, dass etwas nicht geklappt hat und dann flugs einen Sündenbock zu suchen. Verantwortung heißt, nach fortgesetztem Desaster die Konsequenz zu ziehen. In diesem Sinne, liebe Laureaten der „Hall of Shame“: Treten Sie zurück! 1 61 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Ein Bild von einem Manager. Gerhard Cromme, wie er sich selbst sieht: ein Herrschertyp. Aktionäre und Kollegen nehmen ihn freilich ganz anders wahr. 62 SEPTEMBER 2014 HALL OF SHAME Gerhard Cromme Foto: picture alliance / dpa Schuld sind immer die anderen: Unter Gerhard Crommes Aufsicht stürzte Thyssen-Krupp in eine Existenzkrise und taumelt Siemens von Skandal zu Skandal. Es ist Zeit für die Rente. Vor vielen Jahren hat Gerhard Cromme einmal gesagt: „Es kommt selten so gut wie erhofft, aber auch selten so schlimm wie befürchtet.“ Ein Irrtum. Tiefer als Cromme kann man in der Welt der Wirtschaftsführer kaum fallen: Er hat den Boden erreicht. Eben noch war er Multiaufsichtsrat, Chef der sogenannten Deutschland AG, Ruhrbaron. Jetzt hat er nur noch ein Amt als Oberaufseher bei Siemens, an das er sich verzweifelt klammert. Wie konnte es so weit kommen? Der 71-Jährige kannte lange Zeit nur einen Weg: den nach oben. Er stammt aus Vechta im Oldenburger Münsterland, sein Vater war Latein- und Griechischlehrer. Cromme studierte Jura und VWL, dann besuchte er die Harvard Business School. 1971 stieg er beim französischen Glashersteller Saint-Gobain ein und machte rasch Karriere. 1986 übernahm er die Leitung der Krupp Stahl AG in Bochum, ein Jahr später entschied er, das Stahlwerk Duisburg-Rheinhausen zu schließen. Monatelang wurde gestreikt. Wenn Cromme öffentlich auftrat, flogen Eier. Vor seinem Wohnhaus standen Demonstranten. Er blieb stur. Dem Krupp-Herrscher Berthold Beitz (1913–2013) gefiel diese Haltung. Er veredelte Cromme zu seinem Kronprinzen. Und der enttäuschte ihn nicht: 1991 eroberte er die Hoesch AG in einer feindlichen Übernahme, später ergriff er die Macht bei Thyssen. 2001 übernahm er den Aufsichtsratsvorsitz. So weit, so gut. In der Politik kam der einen Meter 94 lange Manager mit den vorbildlichen Manieren gut an. Die Bundesregierung bestellte ihn deshalb gleich zum Chef der Kommission für vorbildliche Unternehmensführung. Aber dieses Amt lastete ihn nicht aus: Er war Kontrolleur bei der Allianz, Lufthansa, Eon, Hochtief und Volkswagen. Kein Manager in der deutschen Wirtschaft war mächtiger als er: Cromme. Es fehlte nur noch ein Karriereschritt: die Ernennung zum Chef der Krupp-Stiftung durch Beitz. Jahrzehntelang hatte Cromme auf diesen Prestigeposten hingearbeitet, doch Beitz zögerte. Ahnte er, dass ihn sein Kronprinz doch noch enttäuschen würde? Tatsächlich ging es mit Thyssen-Krupp bergab. Cromme genehmigte den Bau eines Stahlwerks in Brasilien und eines weiteren Werks in den USA. Beide Projekte endeten in einem Debakel – sagenhafte 13 Milliarden Euro wurden vernichtet. Dann verurteilte das Kartellamt den Konzern wegen illegaler PreisabSEPTEMBER 2014 Milliarden– grube: Das fehlgeplante Thyssen-KruppStahlwerk in Brasilien. sprachen zu einer Strafe von mehr als 100 Millionen Euro; zudem wurden Lustreisen von Vorständen und Aufsichtsräten öffentlich. Cromme sprach von unglücklichen Umständen. Er selbst gönnte sich eine Luxusreise nach Südamerika – auf Firmenkosten, versteht sich. Peinlich für den Leiter der Regierungskommission für gute Unternehmensführung. Kurz vor seinem Tod setzte Beitz seinen Zögling Cromme bei Thyssen-Krupp vor die Tür. Spätestens damit hatte Cromme in der Wirtschaftselite den letzten Kredit verspielt. Es war überdies auffällig, dass er sich keineswegs immer an den von ihm selbst verabschiedeten Kodex hielt: Bei Thyssen-Krupp setzte er sich über die Regeln der Aktionärsdemokratie hinweg, und bei Siemens wurde für ihn gleich die bestehende Altersregelung außer Kraft gesetzt. Cromme habe, so lautet das Urteil in der hiesigen Unternehmer- und Managerszene, das Image der Wirtschaft in der Öffentlichkeit beschädigt, weil er das Urbild des Teflon-Managers verkörpere: Schuld tragen immer die anderen. Auch bei Siemens machte Cromme zuletzt eine unglückliche Figur. Fast im Alleingang hatte er 2007 den nahezu unbekannten Österreicher Peter Löscher zum Konzernchef befördert. Der sollte die Korruptionsaffäre beenden, was ihm auch halbwegs gelang (wenn auch zu Lasten der Firmenkasse). Was ihm nicht glückte: Siemens wieder fit zu machen. Löscher musste seine Umsatz- und Gewinnziele mehrmals nach unten korrigieren. Der Bahn versprach er die Auslieferung von ICE-Zügen – doch die haben Verspätung, welch Ironie. Auch bei den Windparks in der Nordsee blamierte sich Siemens. Und über allem schwebte Chefkontrolleur Gerhard Cromme. Er hielt zunächst zu Löscher, verlängerte dessen Vertrag bis 2017. Um ihn dann fallen zu lassen. Jetzt hat Josef Käser aka Joe Kaeser das Sagen in München: Der macht zwar alles anders als sein Vorgänger – aber Cromme findet das wieder mal ziemlich gut. Wirksame Kontrolle? Fehlanzeige. Die Zeit des Abschieds ist da. Doch Cromme will nicht gehen. Er versprach den Aktionären: Wenn sie ihn auf der Hauptversammlung 2013 wiederwählten, wolle er nach der Hälfte der fünfjährigen Amtsperiode gehen. Doch heute will Cromme von seinem Verspre1 chen nichts mehr wissen und bleiben. 63 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Keine Kunst. Entscheidungsfreudig und risikobereit – so sieht sich Klaus-Peter Müller. Die Rechnung für seine Fehler begleicht ja der Steuerzahler. 64 SEPTEMBER 2014 HALL OF SHAME Klaus-Peter Müller Foto: Werner Schuering / imagetrust, picture-alliance/ dpa Mit zwei ruinösen Fehlentscheidungen massakrierte er die Commerzbank – und darf zum Dank ihr Aufsichtsratsvorsitzender bleiben. Dieser Klaus-Peter Müller ist ein echter Pfundskerl. Beim Karneval in Düsseldorf fährt der kleingewachsene, immer gemütlich wirkende Mann auf dem Wagen der Prinzengarde mit – im rot-weißen Kostüm. Er liebt Fußball, ist Mitglied bei gleich drei Vereinen: Fortuna Düsseldorf, Eintracht Frankfurt und dem 1. FFC Frankfurt. Sein Lieblingsautor: Karl May. Sehr bodenständig: Ein Spitzenmanager, der Winnetou und Old Shatterhand mag. Er kann mit jedem, auch mit der Kanzlerin; Müller ist CDU-Mitglied, in Berlin bestens vernetzt und verdichtet. Ein Mann, dem Politiker vertrauen. Eine Frage indes muss erlaubt sein: Ist Klaus-Peter Müller auch ein guter Unternehmer? „KPM“, wie er genannt wird, ist dafür verantwortlich, dass die Commerzbank eine Staatsbank geworden ist. Er trieb die einst so stabile Bank zu zwei Horrorübernahmen: Erst kaufte er ein Institut, dessen Geschäft er ganz offensichtlich nicht verstanden hatte. Dann akquirierte er einen Konkurrenten, der für die Commerzbank eine Nummer zu groß war. Als dann die Finanzkrise hereinbrach, war die Bank am Ende. Doch trotzdem thront der nette Herr Müller weiter auf seinem Aufsichtsrats-Chefsessel. Der Reihe nach: Der 69-Jährige stammt aus Duppach in der Eifel und wuchs in Düsseldorf auf. Sein Vater Peter Müller war dort Oberbürgermeister. Den Filius zog es nicht in die Politik: Er lernte Bankkaufmann und ging danach zwei Jahre zur Bundeswehr, wo er später zum Oberleutnant befördert wurde. 1966 fing er bei der Commerzbank in der Düsseldorfer Filiale an und machte schnell Karriere, arbeitete in New York, war Chef der Zentralabteilung für Firmenkunden in Frankfurt, baute nach der Wiedervereinigung das Filialnetz in Ostdeutschland auf. Alles ohne Studium. 1992 zog er in den Vorstand ein, von 2001 bis 2008 war er Vorstandssprecher. Sein Credo: Wachstum, Wachstum, Wachstum. Der Kauf des Baufinanzierers Eurohypo im Jahr 2006 machte die Commerzbank zur Nummer zwei der Republik. Die Politiker feierten ihn, weil er der übermächtigen Deutschen Bank Paroli bot. Obendrein beerbte Müller auch noch Gerhard Cromme als Leiter der Regierungskommission für gute Unternehmensführung. Und die Banker kürten ihn zum Präsidenten des Bundesverbands deutscher Banken. Aber Müllers Coup entpuppte sich als Desaster: Was SEPTEMBER 2014 Müllers zweiter Katastrophenfehler: Die Übernahme der Dresdner Bank gab der Commerzbank den Rest. er im Portfolio der Eurohypo ticken hörte, waren keine Tanzorchester, sondern Zeitbomben. Und die gingen gleich zu Beginn der Immobilienkrise hoch. Danach übernahm die Commerzbank 2008 auch noch die Dresdner Bank, obwohl ihr dafür eigentlich die Mittel fehlten und die Statur. Zwei Wochen nach Bekanntgabe der Übernahme stürzte die US-Investmentbank Lehman Brothers in sich zusammen. Die Finanzkrise trieb die Commerzbank in den Ruin. Schlechtes Timing, Herr Müller. Die Commerzbank gibt es heute nur noch, weil der Steuerzahler mit 18,2 Milliarden Euro einstand. Ein guter Teil des Unternehmens gehört noch heute dem Staat. Die Commerzbank ist zur Staatsbank verkommen. Überall reden die Berliner mit, wie die Bank ihre Geschäfte zu machen hat. Für die Aktionäre ist die Commerzbank ein Mahnmal für Wertvernichtung und Missmanagement. Und am schlimmsten: Der Verantwortliche dafür wird auch noch belohnt und nicht gefeuert. Die Aktie hat seit 2001, als Müller Vorstandschef wurde, sage und schreibe 97 Prozent an Wert verloren. Und Müller? Residiert immer noch als Aufsichtsratschef. Er steht einem Neustart im Weg, weil ihm die Unabhängigkeit fehlt und offenbar auch die Kompetenz. Selbst beim Strippenziehen mit der Politik agierte er zuletzt ohne Fortune. Er war ein Fürsprecher von Roland Koch, als dieser nach seinem Ausstieg aus der Politik Chef des Bauriesen Bilfinger wurde. Koch scheiterte – Müller steht blamiert da. Nur an der Frankfurt School of Finance & Management sieht man ihn noch gern. Nach einer Spende verlieh man ihm einen Professorentitel, seitdem schaut Müller immer mal wieder vorbei und spricht zu den Studenten, über Banking in unseren Zeiten, über Pflicht und Verantwortung. Sein Büro im 48. Stock des Commerzbank-Turms in Frankfurt ziert ein Zitat von Friedrich dem Großen. Ganz preußisch hat der einst gefordert: Der Mensch soll sein Leben in den Dienst der Gemeinschaft stellen. Der Oberleutnant der Reserve Müller könnte daraus folgenden Befehl schließen: abtreten! Dann hätte er auch mehr Zeit für Winnetou und Old Shat1 terhand. 65 UNTERNEHMEN UND MÄRKTE Von Lüdinghausen in die Welt Im Frühling übernahm die Finanzgruppe RHJI die BHF-Bank. Dass der Coup gelang, ist nicht zuletzt Martha Böckenfeld zu verdanken, einer Managerin mit Grips und Mumm. Porträt einer großen Unbekannten. M Martha Böckenfeld (49) hat in einer Stunde eine Telefonkonferenz. Und da sie von sich wie von anderen Disziplin und Konzentration erwartet (Daherschwafler also nur schwer erträgt), fangen wir ohne Umschweife an: im Hauptsitz der Bank Kleinwort Benson im Londoner Stadtteil Mayfair, der in der britischen Variante des Brettspiels „Monopoly“ dem teuersten Grundstück den Namen gibt. Böckenfeld ist die Chefin des traditionsreichen Geldhauses. In der Finanzindustrie gibt es weltweit vielleicht ein Dutzend Frauen in einer vergleichbar exponierten Position. Ihr Schreibtisch hebt sich zwischen den anderen mit ihren Samsung-Doppelbildschirmen durch die Porzellantasse mit dem zarten Abdruck ihres Lippenstifts ab, der rot ist wie die Feuerwehr. Daneben: eine schwarze Ledermappe, vier Stöße Papier in Klarsichthüllen, ein Formular, ein angespitzter Bleistift. Ihre Mobiltelefone, zwei Blackberry (Arbeit) und ein Iphone (Familie), nimmt sie mit in den Besprechungsraum. Auf die Terrasse mit Blick auf die Kirche St. George’s von 1724 wagen wir uns nicht: Auf dem Dach brütet ein Habicht, er soll schon Sturzflüge auf Leute unternommen haben. Draußen glüht London in der Sonne, drinnen bekommt Böckenfeld Gänsehaut. Die Briten lieben ihre Klimaanlagenluft 18 Grad kalt, und die deutsche Chefin macht das mit. Böckenfeld ist Vorstandsvorsitzende von Kleinwort Benson und Finanzchefin der börsennotierten Finanzholding RHJI. Nach Meinung von Fachleuten kann „Money-Martha“, wie man sie respektvoll nennt, ganz besonders gut mit Zahlen und mit Geld 66 Sie ist Tag und Nacht im Einsatz. Ich kenne wenige, die so belastbar sind wie sie.“ Urs Rohner, Chef der Schweizer Bank Credit Suisse umgehen. Sie beherrscht also genau das, was die jüngste Neuerwerbung von RHJI jetzt braucht. Im März hatte RHJI die Frankfurter BHF-Bank übernommen, nach zweieinhalbjährigem zähen Ringen mit der Finanzaufsicht Bafin. „Als einige Aktionäre schon forderten, den Plan aufzugeben, habe ich die Strategie auch nochmals für mich hinterfragt“, sagt Böckenfeld. Dass es klappte, ist auch ihrer Beharrlichkeit zu verdanken. Credit-Suisse-Primus Urs Rohner (54), ein Mann, der nicht zu Gefühlsausbrüchen neigt, sagt, Martha Böckenfeld sei „Tag und Nacht im Einsatz, ich kenne wenige, die so belastbar sind wie sie“. Gerd Häusler (63), ehemaliger Leiter und bald Aufsichtsratschef der Bayern LB, wünschte sich, dass Frauen wie sie „in der deutschen Unternehmenslandschaft eine größere Rolle spielen“. Und RHJI-Chef Leonhard „Leny“ Fischer (51) lobt: „Martha ist enorm diszipliniert, und diese Disziplin erwartet sie auch von anderen.“ Wer ist diese Frau, die, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, zu einer Spitzenkraft im europäischen Finanzgewerbe aufgestiegen ist? Wie gelang es ihr, sich in dieser von Männern und Machos geprägten Branche durchzusetzen? Martha Böckenfeld ist eine elegante Frau. An diesem Tag trägt sie ein schwarzes Seidenkleid mit weißen Seidenblumen. Die Haare hat sie zum Pferdeschwanz gebunden, die Nägel kurz geschnitten, in einem Pastellrosa lackiert. Feminin sieht ihr Auftritt aus – und doch zweckmäßig. Sie trinkt „Rose Lemonade“: Brause mit Rosenextrakt. Ein ausgeprägter Geschäftssinn treibt sie an: Sie sagt, dass die Arbeit sie wach halte. Und sie arbeitet viel. Um müde zu werden, macht sie Yoga. Ihr Deutsch ist durchzogen von den Anglizismen der „international financial community“. Böckenfeld ist Westfälin, und den Menschen dort sagt man nach, ehrlich und bodenständig zu sein, strebsam und stur und diskret bis zur Schweigsamkeit. SEPTEMBER 2014 Foto: Guy Corbishley Kaum ein Wort verliert sie über ihr Privatleben. Ihre Kindheit verbrachte sie in Lüdinghausen, einer 24.000-Einwohner-Stadt in der Nähe von Münster: ein Maggi-Werk, katholische Pfarrkirche, die Wasserburg. Aufgewachsen ist sie in einem mittelständischen Bürgerhaus, ihre Mutter und ihr Vater legten Wert auf Bildung und darauf, dass ihre drei Kinder (eine jüngere Schwester, ein älterer Bruder) zu selbstständigen, selbstbewussten Menschen heranwachsen. Nach der Schule schrieb sich Martha Böckenfeld in Münster für das Studium der Rechtswissenschaften ein. Sie promovierte beim Staatsrechtler Bodo Pieroth (69). Ihre Doktorarbeit schrieb sie über ein Bundesgesetz und wie man es auf Landesebene übertragen könnte. „Mir gefiel, als erste analytisch an etwas heranzugehen, zu dem es noch keine Literatur gab.“ Bei der Suche nach dem ersten Job wurde es ihr in Deutschland dann aber doch bald zu eng. Doktor Martha Böckenfeld eröffneten sich zwar viele Gelegenheiten. Doch die Arbeit in einer Anwaltskanzlei oder Rechtsabteilung erschien ihr zu fad. 1997 beschloss sie, nach Hongkong zu gehen. Großbritannien hatte die Stadt gerade an China zurückgegeben. Von Abenteuerlust gepackt und Wagemut flog die 32-Jährige mit dem Mann, der später ihr Ehemann werden sollte, in die Metropole: Sie probten im Hotelzimmer Bewerbungsgespräche. Er – Jurist, Finanzberater und Westfale wie sie – stellte freche Fragen SEPTEMBER 2014 Eine Westfälin in London Hier steht die Chefin ganz für sich allein. Im Hauptsitz der Privatbank Kleinwort Benson hat Martha Böckenfeld einen Schreibtisch neben vielen. Wer ihn finden will, muss die Porzellantasse mit Lippenstiftabdruck suchen. und spielte den strengen Interviewer. Zwei Wochen später hatte sie ihren ersten Vertrag als Rechtsberaterin für die Region Asien-Pazifik bei der Schweizer Versicherungsgesellschaft Winterthur. Das Erlernen von Chinesisch ersparte sie sich: Die Hongkonger sprechen Kantonesisch, nicht Hochchinesisch, Mandarin. Die Aufgeregtheit, die Hektik, das Tempo und die Größe Hongkongs gefielen ihr: „Ich mag die Energie dort. Die Menschen sind sehr businessorientiert, arbeiten schnell, direkt.“ Als die Chefs des Versicherers in der Schweiz beschlossen, das Geschäft in Südostasien (mit Ausnahme der Lebensversicherungen) zu verkaufen, bekam Böckenfeld eine neue Order, nämlich all das aufzulösen, was sie zuvor mit aufgebaut hatte. Sie tat dies so gewissenhaft und zupackend, dass der damalige Finanzchef John R. Dacey (53) sie 2002 in die Firmenzentrale in Winterthur bei Zürich holte: Dort sollte sie die Problemfälle übernehmen: die sogenannte „Bad Bank“ der Assekuranz. Man vertraute ihr sogar den Rechtsstreit mit der Versicherungsgesellschaft XL Capital auf den Bermudas an. Die damalige Winterthur-Muttergesellschaft Credit Suisse hatte einen Teil des internationalen Winterthur-Geschäfts an jene XL Capital verkauft. Der Fall sollte zu Böckenfelds kniffligstem werden. Er lässt sich in vier Sätzen zusammenfassen: Beim Verkauf 2001 hatten die Parteien festgelegt, dass die 67 Höhe der Rückstellungen für mögliche Schadenersatzforderungen nach drei Jahren noch einmal bestimmt werden sollte. Im Falle, dass man sich nicht einigen könnte, sollte ein Sachverständiger den Betrag festlegen. Jene Partei würde gewinnen, deren Schätzung näher an der des Sachverständigen läge. Es ging um 1,2 Milliarden Franken. F Für Böckenfeld bedeutete der Auftrag: 18 Monate lang Zahlen zusammentragen, 28 Ordner füllen, nächtliche Telefonkonferenzen mit den Amerikanern führen, morgens um fünf Uhr Anrufe aufgeregter Mitarbeiter entgegennehmen. „Diesen inneren Druck, den wir uns selbst gegeben haben, erfolgreich sein zu wollen, den werde ich nie vergessen“, sagt sie. Böckenfeld spricht von „wir“ statt von sich selbst: „Alle haben sich so in dem Fall engagiert. Ich hatte Angst, was den Einzelnen im Team passieren würde, wenn wir nicht gewinnen.“ Aber sie haben gewonnen. Noch heute beglückwünschen sie sich selbst am Jahrestag der Entscheidung. „Sie hat einen phänomenal guten Job gemacht“, sagt Leonhard Fischer. Martha Böckenfeld weiß, dass ihre Ansprüche andere „recht stark fordern können“. Die Meinungen, „ob sie zu hart sei, gehen auseinander – wie bei jedem Das Triumvirat schreitet Gemeinsam mit Gerd Häusler (rechts) und Leonhard Fischer wollte Martha Böckenfeld 2009 die Bundesregierung überzeugen, dass RHJI der ideale Käufer für Opel wäre. Nachdem Fischer das Foto gesehen hatte, zog er den Trolley häufiger auch einmal selbst. Wer ist RHJI? RHJ International (RHJI) mit Sitz in Brüssel begann mit Beteiligungen an japanischen Automobilzulieferern. 2009 machte die Gruppe ein Angebot zum Kauf des Autoherstellers Opel, der dem Aus nahe war. Am Ende behielt General Motors die deutsche Tochter. RHJI verkaufte die meisten Industriebeteiligungen. Heute gehören zur Gruppe vor allem Privatbanken: die deutsche Quirin Bank (Anteil: 28 Prozent; Honorarbera- 68 tung), die britische Kleinwort Benson (Vermögensverwaltung, Offshore Trusts) und die Frankfurter BHF-Bank (Mittelstandsbank). „Wir sind eine Finanzholding, keine Beteiligungsgesellschaft“, betont Martha Böckenfeld. Damit das alle verstehen, soll die Gruppe bald umbenannt werden und Kleinwort Benson-BHF Holdings heißen. Mathias Döpfner, Chef von Axel Springer, zu der auch BILANZ gehört, ist Aufsichtsrat der RHJI. guten Manager“, sagt Fischer. Gerd Häusler urteilt: „Als Unterhändlerin ist sie eine harte Nuss.“ In der Finanzelite gilt das als ganz besondere Auszeichnung. Credit Suisse verkaufte 2006 die Winterthur an den Versicherer Axa. Böckenfeld bekam den Auftrag, die Gruppe in den französischen Konzern einzugliedern. Dies trug ihr das Angebot ein, nach Paris in die Axa-Zentrale zu wechseln. Aber sie entschied sich anders. Für „ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte“: 2007 folgte sie dem Mitwestfalen Fischer zu RHJI. „Wenn ich eine Challenge brauche, tausche ich mich mit ihm aus. Er ist ein ausgezeichneter Leader.“ Böckenfeld klügelte den Finanzplan aus, mit dem RHJI sich 2009 bei der Bundesregierung um die Übernahme des von der Pleite bedrohten Autoherstellers Opel bewarb. Im Kanzleramt ließ man die Interessenten warten. Am Nachmittag gingen die Getränke aus. So kam es, dass Martha Böckenfeld mit dem Reinigungspersonal ins Geschäft kam. Als sich die Putzleute näherten, verhandelte sie, und man wurde sich einig: 50 Euro für Cola und Wasser aus deren Pausenraum. Heute steht Böckenfeld wieder vor einer schwierigen Aufgabe: Sie soll für RHJI die Londoner Kleinwort Benson und die BHF-Bank in Frankfurt zu einer anglo-germanischen Mittelstandsbank zusammenführen. Einmal im Monat reist sie nach Frankfurt zur BHF. Sie sitzt dort im Aufsichtsrat. In einer Sommernacht steigt Böckenfeld mit der BILANZ-Reporterin in ein Taxi, sie wollen zu verschiedenen Hotels. Money-Martha übernimmt: Sie verhandelt einen Preis und fragt die Fahrerin aus: Woher sie komme (Kroatien), seit wann sie Taxi fahre (20 Jahre) und ob sie sie für künftige Fahrten buchen könne (erlaubt die Zentrale nicht). Beim Aussteigen gibt sie der Fahrerin noch einen Tipp: „Machen Sie sich selbstständig. Im Winter fahren Sie hier Taxi, und im Sommer schippern Sie Touristen durch kroatische Buchten“, rät Böckenfeld. „Ach, Mädchen“, sagt die Fahrerin, „ich bin zu alt. Meine Bank gibt mir keinen Kredit mehr.“ „Dann haben Sie die falsche Bank“, sagt Böckenfeld und verschwindet in der Nacht. SOPHIE CROCOLL SEPTEMBER 2014 Foto: ddp images UNTERNEHMEN UND MÄRKTE NOTIZEN AUS… China Beinahe wie in Deutschland: Fahrzeuge aus dem VolkswagenKonzern spielen die größte Rolle unter den meistverkauften Modellen auf dem größten Automarkt der Welt. Ford Focus Platz 1: 404.000 Stück Henry Ford wäre stolz: Das Weltauto liegt auf dem größten Markt überhaupt vorn. VW Bora Platz 10: 237.000 Stück Den Chinesen muss die Gestaltung gefallen haben: noch eine VW-Variante. VW Lavida Platz 2: 374.000 Stück In China entwickelt, mit reichlich Chrom für die dortigen Geschmack. VW Santana Platz 9: 243.000 Stück Mit ihm hat alles begonnen: Anfang der 80er-Jahre schraubte VW das Stufenheckmodell des Passat in einer chinesischen Fabrik als Dienstwagen für KP-Funktionäre zusammen. Chevrolet Sail Platz 4: 276.000 Autos Endlich einer, der etwas anders aussieht. Das überzeugte auch die Chinesen. Chevrolet Cruze Platz 8: 247.000 Stück Auto aus Shanghai, Grundmodell von General Motors’ koreanischer Tochterfirma. Nissan Sylphy Platz 7: 260.000 Stück Japaner haben es in China – – schwer: Nur der Nissan schafft es unter die ersten Zehn. Fotos: Ford Motor Company, Volkswagen, Chevrolet, Buick, Nissan Buick Excelle Platz 3: 296.000 Stück Gebaut in Shanghai von General Motors und der chinesischen SAIC. VW Sagitar Platz 5: 271.000 Stück Enger Verwandter des deutschen VW Jetta, auch mit etwas mehr ortstypischem Bling-Bling. Das Wirtschaftswachstum in China hat sich verlangsamt, doch die Lust auf Mobilität ist ungebrochen groß: Um acht bis zehn Prozent soll der größte Automarkt der Welt in dem Jahr wachsen. „Panikkäufe“ beobachten die Automanager bei den Chinesen, weil Zulassungsbeschränkungen in elf der vom Dauerstau geplagten Megastädten drohen. Die Deutschen freut’s: 28 Prozent ihrer Produktion – 3,7 Millionen Fahrzeuge – verkauften hiesige Autobauer 2013 in China. Insgesamt erwarben die Chinesen 22 Millionen Fahrzeuge. SEPTEMBER 2014 VW Jetta Platz 6: 263.000 Stück Noch einmal untere Mittelklasse aus dem VW-Regal – Hauptsache, die Chinesen können die Modelle unterscheiden. 69 IDEEN& INNOVATIONEN LIEFERHELDEN INTERVIEW MIT DEM WELTMARKTFÜHRER NIKLAS ÖSTBERG 76 TV-RECHTE DER NETTE HERR DR. PIËCH 78 70 Millime Originalgröße In diesem Reagenzglas befinden sich mehr als 3.000 Drucksensoren, jeder 2,5 x 2 Millimeter groß. Sie messen beispielsweise in Fitnessarmbändern die Pulsfrequenz von Läufern. SEPTEMBER 2014 MIKRO- UND NANOTECHNIK terarbeit Winzige Produkte, riesige Geschäfte: In der Mikro- und Nanotechnik mischen deutsche Unternehmen ganz groß mit. Foto: picture alliance / dpa / Jan Haas A Axel Giese arbeitet in einer Welt, in der er aufpassen muss, dass er sie nicht einatmet. „Sonst verschluckt man sich noch“, sagt der 45-Jährige. Trockenes Lachen. Aber es stimmt ja: Manche Bauteile, mit denen der Diplomphysiker bei Bosch in Reutlingen zu tun hat, sind nur halb so dick wie ein Menschenhaar. Gieses Leute stellen Sensoren her, winzige Fühler, die im Alltag heute praktisch überall zu finden sind, in Stoßstangen und Mobiltelefonen genauso wie in Haustüren oder Fenstern, wo sie als Bewegungsmelder zum Einsatz kommen und im Notfall den Hausbesitzer oder Mieter alarmieren können. 184 Kilometer weiter nordwestlich geht es noch kleiner zu: Die Firma Nanogate produziert in der saarländischen Ortschaft Quierschied-Göttelborn Oberflächenbeschichtungen mit Nanopartikeln, die Millionstel Millimeter messen. Es handelt sich um transparente Funktionslacke, denen Zauberkräfte innewohnen: Taucherbrillen können nicht mehr beschlagen, Flugzeugfenster und Autotüren nicht verkratzen. Aber die Beschichtungen können noch mehr. „Wir haben eine Technik entwickelt, die die Energieeffizienz steigert“, sagt Nanogate-Chef Michael Jung. Wiederum 370 Kilometer weiter nordöstlich in Jena träumt Claudia Gärtner (44) davon, dass eines Tages „die Produkte, die wir mit unseren Kunden entwickeln, in jedem Supermarkt zu haben“ sind. Personalisierte Medizin ist der Markt, auf dem ihre SEPTEMBER 2014 Das Kleingedruckte Der Punkt auf diesem „i“ ist 250 Mikrometer oder 250.000 Nanometer breit. Mikrotechnikfirma Chipshop operiert. Das Thüringer Unternehmen produziert heute vor allem miniaturisierte Analysegeräte zur Diagnostik von Blutdruck und Blutzucker über Mobiltelefon-Anwendungen. Die drei Unternehmen – Bosch, Nanogate und Chipshop – stehen beispielhaft für das stürmisch wachsende Geschäft mit Mikro- und Nanotechnik in Deutschland. Am verheißungsvollsten entwickelt sich zurzeit die Nanotechnik: Sie verspreche mehr „als frühere Hypes“, sagt McKinsey-Direktor Andreas Serr. Die USA, Deutschland und Japan sind in der Gilde weltweit führend. Die Geschäfte sind zwar noch nicht groß, das Wachstumstempo indes rapide: „In 20 bis 25 Jahren rechnen wir für Deutschland mit einem zusätzlichen Wirtschaftswachstum durch Nanotechnik im hohen einstelligen bis niedrigen zweistelligen Milliardenbetrag.“ Das Besondere an Nanomaterialien sind ihre neuartigen Eigenschaften: Wenn ein Stoff so lange zerkleinert wird, bis seine Teile auf die Größe weniger Nanometer verschwinden, zeigen sie unerwartete Eigenschaften, beispielsweise eine erhöhte Rückund Gegenwirkung, veränderte optische Reaktionen oder auch eine höhere Stabilität. So werden Neuerungen wie selbstreinigende Fensterscheiben, schmutzabweisende Textilien oder bis dahin unbekannte Wirkstoffe in der Medizin möglich. Schon seit Jahren erhöht Nano-Titandioxid den Lichtschutzfaktor von Sonnencremes. Die Mikrotechnik ist bereits dort, wohin die Nanobranche erst steuert. Deutsche Mikrotechnikunternehmen setzen rund 15 Milliarden Euro um. Doch die pfiffigen Miniprodukte – millimeterkleine Sensoren, Pumpen und Motoren – stecken in Waren mit einem Gesamtwert von 380 Milliarden Euro, schätzt der Branchenverband IVAM. Deutsche Mikrotechniker haben einen Anteil von 19 Prozent am Weltmarkt erobert (siehe Kasten Seite 73). Lukrativ ist das Geschäft vor allem in jenen Branchen, die in Deutschland traditionell eine starke Po- 71 IDEEN UND INNOVATIONEN Mit Häubchen BoschGruppenleiter Axel Giese muss in manchem Labor elektrostatische Schutzkleidung tragen, bevor er mit den Miniatur-Chips arbeiten darf. sition einnehmen wie der Maschinen- und Anlagenbau. „Mithilfe der Mikrotechnik wird die deutsche Industrie auch in Zukunft eine führende Rolle in der Prozess- und Automatisierungstechnik spielen“, sagt IVAM-Geschäftsführer Thomas Dietrich. Energieunabhängige Mikrosensoren und drahtlose Sensornetzwerke bildeten die Bausteine für die Entwicklung selbstorganisierter Produktionsabläufe, der sogenannten Industrie 4.0. Sensoren von Bosch In jedem zweiten modernen Mobiltelefon der Welt stecken Chips aus Reutlingen Axel Gieses Arbeitswelt definiert sich über die Begriffe Rein-Raum und Reinst-Raum: Sie legen fest, wie viele Schwebeteilchen und Keime pro Kubikmeter Luft ein Raum enthalten darf. Je kleiner die Geräte sind, an denen Giese arbeitet, desto empfindlicher reagieren sie auf Staub oder andere Verunreinigungen. Schon eine einzige Hautschuppe oder ein Schweißtropfen kann sie zerstören. Deshalb muss Giese, der als Bereichsgruppenleiter bei Bosch amtiert, nicht selten wie ein Gehirnchirurg ans Werk gehen: mit Mundschutz, Kittel, Haarnetz. Bisweilen sieht er aus wie ein Akteur aus dem Reutlinger Bosch-Fetischstudio: Ganzkörperanzug, Kniestulpen, Latexhandschuhe. Nach ein paar Stunden in solch einem Aufzug schwitze man derart, sagt er, da könne man die Handschuhe ausgießen. Giese hat in Münster über Material- und Halbleiterphysik promoviert, er ist Segel- und Motorflieger und Skiläufer. Seit 14 Jahren arbeitet er bei Bosch mit Sensoren. Er geht in dem Laden förmlich auf. Mittlerweile sitzt er meistens am Schreibtisch, Raum 308 im ersten Stock. Aber er liebt die Ausflüge in die Produktionshallen: „In der Fertigung schlägt das Herz.“ H Heute zeigt er die Werkstatt, in der Sensoren für die Automobilelektronik hergestellt werden, sogenannte Mems: mikroelektronisch-mechanische Systeme. Mems wandeln mechanische Impulse in elektrische um. Sie messen Veränderungen der Temperatur, Beschleunigung oder Schwerkraft und geben einem 72 Diese Technik rettet Leben.“ Axel Giese Steuergerät den Befehl, was zu tun ist. Das klingt zunächst einmal unspektakulär, und meist tragen die Sensoren auch nichtssagende Bezeichnungen wie „MM5“ oder „MM8“, aber Giese weiß um ihre Geheimnisse: „Diese Technik“, sagt er, „rettet Leben.“ Sie sorgt dafür, dass sich im Auto der Airbag füllt, die Sitzgurte straffen, Überrollbügel ausfahren oder einzelne Räder bremsen, wenn der Wagen schlingert. Um die 50 Sensoren sind in einem Fahrzeug verbaut. Giese zieht sich einen Kittel über, stülpt ein Haarnetz über den Kopf und streift blaue Stoffbeutel über die Schuhe, er stellt sich auf zwei Elektrodenplatten vor eine Metall-Drehschranke: In der Epa, der „electrostatic protected area“, ist die Kleiderordnung am strengsten. Wer schon einmal beim Berühren einer Heizung oder eines Metallgeländers einen Schlag bekommen hat, denkt, dass dies völlig harmlos sei. In der Sensor-Montage allerdings kann bereits eine kleine Entladung die Halbleiterstrukturen auf den kleinen Fühlern zum Schmelzen bringen, was schlimmstenfalls erst dann auffällt, wenn es zu spät ist – und der Airbag sich bei der Karambolage nicht öffnet. Die Elektrodenplatten, auf denen Giese steht, prüfen, ob der Gast tatsächlich Strom durch die blauen Stoffbeutel an den Schuhen in den Boden ableitet, dann erst leuchtet eine Lampe grün auf und die Schranke dreht sich: Giese darf eintreten. Ausschlaggebend dafür, dass Bosch 2005 eine Tochterfirma für die Produktion von Mems-Sensoren gründete, seien Klapprechner gewesen, erzählt Marketingdirektorin Jeanne Forget-Funk (42), eine gebürtige Französin mit leichtem Akzent. Ein Hersteller hatte angefragt, ob Bosch einen sogenannten Beschleunigungssensor als Fallschutz entwickeln könnte. Derlei Fühler sorgen dafür, dass sich die Festplatte eines Rechners herunterfährt, sobald der Rechner fällt, das heißt, urplötzlich beschleunigt. Nach reiflicher Überlegung entschied Bosch, gleich eine Tochterfirma für den Sensor-Bau zu gründen. „Und dann kamen 2007 die Smartphones“, strahlt Forget-Funk, und das Geschäft gewann umgehend an Fahrt. In einem Mobiltelefon von heute arbeiten mindestens fünf Sensoren. Sie lassen zum Beispiel den Bildschirm vom Hoch- ins Querformat wechseln, wenn sich das Gerät dreht. In jedem zweiten MobilSEPTEMBER 2014 MIKRO- UND NANOTECHNIK Milliardenmarkt Mikro, Hoffnungswert Nano telefon der Welt stecken Sensoren von Bosch. Seit dem vergangenen Jahr ist das Unternehmen Weltmarktführer mit einem Ausstoß von einer Milliarde Mems-Sensoren. Die meisten davon arbeiten in Mobiltelefonen, Klapprechnern und Spielkonsolen. Nur noch etwa ein Drittel ist für die Automobilindustrie bestimmt. Bis solch ein Sensor seinen Weg in die Autoelektronik findet, vergehen bis zu neun Wochen. Viele Labore, viele Rein- und Reinst-Räume müssen durchquert werden. 1. 160.000 Beschäftigte in 1.000 kleinen und mittleren Firmen sowie 150 Großunternehmen, gut 15 Milliarden Euro Umsatz: Die deutsche Mikrotechnikbranche hat sich als eigenständige, robuste Industrie etabliert. Ihre Komponenten stecken in Waren, die auf dem Weltmarkt für 380 Milliarden Euro verkauft werden. Diese Summe entspricht rund 15 Prozent des Inlandsprodukts. Deutsche Mikrotechnik steuert Industrieanlagen, unterstützt Auto-Fahrsysteme, verbessert den Wirkungsgrad von Energiespeichern und treibt den Fortschritt in der Medizintechnik an. So können heute spezielle Kontaktlinsen den Blutzuckerspiegel von Diabetikern über die Tränenflüssigkeit messen und die Daten drahtlos an das Mobiltelefon senden. Z Wer steht auf der Kundenliste? Drei von vier Mikrotechnikfirmen beliefern die Medizintechnik, fast jede zweite die Autoindustrie. 75% Foto: picture alliance / dpa / Jan Haas, Nanogate Medizintechnik Automobiltechnik 37% 37% Maschinen- & Anlagenbau 36% Telekommunikation 34% Chemie/Pharma 32% Forschung & Entwicklung 31% Luft- und Raumfahrt 31% Biotechnik Halbleitertechnik Quelle: IVAM directory 2014 SEPTEMBER 2014 2. Im Gegensatz zur Mikro- steckt die Nanotechnik noch in ihren Anfängen. Rund 1.000 Unternehmen in Deutschland nutzen ihre Errungenschaften. Der Umsatz von Produkten, in denen Nanotechnik steckt, erreicht eine Höhe von bislang nur 15 Milliarden Euro. Eine Schlüsselrolle spielt die Nanotechnik künftig bei der Elektromobilität, der Entwicklung umweltschonender Fertigungstechniken, der Nutzung erneuerbarer Energieträger und der personalisierten Medizin. wickeln Bosch-Leute die Winzlinge auf eine Spule, ähnlich einer alten Filmrolle, und verschicken sie buchstäblich in Pizzakartons, deren Inneres mit einem rosafarbenen Stoff gepolstert ist. Die Nachfrage sei so groß, erzählt Giese, dass manchmal schon das Taxi mit laufendem Motor hinter der Fabrik warte, um die Spulen zum Stuttgarter Flughafen zu transportieren. Ein fertiger Sensor misst zwei mal zwei Millimeter und kostet zwischen sieben und zehn Euro. Es gibt Mengenrabatt. „Der Trend geht zur Miniaturisierung“, sagt Forget-Funk. Der anfangs erwähnte Beschleunigungssensor maß 2005 sechs mal sechs Millimeter. Mittlerweile könne man Modelle herstellen in der Größenordnung von 1,2 mal 1,5 Millimetern. Es gilt: je kleiner, desto billiger. Mit diesem Maß dürfte die Grenze indes erreicht sein. Jede weitere Verkleinerung stünde in keinem günstigen Verhältnis mehr zum Einsparpotenzial: „Die Asymptote ist damit erreicht.“ Jedenfalls im Mikro-Bereich. Zunächst bekleben die Bosch-Leute die Rohlinge, bearbeiten sie mit Chemikalien, brennen, pressen, trocknen sie, es wird geätzt, auseinandergeschnitten, gebacken, wieder getrocknet. Es ist wie beim Elektro-Konditor, und Giese ist der Meister. Ein Roboter, der aussieht wie eine Nähmaschine, verdrahtet die einzelnen Komponenten auf dem Sensor. Schließlich werden die Fühler kalibriert, also auf ein Maß gesetzt: Sie erkennen fortan Veränderungen der Geschwindigkeit, der Temperatur oder der Höhe. Am Ende Mikrosystemtechnik Sensoren, die wie Pflaster auf der Haut kleben, registrieren Herzschlag und Hirnaktivität. Verbände mit eingefügten Biosensoren beobachten den Heilungsverlauf von Verletzungen und warnen vor beginnenden Infektionen. 52% 48% Beschichtungen von Nanogate Unsichtbare Lacke helfen, Energie zu sparen Mit den Produkten der saarländischen Firma Nanogate ist es ein bisschen wie mit den neuen Kleidern des Kaisers: Niemand kann sie sehen, aber alle sind beeindruckt. Der Unterschied zum unsichtbaren Textil aus Hans Christian Andersens Märchen ist, dass die Produkte nur deshalb nicht zu sehen sind, weil ihre Bestandteile so klein sind – aber sie sind wirklich. Genauso wirklich wie das Geld, das sie einbringen. Der Mittelständler Nanogate hat seinen Umsatz seit dem 73 IDEEN UND INNOVATIONEN Die Mischung macht’s Die korrosionsschützende Beschichtung für Wärmetauscher wird bei Nanogate aus zwei flüssigen Komponenten zusammengemischt. bauer wie Porsche, Land Rover und Airbus. Aber auch Heiztechnikfirmen gehören zu den Auftraggebern: „Wir haben da eine Technik entwickelt, die einen Megatrend abdeckt: Energieeffizienz.“ 1 Million Euro kann ein Gramm eines Enzyms kosten, der für eine Analyse eingesetzt wird. Das „Lab on a Chip“ kommt mit winzigen Mengen aus und spart viel Geld gegenüber herkömmlichen Analysetechniken. Vorsicht vor Nano? In vielen Alltagsprodukten sind Nanobestandteile bereits etabliert: Sonnenmilch, Zahnpasta, Schuhputzmittel, Jacken, Verpackungen, selbst in Nahrungsmitteln finden sich mitunter Nanopartikel. Die Frage ist, ob es gefährlich ist, wenn einzelne Nanopartikel in den Körper gelangen und dort lange verbleiben. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schreibt, es bestehe zwar die grundsätzliche Möglichkeit dieser Gesundheitsgefährdung, allerdings sei das Ein- 74 dringen von Nanopartikeln durch gesunde Haut „extrem unwahrscheinlich“. Das größere Risiko bestehe durch Einatmen freier Partikel, etwa durch Sprays. Seit 2013 gibt es eine Kennzeichnungspflicht für Nanobestandteile in Kosmetika, ab Dezember auch für Lebensmittel. Noch gibt es kein europäisches Nano-Produktregister, hierzulande aber betreibt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland eine Datenbank für Nanoprodukte („Nanowatch“). N Nanogate hatte 2003 an der Ausschreibung eines Heizungsherstellers teilgenommen, der die Energieeffizienz seiner Geräte verbessern wollte. Das Herz und Hirn vieler Heizgeräte ist ihr Wärmetauscher: Er sorgt für die Wärmeübertragung, etwa von heißem Gas in heißes Wasser. Viele Wärmetauscher sind aus Gusseisen gefertigt. Aluminium aber eignet sich eigentlich wesentlich besser, weil es sowohl Wärme leitet als auch billiger ist. Der Nachteil besteht darin, dass Aluminium weitaus empfindlicher auf hohe Temperaturen und auf Kondensate reagiert, die bei der Gasverbrennung entstehen. Außerdem ist es anfällig für Korrosion, es rostet schnell – es sei denn, man wendet jene „hoch temperaturfeste, korrosionsschützende Beschichtung mit anorganischen Inhaltsstoffen“ (Jung) an, die Nanogate entwickelt hat. Vereinfacht gesagt, entwickelten Jungs Leute eine Spinnennetz-artige Matrize aus einzelnen Nanostrukturen, deren Partikel allerdings kleiner sind als 100 Nanometer und deshalb „eine sehr hohe Oberflächenenergie“ aufweisen und schnell verklumpen. Nanogate ist es gelungen, ihr Verhalten in flüssiger Form zu kontrollieren und sie so zu bearbeiten, dass sie nicht verkleben, sondern jenes Netz bilden, das stabil genug ist, um hohen Temperaturen zu trotzen - und gleichzeitig an Aluminium zu haften. Mit welchen Verfahren dies gelungen ist und wie viele Mitarbeiter in welchen Hallen wie lange damit beschäftigt sind: All das ist Betriebsgeheimnis. Medizintechnik von Microfluidic Chipshop Leber, Niere, Milz: Organe auf dem Mikrochip Ganz klein ist kein Problem: „Wir können auch Strukturen im Nanobereich herstellen“, sagt Claudia Gärtner, Geschäftsführerin der Jenaer Microfluidic Chipshop, „aber wir bauen nicht so klein wie möglich, sondern wie nötig.“ SEPTEMBER 2014 Fotos: Nanogate, picture-alliance / Jens-Ulrich Koch Börsengang 2006 um über 600 Prozent erhöht. In diesem Jahr rechnen die Saarländer aus Göttelborn mit Einnahmen von 100 Millionen Euro. Nano ist Griechisch und bedeutet „Zwerg“. Das wirkt noch untertrieben: Ein Nanometer ist ein millionstel Millimeter. Das heißt, er verhält sich zu einem Meter wie eine Haselnuss zur Weltkugel. Und Nanogate ist einer von vielen Beweisen dafür, dass mit den kleinsten Teilen große Geschäfte zu machen sind. In diesem Fall mit Oberflächenauflagen. Das Unternehmen beschichtet Edelstahl und Kunststoffe mit einem durchsichtigen Lack, dessen Eigenschaften dafür sorgen, dass Autoscheinwerfer nicht mehr beschlagen, Duschkabinen Wasser abweisen und Autolacke nicht zerkratzen. „Multifunktionale Oberflächen“, nennt sie Michael Jung (49), zuständig für das operative Geschäft der Firma und gleichzeitig Vizepräsident des DV Nano, des deutschen Nano-Verbands. Jung stieg 2001 bei Nanogate ein, einer Ausgründung des Leibniz-Instituts für Neue Materialien in Saarbrücken. Jung, ein studierter Verfahrenstechniker, hat lange im Maschinen- und Anlagenbau gearbeitet. „Ich bin dann als industrieerfahrener Mann eingestellt worden, um den Kontakt zum Kunden zu stärken und das Unternehmen vermehrt auf konkrete Anwendungen auszurichten.“ Anfangs waren hauptsächlich Forscher für Nanogate tätig. Heute ist ihr Anteil gesunken, Mitarbeiter aus der Industrie sind dazugekommen. Zur Kundschaft zählen Auto- und Flugzeug- MIKRO- UND NANOTECHNIK Das Unternehmen – vor zwölf Jahren von Claudia Gärtner gemeinsam mit einer Kollegin aus dem Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik sozusagen herausgegründet – erzeugt Mikrochips, die Anwendung finden in der Chemie, Kosmetik, Biotechnik, Lebensmittel- und Umweltanalytik sowie der Wirkstoffforschung. Hohes Ansehen genießt Microfluidic aber vor allem in der Medizintechnik. „Lab on a Chip“ heißt der Verkaufsschlager der Thüringer: „Wir bauen miniaturisierte Labor- und Analysetechnik für die Humandiagnostik, von der Blutanalyse bis hin zu Krebsmarkern.“ Ärzte müssen Proben nicht mehr in ein Zentrallabor schicken, sondern haben umgehend Zugriff auf Untersuchungsergebnisse. Wertvolle Zeit wird gewonnen, Geld gespart. Chipshop baut nicht nur die sogenannten mikrofluidischen Halbleiter, sondern entwickelt auf Wunsch von Ärzten oder Hospitälern auch die gesamte Diagnosegerätschaft, in die die Halbleiter eingebaut werden. Auch die Entwicklung und Prüfung von Tests zählt zum Angebot. Die Miniaturisierung in der Medizintechnik erhöht nicht nur den Komfort und die Bedienungsfreundlichkeit der Diagnosegeräte, sie liefert nicht nur schnellere Ergebnisse, sondern drückt häufig auch die Kosten. „Einige eingesetzte Biokatalysatoren und Enzyme sind extrem teuer, da kann ein Gramm bis zu einer Million Euro kosten.“ Heute ist Microfluidic Weltmarktführer auf dem Gebiet der nanotechnisch-basierten Untersuchungsmethodik. In die Zukunft blicken die aus dem Ruhrgebiet stammende Firmenchefin und ihr Mann, der die Forschungsabteilung leitet, mit Zuversicht: Die Produktionskapazität verdoppelt sich jedes Jahr, eine Zweigstelle für den US-Markt ist in der Entstehung begriffen. Gärtner will ihr Geschäft internationalisieren und die gewonnenen Erfahrungen natürlich „Langweiliges Ingenieurwesen“ Ein Chemie-Ingenieur baut für einen Kunden ein Gerät zur Erkennung von biologischen Kampfstoffen – rund um die Analyse-Chips von Chipshop. „Lab on a Chip“ Eine Mikrobiologin bestückt einen Chip mit Zielmolekülen. Chefin Claudia Gärtner (u.) hat derweil schon „Organs on Chip“ im Visier. auch auf dem Heimmarkt nutzen: „Deutschland hat eine zu große Entwicklungsmentalität, in den USA wird mehr Geld in die Anwendung investiert.“ Der Grundstein für das zweite Firmengebäude in Jena ist gelegt. In spätestens zehn Jahren sollen Nummer vier und fünf einsatzbereit sein. Derzeit beschäftigt sie rund 70 Mitarbeiter: „Ingenieure jeder Fachrichtung, Physiker, Biologen, Chemiker, Werkzeugbauer, MTAs und PTAs.“ Profitabel, sagt Gärtner, sei ihr Unternehmen praktisch vom ersten Tag an gewesen: „Geld verbrennen können wir uns nicht leisten.“ Nach ihrer Doktorarbeit hatte die Biologin und Chemikerin zunächst im Institut für Mikrotechnik in Mainz gearbeitet. Für die Unternehmensgründung zog Gärtner in den Osten: „Jena hat eine großartige Infrastruktur“ und eine leistungsstarke Universität. Die Firmen Zeiss und Schott verfügen über große Kenntnisse in der optischen Industrie. Mit einem Wort, „hier gibt es viele gut ausgebildete Leute“. Grundlage ihres Geschäfts, gesteht Gärtner, sei „langweiliges Ingenieurwesen“: Denn äußerste Präzision in der Fertigung ist unabdingbar. Der hohe Herstellungsstandard schützt Chipshop vor Raubkopisten. „Wir arbeiten mit ganz kleinen Produktionstoleranzen: Das kriegen nur wenige hin“, sagt die Chefin. Nach dem „Lab on a Chip“ soll jetzt zusätzlich „Organs on Chip“ aufgelegt werden und in Serie gehen: „Da tragen wir beispielsweise Leberzellen auf einen Chip auf, die dann auf Substanzen genauso reagieren wie die Leber im Körper“, sagt Gärtner. So ließen sich Reaktionen auf neue Arzneiwirkstoffe schnell und kostengünstig erproben und überdies die umstrittenen Tierversuche ersetzen. Gemeinsam mit ihren Kunden will Gärtner künftig auch die Endverbraucher erreichen. Dazu investiert sie in Informationstechnik und Rechnerprogramme: „Smartphone-basierte Diagnostik“ ist das Ziel. Blutdruck- und Blutzuckermessung mit dem Mobiltelefon sind schon auf dem Markt, aber ungezählte weitere Anwendungen für die immer älter werdende Gesellschaft sind in Vorbereitung. Die Medizintechnik ist jener Teil des Mikro-Marktes, der die höchsten Wachstumsraten hat. Jede Menge Ideen und stürmisch wachsende Nachfrage – die Unternehmerin Claudia Gärtner ist zufrieden: „Es ist toll, wenn man etwas ganz Neues aufbauen und am Markt durchsetzen kann.“ MICHAEL GATERMANN, STEPHAN KNIEPS SEPTEMBER 2014 75 IDEEN UND INNOVATIONEN „Manchmal will man einfach faul sein“ Wer im Netz eine Pizza bestellt, landet (fast) automatisch bei ihm: Niklas Östberg von Delivery Hero ist nach der Übernahme von Pizza.de Tabellenführer in der Lieferanten-Liga. Jetzt stecken Investoren 350 Millionen Dollar in sein Geschäft. Herr Östberg, Sie haben sich Mitte August mit einer gewissen Leichtigkeit Ihren deutschen Konkurrenten Pizza.de einverleibt. Das Geld sitzt wieder locker in Ihrer Gilde? Wir wollen weiter wachsen und in allen Ländern, in denen wir aktiv sind, Marktführer werden. Dafür bekommen wir noch einmal neue Investorengelder: insgesamt 350 Millionen Dollar. Ein großer Teil davon stammt von bisherigen Geldgebern, neu dabei ist der schwedische Investor Vostok Nafta. Im Januar und April hatten Sie schon über 170 Millionen Dollar eingesammelt. Haben Sie ein Loch in der Kasse, oder warum brauchen Sie schon wieder frisches Kapital? Die aktuelle Finanzierungsrunde hat natürlich auch mit der Übernahme von Pizza.de zu tun. Aber wir haben zuvor schon zwei Firmen in Lateinamerika gekauft, die sehr erfolgreich sind. Was manche unterschätzen: Man braucht eine Menge Geld, um einen Internet-Bestelldienst für Essen aufzubauen. Für Technik, Mitarbeiter, Werbung – und das in 23 Ländern auf fünf Kontinenten. Sie haben Ende 2013 zum ersten Mal kurz einen Gewinn verbucht. Jetzt schreiben Sie wieder Verluste. Wie erklären Sie das Ihren Investoren? Der Wert, den wir unseren Investoren bieten, liegt in der Zukunft. Langfristig wollen wir natürlich Gewinne machen. Was heißt „langfristig“? Wir planen in Zeiträumen von zehn bis 20 Jahren. Aber ich denke, die Gewinne werden 2015 zurückkommen. Wenn du eine sehr hohe Summe bekommst, musst du solide Zahlen zeigen. Niemand steckt irgendwo 350 Millionen rein, ohne ziemlich sicher zu sein, dass die Rendite stimmen wird. Die Freude über die Berliner Gründerszene hat sich zu einer Art Begeisterungstaumel gesteigert. Ist dieser Hype eigentlich gerechtfertigt? Ich würde das nicht Hype nennen. Es entstehen tolle Unternehmen: Zalando, Wooga, Researchgate, Soundcloud, das ist eine ganz wunderbare Firma. Natürlich auch Delivery Hero. Aber es stimmt: Da 76 Die größten Finanzierungsrunden europäischer Internetfirmen 2014 in Mio. Dollar 1. Delivery Hero Essensbestellungen, Berlin: 350 2. Ozon Handel, Moskau: 150 3. Kobalt Music Musiklizenzen, London: 140 4. Klarna Bezahldienst, Stockholm: 120,5 5. Borro Pfandleihhaus, London: 112 6. Takeaway.com Essensbestellungen, Utrecht: 103 Quelle: tech.eu, BILANZ-Recherche in Berlin die Start-up-Branche wächst, wird es einfacher, an Kapital zu kommen. Das bedeutet, dass auch Firmen profitieren, die anderswo kein Startkapital bekommen hätten. Aber das ist in San Francisco auch nicht anders. Zalando und Rocket Internet sollen im Herbst an die Börse gehen. Wird Delivery Hero die Gunst der Stunde nutzen und ihnen folgen? Wir wollen sicherstellen, dass wir Anfang oder Mitte 2015 an die Börse gehen können. Vorausgesetzt, dass wir darin dann einen Vorteil für das Unternehmen sehen. Die Investoren drängen uns nicht, wir machen das nur, wenn es uns hilft, unseren Dienst zu verbessern oder unsere Beziehung zu unseren Partnern zu stärken. Sonst warten wir lieber. Worauf warten? Ob sich Rocket und Zalando mit steigenden Kursen bewähren? Nein, darauf nicht. Wenn wir an die Börse gehen, werden wir das wohl in den USA tun. Aber natürlich ist es für die ganze Branche sehr gesund, wenn Rocket und Zalando zeigen, dass auch europäische Start-ups sehr stark sein können und nicht nur Firmen, die in den USA gegründet werden. Was wollen Sie auf dem US-Aktienmarkt? Dort kennt Sie doch niemand. SEPTEMBER 2014 LIEFERHELD Europa, Asien, Lateinamerika: Welches Essen wird wo am liebsten bestellt? Die Skandinavier wollen Pizza bei vier von fünf Bestellungen. In allen Ländern haben die Menschen mit Pizza angefangen. Viele Deutsche entscheiden sich mittlerweile häufiger für Sushi oder Burger. In England hat sich das schon am deutlichsten verschoben: Die beliebtesten Gerichte dort stammen aus der indischen Küche. In Lateinamerika: noch Pizza. In Asien sind eher lokale Spezialitäten gefragt. In welchen deutschen Städten läuft Ihr Geschäft am besten? Über Pizza.de bestellen in Hamburg besonders viele Menschen, über Lieferheld in Berlin und München. Die größten Bestellungen pro Kopf kommen aber aus kleineren Städten. Aus Braunschweig, wo Pizza.de sitzt? Ich war überrascht, wie groß die Stadt ist! Ich bin Schwede, und Braunschweig ist etwa so groß wie die drittgrößte Stadt Schwedens. Wir wollen den Standort auch erhalten. In Braunschweig denken sie vielleicht etwas anders, aber das bereichert uns. Pizza.de ist technisch sehr weit, zum Beispiel, wenn es darum geht, den Fehler bei einer Bestellung zu finden. Inzwischen kennt man uns. Uns hilft, dass wir in Lateinamerika und Asien stark sind, das wird dort anerkannt. Außerdem kommen einige unserer wichtigsten Investoren aus den USA. Ein Börsengang in den USA ist für ausländische Unternehmen auch nicht ungewöhnlich, Alibaba aus China wird jetzt dort an die Börse gehen. Müssen sich kleine Restaurants Sorgen machen? Manche haben jetzt schon das Gefühl, Ihnen ausgeliefert zu sein. Das sehe ich anders. Gerade kleine Restaurants sind oft sehr dankbar, dass sie weniger Geld für Werbung und ihren Internetauftritt aufwenden müssen. Das ist wie bei Google: Willst du wahrgenommen werden oder nicht? Wir bringen ihnen mehr Einsparungen, als wir sie kosten. Die Gebühren, die wir nehmen, sind meines Erachtens absolut fair bemessen. Foto: Getty Images / James Ross, Lieferheld.de Der Lieferheld Der Schwede Niklas Östberg (34) studierte in Stockholm und Zürich Wirtschaftsingenieurwesen, arbeitete bei der Investmentbank Merrill Lynch in New York und gründete im Mai 2011 mit drei Partnern das Unternehmen Delivery Hero, von dem ihm noch ein kleiner Anteil gehört. Lieferheld, so die deutsche Marke, nimmt für Restaurants in mittlerweile 23 Ländern Bestellungen im Internet entgegen, leitet sie weiter, hilft bei der BezahSEPTEMBER 2014 lung und kassiert durchschnittlich 13 Prozent des Bestellwerts. Liefern muss das Restaurant.Insgesamt machen die Speiselokale mit Bestellungen (weltweit: 300.000 täglich) über die Plattform mehr als eine Milliarde Dollar Umsatz im Jahr. Zu den Investoren gehören Insight Venture Partners, Luxor Capital (beide New York), Kite Ventures (Moskau), Team Europe (Berlin) und Tengelmann Ventures (Mülheim/Ruhr). Kochen ist in. Viele wollen Bioprodukte essen. Ist Ihr Schnellfuttermodell noch zeitgemäß? Es wird immer Leute geben, die gern kochen und Spaß haben, es zu lernen. Sogar ich koche gerne. Aber nicht jeden Tag. Manchmal will man einfach faul sein. Wir sehen die Wünsche der Kunden und müssen versuchen, die Auswahl zu verändern: hin zu bio und gesunder Ernährung. Wir machen kein Restaurant auf und stehen nicht in der Küche, aber wir können die Industrie beeinflussen. Was kochen Sie selbst denn so? Das hätte ich nicht sagen sollen, ich bin ein furchtbarer Koch. Ich habe eine Handvoll Lieblingsrezepte, ich backe selbst gemachte Pizza. Die habe ich gestern erst für meine Nachbarn gemacht. SOPHIE CROCOLL, STEPHAN KNIEPS 77 IDEEN UND INNOVATIONEN Der Name ist groß, die Firma klein. Der Urgroßvater ersann den „Käfer“, der Onkel machte VW zur Weltmacht. Stefan Piëch aber unterhält Kinder. Seinen Anlegern und der Familie muss er beweisen, dass er mit Klassikern wie Fix & Foxi Geld verdient. E Eine Frage verfolgt Stefan Piëch: Warum nimmt er nicht zehn oder gar 100 Millionen Euro in die Hand? An das Geld käme er wahrscheinlich ohne Probleme heran: Der 43-Jährige ist Filmkaufmann und Mitglied von Europas reichster Unternehmerfamilie, der Doppeldynastie Porsches/Piëch, die BILANZ auf gut 47 Milliarden Euro taxiert (siehe Seite 34). „Wir müssen es mit angemessenen Investitionen aus eigener Kraft schaffen“, sagt der zur Sanftmut neigende Urenkel des „Käfer“-Konstrukteurs Ferdinand Porsche (1875–1951) und Neffe des VW-Patriarchen Ferdinand Piëch (77). Ihm ist klar: Die Zeit läuft, in absehbarer Zeit muss seine Firma, die Your Family Entertainment AG (YFE) in München, ordentliche Gewinne abwerfen. Andernfalls verärgert er Anleger und Partner und qualifiziert sich in der Familie als unternehmerischer Passivposten: „Ich bin nicht gern Zweiter“, hat Onkel Ferdinand einst zu Protokoll gegeben und seinen Verwandten eine hohe Hürde auferlegt. Piëch ist kein Erbe, der mit dem geborgten Selbstbewusstsein vorväterlicher Erfolge auftrumpft. Im Gegenteil, der Doktor der Medienwissenschaft ist ausgesprochen selbstkritisch. Als einer der wenigen aus der mehr als 30 Porsches und Piëchs umfassenden vierten Generation des Klans exponiert sich der im Grunde genommen scheue Österreicher – und setzt sich dadurch natürlich der Gefahr aus zu scheitern. 78 Die Deutschen und Österreicher sind wie Fix & Foxi, bodenständig bis spießig. Figuren sind wie Bäume, die Wurzeln brauchen.“ Stefan Piëch Sein Beispiel zeigt, wie schwer es für die Jungen in der Herrschersippe ist, ihre eigenen Wege zu finden. Die Richtungen, die sie einschlagen, unterscheiden sich: Cousin Ferdinand „Nando“ Piëch (48) betreibt in Stuttgart das Delikatessengeschäft „Feinkost Böhm“, Großcousin Daniell Porsche (40) bei Salzburg eine „Bildungsstätte für seelenpflege-bedürftige Kinder und Jugendliche“. Eines Tages werden sie es sein, die in der oft zerstrittenen Familie den Ton angeben. Stefan Piëchs Aufgabe ist mühevoll: In den ersten sechs Monaten des Jahres fiel für YFE bei 1,3 Millionen Euro Umsatz operativ ein Verlust von 615.000 Euro an. Der Rechtehandel mit Kinderfilmen wie den Abenteuern von Urmel, Fix & Foxi oder Cosmo und Wanda ist ein flatterhaftes Geschäft. Zu den Kunden gehören die ARD, Kika und Nickelodeon. Anfangs war die Begeisterng in der Branche groß: Da ist ein Neuer aus reichem Haus. Doch Piëch erwies sich als äußerst dezenter Investor. Disney mobilisiert ganz andere Beträge. „Piëchs Name öffnet viele Türen, aber er verführt manche auch dazu, seine Unternehmungen als Spielerei abzutun“, sagt Sebastian Graf von Wallwitz (49), Rechtsanwalt und Aufsichtsratschef der YFE. „Dabei muss sich die Gesellschaft aus sich selbst heraus finanzieren.“ 3.500 halbe Stunden bestückt das Unternehmen mit Programm. „Damit verfügen wir über die fünftgrößte unabhängige Kinderfilmbibliothek weltweit“, sagt Piëch. Doch die Preise stehen angesichts sinkender Sendezeiten bei den großen Kanälen unter Druck: In den vergangenen fünf Jahren warf das Geschäft insgesamt nur etwa 3,5 Millionen Euro ab. In den Dimensionen der Milliardärsfamilie ist das nicht der Rede wert. Die Miene von Onkel Ferdinand kann man sich vorstellen. Allein für 2013 kassierte die mehr als 70 Mitglieder große Familie über die Beteiligung an VW eine Dividende von gut 335 Millionen Euro. Seine Firma, räumt Piëch ein, müsse „den nötigen Sprung schaffen und wachsen“. Die Abläufe sollen gestrafft und professionalisiert, die Geschäfte internationalisiert werden. Ein neuer Vertriebsmanager geht „aggressiver“ im Markt vor, und der eigene PayTV-Kanal „Your Family“ sendet nun auch auf Englisch und sogar auf Arabisch. Aber: reicht das? Hoffnungen setzt der groß gewachsene Wiener auf Klassiker: Fix & Foxi, Lupo oder Oma Eusebia, die mehr als 150 Figuren des als „deutschem Walt Disney“ gerühmten Comiczeichners Rolf Kauka. SEPTEMBER 2014 Foto: Your Family Entertainment AG Der nette Herr Dr. Piëch STEFAN PIËCH Klassiker und Moderne Piëch erinnert sich gut an seine erste Lektüre der Abenteuer von Fix & Foxi in den 70er-Jahren. Der virtuelle blaue Vogel namens Ric (u.) soll Kinder möglichst bald durch das Fernsehprogramm des gleichnamigen Senders führen. Die Rechte erwarb Piëchs 16-Mann-Firma im Mai von der Witwe des Zeichners. Ein Coup: Kaukas Figuren waren Kassenschlager, seit den 50er-Jahren wurden mehr als 750 Millionen Hefte verkauft. Ihre Blütezeit liegt freilich Jahrzehnte zurück. Den Kids von heute sind Foxi oder Fix fast unbekannt. Versuche, die Füchse in Zeitschriften zu reanimieren, scheiterten. „Figuren sind wie Bäume, die Wurzeln brauchen. Und sie müssen den Eltern gefallen“, sagt Piëch. Als Beispiel führt er Winnie Puuh an, vor Micky Maus Bestseller des Disney-Konzerns. „Fix & Foxi werden nach Jahren des Dornröschenschlafs ein Revival erleben“, sagt Klaus Forch (43) voraus, der bei YFE den Rechteverkauf leitet. „So ging es schon Biene Maja, Wickie, den Schlümpfen oder Tim & Struppi.“ 156 TV-Episoden sollen Kindern Werte vermitteln. „Die Deutschen und Österreicher sind wie Fix & Foxi: bodenständig bis spießig“, meint Piëch. Disneys Dagobert Duck sieht er dagegen als abschreckendes Beispiel des Typus Oligarch. O Ob seine Strategie gewaltfreien Kindervergnügens (mit Werbung für Produkte, „die nicht dick und doof machen“) aufgeht, wird sich am Kapitalmarkt zeigen: Das Unternehmen ist an der Börse notiert, zur Zeit aber nur gut zwölf Millionen Euro wert. Das Handelsvolumen fällt gering aus. Den Löwenanteil der Aktien besitzt mit knapp 75 Prozent Piëch selbst. Zu den Investoren zählt darüber hinaus die diskrete Holler-Stiftung, die im August noch einmal 100.000 Aktien von YFE zum Preis von 1,29 Euro pro Papier erwarb. Insgesamt hält sie 3,13 Prozent. Nicht ohne Pikanterie ist die Tatsache, dass die Stiftung von den früheren Eigentümern des VW-Versicherungsdienstes gegründet wurde. Im Kuratorium sitzt ein Vorstand von VW, die Stiftung selbst unterstützt wiederum die VW-Kunststiftung. Aus Sicht von Piëch ist die auffällige Nähe zu VW reiner Zufall. Piëch ist sich bewusst, dass sein Ruf in der Finanzwelt durchaus auf dem Spiel steht. In der Begeisterung des Börsenbooms Ende der 90er-Jahre wollte er ein eigenes Unternehmen aufbauen, dann kollabierte der Neue Markt. Der von ihm gelenkte Filmfinanzierer Open Pictures konnte sich erfolgreich SEPTEMBER 2014 79 IDEEN UND INNOVATIONEN Die Digitalisierung treibt die Unterhaltungsbranche Wer den Geschäftsbericht der Your Family Entertainment AG liest, erfährt von einer rosigen Zukunft: Stefan Piëchs Firma zitiert den Ausblick der Wirtschaftsprüfer PWC für die deutsche Unterhaltungs- und Medienindustrie. Bis 2017 wird ein Plus von durchschnittlich 2,3 Prozent pro Jahr auf dann 72,4 Milliarden Euro erwartet. Die TV-Umsätze sollen um jährlich 1,9 Prozent auf 14,3 Milliarden Euro steigen. Dazu kommt das relativ junge Geschäft mit Online-Filmen auf Abruf (Video on Demand). Den Beratern von Goldmedia zufolge dürfte das Umsatzvolumen von 163 Millionen 80 Euro im Jahr 2013 auf 449 Millionen im Jahr 2018 klettern. Piëch hofft, dank des neuen Vertriebskanals den Knoten zu zerschlagen, der sein Unternehmen an deutlichem Wachstum hindert. Investoren zeichneten eine vierjährige Wandelanleihe über fünf Millionen Euro, bekommen dafür vier Prozent Zinsen. Die Digitalisierung treibt die Unterhaltung für Kinder. Der „Kids-Verbraucheranalyse“ zufolge sind 51 Prozent der 6- bis 9-Jährigen täglich online, im Jahr 2009 waren es erst 35 Prozent. Bei den 10- bis 13-Jährigen sind sogar 97 Prozent im Netz (84 Prozent). Machtkampfes. Erst brachte er Porsche teure Rennsiege ein, dann machte er Audi stolz und Volkswagen zum PS-Reich mit zwölf Marken. „Kluge Investoren haben das erkannt.“ Deren Zahl ist allerdings begrenzt: „Viele nehmen börsennotierte Nebenwerte leider nicht wahr.“ Nach der Konsolidierung sollen Partnerschaften das Geschäft treiben. So verkaufen die Basler Versicherungen eine „Fix & Foxi Geschenk Police“, in Wien startet am 20. September die „Red Bull Fix & Foxi-Fuchsjagd“ per Rad, die Kärntner Ferienregion Nassfeld wirbt mit den Figuren, die Unicredit Bank Austria nutzt das Duo für den Weltspartag am 31. Oktober sowie eine Sparkarte für Kinder. Piëch kooperiert mit dem Klamottenspezialisten Katag („Basefield“). Für die Kindermarke „Staccato“ organisierte der zweite Sender seines Unternehmens, Ric TV, einen Wettbewerb für junge Geschichtenerzähler. D Der Wiener will weitere Mittelständler ans TV führen. Mit Werbeumsätzen sieht es wegen der geringen Zuschauerquote schlecht aus. „YFE ist sehr klein, eigentlich immer wieder ein Start-up“, sagt er. Der Deutschland-Start der US-Internetvideothek Netflix schürt Hoffnung. „Uns hilft der Trend weg vom Lizenzhandel für TV-Sender hin zum Video auf Abruf“, sagt Rechteverwerter Forch. „Im Gegensatz zu Wettbewerbern verfügen wir auch über die digitalen und oftmals 20 weitere Rechtearten, nicht nur die Fernsehrechte.“ Daraus folgte eine Neubewertung, die das Filmvermögen 2013 in der Bilanz um 818.000 Euro erhöhte. Für Ric TV arbeitet Piëchs Truppe an einem virtuellen Moderator. Das Sendermaskottchen, ein blauer Vogel, soll durchs Programm führen. Die Entwicklung muss mit viel weniger Geld auskommen, als es die globalen Konzernriesen einsetzen. Verkehrte Welt: Ausgerechnet ein Erbe des Autogiganten Volkswagen wagt in der Filmbranche den Kampf David gegen Goliath. Piëch motiviert sich mit dem Titel einer österreichischen Kultserie aus den 70er-Jahren: „Ein echter Wiener geht nicht unter.“ Der ewige Bezug zur prominenten Verwandtschaft, ist er Fluch oder Segen? Vor- und Nachteile glichen sich am Ende aus, sagt Piëch. Ohne seinen Namen würden die Medien kaum mit ihm sprechen, weiß er. Das stimmt wohl. MARK C. SCHNEIDER SEPTEMBER 2014 Foto: picture-alliance / akg-images, picture alliance / dpa am Wiederaufbau des gescheiterten Filmverleihs Kinowelt beteiligen. Die Deutsche Bank wurde auf ihn aufmerksam und fragte ihn, ob er die Sanierung einer Filmfirma übernehme, die der Spiele- und Kinderbuchproduzent Ravensburger losschlagen wollte. Der junge Mann, frisch verheiratet, sagte Ja und kaufte die heutige Your Family Entertainment AG. Zuerst, Anfang 2006, zog er in den Aufsichtsrat ein - aber schon nach wenigen Monaten musste er als Alleinvorstand die Führung selbst übernehmen. „Eine Notlösung“, sagt er. Eine Krisensitzung folgte damals der anderen. Zwischenzeitlich reichte das Geld lediglich, um die Gehälter für einen Monat zu bezahlen. Piëch gesteht sich nur wenig mehr als 100.000 Euro im Jahr zu. Dividende gibt es keine. Die Firma hat Büros in Schwabing bezogen zwischen Asia-Restaurants, Waxing Studio, Eltern-Kind-Zentrum und Tengelmann. „Wir sind die einzigen in diesem Geschäft, die überlebt haben“, sagt der Unternehmer mit Blick auf Ex-Börsenstars wie EM.TV. „Gras wächst nicht schneller, auch wenn man daran zieht“, zitiert er eine Weisheit aus Afrika. „In Zeiten des Neue-Markt-Booms habe ich gelernt, Nein zu sagen. Diese Fähigkeit bewahre ich mir.“ Bis zum heutigen Tag ist er Pendler geblieben. Mit seiner Frau und den vier Kindern im Alter von ein bis acht Jahren lebt er in Wien. Nach München fährt er mit der Bahn, vier bis fünf Stunden für eine Strecke. „Ich bin hier sozusagen Gastarbeiter“, sagt er. Tritt die erhoffte Dynamik ein, hat Your Family Entertainment einen Schatz zu bieten: 80 Millionen Euro steuerlichen Verlustvortrag. Anders ausgedrückt: Dank der hohen Verluste vergangener Jahre kann Piëchs Unternehmen die Steuerlast auf künftige Gewinne mindern – sofern welche anfallen. „So gesehen, sind wir mit gut zwölf Millionen Euro Marktkapitalisierung völlig unterbewertet“, findet der. Prominente Verwandte Uropa Ferdinand Porsche war ein cholerischer Tüftler, der seine Techniker zu Höchstleistungen antrieb. Der in der Nazizeit entstandene Volkswagen motorisierte die Deutschen nach dem Krieg als „Käfer“. Onkel Ferdinand Piëch ist Meister des Kann man Pipelines unter Strom setzen? MAN kann. Keine Frage: Die Energiewende muss vorangetrieben werden. Deshalb geben wir Gas, wenn es darum geht, erneuerbare Energien nutzbar zu machen. Zum Beispiel beim Ansatz „Power to Gas“. Mit dieser Technologie wird Öko-Strom nicht über riesige Stromtrassen, sondern durch schon vorhandene Pipelines transportiert. Wie das geht? Mit Hilfe von MAN Kompressoren und Reaktoren wird Öko-Strom in synthetisches Gas umgewandelt. Dieses Gas lässt sich ganz einfach in PipelineNetzen speichern und transportieren. So setzen wir Pipelines unter Strom und beschleunigen die Energiewende. Was MAN noch alles bewegen kann: www.MAN.eu/MANkann Engineering the Future – since 1758. PRIVAT HOLLEINS KUNSTWELT WARUM DIE KULTUR NOCH MEHR BÜRGERHILFE BRAUCHT 86 BAADERS BESTE WESHALB MAN DURCHAUS EINMAL 1.000 EURO FÜR EINEN WEIN AUSGEBEN SOLLTE 88 Das teuerste Steak der Welt BILANZGEWINNER DER ÜBERRASCHENDE WIEDERAUFSTIEG VON LARS WINDHORST 90 82 SEPTEMBER 2014 KOBE-FLEISCH D Frank Albers importiert Kobe-Fleisch. Um zu dieser Ehre zu gelangen, musste er eine Lizenz beantragen – und nach Kobe reisen, um die Geschäftsbeziehung feierlich zu besiegeln. SEPTEMBER 2014 Foto: picture alliance/dpa, Jan Haas Kobe-Rinder haben einen Stammbaum bis ins 17. Jahrhundert, ihr Fleisch ist das Beste vom Besten. Jetzt darf es nach Deutschland importiert werden. Ein Porträt über nacktes Fleisch Da liegt es, in einem gläsernen Schau-Kühlschrank. Es sieht nicht aus wie Fleisch. Es sieht aus wie eine Praline: Wie Nougatschichten ziehen sich weiße Fasern durch den rosafarbenen Körper. Die Äderchen sind Fett. Jenes Fett, das für den einzigartigen Geschmack und die unvergleichliche Saftigkeit sorgt. Kein anderes Fleisch auf dieser Welt ist in dieser Art marmoriert. Schon bei Zimmertemperatur fängt es an zu glänzen. Das Berliner „Grill Royal“ hat eine neue Attraktion: Kobe-Fleisch. Das teuerste Steak der Welt. Die Gäste des Restaurants können an dem Kühlschrank vorbeiflanieren, vorbei an Tomahawk-Steaks von kanadischen Bisons, vorbei an Porterhouse- und T-Bone-Steaks aus Omaha, Nebraska. Um schließlich ganz hinten, am Ende, vor dieser Neuheit aus Japan in einem Zustand zwischen Ehrfurcht und Appetit zu verharren: 100 Gramm Entrecôte vom Kobe-Rind zum Preis von: 78 Euro. Henry Zimmermann (28), der Griller, stellt seinen Induktionsgrill auf 230 Grad ein, streift seine blauen Handschuhe über und geht gemessenen Schrittes zum Kühlschrank: Vorsichtig nimmt er ein Entrecôte heraus, sein Messer gleitet durch das Fleisch wie durch Talg, er schneidet eine 130 Gramm schwere Scheibe ab, ein Stück so groß und dick wie ein Smartphone. Es zischt und qualmt, als er das Fleisch auf den Grill legt. Das teuerste Steak der Welt ist aus Japan nach Deutschland gekommen. Fleisch mit jahrhundertealter Tradition, ein Fleisch, um das sich Legenden ranken und winden: Seit wenigen Wochen darf Kobe Beef in die EU importiert werden. Kobe – eine 1,5-Millionen-Einwohner-Hafenstadt auf der Insel Honshu. Hier fängt alles an. Von hier aus wird der gesamte Warenkreislauf kontrolliert. Für Kobe-Fleisch kommen nur Rinder der zumeist pechschwarzen Tajima-Rasse infrage, die teuersten Hausrinder der Welt, aber auch nur dann, wenn sie in der Präfektur Hyogo, also der Gegend um Kobe, geboren sind. Mehr noch: Sie müssen von einer Kuh abstammen, deren Stammbaum sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, und in der Region auch gemästet worden sein: mit Reisstroh, Sojamehl, Weizenkleie. Kein Gras. Und zu saufen gibt’s nur Wasser, viel Wasser. Gutes Wasser. Tajima-Rinder sind im Grunde genommen Arbeitstiere mit flottem 83 PRIVAT Michael Böhnke ist Küchenchef im Berliner Steakhaus „Grill Royal“. Das Etablissement bekam als erstes Restaurant in Europa die Lizenz, seinen Gästen Kobe-Fleisch aufzutischen. Stoffwechsel. Wenn man sie mästet, werden sie schnell fett. Und dieses Fett lagert sich so feinädrig, so dicht, so wunderschön ziseliert in den Muskeln ab wie in den Muskeln keines anderen Rindviechs der Welt. So ein Entrecôte ist schöner marmoriert als eine Wand in Versailles. Im Alter von 32 Monaten ist das Leben eines Kobe-Rinds in der Regel vorbei. Der Schlachter wartet. Nun rücken staatliche Kontrolleure an, um das Fleisch zu begutachten: Das Fett muss hell, fast weiß, das Fleisch richtig rot und fest sein und geädert wie aufgeschnittener Trüffel. Für jede Qualitätskategorie werden Noten von 1 bis 5 vergeben. 5 ist die beste Note. Kobe-Fleisch muss mindestens mit 4 bewertet werden. Ein Zertifikat, der Blüte einer Chrysantheme nachgebildet, prangt als goldfarbenes Siegel auf der Verpackung. Erreicht das Fleisch auch nur in einer einzigen Kategorie nicht die Mindestnote, erhält es kein Zertifikat. Und alle Mühe war umsonst: all die Jahre, die die Bauern in Kobe, häufig mit nur zwei Rindern im Stall, aufgewendet haben. Die Kontrolleure sind streng: Von den 7.000 Tajima-Rindern aus der Region, deren Fleisch sie im vergangenen Jahr geprüft haben, erfüllte nur etwas mehr als jedes zweite alle Bedingungen. D Der Mann, der das Kobe-Fleisch nach Deutschland bringt, heißt Frank Albers. Ein Düsseldorfer, 40 Jahre alt. „Das ist das ultimative Fleisch“, sagt er. „Mehr Qualität und mehr Tradition gibt’s nicht.“ Für ihn ist Kobe-Fleisch wie eine neue Farbe: Die Köche könnten mit ihm ganz neue Bilder malen. Außer Albers gibt es in Deutschland noch einen zweiten Kobe-Importeur, in München. Seine Lagerhallen hat Albers in der Nähe des Düsseldorfer Flughafens. Er trägt eine taubenblaue Chinohose, ein weißes Hemd, eine graue Weste, einen Dreitagebart. Er spricht Englisch, Französisch, Spanisch. Er hat die zarten Finger dieser Start-up-Jungs aus Berlin. Aber er ist ein Fleisch-Mann aus Düsseldorf. Sein Vater und sein Onkel haben den Betrieb gegründet. Schon als Frank sechs Jahre alt war, begleitete er seinen Vater zum Fleischhandeln auf den Düsseldorfer 84 3 Mythen Die Aufzucht von Kobe-Rindern hat eine Tradition, die bis ins 17. Jahrhundert zurückgeht. Mit den Jahren entstanden Legenden. Musik Angeblich hören Kobe-Rinder zur Entspannung Musik. Der Verband der Vermarkter von Kobe-Fleisch teilt mit: In Einzelfällen komme das vor. Massagen Japanische Bauern kneten ihre Rinder der Legende nach zur Entspannung durch. Auch das mag auf manchen Höfen die Praxis sein, heißt es aus Kobe. Maischen Dass die Rinder auch Bier söffen, stimmt wohl eher nicht. „Es habe so gut wie keine Fälle“ von BierDoping gegeben, sagen die Vermarkter. Großmarkt. Frank Albers lernte Groß- und Außenhandelskaufmann, schloss ein Wirtschaftsstudium an und stieg 2002 in den Familienbetrieb ein. Er leitet ihn heute gemeinsam mit seinem Cousin. Albers kann sich furchtbar über den deutschen Fleischmarkt echauffieren. „Hierzulande zählt: Hauptsache billig. Billig!“ Wenn er das Wort schon hört, wird er sauer. Außerdem würden in Deutschland meistens Bullen gemästet. Und warum? Weil die schneller an Gewicht zunähmen. Albers bevorzugt durchwachsenes Ochsen- und Färsenfleisch. Das Fleisch der Bullen aus Deutschland sei ihm zu mager und zu fest. Der Geschmack? „Wässrig, langweilig, charakterlos“, räsoniert Albers. Außerdem würde die Güte des deutschen Fleisches – anders als in Japan, den USA und Australien – nicht von staatlichen Kontrolleuren bewertet, geschweige denn in mehreren Kategorien. Albers wundert sich nicht, dass die Deutschen langfristig immer weniger Rindfleisch äßen. „Andererseits“, sinniert er: „Vielleicht konsumieren die Deutschen ihr Fleisch dann ja bewusster ...“ „Schlauchboot oder Superjacht?“ Das war nach dem Studium die Frage, die sich Albers gestellt hat. Schlauchboot waren Wurst und Mett. Superjacht war Edelfleisch. „Es gibt in Deutschland viele Menschen, die über Geld nicht nachdenken müssen.“ Und es gebe viele, die sich mal ein sehr gutes Stück Fleisch leisten wollen. Er führt durch seinen Betrieb: In den Hallen lagern bei 1,5 Grad Celsius Steaks im Wert von mehreren Millionen Euro. Albers bezieht sie aus Omaha im US-Bundesstaat Nebraska. Zu seinen Lieferanten SEPTEMBER 2014 Foto: Steffen Roth, Getty Images KOBE-FLEISCH gehört ein australischer Züchter, der japanische Wagyu mit schottischen Angus-Rindern kreuzt. Und ein irischer Steakproduzent, der sein Fleisch drei Wochen trocken reifen lässt. Manche Kartons leitet Albers geradewegs weiter an seine Kunden. Andere werden geöffnet, Metzger schneiden das Fleisch zu. Albers beliefert Sterneköche wie Jean-Claude Bourgueil, Gastwirte wie Gerd Käfer, das Londoner Edelkaufhaus Harrods und, über seinen Internetladen, auch Privatleute. 300 Gramm KobeFleisch (Mindestabnahmemenge) kosten 114 Euro. Die Geschäfte laufen gut. Seine Firma, 30 Mitarbeiter, setzt gut und gerne 30 Millionen Euro um. In den vergangenen sieben Jahren, erzählt er, seien die Einnahmen in jedem Jahr um mindestens zehn Prozent gewachsen. Albers bleibt vor einem Kartonberg mit japanischen Schriftzeichen stehen. 15 Jahre lang hat er versucht, an Kobe-Fleisch heranzukommen. Doch lange wollten die Japaner ihr Kulturgut für sich behalten, und als sie dann schließlich doch liefern wollten, standen EU-Vorgaben im Weg. In Japan gehorcht die Fleischwirtschaft anderen Regeln als in Europa. Aber im Juli dieses Jahres waren die Barrieren endlich beseitigt: Der Präfekt von Hyogo bat Albers und einen Importeur aus Monaco nach Kobe. Vorher waren Kobe-Vertreter nach Düsseldorf gereist, sie sahen sich seinen Betrieb an, seine Geschäftszahlen und die Vermarktungsstrategie: Denn die Japaner wollen nur mit Siegertypen zusammenarbeiten. Ärger kann sich die Kobe Beef Marketing & Distribution Promotion Association nicht erlauben. Für die Lizenz musste Albers eine Gebühr von umgerechnet 3.000 Euro bezahlen. Es gab eine kleine Zeremonie in einem Hotel in Kobe. Viele Ansprachen, Albers verstand kein Wort. Dann überreichte man ihm eine Goldskulptur, ein Zertifikat und einen Wimpel. Zwei Tage später war das erste Kobe-Fleisch in Düsseldorf. Zurück in Berlin, im Restaurant „Grill Royal“, das auch eine Lizenz in Japan erwerben musste und sich nun als erstes lizenziertes Kobe-Restaurant in Europa bezeichnen darf. Eine Kühlspedition bringt das Fleisch von Importeur Albers nach Berlin. Küchenchef Michael Böhnke (46) hat extra einen Teppanyaki-Grill angeschafft: Der liefert hohe Temperaturen. Albers musste dafür bürgen, dass die Berliner ein würdiges Kobe-Restaurant führen. Trotzdem haben SEPTEMBER 2014 Strengste Fleisch-Auslese der Welt: Echtes KobeFleisch stammt von Tajima-Rindern aus der Gegend um Kobe, wo sie gemästet und geschlachtet werden. Nur Fleisch mit Bestnoten wird zertifiziert. sich die Wächter aus Kobe bereits für einen Besuch im „Grill Royal“ angemeldet. Böhnke, der Koch, holt eine Tafel hervor, die bei der letzten Lieferung dabei war: Von welchem Hof stammt das Fleisch, wer hat es verschickt. Auch ein Foto des Bauern steckt dazwischen. Und dann ist da der zehnstellige Code, mit dem sich der Ursprung jedes Steaks bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Böhnke findet das „super“. Jedes Stück Fleisch eine Geschichte. I In Böhnkes Reifeschrank lagern viele Geschichten, und er verkauft auch viele davon: 1,8 Tonnen im Monat. Der Küchenchef kann kenntnisreich über Trends der Fleischreifung referieren. Trockenreifung zum Beispiel: Das Fleisch hängt in Reifeschränken ab, Enzyme lösen die Muskelfasern auf und machen das Steak zart und mürbe, ein leichter Schinkengeschmack entsteht. Am weitesten verbreitet ist die Reifung in der Vakuumverpackung. Es ist die kürzeste Reifung, sie intensiviert den Geschmack, das Fleisch wird mürber. Auch Kobe-Fleisch wird vakuumverpackt. Zeit für eine Verkostung. Griller Henry Zimmermann braucht zum Braten kein Öl, das Kobe-Fleisch ist fett genug, er brät es scharf an – keine zwei Minuten – und schneidet es dann in Streifen. Etwas portugiesisches Meersalz dazu – fertig. Für eine Steaksauce wäre dieses Fleisch zu schade. Also, wie schmeckt das teuerste Steak der Welt? Das Fleisch ist von außen knusprig. Wer Festigkeit und Steakhaftigkeit beim Kauen erwartet, wird überrascht: Das Innere ist sehr weich, fast cremig. Fleisch? Es liegt auf der Zunge wie eine „Foie gras“, eine Gänsestopfleber. Sofort breitet sich das Fett im Mund aus – und ein kräftiger Geschmack von Rind ... und Butter, begleitet von einer ganz leisen Melodie von Röst-Aromen, die beim Anbraten entstanden sein müssen. Es ist der Überraschungseffekt beim Kauen, der Kobe-Fleisch zum Erlebnis macht. Und der Fett-Kick. Als Hauptgericht sollte man deshalb aber nicht allzu viel davon essen. Dafür bleibt der Geschmack noch lange auf der Zunge. Nichts zum Sattwerden. Aber ein Genuss. VOLKER TER HASEBORG 85 PRIVAT Max Hollein ist der einflussreichste Museumsdirektor des Landes und möglicherweise der beste Manager Frankfurts: Das Städel, die Schirn Kunsthalle und das Liebieghaus hat Hollein zu internationaler Geltung geführt. Heute: Warum die Kultur viel mehr engagiertere Bürger und Unternehmer braucht. D ie Zukunft der Kultureinrichtungen in Deutschland, die finanziellen Möglichkeiten zur Fortentwicklung unserer Museen sichert nicht der Staat – der wesentliche Faktor wird das gesellschaftliche und bürgerliche Engagement sein: das Mäzenatentum. Neunzig Prozent der Kulturfinanzierung in Deutschland entfallen derzeit noch auf Bund, Länder und Kommunen – mit der Folge, dass dieses Land zum einen eine besonders vielfältige und reichhaltige Kulturlandschaft aufweist, um die uns viele andere Länder beneiden, deren Erhalt zum anderen aber auch eines fiskalischen Kraftaktes bedarf. Insofern liegt das wirkliche Potenzial für die Weiterentwicklung von Kulturinstitutionen – und eine solche hat immer mit einem zusätzlichen monetären Spielraum zu tun – bei jedem einzelnen Bürger. Gesellschaftliches Engagement sollte, ja es muss in Zukunft ein selbstverständlicher Teil des persönlichen Handelns werden. Private Spenden und Förderungen durch gemeinnützige Stiftungen haben hierzulande zwar eine lange Tradition, aber die Kultur des Mäzenatentums ist in Deutschland immer noch wenig ausgeprägt: Die Deutschen spenden im Durchschnitt 0,4 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für gemeinnützige Zwecke, Briten und Schweizer hingegen das Drei- und die Amerikaner gar das Fünffache. In Bezug auf eine umfassende Spendenkultur sind wir noch ein Entwicklungsland. 1 86 2 1 Museum Frieder Burda Vorbildliches, weil ohne fremde Hilfe errichtetes Museum in Baden-Baden. Es feiert sein zehnjähriges Jubiläum. 2 Museum of Modern Art Fotosimulation des geplanten Skulpturengartens in New York. 3 Whitney Museum of American Art 2015 zieht das Museum um. 4 Städel Museum Die Bullaugen sind aus bruchsicherem Glas, damit man den neuen unterirdischen Erweiterungsbau auch von oben betrachten kann. Selbst bereinigt um steuerliche Unterschiede zwischen den Staaten hinken wir hinterher – die Erbengeneration im wohlhabendsten und blühendsten Land innerhalb der EU. Insbesondere die angloamerikanische Kulturszene ist von einem starken Mäzenatentum geprägt. Das „Do not ask what your country can do for you, but what you can do for your country“ gilt auch für die Gemeinnützigkeit, für Spenden – gerade für angesehene kulturelle Einrichtungen, die größtenteils nicht vom Staat, sondern von den Philanthropen im Bürgertum getragen werden. Es gibt nur zwei Gründe, in den USA in einem Gremium einer solchen Institution zu sitzen: „Either you bring money or you give money“. Dabei wird nicht gekleckert: 100 Millionen Dollar scheinen das richtige Signal zu sein. Diesen Betrag will David Rockefeller dem Museum of Modern Art spenden wie zuvor schon Stephen Schwarzman, Chef der Investmentfirma Blackstone, der New York Public Library. Und es waren ebenfalls 100 Millionen Dollar, die der Chemie- und Öl-Industrielle David H. Koch dem Lincoln Center übergab und, etwas weniger, dem Metropolitan Museum für die Umgestaltung seiner Außenanlagen. In all diesen Fällen wurden wesentliche Infrastrukturprojekte nicht nur gefördert, sondern vielmehr gefordert und angestoßen: Mäzene engagieren sich, sie spenden hohe Summen, übernehmen Verantwortung – und mischen sich ein. Aus diesem Engagement entspringt auch die große Dynamik, die diese Institutionen an den Tag legen. 3 SEPTEMBER 2014 Fotos: picture alliance / dpa, Getty images, picture-alliance / Rainer Hacken, dexigner.com, Gaby Gerster Wenn sich ein Wechsel für dich auszahlt, dann ist es Während in Deutschland der Aufsichtsrat von Kulturinstitutionen in der Regel von Vertretern der zuständigen Ministerien und Dezernate besetzt ist, deren Aufgabe darin besteht, die Einhaltung des Jahresplans zu gewährleisten, ist das Board einer US-Institution von Unternehmern und Managern geprägt, die eine zukunftsorientierte Expansion verlangen. Sie wenden ihr betriebswirtschaftliches Instrumentarium der Betriebsprüfung, Analyse und strategischen Planung auch auf die kulturellen Einrichtungen an. Nicht die Bewahrung und Erhaltung des Status quo ist das Ziel, sondern die konkurrenzorientierte Ausweitung des Spielraums. Es ist kein Zufall, dass zum Beispiel aktuell in New York wieder einmal nahezu alle wesentlichen Kunstmuseen große Expansionsprojekte verfolgen: Das Museum of Modern Art vergrößert sich nochmals vehement um 3.700 Quadratmeter, das Whitney Museum eröffnet nächstes Jahr sogar ein neues Hauptgebäude, während das Metropolitan Museum dafür nach dem Sommer das gesamte ehemalige Whitney-Gebäude übernehmen wird. Die ehrwürdige Frick Collection präsentierte soeben einen großen Ausbauplan, und das Guggenheim Museum sucht sein Erweiterungsglück in Helsinki und Abu Dhabi. Im Sinne einer modernen Bürgergesellschaft gilt es, diesen Impetus des mäzenatischen Handelns auch hier in Deutschland zu stärken und professionell zu kanalisieren. Ob Forschung, Gesundheitswesen, Bildung oder Kultur: In all diesen Bereichen wird in Zukunft das Engagement Einzelner den Ausschlag geben, ob man an der Spitze mitspielt oder nicht. Vielerorts in Deutschland leben Bürger diesen Anspruch bereits vor – ob es nun die engagierte Frankfurter Bürgerschaft und ihr Einstehen für das Städel Museum ist oder auch das gänzlich privat ermöglichte Museum Frieder Burda, das soeben sein zehnjähriges Bestehen feiert. Wir alle brauchen mehr davon. 1 4 Die Wechseln-lohnt-sich-Wochen Bis zu 250 € Gutschrift* Gutschrift sichern und günstig handeln! ■ Beim „Besten Onlinebroker“ 2014 ■ Dauerhaft günstig handeln – ab 9,90 € ■ Bis 30.11.2014: Gutschrift für Depotübertrag Jetzt Depot wechseln: www.ing-diba.de oder 069 / 50 50 20 51 *Im Aktionszeitraum vom 01.09.- 30.11.2014 bedanken wir uns für einen Depotübertrag ab 5.000 € mit 20 €, ab 50.000 € mit 100 € und ab 250.000 € mit 250 € Gutschrift auf Ihr Verrechnungskonto. Voraussetzung: Die übertragenen Wertpapiere verbleiben mind. 6 Monate bei der ING-DiBa. Jeder Kunde ist nur einmal prämienberechtigt und es zählen nur übertragene Wertpapiere, die vorher nicht bei der ING-DiBa verwahrt wurden. Interne Depotüberträge sind ausgeschlossen. SEPTEMBER 2014 PRIVAT Fred Baader war in den 90er-Jahren und auch später noch mit seiner Agentur Baader Lang Behnken einer der Großen in der deutschen Werbewirtschaft. Jüngst veröffentlichte der Hamburger Genussmensch sein erstes Kochbuch. 1 LA SOUPE POPULAIRE Nun ist es nicht so, dass man das noch nie gesehen hätte: Edelverrottete Wände, Stahltüren, Sperrmüllbohème. Den „Geschmack von Rost und Knochen“ kann man, vom New Yorker Lagerhausviertel Tribeca bis Hamburg-Altona, schon reichlich besichtigen. Dennoch, die Industrie-Ruine der ehemaligen Bötzow-Brauerei als Gehäuse für ein Tim-Raue-Restaurant (sein drittes, mein liebstes) ist grandios. Und die Küche sowieso. Weil sie genau das bietet, was die Menschen so lieben: einfache Gerichte mit besten Produkten, unkapriziös zubereitet. Da gibt es Kabeljau mit Schmorgurke oder Boeuf Bourguignon mit Kartoffelstampf. Für zwei Personen zahlte ich 115 Euro (für drei Gänge). Nix zu meckern also. Selbst die Kunstwerke im angegliederten Atelierhaus wirkten nicht weiter störend. La Soupe Populaire, Prenzlauer Allee 242, 10405 Berlin, Tel. (030) 44 31 96 80, www.lasoupepopulaire.de. Geöffnet: Donnerstag bis Sonnabend, 12.00 bis 24.00 Uhr 2 100 PARKERPUNKTE Manchmal ist ein Preis nicht nur ein Preis. Sondern auch Kommunikation. Er kann zum Beispiel über einen Wein mehr aussagen als die wortgewaltige Annonce des Sommeliers. 100 Euro schmeckt besser als 50. So einfach ist das. Ähnlich einfach, aber dann doch nicht ganz so parvenühaft, ist das Punktesystem des Amerikaners Robert Parker. Damit hat er die Welt der Weine vermessen, und alle folgen ihm: 100 Punkte sind Maximum, 50 Punkte Gift. Kürzlich trank ich mit Freunden den ersten 100-Punkte-Wein meines Lebens. Einen 2000er Château Margaux. Was soll ich sagen? Soll ich ausflippen wie Mr. Parker: „Im Mund ragt der Wein wie ein Wolkenkratzer auf…“? Tatsächlich denke ich, jeder sollte einmal im Leben einen solchen Wein getrunken haben. Der 2000er Château Margaux. Heute 930 Euro, vor 13 Jahren die Hälfte. Tel. (02 21) 139 72 80, www.koelner-weinkeller.de 3 TÖLZER KASLADEN Mittlerweile gibt es in jeder größeren deutschen Stadt ein Käsefachgeschäft. Dieses ist das beste. Im Angebot finden sich 200 überwiegend französische Käsesorten. Darunter Klassiker wie Comté, Fougerus, Roquefort. Aber eben auch Seltenheiten wie der Herve aus Belgien. Alle Käse sind perfekt gepflegt und auf den Punkt gereift. Man muss nicht Stammkunde sein, um die besten Stücke zu ergattern. Der Kasladen hat nur beste Stücke. Es gibt vier Filialen in Bayern, aber die eigentliche Attraktion ist der Versandservice. Problemlos wie beim Otto-Versand wird von heute auf morgen auch in den entlegensten Winkel verschickt. Tölzer Kasladen, Marktstraße 31, 83646 Bad Tölz, Tel. (0 80 41) 793 84 47, www.toelzer-kasladen.de 88 SEPTEMBER 2014 GESCHICHTE IST WISSEN. EPOS ist das neue iPad-Magazin für Wissen und Geschichte. Erleben Sie Geschichten, die spannend, tiefgründig und unterhaltsam zugleich sind. 4 ROASTBEEF MIT KRÄUTERN Die ganze Familie, ein großes Stück Fleisch, ein langer Tisch – das sind Sternstunden der menschlichen Zivilisation. Nichts ist kommunikativer, integrativer, herzerfrischender als gemeinsames Essen und Trinken. So viel zur Metaebene. Rein praktisch bietet ein großer Roastbeefstrang die Möglichkeit, zwölf Personen unfallfrei, sprich: gleichzeitig, mit heißem Essen zu versorgen. Foto: Johannes King, Tölzer Kasladen, Fred Baader, La Soupe Populaire, Heiner Bayer Mein Rezept mit Einkaufsliste und Anleitung finden Sie auf wwww.bilanzmagazin.de und in der BILANZ-Tablet-App. Ausgabe 1: Der Erste Weltkrieg – Als Europa Selbstmord beging. EPOS präsentiert Ihnen ein bedeutendes Stück Zeitgeschichte, multimedial-aufwändig dargestellt: opulent bebildert mit 200 Fotos emotionale Momente durch 40 historische Videos spannend erklärt anhand von 50 animierten Karten und Grafiken packender Lesegenuss in 24 Geschichten Jetzt downloaden! 5 KINGS KIOSK Es ist kein Restaurant. Nicht mal ein Bistro. Schon eher die kleine Bude, die man Kiosk nennt. Johannes King lässt dort Miniatur-Gerichte servieren, die aber aus dem gleichen Sternematerial sind wie die große Fressoper in seinem Restaurant. Es gibt Lachstatar, Zwillings-Burger aus Wagyu-Beef, Gemüsesalat mit Erbsencreme. Drei Gänge braucht man, um satt zu werden, und zahlt dafür inklusive Wein im Schnitt 50 Euro. Für das, was der Kiosk sonst noch sein soll, nämlich Shop für feine Alimentari und LuxusCaterer, habe ich leider keine Verwendung. Vier Tische und ein Garten: Kings Genuss-Shop, Gurtstieg 2, 25980 Keitum/Sylt, Tel. (0 46 51) 967 77 90, www.johannesking.de SEPTEMBER 2014 Ein Produkt von In Zusammenarbeit mit BILANZ-GEWINNER Lars macht mobil Lars Windhorst scheut bei seinen Empfehlungen auch vor Binsenweisheiten nicht zurück. 90 Neue Geschäfte in London Windhorst lebt seit ein paar Jahren in London, das sei „alternativlos“ für sein Geschäft. In seinem Beirat finden sich bekannte Namen: der ehemalige ContinentalChef Hubertus von Grünberg, Staranwalt Georg Thoma, Air Berlin-Gründer Joachim Hunold, daneben Martin Richenhagen, deutscher Chef des US-Agrarkonzerns Agco, und Berater Roland Berger. Die Geschäfte drehen sich heuer um Landwirtschaft, Rinderzucht, Kohle, Rechnerspiele, elektronische Fußfesseln. Die Luxemburger Immobilienfirma Grand City Properties bezuschusst Windhorst 2013 mit Kapitalerhöhungen von über 211 Millionen Euro; zudem fördert er seit August die Berliner Fotogalerie C/O. „Wir investieren in Unternehmen, die wir für zukunftsfähig halten“, sagt er. Das gegenteil hätte auch verwundert. Seine eigene Zukunft gestaltet er mit Motorjacht und Privatjet natürlich standesgemäß. Zweite Pleite 2009 Die Nord LB verklagt Sapinda auf 150 Millionen Euro Schadensersatz: Windhorst hatte bei der Bank Aktienpakete geordert, sie dann aber nicht abgenommen. Er meldet für Vatas Insolvenz an, das Landgericht Berlin verurteilt ihn. Er zahlt eine Million Euro Schadensersatz. Im September heiratet Windhorst seine russische Freundin Tatjana (Foto o.). Ulrich Marseille ist auf der Hochzeit zu Gast. 2014 Lars Windhorst (r.) und Anwalt Robert Unger im LG Berlin 2006 Lars Windhorst (l.) mit dem Geldanleger Rob Hersov 2004 Asien-Reise mit Helmut Kohl Windhorst ist 18, und das Kanzleramt ist am Apparat: Helmut Kohl reise nach Asien. Ob Windhorst mitkommen wolle. Der Kanzler reserviert ein Grundstück in Ho-Chi-Minh-Stadt für den Windhorst-Tower, 55 Etagen. Windhorst hat endlich auch eine Wohnung in Hongkong: „Aber ich wusste nicht mit der Öffentlichkeit umzugehen.“ 1995 1976 Geboren am 22. November in Rahden „Ich wusste von Kindheit an, dass ich Unternehmer werden wollte.“ Mit 14 Jahren gründet er die Firma Windhorst Electronics, importiert später PC-Teile aus Hongkong und China. Mit 16 überzeugt er seine Eltern und die Schulleiterin am Gymnasium Espelkamp (Foto), dass es besser sei, die Schule jetzt abzubrechen: „Die beste Entscheidung meines Lebens.“ Ein Jahr später macht er 80 Millionen Mark Umsatz. Aufstieg mit Vatas Windhorst entwickelt sein Talent, Menschen zu bezirzen (auch jene, die seinetwegen Geld verloren haben): Er lädt ein zum Dinner, man nippt Champagner, redet und redet und redet und redet. Gegner werden wieder zu Vertrauten. Vatas, eine Tochtergesellschaft von Sapinda, kauft sich bei Air Berlin ein, er selbst bei Freenet. Als der Halbleiterproduzent Infineon einmal schnell-schnell 200 Millionen Euro braucht, besorgt Windhorst das Geld binnen eines Tages. Erste Pleite 2004 Weil sie seit Jahren überschuldet sind, muss Windhorst für drei seiner Firmen Insolvenzanträge stellen, es folgt der Privatbankrott: 81 Millionen Euro Forderungen. Klinikbetreiber Ulrich Marseille, der ihm zehn Millionen geliehen hatte, soll Windhorst in dessen Büro an den Kragen gegangen sein. Windhorst kann kein Konto mehr eröffnen und kein Telefon kaufen. Trotzdem gründet er noch im selben Jahr mit dem süd afrikanischen Investor Rob Hersov die Investmentfirma Sapinda. 2009 Glaube an deine Idee. Widme dich ihr voll und ganz, sei fleißig und diszipliniert. Und vor allem: Gib nicht nach den ersten Niederlagen auf!“ Flugzeugabsturz in Kasachstan In der Weihnachtszeit anno Tobak 2007 ist Windhorst auf dem Weg nach Hongkong. Kurz nach einem Tankstopp in Almaty stürzt die Maschine ab. Im städtischen Krankenhaus (Foto) wird Windhorst operiert, sein Ohr angenäht und ihm natürlich Ruhe verordnet. Er denkt: „Scheiße, ich habe Termine!“ Keine vier Wochen später sitzt er wieder im Büro. SEPTEMBER 2014 Fotos: Söderblom-Gymnasium, Air Berlin, REUTERS, ullstein bild – dpa, picture alliance / dpa, picture alliance / BREUEL-BILD, Claudia Janke / Agentur Focus Lars Windhorst, der Ostwestfale, versteht vom Auf und Ab des Lebens jede Menge. Nach zwei Pleiten operiert er nun beherzt von London aus. Farbkreis Erfinder: Johann Wolfgang von Goethe Deutschland, 1809 Breites Spektrum. Made in Germany. LBBW Aktien-Anleihen. Rund 4.000 Aktien-Anleihen auf deutsche und europäische Standard- und Nebenwerte sprechen für sich. Die Landesbank Baden-Württemberg ist der Top-Anbieter in dieser Produktklasse (Platz 1 in der aktuellsten DDV-Marktvolumenstatistik). 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