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SEPTEMBER 2014 ICON ICON September 2014 Dream on! JUERGEN TELLER Eine Fotoserie kuratiert von ANNIE LEIBOVITZ, JUERGEN TELLER und BRUCE WEBER E r h ä l t l i c h a u s s c h l i e ß l i c h i n L o u i s V u i t t o n G e s c h ä f t e n . T e l . 0 2 11 / 8 6 4 7 0 0 l o u i s v u i t t o n . c o m ANNIE LEIBOVITZ WWW.WUNDERKIND.COM/SHOP moncler.com D E S I G N P O R T R A I T. Michel, Sitzsystem design von Antonio Citterio. www.bebitalia.com B&B Italia Stores: München, Maximiliansplatz 21 - Tel. 089 461 368 0 Berlin, Torstrasse 140 - T. +49 3024 0477377 Plz 0 1 2 3 4 5 Andreas Weber T. +49 51305840584 weber@designkollektionen.de Plz 5 6 7 Thomas Köber T. +49 173 7490937 k2agentur@arcor.de Plz 0 7 8 9 Norbert Juelicher - T. +49 172 9572772 norbertjuelicher@t-online.de ALFRED EISENSTAEDT/THE LIFE PICTURE COLLECTION/GETTY IMAGES) Träum weiter, Darling N atürlich ist das Foto oben gestellt. Aber das macht nichts. Denn genau so haben wir uns das Leben von Sophia Loren und ihrem Mann Carlo Ponti doch vorgestellt damals. Sie volles Haar, volle Lippen, voller Sex-Appeal, umgeben von Dekorationspracht. Er liest ihr wahrscheinlich mal eben einen filmtauglichen Stoff vor. Amore mio. Amore dio. Nein, das Leben seinerzeit war nicht besser. Vor allem nicht für alle. Und doch lassen wir uns immer wieder gern von dem Glow der Jahre verzaubern, als es noch „Happy Few“, „Jetset“ oder „High Society“ als begehrenswerte Gesellschaftsformen gab. In unserer Selfie-gepeitschten Zeit, da zudem die Weltfugen so beben, wollen wir Sie also einladen, mit uns ein wenig abzutauchen, der schönen Unbeschwertheit nachzuhängen. Wir wollen Sie anregen und ermuntern. Die Allure ist nämlich nicht etwa ausgestorben, sie verzieht sich nur lieber ins Private. Und so möchte ich diese Ausgabe auch Gunter Sachs widmen. Er war der Letzte der wahren Playboys. Aber seine Inspiration bleibt. Der Jetset, den ich meine und der uns als Leitthema dieser (nun aufwendig gebundenen) Ausgabe begleitet hat, brauchte natürlich Geld für seinen Stil. Aber mit Geld allein gehörte man nicht dazu. Cover: Kleid von Valentino. Mantel: Ralph Lauren. Schuhe: Dolce & Gabbana. Schmuck: Chanel Haute Joaillerie IRINA VON GAGERN Das Eintauchen in andere Welten, Menschen treffen, ihre Visionen und Motivation erfahren – ganz egal ob Stierkämpfer, Golfkriegsveteran oder Hollywoodstar. Das ist es, was Irina von Gagern an ihrem Beruf als TV- und Printjournalistin reizt. Nach einem Volontariat in Berlin bei N24 und ProSieben zog sie 2000 nach London, berichtete für verschiedene Sender aus dem Königreich und begann parallel mit dem Schreiben. Heute lebt die 43-Jährige mit ihrem Mann und drei Kindern in Bayern auf dem Land. Wo sie ihre nächste Reportage hintreiben wird? Abu Dhabi? Kenia? So genau weiß sie das nie. Für uns reiste sie jedenfalls nach Umbrien und besuchte die Familie Bolza, deren Geschichte wie aus dem Märchenbuch klingt. Am liebsten wäre die Journalistin, die auf der Schwäbischen Alb aufgewachsen ist, mindestens eine ganze Woche lang in Umbrien geblieben, so herzlich war der Empfang. Und die Landschaft erst ... Aber lesen Sie selbst. Seite 96 TITEL: KRISTIAN SCHULLER; DIESE SEITE: MARTIN U.K. LENGEMANN; NIKO SCHMID-BURGK USCHKA PITTROFF Wenn sich jemand in Sachen Luxus auskennt, dann Uschka Pittroff. Die Autorin mit bayerischen Wurzeln lebt in Hamburg und hat seit jeher eine Schwäche für die schönen Dinge des Lebens und für Menschen, die sie gestalten. Als Gründerin und langjährige Chefredakteurin von „Amica“ und „fivetonine“, dem ehemaligen Luxusmagazin der „WirtschaftsWoche“, als Chefreporterin von „Cosmopolitan“ und heute als Autorin für ICON bereist sie die Welt – immer auf der Suche nach inspirierenden Kreativen. Für uns besuchte sie nun Jean-Claude Ellena, Chefparfümeur von Hermès, in seinem Haus in der Provence („Nicht nur ein Duft-Zauberer, sondern auch ein Bezauberer!“) und führte mit ihm und seiner Nachfolgerin Christine Nagel weltweit das erste Doppelinterview. Getrennt voneinander, aber mit den identischen Fragen. Und natürlich unterschiedlichen Antworten. Seite 110 NIKO SCHMID-BURGK Die Begeisterung für Fotografie hat Niko Schmid-Burgk von seiner Mutter geerbt. Mit 13 Jahren entwickelte er seine ersten Fotos in der Dunkelkammer eines Freundes. Nach dem Abitur assistierte der Münchner zwei Jahre lang bei mehreren Fotografen und studierte im Anschluss das Sujet in seiner Heimatstadt. Ende der 80er-Jahre ging er dann für eine längere Zeit nach Sydney. Das war der Beginn seiner Karriere als selbstständiger Fotograf. Heute lebt und arbeitet Schmid-Burgk wieder von München aus. Ob die Menschen vor seiner Kamera berühmt sind oder nicht, bei der Arbeit zählt für ihn vor allem das „pure menschliche Miteinander“. Das fand er diesmal bei der Familie Bolza in Umbrien. Sowie das für Außenaufnahmen nötige Quentchen Glück. Denn die graziösen Aufnahmen drohten zuerst im Morgennebel unterzugehen. „Doch plötzlich riss der Himmel auf und das Glück wurde umso größer.“ Seite 96 IMPRESSUM ICON Redaktionsleitung: Inga Griese (verantwortlich) Textchef: Dr. Philip Cassier Redaktion: Caroline Börger, Nicola Erdmann, Silvia Ihring, Sarah Lehnert, Lisa Strunz, Ligia Tudorica, Mira Wiesinger. Mitarbeit: Julia Hackober. Korrespondentin in New York: Huberta von Voss, Stylistin in New York: Nadja Rath; Korrespondentin in Paris: Silke Bender. Autoren: Susanne Opalka, Esther Sterath, Andreas Tölke Redaktionsassistenz: Ursula Vogt-Duyver Artdirektorin: Barbara Krämer Gestaltung: Katja Schroedter, Maria Christina Agerkop Fotoredaktion: Julia Sörgel; Elias Gröb, Sophie Henkelmann Verlagsgeschäftsführung: Jan Bayer (Vorsitzender), Dr. Stephanie Caspar General Manager: Johannes Boege Gesamtanzeigenleitung: Stephan Madel; Anzeigen ICON: Roseline Nizet (roseline.nizet@axelspringer.de) Objektleitung: Carola Curio (carola.curio@axelspringer.de) Verlag: Axel Springer SE Repro: Druckvorstufe WELT GRUPPE Berlin Druck: Prinovis Ltd. & Co KG, Nürnberg Herstellung: Olaf Hopf ICON ist ein Supplement der „Welt am Sonntag“, die nächste Ausgabe erscheint am 12. Oktober 2014. Sie erreichen uns unter ICON@wams.de Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit. 21 ICON SEPTEMBER 2014 KRISTIAN SCHULLER Oben: Daphne trägt einen Mantel von Saint Laurent. Rechts oben: Mantel von Akris. Kopfbedeckung und Handschuhe: Dolce & Gabbana. Rechts: Mantel von Michael Kors. Armreif und Ohrringe: Piaget. Mehr von unserem ParisShooting finden Sie ab Seite 56 28 38 AUSGEWÄHLT 52 ÜBE RIRD I SCH Gibt es ihn überhaupt noch, den echten Jetset? Unsere Lifestyle-Weisen sind da wie immer grundpositiv gestimmt SEHR RUHMA NTISCH Was tun, wenn die Leinwandgöttin ganz irdisch ein Kleid braucht? Elie Saab weiß, was zu tun ist – und wir jetzt auch 56 LA D OLC E ICONA Unsere Fashion-Ikone und Icomi lassen es fürs süße Leben mal total krachen. Man darf wohl sagen: Es hat sich gelohnt AUF DEM DACH DER WELT Das „Peninsula“ ist Inbegriff von Eleganz. Im europaweit ersten Haus, in Paris, kleideten wir unser Model dementsprechend ein 70 TO DSDAL FEMININ Bis Alessandra Facchinetti kam, vermisste man bei Tod’s eine Damenkollektion. Das hat sich geändert. Gründlich MODE 40 DE R KICK BEI M STRICK Von wegen großmütterlich: Mit diesen Strick-Kombinationen gehören Sie mindestens auf die Fifth Avenue 72 FIRENZE O HNE GRENZE Wo ist der italienische Glamour hin? Ermanno Scervino will ihn wiederbeleben. Wir sagen: mit großer Chance 42 ME INE H ERREN! Lange waren Blazer, Anzug und Co. bei Frauen nicht mehr sonderlich populär. Das sieht nun anders aus. Im Wortsinn 76 ENO RMER DRUCK Die High Society liebte ihre Prints. Doch Mary Katrantzou orientiert sich derzeit neu. Die High Society liebt’s wieder 44 CAT WOMAN Für das Tier in der Frau: Schwäne, Katzen und Rehe gehören in diesem Herbst nicht nur in Hof und Wald 78 50 SILBE RHOCHZEI T Vintage, aber richtig: Bei Cameron Silver glauben die Stars, früher sei alles besser gewesen. Oder zumindest die Mode SEI NICHT MO NTY, PYTHO N! Im Paradies hat die Schlange ziemlichen Mist gebaut. Als Accessoire macht sie sich gut. Wir brauchen außerdem mehr Kilim Und natürlich digital: Auf dem iPad in der WELT sowie online auf welt.de/icon Kleid: Ungaro. Schmuck: Chopard. Uhr: Patek Philippe. Schuhe: Prada. Koffer: Louis Vuitton. Der Mann mit der dunklen Brille ist der Fotograf Kristian Schuller ICON 23 Tel. +49.89.2080770 ICON SEPTEMBER 2014 Animal-Print gehört nach Afrika: Kassandra trägt ein Oberteil und einen Rock von Gucci. Mehr von unserem Shooting in Namibia sehen Sie ab Seite 80 Kleid und Mantel von Louis Vuitton Ein großes Dankeschön gilt Frauke Haas aus der Botschaft von Namibia in Berlin und auch dem deutschen Botschafter in Windhuk, Onno Hückmann Oberteil: Tod’s. Rock: Akris. Mantel: Missoni. Schuhe: Casadei MODE 80 92 GANZ HE I S SES THEM A Bei dieser Mode halten Sie die Wüste Namibias für mindestens so glamourös wie einen Laufsteg in Paris Mantel und Schuhe: Jil Sander 108 WEIL’ S SO SCHÖ N WAR . . . 54 CARTIERS CARTE BL ANCH E In den Ateliers von Cartier scheut man weder Kosten noch Mühen, wenn es darum geht, Einzigartiges zu erschaffen. Mira Wiesinger wurde Zeuge von großer Opulenz 109 HINTER DEN KULISSEN 96 MACH MAL PAU SE Ihnen sagt Reschio nichts? Dann schauen Sie mal in Umbrien vorbei. Pferde, Grafen, Burgen – edler erholt es sich fast nirgends 112 GLOB AL DIARY Unsere Kartenschreiberinnen schicken diesmal Post aus Venedig und der Provence (nicht zu verwechseln mit Provinz) 113 ALLE S VOL L , MR. CRU ISE! San Pietro ist Sardiniens letztes Geheimnis. Also fast. In manches Restaurant kommen selbst Hollywood-Stars nicht hinein 114 DER B AU PL AN Alles Normcore, oder was? Dior baut auch Sneaker de luxe. Wir haben genau zugesehen, wie das funktioniert Sie war in den 90ern das erste Kampagnenmotiv von „Eternity“ und ist es nun wieder: Supermodel Christy Turlington. Inga Griese traf sie in New York zum Gespräch RÖME R MACHEN SCHÖN ER Kennedy und Bond: Wenn es ein Herrenlabel gibt, das für Jetset steht, ist es Brioni. Dahinter steckt viel Arbeit Kennen Sie Puig? Nie gehört? Aber die Parfüms des spanischen Konzerns kennen Sie. Ganz sicher. Susanne Opalka klärt auf KOSMETIK 104 NE UE S VON DEN P ROF I S Nach unserer Sommerpause haben unsere Beauty-Beiräte wieder so einiges zu erklären. Plus: neue Lieblings-Produkte 106 BE AUT Y MEETS FASHION GESCHICHTEN 46 Längst können Modehäuser uns nicht nur gut anziehen, nein, sie können uns auch schöner machen 107 KAUF DICH GLÜCKLICH In einer kleinen New Yorker Galerie finden Superreiche nun Dinge, die das Leben schöner machen. Und ja, auch ein eigenes Parfüm, das nach Glas und Beton duftet 48 GLANZ UND MA RELLA Sie galt als Stilikone der 60er-Jahre, war mit dem Patriarchen Gianni Agnelli verheiratet und hat nun ein Fotobuch über ihr schillerndes Leben veröffentlicht. Inga Griese hat vorab darin geblättert BELLA? MA RBELLA! Vergessen Sie St-Tropez. Die Geburtsstätte des Jetsets ist in Spanien. Wir trafen Tita von Thyssen, so eine Art Expertin 25 SHOP AT MATCHLESSLONDON.COM DISCOVER MATCHLESS STORE: BRADERUPER WEG 2 25999 KAMPEN / SYLT INFO: +49-89-998160 STILISTEN Wau! NET-SET Als Fotograf Edward Quinn (1920–1997) in den 50er-Jahren an die Côte d’Azur zog, entdeckte er die Liebe für ein ganz besonderes Motiv: Berühmtheiten und ihre Tiere. Ob Schauspielerin Brigitte Bardot, die mit ihrem Mischling im Bett kuschelt, Schriftsteller William Maugham, der mit seinem Pekinesen auf dem Boden herumtollt, oder Model Hjordis Tersmeden, die hier mit Zwergpudel und Afghanischem Windhund auf Spritztour geht – im Bildband „Celebrity Pets“ (teNeues Verlag) sind die schönsten Aufnahmen vereint. YESSSS! Ich habe in diesem Sommer nicht gearbeitet und nur Ferien gemacht! Ich habe die dollsten drei Monate meines Lebens verbracht. Drei Wochenenden auf Ibiza, zwei Wochen auf Mykonos, Hydra, Patmos, Salzburg, einige Tage in St-Tropez und in den Hamptons. Ich habe alles mitgemacht. Habe alles gesehen. Unvergessliche Sonnenuntergänge auf den Terrassen der teuersten besten Restaurants. Atemberaubende Hochzeiten umgeben von den glücklichsten Frauen und Männern dieser Welt. Rauschende Feste, Partys in den angesagtesten Nachtklubs bis zum Morgengrauen mit den coolsten Modedesignern, den hippsten Celebrities und sexiest Models ... weiße Strände am Mittelmeer, menschenleer mitten im August. War auf super Yachten und bei Barbecues an endlosen Swimmingpools mit amerikanischen Milliardären. Drei intensive Monate Luxusleben an den schönsten Plätzen dieser Welt, umgeben ausschließlich von „the beautiful people“. Und all das ohne jemals einen Flughafen zu streifen, voll von internationalen Touristenmassen (keine Zwei-Liter-Flaschen Wasser am Security Check, pleeeaase!!!), ohne ein Hotel oder eine Einladung zu organisieren. Emmanuel de Kurzum: ein 200-Prozent-Jetset-Leben, ohne auch nur einen Cent dafür zu bezahlen. Gratis. Zu Hause. Nach getaner Arbeit. Abends auf FaceBayser book, gefüttert von meinen „Freunden“. Mitbesitzer von Ich habe den ganzen Sommer arbeitend verbracht und alles durch Vermittlung und die Augen anderer erlebt. Das ist wunderbar: keine NotwenThe Corner Berlin digkeit mehr, wie früher Magazine zu kaufen und vom unerreichbaren Glamour des Jetsets zu träumen. Vorbei das „smart set“ der 20er- und 30erJahre, der Fitzgeralds, Nouailles und Cocteaus. Vorbei auch der „Jetset“ von Slim Aarons mit Jackie, den Agnellis und Gunter Sachs. Heute ist die ganze Welt Jetset. „Ah, schau, ich habe gerade einen ganzen Abend mit Pharrell Williams verbracht“, sagte unlängst eine Freundin und zeigte mir ein Foto mit ihm auf ihrem iPhone, aufgenommen während der Berlin Fashion Week. Selfies, Social Media – das sind die neuen Schlüssel zum Eingang in das Reich des neuen Jetset. Ultra easy. In der Umsetzung nicht ganz. Man braucht schon Selbstbewusstsein, um jeden Star, der einem über den Weg läuft, um ein Foto zu bitten. Man muss schon extrem exhibitionistisch sein, um vor den Augen der Welt seine täglichen Erfolge auszustellen. Erst die Inszenierung des Ganzen: Outfit, Make-up, Lippen leicht geöffnet, Lächeln leicht angespannt, der Hintergrund ... und dann das Retouchieren, das Foto online stellen, alles zur richtigen Zeit, damit bloß eine maximale Anzahl von Freunden es auch sieht. Text verfassen, Kommentare beantworten. Ein Fulltime-Job! 28 2014 EDWARDQUINN.COM UNSERE LIFESTYLEWEISEN SIND NICHT NUR TREND- SONDERN AUCH WAHRE JETSETTER RE-VITALISIERT Die NEUE Intensive Revitalizing Mask Diese energiespendende Creme-Maske versorgt die Haut augenblicklich mit jugendlicher Frische. Wirkungsvolle Antioxidantien helfen, vor vorzeitiger Hautalterung, ausgelöst durch Stress und negative Umwelteinflüsse, zu schützen. In nur 8 Minuten erstrahlt die Haut von innen heraus geglättet, regeneriert und widerstandsfähig – dank der legendären Kräfte der Miracle Broth™. Erhältlich im autorisierten Fachhandel und unter CremedelaMer.de Mit wildem Wasser gewaschen UNE PHOTOGRAPHIE DE MONSIEUR ALAIN DELON PAR JEAN-MARIE PÉRIER (1966) POUR DIOR Coole Klamotte, provozierender Blick und barfuß: So bekam Jean-Marie Périer den Filmstar 1966 in St-Tropez vor seine Kamera. Alain Delon drehte dort gerade mit Romy Schneider den Film „La Piscine“, der drei Jahre später auch in Deutschland für Furore sorgte. Wie kein Zweiter verkörperte der Schauspieler damals das Versprechen von ungezähmter Männlichkeit. 1966 aber lancierte das Modehaus Dior sein erstes Männerparfum: „Eau Sauvage“. Ein Zufall? 2009 verwendete das Unternehmen jedenfalls das in seiner Lässigkeit so aufreizende Foto für eine neue Kampagne des Duftklassikers. Nachzulesen im prachtvollen Bildband „Dior, The Perfumes“ (Rizzoli Bookshops). Vielflieger brauchen immer handgepäcktaugliche Kosmetik: Dieses (Jet)Set ist von Aesop ICH REISE, ALSO VERDIEN ICH UND SONST NOCH ULLSTEIN BUCHVERLAGE DIE LIEBEN KOLLEGEN: Kann Frau mit vier kleinen Kindern mal eben wegen Schatzi ins Valley umziehen? Kann Frau. Und nebenbei auch noch zu innerer Gelassenheit finden. Wenn Frau dann noch Katja Kessler heißt, wird aus der Erfahrung ein lebenskluges und zugleich sehr komisches Buch. „Silicon Wahnsinn“, Verlag Marion von Schröder ——— SELBST GEMACHT: Prada macht im Oktober die Kunden zu Designern. In München und Berlin können sie ihre Schuhe gestalten. ——— GESPRAYT: Graffitikünstler André Saraiva hat für die Winterkollektion von Marc O’Polo Damenshirts entworfen. ——— RASANT: Martini kehrt in einer limitierten Edition mit „Racing“-Streifen als Apéritif in unsere Hausbar zurück – wie auch als Sponsor in die Formel 1. ——— SO SCHLAFEN DIE DEUTSCHEN: Über „Art of Travel“ können nun Zimmer im Teamhotel der Nationalelf in Campo Bahia gebucht werden. PRADA Der Begriff „Jetset“ leitet sich, laut Wikipedia, „von einem Lebensstil ab, bei dem mit dem Flugzeug (Jet) in schneller Folge zwischen den schönsten, angesagtesten oder exotischsten Plätzen der Welt gewechselt wird“. Er beschreibt demnach auch treffend mein Leben. Ich bin Vollblut-Jetsetterin und ich stehe dazu. Allein: Im Gegensatz zum traditionellen Jetset-Leben, in dem Reisen um den Globus vornehmlich dem Müßiggang dient, reise ich um Geld zu verdienen. Fühlt man sich von klein auf als rastlose Welt-Nomadin, die am liebsten jeden Tag woanders aufwacht, und wurde man nicht mit (ziemlich langweiligem) Superreichen-Status geboren, der den wahren (ziemlich langweiligen) Jetset ermöglicht, bleibt nur eine Lösung: ein Job, Ala Zander der einen ständig auf Reisen schickt, Inhaberin der Business-Jetset quasi. Ich wollte imPR-Agentur Stilart mer ein Traveller sein und ich wurde: „TravAla“. Es ist mir gelungen, meinen Geschäftsalltag mit den schönsten, angesagtesten oder exotischsten Plätzen der Welt zu verknüpfen, was mich zu einem weiteren beruflichen Projekt inspiriert hat: einem eigenen Reiseblog. Doch auch wenn mein erfülltes Leben, lückenlos in Travala-Instagram-Bildern dokumentiert, aussehen mag wie ein schnöder Dauerurlaub: In jedem frisch eröffneten DesignHotelzimmer und an jeder Hotspot-Bar, an jedem Pool und jedem Strand ist mein mobiles Büro immer dabei. Und noch ist sehr viel Business-Jetset nötig, um für mein Blog-Projekt genügend Müßiggang zu schaffen ... In diesem Sinne: Ich muss los! Wäre Donatella Versace eine Tasche, wäre sie wohl dieses goldene Modell aus ihrem Hause. Die D. Signature Bag gibt es seit Juni. Und das D steht, wie könnte es anders sein, für Donatella. So geht Jetset! PEOPLE PICTURE Er prägte den Begriff des Playboy-Gentleman und war so viel mehr: Gunter Sachs (1932–2011). Der Unternehmer, Mathematiker, Künstler und Kunstsammler wusste zu genießen. Sachs war das unverschämt attraktive Gesicht des Jetset der 60erund 70er-Jahre. Der König der Côte d’Azur. Seine mondäne Leichtigkeit beeindruckte die schönsten Frauen der Welt – nicht seine Millionen. „Ich bin ein Troubadour“, sagte er einst. Ja, er war ein aus seiner Zeit gefallener Romantiker. DAS LEBEN IST ZU KURZ FÜR SCHLECHTEN WEIN EMPORIO AR Als die italienische Industriellenfamilie Agnelli einst Forte dei Marmi als Ferienort entdeckte, wurde dieses Fleckchen Erde schlagartig weltberühmt. In Italien sind der Name und die Lage an der toskanischen Küste ein Synonym für Erholung und Auszeit. Meine Familie hat hier seit vielen Jahren einen Wohnsitz, wo wir mit großer Freude unsere Ferien verbringen. Ich gestalte diese Tage sehr leger, fernab von allem Trubel und Telefonaten und versuche so viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen wie irgendwie möglich. Wir unternehmen lange Ausflüge in die herrlichen Kiefernwäldern oder ausgedehnte Strandspaziergänge. Für ein köstliches Abendessen sind die Restaurants „Lorenzo“ oder „Maito“ meine erste Wahl. Für einen Aperitif am Strand eignet sich das „Bagno America“ bestens oder zu späterer Stunde das „La Capannina di Franceschi“. Wobei ich hier, als Frühaufsteher, eher seltener anzutreffen bin. Ich schätze das Frühstück bei Luca Caprai „Soldi“ im Stadtkern. Fast alle meine Freunde Inhaber von Cruciani und auch Geschäftspartner sind ebenfalls in Forte dei Marmi und nirgendwo lässt es sich entspannter über neue Projekte sprechen oder Ideen entwickeln. Und ja, hier begann auch der Hype um meine Makramee-Armbändchen. MANI FOREVER FORTE DEI MARMI Mit Verlaub, aber Farbverlauf ist in. Drum gibt’s von Emporio Armani nun auch eine kleine Degradé Capsule Collection Das Wort Jetset ist so 60er-Jahre – zumindest was Deutschland betrifft. Das war damals vor allem der junge Gunter Sachs. Quasi der „Godfather“, dem alle in Scharen nach Sylt folgten. Denn da, wo er war, war das Leben. Die Party. Das Vergnügen. Tagsüber aalten er und seine Jünger sich am Strand, ließen die Hüllen fallen und hatten nur noch ihr Kofferradio an. Was nicht jedermanns Geschmack war – Romy Schneider soll sich gar darüber beschwert haben, dass „in jeder Welle ein nackter Arsch hängt“, und stattete Sylt respektive „Nackedunien“ nur einmal einen Besuch ab. Dabei verpasste sie legendäre Nächte, in denen rauschende Feste gefeiert wurden. Ja, ja – das Leben wurde damals in vollem Maße und äußerst mondän genossen. Was geblieben ist, sind die Geschichten und die Erkenntnis, dass nichts für die Herbert Seckler Ewigkeit ist. Deshalb sollten Sie sich ruKultwirt vom hig den 2011er „Buccella“ gönnen – ein Sylter „Sansibar“ Cabernet Sauvignon aus Napa Valley, ein üppiger Wein mit Aromen von dunklen Früchten, Lakritze, Kaffee und schwarzer Schokolade. So kostbar und zeitlos, dass der Jetset von heute dafür sogar den Champagner stehen lässt. TRENDBAROMETER VON WOLFGANG JOOP Herr Haka Frau Dob Der Jetset war die Sehnsucht, die Projektionsfläche, zu der man aufschaute. Ein Leben, das man bewunderte, nicht teilte. Heute haben wir ja eher ausgeträumt. Und spüren dabei eine Sehnsucht nach alter Zeit. Ich habe damals in Hamburg noch ein wenig davon mitbekommen: Curd Jürgens, Harry Meyen, Romy Schneider. Die hatten noch Geheimnisse, mussten sich nicht ständig mitteilen, gingen nicht auf Nummer sicher. Das war ein völlig anderer Flirt mit dem Schicksal damals. Interessant eigentlich, dass du wenig vom Vintage-Look hältst. Hast du nicht gesagt, dass der alle, die älter als 15 sind, alt macht? Dabei trägst du doch ständig deine ollen Sachen, weil du Schuft da immer noch reinpasst. Wie? Ach so, du erwartest aber auch nicht, dass die Klamotte etwas aus dir macht, sondern du machst etwas Neues aus ihr? Interessant. Ich denke vor allem, dass alles, was nicht nach Mode aussieht, modern ist. Überhaupt, dieses „Tragen-Müssen“ ist doch vorbei. 1963 CLAES OLDENBURG BRAD PITT WILL ES Hunger auf New York Amerikas liebstem Sandwich setzte Claes Oldenburg 1963 mit seiner Arbeit „Giant BLT“ ein Denkmal aus Vinyl, Kapokfasern und Holz. Für seinen Snackklassiker imitierte der Pop-Art-Künstler Speck, Salat, Tomate, Mayo und Brot. Die fünf Zutaten könnten die Bezirke seiner Heimatstadt symbolisieren. Oder einfach nur Lust auf einen großen Apfel machen. „New York 50s & 60s“, ab 22. September im Christian Brandstetter Verlag. HAUPTSACHE ALLURE David Blieswood Connaisseur aus Hamburg UND SONST NOCH Buchstäblich schön: In der neuen „Tiffany T“-Kollektion wird das T zum Designelement FÜR SIE: Inès de la Fressange hat zum zweiten Mal eine Kollektion für Uniqlo entworfen. Darunter auch diese Strickjacke mit Bambi-Zwillingen. ——— FÜR IHN: Von Hermès gibt es nun die „Tie Break“ App. Sie erzählt die Geschichte der Krawatte, erklärt den Weg zum perfekten Knoten und zeigt, welche Farben am besten zum Hemd passen. ——— FÜR BEIDE: Till Brönner kann auch fotografieren. Von Beth Ditto über Armin Mueller-Stahl bis hin zu David Guetta – seine Schwarz-Weiß-Portraits von Musikerkollegen und Schauspielern sind im Bildband „Faces of Talent“ (teNeues Verlag) erschienen. UNIQLO Gibt es heute noch Jetset? Nein! Vielleicht ausgestorben mit dem Verschwinden der Concorde, verhungert seit dem Tag, als das Flugzeug zum Massentransportmittel verkam. Talitha Getty in Marokko, Marella Agnellis Porträt in der Villa Leopolda oder der Marchese Pucci auf Capri im extravaganten Samtanzug – sind die Bilder, die einem aufs Stichwort in den Sinn kommen. Die SaintLaurent-Clique im „Studio 54" bei der „Opium“-Premiere 1977 ist ein Beispiel für Lässigkeit de luxe und eben nicht den schrillen Bling-Bling-Stil, der heute oft mit Glamour verwechselt wird. Geld war nicht das Allheilmittel, so wie es die neuen Reichen zur Schau stellen, ohne Individualität und Qualität war alles nichts. Stilistisch, besonders in den 60er- und 70er-Jahren, mischten die Exzentriker gern couturige Einflüsse mit lässigem Ethno-Stil. Die Interieurs von David Hicks sprechen ebenso diese Sprache wie die frühen Kreationen von Diane von Furstenberg. Ob Capri oder Portofino im Sommer, St. Moritz oder Megève im Winter – längst ist alles in der Hand der Allgemeinheit, die wirklich schicken Leute haben eine Alternative zum Um-die-Welt-Hetzen gefunden. Entschleunigung und Intimität bilden den Gegensatz zum Exhibitionismus der Massenmedien. Ich fahre seit 40 Jahren im Sommer in das gleiche Hotel in Italien und im Winter nach Österreich zum Skilaufen an meinen Lieblingsort, umgebe mich mit wenigen Menschen. Individualität wird großgeschrieben, Bodenständigkeit und Extravaganz gehen fliePetra Fischer ßend ineinander über. Heute würde die Jetsetterin Geschäftsführerin vom „Modehaus eher Marni oder Odeeh tragen, die in ihren Mustern Fischer“ in Singen von der flamboyanten Zeit inspiriert werden, und sie wäre wahrscheinlich verwundert darüber, was man heute mit dem verbindet, was sie damals eher zufällig trug. Den stärksten Glamour verbreiten eher die intellektuellen und schlichten Sachen, das wusste schon Jackie Kennedy, die mit Valentino-Pulli, Hose und Sonnenbrille durch Capri streifte und nicht unter der Last ihrer Statussymbole zusammenbrach. Der neue Jetset ist längst gestartet. Destination: Privatsphäre. Luxus ist: die Einfachheit genießen und das Flugzeug einfach mal stehen lassen. Brad Pitt führt ein Jetset-Leben, weil er muss, nicht weil er will. Er und Angelina Jolie-Pitt sind das meistfotografierteste Paar der Welt: „Ich habe meine Anonymität verloren – aber das ist das Business!“ Luxus ist für ihn Lastlosigkeit. Er hat 50 Motorräder: „Wenn ich einen Helm trage, bin ich jedermann – und frei.“ Einmal fuhr er mit seiner Ducati von Berlin nach Prag – zum Biertrinken mit Angelina – „meinem Fräulein“! Kleidung ist ihm wurscht: „Sie muss nur bequem sein! Ohne Regeln.“ Sein Wein-Schloss in Südfrankreich ist sein Schutzraum (500 Hektar, Flugverbotszone): „Unsere sechs Kinder sollen international aufwachsen!“ Sein Lieblingshaus steht in New Orleans: „Auf dem Balkon ein Bier trinken – und der Kakofonie der Geräusche lauschen –, da bin ich happy.“ Mit Kindern fährt er Mini-Bus – allein in einem 3er-Konvoi aus Jaguar, Mercedes, Range Rover. Seine Bodyguards sind Ex-SAS-Agenten mit Hawaiishirts. Zu seinem 50. Geburtstag schenkte ihm Angelina eine herzförmige Insel bei New York. Er liebt Berlin (Soho House, QHotel) – hat kein gemunkeltes Apartment: „Bin doch nicht Donald Trump!“ Am glücklichsten ist er bei Sonnenaufgang in seinem 4-Meter-Bett mit Angelina, wenn die Kinder reinkrabbeln (liegen Matratzen davor). Angelina zu mir: „Ich trage immer ihre sechs Pässe in meiner Tasche (Tumi) – mehr brauche ich nicht. Und den Ring von Brad.“ Er hat auch seinen Ehering selbst designt: ein Strohhalm-dünnes Goldband – gepflastert mit ca. 30 Mini-Mini-Diamanten! Wer ist Brad Pitt? „Ich bin ein Vater.“ Unser Streben nach Perfektion. Senator Chronograph Senator Chronograph. Start. Stop. Fly-Back. Der präzise und zuverlässige Zeitmesser beeindruckt mit zentraler Stoppsekunde, 30 Minuten- und 12 StundenZähler mit integriertem Flyback-Mechanismus, kleiner Sekunde, einer Gangreserve von 70 Stunden sowie dem Glashütte Original Panoramadatum. Glashütte Original Boutique ∧ QF, Quartier an der Frauenkirche ∧ Töpferstraße 4 ∧ 01067 Dresden Tel. +49 (0)351 82 12 59 70 ∧ E-mail: boutique.dresden@glashuette-original.com Hinter der Fassade Richard Avedon (1923–2004) galt als einer der einflussreichsten Modefotografen seiner Zeit. Doch der gebürtige New Yorker hatte auch ein Auge für das Leben hinter der Glitzerwelt. Er zeigte Persönlichkeiten wie Bob Dylan oder Marilyn Monroe von ihrer nachdenklichen Seite, und dokumentierte Ende der 60er-Jahre – während sozialer Unruhen in den USA – das Leben von Fabrikarbeitern, Bauern, Landstreichern. Die eher unbekannten Werke des Künstlers werden bis zum 9. November unter dem Titel „Richard Avedon. Wandbilder und Porträts“ im Münchner Museum Brandhorst ausgestellt. 2014 THE RICHARD AVEDON FOUNDATION SCHAMPUS! Wieso weiß eigentlich jeder, was „Jetset“ ist, obwohl kaum einer dazugehört? Fragt man nach, fallen Namen von deutschen „Playboys“ (als Synonym für das leichte, schöne Leben, in Zeiten von Playstations komplett aus der Mode gekommen), französischen Schauspielerinnen und aus dem Adel. Als in den 50er-Jahren erste „Jet“Linienflüge die Propellermaschinen ablösten, war dieses schnelle Reisen noch kaum erschwinglich. Der eigentlich für militärischen Einsatz entwickelte Düsenantrieb erlaubte es wenigen Ausgewählten, immer am schönsten und angesagtesten Ort zu sein (einige stiegen vom Hubschrauber gleich in die Concorde, war kürzlich zu lesen). Sehnsuchtsorte wie St-Tropez, Sylt, St. Moritz oder Marbella sind zwar heute wie man so sagt, touristisch erschlossen, aber es ist ihnen der Ruf des Exklusiven für die Schönen und die Reichen geblieben. Düsenflugzeuge sind heute längst Standard im allgemeinen Passagierverkehr und wirklich Luxusreisende nutzen schon eher eines ihrer eigenen Flugzeuge. Was macht dann aber heute den Jetset noch aus, gibt es ihn überhaupt noch als einen besonders exklusiven Lebensstil, der sich darüber definiert, dass man am „richtigen“ Ort geladen ist, und wer gehört eigentlich dazu? Eine von vielen Antworten gibt die Berichterstattung der Magazinpresse: Wer über den roten Teppich läuft, bei den Golden Globe Awards, den Academy Awards oder bei einer der zahllosen Filmpreisverleihungen, in richtiger Begleitung und richtiger Garderobe stilsicher im Small Talk ist, gilt in jedem Fall als Jetset-verdächtig. Reisen zu diesen Anlässen und Orten werden allerdings für jedermann immer populärer, was in jedem Fall für ausreichend Zuschauer und Bewunderer sorgt. Auch wenn die rote Farbe des Teppichs heute schon chemisch hergestellt werden kann und Dr. Maria nicht mehr aus dem Drüsensekret der Purpurschnecke gewonnen wird, Schneider auch wenn die rote Farbe als die ehemals teuerste nicht mehr Ausdruck Kreativdirektorin von Reichtum ist, der rote Teppich hat seine Magie behalten. Und der Autostadt vielleicht transportiert er, als fliegender Teppich das Glück, an einem in Wolfsburg Sehnsuchtsort zu sein, auch als Nichtmilliardär. ADEL TA REISEN AUF DEM ROTEN TEPPICH Design aus der Zeit des Jetsets: Der „Ball Chair“ von Eero Aarnio ist von 1963. Über theiconist.de Was wurde ich herablassend als Jetsetter abgetan, nur weil ich im August ein paar Tage nach Ibiza fahren würde. Namen wie Justin Bieber, Paris Hilton und Rihanna flogen mir um die Ohren, genauso wie die Frage, ob ich denn auch Champagnerflaschen für 600 Euro am Strand bestellen würde. Also, ich habe schon Urlaub auf Ibiza gemacht, da war Bieber noch gar nicht geboren. Der Ruf der Insel war aber offenbar noch nie so schlecht wie heute, jedenfalls unter Leuten, die nicht Urlaub machen, um sich hinterher in bunten Blättern abgebildet zu finden. Was ist bloß mit dem Jetset passiert, dass außer Horden von Paparazzi und Billigtouristen mit Smartphones niemand mehr in ihrer Nähe sein will? Ach ja, ein paar Russen noch, die sich in den EventRestaurants am Hafen tatsächlich den teuren Champagner bringen lassen und ihre Yachten für alle sichtbar vor den beliebtesten Badebuchten ankern lassen. Aus Mykonos und Portofino Johnny Talbot & hört man das Gleiche, von Adrian Runhof Designer-Duo des St-Tropez erst. Wenn Jetset also nur noch Münchner Modelabels Talbot Runhof mit vulgärem „Show off“ assoziiert wird, muss dringend ein neues Wortspiel her für jene, die ausgelassen, aber unaufgeregt und genießerisch, Land und Leute achtend, um die Welt ziehen, um ihren größten Luxus, Freizeit in Gesellschaft echter Freunde, zu zelebrieren. Ich nehme gern Vorschläge entgegen, derweil mache ich woanders Urlaub. Wo, verrate ich ein anderes Mal … Kein „Schampus“: der neue Dom Pérignon „P2“ Die Metamorphose eine Geschichte von Hermès DoublefaceKaschmirmantel mit Gürtel Gerade geschnittene Lammlederhose Stiefeletten aus glattem Kalbsleder OH, LOOK! UNSERE ICONA ZEIGT IHRE AKTUELLEN LIEBLINGSTRENDS ILLUSTRATIONEN: JAMES DIGNAN (JAMESDIGNAN.COM) DOLCE VITA ICONA + + Die limitierte „Peggy Guggenheim“-Brille von Safilo gibt es einzig in der Peggy Guggenheim Collection in Venedig Süßes Leben: Ohrringe aus der „Café Society“Haute-JoaillerieKollektion von Chanel Icona liebt’s liquide: „Terracotta Le Parfum“ von Guerlain + + Gut betucht: Seidencarré „Zebra Pegasus“ von Hermès + Fließendes Maxikleid von Diane von Furstenberg über net-a-porter.com + Für die blaue Stunde: Flats von Jimmy Choo + Ein Juwel: Clutch mit „Diamante“-Struktur von Gucci = 123.257 € Zeitlose Zeit: „Tank Louis Cartier“ von, klar, Cartier JETSET ICOMI Flugbegleiter: Brosche von Brahmfeld & Gutruf + + Kopfgesteuert: Hut von Lanvin über matchesfashion.com + Für Herren konzipiert, von starken Frauen rezipiert: „Essenza“ von Acqua die Parma Der Klassiker von Loro Piana: „Dolcevita Piuma“ + Kein Armreif. Ein Statement! Von Louis Vuitton Icomi hat die Hosen an: Dieses Modell ist von Joseph + 38 Fast quadratisch. Handlich. Gut. Tasche von Charlotte Olympia für mytheresa.com + Ziemlich gut zu Fuß in Lederpumps von COS = 207.745 € ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER So chic! Sonnenbrille mit Strasssteinen von Prada ch e, N eu eM as ch e, N eM M as ch e, N eu eM Stella McCartney Porsche Design Viktor & Rolf eu Chloé as ch e, N eu Michael Kors e Wo l l - L u s t N eu eM as ch e, N eu eM as ch e ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER; GETTY IMAGES (14): WIREIMAGE (1) e, Calvin Klein Collection ch Die neue Masche der Designer heißt: Strick von Kopf bis Fuß. Je gröber, desto besser. Je länger, desto lieber. Das ist reizvoll anzusehen, weckt aber auch Vorfreude rein praktischer Natur: Vom Büro auf die Couch? Kein Problem! Bottega Veneta as Chanel as eM Yohji Yamamoto eu eM N eu e, N ch e, as ch eM as eu Haider Ackermann N eM e, Acne ch eu as N eM 40 e, eu ch N as e, Marc Jacobs ch eM as eu eM N eu Céline N Allude GROB GESTRICKT ENTDECKEN SIE SICH NEU GRANDE REVERSO LADY ULTRA THIN Lassen Sie sich verzaubern von der Jaeger-LeCoultre Damenuhren-Kollektion auf ladies.jaeger-lecoultre.com An den besten Adressen Deutschlands und in London, Paris, Madrid, Wien, New York und Peking. www.wempe.de Tod’s Hermès MASKULIN (Wo)man’s Wo r l d Starke Schultern, gerade Linien, strenge Schnitte und, ganz wichtig, Chri stian Dior Bundfalten – Hosenanzüge dürfen in dieser Saison alles sein. Nur eines nicht: Saint Laurent Isabel Marant 42 Prada Akris Filippa K. Givenchy Emporio Armani ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER; GETTY IMAGES/MONTAGE: ICON Jil Sander Hugo Boss mädchenhaft TIERLIEB Stella Jean Marc Cain ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER; GETTY IMAGES/MONTAGE: ICON 44 Beim Fernsehen sagt man: „Kinder und Tiere gehen immer“. Letzteres gilt auch für die Modebranche. Allover-Prints im Leo-, Zebra- und Schlangenlook bleiben uns freilich auch in dieser Saison erhalten. Neu ist allerdings eine figürliche Detailverliebtheit – Jagdtrophäen für den Kleiderschrank Wunderkind Valentino Antonio Marras Au Jour Le Jour Dolce & Gabbana Gucci Alberta Ferretti A n i m a l i s c h Küsschen links, Küsschen rechts: Marella mit ihren Hunden in der Villa Frescot. Unten: Das Faible für verwunschene Gärten hatte Marella von ihrer amerikanischen Großmutter geerbt FAST SET MARELLA AGNELLI (5); CAMILLA PECCI BLUNT MCGRATH © EARL MCGRATH (3); PHILIPPE HALSMAN/MAGNUM PHOTOS/AGENTUR FOCUS (2); FRANÇOIS HALARD (2); CONDÉ NAST ARCHIVE/CORBIS; ROBERT L. KNUDSEN PRESIDENTIAL COLLECTION;OBERTO GILI Links: Marella Agnelli und ihre Freundin Luciana Pignatelli im Hafen von Beaulieu-sur-Mer, 1962. Unten: Mit ihren Kindern Edoardo und Margherita Der letzte Schwan Schwäne, so nannte Truman Capote seine klugen Freundinnen wie Marella Agnelli Man muss sich allein in diese Szene hineindenken: Die Mutter pflegte im großen Baldachinbett im Schlafzimmer in der ersten Etage des Florentiner Palastes aus dem 16. Jahrhundert stundenlang philosophische und religiöse Literatur zu lesen, die Knie mit einer leichten Decke aus rosafarbenen Maraboufedern bedeckt. In diesem Geist wuchs Donna Marella Caracciolo di Castagneto, besser bekannt als Marella Agnelli, Witwe des legendären Fiat-Chefs Gianni, Model, Fotografin, Künstlerin, Grande Dame, Gärtnerin auf. Der Vater, freiheitsliebender Dichter, von bestem alten Adel, im Krieg Agent im Dienst der Briten. Die amerikanische Mutter von Vermögen, Esprit und Bildung. Marella verliebte sich in Gianni, bevor sie ihn traf, Heldengeschichten wurden über ihn erzählt. Und überhaupt, die Agnellis: Sie waren der Mittelpunkt dessen, was in den 1930erJahren als „Fast Set“ bewundert wurde, ein glamouröses Leben, befreit von moralischen Zwängen. Sie war 18, er Mitte zwanzig, als sie sich nach dem Krieg schließlich kennenlernten. Eine Onoff-Liebe, zunächst. Die Mutter war wenig begeistert vom Agnelli-Glamour. Doch 1953 heirateten die beiden in Straßburg. Es wurde ein kolossales gemeinsames Leben. Gianni starb 2003, nun hat Marella ihre Memoiren verfasst. In Wort und vor IG allem in Bildern. „The last Swan“, bei Rizzoli. Ein Traum. Oben: Marella in einer Robe von Balenciaga auf den Stufen der Villa „La Leopolda“, 1963. Rechts: Die private Kapelle der Villa. Daneben: Tochter Margherita Golden Nineties: Gianni und Marella Agnelli in Turin (unten). Die beiden waren 49 Jahre lang, bis zu Giannis Tod 2003, verheiratet 46 Cool an Bord: Gianni und Marella Agnelli mit den Kennedys beim America’s Cup vor Rhode Island, 1962 LE PLIAGE ® HERITAGE B E R L I N - D Ü S S E L D O R F - F R A N K F U RT- A M - M A I N - H A M B U R G - S T U T T G A RT - B A D E N - B A D E N - N Ü R N B E R G FEIERABEND Generation Easy-Jetset Es gab Zeiten, da waren die Worte Marbella und Glamour beinahe Synonyme. Tita Baroness Thyssen kennt die Costa del Sol seit damals. Ein Terrassenbesuch. Alex Trebus fotografierte W GETTY IMAGES MARBELLA CLUB, SLIM AARONS/GETTY IMAGES; MONTAGE: ICON enn sich langsam der Billigflieger Richtung Landebahn senkt, wenn die Funktionskleidung raschelt – dann hat einen die Wirklichkeit im Würgegriff. „Ach, was waren das für Zeiten“, seufzt Tita Thyssen beim Gedanken an die 60er- und 70er-Jahre an der spanischen Küste. „Heini hatte einen eigenen Jet“, sagt sie und zieht noch mal an ihrer Zigarette. Mal ehrlich, Tita, also ob Sie je in Ihrem Leben einen Flieger mit orangefarbenem Emblem bestiegen hätten? „Habe ich natürlich gemacht“, behauptet sie. Tita von Thyssen, geborene Carmen Cervera, in erster Ehe verheiratet mit „Old Shatterhand“ Lex Barker, ist 1985 mit dem millionenschweren Hans-Heinrich – „Heini“ – von Thyssen-Bornemisza den Bund Mein Haus, mein Boot, meine Party: Tita von Thyssen kennt sich da aus. Also, so wirklich fürs Leben eingegangen. Der hat ihr eine Kunstsammlung von van Gogh bis Picasso hinterlassen, die weltweit im Wert auf Platz zwei rangiert. Nach der von Elizabeth II. Und ihr ist es allen Ernstes schnuppe, wie sie reist? Es ist schön auf ihrer überdachten Terrasse. Still, mit Blick auf Bananenstauden, dahinter der Pool. Ausladende Sofas mit dicken türkisen Polstern, einem Esstisch für acht Personen, alles ein bisschen Bali-Style. Schön, aber längst nicht so glamourös, wie es zu erwarten wäre. Eher wie ein teures Ferienhaus auf Mallorca. Es ist das Dritt- oder Viertheim von Tita, die gerade von einem Segeltörn um Ibiza kommt. Immerhin mit der eigenen Yacht. Uff. Was das Haus glamourös macht, ist zum Beispiel Brad Pitt als Nachbar. Ein Abstieg in die Schäbigkeit ist also nicht zu befürchten. Indes: Es hat sich viel geändert, seit die Bardot, der junge Sean Connery, seit Gina Lollobrigida auf Partys mit dem Motto „Shabby Chic Leopard“ hier in Marbella am Strand tanzten. Es ist heiß. 37 Grad, Tita schwitzt nicht. Stil ist ein Frage von Contenance. Sie hat sich auch gehen lassen, obwohl die Spuren in ihrem Gesicht kaum lesbar sind. Wie ein Kerl hat sie breitbeinig ihre Sitzposition eingenommen, ihre Stimme ist tief, die Gesamterscheinung eher metrosexuell denn Vamp, trotz blonder Mähne und halb geschlossener Augen. Ihr, dem ehemaligen Fotomodell, wird von der globalen Klatschpresse bevorzugt unterstellt, sie habe sich nach oben geschlafen. Erst der Lex und dann Heini und dann ausgesorgt. Will man das wissen? Ausgesorgt aber hat sie, hat die berühmte Sammlung ausgebaut, kümmert sich um vier Museen, ist auf den Messen präsent und zahlt dafür mit dem Kalender einer Top-Managerin. In Zeiten, in denen eine Katzenberger und Co. als It-Girls gelten, ist sie der reine Glamour. Paris Hilton? „Sie ist blond – oder?“, fällt ihr ein. Als Tita und Heini sich fanden, war das „Marbella Club Hotel“ auf dem Zenit. Irgendwann in den 50ern verschlug es Alfonso von Hohenlohe an die Costa del Sol, er fand es dufte, lud Freunde ein, das Ganze geriet aus dem Ruder und der Ansturm von vermögenden Buddies führte dazu, dass Alfonso seinen Hideaway in ein Hotel umfunktionierte. Mit nachhaltiger Wirkung: Die Straße vor dem Areal trägt seinen Namen. Heute ist das Hotel eine Anlage mit mehr als hundert Zimmern und 14 Villen. Plus der Privathäuser, die auf dem Clubgelände stehen, so auch das von Tita Thyssen. Weiß gekalkte Häuser, spanisch eben, an einem Sträßchen, das zum legendären Beach Club führt, unauffällige SecurityMänner. Direkt vor dem Beach-Club ein Parkplatz mit einem Rolls-Royce mit Berliner Kennzeichen. Der Firmenwagen, der verrät: Conde Rudi ist da. Er kam vor 60 Jahren, kurz nach der Gründung der Keimzelle des Jetsets (und nichts anderes ist Marbella). „Rudi“, Rudolf Graf von Schönburg, trat an, um Alfonso zu unterstützen, und ist hier der gute Geist geworden. In der Lobby grinst er dem Gast von einem Bild und sehr verjüngt entgegen. Direkt daneben hängen die Gemälde von Titas Busenfreundin Mercedes Legrandre. Die beiden kennen sich aus Los Angeles, aus Zeiten, in denen Tita noch mit Barker verheiratet war. Mercedes schaut noch immer gern bei Tita vorbei, sie hat auch ihre alterslosen Porträts gemalt, die in ihrem Schlafzimmer hängen. Ein Raum, ein Mädchentraum. Weiß und rosa. In allen Häusern? „Einige sind hellblau, einige türkis“, sagt die Gastgeberin mitten im Boudoir. „Aber die Grundfarbe ist immer Weiß.“ Unschuldiges Weiß. Hier, in dieser Umgebung, wirkt es fast unwirklich. AT Heini Thyssen Bornemisza mit seiner Schwägerin Charlene Shorto bei einer Party 1971 in Marbella distributed by WP Byrd Cloth Arctic Parka Paolo Ventura for WoolrichArt shop online woolrich.eu Von früher. Für immer Cameron Silver bringt das Gestern ins Heute. Mr. Vintage aus Hollywood schickt die Stars in Retro-Roben auf den Roten Teppich. Andreas Tölke traf einen echten Fashion-Jetsetter Für Fotograf Thomas Meyer stand Cameron Silver im Efeu der Galerie Camera Work 50 FOREVER YOUNG hört er zu den 25 wichtigsten Modeexperten. Der Vintage-Botschafter im Hier und Heute. Seine Ansage „Werft nichts weg!“ ist aktueller denn je. Aber wenn niemand entsorgen soll, woher kommen dann seine Neuerwerbungen? „Ich war gerade bei Anjelica Houston und wir sind ihren Kleiderschrank durchgegangen.“ Für Cameron Silver eine Art Schlaraffenland, denn: „Es sind nicht allein exquisite Teile, Anjelica weiß zu jedem Stück die Geschichte zu erzählen.“ Er gibt diese Geschich- ten weiter. Auf seiner Trunk-Show in der Berliner Galerie Camera Work beeindruckte er die Kunden mit Anekdoten zu seinen Fundstücken, drückte die Kopfkino-Starttaste mit Sätzen wie: „Den Pucci-Kaftan hat Jane Birkin an der Côte d’Azur getragen.“ Was in Berlin keine Abnehmer fand, wanderte weiter. Bis nach Capri. Mr. Silver kombinierte dort eine Autogrammstunde zu seinem Buch „Decades: A Century of Fashion“ mit Trunk-Show und einer Hochzeitseinladung. Erica Pelosini, italienische Stylistin, heiratet Louis Leeman, holländischen Schuhdesigner. Silvers Look für die Events: sechs verschiedene Outfits. Vintage selbstredend. Meisterstücke sind Stil und Anlage. Bis zu 50.000 Euro bringt Chanel-Haute-Couture, aber Prêt-à-porter der Luxusmarken ist auch eine gute Aktie: „Hermès, Givenchy und Thierry Mugler nie weggeben.“ Denn wie sagte schon Iman, Gattin von David Bowie? „Verschwende nie dein bestes Paar High Heels an jemanden, der gerade mal FlipFlops verdienen würde.“ Alles Vintage: Die Mode vergangener Jahrzehnte, wie hier an Models in den 60er-Jahren, interessiert Cameron Silver THOMAS MEYER; JACQUES ROUCHON/AKG IMAGES D as Einzige, was noch fehlen würde, wäre das Bananenröckchen von Balu dem Bären von 1967. Das ist doch nun wirklich Vintage at it’s best. Obwohl selbst dieses Kleidungsstück bereits vor dem „Dschungelbuch“ da gewesen ist: an den Hüften der legendären Josephine Baker, die in den Zwanzigern tout Paris (also die Welt) in Verzückung versetzt hat. Eine Schwarze, die Sexyness mit Humor verband. Wirklich exquisite Mode ist eben zeitlos. Der Zeremonienmeister für Nachhall und Substanz in einer scheinbar flüchtigen Branche stammt ausgerechnet aus Los Angeles, aus Hollywood. Cameron Silver ist angetreten gegen das Vergessen und für Profundes. Und das mit einem außerordentlichen Fundus. Vintage – das waren vor Cameron Silver alte Klamotten, die ausgemistet werden können. 1997 eröffnete er in Los Angeles „Decades“. Was vorher als Secondhand-Shop für minimales Aufsehen gesorgt hätte, wurde von Silver geadelt. „Heute schwingen in dem Wort Vintage Glamour und Begierde mit“, sagt er. Nachdem der smarte Amerikaner 2001 Julia Roberts mit einer Valentino-Vintage-Robe für die Oscars ausstattete, ist der Hype ungebremst. Zuvor hatten zwar schon Stars wie Dita von Teese und Gwyneth Paltrow bei „Decades“ gekauft, aber dass Julia Roberts in der Robe von 1992 für derartigen Wirbel sorgen würde, damit hatte er nicht gerechnet. „Vintage steht für das Unverfälschte. Schiaparelli, Givenchy, Balmain, Yves Saint Laurent – die ganz Großen der Fashionwelt haben Imposantes geschaffen, das unvergänglich ist“, sagt Silver. Es schwingt Kritik am Istzustand mit. „Ich fahre natürlich immer zu den Schauen nach Paris und Mailand. Aber ich überlege jedes Mal, ob ich mir das noch antue. Für viele Labels sind die Schauen Vehikel, um das nächste Duschgel zu promoten.“ Es spricht sozusagen der Karl Lagerfeld des Vintage. Und wie Karl der Große ist Cameron Silver ein Multitalent. Nach dem Valentino-OscarCoup wurde er Markenbotschafter für Boucheron und Pringle, er wurde Creative Consultant für Samsonite, als die Marke mit Christina Ricci 2007 die Sixties-AccessoireLinie im Premiumsegment auf den Markt brachte. Es lag auf der Hand: Sechziger und Cameron Silver. Wie kaum ein Zweiter kennt er sich in der Geschichte der Mode aus. Und ist in der Lage, sie in einen zeitgenössischen Kontext zu stellen. Auch darum hatte ihn das leicht angestaubte Label Azzaro engagiert. „Ich habe 2008 an der Neupositionierung gearbeitet.“ Aber: „Es gibt wenig Etats, die langfristig für Visionen bereitgestellt werden.“ Er ist ein kritischer Kopf, der Mr. Silver. Jetzt schließt sich der Kreis zur Kunst. Es kommt einem Ritterschlag in der Szene gleich, dass der Modehändler im Museum of Contemporary Arts Design Center in Los Angeles (MOCA) eine Ausstellung kuratiert hat. Sie trägt den ambitionierten Titel: „The Total Look: The Creative Collaboration between Rudi Gernreich, Peggy Moffitt and William Claxton“. Silver verbindet die österreichische Modelegende mit der Muse Moffitt und dem Werk des Fotografen Claxton. Grenzüberschreitende Kreativität mit ihrem Ursprung in den 60ern. Das Contemporary Art Museum St. Louis hat ihn für solche Ideen mit dem Honorary Chair ausgezeichnet, und für das „Time“-Magazin ge- BAUSCH UND BOGEN Der Stoff der Stars Wie kommt man zu einer wahrhaft großen Robe? Die Stylistin Emily Legendre, seit zehn Jahren im Inner Circle von Elie Saab, empfängt Stars wie Angelina Jolie in der VIP-Suite des Designers in Cannes. Selbstverständlich nur mit lange vorher vereinbartem Termin. Andreas Tölke hat auch einen ergattert W nämlich Stil, Anmut und die Lust, sich schön zu machen. In ebenjenem Spannungsfeld kreiert Elie Saab Außergewöhnliches. Aus dem Libanon stammend, betrat er 1982 mit seinem Label „Beirut-based fashion“ die Bühne und präsentiert in Paris seit 2003 Haute Couture. Die Filmfestspiele, die Oscars – das sind auch seine großen Events. Auf dem roten Teppich beweist sich die Modemachtstellung. Minutiöse Planung – wer was anzieht, und bitte auch wo und in welcher Funktion –, das ist der Job von Emily Legendre. Sie reist zu den bekannten Weltglamourspielen an, um in den besten Hotels am Platze mit einem in jedem Jahr neu designten Showroom einzuziehen. Jetzt hat sie also im „Martinez“ in Cannes eine Suite umbauen lassen, die beinahe wie das Pentagon gesichert ist. Hinter einer Absperrung quetschen sich die Fans von Jane Fonda und dem Bollywood-Superstar So- nam Kapoor ans Gitter. Beide werden Elie Saab tragen. Emily ist das gewöhnt, seit zehn Jahren Teil des ElieSaab-Teams und zum sechsten Mal vor Ort. Ihre Mission ändert sich im Minutentakt. Sie ist zwölf Tage fast rund um die Uhr im Einsatz, selbst nachts begleitet sie oft die Trägerinnen der Roben. Tagsüber ist im dritten Stock des „Martinez“ von dem Stress nichts zu spüren. In der Suite sind die Couture-Preziosen aufgereiht. In einem Raum versammelt sich der Gegenwert eines wirklich schönen Landhauses in der Toskana. Die Textilien haben nur eine Aufgabe: zehn, ELIE SAAB; GETTY IMAGES (2) enn die Top-Restaurants und Bars die Saison eröffnen, ist die Dichte an schönen Menschen auf den Dachterrassen von Beirut nach wie vor geradezu irritierend. Eine Armada an Damen erobert die Rooftops, Jimmy Choos und Manolo Blahniks klackern über den Boden, Dekolletés kurz vor FKS-Altersbeschränkung werden souverän präsentiert, viel Seide und Eleganz ist im Spiel. Schnitt. Die Croisette in Cannes zu den Filmfestspielen. Sogar pubertierende Teenies paradieren: Jünglinge mit Flaum, aber in Smoking und Fliege, die jungen Damen in Cocktailkleidern. Zwischen dem Libanon und der Côte d’Azur liegt viel Meer. Aber es gibt eine Verbindung: 52 Das Kleid fürs Event: Sonam Kapoor und Naomi Watts auf dem Roten Teppich in Elie Saab – mehr muss man jetzt wirklich nicht sagen, oder? zwanzig Minuten auf dem roten Teppich die Fotografen in den Wahnsinn zu treiben. Emily erläutert die Regeln des Hauses: „Wir sprechen keine Celebrities an, damit sie unsere Kleider tragen. Wir honorieren keine der Trägerinnen dafür, dass sie unsere Kleider trägt. Die Kleider werden für einen Auftritt verliehen, kommen dann wieder zu uns zurück und wandern in unser Archiv.“ Würden sie Paris Hilton anziehen? Pause. „Nein.“ Kim Kardashian? Pause. „Kim Kardashian ist eine sehr loyale Kundin des Hauses, trotzdem sehen wir uns nicht in der Rolle, sie für einen Auftritt einzukleiden.“ Aber was passiert, wenn die Hilton-Erbin oder die Kanye-West-Gattin Roben in Los Angeles erstehen und sich darin in Cannes präsentieren? „Das wird nicht passieren, da wir jeden Kauf allumfänglich begleiten. Wir wissen, für welches Event wer welche Robe ersteht. Dementsprechend fällt die Auswahl aus.“ Emily strahlt in der Suite eine fast buddhistische Gelassenheit aus, obwohl ihr Handy nonstop klingelt. Wie meistert sie diesen Ansturm? „Mit Bleistift und Papier. Oft ändern sich im Minutentakt die Termine. Die Dame, die um 11 Uhr zum Fitting kommen wollte, hat sich für 16 Uhr angekündigt und steht dann um 14 Uhr vor der Tür. Für uns ist das Alltag.“ Dann wird der Vorhang zum Entree diskret geschlossen, damit im Showroom die andere Kundin weiter betreut werden kann. Zuvor werden die Roben auf Anforderung zu den Stars gebracht. Damit ist aber noch lange nicht klar, dass zum Beispiel Angelina Jolie auch Elie Saab trägt: „Wenn sich jemand nicht wirklich mit dem Kleid identifizieren kann, dann soll, dann darf er es auch nicht tragen.“ Es ist auch selten der Star allein, der entscheidet. „Ich berate mich meistens als Erstes mit der Stylistin. Sie weiß genau, welche Vorlieben die Trägerin hat, weiß, in welcher Rolle sie ihren Auftritt absolviert“, sagt Emily. In Cannes 2014 war eines der Mega-Events das Erscheinen von Nicole Kidman. Paz Vega wollte und sollte dank ihrer Nebenrolle nicht die Aufmerksamkeit auf sich lenken, darum trug sie ein vergleichsweise schlichtes ElieSaab-Cocktailkleid in Creme. Sie hat der Hauptdarstellerin ihren Raum gegeben. In der Suite hängen aktuell 20 Kleider: „Nach der Auswahl kommt das Fitting, wir sind immer mit einer Schneiderin vor Ort, die das Kleid entsprechend modifiziert“, erklärt Emily. Und wie geht sie damit um, wenn sich jemand ein Outfit aussucht, das so gar nicht zu ihm passt? „Wir haben es hier mit Profis zu tun. Die Stars wissen alle um ihre Wirkung und haben ihren Look perfekt im Kopf.“ Aha. Und ein Fauxpas wie der, als Angelina Jolies schwarzes Louis-Vuitton-Kleid bei den Oscars 2012 ihr nacktes Bein bis fast zur Hüfte enthüllte? „Es war nicht das Kleid, es war die Pose“, erwidert Emily. Haute Couture – das ist auch Haltung. Emily verkörpert sie. SHOP ONLINE AT WINDSOR.DE K AMPEN/SYLT DÜSSELDORF WIESBADEN MÜNCHEN SALZBURG WIEN CARTIER Edelsteine für größere Geschmeide, etwa ein üppiges Collier, werden im Atelier von Cartier mittels Knetmasse an einer Büste platziert. Ein SmaragdPendant wartet derweil auf Vollendung GLANZSTUNDE Ein ganz privater Meilenstein Unsere Autorin hat schon so manche Manufaktur besucht. Bis sich aber die vielen Sicherheitstüren zu den heiligen Hallen der Juwelierkunst, den Ateliers von Cartier, für sie öffneten, musste sich Mira Wiesinger einige Jahre gedulden. Und war dann recht verblüfft E 54 ine viel zitierte Lebensweisheit lautet: „Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere.“ In der Pariser Rue de la Paix 13, im Haupthaus von Cartier – man darf es getrost als heilige Hallen der Juwelierkunst bezeichnen, denn nichts anderes ist der große, von einer Galerie gesäumte Verkaufsraum –, wird aus diesem Spruch eine Obliegenheit. Erst wenn sich die Tür zur Straße geschlossen hat, öffnet sich eine zweite. Es dient der Sicherheit. Zu schützen gilt es allerdings nicht nur jene Juwelen, Uhren, Verlobungs- und Eheringe, die im Erdgeschoss in Glasvitrinen auf neue Besitzer warten. Sondern, für das 1847 gegründete Luxusjuwelierhaus noch wichtiger, die Ateliers im vierten und fünften Stock des Gründerzeithauses. Rund 70 Menschen arbeiten hier tagtäglich an Einzelstücken und Sonderanfertigungen. Mehrere Sicherheits- schleusen, immer dem Zwei-Türen-System folgend, gilt es zu passieren, um bis hierhin, in das Herz der Marke vorzudringen. Und das ist um einiges, nun ja: unglamouröser, als man es sich in der Fantasie ausgemalt hatte. Gerüche, Geräusche und Gerät erinnern an den Zahnarzt. Die Erscheinung der Kunsthandwerker, mit Lampen und Lupen vor den Augen ausgestattet, in weiße Kittel gehüllt, tun ihr Übriges. Doch was unter den Händen dieser Goldschmiede, Gießer, Graveure, Uhrmacher, Polierer, Perlenknüpfer, Steinschleifer und -fasser entsteht, sind Objekte, die einzig positive Gefühle hervorrufen. Es sind kleine Skulpturen von größter Präzision und unfassbar hohem Wert, der sich nicht allein aus den verwendeten Edelmetallen, den Diamanten, Smaragden, Saphiren, Rubinen und Onyxen ableitet. Sondern, allem voran, aus der Vielzahl von Arbeitsstunden, die es braucht, bis ein Geschmeide vollendet ist. Schon die Auswahl der Steine, etwa ein Tag pro Stein, sei ein langwieriger Prozess. Rund 2500 Arbeitsstunden würden benötigt, bis ein „Tutti Frutti“-Collier fertig ist. „Allein 400 Stunden fließen in das Wachsmodell“, erklärt Xavier Gargat, seit 15 Jahren Manager des Ateliers. Genau wie sein Vater und sein Sohn ist auch er Goldschmied – seit 43 Jahren. Mit allen Prozessen im Atelier ist er vertraut. Ein jedes Kleinod beginnt mit einer zweidimensionalen Zeichnung. Die Umsetzung, also das dreidimensionale Modell, bleibt dann der Kreativität der Goldschmiede überlassen. „Ein Goldschmied ist ebenso Schöpfer, wie ein Designer“, so der 59-Jährige. Mit Farbe wird die Position der einzelnen Steinchen auf das Modell gebracht. Das kann schon mal zwei Wochen in Anspruch nehmen. Anschließend werden mit einem Miniaturskalpell kleine Löcher in das Wachs gebohrt. Dabei entsteht eine wabenartige Struktur, die später Licht in die Steine bringen soll. Schließlich wird ein Gipsabdruck genommen als Antiform für das Edelmetall. Dies sei eine jahrhundertealte Technik namens „Fonte à la Cire Perdue“ (auch: „Lost Wax“), die ursprünglich aus Ägypten stamme und von den Chinesen ebenfalls geschätzt worden sei. Erst 1925 entdeckte man das Verfahren erneut. Xavier Gargat, imposante Statur, eisblaue Augen, Silberhaar, erzählt, man hätte sie bei Cartier sogar verfeinert. Das Montieren von Einzelteilen, etwa die beweglichen Tatzen an ein für das Haus typisches Panthère-Schmuckstück, das Fassen der Steine, das Polieren eines jeden einzelnen Lochs mit Baumwollfäden und einer jeden Kante mit Gänsefederkielen (fest genug, um das Metall auf Hochglanz zu bringen, weich genug, um es nicht zu zerkratzen) verschlingt weitere Aberhunderte von Stunden. Für eine aus 100 Unikaten bestehende Kollektion arbeitet man in den Ateliers rund zwei Jahre. Aktuell, noch bis zum 21. September, wird auf der Biennale des Antiquaires in Paris eine solche Kollektion ausgestellt. „Royal“ heißt sie kurz und prägnant und vereint all das, wofür Cartier exemplarisch steht: opulente Farbsteine, höchste Handwerkskunst und anmutige Pracht, die eines Königs würdig wäre. Nicht umsonst genießt das Haus den Ruf als „Joaillier des Rois, Roi des Joailliers“ (Juwelier der Könige, König der Juweliere). 15 Königshäuser belieferte man einst, darunter den tonangebenden russischen Zarenhof. Später kamen noch die Königinnen der Hollywood-Leinwände hinzu. Und während diese Stücke bewundert werden, wird in den Ateliers, nur wenige Schritte von der Pariser Place Vendôme entfernt, die nächste Haute-Joaillerie-Kollektion erdacht. Wird gezeichnet, gebohrt, gegossen, gehämmert, geschliffen, gefeilt, geknüpft und Goldstaub geatmet. Ganz recht, denn der ist hier überall: in der Luft, den Waschbecken, auf den Arbeitsflächen, dem schwarzen Linoliumboden. Was die Putzfrau abends zusammenkehrt, wird sorgfältig aufbewahrt. Ein Kilogramm Gold pro Jahr sammelt sich auf diese Weise. Womit wir am Ende nicht umhinkommen, eine weitere Lebensweisheit zu zitieren. Eine, die auf Cartier wörtlich wie metaphorsich zutrifft: „Handwerk hat goldenen Boden.“ visit www.marc-cain.com Paris,P a r i s ZIMMERMÄDCHEN IN SCHWARZEN KOSTÜMEN, PAGEN MIT BLÜTENWEISSEN HANDSCHUHEN, STILVOLLE TEA TIME IN DER LOBBY: IM GERADE ERÖFFNETEN „PENINSULA“ IN PARIS, DEM ERSTEN HAUS DER ASIATISCHEN LUXUS-HOTELGRUPPE IN EUROPA, WEHT DER GEIST DER VERGANGENHEIT. UND DOCH IST ALLES SO GEGENWÄRTIG UND LUXURIÖS, WIE MAN ES ERHOFFT. ES SCHIEN UNS ALSO DER PERFEKTE ORT, UM DIE AKTUELLE HERBSTMODE ZU FOTOGRAFIEREN FOTO: KRISTIAN SCHULLER ASSISTENTEN: QUENTIN CHAMARD-BOIS UND MORGANE POULIQUEN STYLING: NADIA RATH ASSISTENZ: ULI SEMMLER UND EMMANUEL MARIA HAARE UND MAKE-UP: GABRIELLE THEURER C/O BASICS-BERLIN.DE MIT PRODUKTEN VON SENSILIS MODEL: DAPHNE VELGE C/O MODELS 1 LONDON CASTING: ANDREA DEANESI FÜR BROKECREATIVES PRODUZENT: HANS-JOACHIM RICHTER C/O RICHTERPRODUKTION POSTPRODUKTION: PEGGY SCHULLER SET: PENINSULA HOTEL VIELEN DANK AN MAMA SHELTER PARIS (MAMASHELTER.COM) 56 MANTEL: WUNDERKIND. BLUSE: TOD’S. HOSE: BRUNELLO CUCINELLI. SCHMUCK: HERMÈS KLEID, GÜRTEL, STIEFELETTEN, KETTE UND GEPÄCK: LOUIS VUITTON HOSENANZUG: MULBERRY. SCHUHE: ROCHAS. RING UND ARMREIF: CHRISTIAN DIOR HAUTE JOAILLERIE. RING: BULGARI 60 DER LOOK VOM COVER: MANTEL VON RALPH LAUREN. KLEID: VALENTINO. SCHMUCK: CHANEL HAUTE JOAILLERIE 61 62 KLEID: ETIENNE AIGNER. SCHUHE: JEFFREY CAMPBELL. OHRRINGE: BUCHERER. ARMREIF UND RING AN DER LINKEN HAND: H. STERN. RING AN DER RECHTEN HAND: CHAUMET 63 MANTEL: AKRIS. KOPFBEDECKUNG UND HANDSCHUHE: DOLCE & GABBANA. RECHTE SEITE: MANTEL VON MICHAEL KORS. OHRRINGE: PIAGET. UHR: JAEGERLECOULTRE. SCHUHE: JIMMY CHOO 65 66 JACKE: VERSACE. KLEID: GIAMBATTISTA VALLI. ARMREIF: SÉVIGNÉ. RING RINGFINGER: FOPE. RING ZEIGEFINGER: OLE LYNGGAARD KLEID: SPORTMAX. SCHMUCK: GUCCI 67 Ein Blick genügt: Paris – die Stadt wahrer Schöhnheit LIEBE ZUM LUXUS Träum weiter, Paris Wenn es an verschwenderische Pracht geht, bleibt diese Stadt unschlagbar: Paris ist der beste Ort, um Jetset in Szene zu setzen. Ein neues Grandhotel gibt es auch. Esther Strerath war da. Und wollte nicht mehr weg Der Gast kommt schon an, bevor er da ist. Er schreitet die Gangway der Maschine am Flughafen Paris-Charles de Gaulle hinunter. Dort erwartet ihn bereits ein grüner Rolls-Royce samt Chauffeur. Im Leder des Fonds versinkend und mit dem altmodischen Telefonhörer seine Ankunft kommunizierend, ist Monsieur bereits in die Welt des „Peninsula“ eingebettet und so gleitet er in die Metropole an der Seine. Der Rolls, ein Phantom II von 1934, wurde vor einiger Zeit komplett saniert und technisch auf den neuesten Stand getunt (mit 15 Lautsprechern, 420 Watt). Genau wie das Haus, zu dem er gehört: das gerade eröffnete „Peninsula Paris“, zehntes Mitglied der Super-Luxus-Hotelkette der Kadoorie-Familie, die 1928 in Hongkong erstmals Gäste empfing. Am Arc de Triomphe vorbei, die Avenue de la Grande-Armée entlang, gelangt man zur Avenue Kléber. Kurz vor der Eröffnung des Hotels war der sechsgeschossige Häuserblock noch abgesperrt – „Fort Peninsula“ – nichts sollte nach außen dringen. Vielleicht auch, weil das „Hôtel de Crillon“ derzeit wegen Renovierung bis 2015 geschlossen ist, ebenso das Ritz. Und das „Plaza Athénée“ hat nach Überarbeitung gerade erst wieder seinen Betrieb aufgenommen. Das „Peninsula“, das erste in Europa, beansprucht, eine „Klasse für sich“ zu sein. So wird, nach filmreifem Eintreffen – raus aus dem Rolls, vorbei an Löwen aus Stein, die Stufen hinauf über die Terrasse –, der Gast sogleich von der Aura des „Pen“ umhüllt. Anstatt Pariser Straßenlärm klirrt gedämpft Silber (britisch) und Porzellan (Bernardaud). In Hongkonger „Pen“ drehten sie einst den 007Streifen „Der Mann mit dem goldenen Colt“ und „Batman“. In Paris war die Avenue Kléber Kulisse für Szenen in „The Bourne Identity“– und nun durfte ICON als erstes Magazin hier Mode fotografieren. Alle Mitarbeiterinnen tragen kleine, kniebedeckte Schwarze, eine Dame in Chanel trinkt Coke zero (wie Lagerfeld), eine ältere Chinesin mit Sonnenhut, Stock und Hermès-Tasche mag offenbar keine Drehtüren und wird von einem Pagen mit schneeweißen Handschuhen zu einem anderen Ausgang geführt, eine Gruppe von acht Asiaten trinkt Tee. Voilà, das „Peninsula“ ist der Ort für eine stilechte Tea Time. Wer sich unter den mehr als 20 Sorten entscheiden kann (taiwanischer Dong Ding Oolong, japanischer Sencha Fu- D 68 kuya oder Puh-Erh Printemps von 2004), wird flugs mit Silberschälchen samt Sieb, Etagère mit Mousse au Chocolat, Mini-Erdbeerküchlein, Macaron Apricots, Feigenkeks und MiniSandwiches beglückt. Aussicht inklusive. Die Mauern des „Pen“ beherbergten schon einmal ein luxuriöses Hotel: Das „Majestic“ wurde 1908 eingeweiht. Dort dinierten 1922 Igor Strawinsky, James Joyce, Pablo Picasso, Marcel Proust und weitere an einer Tafel. Mit dem Zweiten Weltkrieg war das Kapitel Hotellerie erst einmal beendet. Der französische Staat übernahm den Komplex 1936, machte es zum Sitz der Unesco, die USA und Vietnam unterschrieben hier 1973 die Friedensvereinbarung, den Pariser Vertrag. Nun haben 20 Steinmetze die 10.000 Quadratmeter große Fassade des Gebäudes mit den gemeißelten Blumen, Bögen und Schleifen wieder instand gesetzt, fehlende Stücke wurden per Hand mit einer GesteinsstaubPaste nachgebildet, für ein einziges Blumenrelief benötigte ein Handwerker drei Wochen. Auch drei zusätzliche Untergeschosse wurden ausgehoben, für eine 2000 Quadratmeter große „Küchenstadt“ und ein beinahe ebenso großes Spa samt 22 Meter langem Indoor-Pool. Vier Jahre lang dauerte die Restaurierung. 200 Zimmer, das kleinste misst 29 Quadratmeter, die größte Suite 318, erwarten jetzt Gäste. Fünf der Suiten verfügen über einen Dachgarten. Ein Ufo-förmiges Gerät im Schminktisch verspricht sofortige Trocknung des Nagellacks. Einen famosen Blick über Paris bietet auch das Dachterrassen-Restaurant „‚L’Oiseau Blanc“. Aber nun ins Herz jedes Grandhotels, in die Lobby: Gerade bringt der Ober noch Konfitüre für winzige Berliner, die auch auf der Etagère gereicht wurden. Die Drehtür quietscht nicht mehr, weil ein Mann in Anzug und Krawatte dem unliebsamen Geräusch mit einer „Ölpistole“ den Garaus machte. Der Blick schweift abwechselnd über aktuelle Kollektionen französischer Designer an frisch frisierten Modelmaßen oder das glänzende Gold an Decke und Wänden. Die Blattgoldarbeiten wurden von dem Familienunternehmen Ateliers Gohard durchgeführt, die bereits die vergoldete Fackel der Freiheitsstatue in New York restaurierten. Und das junge Jazz-Trio spielt „Some day my prince will come“. In diesem Ambiente glaubt man’s sofort. ERREICHEN SIE PERFEKTIONIERTE HAUT IN ECHTZEIT, EINFACH SPEKTAKULÄR. NEU VISIONNAIRE LR 2412 4% - Cx INTENSIVER PFLEGE-KORREKTOR FALTEN – POREN – HAUTOBERFLÄCHE Die Kollektion atmet eine wohltemperierte Nonchalance, die hinzukriegen bekanntlich keine kleine Kunst ist Angekommen Aufregend, aber nicht aufgeregt: Alessandra Facchinetti entwirft für Tod’s Mode für radikal heutige Frauen. Adriano Sack ist überzeugt Die Mailänderin Alessandra Facchinetti hat schon bei zahlreichen großen Häusern gearbeitet. Bei Tod’s erstrahlt ihr Talent wie nie PORTRÄT Die Schaufenster von Tod’s folgen einer schlichten und überaus wirksamen Verführungsformel. Einem Pantonefächer ähnlich sind die Gominos in ihrer fast verwirrenden Farbvielfalt arrangiert: Zitrone, Heidelbeere und Pfirsich; Riva-Braun, Taubenblau und Feuerwehrrot. Unterschiedlichste Sommerpartys ziehen am geistigen Auge vorbei, zumal die Noppen auch nach dem zweiten Glas Rosé noch ein Ausrutschen verhindern. Ein Schuh von Tod’s verspricht ein Leben, in dem die Schwerkraft nicht aufgehoben, aber doch auf das notwendige Minimum reduziert ist. So weit, so narrensicher. Aber wie erfindet man die Mode einer Marke, die bis dato eben nur Schuhe und Taschen produziert hat? Zwar gab es bereits eine kleine Damenkollektion, die der amerikanische Designer Derek Lam für Tod’s entwarf, doch für einen ernst gemeinten Anlauf lagen dessen Prioritäten zu klar bei seinem eigenen Label in New York. Und auch wenn man am Corso Venezia, dem Hauptquartier des Hauses, einen lässigen Luxus zelebriert: Halbe Sachen sind nicht so das Ding von Diego Della Valle. Da ist ihm seine neue Mitarbeiterin ähnlich. Facchinetti ist eine schöne Frau, aber davon sollte man sich nicht täuschen lassen. An ihren Armen und Händen ist sehr sichtbar platziert der komplizierte, zauberhafte Schmuck ihrer guten Freundin Ossana Visconti, denn in circa 55 Minuten wird die bekennende Vielarbeiterin für eine asiatische Modezeitschrift fotografiert. Sie setzt sich, macht es sich nicht übermäßig bequem und sofort ist klar, dass sie weiß, was sie tut. „Ausgangspunkt für meine Kollektion war der Schuh. Wenn eine Frau keine High Heels trägt, erfordert das andere Schnitte und Rocklängen“, sagt sie: „Flache Schuhe sind dynamischer. Selbst ein Abendkleid wirkt damit zeitgemäßer.“ Das klingt einfach und richtig, doch ihre Sicherheit ist hart erarbeitet. Die Karriere der 42-jährigen Designerin ist gespickt mit Erfolgen und Rückschlägen. Sie hat bei Miu Miu, Gucci, Valentino und Moncler gearbeitet, kennt sich also aus mit großen Häusern und noch größeren Erwartungen. Sowohl bei Gucci als auch bei Valentino war sie nur kurz die Chefdesignerin und die Abschiede waren weder elegant noch behutsam. Alessandra Facchinetti wurde zeitweise als Hoffnungsträgerin und dann auch mal als das genaue Gegenteil davon gehandelt. Heute sagt sie nur diplomatisch, dass jede Station zum Erwachsenwerden beigetragen habe. „Wir wollen nicht jede Saison etwas dramatisch Neues präsentieren. Wir setzen keine Trends. Tod’s glaubt an Tradition und Kontinuität“, sagt Facchinetti. „Wir sind konservativ. Und das ist keine schlechte Sache.“ Grundlage ihrer Entwürfe sei nicht das Streben nach Schocks oder Sensationen, sondern etwas „Tieferes und Erwachseneres“. Die Basis ist Leder. Mit diesem fast archaischen Klassiker stellt Facchinetti wirklich Erstaunliches an. Mal fällt es leicht wie Seide, mal erinnert seine stumpfe Oberfläche an Baumwolle. „Die Einschränkungen, die Leder normalerweise mit sich bringt, versuchen wir aufzuheben. Wir behandeln es wie Stoff.“ Ob Tomas Maier von Bottega Veneta oder Maria Grazia Chiuri von Valentino – ein Gespräch mit einem Designer einer italienischen Marke mündet unweigerlich in einer Hymne auf das handwerkliche Geschick der Mitarbeiter. In den Manufakturen von Tod’s ölen und ätzen, lasern und flicken sie; tragen Schichten des Leders ab, um es dünner zu machen, oder lassen es gummiartig wirken, wie einen atmungsaktiven Kunststoff. Doch Facchinetti und ihr Designteam (Italiener, fünf Frauen, ein Mann) verlieren sich nicht in Materialpirouetten. Sie entwerfen die Garderobe für Frauen, die beides wollen: Glamour und Funktion. So gibt es ein wie übergeworfenes Lederkleid mit Lochmuster, nah am Torso geschneiderte Jacken, die in locker fallende Röcke münden, vieles ist von Schlaufen geziert und wirkt kunstvoll geschichtet. Die Kollektion atmet eine wohltemperierte Nonchalance, die hinzukriegen bekanntlich keine kleine Kunst ist. Muster werden selten, aber beherzt eingesetzt, die Farbpalette ist exquisit: Ochsenblut, Altrosa, Ultramarin. Einer der wirkungsvollsten Looks ist zugleich einer der schlichtesten. Eine taubenblaue Lederbluse, die geschnitten ist wie ein etwas zu weites TShirt. Dazu ein silberner Lederrock: Er fällt weich und weit und nicht eben kurz, als sei er auch für einen Ausritt geeignet; ins Leder eingraviert ist ein Madrasmuster. „Sehr clean, nichts Überflüssiges“, attestiert Facchinetti ihrem „Rock der Saison“, wie sie ihn beiläufig nennt. Eine strategische Untertreibung. Tatsächlich erzielt die Designerin eine Art von entschlackter Romantik, wie sie nur wenige beherrschen. Eine Frau sieht darin aus, als hätte sie gerade einen Wimpernschlag lang vor dem Kleiderschrank verbracht, könnte aber wahlweise einen sauteuren Kindergarten, eine Privatbank oder eine Galerie in Warschau leiten und sich die Männer in ihrem Leben aussuchen. Es schwingt bei Tod’s immer ein wenig Dolce-Vita-Nostalgie mit, doch das Frauenbild ist absolut heutig. „Es geht uns nicht um Sexiness, sondern um Weiblichkeit“, sagt Facchinetti: „Frauen sind auf mehr Qualitäten stolz als nur auf ihren Körper. Sie haben Persönlichkeit, Wissen und Karriere.“ Die Kritiker waren begeistert von Facchinettis Arbeit. Und tatsächlich scheint die Zusammenarbeit folgerichtig: ein Haus mit Linie und Expansionshunger, eine Designerin mit der Balance aus Geschmack und Realismus. Seit sie mit 17 aus Bergamo nach Mailand gezogen ist, lebt und arbeitet sie in dieser Stadt. Jetzt ist sie bei einer Marke angekommen, wo ihr Talent erstrahlt wie nie. Sie reist viel, wie jeder in ihrem Beruf, doch sie hat ihren eigenen Kopf. Sie schwärmt nicht von exotischen Ländern und pulsierenden Metropolen: „Der beste Platz ist das Flugzeug. Jedes Mal nehme ich mir vor zu schlafen und nie gelingt es mir. Ich mache mir Notizen. Und ich denke nach.“ Ihre Liebe zur Kunst reicht von dem Allerweltssurealisten Fornasetti bis zu den Altmeisterparodien von Markus Schinwald, sie träumt von Filmausstattungen und Bühnenbildern. Später mal. Vielleicht. Vorerst macht sie ihren Job: Und den macht sie ziemlich gut. TOD’S (8); GETTY IMAGES (2); REUTERS, MONTAGE: ICON F ast nichts ist einfacher, als den Posten des Creative Directors bei einem Traditionshaus zu übernehmen. Man schickt einfach seine Assistenten in die Archive, wo die „iconic pieces“ der hoffentlich glorreichen Vergangenheit hängen. Man lässt sie wochenlang in alten, staubigen Modemagazinen blättern und nach der sogenannten DNA der Marke forschen. Schließlich präsentiert man eine erste Kollektion, in der man ein paar Klassiker, an die sich kaum noch jemand erinnert, behutsam dem Zeitgeschmack und den gängigen Körperformen angepasst hat: rotgolden für die Golfstaaten, knabenhaft eng für den asiatischen Markt, offenherzig für die roten Teppiche. So weit, so Klischee. Alessandra Facchinetti stand vor einer etwas anderen Aufgabe, als sie vor knapp zwei Jahren bei Tod’s anheuerte. Das Mailänder Traditionshaus wurde zum Global Player, weil sich der Enkel des Gründers, Diego Della Valle, auf ein sehr überschaubares Sortiment und die Wiedererkennbarkeit – und mutmaßlich die enormen Gewinnspannen – seines Kernprodukts verließ: den federleichten Mokassin für Mann und Frau. Am berühmtesten ist wohl die Variante des Gomino, benannt nach seinen Gumminoppen, der ursprünglich zum Autofahren erfunden wurde. Heute steht er, kurz gesagt, für ein entspanntes Leben in Wohlstand und Sonnenschein. Quasi der Schuh für Yachtbesitzer. Egal ob mit oder ohne Boot. Zum Imperium gehören auch die Marken Hogan, Fay, Roger Vivier und Schiaparelli. Ach ja, und die Restaurierung des Kolosseums in Rom unterstützt man auch mit 25 Millionen Euro. Da muss sich Ralph Lauren mit seinem restaurierten „Star-spangled Banner" warm anziehen! Die Idee dahinter ist freilich die gleiche. So wie der Kollege in New York seine Marke zum Synonym für Amerika machen will, soll Tod’s die universell verständliche Verkörperung von Bella Italia sein. Für so einen Anspruch sind Taschen und Schuhe allein zu wenig. Dieser Tage wird Alessandra Facchinetti bei der Mailänder Modewoche ihre dritte Kollektion zeigen. Und wenn man die bisherigen zwei als Maßstab nehmen darf, wird es wieder eine Lehrstunde darin sein, was die italienische Mode groß und erfolgreich gemacht hat: ungenierte Tragbarkeit, mühelose Eleganz und eine Sicherheit, was Silhouette, Materialien und Proportionen betrifft. Und bei der man unweigerlich an das kulturelle Erbe ihres Heimatlandes denken muss, dem es seit 2500 Jahren einfach nicht gelingen will, Hässlichkeit zu produzieren. Ausnahme ist selbstverständlich der irgendwie realsozialistisch wirkende Flughafen Mailand Malpensa. Ein warmer, vielversprechender Julimorgen in Mailand. Der Sommer in Norditalien war bisher unerfreulich regnerisch. Heute aber, das spürt man bereits direkt nach der Ankunft um 8.25 Uhr, rekelt sich die Stadt genießerisch. Den müßigen August schon zum Greifen nah, werden ihre modevernarrten Bewohner im Laufe des Tages Gelegenheit haben, ihre geliebten Sonnenbrillen auszuführen. An ihren Handgelenken werden die Uhren blitzen und die It-Bags baumeln. Und nicht wenige von ihnen werden lässig in weichen Schuhen mit Gumminoppen schlendern, die sie in der prächtigen Galleria Vittorio Emanuele oder in der Via Spiga erworben haben. 71 ATELIERBESUCH Italienische Spitze Gibt es ihn noch, den Glamour „made in Italy“? Ermanno und Toni Scervino wollen es beweisen. Silvia Ihring hat sich in der florentinischen Provinz auf die – erfreuliche – Suche gemacht. Thomas Meyer fotografierte 72 THOMAS MEYER, ERMANO SCERVINO; MONTAGE: ICON Die Partner Ermanno (l.) und Toni Scervino ERMANNO SCERVINO; MONTAGE: ICON W 74 ie viele „Panini al Tartufo“ aus dem Florentiner Feinkostgeschäft „Procacci“ darf man sich gönnen? Zwei doch wohl mindestens, immerhin sind diese Hefebrötchen mit Trüffelcreme nur gerade so lang wie ein Mittelfinger. Am ersten Abend in Florenz hat Ermanno Scervinos deutsche Besucherin gleich mal drei davon zum Aperitif verschlungen. „Bei mir sind es locker fünf“, sagt der Designer. Schon als Kind ging er regelmäßig zu „Procacci“ in die Via de Tornabuoni. Und noch heute zieht es ihn immer wieder auf ein oder ein paar mehr Panini dorthin zurück. Auch wenn der Laden inzwischen etwas kommerziell geworden sei, der Besitzer habe gewechselt: „Ich hoffe, dass dort nicht irgendwann eine Boutique eröffnen wird“, sagt Scervino. Und gibt sogleich zu, dass in dem Gebäude im Stadtzentrum, in dem sich heute der Ermanno-Scervino-Store befindet, einst das schönste Musikgeschäft von Florenz ansässig war. Eigentlich müsse man solche Läden unter Artenschutz stellen, findet er. „Wenn alles, was einst geschaffen wurde, langsam verschwindet, muss man etwas dagegen tun. Was sollen wir denn sonst in 50 oder 100 Jahren von dieser Zeit erzählen?“ Gute Frage. Ermanno Scervino, geboren in Mailand und aufgewachsen zwischen Florenz und der Wintersportstadt Cortina in den Dolomiten, sorgt selbst dafür, dass gewisse Dinge in Italien nicht verschwinden. Sein Label ist für italienische Verhältnisse recht neu. Im Jahr 2000 gründeten die Freunde Ermanno Daelli, der sich heute am liebsten mit seinem Künstlernamen Scervino anreden lässt, und Toni Scervino das Unternehmen. Sie versuchten ihr Glück mit einem damals etwas aus der Mode gekommenen Konzept: Ihre Kollektionen sollten komplett in Italien hergestellt werden. Von den Menschen, die ein von Generation zu Generation weitergegebenes Handwerk erlernt und die „Eccellenza“ der italienischen Mode gewährleistet hatten. „Wir haben an ,made in Italy‘ geglaubt, als ganz Italien seine Produktion ins Ausland verlagerte“, sagt Toni Scervino – er ist im Unternehmen für das Geschäftliche zuständig. Immer mehr Hersteller mussten in jenen Jahren schließen, erzählt er, weil Fabriken in Bulgarien, Rumänien und China die Aufträge bekamen. „Wir haben es auch ausprobiert. Haben mal ein Hemd zur Probe in Rumänien herstellen lassen.“ Es folgt ein glaubwürdiger Seufzer: „Als es bei uns ankam ... Es war einfach nicht ... Man hatte keine Lust, es zu besitzen. Es war ein Hemd mit den exakten Maßen, aber ohne Leben, ohne Seele, ohne Charisma.“ Also machten sie es doch lieber selbst. Im Laufe der Jahre kauften Ermanno und Toni Scervino eine seit drei Generationen bestehende Schneiderei, einen Hersteller für Strickwaren und ein Atelier für Couture-Mode. Alle Unternehmen stammten aus Florenz oder der Toskana. „Es waren Spezialisten für das Handwerk, aber sie hatten kein Label, kein Image. Sie standen für Qualität, aber sie haben keine Mode gemacht, wie sie international gefragt ist.“ Bei den neuen Besitzern konnten die Manufakturen nicht nur überleben, sondern sogar wachsen. Heute befinden sich alle unter einem Dach, mehr als 250 Angestellte arbeiten in der Unternehmenszentrale in Grassina, Ortsteil der Gemeinde Bagno a Ripoli, circa 30 Minuten von Florenz entfernt. Der größte Teil der gesamten Produktion – Damen-, Kinder- und Männerkollektionen – entsteht hier und in weiteren Fabriken in der Toskana. Der Rest kommt aus anderen Produktionsstätten in Italien. Beim Besuch in Grassina sitzt der Designer in seinem loftartigen Studio am Ende eines langen schwarz glänzenden Tisches. Am anderen Ende stapeln sich, exakt nebeneinander aufgereiht, Modemagazine und Bildbände. Alles ist so „glossy“, so verführerisch wie die Buchauslage in einem großstädtischen ConceptStore. Wenn man aus den langen, sich über die gesamte Wand erstreckenden Fenstern schaut, blickt man auf Hügel in verschiedenen Grüntönen, angestrahlt vom Sonnenschein. „Diese Landschaft ist magisch“, hatte Toni Scervino kurz zuvor in seinem Büro geschwärmt. Er könne niemals weiter nördlich als Florenz leben. An so einem Tag wie heute versteht man das besonders gut. Ermanno Scervino dagegen hat es in seiner Karriere nie lange an einem Ort ausgehalten. Er erzählt in Sprüngen, mit Unterbrechungen und abrupten Themenwechseln – vielleicht, weil sein Leben genauso verlief. Mit 17 Jahren zog er nach Paris und sammelte Erfahrungen „Made in Italy“ – dieses Qualitätsversprechen bei mehreren großen Modehäusern, Namen zieht wohlhabende Kunden vor allem aus Chiwill er nicht nennen. Später eröffnete er eine na oder Russland an wie Anna dello Russo die Boutique in London, ging nach New York und Streetstylefotografen. Wenn man mit Toni nach Ibiza. Über die meisten seiner alten Ar- und Ermanno Scervino über ihre Heimat beitgeber spricht er nicht sehr gern, bei Carla spricht, erlebt man eine gewisse SchizoFendi jedoch macht er eine Ausnahme. Sie phrenie in ihrer Beziehung zu Italien, so wie hatte ihn Ende der 70er-Jahre in seinem ers- sie vermutlich einige ihrer Landsleute empten Geschäft in Florenz entdeckt und zu Fendi finden. Einerseits schwärmen sie, von dem nach Rom geholt: „Im Grunde war sie die Ers- Licht, dem Essen, der Landschaft. Andererte, die es mir ermöglicht hat, als Designer zu seits klagen sie über die Bürokratie, die es so arbeiten“, resümiert Scervino, der Mode nie schwierig mache, ein Unternehmen aufzustudiert hat, weil seine Familie gegen diesen bauen, Menschen einzustellen, zu expandieBerufswunsch war. „Mein Vater war der Mei- ren. Über den italienischen Markt, der „nicht nung, ich könnte mich in dieser Branche existent“ sei. „Ich war in unserer Boutique in nicht entwickeln. Schade, dass er heute nicht London. Eine wunderschöne Russin hat dort mehr lebt“, bedauert er. für 34.000 Pfund eingekauft. In Italien pasDenn die Entwicklung schreitet zügig voran. siert so etwas nicht mehr“, sagt Ermanno Jetzt sei sein Unternehmen seine Familie, und Scervino bedauernd. Es ist ein etwas arger diese werde immer größer. Erst gerade habe Vergleich angesichts der hohen Arbeitslosigman zu dem 7000 Quadratmeter großen keit und des vergleichsweise niedrigen LohnAreal, in dem das Unternehmen seit 2007 sei- niveaus in Italien. Aber er zeigt, dass auch vernen Sitz hat, noch den Gebäudekomplex ne- mögende Italiener sich nicht mehr trauen, vor benan gekauft. Die Frauen in der „Familie“ Ort viel Geld für Prêt-à-porter auszugeben. heißen beispielsweise Evora, Marina, Sandra. Doch die Freunde wissen wohl, welche StrahlIhre Hände schaffen nach den Anweisungen kraft die Kultur und die Geschichte ihres Landes Chefs die Entwürfe, die später auf dem des immer noch hat. Auf der MännermodeLaufsteg zu sehen sind: Negligés zu Lammfell- messe „Pitti Uomo“ im vergangenen Juni in mänteln, Spitzentops zu Daunenjacken, be- Florenz feierte das Label mit einer pompösen stickte XL-Pullover, Kleider aus mit Lochmus- Veranstaltung das 60-jährige Messe-Jubiläum tern perforiertem Leder. Wer Ermanno Scer- auf Forte Belvedere, einer Festung aus dem 16. vino trägt, dürfte sich ein bisschen Jahrhundert mit Blick auf die Stadt. wie die hippere, jüngere Sophia Ein Potpourri aus Der Name der Veranstaltung „The Loren fühlen. Gabriella Maiani, ei- Rüschen, Stoffen White Renaissance“ bezog sich nicht ne alerte, ganz in Schwarz geklei- und Inspirationen nur auf die dort vorgestellte, komdete Dame, ist die Leiterin des findet sich auf plett in Weiß gehaltene Kollektion. Ateliers der „Alta Moda“. Hier ent- dieser Pinnwand. Er erinnerte auch an die ersten Mostehen die besonders aufwendi- Die brünette desalons in der „Sala Bianca“ im Pagen Stücke. Frauen von mehr als Martina hat als lazzo Pitti in Florenz, die in den 60 Jahren sitzen neben 18-jähri- Model angefan50er-Jahren den Ruf der italienigen Mädchen an großen Tischen gen, heute arschen Mode im Ausland etablierten. und arbeiten konzentriert an den beitet sie mit Diese glorreiche Zeit schien auf Forvor ihnen ausgebreiteten Stoffen, Ermanno Scervino te Belvedere plötzlich gar nicht umgeben von bis an die Decke rei- an den Kollektiomehr so weit weg. chenden Regalen, in denen sich nen. Im Atelier der Natürlich kam auch Agnese Renzi, Stoffrollen stapeln. Auf ihre wei- „Alta Moda“ die Ehefrau des italienischen Minisßen Kitteln ist mit goldenem Fa- entstehen beterpräsidenten Matteo Renzi. Sie sonders aufden das Logo des Hauses gestickt. trug ein Etuikleid aus weißer Spitze Signora Maiani führt zu einer Kol- wendige Kleider. von Ermanno Scervino. (Wir hatten legin, die gerade an einer Kleider- Die blonde Evora zufällig die Fertigung beobachten puppe per Hand mehrere Chiffon- gehört zu den können). Die Scervinos und die Renlagen stufenweise übereinander- Jüngsten im Team zis kennen sich gut, der heutige Milegt und zusammennäht. Sie weist und übt denselben nisterpräsident hat schon in seiner auf die Wellenformen, die der Beruf aus wie Zeit als Bürgermeister von Florenz Chiffon bildet. „Eine Maschine einst ihre Großdas Headquarter besucht, seine Frau kann solch einen Effekt gar nicht mutter wird regelmäßig mit Kleidern ausschaffen“, sagt sie. Zart, dieses gestattet. „Für mich repräsentiert er Wort fällt einem als Erstes ein beim Anblick die Zukunft dieses Landes“, sagt Ermanno von Stücken wie einem weißen, mit einem Scervino. „Er kommt und schaut sich die Modünnen Netz überzogenen Kaschmirtop, das denschauen an, was vorher nie ein Politiker mit einer Bordüre aus Valenciennespitze ver- getan hat. Er hat verstanden, dass Mode einen ziert ist. Man habe das Muster selbst entwor- extrem wichtigen wirtschaftlichen Faktor für fen und von einer toskanischen Stickerei her- dieses Land darstellt.“ stellen lassen, fügt Maiani hinzu. Am Ende des Aber auch im kriselnden Italien geht es beim Rundganges stellt sie einem noch Evora vor, Thema Mode immer noch um die ganz große eine Frau von nur 22 Jahren mit stark ge- Show. Ein Gast auf der „White Renaissance“ tuschten Wimpern und blondem, hochge- war der US-Rapper Kanye West. Erst einen stecktem Lockenschopf. Evoras Mutter arbei- Monat zuvor hatte West auf Forte Belvedere tet ebenfalls für Ermanno Scervino, sie hat ih- seine Hochzeit mit Kim Kardashian gefeiert re Tochter in den Schneiderberuf eingeführt. und die Vorbereitungszeit vor der Party in eiAm Ende des Tages ein fertiges Produkt in der nem Landhaus von Ermanno Scervino verHand zu halten, das mache ihr Freude, sagt sie. bracht. Kim Kardashians Hochzeitskleid Man könnte diesen Satz als eine schon oft ge- stammte zwar nicht von Scervino, aber sie hörte Phrase aus der Manufakturwelt abtun. wurde schon oft in seinen Entwürfen geseGlaubt aber doch gern, dass sie es ernst meint. hen. Mode entwerfen, die bei einem italieniUnd denkt bei sich: Sie hat einen Job, in ei- schen Politikerehepaar ebenso gut ankommt nem Land, in dem die Jugendarbeitslosigkeit wie bei zwei Kunstfiguren aus der Popkultur? bei über 40 Prozent liegt. Das muss man erst mal schaffen. DRUCKSACHEN Marys Magie Bisher kannte man Mary Für die neue Herbst-/ Winterkollektion ließ sich Mary Katrantzou (im Bild links oben) von der Welt der Uniformen und Symbole inspirieren Katrantzou für ihre Digitalprints. Nun schwenkt sie um. Ihre berühmten Kundinnen folgen ihr P 76 lötzlich, nachdem man eine Stunde in der Stille ihres Büros auf sie gewartet hat, rauscht Mary Katrantzou wie ein Wirbelwind herein. „Sorry!!!“, ruft sie mit heller, gehetzt klingender Stimme, sie habe in einem Meeting festgesteckt. Mit einem erleichterten Seufzer setzt sie sich auf das dunkelblaue Sofa. Sie wirkt gestresst, aber so energiegeladen und gut gelaunt, dass es ansteckend ist. Es braucht nur einen Iced Coffee, den Marys Assistentin Laura ihr serviert, eine Zigarette und schon sprudeln die Worte aus der vergnügten Griechin so richtig heraus. „Am Anfang dachte ich, ich würde keine fünf Kleider verkaufen. Jetzt denke ich: Weltherrschaft!“, sagt Katrantzou lachend. Sie meint es scherzhaft – und doch ernst. Mary Katrantzou begann als eines der vielversprechendsten Nachwuchstalente Londons und gilt als diejenige, die den Boom des Digitalprints in der Mode am stärksten befeuert hat. 2008 machte die in Athen geborene Tochter einer Innenarchitektin und eines Textildesigners ihren Abschluss an der Londoner Central Saint Martins School of Design und gründete ihr eigenes Label. Das ist auf dem besten Weg, das nächste große britische Modeunternehmen zu werden. 250 Shops verkaufen die Kollektionen heute weltweit. Frauen von Diane Kruger über Beyoncé bis zu Michelle Obama tragen die Entwürfe. Katrantzou hat mit Labels wie Longchamp und Moncler kooperiert, im November lanciert sie eine Kollektion mit Adidas Originals. Inzwischen kreiert die 31Jährige auch eine Resort-Kollektion, und ab der kommenden Wintersaison bietet das Label auch Handtaschen an. „Im Vergleich dazu, wie sich Modelabels vor zehn Jahren entwickelt haben, ist bei mir alles sehr schnell gegangen“, sagt Katrantzou. Am Anfang sei sie sehr unsicher gewesen, doch als Stores wie Colette in Paris und Barneys in New York anfingen, ihre Kollektionen zu kaufen, wurde sie immer ehrgeiziger. Ihr Unternehmen soll wachsen und dafür ist sie bereit, am Tag zwölf Meetings abzuarbeiten und nachts zu entwerfen. Mary Katrantzou hat keine Angst vor Herausforderungen, sie stürzt sich mit Neugierde in sie hinein. Ihr Unternehmen gründete sie mitten in der Wirtschaftskrise, ohne groß darüber nachzudenken, ob diese womöglich ihr Geschäft beeinflussen könnte. „Ich dachte mir: Du weißt nicht, ob du Erfolg haben wirst oder versagst. Aber du bist naiv genug, um es einfach umzusetzen. Und falls es schiefgehen sollte, findest du es sowieso früh genug heraus.“ Dabei hatte Katrantzou ursprünglich kein Interesse an Mode. Sie studierte erst Architektur an der Rhode Island School of Design in den USA. Dann führte sie die Liebe zu ihrem Freund, der aus beruflichen Gründen nach London ziehen musste, ebenfalls nach Großbritannien und damit nach Central Saint Martins, wo sie Textildesign und anschließend Mode studierte. „Mein Freund sagt immer: Wer weiß, was du jetzt machen würdest, wenn du in Amerika geblieben wärst.“ Vielleicht hätte ihre Forschungsreise durch die Welt der Digitalprints, die vorher noch niemand in der Mode in dem Ausmaß gewagt hatte, nie stattgefunden. „Digitalprint war damals total tabu. Jeder arbeitete mit Siebdruck und wer sich doch an Digitalprint versuchte, tat dies auf sehr sterile Weise. Man machte ein Foto und druckte es einfach auf irgendwas. Nichts, was man gern anzieht.“ Mary Katrantzou dagegen ließ digitale Welten auf Kleidern entstehen: Sie bedruckte sie mit Parfümflakons, Ansichten von luxuriösen Wohnungen, Fabergé-Eiern, Unterwassermotiven und Briefmarken. Diese komplizierten Motive übertrug die Designerin auf ebenso komplizierte Silhouetten, die oft an Schnitte der Haute Couture erinnerten, mit Krinolinen, Schößchen, Drapierungen und Keulenärmeln. Sechs Jahre lang perfektionierte Mary Katrantzou ihren „Signature Style“. Doch der Erfolg des Digitalprints ist seiner wichtigsten Vertreterin zu viel geworden. „Modeketten sind auf das Thema aufmerksam geworden und wollten es kommerziell für sich nutzen. Gerade, weil die Motive digital erzeugt sind, kann man sie sehr leicht kopieren. Plötzlich war Digitalprint überall“, sagt sie. Und fügt hinzu: „Es ist heute kein Trend mehr, es ist eine Art, sich zu kleiden.“ Für die Designerin war es an der Zeit, ihre Komfortzone zu verlassen. Auf der Show für die Herbst-/Winterkollektion 2014 wollten die Zuschauer es kaum glauben: keine Prints! Stattdessen lange, gerade geschnittene Roben, die über und über mit Symbolen wie Verkehrszeichen, Wappen und Figuren bestickt waren. Ein Plisseekleid, dessen Vorderseite an eine Metallschürze erinnerte, wie sie sonst Fleischer tragen. „Eine Befreiung“ sei es gewesen, endlich über das Thema Prints hinausdenken zu dürfen, sagt Mary Katrantzou. Die neue Kollektion spiegelt dennoch völlig die DNA ihres Labels wider. Nur, dass die starken, visuellen Effekte dieses Mal durch die Applikationen und Materialien entstehen, wie einer aus 800.000 Stichen bestehenden Spitze, die in einem Schweizer Atelier hergestellt wurde. Ein Traum für die wohlhabenden Mary-Katrantzou-Anhängerinnen, die gern fast 25.000 Euro für ein Kleid ausgeben. „Diese Frauen kaufen meine Sachen, um sie zu sammeln. Ich habe wirklich großes Glück, denn so tragen sie dazu bei, dass es irgendwann ein Archiv mit meiner Mode geben wird.“ Sie könne es schon jetzt kaum erwarten, bis es so weit sei. Eine Vorfreude, die ansteckt. Silvia Ihring F I L I PPA - K . C O M Anzeige ACCESSOIRES Musterexemplare Ikat- und Kilimmuster sorgen im Herbst für Marrakesch-Feeling. Egal in welcher Stadt sich urbane Nomaden gerade niederlassen Handzahm: Die „Knot“-Bag von Bottega Veneta Jedes Stück ein Unikat: Von indischen Handwerkern für das Label Muzungu Sisters gefertigt. Zu finden bei net-a-porter.com Von wegen Flach, wie ’ne Flunder. Auch Schlangen bleiben gern am Boden. Flats von Tory Burch Ethno- und Couturelook vereint die Schultertasche „Lock“ von Valentino. Über mytheresa.com Schmiegt sich dezent unter den Arm: Clutch von Gucci Handwerk Orange: Die bestickte Tasche ist von Etro Das Modell „Bloomsberry“ aus Canvas und Leder ist von Burberry ECRIDOR RETRO Der Kult-Kugelschreiber von Caran d’Ache. 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CLUTCH: GIVENCHY 84 KLEID VON RALPH LAUREN 85 HINTERGRUNDFOTO:GETTY IMAGES/MONTAGE: ICON 86 HINTERGRUNDFOTO: GETTY IMAGES/GORDON/MONTAGE: ICON OBEN: MANTEL VON FENDI. UNTEN: KLEID UND MANTEL VON AKRIS. GÜRTEL: TOD’S. RING: STEPHANIE SCHNEIDER 87 CAPE: MICHAEL KORS. ARMREIF: HERMÈS. RING: TORY BURCH MANTELKLEID VON TOD’S 89 Beauty and the Best. Das neue 4,MBTTF $PVQÏ Gran 1erformer Eine Marke der Daimler AG TUIFUJTDIF4DIÚOIFJUJNBUIMFUJTDIFO(FXBOE%JFTJOOMJDILMBSF-JOJFOGàISVOH EZOBNJTDIF'PSNFOVOEIBSNPOJTDIF1SPQPSUJPOFOFSIFCFOEBTOFVF4,MBTTF$PVQÏ [VFJOFNNPEFSOFO4UBUFNFOUBVUPNPCJMFS#BVLVOTU&JOFQSPHSFTTJWF&STDIFJOVOH EJFOJDIUTBMT1FSGPSNBODFWFSTQSJDIUXXXNFSDFEFTCFO[EFTLMBTTFDPVQF Die Verbrauchswerte beziehen sich auf die zur Markteinführung (09/2014) verfügbaren Motoren (S 500 4MATIC, S 63 AMG, S 63 AMG 4MATIC Anbieter: Daimler AG, Mercedesstraße 137, 70327 Stuttgart VOE4".( ,SBGUTUPGGWFSCSBVDILPNCJOJFSUoMLN$0₂ &NJTTJPOFOLPNCJOJFSUoHLN BRIONI (7); BILDAGENTUR-ONLINE/TIPS-IMAGES; FEDERICO GAROLLA/CONTRASTO/LAIF Links: Peter Sellers im Persianer, weitere Kommentare überflüssig. Unten: Plaudern vorm Kolosseum Oben: Brioni interpretiert den Trend zum Zweireiher. Rechts: Ein bisschen Muster schadet nie – auch nicht auf dem Sakko Oben: Italiener in London – für eine Modenschau im „Hyde Park Hotel“ reiste eine Delegation 1959 ins UK. Rechts: Die Mittelmeerinsel Brioni – einst ein Jetset-Ort – diente den Gründern Nazareno Fonticoli und Gaetano Savini als Inspiration für den Namen ihres Unternehmens JACKE WIE HOSE Herrliche Herren James Bond, Cary Grant und John F. Kennedy trugen ihre Anzüge: Kein Herrenmode-Label steht so für Jetset wie Brioni. Kommendes Jahr werden die Römer 70 – bereits jetzt sind sie dabei, kräftig zu expandieren. Grund genug für Philip Cassier, einmal umfassend auf Tuchfühlung zu gehen F ür den einen sind es nur drei Spritzer Essig und Öl auf einem mit Stoff überzogenen Notizbuch bei Farfalle und Salat in der Kantine. Für den anderen handelt es sich um einen unhaltbaren Zustand: „Bitte“, sagt Brionis Chef-Schneider Angelo Petrucci, ein Mann, der sich um die Klientel von Woody Allen an aufwärts kümmert, „bitte geben Sie mir das Buch. Das hält ja kein Mensch aus.“ Die Stimme steht kurz vorm Flehen, gegeben wird eine pico Inszenierung des heiligen Ernstes. Dem Besitzer des Buchs ist die Angelegenheit grottenpeinlich. Es ist von Agnona, der Konkurrenz, der Besucher hatte es erst gemerkt, als er zum Termin kam. Petrucci muss es erkannt haben, er fährt ungerührt fort: „Agnona? Am besten, wir geben Ihnen auch eins und Sie schauen mit unserem Notizbuch dann bei denen vorbei.“ Gelächter. Ein Mann mit Seitenscheitel steht wie hergezaubert da: Er nimmt das Buch, nach zwei Minuten sind die Spritzer verschwunden, der Stoff sieht genau so aus wie vorher. Und Angelo Petrucci hebt mal kurz die Brauen. Ein Haus von Brionis Dimensionen – der Name ist an eine Mittelmeer-Insel angelehnt, die nicht zuletzt für ihre glamourösen Polo-Turniere bekannt war – hat viele ungleich größere Geschichten erlebt. Kommendes Jahr werden die Römer 70 Jahre alt, und wer seit circa 1960 männlichen Geschlechts war und auf dem Planeten wirklich im Rampenlicht stand, für den haben sie fast ausnahmslos gearbeitet. Viele Deutsche verbinden mit der Marke zuerst Gerhard Schröder, wobei ihm der „BrioniKanzler“ Ende der 90er-Jahre eher schadete. Aber die Italiener haben weltweit einen so gewaltigen Ruf, dass sie sogar James Bond beschneiderten – der ist bekanntlich Brite. Und selbst die kleine Szene mit der Salatsoße war von Petrucci ausgezeichnet kalkuliert: Sie zeigt ein detailversessenes Unternehmen mit dem souveränen Humor von Gewinnern. Siege sind sie bei Brioni gewöhnt, seit der Schneider Nazareno Fonticoli und der Unternehmer Gaetano Savini 1945 in der römischen Via Barberini 79 ihr Atelier eröffneten. So übergroß ist die Geschichte der Marke, so eng ihre Verknüpfung mit dem Jetset, dass ihr selbst Neuerungen zugeschrieben werden, die gar nicht auf sie zurückgehen. Das muss man erst einmal schaffen. Brioni habe die Taillierung am Jackett erfunden, steht überall zu lesen. Doch der sanduhrförmige Schnitt des Sakkos geht auf die englischen Schneider des späten 19. Jahrhunderts zurück. Bis Brioni kam, waren die Angelsachsen rund um die Londoner Savile Row in der Herrenmode unangefochten. Die Römer sorgten dafür, dass die Taille fließend und natürlich wurde und die eckige Formgebung aus dem United Kingdom bald recht alt aussah. Noch dazu bewiesen die Italiener einen bis dahin unbekannten Mut zu Farben und Stoffen. Rote Smokings, rosa Westen zu cremefarbenen Jacketts, ganze Anzüge aus Seide – im Rom der 50er-Jahre experimentierte man mit Dingen, die sich die Briten bis heute kaum vorstellen wollen. Eine Stadt, ästhetisch ausgehungert nach Jahrzehnten faschistischer Gleichmacherei, in der jeder alles vorzeigen wollte, was er hatte; in der die Bügelfalten notfalls den knurrenden Magen überdeckten; die gleichzeitig von Hollywood auf der Suche nach ein bisschen wahrer Ewigkeit entdeckt wurde: Das ist die Geburtsstätte der modernen Männermode. Bald schon gehörten Brioni die Vereinigten Staaten. Also: Clark Gable. Cary Grant. John Fitzgerald Kennedy. Eigene Boutiquen. Dass manch Savile-Row-Haus in diesen Jahren Kino-Heroen wie Fred Astaire eisig ans Kaufhaus Harrods verwies, wird auch nicht geschadet haben. Ökonomisch hängten die Italiener die Briten ab. Etwas mehr als 7000 Maßanzüge produzieren die Häuser, die man Savile Row zurechnet, heute jährlich. Allein bei Brioni müssen es ein Vielfaches sein – auch wenn dort nicht alle in traditioneller Maßarbeit entstehen. Der CEO Francesco Pesci steht dem Unternehmen seit 2010 vor. Ein Mann mit breitem Scheitel, wie es Schneider ausdrücken, fein gestreiftem Anzug, perfektem Englisch und schwarzen Tasselloafers an den Füßen. Er hat beinahe sein gesamtes Berufsleben bei Brioni verbracht. Wahre Schönheit zu erschaffen, das betont er beim Gespräch im Hauptquartier an der Piazza San Bernardo immer wieder, das sei Zweck des Unternehmens. Man sollte sich das nicht etwa verschnörkelt vorstellen: Die Einrichtung hat mit weißen Wänden und den schlichten Holztischen nichts Antikes oder Barockes, da mag vor der Tür jeder Pflasterstein davon erzählen, dass dieser Ort mal der absolute Mittelpunkt der ganzen Welt war. Dazu passen Pescis Worte, bei Brioni sei die Schönheit nichts Äußerliches. Die innen vernähten Einlagen aus Steifleinen, die Schulter, Taille und Revers zu einer unverwechselbaren Silhouette formten, die sehe man nicht, aber nur sie garantierten zeitlose Eleganz. Eine Bemerkung voller Ironie: Brioni nahm den Modeaspekt der Herrenbekleidung als Erster ernst. 1952 initiierte man eine Schau für Herren im Florentiner Palazzo Pitti – und weil es noch keine männlichen Models gab, lief eben der Storemanager Angelo Vittucci über den Catwalk. In den folgenden Jahren zeigte man den Briten auf Präsentationen in Flugzeugen und auf Ozeanlinern, wie man jede Saison eine neue Kollektion verkauft. Nun sind sie selbst teilweise beim Zeitlosen angekommen. Pescis Unternehmen war seit dem Rückzug der Gründer-Nachfahren oft im Gespräch. 2011 übernahm die französische Kering-Gruppe, zu der auch Marken wie Gucci und Bottega Veneta gehören, die Römer. Mancher in der Branche fragte sich, wie viel Italien bei Brioni bleiben würde. Pesci verweist darauf, dass Brioni durch die besondere Nähe zu den USA und Europa schon immer sehr international ausgerichtet gewesen sei. Die Worte „made in Italy“ spricht er dann mit einem Verve aus, der jede Nachfrage gleich beiseitewischt. Das spiegelt sich auch in den Entwürfen wider: Brionis Creative Director Brendan Mullane, seit 2012 ist der gebürtige Brite nach Stationen bei Labels wie Givenchy, Hermès und Louis Vuitton an Bord, zitiert gern aus der Geschichte des Hauses. So stand ein Trip Fonticolis 1962 nach Asien, im firmeneigenen Archiv wie alles andere lückenlos dokumentiert, Pate für einen Blouson, dessen Rückseite aus Seide sie in Japan mit der Hand bemalen. Im kommenden Sommer wird es farbenfroh zugehen, etwas von der Leichtigkeit des Los Angeles der 50er-Jahre wollte Mullane einfangen: „Wir haben so viel erfunden, aus dem wir immer wieder schöpfen können. Diesen Mix aus Tradition und nach vorne blicken, den findet man selten“, sagt er nach der Präsentation. Und ja, sie werden den ersten Store in der Via Barberini schließen. Aber sie werden ein größeres Geschäft in ihrer Stadt eröffnen und erobern neue Standorte. So gibt es in Deutschland inzwischen Brioni-Boutiquen in München, Düsseldorf, Frankfurt und Hamburg. In allen sind eigene Schneider vor Ort. Wer noch den geringsten Zweifel hat, wie wichtig 3 93 94 3 das Unternehmen das Siegel „made in Italy“ nimmt, dem sei eine Reise nach Penne in die Abruzzen empfohlen. Dort befinden sich die Fertigungsstätten. Bereits die Fahrt durch die Berge gibt einen neuen Begriff davon, worum es sich bei wahrer Schönheit handeln könnte: Die Berge wirken majestätischer, das Gras grüner, der Himmel blauer, die Ortskerne sind belebter als anderswo. Das Auto gleitet durch Serpentinen, vorne sitzt Global Communications Director Paola Milani – eine Mailänderin, die schon in Paris arbeitete – und interpretiert eine Disziplin zu Ende, die Italienerinnen vorbehalten ist. Sie führt gleichzeitig ein mobiles Dauertelefonat, passt dabei auf, dass keine Betriebsgeheimnisse preisgegeben werden – und von einer überbordenden Herzlichkeit ist sie noch dazu. In den Abruzzen zählen dann die Hände wesentlich mehr als Worte. Es fängt beim Nachwuchs an. Brioni unterhält eine eigene Schneiderschule, sie ist staatlich zertifiziert, die Ausbildung beginnt früh. 16 Jungs und Mädchen um die 14 Jahre sitzen im Klassenraum zumeist in T-Shirts an Holztischen. Vor ihnen liegt Steifleinen, sie vernähen es Stich für Stich mit dem Oberstoff, bis ein einheitliches Muster entsteht: „Mit 14 bildet sich die Sensorik der Hände aus, mit 25 kannst du kein Schneider mehr werden“, sagt Petrucci. Er absolvierte die dreijährige Schule in den 80erJahren selbst. Die Aufnahmeprüfung ist hart: Bei der Begrüßung merkt der Meister, ob die Hand des Bewerbers zu feucht oder zu unbeweglich ist. Es folgen Tests in Englisch – das Personal muss weltweit einsatzfähig sein – und Mathematik. Vor allem aber will Brioni Leidenschaft für den Beruf sehen. Eine Schneiderlehre macht viel Mühe. Sara Romano, eine 15-Jährige mit Lockenmähne aus L’Aquila, erzählt, dass sie als Kind die Kleider ihrer Puppen selbst entwarf. In Brionis Schule durfte sie, bevor man ihr eine Nadel in die Hand gab, wie ihr gesamter Jahrgang eine Collage entwerfen: „Wer ich heute bin und wer ich werden möchte“. Die Ergebnisse hängen an der Wand – ein Boulevard von gewaltigen Träumen mit Skateboards und Jeans auf der einen und Sportwagen und feinsten Kleidern auf der anderen Seite. Und Angelo Petrucci ist der große Held. Kein Wunder, er steht ja nicht nur der Fertigung vor, er reist als Chef des VIP-Services auch durch die ganze Welt. In der Produktionshalle wird Petrucci zum kleinen Jungen voller Enthusiasmus. Oder ist es Schauspiel? Auf alle Fälle freut ihn jede Frage, er bittet nur, nicht von einer Fabrik, sondern von einer Manufaktur zu sprechen. Nun ist dieses Wort derzeit sehr en vogue. Man wartet nur noch darauf, dass der Fleischer sein Geschäft in eine Wurst-Manufaktur umtauft. Einem Schneider-Atelier ähnelt die Halle zudem kaum: Maschinen sind zu sehen, viel Neonlicht, es fehlt die Ruhe, weil viele Menschen am Werk sind. Aber die meisten verrichten ihre Aufgabe mit den Händen. 220 Arbeitsschritte in 22 Stunden stecken in einem zweiteiligen Anzug, das sind mehr als doppelt so viele wie bei einem industriell gefertigten. Brioni investiert zwei Stunden mehr als vor 15 Jahren: Die immer dünneren Stofffasern tragen sich zwar angenehm, sind aber schwieriger zu verarbeiten. 18 Mikrometer misst die Faser eines klassischen Super-100s, die nun populären Qualitäten haben noch um die zwölf Mikrometer. Da herrscht schnell Knitteralarm. Um dem vorzubeugen, läuft jeder Stoff über Rollen, davor steht ein Mann und markiert mit einem Plastikfähnchen, wenn ihm eine Unregelmäßigkeit auffällt. Dann wird ein Probestück unter echten Bedingungen gebügelt. Wenn’s zu sehr schrumpft oder Wellen schlägt, geht es zurück zur Weberei. Petrucci ist nun richtig ins Reden und Gestikulieren gekommen und erklärt zwischen Nähmaschinen und Bügelautomaten in seinem blau karierten Zweiteiler, dass seinem Unternehmen 53 Sorten Steifleinen für das Innenleben des Anzugs zur Verfügung stünden. So passe das Innenleben immer zum Oberstoff (deutsche Schneider stöhnen, dass sie kaum noch passende Einlagen finden). Der Zuschnitt erfolgt ausschließlich per Hand und ist ausgebildeten Schneidern vorbehalten. Für Arbeiten wie das manuelle Ausnähen der Knopflöcher, das Einsetzen des Futters und vor allem das 40-malige Bügeln des Stoffs haben sie Spezialisten. Viele schauen beim Arbeiten ein wenig in die Gegend, weil sie ihre Arbeitsabläufe blind beherrschen müssen. Und jedes fertige Teil, vom Ärmel bis zum angenähten Naturhornknopf, begutachtet dann wieder ein Meister, notfalls mit der Lupe. Was das bedeutet, hat unter anderem Creative Director Brendan Mullane erlebt: Als er vor der ersten Show seinen Anzug benötigte, erklärte man ihm, er müsse noch eine Woche warten, das Stück habe nach dem finalen Bügeln noch zu ruhen. Es gebe bei Brioni keinen Qualitätsunterschied zwischen einem nach Maß gefertigten Anzug und einem von der Stange, hatte der CEO Francesco Pesci beim Interview gesagt. Das stimmt und stimmt nicht – Innenleben und Oberstoff werden beispielsweise bei der Konfektion mit der Maschine vernäht, sonst von Hand. Aber erstens hat die Maschinennaht bei Brioni die Elastizität von Handarbeit und zweitens wird jeder Anzug in der Boutique angepasst. Petruccis Besucher quengelt allerdings schon die ganze Zeit rum, wie gern er einmal vom Chef persönlich vermessen werden würde. Also führt ihn der Schneider noch in sein Büro mit den vielen Erinnerungsfotos an der Wand: Petrucci mit Woody Allen, mit Gerhard Schröder, mit Geoff Rush, dem „Schneider von Panama“. Er bittet, einen Anzug in passender Konfektionsgröße anzuziehen. Es folgt ein analytisches Spektakel. Die Hände an fast jedem Fleck des Körpers, die Augen zu Schlitzen verkniffen, rotiert Petrucci um seinen Kunden. Der glaubt, beim Chirurgen angelangt zu sein: Jede noch so kleine Unregelmäßigkeit hat Petrucci nach Sekunden erkannt, hängende Schulter links, linkes Bein 1,5 Zentimeter kürzer als das rechte, so geht das weiter. Gleichzeitig aber hat der Besucher den Eindruck, dass Petrucci es schon richten wird – und Wünsche darf er obendrein äußern: abgeschrägte Taschen, Länge des Rockschoßes, Innenfutter, Bundfalten, Umschläge, Knopfleisten ... zu viel, um es hier aufzulisten. Alles notiert Brionis erster Schneider akribisch auf ein Formblatt, sodass er die Fertigungsschablonen beim Aufmalen des Anzugs auf den Stoff anpassen kann. Am Ende sieht das Blatt aus wie ein wissenschaftlicher Berichtsbogen. „Sehen Sie mich an“, sagt Petrucci, „gefällt Ihnen der Schnitt meines Anzugs? Eng am Körper, aber ich könnte darin Tennis spielen.“ Was soll man da erwidern? In der Rhetorik, so formulierte es der große Römer Cicero vor 2000 Jahren, komme wahre Eleganz ohne unnötigen Zierrat aus und sei von einer gewissen Lässigkeit. Das fiel dem Besucher aber erst lange nach der Frage ein. Angelo Petrucci sagt, er habe mal einen berühmten Kunden gehabt, der nicht glauben wollte, dass er ein Jackett in einer Stunde für die erste Anprobe fertigstellen könne. Also habe er den Kunden mit den Augen vermessen, das Sakko zugeschnitten und provisorisch zusammengenäht. Er sei deutlich unter einer Stunde und der Kunde für immer treu geblieben. „Soll ich Ihnen das schnell mal vormachen?“ Der Besucher verzichtet. Ein Mann in Petruccis Position könnte sich niemals erlauben, jetzt zu versagen. Sie zeigen bei Brioni eben gern vor, was sie haben und können. Daran wird sich nichts ändern. Und daran, dass sie fast jeden anziehen werden, der auf dem Planeten wirklich im Rampenlicht steht, vermutlich auch nichts. „Man muss früh anfangen. Mit 25 kannst du kein Schneider mehr werden“ ANGELO PETRUCCI, Chef-Schneider bei Brioni shop online www.brax.com jeder augenblick wird schöner, wenn man ihn teilt. ZU BESUCH Die etwas andere Rosskur Downton Abbey goes Italy? Bei den Bolzas in Umbrien kommt man sich vor wie am Filmset: Burg, Grafen, Prinzessin, Pferde, Personal – hier ist einfach alles da. Irina von Gagern hat sie besucht, Niko Schmid-Burgk fotografierte Wo das Glück dieser Erde liegt? Klar, auf dem Rücken der Pferde. Graf Antonio Bolza und seine Schwiegertochter Nencia während eines gemeinsamen Ausrittes in der umbrischen Landschaft D Der Volksmund weiß, dass die Welt morgens um sieben noch in Ordnung ist. Genauso bekannt ist, dass der schöne Sinnspruch mal mehr und mal weniger stimmt. Also montags mit defekter Kaffeemaschine stimmt er mehr so mittel. Wie gut also, dass es Reschio gibt. Dort nämlich ist an der Richtigkeit kein Zweifel erlaubt: Graf Antonio Bolza besteigt – der Kopf ist hoch, der Zwirn ist fein – seinen ebenso aristokratisch anmutenden andalusischen Hengst und begibt sich auf einen Morgenritt mit seiner Schwiegertochter Gräfin Nencia. Die aufsteigende Sonne vertreibt den dichten Nebel und gibt den Blick frei auf das Panorama: sanfte, bewaldete Hügel, durchbrochen von piniengesäumten Wiesen und Olivenhainen. Als ob alles rufe: Willkommen! Reschio ist ein 1200 Hektar großer Besitz im westlichen Umbrien an der Grenze zur Toskana. Geerbt? Mitnichten! Früher hatte die Familie Bolza einen großen Grundbesitz in Ungarn, durch die Revolution verloren sie alles. Als Flüchtling landete Graf Antonio mit seiner Familie in Österreich, da war er gerade mal fünf Jahre alt. Dieser frühe Verlust scheint ihn anzutreiben. Schon als junger Mann gründet Antonio Bolza einen erfolgreichen Kunstverlag. Er heiratet eine österreichische Gräfin, sie bekommt fünf Kinder. Erst leben sie in London, dann in München. Die Ferien verbringen sie in Umbrien. Als das Castello di Reschio, eine alte Burg mit all dem Land drum herum und darauf weit verstreuten 50 alten, meist verfallenen Häusern, auf den Markt kommt, entscheidet der Graf, hier zu investieren: „Ich wollte wieder Wurzeln haben, hier leben und arbeiten. Also verkauften wir das Haus in München und den Verlag und setzten alles auf eine Karte.“ Was aber tun mit 1200 Hektar Land? Antonio Bolza hat einen Plan: Er will die bis zu 500 Jahre alten Häuser nach und nach auf höchstem Niveau renovieren und entsprechend gut verkaufen. Mit dem Verkauf will er den nächsten Umbau finanzieren. Um den 3 97 BENEDIKT BOLZA (3) 98 Die Landschaft in Umbrien darf man als üppig bezeichnen – das Design in den Ferienhäusern der Bolzas ist eher schlicht. Auch die Möbel darin stammen aus der Feder des Architekten Benedikt Bolza Hier plant der Hausherr noch selbst: Architekt Graf Benedikt Bolza (Mitte) kümmert sich um die Renovierung der alten Bauernhäuser Bella famiglia: Benedikt und seine Ehefrau Nencia mit zwei ihrer fünf Kinder, Tochter Olimpia und Sohn Geza 3 anspruchsvollen Kunden gerecht zu werden, stellt er eine Freskenmalerin ein, Prinzessin Nencia Corsini. Sie kommt aus einer der ältesten und einflussreichsten Familien Italiens. Einer ihrer Vorfahren – Papst Clemens VII. – hat den Trevi-Brunnen in Rom erbaut. Die junge Prinzessin hatte, bevor sie nach Umbrien kam, in London gelebt und hatte genug von der Großstadt: „Als ich das erste Mal hierherkam“, erinnert sich Nencia, „fühlte ich mich gleich zu Hause, die Landschaft kam mir so vertraut vor und ich hatte das Gefühl, angekommen zu sein.“ Auf der Baustelle trifft sie auf den Sohn der Familie, Benedikt Bolza, einen Architekten, der zufällig auch gerade aus London hierhergezogen war, um seinen Eltern beim Umbau zu helfen. Die beiden verlieben sich. Zwei Jahre später heiraten sie. 14 Jahre sind seither vergangen. Benedikt und Nencia empfangen in ihrem Haus. Früher lebten hier sechs Bauernfamilien. Jetzt bevölkern die jungen Bolzas das riesige, verschachtelte Anwesen mit ihren fünf Kindern. Die beiden Großen, Giorgiana, 13, und Nerina, 11, gehen mittlerweile im 150 Kilometer entfernten Florenz auf das Lycée Français. Unter der Woche leben sie dort. Gräfin Nencia erzählt, dass sie sich erst Gedanken gemacht hat, ob eine vierte Sprache die Kinder verwirren würde. Die Familie wechselt mühelos zwischen Englisch, Italienisch und Deutsch. Doch nach wenigen Monaten sprachen die Mädchen fließend Französisch. Die dritte Tochter, Vita, 9, besucht gerade ihre gleichaltrigen Cousins an der Küste. Die beiden Jüngsten, Olimpia, 7, und Geza, 5, der einzige Junge, beleben das Haus auf ihre Weise. Sie tollen mit den beiden Labradoren durch die Küche. Die ersten zehn Jahre ihrer Ehe lebten Benedikt und Nencia Bolza mit ihren Kindern in der baufälligen Burg. „Jedes Mal, wenn es regnete“, erzählt Gräfin Nencia „hatte ich keine Schüsseln mehr, weil die überall das Wasser auffangen mussten.“ Mit der Familie ist auch Reschio gewachsen. 24 der Bauernhäuser sind verkauft. Eines nach dem anderen hat Graf Benedikt, der mittlerweile den Familienbetrieb leitet, renoviert. Er plant und überwacht persönlich jeden Umbau, entwirft die parkartigen Gärten. „Für unsere Käufer ist es wichtig, dass sie sich um nichts kümmern müssen“, erläutert der Entwickler. „Sie kaufen sich ein Haus im wunderschönen Umbrien, ohne sich mit Handwerkern oder Behörden herumschlagen zu müssen. Wir garantieren und halten den Einzugstermin, so etwas gibt es sonst nicht in Italien.“ Das ist der wahre Luxus. Je nach Größe und Ausstattung kostet eine Villa hier ab fünf Millionen Euro aufwärts. Manche Anwesen haben einen eigenen Weinberg und den ganz persönlichen Olivenhain. Die Häuser werden das ganze Jahr gesäubert, überwacht, die Gärten gepflegt. Wenn der Besitzer ankommt, sind die Betten bezogen, der Kühlschrank ist gefüllt, der Pool frisch gefüllt, der Garten in Ordnung. Viele Hauskäufer wollen, dass Graf Benedikt das Haus auch ihnen einrichtet. In der riesigen alten Tabaccaia, einer Tabakfabrik aus den 40er-Jahren, hat er sein Büro und das Designstudio. Unter dem Label B.B. for Reschio entwirft er Lampen und Möbel. Ein Stockwerk tiefer werden sie gebaut. Reschio ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region. 48 Menschen arbeiten hier – und das in Vollzeit: Gärtner, Zimmermädchen, Köche, Kellner, Handwerker, Pferdepfleger, und die Mitarbeiter in den Büros. Wenn ein weiteres Haus umgebaut wird, kommen noch einmal gut 60 Handwerker dazu. Zehn der 24 fertigen Villen kann man mieten (reschio.com). So zum Beispiel auch „Palazzo“. Von außen eine großzügige Palladio-Villa, von innen eine Art Ferienhaus für Männer wie James Bond. Mit riesigem Pool, Weinkeller, Heimkino, Fitnessraum, Billardzimmer, Tennisplatz und vielem mehr. Zehn Leute passen hier hinein, Träume haben einen Preis, in der Hochsaison kostet das Anwesen rund 29.000 Euro pro Woche. Graf Antonio zeigt seinen Stall. Kein Halm liegt am Boden. Wenn man den Grafen auf seinem Andalusier sieht, denkt man, er sei mit Pferden aufgewachsen. Doch weit gefehlt. „Als Flüchtlinge konnten wir uns das Reiten nicht leisten“, erzählt der Graf. „Erst mit 56 Jahren habe ich hier damit angefangen.“ Und er bleibt konsequent dabei, lernt neben Reiten auch Dressur und baut eine erfolgreiche Andalusier-Zucht auf. Über 40 dieser Tiere springen über die Weiden. Sogar eine eigene Osteria gibt es in Reschio – sie ist den Gästen exklusiv vorbehalten. Hier arbeitet Gräfin Nencia. Sie bespricht mit Küchenchef Rosario jedes Menü: „Wir haben hier die herrlichsten Zutaten quasi vor der Haustür, wilden Spargel, schwarzen Trüffel, unser eigenes Olivenöl.“ Es wird Abend. Benedikt und Nencia laden zum Essen in ihr Gartenhaus ein. Nach vorn hin ist es ganz offen und wir haben wir einen weiten Blick über das Tal. Vor uns stehen Teller mit dampfendem Risotto. Die frisch gepflückten Kräuter erinnern einen daran, wie nahe man der Natur ist. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages bringen den Rosé im Glas zum Leuchten. Denn auch abends ist die Welt noch in Ordnung. Nach Lage der Dinge zumindest in Reschio. 99 Gepflegte Haut durch edle Seide. Parfümerien mit Persönlichkeit empfehlen SENSAI Wenn die Beratungsspezialisten mit dem Anti-Ageing-Spezialisten zusammentreffen, erwartet Sie ein ganz besonderes Pflegeerlebnis. Mit luxuriösen, ergiebigen Seidentexturen für ein einzigartiges Hautgefühl und ein unschlagbares Preis-/Leistungsverhältnis. Lassen Sie sich von unserem persönlichen Service verwöhnen und profitieren Sie von unserem Fachwissen und unserer langjährigen Erfahrung! Fragen Sie bei Ihrem nächsten Besuch in Ihrer Parfümerie mit Persönlichkeit nach der SENSAI Doppel-Befeuchtung. www.parfuemerien-mit-persoenlichkeit.de www.sensai-cosmetics.com CELLULAR PERFORMANCE Warum Doppel-Befeuchtung? Um Ihre Haut optimal VORZUBEREITEN und ihr NÄHRSTOFFE zuzuführen. Die Doppel-Befeuchtung von SENSAI ist ein einzigartiges Ritual, welches Ihre Haut mit Feuchtigkeit und Nährstoffen bestmöglich pflegt. 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Farbe und Pflege zu kombinieren ist zwar nichts Neues, aber wenn Terry de Gunzburg ihren LieblingsLip-Balm „Baume de Rose“ nun in sechs Farben getaucht hat, dann scheint uns das erwähnenswert. Schön für den Herbst ist die Farbe „Bloom Berry“, über niche-beauty.de Augenblick mal ... Sind die echt? Eine typische Frage in Zeiten, da Kunstwimpern so täuschend natürlich eingesetzt werden. Aber manchmal ist es eben doch nur die richtige Wimperntusche. Giorgio Armani ist längst bekannt für Volumen-Mascara mit Namen wie „Eyes to kill“. Nun folgt die nächste Generation mit „Black Ecstasy“. Also, Augen auf! Verführerisch: Die Macarons von Ladurée kennen Sie bestimmt. Die Pariser Konditorei hat nun mit dem französischen Modelabel Nina Ricci gemeinsame Sache gemacht und die Duftkerze „La tentation de Nina“ geschaffen, die frisch-floral duftet (über ludwigbeck.de). Aber Achtung: nicht hineinbeißen! Die passenden Nina-Ricci-Macarons bitte bei Ladurée vor Ort erwerben. 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Zehn bis 20 Minuten reichen aber völlig aus und der Effekt hält bis zu eine Woche lang: Tipp: Machen Sie die Maskenpause abends und verteilen Sie die Überreste aus der Packung gleich noch an Hals und Dekolleté. Na dann ... prost! Andreas Florig Inhaber der Parfümerie Florig in Griesheim AUGENÖFFNER Das ganze Jetset-durch-dieWelt-Gefliege macht zwar Spaß, bedeutet für unsere Haut aber leider auch Stress. Die trockene Luft im Flugzeug lässt Fältchen schneller entstehen, besonders rund ums Auge. Nun gibt es speziell dafür ein neues Helferlein, das Sie (nicht nur) im Handgepäck gut gebrauchen können: das Augen-Serum der kleinen isländischen Kosmetikmarke Bioeffect. Nach EGFSerum, einer Tages- und Körperpflege, gibt es nun erstmals auch etwas für die Augen. Und wie nicht anders zu erwarten, auch als klare Flüssigkeit, die die Augenpartie durchfeuchten soll. Mithilfe einer kleinen Rollkugel lässt sich das geruchlose „EGF Eye Serum“ einfach auftragen. Tipp: Rollen Sie immer von innen nach außen! Das regt die Lymphe an und kann so auch Augenringen vorbeugen. Alexander Wolf Geschäftsführer der Parfümerie Wolf in Bielefeld T H E C U L T U R E O F T O TA L B E A U T Y Exklusive Haarpflege und Kosmetik. In ausgesuchten Friseur – Salons: labiosthetique.de LA BIOSTHETIQUE CHEVEUX LONGS In voller Länge Langes, seidiges Haar ist sexy. Es ist aber auch empfindlich und anfällig für Sprödigkeit und Haarbruch. Das luxuriöse Spa – Konzept Cheveux Longs gleicht Strukturschäden aus, pflegt das Haar mit hochwirksamen Inhaltsstoffen und umschmeichelt es mit einem bezaubernden Parfum. Sammlerstück Einige Frauen sammeln Kleider mit den berühmten Marni-Mustern, andere Parfumflakons. Das Modehaus Marni bietet nun gleich beides an. Für ihren bewährten Duft „Marni Rose“ gibt es ab November einen auf 3000 Stück limitierten Sammlerflakon – in, klar, unverwechselbarem Print. Nur Geduld, Geduld ... Zum Ansprühen Was hat ein Brite immer dabei? Einen Trenchcoat, gern von Burberry. Könnte ja regnen. Nun gibt es quasi auch einen Überzug im Flakon, denn die britische Marke um Chefdesigner Christopher Bailey hat gemeinsam mit Francis Kurkdjian einen Duft entwickelt. „My Burberry“ soll an einen blumenübersäten Londoner Stadtgarten erinnern – klar, nach dem Regen. Die kleine Zierschleife ist aus Gabardine, dem Stoff, aus dem der „Trench“ seit 1879 hergestellt wird. Zweite Premiere Bei Gucci verzettelt man sich nicht. Chefdesignerin Frida Giannini erfindet nicht ständig eine neue DNA, baut vielmehr zeitgenössisch auf der reichen Geschichte auf. Ihr Erfolg erklärt, warum es zwei Jahre dauerte, bin es nun vom Eau de Parfum „Gucci Première“ die leichtere Eau-de-Toilette-Version gibt. Für wahre Fans 10 6 Haben Sie die beiden „F“ auf dem Flakon entdeckt? Ja, genau die, die auch die Schließe der berühmten Baguette Bag des italienischen Modehauses zieren und für „Fendi forever“ stehen. Klar, dass die auf den Flakons der neuen „Fan di Fendi“-Duftreihe nicht fehlen dürfen. Wonach das Eau de Parfum duftet? Nach Leder, Rosen, Birne, Johannisbeere und römischer Sonne ... SS t ! D u e ie N e Neuer Absatzmarkt Bloß Schuhe entwerfen? Das scheint dem Meister der Stilettos, Christian Louboutin (Sie wissen schon, der mit den roten Sohlen) wohl nicht zu reichen. Denn nun brachte er eine NagellackKollektion heraus (in klassischem Louboutin-Rot sowie 30 weiteren Farben). Natürlich nicht in irgendein Fläschchen abgefüllt, sondern in ein elf Zentimeter hohes, ziemlich scharfes „Objekt“. Gibt’s nur bei apropos-store.com Beflügelnd Aller guten Dinge sind zwölf, darum hat Jean-Claude Ellena für seine Hermèssence-Duftreihe etwas Neues kreiert: Cuir d’Ange – sprich Engelsleder. Den Duft des Leders einzufangen, das beschäftigt die Nase von Hermès schon lange. Ab Oktober kann man in den Hermès-Boutiquen testen, was dabei herausgekommen ist. Und da alles bei den Franzosen auf Tradition beruht, gibt es auch eine Hülle aus roséfarbenem Kalbsleder. Kopfverdreher Pechschwarz war der Flakon zu seinem ersten Duft „l’Eau“. Das ist zehn Jahre her. Nun ist der Flakon zu Narciso Rodriguez’ neuestem Coup milchig-weiß und nudefarben. Das sei seine Farbwelt, erklärt der Designer. „Narciso“ duftet übrigens nach Vetiver, weißem Moschus, Zedern. „Ich wollte etwas schaffen, das Männern den Kopf verdreht.“ Na bitte ... Samtweich Wenn Sie den schicken schwarzen Chanel-Karton öffnen, dann kommt darin nicht nur die neue „Vitalumière Loose Powder Foundation“ zutage, sondern auch ein Pinselchen. Nur drei Zentimeter groß, dennoch lässt sich mit den samtweichen KabukiHärchen das Make-up hauchzart (am besten in kleinen Kreisbewegungen) auftragen. ZUSAMMENGESTELLT VON CAROLINE BÖRGER PSS g lin KUNST TRIFFT KOSMETIK Galerie des Außergewöhnlichen In New York eröffnet eine Art Manufactum de luxe, das die Lust von Superreichen an limitierten Objekten befriedigen soll. Huberta von Voss schaute vorbei NY Signatur Duft: So riecht die Galerie Chamber s in Soho gendären Design-Store Moss sowie das MoMa arbeitete, klapperte persönlich die lebenden Künstler ab, befragte und filmte sie in ihren Studios. Daraus entstanden Videos, die die Besucher zum Verweilen einladen sollen. „Mich faszinieren die Geschichten von Objekten und die der Sammler. Wir müssen uns die Zeit dafür nehmen.“ Deswegen sei er nach Chelsea gegangen, sagt der Galerist und nippt im schönen Innenhof des „High Line Hotels“ an einem doppelten Espresso. Er wolle den Kunden ein langsames Einkaufserlebnis ermögli- Objekte für den ganz normalen New Yorker Sammler-Wahnsinn: Puppe von Viktor & Rolf Gallery Er habe sich das Paradies immer als eine Art Bibliothek vorgestellt, gestand der argentinische Kultautor Jorge Luis Borges, der nur inmitten von Bücherstapeln einschlafen konnte. Wie es in diesem Paradiesgarten riecht, in dem uns nicht Äpfel, sondern intellektuelle Früchte die Unschuld rauben, dazu hat der argentinische Parfümeur Julián Bedel einst einen eigenen Duft kreiert. Nun bekam der Besitzer des exklusiven Parfumlabors „Fueguia 1833“ von seinem jungen Landsmann Juan Garcia Mosqueda eine ungleich abstraktere Aufgabe: Er solle einen Duft schaffen, der eine Raumstruktur des verstorbenen amerikanischen Star-Architekten Louis Kahn widerspiegele. Diese Kreation aus „Beton, Gras, Licht und Poesie“ soll der Signaturduft für die direkt unter dem High Line Park liegende Design-Galerie Chamber sein, die Mosqueda Mitte September im Herzen von Chelsea eröffnet. Der Anspruch des erst 26-jährigen Gründers, der einer vermögenden Unternehmerfamilie aus Buenos Aires entstammt, scheint schließlich ebenso monumental und versponnen poetisch wie die Architektur Louis Kahns. Denn Chamber will nichts weniger sein, als ein „Reliquiar für einzigartige Objekte“ von jungen und etablierten Designern. Sein räumlich eher kleiner Laden soll ein „Pilgerort“ für Designliebhaber werden, eine Art Manufactum de luxe mit Galerieanspruch und limitierten Auflagen von großteils eigens kreierten Objekten, quasi ein Ort für Borges-gleiche Sammler, die wie Mosqueda daran glauben, dass die Summe eines Gegenstandes mehr ist als seine Abmessungen und ihm erst die Geschichte seiner Entstehung, sein Narrativ, die seelenhafte Schönheit verleiht. Ach so, und die Magie einer der fortschrittsbegeisterten Wunderkammern der Spätrenaissance will man auch noch versprühen und „Inkubator und Plattform experimentellen Designs“ sein. Ist das nun Mut zur Prätention, Zitierfreude oder die geschickt durchkalkulierte Spielfreude eines kultivierten Investors mit großer Portokasse? Oder auch beides? Gekleckert wird jedenfalls nicht. Das angesehene New Yorker Architekturbüro MOS schuf für das Projekt die antiminimalistischen Räumlichkeiten, die mit organisch geschwungenen Deckenbögen und Nischen Kirchenelemente aufgreifen. Kuratiert wird das Programm der kommenden zwei Jahre von den holländischen Design-Stars Job und Nynke Smeets (Studio Job), die an die siebzig Designer für die Chamber Collection #1 ausgewählt haben, darunter den Mitbegründer der Wiener Werkstätte Koloman Moser und BauhausIkone Marianne Brandt, Dieter Rams und sein legendäres Braun-Radio, aber auch junge Stimmen wie das Mailänder Duo Formafantasma oder bereits etablierte Designer wie die Französin Matali Crasset. Mosqueda, der nach seinem Designstudium in Chicago für den le- chen. Die Preisspanne reicht vom limitierten Handtuch des noch wenig bekannten Sjoerd Kooistra für 50 Dollar bis hin zu einer Puppe von Viktor & Rolf für 70.000 Dollar. Die Superreichen aus China und Brasilien wollten durchaus hochwertige Objekte, die nicht alle haben. Für Überraschungen ist auch gesorgt. So schuf die junge niederländische Modedesignerin Jantine van Peski ein hübsches kleines Zelt, das ihre Materialfixiertheit zum Ausdruck bringen soll. Vielleicht werden darin demnächst die Kinder von vermögenden Hipster-Eltern mit Vintage-Holzblöcken von ADO aus den Fünfzigern spielen, während sich ihre mit Vornamen anzusprechende Mama im Bad zum Schein einer „Mae West Tit Lamp“ (Kreation Studio Job für Venini) den exklusiven Licht-Beton-Gras-Duft hinters Ohrläppchen tupft. Wir wollen hoffen, dass der sicher komplexe Geruch den Mann davon abhält, in den apokalyptischen Gewändern von Martijn van Striens aus der Dystopian Brutalist Collection als Edelzombie rumzulaufen. Oder man hält es doch mit Autor Borges. Wenn er sein Leben noch einmal leben könne, meinte er hochbetagt, würde er mehr Eis essen, leichter reisen und insgesamt die Dinge weniger ernst nehmen. 10 7 SCHÖNHEIT Für immer und alle Zeiten Sie ist wirklich verdammt attraktiv. Eben nicht nur schön gemacht. Wie bereits 1994 wirbt Supermodel Christy Turlington erneut für Eternity. Inga Griese hätte sie auch wieder engagiert Aura, ihrer Attraktivität, die eben mit dem zu tun hat, was in Amerika leider aus der Mode gekommen ist. Eine ehrliche Schönheit. Vielleicht hat sie ein ganz klein bisschen Botox im Bereich um die Oberlippe? Reflexfrage, sie laut zu stellen, wäre albern. Wenn überhaupt, dann wäre es jedenfalls so perfekt injiziert, dass man es nur beurteilen könnte, wäre man ihre Kosmetikerin. Christy Turlington ist eine schmale, filigrane, sportliche Frau mit feinen Fältchen um die Ozean-Augen und auf der Stirn und einer derart gesunden Ausstrahlung, dass man schlagartig die beiden Venti Vanilla Latte von Starbucks eben bereut. Ihre Zeit scheint stehen geblieben zu sein – und sie darin nicht. Zur äußeren Attraktivität kommt eine innere. Manchmal sind längere Interviewzeiten eine Frage der Ehre, in ihrem Fall würde man sich gern auf ein ganzes Wochenende mit Mann, Kindern, Freunden einlassen. Sie strahlt innere Ruhe aus, die nicht nur mit dem Yoga-Faible zu tun haben kann, sie kann lachen und gute Sätze sagen. „Eternity“ ist unser Stichwort, schließlich war sie 1994 das Werbegesicht für den spektakulären Duft damals von Calvin Klein. Der Name war klug gewählt, „Eternity“ scheint wirklich für die Ewigkeit gemacht, ein Bestseller für immer. Zwanzig Jahre später hat Coty das Supermodel aus der Lindbergh-Truppe nun also wieder verpflichtet. Mit 45 Jahren. Ein smarter Schachzug in der jugendverrückten Branche. Mehr Glaubwürdigkeit geht nicht. Beide sind einfach gut geblieben. Die Amerikanerin hat in der Zwischenzeit studiert, wurde Unternehmerin und zum Sinnbild für gesunden Lifestyle, heiratete den Schauspieler und Produzenten Edward Burns, bekam zwei Kinder, setzt sich für Dritte-Welt-Länder ein, produzierte den Dokumentarfilm „No Woman, No Cry“, initierte daraufhin 2010 die „Every Mother Counts“-Initiative für sichere Geburten. 2013 meldete sie sich großformatig in Calvin Klein-Unterwäsche als Model zurück. „Wenn ich an Ewigkeit denke, dann eher im Sinne von Kontinuität“, sagt sie mit ihrer klaren Stimme. Erst recht, seit sie Kinder hat. „Es geht nicht um dich, sondern um sie und gleichzeitig doch um dich, weil sie ein Teil von dir sind. Und sie wiederum sind ein Teil vom Ganzen, so spannen sich die Fäden immer weiter.“ Das ist das, was „forever young“ eigentlich meint. C „Wir hatten Spass.“ Die neue Eternity Kampagne drehte Christy Turlington mit Ehemann Edward Burns FILMMAGIC/GILBERT CARRASQUILLO; INEZ VAN LAMSWEERDE UND VINOODH MATADIN 10 8 Das Greenwich Hotel in New York ist einer dieser angesagten Plätze in Downtown New York, es gehört Robert de Niro, liegt unweit vom TriBeCa Komplex, wo auch John-John Kennedy lieber wohnte. Die Atmosphäre ist entspannter als in den hippen Herbergen im Meatpacking District, eher Bohème, in der Lobby mit den bunten Samtsesseln und gestreiften Sofas auf Holzboden herrscht ClubAtmopshäre. Auch wenn fast jeder Gast in ein Mac-Book oder Smartphone vertieft ist. Das Konzept des Shibui Spa basiert auf Balance zwischen Innen und Außen, zwischen Natur und Stadt, ein alter japanischer Bambuswintergarten umhüllt den Indoorpool, jeden Morgen um acht wird Yoga angeboten. Im Hotelrestaurant Locarna Verde mit hohen Bücherund Weinregalen, Holztischen und ledergepolsterten Bänken wird frische, köstliche italienische Küche serviert, natürlich nicht nur an Hausgäste – einen besseren Ort hätte Coty kaum auswählen können für ein Interview mit Christy Turlington. Auf dem schmalen Hotelflur im 6. Stockwerk steht eine kleine Gruppe gut gepflegter, aufgeregter Frauen. Ein vertrautes Bild, fast schon ein Ritual bei solchen internationalen Presseterminen in der Kosmetikbranche: „Sorry, we are running late“, sagt eine freundliche Amerikanerin und hantiert mit dem Smartphone. Mehr weiß sie nicht. Am Ende des Flurs öffnet sich eine Tür, ein Grüppchen fröhlicher Journalistinnen aus Spanien kommt heraus, muss ja nett gewesen sein mit Mrs. Turlington. Die etwas Ältere in der Truppe scheint kurz vor Schnappatmung: „So beautifull! So nice.“ Nun muss man auch wissen, dass auf allen Seiten der Parfümbranche eine gewisse Hysterie gepflegt wird, und dazu gehört angesichts stetig wachsender Märkte auch die Vergabe von Interviewzeiten mit den prominenten Testimonials. Schon ein Einzeltermin ist soviel Wert wie eine Chefarzt-Behandlung als Kassenpatient, wenn der „Slot“ dann noch mehr als fünf Minuten beträgt, dann darf man sich schon fast selbst als Star fühlen. Soviel Gewese um ein neues, zugegeben großartiges Parfüm? Einige Kaffees und einen Bummel durch TriBeCa später stehe ich wieder auf dem Flur mit dem schönen Holzboden und werde – „sorry, we are running late“ – aufgerufen. Die Tür zu einer Suite mit Kamin öffnet sich, eine nette Frau begrüßt mich überschwänglich: „Hi, Inga, so sorry that we are running late!“ Sie wird darauf achten, dass sich mit mir die Verspätung nicht noch weiter aufbaut. Ich habe zwanzig Minuten! Schlagartig ist das alles egal. Mrs. Turlington reicht angenehm die Hand, schon, dass sie nicht als Erstes sagt: „Hi, I’m Christy!“ (wer denn sonst?) macht sie sympathisch. Überhaupt ist man gleich wie erfrischt von ihrer MARKENGESCHICHTE Puig. Mehr als eine Marke Wenige Unternehmen wirken so im Hintergrund wie die spanischen Parfümeure. Dabei stehen sie hinter Marken wie Prada und Valentino. Susanne Opalka ging auf historische Entdeckungsreise Marc Puig steht auf der Bühne des Royal Bar- nem vierten Sohn Enrique. Der ist sich daher celona Yacht Club, eine kurze Ansprache, auch sicher, dass nicht Blut, sondern „Agva Ladann fügt er sich in die Reihen. Sein Blick vanda“ durch seine Adern fließt. Dieser ländgleitet über applaudierende Menschen, er- lich-idyllische Duft des Windes, der über Felschöpfte, fröhliche Gesichter strahlen ihm der von Lavendel, Salbei und Thymian entgegen: Segelprofis aus aller Welt feiern vor streicht, weht Puig in eine andere Liga. Rafael der Kulisse der hippen Stadt, seiner Stadt, die Lopez, der spanische Couturier in Paris, vereng mit der Familie und dem Unternehmen traut dem Landsmann seinen ersten Duft an, verbunden ist. Marc Puig hat die America’s es folgen die Vertriebsrechte für Jean Patou, Cup Challenge hierhergeholt, die nun seinen Chanel, Max Factor. Namen trägt: „Puig 12mR World Champion- Ab Mitte der Fünfziger steigen die Söhne Anship“. Tagelang segelten die Boote vor der tonio und Mariano ins Geschäft ein, schreiben Küste, eingerahmt von historischen Yachten 1962 Geschichte, als sie André Ricard und Yves aus vergangenen Jahrhunderten – die „Puig Zimmermann die zukünftige Designsprache Vela Classica“, die der Unternehmer vor sie- überlassen. Jean Miró wird seine Skulptur ben Jahren ins Leben rief. Auf dem Plaza Eu- „Femme“ 1973 nach einem Flakonentwurf von ropa steht schimmernd weiß und gerade fer- Ricard für Puigs Herrenduft „Agua Brava“ getig der „Puig Tower“, vom spanischen Top-Ar- stalten. („Femme“ steht heute vor dem Firchitekten Rafael Moneo entworfen. Der neue men-Tower). Antonio senior setzt sich zur RuHauptsitz der Firma. he, er hat Spanien erobert, nun sollen seine Die ist Ihnen gar nicht so geläufig? Marc Puig Söhne Antonio (für Design verantwortlich), würde lächeln – solange Ihnen Prada, Valentino, Comme des Garçons, Jean Paul Gaultier, Paco Rabanne, Carolina Herrera oder Nina Ricci mehr sagen. Puig (spricht sich „Puutsch“) ist 100 Jahre nach Gründung das sechstgrößte Unternehmen der Welt im Premium-Duftmarkt, mit einem Nettoumsatz von 1,499 Milliarden Euro, 4204 Mitarbeitern und Niederlassungen in 21 Ländern. Dazu ist es das einzige Unternehmen, das weder von einem Konzern absorbiert noch an der Mehr als Parfüm: Puig macht nicht nur in Duft (etwa von Prada und Börse gehandelt Valentino), sondern veranstaltet auch die Regatta „Puig Vela Classica“ wird. Antonio Puig Castelló, 1889 geboren, kehrt 1912 nach zwei Jahren Jesuitenschu- Geschäftsmann Mariano, José Maria und Enrile aus London mit dem Recht zurück, diverse que, der Mann für PR, für internationalen ErProdukte zu importieren – ein Portfolio aus folg sorgen. Und das in schwieriger Zeit: „Es Büchern, Gummireifen und „Parfum d’Orsay“. war die Zeit der Diktatur, made in Spain war 1914 gründet er „A. Puig“. Am 28. Juli versenkt nichts wert“, so Mariano. Man konzentriert ein deutsches U-Boot ein Schiff mit der ge- sich auf exklusive Premiumprodukte, baut eisamten, nicht versicherten Puig-Ladung. Der ne neue Fabrik. Ein eigenes Labor stellt die Jungunternehmer gibt nicht auf. Acht Jahre Meisterparfümeure ein, die Flakons, selbst die dauert es, bis er seinen Coup landet: „Milady“, Verschlüsse, alles wird im Hause entworfen der erste spanische Lippenstift. 1929, zur Ex- und gefertigt. Mit „Calandre“, dem ersten Duft po, erwirbt Antonio Puig das Recht, „4711“ zu von Paco Rabanne, durchbricht Puig dann vertreiben. Doch was er wirklich ersehnt, 1969 die Grenzen, 1973 markiert „Paco Rabankommt 1940 zur Welt – gleichzeitig mit sei- ne pour Homme“ eine neue Kategorie der Par- fümerie. Und im Hintergrund, um Paris nicht zu verärgern, legt Rabanne auch seine Mode in Puigs Hände. Das öffnet den Spaniern die Türen zum internationalen Luxusmarkt, durch die nach und nach andere Couturiers spazieren werden. Heute besitzt Puig komplett die Marken Paco Rabanne, Nina Ricci und Carolina Herrera – dazu die Lizenzen für Duft von Prada, Comme des Garçons, Valentino, Celebrities wie Antonio Banderas und Shakira und die Kosmetik von Payot. Füllen die Sehnsüchte, die Mode weckt, in Flaschen ab. Aber auch die Mode profitiert: Die Marke Paco Rabanne, ab 1999 klinisch tot, als die Haute Couture und die Prêt-à-porter eingestellt werden, hat allein einem Duft die Wiedergeburt zu verdanken: „1 Million“ – fast 30 Millionen der GoldbarrenFlakons wurden seit dem Launch 2008 verkauft. 2011 geht mit Manish Arora als Designer die erste neue Kollektion über den Laufsteg. NICO MARTINEZ; PUIG (2) P Ähnliche Reha-Maßnahmen per Dufttherapie brachten Nina Ricci zurück in den Fashionzirkus. Am 3. Mai 2011 geht ein Beben durch die Szene: Puig übernimmt von Hermès maßgeblich die Marke Jean Paul Gaultier. Ab 2016 werden die Spanier nach der Mode auch seine Düfte produzieren. „Eine Familienfirma hat eine ganz andere Motivation, weil die Mitglieder etwas für die nächste Generation aufbauen wollen, sie erschaffen ein Vermächtnis“, sagt Marc Puig, seit 2007 CEO. Antonio Puig hat Spanien erobert, die vier Söhne das internationale Geschäft, die dritte Generation mit den Cousins Manuel und Marc hat aus der Parfüm- eine globale Luxusfirma geformt. Das Erfolgsrezept hat Mariano Puig bereits in den Sechzigern formuliert: „Wir lieben diese Firma so sehr, dass ihr Fortbestehen wichtiger ist, als sich an Positionen zu klammern.“ 10 9 SINN UND VERSTAND Der Duft ihres Lebens Jean-Claude Ellena war lange Parfümeur bei Hermès. Nun beerbt ihn Christine Nagel. Unsere Autorin Uschka Pittroff hat beiden die gleichen Fragen rund ums Riechen gestellt. Und zweimal buchstäblich naseweise Antworten erhalten E Bitte beschreiben Sie, wie für Sie ein Stein riecht? Jean-Claude Ellena: Auch wenn das jetzt merkwürdig erscheint, aber für mich ist der Stein kalt und hart, auch wenn es natürlich ein warmer Stein sein könnte. Wir können auch einen Feuerstein nehmen. Da ist der Geruch auf der einen Seite verbrannt, auf der anderen Seite wie ein Aldehyd, also kalt. Wir Laien fragen uns immer, was kommt zuerst: die Henne oder das Ei? Was ist Ihr Geheimnis? Riechen Sie anders als wir Normalos? Mit anderen Worten: Haben Sie zuerst ein Objekt, eine Landschaft, ein Bild, eine Idee im Kopf – und daraus folgt die Kreation eines Parfüms? Oder sagen Sie sich: Uff, da gibt’s diesen interessanten Ledergeruch, daraus möchte ich jetzt was Großes schaffen? Wie funktioniert das bei Ihnen? Jede Kreation geht auf ein Indiz zurück, nicht eine Idee. Es gibt ein gewisses Signal für eine kleine Sache, also es gibt da irgendetwas, und dann spiele ich Detektiv und ziehe am Faden, bis ich den Schuldigen herausfinde. Der Schuldige ist hier die Idee am Ende des Fadens. Die Kette sieht folgendermaßen aus: Indiz, Idee, Thema, Parfüm. Ein Beispiel bitte. Das Indiz ist ein Pfahl, der in die Erde eingerammt ist – also ein Bild, eine Vorstellung. Die 110 HERMÈS (5); BRICE TOUL Wie riecht Glück? Für JeanClaude Ellena und Christine Nagel ist das die große Frage Idee ist der Geruch von Holz. Das Thema ist die Vertikalität, also der Ausdruck des Geruchs. Dies sehen wir zum Beispiel bei „Terre d’Hermès“ (Anm. der Red.: ein Bestseller, den Monsieur Ellena kreiert hat). Ich versuche, mit diesem Parfüm einen Menschen auszudrücken als einen vertikalen Wert, und das Ganze über einen Holzgeruch. Was macht eigentlich ein Parfümeur? Ein Laie stellt sich das immer so vor: Er mixt irgendwelche Sachen zusammen, und dann kommt was Tolles raus. Oder unterhält man sich in Formeln, wie ein Chemiker? Beschreiben Sie bitte Ihren Beruf? Ich bin ein Schriftsteller des Duftes. Ich stelle die Düfte mit Worten gleich. Diese Wörter bilden dann einen Satz. Und das ist der Beginn einer Geschichte, die ich erzählen möchte. Dabei gibt es natürlich gewisse Regeln. Aber für mich ist jeder Inhaltsstoff wie ein Wort – so entsteht langsam eine Parfüm-Geschichte. Man sagt, die Umgebung beeinflusst uns, und wir kreieren umgekehrt unsere Umgebung. Welchen Einfluss hat das auf Ihre Arbeit? Wenn Sie jetzt in zum Beispiel Chicago oder Papua-Neuguinea aufgewachsen wären, würden Sie die gleichen Parfüms kreieren? Nein (lacht). Wenn ich in Chicago aufgewachsen wäre, dann wäre ich Architekt geworden. Oder Gangster. Und in Neuguinea hätte ich mich tätowieren lassen und hätte mich als Stammesfürst etabliert. Welche Düfte machen uns glücklich? Das Gefühl von Glück, von Freude, ist immer mit Erinnerung verbunden, und die Erinnerung ihrerseits geht auf ein Ereignis zurück. Wenn das ein glückliches Ereignis war, dann werden Sie sich an diesen Tag erinnern und dann diesen Geruch, den Sie an diesem Tag wahrgenommen haben, als einen angenehmen Geruch empfinden. Nehmen wir ein Beispiel. Als junge Frau mit 17 Jahren lernen Sie einen Jungen kennen, der „Brut“ von Fabergé trägt. Mit 35 Jahren lernen Sie wieder einen Mann kennen, der das gleiche Parfüm benutzt, und ich kann Ihnen sagen, selbst wenn der Mann total hässlich ist, wird das für Sie ein Moment des Glücks. Das ist also der Geruch des ersten Flirts. Welche Parfüms oder Düfte haben Ihr Leben verändert? Hmm ... Das ist keine kleine Angelegenheit. Das wissen wir. (Denkpause) Ich weiß nicht, wie ich auf diese Frage antworten soll. Ganz konkret: Das erste Mal in meinem Leben, als ich mich anders gefühlt habe als die anderen, das war im Alter von 16 Jahren. Ich lernte damals in der Parfümerie-Branche in einem Labor und sollte ein ‚Absolue de Jasmin‘ herstellen. Ich stellte fest, dass meine Nase, mein Geruchssinn unterscheiden konnte, ob das Parfüm in einem Behälter aus Glas, einem aus Kupfer oder einem aus rostfreien Stahl hergestellt wurde. Mein Chef sagte zu mir: „Du kannst etwas, was ich niemals konnte.“ Es war das erste Mal, dass ich erfahren habe, dass meine Nase vielleicht etwas besser ist als das Mittelmaß. Das hat mein Leben verändert: Ich bin Parfümeur geworden. Wenn Sie Menschen die Wahrheit sagen, nämlich dass in Erdbeerduft keine Erdbeere ist, dass er nichts mehr ist als eine chemische Formel, nämlich: Fructon, Ethylmaltol und Me- thylanthranilat und dass Hyazinthenduft nicht aus Hyazinthen gemacht wird, sondern aus Phenylethylalkohol, Benzylacetat und Galbanum – machen Sie damit die Menschen nicht traurig? Eh ... alors. Diese Namen für Gerüche und Parfüm-Rohstoffe sind für mich Wörter, die schön, die poetisch klingen. Sie sind abstrakt für die Öffentlichkeit, und gerade deshalb, aufgrund ihres abstrakten Charakters, klingen sie wie eine Melodie. Kommen wir auf die Malerei zu sprechen. Wir haben ein Stillleben. In diesem Stillleben sehen wir Äpfel, Aprikosen, Bananen. Aber das bedeutet natürlich nicht, dass wir reale Äpfel, Aprikosen und Bananen vor uns haben, sondern vielmehr einen Kunstgriff, der etwas abzubilden vermag mit unserer Vorstellungskraft. Und diese Fantasie übersteigt meiner Meinung nach die Realität. Wenn ich Erdbeergeruch aus Erdbeeren herstellen müsste, dann wäre das für mich nicht interessant und dann wäre ich nicht Parfümeur. Ich denke, der menschliche Geist hat eine Fähigkeit, Systeme zu erfinden und eine Realität zu suggerieren, zu transzendieren. Das ist, was mich interessiert. Das ist das, was ich den Menschen mit meinen Parfüms erklären möchte. Der Mensch ist eine wunderbare Maschine, der zu Erfindungen fähig ist. N Bitte beschreiben Sie, wie für Sie ein Stein riecht? Christine Nagel: Es hängt davon ab, woher dieser Stein kommt. Einer aus dem Meer hat eine salzige Note. Einer vom Land ist für mich wärmer und sinnlicher. Sie werden lachen, ich mache solche Stein-Erkundungen und Geruchs-Reisen, da zerschlage ich manche wie ein Steinmetz mit einem Hammer. In manchen Steinen sind Luftblasen, Millionen Jahre alt, und deren austretender Geruch ist metallisch. Ein sinnlicher Geruch, der für mich eng mit dem taktilen Aspekt verknüpft ist. Wir Laien fragen uns immer, was kommt zuerst: die Henne oder das Ei? Was ist Ihr Geheimnis? Riechen Sie anders als wir Normalos? Mit anderen Worten: Haben Sie zuerst ein Objekt, eine Landschaft, ein Bild, eine Idee im Kopf – und daraus folgt die Kreation eines Parfüms? Oder sagen Sie sich: Uff, da gibt’s diesen interessanten Ledergeruch, daraus möchte ich jetzt was Großes schaffen? Wie funktioniert das bei Ihnen? Die Idee von Jean-Claude mit den detektivischen Indizien gefällt mir. Meine Indizien sind meine Emotionen, meine Gefühle. Ich bin wie ein Schwamm, der jeden Tag etwas aufnimmt. Nur was mich davon wirklich berührt, verfolge ich wie einen roten Faden. Das kann die Begegnung mit einer Landschaft sein, mit Musik. Das Gefühl, das sie in mir auslösen, ist mein Ausgangspunkt. Was macht eigentlich ein Parfümeur? Ein Laie stellt sich das immer so vor, er mixt irgendwelche Sachen zusammen, und dann kommt was Tolles raus. Oder unterhält man sich in Formeln, wie ein Chemiker? Beschreiben Sie bitte Ihren Beruf? Ich bin eine Geschichten-Erzählerin. Hier kommen wieder meine Gefühle ins Spiel. Mit meinen Parfüms möchte ich berühren; ein Parfüm bedeutet ja, dass wir uns gut fühlen, dass wir uns vielleicht mehr als Frau fühlen, dass wir uns romantischer fühlen. Ein Parfümeur ist für mich ein Künstler, der es schafft, zum Beispiel Werte wie Eleganz, Originalität und Stil – und auch Überraschung in einen Flakon zu packen. Es geht um die Seele, ein Parfüm als ihr Ausdrucksmittel. Man sagt, die Umgebung beeinflusst uns, und wir kreieren umgekehrt unsere Umgebung. Welchen Einfluss hat das auf Ihre Arbeit? Wenn Sie jetzt in zum Beispiel Chicago oder Papua-Neuguinea aufgewachsen wären, würden Sie die gleichen Parfüms kreieren? Ich wäre also die Gangsterbraut für Jean-Claude! Aber im Ernst: Ich habe das große Glück, in einer Region geboren zu sein, in der die Parfümerie eine Kunst ist. Ja, ich glaube auch, dass vieles von unserer Abstammung abhängt und diese unser Leben beeinflusst. Und das fängt mit den Ur-Baby-Duftwahrnehmungen an. Wir Franzosen sind von „Mustela“ geprägt, die Amerikaner von „Johnson & Johnson“, die Deutschen von „Penaten“. Das sind unsere Grund-Wohlfühlgerüche voller Glücksgefühle. Wenn ich also Ägypterin wäre oder Australierin – ich würde andere Düfte liefern und auch kreieren. Welche Düfte machen uns glücklich? Wenn ich den Duft des Glücks kreieren könnte, würde ich das tun und ihn in große Flaschen abfüllen (lacht)! Düfte sind irrational. Sie folgen der Person, die wir lieben, oder der Person, „die man nicht mehr riechen kann“, sie sind also mit privaten, persönlichen Erlebnissen verbunden. Und Ereignissen, die einen – positiv oder negativ – berühren. Welche Parfüms oder Düfte haben Ihr Leben verändert? Eine sehr schwierige Frage, weil Düfte jeden Tag mein Leben verändern. Der Duft lebt mit mir. Ich ernähre mich davon. Ich existiere durch den Duft. Das ist fast wie Benzin. Es ist ein Antriebsmittel. Ja, ich verändere mich dadurch jeden Tag. Wenn Sie Menschen die Wahrheit sagen, nämlich dass in Erdbeerduft keine Erdbeere ist, dass er nichts mehr ist als eine chemische Formel, nämlich: Fructon, Ethylmaltol und Methylanthranilat und dass Hyazinthenduft nicht aus Hyazinthen gemacht wird, sondern aus Phenylethylalkohol, Benzylacetat und Galbanum – machen Sie damit die Menschen nicht traurig? Diese Rohstoff-Begriffe sind für mich wie Buchstaben, mein Abc. Diese Buchstaben führen zu Wörtern, daraus entsteht eine Geschichte, daraus entstehen dann Bücher, es entsteht Poesie. Das ist das Gleiche wie bei einem Maler. Er kann in eine Landschaft hinausgehen, ein Foto schießen, er kommt dann zurück nach Hause und malt dieses Foto ab. Er kann aber auch einfach in die Landschaft gehen, diese Landschaft nur betrachten, dann kommt er zurück, und mit seiner Vorstellungskraft wird er seine Landschaft malen. Es entsteht eine neue Geschichte Egal ob Eau de Toilette, Duschgel oder Seife: Dies sind alles Kreationen von Jean-Claude Ellena für Hermès 111 Anzeige So richtig Urlaub. SONNTAG, 14. SEPTEMBER 2014 Ganz in der Nähe, inmitten großartiger Natur. Mit Charme, Stil und Spaß für Groß und Klein. Einfach zum Wohlfühlen. Ganz A-ROSA. Global Diary Erinnern Sie sich? An die Zeit, als man statt SMS und E-Mail noch Karten von fremden Orten schrieb? Wir tun es noch immer Nur noch für kurze Zeit verfügbar. VENCE, PROVENCE Jubiläumsangebot für Frühbucher 2 Nächte so richtig Urlaub. Jetzt inklusive 40 € Jubiläumsvorteil Oleander und Rosmarin im Frühling, Rosen, Hibiskus, Lavendel im Sommer und Herbst bis in den Winter – dazu die Brise der nahen Côte d’Azur: Die Provence ist wie ein Rausch! Das Fünf-SterneHotel „Château Saint-Martin & Spa“ im Hinterland von Nizza ist eine einstige Tempelritter-Burg. Von dort oben aus weitet sich der Blick über Land und Meer bis zum Cap d’Antibes. Dahin, wo auch das Schwesternhotel zu finden ist, das „Hôtel du Cap Eden-Roc“. Und so geht mein Tag: bei Sonnenaufgang den Parkgarten mit den Aronsard-Rosen durchschreiten. Innehalten auf der Wiese des „L’Oliveraie“. Leichte Schwimmzüge im Pool unter Olivenhainen. Ein „Petit Déjeuner“ auf der Hotelterrasse. Schönen Gedanken nachgehen auf eigener Villen-Veranda – ein wenig Zeit einplanen für das Durchqueren von 200 Quadratmeter Salon, Schlafgemächern, Bädern und Speisezimmer. Danach eine Anwendung im Spa by La Prairie, dessen Spa-Trophy 2014 so frisch ist wie die gesamte Schlossrenovierung. Schmunzeln über die Foto-Ausstellung, sie zeigt das Leben im Château, in Nizza, St-Tropez und in den 60er-Jahren. Vor der Tür des Château Saint Martin auf ein Gebet in die „Chapelle du Rosaire de Vence“ des Künstlers Henri Matisse. Ausruhen im Garten inmitten von Blumen- und Küchenkräuter-Duftschwaden. Vor dem Diner noch mit Chef-Sommelier Bernard Neveu hinunter in den felsigen Weinclub „Les Canthares“. Später dann Genuss provenzalischer Delikatessen von BocuseSchüler Franck Ferigutti – gerade erhielt er einen Michelinstern, im Winter kocht er im Ski-Hotel „L’Apogée Courchevel“. Durchschlafen. Und morgen? Alles noch einmal bitte! Uta Petersen kann einfach nicht aufhören, die allerschönsten Luxushotels ausfindig zu machen bei Buchung bis 30.09.2014! Zum Beispiel A-ROSA Travemünde A-ROSA Sylt 178 € ab 198 € ab Pro Person im DZ inkl. Halbpension Gültig für Aufenthalte zwischen 01.11.2014 und 31.03.2015, Anreise täglich möglich, Wochenendzuschläge, außer feier tags, limitier tes Kontingent, auf Anfrage und nach Ver fügbarkeit, auch mit einer anderen Aufenthaltsdauer und individuellem Jubiläums vorteil buchbar. Buchung auf www.a-rosa.de, im Reisebüro oder unter 040-69 63 52 33-8 ILLUSTRATIONEN: TIM DINTER VENEDIG, ITALIEN A-ROSA Resort und Hotel GmbH, Am Kaiserkai 69, 20457 Hamburg, www.a-rosa.de Draußen lockt Venedig mit seinen Reizen. Und die Biennale mit ihrer unüberschaubaren Zahl an Kunstausstellungen. Und was machen wir? Wir hängen ab im „Aman Canal Grande“, im „Palazzo Papadopoli“. Stehen mal mit Drink in der Hand auf dem Balkon des Ballsaals, fühlen uns wie Stars und winken aus Spaß den Touristen, die vorbeischippern und ihre Kameras auf uns richten. Und dabei wissen wir: Das wahre Fotomotiv befindet sich im Rücken hinter offenen Glastüren – die Rokoko-Ausschmückung des Raums. Er ist über und über mit Fresken, Stuck-Reliefs, Putten und Spiegeln dekoriert. Die Menschen auf Vaporettos und Gondeln halten uns wohl für Hausgäste eines venezianischen Adeligen. Damit liegen sie im Prinzip richtig. Graf Giberto Arrivabene Valenti Gonzaga bewohnt mit seiner Familie ein paar Hundert Quadratmeter auf der vierten Etage des 450 Jahre alten Palazzo. Die restlichen 5500 Quadratmeter (!) sind Hotel. Wobei einem in Sachen Wohngefühl dieser Begriff nicht in den Sinn kommt. Die Gesellschaftsräume wie Ballsaal, Boudoirs, Esszimmer und Bibliothek wurden mit schlichtem und einfarbigem Mobiliar zu Lounges gestaltet, in denen man sich gern aufhält. Einen Aperol Spritz nippen, in Büchern blättern, speisen oder sich einfach vom prunkvollen Dekor einlullen lassen. Der „Palazzo Papadopoli“ ist nämlich eine Kunstkammer, die Schätze aus fünf Jahrhunderten birgt. Wie die mit Fresken in der Tiepolo Suite – erschaffen von Giovanni Battista Tiepolo, einem der bedeutendsten italienischen Maler des 18. Jahrhunderts. Oder der Sansevino-Kamin aus dem 16. Jahrhundert in Nummer 14. Oder die Murano-Kronleuchter aus der Mitte des 19. Jahrhunderts – damals die ersten in Venedig mit elektrischen Kerzen. Jede der 24 Suiten ist eigen, manche original antik ausgestattet mit sechs Meter hohen Decken, andere modern. Die kleinste misst 47, die größte 103 Quadratmeter. Auch in rückwärtig gelegenen Zimmern freut man sich über einen reizvollen Blick nach draußen. Auf den Canal Grande oder in die Gärten oder beides. Und bewundert insgeheim die Papadopolis, die vor 150 Jahren ihren Palazzo neu inszenierten. Einerseits um Venedigs verwöhnte High Society zu beeindrucken, andererseits um luftiges Grün an Venedigs Hauptschlagader zu platzieren. Kein Wunder also, dass man sich zweimal überlegt, ob hinausgehen oder bleiben. Die Lagunenstadt zählt zu Kiki Barons liebsten Städten. Dort fand sie das ultimative Refugium UNTERWEGS Sardiniens letztes Geheimnis Wenn selbst für Tom Cruise kein Tisch auf der Insel vor Sardiniens Südküste mehr frei ist, muss es ein besonderes Eiland SEATOPS sein. Helge Sobik weiß mehr tonello Pomata tat es wirklich leid. Cruise und Co schleppten deshalb selbst und wirkten sogar so, als ob sie durchaus Spaß daran gehabt hätten. Spät am Abend konnte Antonello immerhin ein paar Mitarbeiter schicken, um das Geschirr wieder abzuholen. „Wissen Sie“, sagt der Maestro, während er seine große Hornbrille mit den schwarz-grünen Bügeln aufsetzt, „die Insel San Pietro gehört zwar irgendwie zu Sardinien, aber wir sind das krasse Gegenteil der Costa Smeralda, wo viele Superreiche unterwegs sind. Wir sind bodenständig.“ 54 Quadratkilometer groß ist die Insel, weniger als ein Vierhundertstel der Fläche Sardinens. Gut 6200 Menschen leben hier, fast alle in der Hauptstadt Carloforte. Fünf Straßen erschließen den Rest der Insel, jede strahlenförmig in eine andere Richtung, und wer von der einen Piste auf die andere will, muss immer erst wieder zurückkommen an den Ortsrand. Die Gassen sind schmal, die Altstadt ist verkehrsberuhigt, und weil Carloforte am Hang liegt, kommen nicht mal die Vespas und Mopeds überall durch. Nur wenige Hotels haben sich angesiedelt, ein paar Pensionen, 300 Gästezimmer insgesamt bloß, dazu viele Häuschen, die überall auf der Insel in die Landschaft gewürfelt und meist von dichtem Grün umgeben sind, von Strandhafer oder riesigen Diesteln, von Zistrosen und Wacholder, von Aleppo-Kiefern und Steineichen. Meistens gehören sie ebenso wie viele der kleinen Stadthäuser und Eigentumswohnungen Festland-Italienern, die sie als Sommerquartiere nutzen. Die betagten Autofähren vom Festland, die 35 Minuten für die Überfahrt brauchen, machen ebenso wie die privaten Ausflugsschiffe der Leute mit dem pralleren Geldbeutel direkt vor der ersten Häuserzeile und den Platanen fest – dort, wo von den Balkonen die Wäsche zum Trocknen hängt. Dort hocken die Alten und plaudern, während manche der etwas Jüngeren entlang des Corso Cavour im Erdgeschoss ihrer schmalen Häuser hinter sperrangelweit A Am Ende musste er an Deck der Yacht essen, mit der er gekommen war. Dabei hätte Antonello Pomata ihm gern geholfen und konnte trotzdem nur mit den Schultern zucken: „Kein Tisch frei diesen Abend, nicht mal ein Stuhl. Und an den nächsten fünf, sechs Abenden auch nicht.“ Nicht mal für Tom Cruise mit Gefolge. Alles reserviert. Wie immer im August, wie üblich um diese Jahreszeit im besten Restaurant von Carloforte auf der Insel San Pietro gut sieben Kilometer vor der Südspitze Sardiniens. Ins „Da Nicolo“ in vorderster Linie mit Blick auf den Yachthafen kommen sie alle: die, die dann doch ganz gern gesehen werden wollen, und die, die darauf gut verzichten können und einfach nur hervorragend essen möchten – 15 Schritte vom Mittelmeer. Italienische Fußballstars kehren hier ein, Modedesigner wie Roberto Cavalli, die Fiat-Besitzerfamilie Agnelli, der Bulgari-JuwelenClan – und viele mehr, an die Antonello und sein Vater Nicolo sich aus Diskretion gar nicht erst erinnern. Die meisten von denen reisen mit einer Yacht an, und alle reservieren zur Sicherheit vorher. Wichtig ist das ohnehin nur im August, wenn ganz Italien Urlaub macht. In allen anderen Monaten ist viel weniger los und fast immer auf Anhieb ein Tisch im „Da Nicolo“ zu bekommen. Aber offenbar hat niemand Mister Cruise davon erzählt. Nachdem der Mann aus Hollywood am Eingang im Stehen die ausgehängte Speisekarte studiert hatte, mochte er nicht mehr woanders hingehen oder sieben Tage auf einen Sitzplatz warten. Er bestellte einfach außer Haus: Filet vom St. Petersfisch mit Babykartoffeln, Rinderfilet mit Pecorino-Kruste, Tempura-Crêpes gefüllt mit Muscheln und Scampi, dazu Salate und Mozzarella-Tomaten mit Basilikum und hervorragendem Balsamico. Leider war kein Kellner frei, um all das zur Yacht zu tragen: zu viel los um diese Zeit. An- geöffneten Holztoren sitzen und von Hand Reusen und Netze flicken. Die Kleineren stehen Schlange an der Eisdiele. Wirkliche Hektik? Gibt es hier nicht. Wer zum Strand will, muss ein Stück laufen und erst an der Lagune mit all den Flamingos vorbei – hinaus aus dem Ort Richtung Osten. Denn den einen langen Paradestrand gibt es hier nicht, dafür viele kleine Buchten: so schön wie drüben auf Sardinien. Spiaggia la Bobba zum Beispiel oder Spiaggia la Caletta, den schönsten Strand der Insel. Der Sand ist hell, das Wasser klar. Es schillert in schönstem karibischem Türkisblau – und manchmal schauen von der Seeseite sogar ein paar Delfine nach den Urlaubern an Land. Weite Teile der Küste sind steil, felsig, zugänglich nur für Kletterkünstler. Noch immer leben Fischer in Carloforte, noch immer stammen die meisten permanenten Einwohner von Fischerfamilien ab, auch wenn sie inzwischen auf den Fähren arbeiten, die die meiste Zeit des Tages im Anderthalbstundentakt unterwegs sind. Ihr Schutzherr war historisch kein Sarde, sondern der König von Savoyen. Ihre Architektur erinnert eher an einen ligurischen Küstenort als an ein sardisches Dorf, ihre Kultur ist die Norditaliens – wenn auch längst verquickt mit allerlei anderen Einflüssen. Selbst der Dialekt, den sie sprechen, ist ein veraltetes Genuesisch – mit manchen Begriffen, die dort oben längst aus dem aktiven Wortschatz verschwunden und über die Jahrhunderte sogar in Vergessenheit geraten sind. Hier aber haben sie sich gehalten. Für die Küche gilt dasselbe. Antonellos Vater Nicolo Pomata kocht nach traditionellen Rezepten von der Insel, und deren Wurzeln sind ebenfalls ligurisch. Ob Tom Cruise davon wohl etwas weiß? „Keine Ahnung“, sagt Antonello, „wichtig ist nur, dass es ihm geschmeckt hat.“ Will der Mann aus Hollywood wiederkommen? „Weiß nicht. Zumindest hat er bislang nicht reserviert.“ Dafür war kürzlich Johnny Depp da. Er hat auf Anhieb einen Tisch bekommen. Wie es dazu kam? „Ganz einfach“, sagt Antonello. „Es war September. Und da ist es kein Problem.“ Die Reise wurde von FTI Touristik unterstützt. 113 BAUPLAN 3 1 2 7 4 5 6 9 10 DER „FUSION“SNEAKER VON DIOR In den Ateliers und Manufakturen dieser Welt werden weiterhin Handwerkskünste gepflegt, und wir schauen zu 114 Im Januar 2014 trugen die Models zur Haute-Couture-Show von Dior keine High Heels, sondern den jüngst von Chefdesigner Raf Simons entworfenen „Fusion“-Sneaker. Das Besondere an dem Schuh: Er verbindet typische Couture-Details wie Bänder, Schleifen und Blumenstickereien mit Hightech-Materialien und kommt ohne Schnürung aus. Gefertigt wird er in Italien, wir zeigen die wichtigsten zehn Schritte: 1. Alles beginnt mit einer Skizze. 2. Wenn der Entwurf steht, folgt die Umsetzung. Zunächst wird das Obermaterial des Schuhs in Handarbeit mit Blumenstickereien verziert. 3. Nun wird am Computer eine 3-D-Animation der Sohle erstellt. 4. Um den Sneaker später in verschiedenen Größen anbieten zu können, stellt man für jede Schuhgröße einen eigenen Leisten aus Holz her. 5. Mithilfe einer Eisenform wird die zweifarbige Gummisohle angefertigt. Die Form verfügt über Erhöhungen und Vertiefungen und verleiht der Sohle ähnlich wie beim Hochdruckverfahren ihr Profil. 6. Die einzelnen Elemente des Schuhs werden aus dem Außenmaterial ausgestanzt und anschließend 7. miteinander vernäht. 8. Im nächsten Schritt wird das Außenmaterial auf die verschiedenen Leisten aufgezogen. 9. Nun folgt das Ankleben der Sohle. 10. Zu guter Letzt kommt die Innensohle in den Sneaker, dann ist er fertig. Übrigens: Den Schuh gibt es in fünf Varianten, erhältlich ist er in allen Dior-Boutiquen und ausgewählten Concept-Stores. DIOR 8