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ICON Februar 2014 WHY NOT? E r h ä l t l i c h a u s s c h l i e ß l i c h i n L o u i s V u i t t o n G e s c h ä f t e n . T e l . 0 2 11 / 8 6 4 7 0 0 Laden Sie die Louis Vuitton pass app herunter, um exklusive Inhalte zu entdecken. MILES ALDRIDGE Vorhang auf! D ie Aufnahme stammt, man ahnt es schon, aus dem Condé-Nast-Archiv und gehört zu einer Auswahl von 150 großartigen Modefotos, die vom 1. März bis 25. Mai im Pariser Musée de la Mode ausgestellt wird. Miles Aldridge hat die drei Füße 2002 für die italienische „Vogue“ fotografiert. Es hätte (abgesehen von der Schuhform) auch letzte Woche sein können. Stehen die drei doch für genau jenes Lebensgefühl und jene Trends, die wir uns gerade von der Mode gern suggerieren lassen: Die Welt ist bunt und Frechheit siegt. Also: Unbeschwertheit. Frech wird ja manchmal als unverschämt missverstanden, aber eigentlich wohnt dem Begriff eher Dynamik inne. Wer frech ist, hinterfragt. Und wagt. (Als ich meine Haare abholzen ließ, hörte ich öfter, anerkennend: „frecher Schnitt“.) Die Mode dieser Saison also ist bunt, von Kunst beseelt und vielfältig. Die (feiner) Stoff gewordene Aufforderung, Vorurteile abzulegen, die alten Kategorien mal wieder zu entsorgen. Parka zum Spitzenkleid zu dicken Strümpfen. Rosa Kaschmir über Mondrian. Why not?! Mode ist ein kulturelles Spiel. Sie lässt uns ausbrechen aus der Ordnung, ohne dass es schwerwiegende Konsequenzen hat. Es muss nicht immer sein, wie es scheint. Und ja: Es wird wieder hell da draußen! AUF DEM COVER: Pullover, Jogginghose, Badeanzug, Kette und Lederhandschuhe sind von Chanel. Stiefel: Bally FELICITY HAYWARD COVER: WIEBKE BOSSE; DIESE SEITE: MARTIN U.K. LENGEMANN; GETTY IMAGES; JAMES DIGNAN „Ich wollte schon als Kind glamourös sein, so glamourös wie meine Großmutter. Aber von einer Karriere als Model habe ich nicht geträumt.“ Doch nun ist Felicity Hayward das angesagteste Plus-Size-Model Großbritanniens. Ihre Laufbahn als Profi ähnelt der, ja, von Claudia Schiffer: Das deutsche Supermodel wurde in einer Disco in Düsseldorf entdeckt, Felicity beim Tanzen in einem Pub. Die (gefärbte) Blondine mit der sinnlich üppigen Figur bekam so vor zwei Jahren den ersten Fotojob. Danach konnte sie sich vor Anfragen kaum retten. Also gab sie ihre Arbeit als Kunstlehrerin erst einmal an der Garderobe ab. Die Ähnlichkeit mit der verstorbenen Anna Nicole Smith, deren Sexbomben-Kampagne für H&M Werbegeschichte schrieb, ist durchaus geschäftsfördernd. Aber nicht minder der Humor (kehliges Lachen!) und die Entspanntheit, mit der Mrs Hayward um Kameras „kurvt“. Ganz im Sinne der Großmutter. Fotografin Esther Haase schwelgte mit Felicity in London (ab Seite 64). Mehr (ziemlich sexy) Bilder finden Sie auch unter www.welt.de/icon. JAMES DIGNAN Nicht jedes Magazin hat seine eigene Familie. Icon schon – dank James Dignan. Der gebürtige Neuseeländer illustriert das modische Leben von Icona, fast so lange, wie es unser Magazin gibt. Dignan kann sich daran sogar noch erinnern: „Es war im Sommer 2008. Ich war gerade in Paris angekommen, als der erste Auftrag für vier Illustrationen kam.“ Binnen einer Woche war Icona geboren. Mit roten Haaren, ziemlich groß gewachsen und reiselustig. In der Zwischenzeit ist unsere Magazin-eigene Modefamilie ganz schön gewachsen: Auch Iconas Mann Iken und die Kinder Icönchen und Ike und natürlich Icomi lassen sich regelmäßig in stilsicheren Outfits blicken. Wenn es nach Illustrator James Dignan geht, war es das aber noch nicht mit dem Familienzuwachs – „Ich hoffe ja, dass wir bald Iconas Zwillingsschwester kennenlernen.“ (Icon an James: Wir haben verstanden...) Seine Lust auf Modeillustration kommt nicht von ungefähr: Am renommierten Studio Berçot in Paris studierte er ursprünglich Design. Nur gefällt ihm die freiere Arbeitsweise als Illustrator deutlich besser, so kann Dignan nämlich seinen aktuellen Wohnort mehr genießen: „Ich liebe Sydney! Es ist eine sensationelle Multikulti-Stadt mit schönen Stränden, sauberer Luft, Papageien und fliegenden Hunden. Eine große Belohnung für mich nach 20 Jahren Paris ...“ Seite 26 IMPRESSUM ICON Redaktionsleitung: Inga Griese (verantwortlich) Textchef: Dr. Philip Cassier Redaktion: Caroline Börger, Nicola Erdmann, Sarah Lehnert, Lisa Strunz, Mira Wiesinger. Praktikantin: Julia Hackober Redaktionsassistenz: Ursula Vogt-Duyver Artdirektorin: Barbara Krämer Gestaltung: Maria Christina Agerkop, Katja Schroedter, Doris Wildt Fotoredaktion: Julia Sörgel, Elias Gröb Verlagsgeschäftsführung: Jan Bayer (Vorsitzender), Dr. Stephanie Caspar, Frank Mahlberg Gesamtanzeigenleitung: Stephan Madel; Anzeigen ICON: Roseline Nizet (roseline.nizet@axelspringer.de) Objektleitung: Carola Curio (carola.curio@axelspringer.de) Verlag: Axel Springer SE Repro: Druckvorstufe WELT GRUPPE Berlin Druck: Prinovis Ltd. & Co KG, Nürnberg Herstellung: Olaf Hopf ICON ist ein Supplement der „Welt am Sonntag“, die nächste Ausgabe erscheint am 30. März 2014. Sie erreichen uns unter ICON@wams.de Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit. 9 ICON FEBRUAR 2014 AUSGEWÄHLT 16 NEUES JA HR, NEUE MO DE Was ist Mode, wer ist Mode und wie sollte sie keinesfalls sein. Unsere Stilisten erzählen 26 BA RBIE VERSUS KAREN BLIXEN Während Icona sich in eine rosa Wolke hüllt, zieht es Icomi in die große weite wilde Welt MODE 28 DAS ENDE EINER ÄRA Tränen, Trauer, schwarzer Taft: Wir waren auf keiner Beerdigung, aber auf der letzten Modenschau von Marc Jacobs für Louis Vuitton – eine Art Nachruf 30 NO RDISCH BY NATURE? Nix da minimalistisch: Dass skandinavische Mode auch anders sein kann, zeigt die finnische Designerin Satu Maaranen 32 KO MME, WA S WO LLE? Von wegen! Wir kennen die Trends und verraten, was wir im Frühling tragen wollen 38 NEUER KUNSTSTO FF Hier geht’s nicht um Plastik, sondern um ein Modephänomen: wandelnde Kunstwerke 40 PELZIG Auf den Spuren der Magie von Fendi reisten wir nach Rom. Plus: Silvia Fendi über Erfolg, Krise und die Lust am Andersartigen Model Corinna im Pitztal: Top, Hose, Handschuhe, Sonnenbrille und Fellmütze: Michael Kors. Rollkragenpullover: Bogner. Nackenwärmer: Hermès. Tasche: Ralph Lauren Jason Who? Jason Wu! Der entwirft nun für Hugo Boss: Skizze für die Winterkollektion 2014/15 44 STA RK UND BESTÄNDIG WIEBKE BOSSE Diese Eigenschaften sagt man dem Maulbeerbaum nach. Kein Wunder, dass er zum Symbol für die britische Marke Mulberry wurde. Lisa Strunz wollte mehr wissen Bild 1: Mantel von Céline. Fellpullover und Sonnenbrille: Fendi. Hose: Hugo Boss. Rollkragenpullover: Bally. Stiefel: Aperlai. Bild 2: Jacke mit Fellkapuze von Burberry. Oberteil, Anzug, Skibrille und Stiefel: Bogner. Handschuhe: Hermès. Neben ihr ein bunter Statist. Bild 3: Pullover, Kleid und Overknee-Stiefel: Céline. Bild 4: Fellweste, Rock und Sandalen von Loewe. T-Shirt: Schiesser. Strümpfe: Falke. Kette: Chanel. Sonnenbrille: Tom Ford über Marc le Bihan Schöner Schaukeln: Nicht nur den Eames Plastic Chair „RAR“ gibt’s in unserem Onlineshop iconist.de THERE ARE EXCEPTIONS TO EVERY RULE. ES GIBT AUSNAHMEN ZU JEDER REGEL. ROYAL OAK ROSÉGOLD MIT DIAMANTBESATZ. AUDEMARS PIGUET DEUTSCHLAND GMBH BAHNHOFSTRASSE 44/46 D-65185 WIESBADEN TEL: + 49 / 611 / 34 17 50 WWW.AUDEMARSPIGUET.COM ICON FEBRUAR 2014 MODE 48 COOL C ATS Keine Lust mehr auf Schnee? Vielleicht können wir Sie umstimmen: Wir fotografierten schönste Outfits für eisiges Wetter 58 Model Felicity Hayward trägt beim Shooting in London ein Leo-Oberteil von Marina Rinaldi, Rock: Anna Scholz. Die Schuhe gehören Felicity und Hund Joe der Fotografin Esther Haase ZU HAUSE IM KLI SCHEE Inès de la Fressange gilt als Stilvorbild ihrer Generation und ist Inbegriff von französischer Eleganz. Wir trafen sie, klar, in Paris GESCHICHTEN 62 VIE L HALL UN D RAUCH Frauen wie Jerry Hall gibt es heute kaum noch. Umso besser, dass wir das Exmodel in Berlin treffen konnten. Ein Interview 80 KUNSTVO LLE LUST AM ESSEN 64 RUNDE SAC HE Felicity Hayward ist Plus-Size-Model. Wir haben sie in London fotografiert und nutzen den Anlass für ein Gespräch 82 MANN VO N WELT Für seine Weltreise packte Giovanni Zaccagnini nicht nur seine Kamera in den Koffer, sondern auch jede Menge schönster Kleider. Für ein etwas anderes Shooting BEAUTY 88 GLO BAL DIARY Diesmal geht’s nach Shanghai und nach Ofterschwang im Allgäu 72 F RÜHLING, FRÜHLING! Unsere Beautyexperten blühen auf: OudParfums und Naturkosmetik helfen dabei 74 MANN, O MA NN Wasser und (Kern)seife tun’s längst nicht mehr. Auch Männer lieben edle Pflege. Sieben neue Kosmetika 75 DIE SHAMPO O-N ASEN Für einen neuen, feineren Shampooduft wendete sich La Biosthétique-Chef JeanMarc Weiser an den Parfümeur Geza Schön. Wir haben ihnen zugehört 76 WANN IST E IN MAN N EI N MANN? Braucht er dafür die typischen Duftakkorde aus frischen Noten? Oder darf er auch mal süßlich-opulent duften? Bei Valentino glaubt man Letzteres. Auf Schnupperkurs 77 MUFTI E LEGANTI? QUATSCH! Kristen Stewart ist längst nicht mehr nur das kleine Vampirmädchen, sondern eine moderne Frau. Und damit das perfekte Testimonial für Balenciagas Duft „Rosabotanica“. Ein Gespräch über Blumen, Rückzugsorte und Schwämme 78 DAS (MIR) T E UERS TE PARF UM Susanne Opalka gerät ins Schwärmen. Grund ist ein legendäres Parfum: Joy. Eine Ode an das Haus Jean Patou Und natürlich digital bei ICON in DIE WELT auf dem iPad und unter www.welt.de/icon ICON Das neue Kochbuch „Paulas Juwelen“ von Charlotte Birnbaum ist eine Rezeptsammlung? Ach was. Eine Kulturgeschichte. 90 DER BAUPLA N Art im Quadrat: Seidencarré „Claude Viallat” von Hermès Wir durften bei Prada dabei zusehen, wie die Double Bag entsteht FIJI: Kindertanzgruppe auf Qamea Island. Die Socken sind von Falke GIOVANNI ZACCAGNINI; BERNHARD WERKMEISTER Kein Tippfehler. Solomeo ist das Zuhause der italienischen Luxusmarke Brunello Cucinelli. Und was für eines! Ein Besuch ESTHER HAASE 46 ’O SOLOMEO STILISTEN UNSERE LIFESTYLEWEISEN TEILEN IHRE FASHIONGEDANKEN MIT UNS Jung & schön LÉA NIELSEN; „LEONIE 1 FROM THE SERIES NOVIZINNEN, 2012“ Ursprünglich ist die Porträtserie „Novizinnen“, von der Fotografin Léa Nielsen und dem Stylisten Daniel G. Sartore inszeniert, als Modestrecke in dem österreichischen Magazin „Material Girl“ erschienen. Nun bekommt sie noch einmal eine eigene Ausstellung. Zu Recht! Bis zum 26. April in der Galerie des Departmentstores im Berliner Quartier 206. I KILLED A HIPSTER Ihr Lieblingstag ist Sonntag? Dann gibt’s nun den passenden Duft. „Lazy Sunday Morning“ von Maison Martin Margiela. Inspiration: Der Duft frischer Wäsche, weicher Haut, zerknitterter Leintücher... 16 Vor Kurzem habe ich einen Hipster umgebracht. Und ich muss zugeben: Es hat sich gut angefühlt. Aber warten Sie, ich bin nicht wirklich gewalttätig geworden. Ich bevorzuge friedlichen Protest, bin eher Buddha als Tupac. Sensibel eben. Und darum hat mich der Hipster auch so genervt. Er trug einen schwarzen Hut, Hornbrille, Schnurrbart, Skinny Jeans, lehnte mit seinen 15 Kilo an seinem Fahrrad – und stand mir im Weg. Ich habe ihn höflich gefragt, ob ich vorbeikönne. Doch anstatt einen Schritt zur Seite zu machen, hörte er nur für einen Moment auf, „Candy Crush“ auf seinem Smartphone zu spielen, und grinste mich an. Dann zog er eine kleine Flasche Evian Gesichtsspray aus seinem Rucksack hervor, spritze es mir ins Gesicht und nannte mich etwas, das mit „Fashion“ begann und mit „Victim“ endete. Den Rest habe ich verdrängt. Während ich mein Gesicht trocknete, überlegte ich mir, wie genau jede Sekunde seines unbedeutenden Hipster-Daseins durchgeplant war. Seine Wohnung in Kreuzberg, sein Lover in Shoreditch, sein veganes Pop-up-StreetartHartz-IV-Vintage-Indierock-T-Shirt-Projekt. Er war ungefähr so kreativ wie ein Stapel Post-its. Was ich getragen habe? Ich dachte schon, Sie fragen nie ... schwarzen Rollkragenpullover, dunkelblaue Hose, schwarze Lederboots. Ich habe mir Mühe gegeben, nicht wie alle anderen auszusehen. Doch genau das hat den Hipster anscheinend gestört. Hipster leben ja von der Idee, möglichst alternativ zu sein, und am Ende sind sie doch alle gleich. Sie gehen in die gleichen Bars, tragen die gleichen Mützen, haben die gleichen Laptops und Notizbücher, posten die gleichen Posts, leben die gleichen Leben. Tatsächlich war ich der Alternative, weil ich anders aussah. Als ich wieder bei mir war, lag der Hipster auf dem Boden, seine Skinny Jeans war um seinen Hals geschnürt, die schwarze Mütze in den Mund gestopft. Ich stand still daneben und wartete auf die Polizei. Als sie kam und mich fragte, warum ich das getan hatte, spritzte ich mir das Evian Spray ins Gesicht, knöpfte meine Jacke zu, zuckte mit Chris Glass den Schultern und sagte, dass ich nur eins von European Membership Director vom Soho House diesen Fashion Victims war ... Die Metamorphose eine Geschichte von Hermès Kleid aus Crêpe de Chine Informationen unter: Tel. 089/55 21 53-0 Hermes.com Nordic Walking RAMMATIK Wie sieht eigentlich Mode aus, die junge Designer aus Grönland und von den Färöern entworfen haben? Wir finden: ziemlich gut! Und empfehlen die Ausstellung „The Weather Diaries“, die ab dem 22. März im Rahmen der dritten Nordic Fashion Biennale im Museum für Angewandte Kunst in Frankfurt am Main gezeigt wird. UND SONST NOCH HAPPY NEW YEAR: Am 31. Januar 2014 wurde in China das Jahr des Pferdes eingeläutet. Wer also 1942, 1954, 1966, 1978 ... geboren ist, soll in diesem Jahr besonders viel Glück haben. Wer weiß, vielleicht trägt ja dieser Füllfederhalter aus der limitierten Edition „Year of the Horse“ von Caran d’Ache dazu bei? MODE IM JETZT Herbert Seckler Kultwirt vom Sylter „Sansibar“ JOHN WATERS COURTESY THE ARTIST / SPRÜTH MAGERS BERLIN LONDON / MARIANNE BOESKY GALLERY,NEW YORK Tommy Hilfiger hat mal gesagt: „Ich entwerfe nicht Mode. Ich entwerfe Lifestyle.“ Das könnte auch von mir stammen. Mode verschwindet nämlich meist so schnell, wie sie gekommen ist. Ein Lebensgefühl jedoch bleibt. Deswegen schaue ich mir den ganzen Zirkus lieber aus der Ferne an und genieße derweil ein Glas Wein – schließlich haben er und Mode vieles gemein. Beide sind einem ständigen Wandel unterworfen, stehen für Individualität, Vielfalt, Charakter und nicht zuletzt Vergnügen. Und beide werden von Künstlern geschaffen. Einer davon ist Daniel Jiménez-Landi – ein spanischer Jungwinzer, der das Zeug hat, ein ganz Großer zu werden. Wie sein 2012er Crianza „Las Uvas de la Ira“ beweist. Mit dermaßen einzigartigem Stil, dass Mode glatt zur Nebensache wird. SHOWTIME! Mode ist tot – so heißt es häufiger, seit Alexander McQueen starb, John Galliano geschasst wurde und Marc Jacobs abtrat. Was sie vermissen lassen, ist die große Inszenierung, Kostüme inklusive. Ihre Nachfolger stehen eher für subtile Effekte denn für Tamtam. Doch der Pionier der ganz großen Show, Thierry Mugler, sorgt nun mit dem Bühnenspektakel „Mugler Follies“ für Abhilfe und bietet in rasantem Tempo Mode, Menschen, Sensationen vor atemberaubender Multimedia-Kulisse auf. Höhepunkt ist eine Fashion-Show, wie man sie seit Saisons nicht mehr in Paris erlebt hat, voll zickiger Extravaganz, erotischem Knistern und Best-of-Zitaten Muglers. Dazu servieren knackige Kellner ein anständiges Fouquets-Menü Johnny Talbot & und eiskalten Champagner. Adrian Runhof Bevor man dann angeheitert Designer-Duo des und aufgesext in die Pariser Münchner Modelabels Nacht abtaucht, sollte man Talbot Runhof ums Eck des „Théâtre Comédia“ im „Plomb du Cantal“ noch ein paar Drinks nehmen. Wenn man Glück hat, kommen gegen Mitternacht die abgeschminkten Follies, und dann geht die Party richtig los … 18 Marionettenspiel John Waters ist in Hollywood durch Trashfilme wie „Pink Flamingos“ bekannt geworden. Nun offenbart der amerikanische Regisseur über Bilder, Filme und Skulpturen seinen Blick auf die Branche. „Bad Director’s Chair“ heißt seine Ausstellung, sie ist bis zum 5. März in der Berliner Galerie Sprüth Magers zu sehen. Herrlich ehrlich! Mode ist mehr denn je Ausdrucksmittel von Individualität. Und sie spricht in gewissen Codes, die es zu entziffern gilt. Hochtrabend ausgedrückt: Wirkliche Mode (wir sprechen hier nicht von Bekleidung oder Textilien) unterliegt einem Paradigmenwechsel. In der NOW!-Sprache gesagt, lautet der neue Code schlicht: cool! Begriffe wie „gut angezogen sein“ und Unterscheidungen zwischen Sportswear, Businesslook, Cocktail und ähnlicher Kategorisierung haben ihre Bedeutung verloren und somit die Wahrnehmungskriterien verändert. Die Grenze zwischen Day- und Eveningwear, zwischen Couture und Streetwear, zwischen sportlich und elegant verschwimmen. Die maßgeblichen Designer lassen sich von allem inspirieren – Kunst, Technik, Sport, Ethnien, sonniger Tag und schattenvolle Nacht – und generieren daraus ihre eigene Sprache. Das meint kein „anything goes“, sondern eine eigene, moderne Logik des jeweiligen Designers, die in diesem Sommer in ein freudvolles (!), experimentelles, begehrenswertes Fashion-Feuerwerk mündet. Der Parka über dem Cocktailkleid, Brogues zum Mini, Midiröcke und Plissee zum übergroßen Sweat-Pullover mit Tiermotiv. Allen gemeinsam ist die Lässigkeit. Zu kompliziert? Nein. Wir entziffern: Die Mode (Motive, Intarsien, weiterhin viel Farbe) und ihre Trägerinnen sind sehr ausdrucksstark. Unsere Wahl für die besten Kollektionen der kommenden Saison fällt auf: Céline, Saint Laurent, Christopher Kane, Isabel Marant, Anthony Vaccarello, Kenzo. Und hören Sie Daft Punk dazu! Emmanuel de Bayser Mitbesitzer von The Corner Berlin METALLIC-LOOK VON MAX MARA WAS FÜR EIN ZIRKUS TEL. +49.89.2080770 Alice Basani (Negri Firman) und Maddalena Petrucciano von Agnona Designerin Angela Missoni Aufsichtsrat Giuseppe Vita und Michele Malenotti (Matchless) Giuseppe Sperandio (Fendi) und Maria Paola Traldi (Bulgari) Tatiana Tonizzo (Cappellini), Sonia Scuri und Ludovica Falcone (Valextra) Karin De Rigo (Tod’s) und Julia Nijs von Aquilano Rimondi e d n u t S e u a l B in Mailand eröffnete erst kürzIna Nico von Hogan Veronica Valentini (Woolrich) und Sabine Altmann (Tod’s) Matteo Perego di Cremnago (Cambiaghi), Anoushka Borghesi (Armani) u. Domenico Galluccio (Moncler) rigi" „Palazzo Pa l önsten te o H s a D iner der sch e ls a n o h elt“c ilt s tunde der „W s il lich – und g ta k c o C hen tadt. Zur alien in Sac Orte der S It in ie d , e fin ll men a ICON-Che . n e h Gruppe ka c re p s ie man Design mit nsprache, w Mode und A r re ih rt: in fragte Ihre Antwo . e n n ö k Inga Griese n e lt iduell gesta hat der Luxus indiv che. Freude a S r e d n a de durch Freu ude. ht. Viel Fre c a m e g d n Abe Oscar Napolitano (Tod’s) und Sarah Monti von Moncler Patrizia Migliorini von Tod’s ice Stefano Cantino (Prada), Elena Rad (D & G), Verde Visconti (Prada) Alberto Zacchini und Ilaria Scaglia von Gucci Francesca Zocchi und Francesca Vallania (Bottega Veneta) und Lorenza Weyland (Stefanel) Anna Di Paola (Herno) Daniela Bollino und Elisa Galli von Michael Kors Carlo Mengucci (Aeffe Group) Vor einigen Wochen sah ich den französischen Klassiker „La Boum – die Fete“ und bewunderte wie damals als Teenager Sophie Marceaus Schmollmund. Flashback in eine wilde Zeit. Als Kluft genügten eine „Pedal Pusher“, Mundhenk-Sweatshirt und Cowboyboots, um sich in der Hormon-Achterbahn siegessicher zu fühlen. Es war der Beginn einer ewigen Liebe zu: Denim! Kein anderer Stoff impliziert so viel Gefühl, Geschichte und Leben. Sag mir, welche Jeans du trägst, und ich sage dir, wer du sein möchtest. Trägst du Jeans mit dicken, auffälligen Nähten und großen Taschen auf dem Po, sympathisierst du mit Spielerfrauen. Trägst du stark gewaschene Stonewashed-Modelle, verehrst du den Holiday Move von Madonna. Schätzt du ein ausgestelltes Bein, träumst du on Woodstock. Bevorzugst du es dark, raw und gekrempelt, wärst du lieber als Elvis-Inkarnation auf die Welt gekommen. Sophie Marceau zementiert in der knallengen Latzhose ihr Image als ewige Lolita. Selbstredend besitze ich ein Jeansarchiv der Erinnerungen: Der erste Kuss am Strand von Korsika in einer Ball-Jeans. Die helle Lee-Jeans, in der ich die Nächte im „Voilà“ durchtanzte. Die heiß geliebte, schon tausendmal geflickte Pedal Pusher, in der ich einen unvergesslichen Italientrip erlebte. Und natürlich die unmögliche Nolita Jeans mit Amerikaflagge auf dem Po, in der mich mein Mann kennenlernte und sich trotzdem verliebte. Jede Falte, jeder Flicken erzählt eine Geschichte. Heute lassen sich Freiheitsträume in „Vintage“ fertig kaufen. Aber schöner sind natürlich die Selbstgezimmerten: Ich sehe mich noch am Strand von Sylt die Jeans mit Sand schmirgeln. Mit Domestos habe ich sie misshandelt, mit Nieten durchlöchert, mit Lederflicken beklebt. Jeanslandschaft als Seelenlandschaft. Als ich auf einer Farm in „Walla Walla“-Washington ein Austauschjahr erlebte, bekam die Jeans sogar Funktion: Ich wusch darin Stiere und verkaufte Melonen auf Rodeos. Nur in der Kirche durfte ich sie nicht tragen, meine Gasteltern waren Mormonen, und Nylonstrümpfe zum Rock waren Pflichtritual an jedem verdammten Sonntag. Später in der Pre-Grunge-Zeit in Seattle trug ich Denims rebellisch zerschlissen, machte in ihnen im Regen die ersten Surfversuche und zog in langen Nächten auf Hausbooten am Puget Sound an meinem ersten Joint (ich habe nicht inhaliert!). Noch viel später in New York trug ich sie ungewaschen, „clean“ oder schwarz und auf dem Kopf eine silberne Warhol-Perücke. „Cool“ war das Gebot der Stunde. Gefühlte Lichtjahre später war es nur konsequent, den Chef der Pedal Pusher – meiner ersten Jeansliebe – zu heiraten. Dann eine Wäscheleine mit Denims im „Chateau Marmont“ in L.A. aufzuhängen, als Showroom. „Stay Blue“ unterliegt keinem Fashiondiktat, sondern der ewigen Sehnsucht nach Authentizität. Vielleicht war es eine Spur kitschig, bei der Namensgebung unserer Tochter Josephine noch ein Blu anzuhängen, doch sie belohnt uns täglich mit ihrem Temperament. Sie erinnert mich schon jetzt an die Sophie in „La Boum“, wie sie so aufmüpfig dasteht in ihrer Latzhose, in der sie nur Party machen will. Die Frage ist: Werde ich die coole und weise Großmutter sein, die ihre Enkelin, sprich Tochter liebevoll ihrer Wege ziehen lässt? Stay Blue – keep cool. BLEIB BLUE! Sue Giers PR-Chefin von Closed 20 ALFREDO BOSCO Giorgio Guidotti (Max Mara) u. Jan Bayer (Vorstand Axel Springer) BAYSWATER BAG KURFÜRSTENDAMM 184 KADEWE BERLIN TEL 030 2325 7450 OBERPOLLINGER MUNICH MULBERRY.COM Gemischtes Doppel 2013 KARL LAGERFELD 2014 KARL LAGERFELD Den deutschen Maler Anselm Feuerbach (1829–1880) und Karl Lagerfeld trennt zwar ein ganzes Jahrhundert, eines aber haben beide gemeinsam: die Faszination für zeitlos schöne Frauen. In der Ausstellung „Feuerbachs Musen – Lagerfelds Models“ werden nun die Werke beider Herren gegenübergestellt. Bis zum 15. Juni in der Hamburger Kunsthalle. Mir wird oft vorgeworfen: „… die ist nie zufrieden – geht nicht, akzeptiert sie nicht, es geht ihr alles nicht schnell genug …“ Nachdem der intellektuelle Mensch auch an seiner Selbstreflexion gemessen wird, und niemand gern immer wieder aneckt, habe ich mich damit auseinandergesetzt. Bin ich größenwahnsinnig und/oder kann ich mich nicht mehr über kleine Dinge freuen? Währenddessen habe ich beim Befühlen meiner Garne plötzlich das Bild einer kleinen Kaschmirziege vor Augen gehabt – ich musste lachen, denn ich habe einige Analogien entdeckt: Ziegen sind aufmerksame, vorsichtige und beobachtende, flinke Tiere. Generell eher sanftmütig, solange sie nicht aus dem Gleichgewicht gebracht werden oder sie etwas stört. Dann aber können sie gar nicht mehr aufhören zu meckern. Dem Sternzeichen Ziege sagt man sogar einen ausgeprägten Hang zum Pessimismus nach. Und dass sie sorgfältig und eifrig ist, man es ihr aber auch nicht einfach recht machen kann. Dem Bericht eines Zirkus-Ziegendompteurs entnahm ich, dass man Ziegen immer wieder Mut zusprechen und auch kleinste Erfolge belohnen muss – wie menschlich! Nun, wer kreativ und ehrgeizig ist, der wird nie stillstehen, und der Andrea Karg wird nur kurz innehalten, sich nie Creative Director Allude in München auf seinen Lorbeeren ausruhen, sondern immer weiter gehen und sammeln, antreiben, ansprechen, nach Verbesserung und Innovation suchen. Diese Menschen sind Motoren für Veränderungen und Fortschritt. Ich möchte damit all jenen zusprechen, denen es ähnlich geht wie mir: bloß nicht irritieren lassen, auf keinen Fall ändern oder sich verbiegen. Mich haben diese Überlegungen bestärkt, dass Meckern am Ende doch zum besten Ergebnis führt. Und ich kann nun gar nicht mehr verstehen, dass ausgerechnet die genügsame Ziege sogar als Schimpfwort herhalten muss – meistens für Frauen; meckern können übrigens auch Männer, auch wenn sich die Bezeichnung „Ziegenbock“ bisher nicht durchgesetzt hat. MUSEUM OSKAR REINHART,WINTERTHUR PHOTO: SIK-ISEA (PHILIPP HITZ)/ D I E G O D E L L A VA L L E , C E O v o n To d ’s , ü b e r s e i n e Kreativdirektorin A l e s s a n d ra Fa c c h i n e t t i , die für diese Sommersaison die allererste Da m e n ko l l e k t i o n d e s L a b e l s e n t w o r fe n h a t DIE ZIEGE IN MIR LOOK AUS DER AKTUELLEN KOLLEKTION; GETTY IMAGES „Alessandra ist eine sehr talentierte Italienerin. Sie ist modern, chic brillant.“ Kalle Kamäleon Ob dem Mann wohl jemals die Ideen ausgehen? Mode, Bücher, Filme, Spielzeug, Musikinstrumente, ja sogar unsere Sonntagszeitung hat Karl Lagerfeld schon gestaltet. Das ganze Universum des gebürtigen Hamburgers ist bis zum 11. Mai im Essener Museum Folkwang unter dem Titel „Parallele Gegensätze“ zu sehen. 22 UND SONST NOCH KOOPERATION: Zum Reinsetzen: Das Berliner Modelabel Vonschwanenflügelpupke hat gemeinsam mit der Freifrau Sitzmöbelmanufaktur einen Stuhl entworfen. Leya heißt der und ist mit hübschem Porzellanmuster bedruckt. ——— TURNIER: Vom 14. bis 16. März treffen in Paris zum fünften Mal die weltbesten Reiter beim SAUT Hermès Springwettbewerb im Grand Palais Paris aufeinander. Karten gibt’s an Vorverkaufsstellen und über sauthermes.com ——— AUSSTELLUNG: Von Andy Warhol bis Kate Moss: Bis zum 1. Juni wird in der National Portrait Gallery in London eine große Ausstellung des britischen Fotografen David Bailey gezeigt. WAS ZIEHEN WIR BLOSS AN? Traumstoffe VALLI Sein eigenes Label gründete Giambattista Valli erst 2005 in Paris – und wird seither von den internationalen It-Girls geherzt und getragen. Denn seine Kleider und Haute- Couture-Roben sind moderne, große Schneiderkunst. Glamourös, verträumt, federleicht. In Mailand eröffnete der Römer just den ersten Flagship-Store, bei Rizzoli erschien nun der große Prachtband „Giambattista Valli“. MACHT MODE GLÜCKLICH? Ganz so einfach, wie der sogenannte Volksmund es sich macht mit der Empfehlung, jeder solle nach seiner Fasson glücklich werden, ist es gerade mit der Mode nicht. Englisch ‚Fashion‘ meint auch Vornehmheit und gepflegten Lebensstil und leitet sich aus dem französischen Façon ab. Die Form und Machart der Kleidung hat deren eigentliche Funktion, den Körper zu verhüllen, ihm Schutz und Wärme zu geben, weitgehend verdrängt. Sie ist heute Kommunikationsmittel und Statussymbol. Die Wahl der Bekleidung signalisiert Individualität und gesellschaftliche Zugehörigkeit und wirkt so identitätsstiftend. Aber macht das schon glücklich? Der Werbeslogan „Schrei vor Glück“ eines Moderversandhandels will uns glauben machen, dass es dazu nur der richtigen Kleidung bedarf. Die Literatur weiß um die Zauberkraft schöner Kleidung, wenn in Gottfried Kellers „Kleider machen Leute“ ein Schneider für einen Grafen gehalten und auch so behandelt wird. Dem „Hauptmann von Köpenick“ gelingt es, seine Mitmenschen durch sein Erscheinungsbild zu manipulieren. Mehr Schein als Sein – das Ende der Geschichte ist so bekannt, wie das des Märchens von Hans Christian Andersen „Des Kaisers neue Kleider“: Der Schwindel fliegt auf, und der Kaiser ist eben doch nackt. An diesen Grenzen der Selbstinszenierung angekommen, bleibt die Erkenntnis, dass die äußere Form durchschaut werden kann und die dahinter liegende Persönlichkeit erkennen lässt. Um ebendiese zu unterstreichen, brauchen wir sie dann doch, die schützenden Hüllen. Wie die derzeit beschaffen sind, können wir auf den Laufstegen beobachten: Dufflecoat, oversized, Caban-Mäntel, Capes, kurze Lederjacken, weite Hosen, ausgestellte 7/8-Hosen mit Blazermantel, sehr bunt als Mustermix oder komplett in Weiß, Schwarz, Grau, Glockenröcke, hoch angesetzte Taillen, Wadenstrümpfe mit Ballerinas dazu Korsagenkleider. Dr. Maria Wenn es gelingt, in dieser verwirrenden VielSchneider falt die richtige Entscheidung zu treffen und Kreativdirektorin sich wirklich schön zu fühlen, dann macht der Autostadt Mode ganz sicher auch glücklich. in Wolfsburg Saison für Saison sucht die Mode Antwort auf die immer wieder neue Frage, was zieht Frau an? Auf der Suche nach den wirklichen Key-Looks der Saison fällt ein Modell ganz besonders ins Auge: ein Pelzmantel in Op-Art-Patch aus der Kollektion von Miuccia Prada. Ein Pelzmantel im Frühling? Kann das sein? Ja, es kann! Und es zeigt genau das, was Mode forciert: dem Zeitgeist voraus zu sein und sich mit Stilbrüchen zu behaupten. Ein weiteres Key-Piece ist ein Kleid von Raf Simons für Dior, im 50er-Jahre-Stil aus Jacquard Metallisé. Bei Louis Vuitton sollte man auf die finale Kollektion von Marc Jacobs achten. Diese Teile gibt es nur noch diese Saison zu kaufen. Bei Céline wird die Luggage-Tasche in Tricolor eines der begehrtesten Modelle der Saison sein. In der Kollektion von Saint Laurent liegt das Augenmerk auf den High Heels in Bicolor. Brunello Cucinelli überzeugt mit seiner luxuriösen Kaschmir-Kollektion. Aber, so muss man sagen, die Jagd auf diese wichtigen Attribute der Schönheit wird schwieriger. Mode hat heute einen so großen Verbreitungsgrad und Begehrlichkeitsfaktor, dass eine große Zahl der Frauen ihrer habhaft werden möchte. Deshalb ist das richtige Timing wichtig. Ikonen sind schnell vergriffen. Stichwort Ikonen: Ein absoluter Geheimtipp ist die Internetseite 1stdibs.com; Mode aus allen Stefan AsbrandEpochen, Accessoires, Möbel Eickhoff und Fine-Art – die Selektion Eickhoff Königsallee in Düsseldorf der Selektion. Manchmal muss man sich verkleinern, um sich auf’s Wesentliche zu konzentrieren. So zumindest war das bei René Storck, um den es ja im vergangenen Jahr recht still geworden war. 2012 hatte er sich von seinen Investoren getrennt, da ihm alles zu schnell zu groß geworden sei. Die Konzentration seiner Kollektion von rund 130 auf circa 60 Teile tat dem Design für die kommende Saison sichtbar gut. Das Ergebnis ist eine Essenz seines bisherigen Schaffens: reiner, frischer, stärker. Alle Kleider werden in Deutschland gefertigt und präsentieren sich komplett in weiß. „Ein Neuanfang ist schließlich wie ein weißes Blatt Papier“ so Storck. Auch der Labelname schrumpfte von René Storck auf schlicht: René. Denn in Paris, von wo aus er arbeitet, würden ihn ohnehin alle nur beim Vornamen nennen. AFP/GIUSEPPE CACACE; GIAMBATTISTA VALLI; WWW.RENESTORCK.COM One man show Kleidchen, wickel dich GETTY IMAGES Als Diane von Fürstenberg im Fernsehen sah, dass die Tochter von Richard Nixon Wickelbluse zu Rock kombinierte, dachte sie sich: Warum aus zwei Teilen nicht eines machen? 1974 entstand so ihr legendäres Wickelkleid, das 40 Jahre später immer noch ein Bestseller ist. In der Ausstellung „Journey of a Dress“ wird bis zum 1. April im Wilshire May Company Building in Los Angeles die ganze Geschichte des Kleides erzählt. Kunst und Mode werden zwangsvereint. Den Miró oder Pollock trägt man als Shirt oder Dress bei Céline und Prada. Doch Kunst ist ein flüchtiges Zitat und die flatterhafte Mode dreht sich noch so lange im Kreis, bis sie ganz zum Stillstand kommt. Wie seriös ist sie geworden? Wollten wir sie so praktisch und versöhnlich sehen? Schuh(aute) Couture: Im Rahmen der Hogan AtelierKollektion wird der Klassiker des italienischen Schuhlabels, der „Interactive“, Saison für Saison neu verziert. Ab März unter hogan.com UND SONST NOCH 24 MÄNNER I: Valentino hat seinen ersten „Uomo“ Flagship-Store in Paris eröffnet: 273 Rue Saint-Honoré. ——— MÄNNER II: Brioni ist mit einem Laden in die Alte Rothofstraße 9 in Frankfurt gezogen. Über den „Su Misura“-Service kann Mann hier auch maßgeschneiderte Bekleidung bestellen. ——— MÄNNER III: Mode, Kosmetik, Wohnaccessoires: Der neue Apropos Store am Promenadeplatz 12 in München führt ein reines Herrensortiment und als Einziger in Deutschland die Kollektion von Haider Ackermann. ——— MÄNNER IV: Das Schuhinnenfutter des neuen „Bologna“-Schuhs von Navyboot ist mit einer weiche Ledersohle vernäht und dadurch besonders bequem. Mehr Infos über navyboot.ch. ——— MÄNNER UND FRAUEN: Wirken auf Motten wie Knoblauch auf Vampire: Duftanhänger aus Zedernholz, über esteban.fr Trendbarometer von Wolfgang Joop Herr Haka Kunst und Mode waren einst feindliche Schwestern. Die eine galt als eitel, rastlos, frivol und oberflächlich. Die andere als leidensfähig, tiefsinnig. Im Wert steigend, während die andere einmal getragen oder angesehen, schon gleich an Wert verlor. Die neueste globale Entwicklung verschiebt auch diese Grenzen. Kunst als Privatbesitz ist uncool, weil sie von allen angeschaut werden will. Ohne Vorbildung! Doch wo? Moderne Kunst ist plakativ, wiedererkennbar – auch für den Laien. Und, wie ordinär, ein Spekulationsobjekt. Aber dafür braucht es einen langen Atem, nur: Wer hat den, in einer Zeit, in der Geschwindigkeit alles ist, vor allem „jung“?! Kommunikation hat Priorität, und also zeigt sich der Mensch als „missing link“, als Übersetzer des einst Unmöglichen. Wir haben 2014 in unserem neuen Penthäuschen am Checkpoint Charly gefeiert – Family ganz alleine ganz oben im hypermodernen Neubau. Nix funktioniert, aber wir umarmen unbekümmert das unschuldige Jahr! Also: 1. Wir sind alle gesund! 2. Ich werde leider 60 – aber Liam Neeson, 62, tröstete mich: „60 are the new 40!“ 3. Ich trage jetzt Stetson-Mini-Hut (Xmas-Geschenk). Gefühl Gentleman, Gangster oder Jäger (mein Papa). 4. Ich flirte mit dem Elektro-Genie BMW i3 – oder mit Oldtimer Buckel-Volvo (mein Jahrgang: 1954). 5. Meine neue Lieblings-App auf dem iPad mini : „Dreamdays“! Sie zählt die wichtigsten Tage deines Lebens. 6. Ich versuche, nichts mehr zu kaufen – Reparatur Hermès-Geldbeutel: 173 Euro. 7. Mein Haus- & Schutz-Engel verschenkt meinen Schrank-Überfluss an Obdachlose! 8. Lastlosigkeit ist der neue Sex. Ich schleppe nie mehr einen RimowaKoffer von Hamburg nach Berlin! 9. Ich umarme jeden neuen Tag als Geschenk – und lebe ihn als vielleicht letzten. Neue Lieblingsbücher: „Ich war doch nicht blöd.“! „Der Mönch, der seinen Ferrari verkaufte“. Und: „Unlived Life“. 10. Freunde machen den Jagd-, Flug-, Tauchschein – oder schenken sich den Mercedes S 600 (165.000 € mit Kühlbox) oder einen Rolls (265.251 € mit Schirm in der Tür). Wir gucken zu, wie unsere Kinder groß und glücklich werden – und vielleicht bellt noch ein letzter Hund mit mir in den Sonnenuntergang. Meine Frau wird’s schon richten. David Blieswood, Connaisseur aus Hamburg DDP IMAGES Frau Dob BLIESWOOD UMZINGELT DAS GLÜCK LE PLIAGE ® CUIR COLLECTION L O N G C H A M P. C O M - 0 7 2 2 1 3 9 5 7 4 2 9 OH, LOOK! UNSERE ICONA ZEIGT IHRE AKTUELLEN LIEBLINGSTRENDS ILLUSTRATIONEN: JAMES DIGNAN (JAMESDIGNAN.COM) PINK LADYCONA Sweet like Candy: Ohrhänger von Bucherer Lidschattenstift „Ti amo Italia“ by Antonio Marras von Collistar + + Zuckerguss für die Füße: Lackpumps von Santoni ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER Pretty in Pink: Pullover von Stella McCartney über reyerlooks.com + + Powder Room: Schminktisch „Sphere“ von Schönbuch + Icona blüht auf: Rock von Dolce& Gabbana über mytheresa.com Flower-Power: „Miss Dior Blooming Bouquet“ + Für den rosigen Teint: „Detox Pamper Pack“ über pinjafashion.de Lacky me! „La vie en rose“ von Deborah Lippmann = 6.427,40 CITY SAFARICOMI Auf leisen Pfoten zur Jagd: Schuhe von Unützer + Alles im Blick: Sonnenbrille von Burberry Frisch erlegt: Die Tasche von Marc Jacobs hat Icomi auf net-a-porter.com geschossen = 895.694 + + Tierisch gut: Das „Bracelet Zebra“ ist von Cartier Katzenaugen: Mascara „Lash Queen Feline Blacks“ von Helena Rubinstein Blutrote Lippen: „Lip Twist“ von Sisley „Abwesende Tiere“ von Martin Kluger (Dumont) 26 + + Auf Trebe: Icomi liebt ihre Zebra-Brosche von Tiffany + Safari auf dem Zebrastreifen: Das Wendekleid ist von Iris von Arnim + MICHAELKORS.COM ABSCHIED A dieu Showgirl Die Schauen von Marc Jacobs für Louis Vuitton waren Kult. Immer spektakulär. Im vergangenen Oktober fiel die letzte Klappe. Das Ende einer Ära. Oliver C. Schilling verneigt sich GETTY IMAGES Meister der Inszenierung: Marc Jacobs beim großen Finale. Sammlerstücke: Taschen und Schuhe aus seiner letzten Kollektion, die nun erhältlich ist 28 Eigentlich, so gibt man gern vor in der Modeszene, hat man schon alles gesehen, erlebt, mitgemacht. Doch dieser Mittwochmorgen im Oktober vergangenen Jahres war speziell. Kurz nach zehn Uhr kullerte so manche Träne über gerade erst geschminkte Gesichter. Denn in dem Zelt, das wie immer im Innenhof des Louvre aufgebaut war, trugen nicht nur Raum und Dekoration Trauer. Jedem Gast wurde plötzlich bewusst, dass sich gerade nicht nur Marc Jacobs als Artistic Director von Louis Vuitton verabschiedete. Hier ging gerade eine Ära zu Ende, die Ära der großen Mode-Shows. „Wir sind doch alle hier, um zu unterhalten“, erklärte Marc Jacobs sein Finale. „Und natürlich wollen wir die Aufmerksamkeit unseres Publikums!“ Mit diesem Spirit regierte er 16 Jahre bei Louis Vuitton. Jacobs sprach in erster Linie das Herz der Zuschauer an, nicht den Kopf. Ob sich die Show-Kollektionen verkaufen werden – überhaupt jemals im Laden landen? Das war scheinbar völlig egal. Die großen Umsätze werden bei LV ohnehin mit den Logo-Taschen gemacht. Doch der Amerikaner wusste, dass es ein verdammt heißes Image braucht, um erfolgreich zu werden. Unter seiner Ägide mauserte sich Vuitton zur „Cash Cow“ des LVMH-Konzerns. Nun wird er diese Kraft voll und ganz in sein eigenes Label stecken. Es sind die magischen Momente, die für immer in Erinnerung bleiben werden: das weiße Karussell, das sich hinter einem Vorhang verbarg und auf dem die schönsten Frauen zu KirmesMusik kreisten. Kate Moss, die dem eigens am Catwalk aufgebauten Hotellift mit Peitsche und Zigarette entstieg. Die Graffiti-Bags von Stephen Sprouse. Mura- kamis fröhliche Cherry-Blossom-Designs. Naomi Campbell und all die anderen Topmodels als Krankenschwestern verkleidet. Und dann: die spektakulärste Fashionshow aller Zeiten. Unvergessen der Moment, als man morgens im Zelt saß und den Gong einer Bahnhofsuhr hörte. „Da kommt doch jetzt kein Zug“, wurde noch gescherzt. „Er hat doch niemals hier Schienen verlegen lassen, damit hier die Eisenbahn hineinfährt?“ Oh doch! Genau das hat Marc Jacobs getan: einfach mal einen echten Zug mit Waggon, LV-Logos inklusive, bauen lassen und für eine Zehn-Minuten-Show angeblich elf Millionen Euro verpulvert. Mehr. Geht. Nicht. Und mehr wird, außer vielleicht bei Chanel, auch nie mehr gehen. Jacobs’ Vuitton-Jahre waren die Champagner-Duschen, DekadenzTalent Teil der Stellenbeschreibung. Ganz nach Karl Lagerfelds Motto: „Man muss das Geld zum Fenster hinauswerfen, damit es durch die Tür wieder hineinkommt.“ Vor allem aber hat Marc Jacobs unseren Träumen mit seinen Ideen den roten Teppich ausgelegt. Luxusmode braucht genau diese Art der Inszenierung, um sich von den Anziehsachen des Mainstreams zu unterscheiden. Seine letzte, komplett schwarze Kollektion jedenfalls hat der Designer den „Showgirls in uns allen“ gewidmet. Gedankt wurde es ihm mit Standing Ovations und Tränen in den Augen vieler heimlicher Showgirls … LABEL TO WATCH Dramatische Drapierungen, eigenwillige Ärmel- und Taschenlösungen: Mit skandinavischem Understatement haben Satu Maaranens Entwürfe nicht viel zu tun WIEBKE BOSSE S n e d t i M r e d n e Sinn n e n n i F Paris: r e d n o erlin tische B a , s m e a r r ie d Hyè on Ob in s für d n o rben v i a t F a v n O e ng end det Standi flamm d n in nor u n n n i e F t et . nge Silhou eu ein Die ju n . s n s e a n p aara en Kom h c Satu M s i d o den m Paris, n i e i gerade s raf nder t e e B e k rafiert g Sil o t o f e e Boss Wiebk 30 Privat liebt sie das Unauffällige: die Finnin Satu Maaranen kandinavisches Design ist üblicherweise zurückhaltend in Form und Farbe, orientiert sich an der Natur, die in den dünn besiedelten und im Winter lichtarmen Nordländern eine große Rolle in der Seelenlandschaft der Bewohner spielt. In Finnland ist der traurig-schleppende Tango der größtmögliche Ausdruck von Leidenschaft, wie wir seit den Filmen von Aki Kaurismäki wissen. So viel zum Klischee. Denn jetzt kommt Satu Maaranen. Die 28-jährige Newcomerin aus Helsinki lässt in ihren Entwürfen die Farben Samba tanzen, ausladende Formen und skulpturale Schleifen, Drapierungen und Hüte erinnern eher an den Karneval in Rio als an schüchtern glimmende Nordlichter. Dennoch liegt ihren verzauberten Silhouetten und abstrakten Prints, die sie als Unikate auf Baumwolle oder beschichtete Seide mit der Hand malt, eine gewisse Mystik, die zwar opernhaft-pompös, aber doch sehr meditativ und konzentriert daherkommt. Es ist wahrscheinlich genau dieser Kontrast, der ihr im wohl wichtigsten Internationalen Mode- und Fotografie-Festival im südfranzösischen Hyères Ende April den „Grand Prix du Jury Première Vision“ einbrachte. Keine zwei Monate später zeigte sie ihre Diplom-Kollektion um sieben Teile erweitert auf der Mercedes-Benz Fashion Week in Berlin. Seitdem ist bei dem Jungtalent, das gerade erst im letzten Dezember seinen Abschluss an der Alvar-Aalto-Universität in Helsinki machte, die Hölle los. Renommierte italienische Modehäuser bieten ihr Verträge an, ständig klingelt ihr Telefon, und sie musste erst einmal bei ihrem E-Mail-Provider ein größeres Postfachvolumen ordern, um all den Anfragen Platz zu geben. „Zuerst wollte ich Kunstlehrerin werden“, sagt Maaranen in ihrem Showroom in Paris. Und so wie die 1,59 Meter kleine, zarte Finnin frühmorgens – Termine! Termine! – dasitzt, passt das durchaus ins Bild: ein korallenfarbener Strickpullover, dazu passender Lippenstift im ansonsten ungeschminkten Gesicht, schwarze Hose und flache Budapester, die hell- blonden Haare zum Pferdeschwanz gebunden. „Für mich persönlich mag ich Mode eher unauffällig und praktisch“, sagt sie. „Ich selbst könnte bei meiner Größe diese Silhouetten auch kaum tragen.“ Es war eher Zufall, dass sie während ihres Studiums die Liebe zum Modedesign entdeckte – sie malt gern, aber sie arbeitet auch gern dreidimensional. Was liegt da also näher, als Bilder in Kleider-Unikate zu verwandeln? Ihre expressiven Farbverläufe, die sie selbst auf die Stoffe malt, erinnern an Farbfeldmalerei eines Mark Rothko. Azurblau und Neongelb, Grasgrün und leuchtendes Pink – sie wäre nicht Finnin, würde die Natur nicht auch eine große Rolle in den Entwürfen ihrer Kollektion „Garment in Landscape“ spielen. „Meine Inspiration waren die Sommerhütten meiner Kindheit, barfuß laufen und Baumhäuser bauen“, erklärt sie. Also presste sie in einer eigenentwickelten Bügeltechnik Sand und Gras auf Stoffe, denn die Haptik ist ihr genauso wichtig wie die Optik. „Die Idee war es, einerseits mit der Natur zu verschmelzen, andererseits durch die Neonfarben aus ihr herauszutreten.“ Neue Materialien, expressive Farben und Silhouetten, die an die Haute Couture der 50er- und 60er-Jahre erinnern, an den frühen Givenchy oder Balenciaga – Maaranens Mission ist gelungen. Während früher alle ernst zu nehmenden Talente entweder von der St. Martins School aus London oder von der Königlich-Belgischen Modeakademie aus Antwerpen kamen, scheint sich mit der Alvar-Aalto-Universität in Helsinki eine neue Talentschmiede aufzutun. „Ich bin ja nun schon die dritte Siegerin in Hyères aus Helsinki“, relativiert Maaranen ihren Erfolg und schwärmt von dem kreativ brummenden Bienenstock, in den sich das Modedepartment spätestens mit dem jungen Dozenten Tuomas Laitinen, selbst Hyères-Gewinner 2006 und heute erfolgreicher Designer, verwandelt hat. Wie es für Satu Maaranen weitergeht, weiß sie selbst noch nicht so genau: „Erst einmal brauche ich einen kleinen Urlaub“, sagt sie. Ob sie danach mit ihrem eigenen Label in die Haute Couture geht oder ihre Unikate Prêt-àporter-tauglich macht – alles noch offen. Ihr Talent für Stoffdesign stellt sie bereits als Freelancerin beim bekannten, finnischen Stoff- und Accessoire-Label Marimekko seit über zwei Jahren unter Beweis, für das französische Modehaus Petit Bateau entwarf sie eine Damen- und Kinderkollektion, die im Frühjahr in die Läden kommt. „Vielleicht fange ich doch erst besser so an“, sagt sie bescheiden. „Denn um richtig kreativ zu sein, brauche ich einen vorgegebenen Rahmen.“ Eines steht schon fest: Mit den Finnen ist in Zukunft modisch zu rechnen. SHOP ONLINE AT WINDSOR.DE K AMPEN/SYLT HAMBURG DÜSSELDORF WIESBADEN MÜNCHEN SALZBURG WIEN TREND BLÜTENMUSTER Schumacher Von wegen A Rose is a Rose is a Rose! Dass Gertrude Stein vielleicht Talbot Runhof doch unrecht hatte, beweisen im Sommer vielfältige Blütenmuster. Hermès Diese eignen sich für junge und – pardon, es bietet sich an – „welkere“ Damen und Etro ja, viel hilft viel: gern von Emporio Armani GETTY IMAGES; ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER Mary Katrantzou Oscar De La Renta Mulberry 32 Marc Cain FLO WER PO WER Miu Miu Antonio Marras Carven Kopf bis Fuß tragen. MAXMARA.COM Donna Karan New York GETTY IMAGES; ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER Diane von Furstenberg Valentino Rebellisch, animalisch, exotisch: Der Ethno-Look weckt Fernweh und besticht durch Facettenreichtum, Vielschichtigkeit und Mustervielfalt Alexander McQueen Missoni Céline Saint Laurent Emilio Pucci Proenza Schouler Bottega Veneta DOWN TO EARTH Dawid Tomaszewski 34 Dries Van Noten Givenchy Akris Gucci TREND ETHNO visit www.marc-cain.com TREND TRANSPARENZ Leises Rascheln, Schattenspiele, Elie Saab Jahrhunderten ist nichts Chloé durchblitzende Haut: Seit edler (weiß), nichts Nina Ricci verführerischer (schwarz) und nichts Roberto Cavalli romantischer (pastell) als ein Ensemble aus GETTY IMAGES; ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER Giambattista Valli Chanel 36 Valentino SPIT ZE Dolce & Gabbana Isabel Marant Michael Kors Blumarine Riani Burberry Prorsum Balmain Spitze FOLLOW YOUR NATURE JEFF BRIDGES WWW.MARC-O-POLO.COM Prada Prada Aquilano Rimondi Wunderkind Miu Miu Jil Sander the Art Warum Kunstschätze in Museen hüten, wenn man sie auch tragen kann? Eben. Anne Waak erklärt das aktuelle Phänomen GETTY IMAGES (6); CHANEL; JIL SANDER; GIO STAIANO/NOWFASHION; PRADA; MIU MIU; VERSACE; LOUIS VUITTON, MONTAGE: ICON 38 State of Antonio Marras Jean-Charles De Castelbajac a Ve r s ce Céline n Vu i t t o Louis Chanel S o viel Kunst war selten: Wohl noch nie zuvor haben sich Designer von Armani bis Versace so sehr von Kunst inspirieren lassen. Chanel zeigte eine Kollektion, die mit 150 Farben aus dem Vollen der Malerpalette schöpfte. Folgerichtig inszenierte Karl Lagerfeld seine Kollektion für den kommenden Sommer wie eine Vernissage und ließ seine Models im Grand Palais durch eine Galerie mit überdimensionalen Chanel-Exponaten laufen. Miuccia Prada, die bereits in der Vergangenheit als Kunstmäzenin in Erscheinung trat, engagierte ein halbes Dutzend Straßenkünstler und Illustratoren, damit sie den Raum für das Defilee als ihr Atelier nutzten und in der Tradition der Muralisten der 1930er die Frau von heute visualisierten. Die jungen, ernst dreinschauenden Gesichter zieren fast jedes Stück der Kollektion. Selbst bei Céline lebte Phoebe Philo, sonst nicht eben für ihre Liebe zu Mustern bekannt, mit breiten Pinselstrichen und Graffiti-Referenzen ihre neu entdeckte Farbenlust aus. Dass sich Designer an Kunstwerken orientieren, ist dabei kein neues Phänomen. Man erinnere sich nur an Yves Saint Laurents Mondrian-Kleider oder den surrealistischen Schuh-Hut von Elsa Schiaparelli und Salvador Dalí. Aber es geht auch andersherum: Designende Künstler gibt es spätestens, seit der Mitbegründer des Deutschen Werkbunds, Henry van de Velde, künstlerisch inspirierte Modelle des Reformkleides mitentwickelte, mithilfe derer sich Frauen aus den einschränkenden Korsetts befreien sollten. Die Künstlerin und Musikerin Kim Gordon gründete bereits in den 90er-Jahren eine Modelinie namens X-Girl. Takeshi Murakami designte Taschen für Louis Vuitton, und DiorDesigner Raf Simons hat für sein eigenes Menswear-Label gerade eine gleichberechtigte Kooperation mit dem Künstler Sterling Ruby gezeigt. Neu ist nur, wie eng die Mode die Kunst derzeit umarmt. Denn die war nie verführerischer. In den letzten zwanzig Jahren ist die Zahl der Galerien, Sammler und Messen exponentiell gestiegen und mit ihnen der Glamour, den die dazugehörigen Partys, Deals und Karrieren versprühen. „Es handelt sich um eine Industrie inmitten ihres Goldenen Zeitalters“, sagt David Zwirner, einer der mächtigsten Galeristen der Welt. „Ein supercooler Club.“ Und alle wollen Mitglied sein: Rapper, Superreiche und eben auch Designer. Am Beginn des 21. Jahrhunderts gilt Kunstinteresse als der größte Ausdruck von Kultiviertheit. Es gibt schlechtere Statussymbole. Genauso lange, wie die beiden Disziplinen sich schon gegenseitig inspirieren, genauso lange wird die Frage diskutiert, ob Mode nicht eigentlich auch Kunst sei. Meist werden dann Designer wie Alexander McQueen und Martin Margiela angeführt, die ihre Kollektionen als Performances, Statements und fantastische Events inszenierten. Doch sie bleiben Ausnahmen. Jeder von uns muss sich kleiden – und trifft damit unvermeidlich eine modische Aussage. Kunst dagegen braucht im Grunde niemand. Wie schön es ist, dass es sie trotzdem gibt. PORTRÄT Für alle Felle Fendi Bis heute stehen Pelze und Lederwaren im Zentrum des Geschäfts. Wörtlich. In den Schaufenstern des Palazzo Fendi werden Handtaschen wie Juwelen präsentiert. Und weil ohnehin alle Wege nach Rom führen, machte Mira Wiesinger sich auf den Weg dorthin 40 Silvia Fendi ist im Stress. Es sind noch wenige Wochen bis zum Defilee in Mailand, die Kollektion ist in den letzten Zügen. Und überhaupt: Dass sie sich die Zeit für ein Gespräch während dieser hektischen Tage nehme – „45 Minuten, nicht länger!“, warnt die Pressefrau – sei die absolute Ausnahme. Auch der Fotograf wird ermahnt: „Nur ein Motiv!“ Signora Fendi habe schließlich wenig Geduld. Man ist angespannt, erwartet – ja, was eigentlich, eine Art Drachen? Doch dann steht sie plötzlich da, im Atrium des Palazzo Fendi: mit klugen braunen Augen, recht klein, ganz in Schwarz. Silvia Fendi, das einstige Partygirl, Exmodel und die Designerin der Fendi-Accessoires, hat ein ganz eigenes Format. Das merkt man schon am energischen Händedruck. Auf der prunkvollen Treppe, die Boutique und Ateliers verbindet, schmiegt sie sich jedoch geschmeidig ans Geländer und schaut freundlich in die Kamera. Dann lässt sie sich auf ein flaches Sofa nieder und beginnt zu erzählen. In aller Ruhe. Man kommt einfach nicht umhin, sich zu fragen: Wieso nur die ganze Hektik? Silvia Fendi ist eine unkomplizierte Frau. So zumindest scheint es. Und sie ist eine Frau, die eine sehr lange Tradition pflegt. 1925: Das kleine Geschäft in der Via del Plebiscito sorgt in Rom schnell für Aufmerksamkeit. Gegründet von Adele und Edoardo Fendi gilt es als gute Adresse für Pelze und Lederwaren. Die Entwürfe des Ehepaars sind klassisch, „denn damals war die Mode in Italien noch nicht besonders groß. Frankreich war tonangebend“, erklärt Silvia Fendi. Ihre Großmutter beginnt, erste Handtaschen zu entwerfen. „Eine davon, die Adele Bag, haben wir bis heute im Programm unserer Selleria-Linie.“ Die Selleria, Italienisch für Sattlerei, ist eine Erfindung der Großmutter. Das Geschäft liegt in einer Gegend, die von den prächtigen Kutschen der Adeligen auf dem Weg zum Meer passiert wird. Adele beobachtet die noble Gesellschaft mit ihren Koffern und Taschen, den Sätteln und Trensen der Pferde. Es bringt sie auf die Idee, die Sattler in ihrer Nachbarschaft um Hilfe für die Umsetzung ihrer Entwürfe zu bitten. Die Taschen werden schnell bekannt für ihre Qualität. Heute trägt jedes Modell aus der Selleria-Reihe eine Nummer – „es ist die Anzahl ihrer Stiche“, verrät die Enkelin. Mittlerweile sind wir, unkompliziert auch das, in Silvia Fendis unprätentiöses Büro umgezogen – eine Art Durchgangszimmer. Es ist aufgeräumt, wie die Frau, die es bewohnt. Sie nimmt an einem tresenhaften Tisch Platz und fordert auf, es ihr gleichzutun. Auf dem Weg hierher durchqueren wir mehrere Etagen des verwinkelten Palazzos, der seit 2005 das Unternehmen beherbergt und nur 300 Meter von der Wiege des Labels zu finden ist, in der Via del Leoncino. Doch längst ist man über die Mauern dieses Hauses hinausgewachsen. Noch in diesem Jahr wird man umziehen. In den Palazzo della Civiltà Italiana, ein Gebäude aus den 40er-Jahren, aus jener Zeit, als Fendi auch über die Stadtgrenzen Roms hinaus bekannt wird. Zehn Jahre später steigt die zweite Generation ins Geschäft ein. Die fünf Schwestern, Paola, Anna, Franca, Carla und Alda, sorgen dafür, dass Fendi sich auch international etabliert. Sie ändern alles, allem voran die Pelze. Mit dem wertvollen Material wird nun experimentiert. Man ist sich einig: Die Menge an Fell muss reduziert, die Mäntel müssen leichter werden. „Die Pelze waren mit bis zu fünf Schichten Futter eingefasst, um das Material zu schützen“, weiß Silvia Fendi. Die Schwestern aber, die mittlerweile jeweils 20 Prozent des Unternehmens geerbt haben, wollen sich frei bewegen. Die Kundinnen danken es ihnen: „Ihre erste Modenschau während der Alta-Moda-Woche in Rom war ein großer Erfolg“, sagt die 53-Jährige. Doch es kommt noch besser. 1965: Die geschäftstüchtigen Frauen stellen einen jungen Designer an, dessen Name in der Branche noch recht unbekannt ist – Karl Lagerfeld. Er ist fortan für die Pelze zuständig, die er nun weicher, leichter, moderner, modischer gestaltet. In der High Society lässt man sich ohne einen Fendi-Pelz kaum mehr blicken. Auch die Filmbranche ist begeistert. Die glamourösen Entwürfe tauchen jetzt in zahlreichen italienischen Filmen auf, verhelfen ihnen zu jenem Glanz, der bis heute zum Träumen anregt. Auch neuere Produktionen, etwa „The Royal Tenenbaums“, „Io Sono L’Amore“ oder „Evita“ leben vom Esprit der Fendi-Pelze. Bis heute engagiert sich das Haus für den Film, mehr als 20 Streifen hat man ausgestattet. Und im vergangenen Jahr drehte Fendi sogar einen eigenen Kurzfilm. Mit Cara Delevingne in der Nebenrolle. Die Hauptrollen waren bereits vergeben: an Taschen, Schuhe und, klar, Pelze. 1977 folgt die Einführung einer Prêt-à-porter-Kollektion, die ebenfalls Lagerfeld verantwortet. „Er brachte neue Energie ins Unternehmen, eine Energie, die bis heute F Die spinnen, die Römerinnen! Die Schwestern, Paola, Anna, Franca, Carla und Alda Fendi stellen in den 50erJahren die Pelzbranche auf den Kopf herrscht“, so Silvia Fendi. Mit 18 Jahren tritt auch sie in die Firma ein und wird nicht nur Zeuge vom großen Erfolg, sondern auch von der schweren Krise. In den 90erJahren verleidet die Political Correctness das Pelzgeschäft. Silvia Fendi engagiert sich für die Familie, ruft die günstigere Zweitlinie „Fendissime“ ins Leben, belebt die Selleria wieder. Zu neuem Glanz verhilft dem Haus aber erst ihr Entwurf einer kleinen flachen Tasche. Von Sarah Jessica Parker über Madonna bis Sophia Loren ist man ganz wild auf das Accessoire, das wie eine Stange Weißbrot unter den Arm geklemmt wird – eben die „Baguette“. Mehr als 1000 Varianten gibt es von ihr heute. Auf den Geschmack kommt dann auch der französische Luxuskonzern LVMH – er erwirbt im Jahr 2000 gemeinsam mit Prada eine Mehrheit der Firma. Kurz danach verkauft Prada seinen Teil an LVMH, die in den folgenden Jahren auch die verbleibenden Anteile des Fendi-Clans übernehmen, zuletzt die von Carla. Nach dem Verkauf steigt die Anzahl von Fendi-Geschäften weltweit von sechs auf 130. Die erste deutsche Boutique wird im März in München eröffnen. Aktuell zählt das Haus zu den innovativsten italienischen Unternehmen, seine Entwürfe zu den brillantesten der Zunft. Wie das kommt? „Vielleicht liegt es daran, dass wir von Beginn an mit Pelz arbeiteten, dem ältesten Material der Menschheit. Es ist eine Herausforderung, es immer neu zu gestalten, es so zu behandeln, als sei es ein gewöhnliches Material.“ FENDI (8); MARIO TURSI; KARL LAGERFELD; CINETEXT Der Weg der Marke Fendi war ein langer. Und doch auch wieder nicht: Was sich hier in den 90er-Jahren um Catherine Deneuves Schultern schmiegt, ist eine Pelzstola von Fendi. Unten: Pietro Beccari ist seit 2012 CEO und Motor des Unternehmens F Monica Vitti (1969) in einem Pelzensemble von Fendi. Links: Pelzige Finger: Fendi-Schmuck für den Sommer 2014 Skizze von Karl Lagerfeld des Brunnens „Fontana della Dea Roma“ für die Ausstellung „Glory of Water“, ein Fendi-Projekt, das Roms Brunnen zugutekommt. Darunter: Lagerfeld-Skizze von 1979 und ein aktueller Entwurf der „Baguette“ Von links nach rechts: Paola, Franca, Anna, Carla und Alda in den 80er-Jahren in Rom. Oben: Filmstill aus „Gruppo di famiglia in un interno“ (1974). Rechts: Auch Gwyneth Paltrow trägt Fendi in Wes Andersons „The Royal Tenenbaums“ (2001) Man fürchtete, sie könnten das Geschäft ruinieren. Bald aber eiferte man ihnen nach. Und dann kam auch noch Karl Lagerfeld. Was hat er verändert? Die fünf Schwestern hatten jeweils eine unterschiedliche Rolle im Unternehmen, aber kreativ waren sie alle, besonders meine Mutter. Karl jedoch, das wissen wir, ist ein echtes Genie. Er brachte eine neue Perspektive in die Firma. Das haben meine Mutter und ihre Schwestern sofort verstanden. Lagerfeld war damals noch kaum bekannt, ging man mit seiner Wahl ein Risiko ein? Nein, er war nicht berühmt, die Schwestern ahnten aber, dass er etwas verändern, eine Revolution in der Mode herbeiführen könnte. THOMAS MEYER/OSTKREUZ Hat sich das Verhältnis zu ihm über die Jahre verändert? Er ist heute schließlich ein viel beschäftigter Mann. Nein, die energiegeladene Atmosphäre während der gemeinsamen Arbeit ist immer die gleiche geblieben. La Primadonna: Silvia Fendi im Palazzo Fendi in Rom Wir sind clevere Mädchen F Paola, Anna, Franca, Carla und Adele: In den 60- und 70er-Jahren revolutionierten die fünf Fendi-Schwestern mit Pelzen die Modewelt. Heute sorgt Annas Tochter Silvia mit ihren Accessoires für Aufsehen Silvia Fendi, was kann Ihre Familie besser als andere? Fendi war in den 20er-Jahren schon erfolgreicher als andere Geschäfte. Seit 1925, als meine Großeltern das Unternehmen gründeten, hat sich eine Menge verändert. Aber einige Dinge sind immer gleich geblieben, allem voran die Liebe für Qualität. Wir Fendis teilen aber auch den Hang zur Innovation und die Lust an der Herausforderung. Auch die nächste Generation, die fünf Schwestern, liebten Innovationen. Ihnen ging es aber nicht allein um optische Neuerungen. Richtig, es ging ihnen um die Befreiung der Frau. Sie konnten nicht verstehen, weshalb sie sich buchstäblich eine Last aufbürden sollten. Die Pelze waren damals sehr viel schwerer als heute, man konnte sich kaum darin bewegen. Pelze waren stets mit Reichtum verbunden, fast immer ein Geschenk eines Mannes – je üppiger der Pelz, desto dicker die Brieftasche. Wie kamen diese neuen Entwürfe an? Sie sorgten für viel Aufmerksamkeit. Die Leute redeten über diese fünf verrückten Frauen aus Italien, die mit ihren Kreationen Gewohntes auf den Kopf stellten. Speziell in den USA waren sie ein Dorn im Auge der Pelzproduzenten, von denen es dort ja jede Menge gab. Ihre Mutter und Ihre Tanten bezeichneten Lagerfeld als ihren Bruder. War er für Sie dann so etwas wie ein Onkel? Nein, ich hatte viel zu viel Respekt vor ihm. Am Anfang wusste ich noch gar nicht, was er überhaupt bei uns zu schaffen hatte, aber ich begriff instinktiv, dass er sehr wichtig für meine Mutter war. Denn wenn er zu uns kam, war sie unglaublich aufgeregt. Ich habe schnell gemerkt, dass diese Verbindung eine ganz besondere war. Nach und nach verstand ich auch seine Rolle im Unternehmen. Begannen Sie sich zu dieser Zeit für Mode zu interessieren? Ich fand es damals hochinteressant, das Heranwachsen einer Kollektion zu beobachten. Erst waren da die Skizzen, dann Prototypen, zuletzt die Show. Ich erkannte, wie viel Arbeit dahintersteckte. Und wie viel Macht von der Mode ausging. Was haben Sie noch von Lagerfeld gelernt? Die wichtigste Lektion bestand darin, dass man jede neue Kollektion mit einem weißen Blatt Papier beginnt. Wenn man zu Karl sagt: „Wir hatten doch diesen Mantel, MÜN CHE Kleines Monster: Den Taschenanhänger „Funich“ gibt es exklusiv zur Eröffnung der ersten deutschen Fendi-Boutique in München. In der Maximilanstraße 12 wird es neben Mode auch Kunst zu bewundern geben N der auf Anhieb ein Bestseller wurde. Lass uns was Ähnliches machen“, dann liegen Sie total daneben. Fangen Sie erst gar nicht so an mit Karl. Er interessiert sich nicht dafür, was er bereits gemacht hat. Er interessiert sich allein dafür, was er noch nicht gemacht hat. Diese Einstellung hat meine Denkweise sehr geformt. eigentlich, was Frauen wollen? Manchmal kann ich die Dinge fühlen, früher sehen als andere Menschen. Ich denke, es ist eine starke Sensibilität, die jeder gute Designer haben sollte, die aber auch nicht immer guttut. Denn man leidet ja auch mehr als andere Menschen. Schließlich spürt man nicht nur die positiven Entwicklungen. Warum ist Karl Lagerfeld wohl so viele Jahre dem Haus treu geblieben? Er gibt uns zwar viel, bekommt aber auch eine Menge zurück. Wir überraschen ihn immer wieder mit den Übersetzungen seiner Ideen. Denn jede Linie seiner Skizzen hat eine Bedeutung, man muss sie aber herauslesen, interpretieren können. Und darin haben wir mittlerweile viel Übung. In den 90er-Jahren hatten Sie das Bedürfnis nach Authentizität, machten sich für die „Selleria“ stark, die einst Ihre Großmutter ersann. Weil sie Teil unseres Erbes ist. Ich habe eine Tasche meiner Großmutter aus dieser Linie. Sie ist noch gut in Schuss. Das Leder hat über die Jahre Patina bekommen. Am Griff ist sogar ihr Handabdruck zu sehen. Diese Tasche war so anders als alles, was es in den 90er-Jahren zu kaufen gab, alles war so standardisiert. Sie haben also keinerlei Ehrfurcht vor dem doch sehr teuren Material? Nein, wir haben Pelz immer so behandelt, als sei es ein ganz normaler Stoff. Ohne je an den Wert zu denken. Klingt vielleicht ein wenig anmaßend. Vielleicht braucht es eine gewisse Hochnäsigkeit, um anders zu sein? Wir nehmen uns nicht allzu ernst. Als Karl damals unser Doppel-F-Logo entwarf, sagte er, es stünde für „Fun Fur“, also Pelz, der Spaß macht. Wir haben tatsächlich viel Spaß mit den Pelzen, darum geht es bei Fendi. Sind Sie heute die letzte Fendi bei Fendi? Nein, meine Tante Carla ist noch immer Ehrenpräsidentin der Firma. Und ich kann Ihnen versichern, dass alle Fendis weiterhin ihr Herz im Unternehmen haben. Man fragt sich: Wieso dann der Verkauf? Es war bereits zu fünft eine Herausforderung, zumal die Schwestern alle sehr eigenwillig sind. Sie haben stets für die eigenen Ideen gekämpft, sich aber nie bekämpft. In meiner Generation waren wir dann aber schon elf. Das wurde wirklich zum Problem, eines, vor dem jedes Familienunternehmen eines Tages steht. Hatte der Verkauf auch mit der Pelzkrise in den 80er- und 90er-Jahren zu tun? Nein, wir haben zu einem sehr günstigen Zeitpunkt verkauft, direkt nach Einführung der Baguette, quasi an der Spitze unseres Erfolgs. Wir sind doch clevere Mädchen. Lassen Sie sich häufig von Reisen inspirieren? Ich glaube nicht, dass man allein vom Unterwegssein inspiriert wird. Inspiration ist etwas, das von überall kommt. Manchmal kann ich nach Fertigstellung einer Kollektion nicht sagen, was mich dazu angeregt hat. Ich stelle lieber die Gegenfrage: Was sehen Sie denn in der Kollektion? Da bin ich wie ein Psychologe. Auch den Designernachwuchs haben Sie im Blick, sind die Präsidentin der Alta-Roma-Modewoche. Wen sollte man im Auge behalten? Marco de Vincenzo, nicht nur, weil er meine linke und rechte Hand ist, sondern weil seine Kollektionen fantastisch sind. Der junge Österreicher Arthur Arbesser ist ebenfalls sehr talentiert. Die Peekaboo war nicht Ihr einziger Hit. Da gab es die Spy Bag, die B Fendi, die Silvana, natürlich die Baguette ... Jede Fendi-Tasche beherbergt eine Überraschung, einen Trick. Die Spy Bag hat etwa eine Geheimtasche unter der Klappe. Manchmal ist das wichtigste Detail im Inneren verborgen, so ist das auch mit unseren Pelzen. Sie sind oft beidseitig tragbar, es fällt schwer zu entscheiden, welches nun die hübschere Seite ist. Und was macht Silvia Fendi, wenn Sie mal nicht arbeitet? Was alle normalen Menschen tun: Freunde und Familie treffen, kochen und, klar, ins Kino gehen. So eine hohe „It-Bag-Dichte“ können nicht gerade viele Häuser vorweisen. Woher wissen Sie RO M Was hat Sie zu der Monster Bag inspiriert? Ich besuchte eine Freundin in Brasilien. Sie sammelt tropische Vögel, die mich anstarrten wie kleine Monster. Auch die Zusammenarbeit zwischen Fendi und dem Film war immer erfolgreich. Unser Standort ist schuld daran. Die Filmindustrie war in Rom früher sehr groß. Meine Mutter und meine Tanten waren mit vielen Regisseuren befreundet. Damals, in den 60erJahren, ging es weniger um Product-Placement als um den Spaß an der Sache. Es war eine Ehre, seine Kleider in einem Film von Visconti, Fellini oder Bolognini zu sehen. Wenn uns ein Projekt gefällt, unterstützen wir es noch immer gern. Apropos Spaß: Wenn man Ihre „Peekaboo“-Tasche mit den gelben Schlitzaugen oder Ihre „Fur Monster“-Taschen betrachtet, nimmt man an, Sie hätten eine Menge Humor. Das stimmt auch. Ich bin ein humorvoller Mensch, was im Leben sehr hilfreich ist. AP/ANTONIO CALANNI; FENDI (8) Wie schaffen Sie beide es, Pelze immer wieder zeitgemäß aussehen zu lassen? Interessant wird es doch erst, wenn Fell für etwas verwendet wird, das kein Kleidungsstück ist. Denken Sie nur an unsere Rucksäcke mit Pelzbesatz, mit denen wir so erfolgreich waren. Auch Sonnenbrillen mit Fellapplikationen haben wir schon gemacht. Längst gibt es nicht nur Taschen und Pelze von Fendi. Die Sandale stammt aus der aktuellen Kollektion für den Sommer 2014, genau wie die farbenfrohe Kollektion unten Im Pelz, so wie Ihre Mutter es zu tun pflegte? Nein, ich bevorzuge Hemd und Hose – meine Uniform. Mira Wiesinger Selbst der Designklassiker „Baguette“ verwandelte sich aktuell in ein kleines Monster. Oben: Silvia Fendi und Karl Lagerfeld während ihrer Show für die Frühjahr-/Sommersai son 2014 43 I n Chilcompton, einem kleinen Ort in Somerset, sieht England genau so aus, wie man es sich vorstellt: Am Horizont tun sich weiche Hügel auf, am Wegesrand stehen Steinhäuser mit spitzen Dächern, auf den Feldern grasen friedlich ein paar Schafe. Würde nun auch noch Harry Potter auf seinem Besen vorbeifliegen oder Miss Marple hinter einer Laterne hervorspähen – es wäre keinesfalls verwunderlich. Irgendwann und, wie man hier gern zugibt: „in the middle of nowhere“, taucht schließlich eine Art große grüne Scheune auf. Ian Scott wartet schon. Der Engländer ist seit neun Jahren der „Group Supply Director“ des britischen Labels Mulberry und beginnt nach einem fröhlichen „Hey there!“ sofort zu erzählen. Das hier ist „The Rookery“ (engl. für Krähenhorst), erklärt er. Die Manufaktur, die es bereits seit 1989 gibt und 420 Mitarbeiter beschäftigt. Später am Tag werde er aber auch noch „The Willows“ (Die Weiden) zeigen. Die zweite Manufaktur, die im vergangenen Sommer im benachbarten Ort Bridgwater eröffnet hat und der ganze Stolz der „Mulbs“ (so nennt man sich hier untereinander) ist. Durch sie sollen nämlich bald schon fünfzig Prozent der feinen Ledertaschen mit Namen wie Alexa, Lily und Primrose in England produziert und Mulberry seinem Ziel näher gebracht werden: „Wir wollen eine globale Erfolgsgeschichte werden und dabei gleichzeitig ‚made in Britain‘ bleiben“, schreibt Bruno Guillon per EMail. Der 48-jährige Franzose übernahm 2012 den Chefposten bei Mulberry, vorher war er elf Jahre bei Hermès. Bevor es zur neuen Manufaktur geht, führt Ian Scott erst einmal durch die alte, die er liebevoll „Old Lady“ nennt. Im oberen Stock sitzt die Produktentwicklung, wo die Entwürfe, die aus dem Atelier in London ankommen, in Testmodelle umgesetzt werden. Danach geht es eine Etage tiefer in eine große Halle. Es riecht nach Leder und Farbe, Nähmaschinen rattern, Schleifmaschinen summen. In sechs Produktionslinien arbeiten je 30 Leute, die in Handarbeit und vielen einzelnen Schritten gemeinsam ein Taschenmodell herstellen. Über ihnen hängt ein Zettel mit dem Verkaufspreis der jeweiligen Tasche. „Bayswater £ 1300“ steht zum Beispiel auf einem. „Damit alle im Kopf behalten, wie viel Geld jemand MANUFAKTUR mal dafür ausgeben wird“, ruft Ian Scott zwischen den Nähmaschinen hervor. Gegründet wurde Mulberry 1971 von Roger Saul, der in der Grafschaft Somerset im Südwesten Englands aufwuchs. Der damalige Betriebswirtschaftsstudent hatte von seinen Eltern zum 21. Geburtstag 500 Pfund bekommen und investierte das Geld in Leder, aus dem er am Küchentisch Gürtel herstellte. Als die sich schnell und gut in Londoner Boutiquen verkauften, erweiterte er sein Sortiment um Kleidung, Handtaschen, Taschenkalender, später sogar um Armbanduhren und eine „Home Collection“ mit Wohnaccessoires. Schon in den Achtzigern war Mulberry durch In England ist man nach den Taschen von den romantisch-rustikalen Jagdstil zum Synonym für englischen Mulberry ganz verrückt. Nun möchte das Label Stil geworden und setzte mehrere Millionen britische Pfund um. auch das Ausland erobern. Lisa Strunz schaute Das von Sauls Schwester entwormal vorbei – in der Heimat Somerset fene Logo wird bis heute verwendet: ein kleiner Maulbeerbaum. Als Symbol für Natur, Stärke und Beständigkeit. das um die Produkte kreiert wurde. „Doch daDer Erfolg hielt jedoch nicht ewig an. Ende rauf dürfen wir uns nicht ausruhen“, sagt Ian der Neunziger hatte Mulberry an Glanz verlo- Scott. „Die Leute entwickeln ein immer grören und galt unter den Briten als „dusty fusty“, ßeres Interesse daran, wo und vor allem wie was so viel wie verstaubt und muffig bedeutet. ein Produkt hergestellt wurde.“ Das Herz der Als Roger Saul die Marke 2003 an Challice Li- Marke sind für ihn daher die beiden Manufakmited verkaufte, eine Beteiligungsgesell- turen in Somerset und ihre Handwerksmeisschaft der Familie Ong aus Singapur, und neu- ter. Das spürt man, wenn er durch die Gänge es Geld in die Marke investiert wurde, ging es führt: Die Stimmung ist erstaunlich herzlich, wieder aufwärts: Man konzentrierte sich stär- man grüßt sich, lächelt, hält einander Türen ker auf die Produktion der Taschen, und mit auf. Manche der Mitarbeiter sind schon seit Emma Hill als Kreativdirektorin gewann Mul- 1989 dabei. Aber es gibt auch viele coole Jungs berry 2008 seinen alten Charme zurück. Der mit Tattoos und Kopfhörern in den Ohren, die Britin, die sich im vergangenen Jahr aus dem hier arbeiten, alle um die 20. Das ist auf das Unternehmen wieder zurückzog, um sich Ausbildungsprogramm zurückzuführen, das neuen Aufgaben zu widmen, gelang es, jedem Ian Scott 2006 einführte. Um Nachwuchs in Entwurf eine Prise englischen Humor hinzu- die Manufaktur zu bringen – und zu halten. zufügen: Sie ließ die Models für eine der Kam- Von 70 Teilnehmern bisher sind 45 immer pagnen in idyllischen Wäldern mit Monstern noch im Unternehmen. So wie der 23-jährige aus dem Kinderbuch „Wo die wilden Kerle Tommy, der für das Veredeln der Lederkanten wohnen“ kuscheln, entwarf Prêt-à-porter-Kol- zuständig ist. Hier zu arbeiten mache lektionen im schönsten Sommer-Tea-Party- ihm so viel Spaß, dass er sich zwischen Look, benannte eine Tasche nach dem briti- Daumen und Zeigefinger, da, wo auf schen It-Girl Alexa Chung. seinem tätowierten Arm noch ein QuaIn England ist Mulberry längst wieder Kult. dratzentimeter Platz ist, bald einen Läuft man durch die Straßen Londons, sieht Maulbeerbaum stechen lassen möchte. man jedenfalls erstaunlich viele Frauen mit 2010 entstand der Plan, eine zweite Maeiner Alexa oder Bayswater in der Hand, und nufaktur zu eröffnen: „The Willows“, auch im Flagship-Store in der feinen New etwa eine Stunde von Chilcompton Bond Street ist an einem gewöhnlichen Don- entfernt. Die ist auf den ersten Blick nerstagmorgen schon mehr los als in jeder an- eher unspektakulär. Ein längliches Gederen Boutique. Nun möchte man auch im bäude mit Glasfront eben. Doch pro Ausland bekannter werden: 66 eigene Ge- Woche, erzählt Ian Scott stolz, würden schäfte führt Mulberry bisher weltweit. Allein hier bald bis zu 1600 Taschen hergeim vergangenen Jahr haben acht neue eröff- stellt. 7,5 Millionen Pfund hat man in net, zuletzt in Berlin, Toronto und Wien. Für die Manufaktur investiert und fast 90 2014 sind vier weitere geplant, darunter auch Prozent der Mitarbeiter aus der direkeines in Hamburg am Neuen Wall und in Paris ten Umgebung gewonnen. Ein Großteil von in der Rue Saint-Honoré. ihnen war vorher arbeitslos, weil viele UnterWas Mulberry gerade im Ausland spannend nehmen, die ihre Produktionsstätten früher macht, ist sicher das britische Lebensgefühl, ebenfalls in Somerset hatten, lieber in Billigländer abwanderten. Bei Mulberry denkt man bereits über eine dritte Manufaktur nach. Auch die soll natürDie Heimat von Mulberry: Das idyllische lich irgendwo im Südwesten Englands liegen. Somerset im Südwesten von England Zwischen weichen Hügeln, spitzen Steinhäusern, friedlich grasenden Schafen. Willkommen bei den Mulbs! MULBERRY (7); CRAIG JOINER/LOOP IMAGES/LAIF Oben: Bilder von der neuen Kollektion. Rechts: Der Klassiker, die „Bayswater“Tasche, in neuer Streifenoptik. Daneben: Eine Aufnahme von einer Show aus den 70er-Jahren ZU BESUCH ie Würde als eine Form des Geistes.“ Was das mit sündteuren Wirkwaren zu tun hat? Na, es ist der Titel der Vorlesung, die Brunello Cucinelli an der Universität in Perugia gehalten hat. Er, der King of Kaschmir, spricht gern über Philosophie. Darum fängt diese Geschichte auch nicht gleich in seinem schönen Haus an, obwohl die Einladung uns genau dorthin führen wird, sondern bei dem, was ihn beflügelt, bewegt und antreibt. Wir beginnen in Perugia, vor gut drei Jahren, exakt am 11. November 2010 um elf Uhr im Palazzo Murena in der Aula Magna. Es ist der Sitz der Università degli Studi di Perugia, einer der ältesten Italiens. Brunello Cucinelli ist ein Wirtschaftsfaktor der Region Umbrien. Rund 800 Mitarbeiter leben allein hier von der Produktion seiner Luxuswirkwaren, weltweit sind es bald zweitausend. Einem so wichtigen Bürger dürfte man getrost eine Ehrendoktorwürde in Wirtschaftswissenschaften verleihen. Doch Bru- D nello Cucinelli bekommt die Doktorwürde in Philosophie. Schon auch als Zuckerl, doch nicht geschenkt. Er erhält den Titel für eine Arbeit über das Thema, über das er oft und gern spricht: „Die Würde als eine Form des Geistes.“ In seiner Dankesrede sagte er: „Einer der wichtigsten Aspekte meines damaligen Lebens (als Student, Anm. d. Red.) war die Kultur der Bars: der italienische Caffè. (...) Industrielle, Arbeiter und Faulenzer – ich muss zugeben, ich war einer davon – konnten stundenlang ohne Unterbrechung diskutieren. Was ich daraus mitnahm, ist die Einsicht, dass jedes intensive, nachhaltige Ergebnis aus einer intensiven Debatte resultiert.“ Man sollte das im Kopf haben, wenn man Cucinellis Haus betritt. Es ist mehr als eine Villa. Es ist ein ganzes Dorf. Unweit von Perugia thront auf einem Hügel eine dieser niedlichen Ortschaften, die so bilderbuchhaft geschniegelt eigentlich nur in Kitschkalendern auftauchen. Solomeo ist aber keine Fantasiewolke für wintermüde Ruhrpottler. Es ist lustvolle Wirklichkeit mit einem Patron, der sich etwas gönnt. Am liebsten, sagt er, dass es seinem Umfeld gut geht. Weil er selbst kein Elend sehen kann und er es darum aus seinem Blickfeld verbannt? Getreu dem Motto: Eure Armut kotzt mich an? Er lacht. Etwas in die Jahre ist er gekommen, aber im Gegensatz zu einigen seiner italienischen Kollegen aus der Modebranche ist bei Brunello Cucinelli alles en nature. Die Fältchen sind am besten erkennbar, wenn er schmunzelt. Das tut er häufig, beispielsweise wenn er über seine Angestellten spricht: „In erster Linie geht es um Würde. Wenn ein Mitarbeiter tagaus, tagein sehr ähnliche Arbeitsabläufe verrichtet, ist ein angemessen attraktives Umfeld eine notwendige Kompensation zur Monotonie und vom Arbeitergeber nur ein Zeichen von Respekt gegenüber dem Mitarbeiter.“ Das sitzt. Ist der King of Kaschmir am Ende der Letzte der Aufrechten im Kampf für eine Welt, in der alle gleich (langweilig) sind? „Ich glaube an den Kapitalismus“, gibt er zur Antwort. „Ein Geschäft muss Gewinn machen, das ist der Grund, warum es existiert. Gleichzeitig darf Profit nicht Humanität zerstören. Aristoteles erachtet Ethik als höchste Instanz der Philosophie. Das ist eine Straße, die ich gehen will.“ Er hat damit Erfolg. Wie mit anderen eher ungewöhnlichen Entscheidungen. Zum Beispiel, wenn, wie im vergangenen Jahr, viel über Krisen gestöhnt wird, er mal eben die Preise ordentlich erhöht. Die Kunden zahlen es. Und sie werden immer mehr. Cucinelli führt in eines seiner drei Büros, es liegt im neu geschaffenen Areal am Fuße des Berges. Hier finden sich auf zwei Stockwerken ein Großraumbüro, der Versand, ein Showroom und eben sein Office. In der mittelalterlichen Altstadt in einem Türmchen über den Produktionsstätten thront der zweite Arbeitsplatz. Unten, in verwinkelten Gässchen, verbergen sich hinter frisch gestrichenen, sonnengelben Fassaden die Ateliers, wo auch die Kollektionen auf Qualität geprüft werden. Außerdem hat der Designer ein Theater gebaut, ganz aktuell eine Schule für Handwerksberufe eröffnet und aus den Oliven, die bis in den Ort wachsen, raffiniert er sein eigenes Öl. Das dritte Arbeitszimmer ist zu Hause, ein paar Minuten von den anderen entfernt, mit Blick auf den Pool, der von außen hinter einer hohen Mauer versteckt liegt. Angst vor Neidern? „Gar nicht“, behauptet der Gastgeber. „Es gehörte einfach zu dem Hof, der ursprünglich aus dem 14. Jahrhundert stammt.“ Und den er auch liebevoll restauriert hat, bis hin in den weitläufigen Garten. Allerdings konnte er das erst, nachdem er selbst acht Jahre auf die schon erwähnte Mauer gestarrt hatte. Denn sein erster Wohnsitz im Ort war auf der anderen Straßenseite, Hanglage mit Blick über das Tal zur einen und eben dem zur Mauer auf der anderen Seite. Er hat sich seine Träume sukzessiv erarbeitet. Zunächst vom Faulpelz – das sagt er selbst – während des nicht beendeten Ingenieurstudiums zum Partner im Modeladen seiner Frau Frederica. Damals bildete sich durch intensive Lektüre seine Vorstellung eines Unternehmens: „Der Weg, die Produktion waren und sind mir genauso wichtig wie der Markt und das Produkt.“ Aus dem Laden wurde über die Jahrzehnte ebenjenes Eine-Milliarde-DollarBusiness, das 2012 zum Auftakt an der Börse sämtliche Erwartungen übertraft – 17-fach war die Aktie überzeichnet. Dem Besucher bietet sich nun folgendes Bild: ein 60-jähriger Mann strahlend hinter einem antiken Schreibtisch, in einem Büro, das vielleicht 25 Quadratmeter hat, mehrfacher Millionär, lehnt sich entspannt zurück. Was fehlt? Der Computer. Der fehlt übrigens in allen drei Büros des Brunello Cucinelli. Und wenn er ans Handy geht, wundert sich der Gast, dass das Modell überhaupt noch funktionstüchtig ist. „Ich schreibe alles auf. Mache Notizzettel und gebe die meinen Mitarbeitern“, sagt er. Während des Gesprächs illustriert er alles. Bleistiftskizzen, wie sich die Welt dreht, wo er sich verortet und welcher Philosoph welchen Einfluss auf welche Theorien hat. Auch in diesem Büro gibt es eine Wand mit den gerahmten Fotos seiner Helden: Kennedy, Gandhi, Jobs, Kafka, Obama und Solschenizyn. Kein Platon? „Den trage ich in meinem Herzen.“ Überhaupt: Die Klassiker haben es ihm angetan. Vordenker der Neuzeit von Descartes bis Susan Sonntag sind ihm suspekt, weil „die größten Denker es immer geschafft haben, komplexe Zusammenhänge präzise zu formulieren, sodass es keine Verständigungsprobleme gab.“ Lässiger Umgang zählt – sei es in seiner Mode, bei Gedankenspielen, aber auch beim eigenen Lifestyle. Neben dem Büro eine Halle von circa 90 Quadratmetern mit Säulen, Kamin und Polstermöbeln unbekannter Herkunft. Ein Stockwerk darüber das Wohnzimmer mit Flügel und Kinderfotos, mit Bücherregal und Essecke. Nichts zu entdecken, was überflüssig wäre, aber auch eine für einen Modemacher merkwürdige Abwesenheit von Design. „Hier ist Lebensraum“, sagt Cucinelli. Und alle Räume verbindet, dass sich Bücher in ihnen stapeln, die aufgetürmt auf dem Boden liegen, einfach so. Der Mann liest einfach gern. So lebt es sich in Umbrien: Brunello Cucinellis Familiensinn und seine Leidenschaft für Philosophie spiegeln sich im ganzen Anwesen wider, überall sind Fotos und Bücher zu finden. Und wenn es selbst im schönen Italien einmal regnet, beschirmt der 60-Jährige gern seine ganze Familie: Ehefrau Frederica, die Töchter Carolina und Camilla und das erste Enkelkind So lebt der K aschmir-K apitalist Zu Hause bei Brunello Cuc inelli: In der Nähe von Per ugia hat der King of Kaschmir sein e Werkstätte n. Und den Überblick. A ndreas Tölke erlaubte er einen Blick in sein Refugiu m. Fotografiert v on Oliver Ma rk 47 SNOW WHITE Schnee, Sonne und frische Luft – man kann es entschieden schlechter haben als im österreichischen Pitztal. Und unsere Kleidung wärmt nicht nur in dieser Traumkulisse. Auch auf anderen Gipfeln und Pisten gäben Sie damit wohl keine ganz schlechte Figur ab 48 Foto: Wiebke Bosse. Assistenz: Ruth Kobbe Styling: June Nakamoto c/o Shotview. Assistenz: Naoko Soeya Haare & Make-up: Nathalie Nobs. Mit Produkten von Une, Less is more und Uslu Airlines Model: Corinna Ingenleuf c/o M4models Mit Dank an Marcus Herovitsch und Bernd Matsching (tirolgletscher.com), Sepp Eiter (Café 3.440) und Familie Walser vom „Hotel Vier Jahreszeiten“ in St. Leonhard LINKE SEITE: DAUNENMANTEL MIT FEDERN UND STRASSAPPLIKATIONEN SOWIE HANDSCHUHE: MONCLER. STIEFEL: BOGNER. OHRENSCHÜTZER AUS FELL: YVES SALOMON. STRUMPFHOSE: FALKE. DIESE SEITE: FELLJACKE, ROLLKRAGENPULLOVER, HOSE UND GÜRTEL: RALPH LAUREN. KASCHMIRTUCH: HERMÈS. LEDERHANDSCHUHE: BOGNER. SKIAUSRÜSTUNG VON INDIGO 49 50 STRICKOBERTEIL MIT FEDERN, HOSE UND STULPEN VON SACAI. SCHUHE: FENDI. FÄUSTLINGE UND KASCHMIRTUCH: HERMÈS. ROLLKRAGENPULLOVER: BOGNER. SKI: „PROJECT C“ VON INDIGO. SKIBRILLE: LOUBSOL 51 52 BLOUSON, TUCH MIT PUNKTEN, FALTENROCK, STRUMPFHOSE: ALLES VON MIU MIU. PELZWESTE MIT KAPUZE: YVES SALOMON. SKIBRILLE: EMMANUELLE KHANH ÜBER MARC LE BIHAN STRICKPULLOVER MIT FELL, LEDERROCK, STULPEN: ALLES VON ALEXANDER WANG. STRICKKAPUZE: MAISON MARTIN MARGIELA. HANDSCHUHE: MARNI. FELLSTIEFEL: BALLY. SONNENBRILLE: TOM FORD ÜBER MARC LE BIHAN. STRUMPFHOSE: FALKE 53 SKIANZUG MIT LEDERDETAILS VON HERMÈS. ROLLKRAGENPULLOVER, SKI UND FELLSTIEFEL: BOGNER. OHRENSCHÜTZER: YVES SALOMON STRICKMANTEL UND BODY VON BLUMARINE. 54 OHRSCHÜTZER: PIPOCAKI 55 ÜBER DEN BERGEN: DAUNENJACKE VON CANADA GOOSE. BANDEAU TOP UND HOSE: AMERICAN APPAREL. KETTE UND ARMREIFEN: CHANEL. SKIBRILLE: LOUBSOL. WIEBKE BOSSE STIEFEL: BOGNER Du lieber Himmel Der Pitztaler Gletscher war die Kulisse unseres Winter-Fotoshootings. Das Café 3.440 ist ein erhebender Ort, an dem sich nicht nur die Aggregatzustände von Wasser verschieben – erkannte Silke Bender Z u Schnee und Eis fällt mir nicht besonders viel ein, was macht man da? Man googelt Wikipedia und findet folgende Definition: „Als Eis wird im Allgemeinen gefrorenes Wasser bezeichnet, welches – neben flüssigem Wasser und Wasserdampf – dessen dritten möglichen Aggregatzustand darstellt. Es kristallisiert bei Null Grad Celsius im hexagonalen Kristallsystem und tritt in der Natur in den verschiedensten Erscheinungsformen auf, vom Hagelkorn über den Eiswürfel bis zum Gletscher.“ Wenn man mich fragt, bevorzuge ich eigentlich die flüssige Form von Wasser, am besten 29 Grad warm, türkisfarben und palmenumwedelt. Skifahren lag mir daher wohl noch nie in den Knochen: Diese Materialschlacht aus Brettern, Stöcken und klobigen Skischuhen, die vielen Schichten warmer Kleidung und dazu noch meine Höhenangst. Es musste erst das Pitztal kommen, um mein Herz auch für Minusgrade zu erwärmen. Schon gleich bei der Anreise zeigen die Tiroler Alpen, was sie können. Glänzend weißer Neuschnee, blauer Himmel und strahlender Sonnenschein empfangen bereits im Tal. Obwohl von Tal zu sprechen etwas untertrieben ist: Unser Basislager, das Skidorf Mandarfen und das überaus sympathische Familienhotel Vier Jahreszeiten liegen bereits auf 1640 Höhenmetern. Von hier geht es mit dem Gletscherexpress, einer unterirdischen Schrägstollenbahn, durch den Berg hoch auf 2840 Meter. Wer will, kann hier bereits die Ski oder das Snowboard unterschnallen und ins Tal sausen oder bei einem Tee oder Glühwein an der Bar ein Sonnenbad nehmen. Doch wir wollen noch höher hinauf – mit der Wildspitzbahn zum Café 3.440, das genau so hoch liegt, wie es heißt. Die letzten 600 Meter bis zum Gipfel des Gletschers haben es in sich: Als die vollverglaste Achtergondel gerade die höchste der zwölf Stahlstützen, jede 37 Meter hoch, passiert, habe ich das Gefühl, mein Herz rutscht eine Etage tiefer. Das Schlimmste sind aber nicht die 37 Meter, sondern der hunderte Meter tiefe Steilhang, den die Gondel nun bis zur nächsten Stütze überqueren muss. Ich atme dreimal tief durch und schließe die Augen. Es ist wahrscheinlich die dünne und prickelnd kühle Luft, die mein Hirn kurz darauf so angenehm vernebelt wie sonst nur Champagner, dass ich die letzte Etappe der sechsminütigen Fahrt eher in einer adrenalingesteuerten Euphorie statt in kalter Angst auf beheizten Sitzen verbringe. Wie eine natürliche Schneeverwehung balanciert der futuristische, organisch geschwungene Bau des Vorarlberger Architekturbüros Baumschlager Hutter Partners auf dem Gipfel. Kaum ein Jahr ist er alt. Was aussieht, wie leicht dahin geweht, wurde in nur fünf Monaten technischer und organisatorischer Schwerstarbeit errichtet. Das Piz Gloria auf dem Schweizer Schilthorn, verewigt im James-Bond-Streifen „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“, war vorgestern. Die 25 Meter lange vollverglaste Terrasse, die über dem hunderte von Metern tiefen Abgrund schwebt, ist eine kinoreife Panoramawand ins ewige Weiß. Eine Stahltreppe führt noch ein paar Meter höher zu einer 360 Grad Aussichtsplattform, die einen Blick auf über 50 Dreitausender-Gipfel erlaubt. Ein Fernrohr mit Gipfelanzeiger und Höhenmesser hilft bei der Orientierung. „Bei gutem Wetter wie heute kann man sogar 90 km weit schauen – bis auf die Zugspitze in Deutschland, die Dolomiten in Italien und die Gipfel von St. Moritz in der Schweiz“, sagt Sepp Eiter, ein geselliger Ur-Pitztaler und die Seele des Cafés 3.440. Als eines von sieben Bergbauern-Kindern hat er den Aufschwung seiner Heimat zu einer Wintersport-Hochburg in den 80er Jahren miterlebt – er selbst wurde quasi mit Skiern an Füßen geboren. „Nirgends fahre ich so gern Ski wie hier, am liebsten auf dem Brunnenkogel“, erzählt er, während er eine Prise Tabak schnupft. Als Gastwirt hat er den höchsten Arbeitsplatz Österreichs. Die fast 3500 Höhenmeter und der niedrigere Luftdruck bergen ihren Tücken, was die Küche angeht. Die Torten, Strudel, Sandwiches und Suppen werden auf der tiefer gelegenen Mittelstation von der hauseigenen Konditorei hergestellt – die frischen Käse- und Speckknödel, die die herzhaften Suppen veredeln, waren die größte Herausforderung. „Auf dieser Höhe kann man nicht richtig kochen“, weiß er. „Das Wasser siedet hier bei 82 bis 87 Grad. Unmöglich also, wegen der Eigerinnung einen Knödel im Wasser gar zu kochen – ein Heißluftofen musste her.“ Am meisten freut sich der Weinliebhaber jedoch, seinen Gästen bei den immer wieder stattfindenden Weinverkostungen zu demonstrieren, wie anders seine guten, österreichischen Tropfen in der Höhe und im Tal schmecken. „Aufgrund des niedrigeren Luftdrucks hier schmecken die Weine viel duftiger und milder.“ Auf der Mittelstation jedoch wird der Höhenrausch jäh auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Es geht auf die drei Uhr zu, die Après-Ski-Zeit beginnt. Aus den Boxen an der Bar draußen donnert schlimmste Ballermann-Musik, die erst unter den geübten Händen des Masseurs im Hotel-Spa endlich verblasst. Doch kaum sitze ich beim Abendessen und genieße die erstklassige Küche im Hotel Vier Jahreszeiten, dringt wieder – nur leiser – deutsches Schlager-Ungemach in mein Ohr. Liebe Österreicher, Ihr habt doch so wunderbar atmosphärische, einheimische Musikerjungs wie Kruder & Dorfmeister, warum tut ihr euch in dieser majestätischen Bergwelt nur diese akustische Luftverschmutzung an? ANZEIGE SOUVERÄN HERAUSRAGEND DURCHDACHT Edel und stark. Der neue BMW X5. Wo h l f ü h l e n , WOHL DURCHDACHT E Ein neues Luxuspaket erobert den Asphalt. Egal, ob Sie zum Shopping in die Stadt oder mit der Familie in den Skiurlaub fahren, dieses Auto wird allen Anforderungen mehr als gerecht. Mit seinen dynamischen Proportionen ist der BMW X5 in der dritten Generation als BMW-XModell sofort erkennbar. Dennoch hat er einige neue Designmerkmale, die sein kraftvolles Aussehen und seine unschlagbare Vielseitigkeit noch mehr betonen. Ein wichtiges Element des optimierten Designs ist dessen Fokus auf der Aerodynamik. Form und Funktion werden harmonisch kombiniert: Große Lufteinlässe, der Air Curtain in der Frontschürze sowie der neu entwickelte Air Breather an den vorderen Radhäusern heben den sportlichen Charakter hervor – gleichzeitig tragen sie zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen bei. DIE KOMBINATION AUS EXKLUSIVEM DESIGN UND CLEVEREM BEDIENKOMFORT setzt sich im Innenraum fort: hochwertiges Leder, raffiniert veredelte Oberflächen, stimmungsvolle Beleuchtung und maximaler Raumkomfort. In allen Facetten sind Luxus und Fahrfreude spürbar. Der Wohlfühlfaktor wird hier großgeschrieben: Eine erhöhte Sitzposition, die zweigeteilte Gepäckraumklappe und das großzügige Control Display sind nur einige Details. So ist höchster Fahrkomfort garantiert und das Bang-&Olufsen-High-End-Surround-Sound-System begleitet Sie zudem bei jeder Autofahrt mit bestem Hörgenuss. Die Gestaltung von Interieur und Exterieur ist individuell wählbar: Ob Designwelten Pure, M Sportpaket oder original BMW-Zubehör – es ist alles möglich. INTELLIGENTER BEGLEITER Der beste Beifahrer, den man sich wünschen kann. Alle Fahrassistenzsysteme im BMW X5 haben nur eines zum Ziel: dass Sie entspannt unterwegs sind und gut ankommen. Der Stauassistent* entlastet Sie auf der Autobahn bei eintönigen Verkehrssituationen: Er hält automatisch den gewünschten Abstand zum Vorderfahrzeug, regelt die Geschwindigkeit selbsttätig bis zum Stillstand – und lenkt dabei aktiv mit. Das vollfarbige BMW-Head-Up-Display projiziert fahrrelevante Informationen direkt in Ihr Sichtfeld und steigert damit Ihre Konzentration auf das Fahrgeschehen. Das neue Navigationssystem Professional verfügt über ein großes, hochauflösendes Farbdisplay, das eine bessere Lesbarkeit und mehr Übersicht bietet. Das System startet extrem schnell und ist dank eines innovativen Touchpads leicht zu bedienen. *Nur erhältlich in Verbindung mit Driving Assistent Plus. „In allen Facetten sind Luxus und Fahrfreude spürbar. Der Wohlfühlfaktor wird hier großgeschrieben.“ Kr a f t v o l l , AUSDRUCKSSTARK INTERVIEW S Sie empfängt in ihrem Büro beim Pariser Edelschuh-Designer Roger Vivier, für den sie seit elf Jahren als stilistische Beraterin arbeitet. Büro? Nein, eher privater Salon. Sie hat die Wände rosa streichen lassen und mit vielen Familienfotos, persönlichen Erinnerungen, Nippes und Kunst geschmückt. „Willkommen in meinem Trödelladen“, lacht Inès de la Fressange und lässt sich mit ihrer E-Zigarette auf das Kuschelsofa plumpsen, ganz wie zu Hause. In der schwarzen Samt-Jogginghose, dem schlichten grauen Strickpullover, veredelt mit dezentem Modeschmuck, wird sie ihrem Ruf sofort gerecht: très chic, dabei nahbar und wahnsinnig nett. Da konnten die Franzosen sie noch so sehr als „Marianne“Büste auf den Sockel heben. Von 1989 bis 2000 lieh die (bis dahin) Muse von Karl Lagerfeld der Nationalfigur in fast allen französischen Rathäusern Was heißt das? Ich kann es nicht lassen, in Modeboutiquen Stilkritiken und Designtipps abzugeben. Die armen Verkäuferinnen! Einmal habe ich in das Gästebuch von A.P.C. geschrieben, dass ich die Jeans gut finde, dass sie aber mit tiefer Taille viel schöner wäre. Ein Jahr später bekam ich vom Chef persönlich einen Dankesbrief mit zwei nach meinen Tipps umdesignten Jeans – die so tatsächlich zum Verkaufsschlager wurden. Mit Ihrer Marke Inès de la Fressange haben Sie nun ehrgeizige Pläne: Sie wollen in Zukunft Kleidung, Taschen, Schuhe, Schreibwaren, Accessoires im Mode- und Wohnbereich auf den Markt bringen. Dabei könnten Sie doch einfach die Beine hochlegen? n e s s a l t h c i n s ’ n n a ie k S DAVID COULON/MADAME FIGARO/LAIF : Inès rt, dann sie e p r ö k r e v r fekt Allure per epter seine r Z e s is a r d a r P e d d an el wie Wenn jem as Ex-Mod d ert t a h t tz e der gratuli e. J n g e n B a s e s k e il r S F de la men. e übernom k r a m e d o eigenen M Sie war lange seine Muse: Inès de la Fressange stilecht als Karl-Lagerfeld-Kopie in Smokingjacke von Armani, KarlLagerfeld-Hemd, Acne-Jeans und Vivier-Roger-Boots 58 ihr Gesicht. 1991 gründete sie sehr erfolgreich ihre eigene Modemarke Inès de la Fressange und sah sich 1999 von den Investoren gefeuert. Nun sind die fort und Inès ist immer noch da, die neuen Manager holten die Pariser Stilikone, die immer wieder mal bei Chanel-Schauen läuft und für Szenenapplaus sorgt, zurück an Bord. Ihr erster Streich ist eine Sommerkollektion für den japanischen Textil-Multi Uniqlo (der im April auch in Berlin den ersten deutschen Store eröffnet), es folgen Schuhe, Schreibwaren und Sonnenbrillen. Doch das ist nur der Anfang. Madame de la Fressange, wie ist es für Sie, wieder Inhaberin Ihres eigenen Namens zu sein? Puuh, es waren mühsame 14 Jahre. Vor allem tat es mir weh, Produkte zu sehen, die meinen Namen trugen, aber mir nicht gefielen. Die meisten Kunden waren natürlich nicht über die juristischen Verwicklungen informiert und wussten nicht, dass ich gar nicht mehr an Bord war. In Geschäftsfragen habe ich mir nun eine Art buddhistische Haltung angewöhnt, einen inneren Abstand. Jedoch nicht in ästhetischen Belangen. Inspiriert von Amélie Poulain, Hauptfigur in „Die fabelhafte Welt der Amélie“: Eine Bluse aus der Kollektion für Uniqlo Es ist eine Neurose! Jedes Jahr nehme ich mir vor, weniger zu arbeiten, weil ich natürlich weiß, dass es nicht das Leben erfüllt, immer mehr zu tun und Geld anzuhäufen. Doch wenn mir interessante Aufgaben angeboten werden, ist es schwer, Nein zu sagen. Vor allem, wenn es darum geht, schöne Dinge noch schöner zu machen. Ich bin ein Shopaholic und immer stört mich ein kleines Detail. Zurzeit gibt es zum Beispiel diese Bettwäsche aus verwaschenem Leinen – aber nicht in den Farben, die ich gut finde. Also möchte ich diese entwerfen. Das ist purer Egoismus. Die Dinge zu produzieren, die ich selbst gern hätte. Und meistens treffe ich damit den Geschmack vieler anderer Frauen. Sie wurden einmal zitiert mit dem Satz, Sie seien eine ganz normale Frau. Mit Verlaub ... Den Satz verwechseln Sie wohl mit unserem Präsidenten François Hollande (lacht). Ich bin ganz und gar nicht normal. Mir ist sehr bewusst, dass ich ein sehr privilegiertes Leben habe. Wer in einem Haus mit 24 Zimmern und Hausangestellten aufwächst und eine Köchin beschäftigen kann, weil er nicht gern kocht, ist nicht normal. Mein Geschmack und meine Wünsche hingegen sind denen der 3 3 Mehrheit der Frauen sehr ähnlich. Ich bin jetzt 56, ich fühle mich nicht als alte Dame und möchte mich nicht so kleiden wie meine Großmutter in dem Alter. Allerdings weiß ich auch, dass es nicht mehr passend ist, abends mit Shorts und Overknee-Stiefeln auszugehen. Alle Frauen meiner Generation haben die Rolling Stones oder Jim Morrison gehört, dieselben Freiheiten gelebt. Das prägt: Irgendwie bleiben wir ewige Teenager, Mädchenfrauen – und gleichzeitig haben wir Familie und einen Beruf, Lebenserfahrung. Den Nerv genau dieser Frauen treffe ich. Es fällt mir sogar leichter, anderen Frauen gute Styling-Tipps zu geben, als mich selbst anzuziehen. Coolness in den Shops und auf den Schauen geht mir auf den Wecker, ich wünsche mir mehr Fröhlichkeit und Leichtigkeit in der Modewelt – so wie in Pharrell Williams’ Videoclip „Happy“. Das ist jung, frisch! Was würden Sie denn unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel raten? Ich würde mit ihr zu Jil Sander gehen: Dieser Mix aus Nüchternheit und Eleganz würde gut zu ihr passen. Und dann würde ich ihr sagen, dass sie ihre Fröhlichkeit nicht durch wechselnd bunte Blazer ausdrücken sollte. Blusen von Céline ständen ihr gut. Oder auch mal ein Pullover oder ein Dreiviertel-Mantel aus Crêpe – nur nicht immer diese bunten kurzen Blazer. Bringen Sie mir eine Doppelgängerin und wir gehen in Paris shoppen. Ich hätte eine Menge Ideen. Und finden Ihre Töchter Ihren Look manchmal peinlich? Ständig. Einmal habe ich mir eine schwarze Biker-Jacke bei Balenciaga gekauft – da haben die beiden die Augen verdreht: Mama, willst du etwa einen auf jung machen? Die Jacke hängt heute noch ungetragen mit Etikett im Schrank. Das hindert die Mädchen natürlich nicht daran, sich selbst an meinem Kleiderschrank zu bedienen. Was ist denn für Sie überteuert? Ich würde mir nie eine Jeans für 500 Euro kaufen. 130 Euro bei einer Markenjeans finde ich okay. Möchten Sie wieder eine eigene Boutique in Paris eröffnen? Das würde mir gefallen, ja. Doch nicht nur mit meiner Marke. Diese Tendenz zu Mono-Marken-Stores finde ich grässlich. Ich würde dann auch andere Kreative mit ihren Produkten zu mir einladen. Das ist die neue Moderne, dieses Ich-mache-alles ist veraltet, 90er-Jahre. Diese 60 Sie haben zwei Töchter im Teenager-Alter. Schütteln Sie manchmal den Kopf über deren Modespleens? Nie, ich habe selbst so viele Modesünden begangen. Ich lasse sie alles ausprobieren, was sie wollen. Nur bei Tätowierungen und Piercings habe ich sie gewarnt: Macht ihr das, steche ich mir dasselbe! Es war zwar nur ein Scherz, aber wirkungsvoll. Wie oft gibt es schreiende Teenager bei Ihnen zu Hause, weil sie nicht die Klamotten bekommen, die sie haben wollen? Selten. Meine Jüngste, Violette, wollte letztens eine Balenciaga-Handtasche haben. Außer Frage, dass ich ihr keine kaufe. Sie hat dann nach einer längeren Diskussion selbst eingesehen, dass es lächerlich ist, als 14-Jährige damit herumzulaufen. Allerdings nimmt sie die Mode sehr ernst: Sie hat schon ein Praktikum bei Chanel gemacht – würde l e k r e M a l „Mit Ange hen“ e g r e d n a S ich zu Jil SANGE LA FRES INÈS DE LERIN IE KANZ ÜBER D und ist nun mit Karl Lagerfeld befreundet, mehr als ich. Sie lief sogar als Mannequin für Chanel bei den letzten Haute-Couture-Schauen mit. Wie haben Sie sich eigentlich wieder mit Karl Lagerfeld versöhnt, nach dem Streit um die Marianne-Büste? Durch Intelligenz (lacht). Kurz nach seiner ersten Diät haben wir uns irgendwo gesehen und ich sprach ihn auf seine neue Figur an. Er fragte mich nach meiner Jeansgröße und war ganz stolz, dass er mich mit 24 unterbieten konnte. Da war das Eis gebrochen. GETTY IMAGES Mit Ihrer ersten Kollektion für Uniqlo starten Sie im Niedrigpreissegment. Welche Strategie steckt dahinter? Ich möchte authentische, ehrliche Mode machen, wo Preis und Qualität stimmen – als ich Uniqlo in New York entdeckte, war ich sofort ein Fan der Marke. Es hat mir Spaß gemacht, der japanischen Nüchternheit eine Prise Pariser Frivolität einzuhauchen. Ich liebe es, mit französischen Klischees zu spielen: Das Blumenkleidchen à la Amélie Poulain, das Moulin Rouge, die Baskenmütze, das Baguette – ich fühle mich wirklich in den Pariser Klischees zu Hause. Außerdem habe ich die Nase voll von dieser überteuerten Mode im Luxussegment. Ich finde es schade, dass sich fast nur noch reiche Ausländerinnen die großen französischen Marken leisten können. Die Lücke möchte ich füllen. Wir möchten so weit wie möglich in Frankreich produzieren, das kostet natürlich, aber die Preise sollen fair bleiben. Lieblingsschuhe: Für Roger Vivier arbeitet Inès de la Fressange als Beraterin Inès de la Fressange von Kopf bis Fuß in Chanel GEHEN WIE AUF WOLKEN. AUSSEHEN WIE EIN STAR. MODE , STIL UND TRENDS ! Alles, was Sie wissen müssen, unter www.gabor.de/magazin INTERVIEW Ich bin eine ganz normale Frau Model, Muse, Modeikone: Im Rahmen der Berliner Fashion Week war Jerry Hall als Stargast einer Modenschau von Peek & Cloppenburg geladen. Mira Wiesinger traf sie DAVID BAILEY abseits des Roten Teppichs auf ein Gespräch über Schönheit, das Altern und, klar, Mode Wow! Jerry Hall und Helmut Newton 1983 in Cannes: Das Foto stammt aus dem Katalog der Retrospektive „Bailey’s Stardust“ (Prestel) 62 S Schwarzes Minikleid, schwarze Lackpumps, schwarzer Lammfellmantel: Jerry Hall sieht exakt so aus, wie man sie sich vorstellt. Nur besser. Denn ihr Gesicht – und das ist als Kompliment zu verstehen – sieht tatsächlich aus wie das einer Frau Ende fünfzig. Auf die Minute pünktlich kommt sie mit wehender Mähne, der Mähne, hineingerauscht in die Suite im 30. Stock des Berliner „Waldorf Astoria“Hotels. Ihr Parfum mischt sich mit einem Anflug von Zigarettenrauch, der rote Mund, ihr Markenzeichen, lacht und sagt, nein er haucht: „Hi, I’m Jerry.“ Überhaupt, Jerry Hall, das Supermodel, Mick Jaggers Muse und ExFrau, spricht nicht einfach nur, sie raunt, zieht Wörter in die Länge, wie nur eine Amerikanerin es kann. Während sie das tut, wirft sie mit nonchalanter Geste die unfassbare Haarpracht über die Schulter – genau wie die Drei-WetterTaft-Lady es seit den 80ern tut. Dass es so etwas überhaupt in Wirklichkeit gibt! Jerry Hall, Fluch oder Segen, gut auszusehen? Ich denke, es ist ein wahrer Segen. Es ist doch Zufall, was für Gene wir von unseren Eltern erben – gutes Aussehen ist etwas, das wir uns nicht selbst erarbeiten müssen. Ich hatte eine Menge Glück, wenn man bedenkt, dass ich aus einer texanischen Kleinstadt komme und die ganze Welt bereist habe – allein wegen meines Äußeren. Wann realisierten Sie zum ersten Mal, dass Sie das Zeug zum Modeln hatten? Stimmt es, dass es während eines LSD-Trips passierte? Ich war etwa 14 Jahre alt. Auf einer Party gab mir jemand etwas, von dem ich nicht wirklich wusste, was es war. Dann schloss ich mich dort im Badezimmer ein, schaute in den Spiegel und dachte plötzlich: Oh mein Gott, ich bin wunderschön! Sie müssen wissen, ich war in der Pubertät eher ein hässliches Entlein. Und ziemlich schüchtern. denschauen pro Saison, all die Reisen und dann noch das Nachtleben. Damals war ich noch jung und voller Energie. Genau wie meine Tochter Georgia May, die sich momentan vor Aufträgen kaum retten kann. Sie arbeitet nonstop, das erinnert mich daran, wie ich früher lebte – immer aus dem Koffer heraus. Ihr Leben in der amerikanischen Provinz, das haben Sie immer wieder betont, war alles andere als glamourös. Was hat Ihr Interesse an Mode geweckt? Eine meiner älteren Schwestern hatte bereits gemodelt. Einmal habe ich sie auf einen Job begleitet und dort fragte man mich, ob ich es nicht auch mal versuchen wolle. Sorgt es Sie, dass Ihre Töchter, Georgia May und Elizabeth, in Ihre Fußstapfen treten? Die Modebranche kann ja ziemlich grausam sein. Das stimmt. Aber beide haben etwas, auf das sie zurückgreifen können. Georgia May hat Fotografie studiert und ist wirklich gut darin. Von den Modeljobs lernt sie also auch immer etwas dazu. Und Elizabeth engagiert sich für Menschenrechte. Momentan arbeitet sie an der Kampagne „Free the Nipple“, die sich für das Stillen in der Öffentlichkeit einsetzt. Das ist ja in einigen Staaten der USA noch immer verboten. Ist das nicht verrückt? Ihre Modelkarriere hat also gar nicht in Paris begonnen? Ich hab in den Staaten schon ein wenig gearbeitet, bevor ich nach dem Schulabschluss nach Paris reiste. Dort ging es dann richtig los. Ich wollte nur für ein paar Wochen bleiben, es wurden schließlich zwei Jahre daraus. Dann ging es weiter nach New York. Was für berufliche Ratschläge haben Sie den beiden mit auf den Weg gegeben? Sei nett und, vor allem, sei pünktlich! Das ist doch der beste Ratschlag, den Eltern ihren Kindern geben können – egal wofür. Modeln ist etwas, das man nicht lehren kann. Es gibt so viele hübsche Mädchen, die vor der Kamera jedoch nichts taugen. Und bald kannte man Ihr Gesicht in der ganzen Welt. Ein Mann in Marokko soll Ihrem Ex-Mann Mick Jagger einmal 50 Kamele für Sie geboten haben, und der ehemalige USPräsident Jimmy Carter sagte Ihnen, dass er Ihre Schönheit bewundere. Wie bleibt man bei so viel Anbetung auf dem Teppich? Wissen Sie, die Modebranche ist voll von Schmeicheleien. Das geht mittlerweile zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. Ich bin immer im engen Kontakt mit meiner Familie in Texas geblieben, liebe es zu gärtnern, bereite drei Malzeiten pro Tag zu, kaufe Lebensmittel selbst ein und pflege Freundschaften. Ich bin eine ziemlich normale Frau. Und dann gibt es Mädchen, die eigentlich nicht perfekt sind. Georgia May ist mit ihren 1,70 Metern zu klein für den Laufsteg, Sie mit Ihren 1,80 Metern waren eigentlich zu groß. Und trotzdem hat es bei uns geklappt. Vielleicht, weil wir beide verrückt nach Klamotten sind. Das kann man sich kaum vorstellen. Oh doch, ich war sehr burschikos, ein richtiger Tomboy. Was macht Schönheit für Sie persönlich aus? Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Wenn man jemanden liebt, dann findet man ihn automatisch schön. In den Augen der Mutter ist der Affe Gazelle, sagt ein afrikanisches Sprichwort. Richtig, Mütter finden ihre Kinder immer wunderschön. Natürlich gibt es aber auch die allgemein anerkannten Merkmale, die Schönheit definieren. Bestimmte Gesichterformen etwa, Proportionen, Symmetrien. Aber ich denke, vor allem kommt es darauf an, wie man altert. Das zeigt dann, wer man wirklich ist. Einen Großteil Ihrer Garderobe aus der Ehe mit Mick Jagger haben Sie dennoch 2008 im Auktionshaus Sotheby’s versteigert. Während meiner Karriere habe ich so viele Kleider angesammelt, es waren einfach zu viele. Sie passten schlicht in keinen Schrank mehr. Und ich auch nicht mehr in alle Klamotten. Einige waren winzig, ich war einmal so unglaublich dünn. Ich hatte sie lange aufgehoben, weil sie für mich kleine Kunstwerke waren. Aber dann wollte ich Platz für Stücke schaffen, die ich wirklich trage. Trauern Sie schon mal einem Teil hinterher? Manchmal werde ich wehmütig, wenn ich an bestimmte Kleider denke. Aber sie dienten ja einem guten Zweck, den Erlös der Auktion habe ich für Obdachlose gespendet. Ihre Töchter haben Ihnen das nicht übel genommen? Sie durften sich zwar vorher etwas aussuchen, fühlten sich aber trotzdem etwas übergangen. Haben Sie Angst davor? Sollte ich vielleicht, aber ehrlich gesagt: nein. Ich sah lange gut aus, es ist beinahe ein Wunder. Heute bin ich eher stolz darauf, gesund zu sein, vier Kinder zu haben, auf eine tolle Karriere zurückzublicken. Ich mache mir um die Zukunft keine Sorgen. Während Ihrer Karriere haben Sie viele Fotografen kennengelernt. Hatten Sie Lieblinge? Auch hier hatte ich viel Glück, ich habe von Anfang an mit tollen Fotografen gearbeitet. Einer der ersten war Helmut Newton, er war einfach wundervoll ... Sie sehen immer noch blendend aus. Dabei war Ihr Leben ziemlich rastlos: um die 60 Mo- Er hat Sie auf das Cover der „Vogue“ gebracht. Das war großartig. Aber auch David Bailey verehre ich, erst letzte Woche haben wir zusammen für die britische „Vogue“ gearbeitet. Ich werde tatsächlich noch immer angefragt zu modeln, was mich wirklich freut, denn ich finde, auch ältere Frauen sollten in der Mode repräsentiert werden. Zumal es diejenigen sind, die sich Designerkleidung überhaupt leisten können. Das ist genau das, was ich meine. Viele Designer kennen Sie persönlich. Welchen bewundern Sie am meisten? Ich liebte Yves Saint Laurent, wir haben viele Jahre zusammengearbeitet, sind Freunde geworden. Auch Vivienne Westwood finde ich brillant, von ihren Kleidern habe ich nur ganz wenige weggegeben. Sie haben von 1988 bis 1991 selbst Mode entworfen: die Hall Collection. Ja, ich habe Badebekleidung, Unterwäsche und Strümpfe designt. Das hat viel Spaß gemacht, war aber auch eine Menge Arbeit und ich bekam noch zwei weitere Kinder. Ich fürchte, ich war einfach zu schwanger, um die Teile richtig zu bewerben. Wird es in der Zukunft denn noch einmal Design by Jerry Hall geben? Eher nicht. Ich bevorzuge es, die Arbeit anderer Leute zu bewundern. Und sie zu kaufen. Zum Beispiel Manolo-Blahnik-Schuhe. Sie sollen 350 Paar besitzen. Ein Mädchen braucht nun mal viele Schuhe, oder etwa nicht? Ein paar davon hab ich sogar schon aussortiert, was mir wirklich nicht leichtfiel. Manolos sind einfach so fantastisch gearbeitet, so bequem! Die meisten davon trage ich tatsächlich, einige sind mir aber zu hoch, die habe ich nur aus einem Grund gekauft: weil ich einfach nicht anders konnte. Dann dürfte Ihnen ja das Konzept „Shop the Runway“ von Peek & Cloppenburg gefallen. Die bei der Fashion Week in Berlin gezeigten Looks waren sofort im Geschäft und online bei Fashion ID zu haben. Die Idee, dass man die gezeigten Kleider am nächsten Tag schon kaufen kann, gefällt mir sehr. Normalerweise muss man Monate auf die Stücke vom Laufsteg warten. Wenn man sich aber erst mal in ein Kleid verguckt hat, will man es doch schnurstracks haben. Oft, sehr oft sogar, wird Mode als oberflächlich abgetan. Gerade in Deutschland. Was setzen Sie dem entgegen? Ich finde, Mode ist etwas Sinnliches. Sie spielt eine wichtige Rolle in der Wahl unserer Partner, ja sogar in der Fortpflanzung. Kleidung ist essenziell, es wäre schlicht zu kalt, auf sie zu verzichten. Mit anderen Worten: Mode verrät etwas über die Persönlichkeit des Menschen, der sie trägt? Ich denke schon. Man kann sie als Gestaltungsmittel nutzen, mit ihr zeigen, wer man ist oder gern sein würde. Besonders wenn man jung ist, kann man mit Kleidung experimentieren. Sich immer wieder neu erfinden. Mode macht so viel Spaß! 63 CARDIGAN AUS KASCHMIR VON BODEN. KETTE: GABRIELE FRANZEN. HUND JOE TRÄGT EBENFALLS EINE KETTE VON GABRIELE FRANZEN BB BIG AND BEAUTIFUL Felicity Hayward beweist, dass Mode auch in großen Größen bezaubernd aussehen kann. In Großbritannien ist das Model längst ein Star. Und wir sind nun auch ganz verliebt Foto: Esther Haase Styling: Hendrik Schaulin Produktion: Susanne Gundlach c/o Susieknows.eu Make-up: Carol Brown c/o DW Management Haare: Piero Bigoni c/o DW Management Model: Felicity Hayward c/o Milk Management 65 DIESE SEITE: TRENCHCOAT VON ANNA SCHOLZ. OHRRINGE: EVANS. RECHTE SEITE: COCKTAILKLEID UND BROSCHE VON MARINA RINALDI. STRASSARMBAND: EVANS 66 KLEID AUS CRÊPE-JERSEY VON ANNA SCHOLZ. LAMMFELLSTOLA: ROSENBAUM F Felicity Hayward, war es Ihr Traum, Model zu werden? Nein, es ist der totale Zufall, dass ich Model geworden bin. Ich habe eine Ausbildung als Fotografin gemacht und dann Kunstunterricht gegeben für benachteiligte Kinder. Vor zwei Jahren ging ich eines Abends mit Freunden in den Pub und dort habe ich zu Diana Ross getanzt. Plötzlich hat mich jemand angesprochen, der ein Model brauchte, das Anna Nicole Smith ähnelte. Als die Fotos erschienen, sprachen mich mehrere Agenturen an. So kam ein Job nach dem anderen. Inzwischen kann ich vom Modeln leben und habe meine Stellung als Kunstlehrerin aufgegeben. Hatten Sie schon immer eine üppige Figur? Ich hatte immer einen großen Hintern (lacht schallend). Irgendwie sind im Laufe der Jahre meine Kurven gewachsen. Das ist einfach passiert. Ich fühle mich glücklich und wohl in meiner Haut und spüre keinerlei Druck, dünner zu werden. Wenn ich dünner wäre, wäre ich außerdem nicht mehr ich, wäre nicht mehr dieselbe Person. Dann hätte ich eine andere Persönlichkeit, und das möchte ich auf keinen Fall. Ihr Markenzeichen sind Ihre platinblonden Haare. Wie kamen Sie zu dem Marilyn-Look? Eigentlich habe ich hellbraune Haare. Ich färbe sie platinblond, seit ich 15 Jahre alt bin. Meine Großmutter war immer sehr chic, sie war mein Vorbild. Außerdem gefallen mir Mode und Look der 50er-Jahre sehr, deshalb habe ich mich schon als Teenager für den auffälligen Marilyn-Look entschieden. Ich wollte so glamourös sein wie meine Großmutter. Wie finden Sie es, als Plus-Size-Models bezeichnet zu werden? Der Hauptfehler ist doch, dass wir Frauen überhaupt in Schubladen gesteckt werden, dick oder dünn, SizeZero oder Plus-Size. Das ist furchtbar. Solche Bezeichnungen sollte es für Frauen nicht geben. Bei Männern sprechen wir ja auch nicht von einem Size-ZeroMann, wenn einer schlank ist. Und hat irgendjemand schon mal den Ausdruck „Plus-Size-Mann“ gehört? Nein! Also warum werden wir Frauen in Kleidergrößen eingeteilt? Unterscheidet sich der Job von Size-Zero- und PlusSize-Models? Wir sind alle Models und machen den gleichen Job. Der einzige Unterschied ist, dass Plus-Size-Models selten auf dem Catwalk zu sehen sind. Aber das ändert sich. TK Maxx hatte mich jetzt für eine Kampagne gebucht. Das hätte es früher nicht gegeben. Wir werden mehr akzeptiert als vor ein paar Jahren. Die Situation ist noch nicht perfekt, aber es wird besser. Deshalb kann ich jungen Mädchen, die Model werden wollen, auch wenn sie nicht gertenschlank sind, nur raten: Traut euch! Lasst schöne Fotos von euch machen und stellt euch bei Agenturen vor. Das neue Jahr bietet auch neue Chancen. Wer nichts riskiert, gewinnt auch Barbara Warning nichts. 69 STILISTEN OUDENDLICH Britische Fr ühlingsbote Rosenblüten (aus Papier). tails und zum Finale regnete es -De ten Blü , tell Pas in ffe Sto te Zar uellen Kollektion der er Bailey huldigt mit seiner akt oph rist Ch ner esig efd Ch ryBurber mit dem gleichnamigen ktorin Wendy Rowe assistierte dire ativ Kre upkeMa e“. Ros h „Englis n). Die Kosmetik hat lack in „Sage Green“ (Salbeigrü gel Na dem e Wi k. Loo tyeau vent Garden. Sommer-B „The Burberry Beauty Box“ in Co e: tiqu Bou ene eig e ein h auc in London nun GETTY IMAGES n Oud ist kein Geheimtipp mehr, aber begehrt wie nie. Einst wertvoller als Gold gehandelt, ist er der traditionelle Duftstoff der arabischen Parfümerie. Vor zwölf Jahren tauchte er in Europa auf, doch die wenigsten wissen, dass er aus dem Harz des von einem Schimmelpilz befallenen Adlerholzbaumes gewonnen wird. Klingt nach Roquefort, polarisiert ähnlich, riecht aber gänzlich anders. Rauchig, markant und geheimnisvoll. Großartige Düfte wie „Royal Oud“ von Creed oder Byredos „Oud Immortel“, aber auch ganze Parfümlinien wie etwa „soOud“ von Stéphane Humbert Lucas huldigen der Kostbarkeit. Arabischen Parfümeuren muss man nicht zeigen, wie man das Beste aus dem „Wunderstoff“ herausholt: „Shahzada“ und „Misqaal“ von Tola erreichen höchste Qualität. Wer sich erst einmal heranschnuppern möchte, könnte Versaces „Oud Noir“ versuchen. HIER KOMMEN UNSERE KOSMETIKEXPERTEN ZU WORT David Albrecht Junior-Chef der Parfümerie Albrecht in Frankfurt Fashion in Beauty: Wir lieben handliche Kosmetikprodukte mit großem Nutzwert. Praktischerweise gibt es nun den 3-in-1-Concealer von CK One. Er soll Concealer, Primer (eine Grundierung, die das Make-up haltbarer machen soll) und Highlighter in einem Stift verbinden. Gibt’s in vier Schattierungen, etwa bei Breuninger. Rosige Zeiten: Vor gut 250 Jahren galt Marie Antoinette, Ehefrau von Ludwig XVI., als Trendsetterin. Sie zählte zu den Ersten, die, anstatt vornehme Blässe zu wahren (damals ein Standesmerkmal der Adligen), sich die Wangen schminkten, um so Frische ins Gesicht zu zaubern. Heute hätte sie sich bestimmt für die hübsche „Diorblush Trianon Édition“ von Dior entschieden. In „Corail Bagatelle“ oder „Pink Rêverie“ ... Kiss, Kiss, Kiss: Frau oder Freundin freuen sich (unabhängig vom Valentinstag) auch einfach mal so über eine kleine Aufmerksamkeit, liebe Männer. Etwa über das brandneue und glänzende „Gloss Volupté“ von Yves Saint Laurent – mit einem Applikator in Kussmund-Form. Gibt’s in 24 Farben und schmeckt köstlich nach Mango. Keinen blassen Schimmer? Nix da. Wir wissen, wo er steckt. Nämlich in der roséfarbenen Schachtel von Bottega Veneta. Das Körperpuder aus der „Bath Line“ mit winzigen GoldMikropartikeln lässt sich mit der dazugehörigen Quaste prima nach einem Bad auf der Haut verteilen und soll sie so zum Strahlen bringen. Und sie duftet dann ganz zart nach Eau de Parfum. NATURSCHÖN Schon seit einiger Zeit suchen immer mehr Kunden nach 100 Prozent natürlichen, oftmals veganen Produkten. Dabei geht es nicht bloß um eine Lebenseinstellung, immer häufiger spielen Unverträglichkeiten eine Rolle. Nun gibt es schon reichlich Naturkosmetik auf dem Markt, eine Vielzahl an Zertifikaten will Vertrauen wecken. Julius Eulberg verzichtet auf solche Etiketten und verwendet einfach ausschließlich biodynamische Heilpflanzenextrakte. Alle Präparate seiner Marke Julisis basieren auf alchimistischem Wissen und folgen dem feinstofflichen Schwingungsprinzip homöopathischer Essenzen. Und das seit mehr als zehn Jahren. Unsere Haut ist unser größtes Organ. Warum also nicht Produkte verwenden, die ganzheitlich wirken? Tanja Bublitz 72 Geschäftsführerin der Parfümerie Brückner in München Unwiderstehlich. NEU im Han del Der Weltstar unter den Fashionmagazinen. Jetzt monatlich. HARPERSBAZAAR.DE PSS D i e SS t ! Neu Männ ling ere Der Barbier aus Parma Der alten Rasierkunst verpflichtet fühlt sich das italienische Traditionshaus „Acqua di Parma“. Nicht nur in ihrer Boutique mitten in Mailand, in der die Italiener in einem schicken Separee noch einen Barbier beschäftigen. Für alle Männer, die es nicht in die Via Gesù 1 schaffen: Es gibt nun eine komplette Rasur- und Pflegelinie, zum Beispiel bei Ludwig Beck in München. Besonders empfehlenswert: das Rasieröl. Wenige Tropfen genügen, um die Haut schon während der Rasur zu pflegen. Bart Murdock Der Prophet ist noch nicht erreicht. Seit knapp zwei Jahren tragen Männer mehr und mehr Bart. Okay. Doch bitte: Er sollte gepflegt werden. Darauf hat sich „Murdock London“ spezialisiert. 2006 als klassischer Barbershop in London gegründet, werden mittlerweile auch eigene Produkte in England angefertigt. Wie der „Beard Moisturizer“, der das Haar mit Aloe vera und Menthol erfrischt. Über murdocklondon.com Stil am Stiel Warum nicht Hightech mit Tradition verbinden? Dachte sich auch die Familien-Manufaktur Mühle aus dem Erzgebirge und schuf den „Mühle Edition No. 1“. Die Silberspitz-Borsten (übrigens: je heller die Spitzen, desto besser die Qualität) stammen vom Dachs, der Griff ist aus Karbon. Das „echt“ gute Stücke wird nur auf Bestellung angefertigt. Schaumschläger Gleichberechtigung Ja, Frauen mögen gepflegte Männerhaut. Und da auch die sich von der weiblichen unterscheidet (sie ist dicker, öliger, enthält mehr Schweißdrüsen), braucht sie eine andere Pflege. Klar. Clinique hat seiner bereits bewährten Männerlinie „Clinique for men“ weitergearbeitet, sie um drei Produkte erweitert und nun für jeden Hauttyp etwas im Programm. So wie Frauen es kennen. Männer, die sich den Rasierschaum selbst anrühren? Oh ja, das hat Stil (einstimmige Meinung der weiblichen Redaktionsmitglieder). Probieren Sie doch mal die „Windsor Shaving Cream“ (duftet nach Zitrus, Vetiver, schwarzem Pfeffer) von D. R. Harris aus. Der Hoflieferant, 200 Jahre alt und mit Stammhaus in der Londoner St. James’s Street, weiß, wie es geht. Über muehle-shaving.com Zum Knutschen Schon Ernest Hemingway konnte einem guten Mojito nicht widerstehen. Sein Credo: „Done by noon, drunk by three“. Aber warum den Cocktail aus Rum, Minze und Limette nur trinken? Bei Malin+Goetz, einer kleinen, 2004 in New York gegründeten Kosmetikmarke mit eigenem Shop in Chelsea, gibt’s einen (farblosen) pflegenden Lipbalm, der nach dem Cocktail schmeckt ... auch für Frauen (malinandgoetz.com) 74 Unterwegs mal schnell mit dem Lieblingsduft einsprühen? Doch worin sollte Mann einen Flakon mit sich herumschleppen? Chanel schafft Abhilfe mit dem praktischen Taschenzerstäuber. Nicht nur die metallische Hülle des Mini-Flakons (20 ml) überzeugt, sondern auch der Inhalt von „Allure Homme Sport Eau Extrême“ . ZUSAMMENGESTELLT VON CAROLINE BÖRGER Für die Hosentasche Es ist warm in der Hauptstadt. Ungewöhnlich für einen Januartag. Ebenso ungewöhnlich ist auch das Loft-ähnliche Apartment in Kreuzberg, in dem Geza Schön lebt und arbeitet. Ein Glaskubus, aufgesetzt auf einen schlichten 60er-Jahre Bau. Der Rundum-Blick über Berlin ist beeindruckend. Aber noch interessanter ist die Wirkungsstätte des Alchimisten: das Labor. Wenige Quadratmeter groß, im hinteren Teil des Lofts gelegen, beherbergt es einen winzigen Schreibtisch, auf dem Präzisionswaage, Bechergläser, Pipetten stehen. Auf dem ISO E Super. Für den Steidl Verlag entwickelte er 2012 mit „Paper Passion“ ein Parfüm, das den Duft von Büchern nachempfinden soll. Ein Luxus, den sich der 44-Jährige mittlerweile herausnehmen kann, denn seit mehr als zehn Jahren arbeitet er als freier Parfümeur. Nach dem Abitur in Kassel hatte er das Handwerk zunächst bei Haarmann & Reimer in Holzminden (heute Symrise) erlernt und blieb dort zwölf Jahre fest angestellt. Was die Norm ist in der Branche, in der es weltweit nur knapp 400 professionell ausgebildete Par- Biosthétique-Duft entwickelt. Und da gibt es natürlich nicht viele, die in der Liga von Geza Schön spielen.“ Ob beide Seiten, der kreative Freigeist Schön, im T-Shirt und mit lässigem Dreitagebart, und der visionäre Geschäftsmann im korrekten Anzug Weiser, überhaupt zusammenpassen würden, fanden sie schnell heraus: Zum „Beschnuppern“ organisierte der Alchimist einen Riech-Workshop. Die Chemie stimmte offenbar, denn beide sitzen nun am großen Tisch im Loft und halten knapp zwölf Monate nach ihrem ersten Treffen das Resultat in der Hand: die überarbeitete Haarpflegeserie HAARE „Cheveux Longs“, bestehend aus acht Produkten, die nun „Schön“ duftet. Alles in allem eine ungewöhnlich Herangehensweise. Denn welcher StarParfümeur verleiht schon Ein Shampoo riecht, nun, wie Shampoo? Zu langweilig, befand einem Shampoo eine eigene Note? In Großkonder Kosmetikhersteller La Biosthétique und wandte sich an den zernen geht es eher wie in Parfümeur Geza Schön. Caroline Börger traf den Alchimisten einer Legebatterie zu: Ein Parfümeur „beduftet“ und seinen Auftraggeber Jean-Marc Weiser im Atelier zehn Shampoos gleichzeitig – für unterschiedliche Firmen. Zeit und Muße? Fehlanzeige. Freiheit in der Wahl kostbarer Duftstoffe? Unmöglich, man muss auf die Kosten achten. Geza Schön musste keine Kompromisse eingehen. „Natürlich kann ich einen Shampoo-Duft für ein Fünftel des Geldes finden, aber das ist anstrengend. Ich müsste tricksen und am Schluss riecht es wie alle anderen.“ Es seien nämlich immer dieselben Akkorde, die Sauberkeit assoziieren, meist starke Grünoder Fruchtnoten. Schön wählte einen holzigen Moschus-Fond, eine Zutat aus Das passt: Zum Relaunch der Pflegeserie „Cheveaux der FeinparfüLongs“ spendierte La Biosthétique einen neuen merie. Er Duft. Parfumeur Geza Schön durfte ihn kreieren, nimmt die seine Auftraggeber Jean-Marc Weiser und Bruder Shampoo-FlaFelix sind zufrieden (ganz rechts) sche, schnuppert und an der Wand verschraubten Holzleisten reischwelgt in hen sich knapp tausend weiße Fläschchen, in der Komposidenen sich seine Arbeitsmaterialien verbertion: „Da ist gen. Die Rohstoffe. Schätze wie ein Rosenein bisschen oder Iris-Absolue stehen neben den alltägliJasmin- und Osmanthus-Absolue drin. Etchen Ingredienzen und weniger kostbaren. was Magnolienblütenöl in der Kopfnote, „Platz brauche ich bloß für möglichst viele das gemeinsam mit den frischen, fruchtiStoffe. Nicht zum Mischen. Im Nachhinein fümeure gibt. Doch Schön wollte gen Aspekten eine sehr eingenständige würde ich das Labor sogar noch kleiner ma- irgendwann nur seiner eigenen Note ergibt.“ Weiser ist mit dem feinen chen“, quittiert Schön den erstaunten Blick Nase folgen. Und genau nach so eiund modernen Duft mehr als zufrieden. auf den kleinen Arbeitstisch. Und nein, er ver- nem suchte Jean-Marc Weiser, „Er wird uns die nächsten Jahre tragen.“ bringt nicht alle Tage dort. „Dafür stinkt es CEO im familiengeführten KosDas nun ausgerechnet die gerade erst techhier drinnen viel zu sehr“, erklärt er lachend. metikunternehmen La Biosthétnisch überarbeitete „Cheveux Longs“-PfleAls einzige Tageslichtquelle und natürlich ique, das sein Vater Siegfried 2006 geserie für langes Haar (oder für jene Haazum Lüften dient ihm eine Dachluke. Will er von den Erben des Gründers Marre, die schneller wachsen sollen) mit dem an seinen Rezepturen schnuppern, geht er auf cel Contier gekauft hatte, nachdem neuen Signature-Duft ausgestattet wurde, er in den Jahrzehnten davor schon den Flur. Ganz unprätentiös. ist kein Zufall. Denn, klar, „gerade langes Überhaupt: Geza Schön ist bekannt für seine der Lizenzinhaber für den deutschen Markt Haar trägt den Duft eines Produktes viel inexzentrischen Parfüms, die nichts mit dem war. „Wir suchten einen freien Parfümeur, der tensiver und lang anhaltender als kurzes“, erMassenmarkt gemein haben. Seine erfolg- einerseits unsere Produktpalette mit einem klärt Weiser. Gemeinsam haben die Männer reichste Eigenkreation „Molecule 01“ etwa be- einheitlichen Duft veredelt und andererseits noch eine ganze Menge vor. Bei knapp 350 unsteht nur aus einem einzigen Duftmolekül, mit uns gemeinsam eine DNA für einen La- terschiedlichen Produkten ... B FREDERIC FARRE/FIGAROPHOTO/LAIF; SANDRA LUDEWIG Durch die Nase ... 75 From Rome with love: Luis Garrel, das Gesicht der Valentino-Uomo-Kampagne. Unten: Olivier Polge ist der Parfümeur des neuen Valentino Duftes MÄNNER gibt es den Auftraggeber Valentino und die Kreateure von IFF, der International Fragrance Foundation, meinem Arbeitgeber. Dazwischen vermittelt die Firma Puig, also die Distributeure. Das hat nichts Träumerisches, sondern ist sehr sachlich und real. Mein Briefing kam von allen dreien: Man zeigte mir zunächst Bilder italienischer Schauspieler aus den 50er-Jahren, Filmausschnitte mit Marcello Mastroianni, Typen wie aus „La dolce vita“. Es ging um das Flair jener Männer, die stets exzellent gekleidet waren und beste Manieren hatten. VA L EN TIN O V Mitglieder der Glitterati-Szene Venedigs – Künstler, amerikanische Expatriats, Filmschaffende – hätten sich entleibt, wären sie nicht zum glamourösesten und wichtigsten Ball des Jahres, dem „Ballo Volpi“, eingeladen worden. Tempi passati. Heute leiden Mode-Journalisten, werden sie nicht zu den Schauen von Valentino eingeladen. Die Tickets gelten als „so hot“, weil die Kollektionen der letzten Saisons das Unmögliche schafften: Sie rührten sogar abgebrühte Fashionistas zu echten Tränen (wie uns die Valentino-Pressedame bei allen Schutzheiligen Venedigs versichert). Der erste Ballo Volpi wurde 1932 vom Gründer des ältesten Filmfests der Welt in Venedig, Conte Giuseppe Volpi di Misurata, ins Leben gerufen und tanzte in den 1980ern ins Aus. Nun ließ ausgerechnet ein Römer das rituelle Gesellschaftsspektakel wieder aufleben. Statt der Lorens, Capotes und Guggenheims traten Keira Knightley und Diane Kruger auf Einladung von Valentino ins Blitzlichtgewitter. Der Ball war Bühne für den wohl aufwendigsten Parfüm-Launch der letzten Jahre: den Herrenduft „Valentino Uomo“. Testimonial ist der französische Schauspieler Louis Garrel („The Dreamer“), der in den Anzeigenkampagnen einen eskapistischen Aristokraten gibt, der Rom bei Nacht erobert. La dolce vita 2014. Die Kreativdirektoren von Valentino, Maria Grazia Chiuri und Pierpaolo Piccioli, die die Marke zu neuer Coolness hochgejazzt haben, holten sich einen der besten Parfümeure, um auch dem Duft zur Mode zum Höhenflug zu verhelfen: Olivier Polge. Der Sohn der ChanelParfümeur-Legende Jacques Polge hat unendlich viele Best- und Longseller geschaffen, etwa für Armani, Dolce & Gabbana, Balenciaga, Bulgari, Burberry, Yves Saint Laurent, Jimmy Choo. Uschka Pittroff traf ihn auf der Tanzfläche beim Ballo Volpi und am Morgen danach im Garten des schönen Hotels „Cipriani“. 76 Herr Polge, mit „Valentino Uomo“ haben Sie ein Parfüm entwickelt, das dem gängigen Frische-Trend bei den Herrendüften komplett zuwiderläuft. Wie kommt’s? Oh ja, das stimmt. (lächelt verschwörerisch) Im Rausch der Nacht Wenn die Valentinos zum Ball bitten, dann darf man sich betören lassen. Vom Ort. Vom Tanz. Vom Duft Es ist opulent, ein großer Auftritt. Warum? Der Trend geht eindeutig zu diesen sportiven, frischen Düften. Aber italienische Männer mögen holzige Nuancen. Und ich glaube, es gibt auf der Welt Raum für ein neues Duftpotenzial. Ich wollte ein spezifisches Statement setzen und nicht mit der Masse gehen. Täuschen wir uns oder hat Ihre Kreation auch etwas durchaus Feminines, eine süße Beinote? Sie sind nicht die erste Frau, die mir das sagt. Und viele Frauen sind ganz wild darauf, weil sie gerne Herrendüfte tragen. Aber warum soll eine süße, schokoladige Note nicht zu einem handfesten Herrenduft passen? Welchen Typ Mann hatten Sie im Sinn, als Sie sich an die Arbeit machten? Meine Arbeit ist bei Weitem nicht so romantisch, wie man sich das vorstellt. Ich bin kein freischaffender Parfümkünstler, der schnüffelnd durch Paris flaniert auf der Suche nach Inspirationen. Ich habe einen Bürojob wie ein Buchhalter oder Architekt und bekomme konkrete Aufträge. Man muss den Mechanismus verstehen, wie so ein Parfüm entsteht. Da Das klingt sehr „retro“, was auch so ein zeitgenössischer Trend ist. Der Flakon aber bezieht sich auf die letzten, sehr erfolgreichen Valentino-Kollektionen mit ikonografischem NietenDesign, eher cool als klassisch. Ich habe das eher konzeptionell gesehen, als eine Art Evolution, sowohl inhaltlich von der Story her als auch visuell. Das klingt sehr abstrakt. Im Mittelpunkt der Valentino-Parfümstory steht Rom, eine Stadt, die Gestern und Heute verschmilzt. Es geht also darum, die Idee oder ein Konzept von etwas olfaktorisch umzusetzen. Nehmen Sie meine Heimat Paris. Ich könnte dort nie den Duft der Stadt einfangen, weil bereits morgens eine so hohe Luftverschmutzung herrscht, dass die Stadt nicht nach Magie riecht, sondern stinkt. Ich aber versuche, einen magischen Geist zu schaffen, der in eine Parfümflasche kommt. Ein Parfümeur kann Originaldüfte wie beispielsweise die von bestimmten Blumen nicht nachmachen. Er arbeitet nicht so. Den exakten Duft eines bestimmten Ortes nachzubauen – das ist unmöglich. Statt zu reproduzieren, arbeite ich mit Versatzstücken, also Duftbausteinen wie Patschuli oder Iris, um mich der Inspiration zu nähern. Dauert so etwas lange? Ja, in diesem Fall zwei Jahre. Wo liegt Ihre Herausforderung? Darin, dass es viel zu viele Parfüms gibt. Und dass der Mensch dazu tendiert, nur zu mögen, was er bereits kennt. Für meinen Geschmack gibt es viel zu wenig Innovatives. Sie arbeiten also konzeptionell? Aber nein, Intuition ist alles! Keine Sache der Chemie? Wenn wir vom technischen Aspekt ausgehen: Man kann Duftkomponenten nicht manipulieren. Man kann die Stärke von Patschuli nicht minimieren, wenn man sie zum Beispiel mit zarter Iris kombinieren möchte. Funktioniert Parfüm kreieren so wie die Liebe? Versuch und Irrtum? Ja. Es gibt keine Regeln. Jedes Parfüm hat seine eigene, ihm innewohnende Logik. Man startet bei jedem neuen Duft immer wieder bei null. Man hat, sagen wir, 200 Ingredienzen, aber wie die unterschiedlichen Elemente miteinander reagieren, ist nicht planbar. Alles, was man tun kann, ist zu versuchen, immer wieder ein neues Level zu erreichen. INTERVIEW Nicolas Ghesquière ist nicht mehr da, er hat das Haus Balenciaga verlassen, ist jetzt gewissermaßen Chefeinrichter im Maison Louis Vuitton. Doch der Garten, den er angelegt hat im Jahr bevor er ging, ist noch da. „Florabotanica“ hieß das Parfüm, das er dort wachsen ließ. „Mit dem Duft wollte ich das Paradoxon des Schlichten und gleichzeitig Mysteriösen tiefer ergründen“, schrieb er. Und weiter: „Vor einigen Jahren habe ich die ‚Floral Collection‘ geschaffen. Diese Kleider waren mit Blumen bedruckt, aber diese Blumen waren weder charmant noch romantisch. Sie verliehen der Silhouette ihre Struktur. Ich wollte, dass die Blumen in diesem Duft die gleiche Idee verkörpern.“ Nun blühen in seinem alten Garten Rosenstöcke. Wieder haben die Meisterparfümeure Olivier Polge und Jean-Christoph Hérault sie geerntet und ein neues Elixier namens „Rosabotanica“ gezaubert. Geblieben ist auch Kristen Stewart, der Garten scheint ihr zu gefallen. Und vor allem umgekehrt. Sie ist eine magische Person, das kann man so sagen. Sie hat eine erstaunliche Aura für eine 23-Jährige und wirkt nur auf den ersten Blick verzickt. Sie hat durchaus etwas von der Bella in der „Twighlight“-Saga, die sie weltberühmt machte, auch wenn sie bereits mit acht Jahren in einem Disney-Film auftrat oder in David Finchers „Panic Room“ das Gruseln lehrte. Sie ist schmal, zart, blass und zugleich enorm präsent und anmutig. „Ich war sofort von ihr begeistert, als wir uns vor einigen Jahren kennenlernten“, schwärmte denn auch Nicolas Ghesquière, der eine ähnliche öffentliche Zurückhaltung schätzt wie die Schauspielerin. Er habe sie nicht vergessen können, und als es darum ging, die richtige Werbefigur für einen Balenciaga-Duft zu finden, fiel die Wahl direkt aus: „Sie ist die perfekte Verkörperung einer ganz speziellen Idee von Balenciaga: Schönheit ist sowohl rein als auch unkontrollierbar.“ Ihre Kraft scheint nach innen gekehrt. Dort gibt es etwas zu holen. Talent. Aber auch überlegte Antworten zum Beispiel. Nun wurde es Zeit, über Rosen zu sprechen. Selbst am Telefon ist sie mit ihrer leisen Stimme fast irritierend präsent. eingerichtet. Ich habe es seit drei Jahren, will es aber langsam angehen, nur die Dinge zusammentragen, die mir etwas bedeuten. Die eine Geschichte haben für mich. Ich habe keinen exklusiven Geschmack und kann mir schlecht vorstellen, in ein Geschäft zu gehen mit der Überlegung: ‚Huh, ich muss mein Wohnzimmer dekorieren.‘ Oder etwas finden zu müssen. Ich habe gern mein Zeugs um mich, nichts Fremdes. Wesentlich ist ein schönes Bücherregal mit meinen Büchern, das ist toll. Wahrscheinlich sieht das Haus aus wie ich. Wenn Sie durchgehen, erkennen Sie mich überall. CRAIG MCDEAN B Lassen Sie uns über Geheimnisse sprechen. Haben Sie einen Ort, an dem Sie sich verstecken? Wenn ich sehr viel unterwegs war bei Dreharbeiten und in der Welt, bin ich sehr, sehr glücklich, wenn ich in mein kleines Haus in Los Angeles zurückkehren kann. Haben Sie es selbst eingerichtet? Ja. Und nein. Denn es ist noch nicht so viel Welt. Aber zu Hause mag ich nur Kunst haben von Menschen, die mir nahestehen. Ich habe einige Skulpturen und Bilder von Freunden und Verwandten, ich brauche den persönlichen Bezug. Mag alles, was Emotionen auslöst. Rosen, die eine wichtige Rolle im neuen Duft spielen, sind bekanntlich sehr schön, haben aber auch Dornen. Würden Sie sich damit vergleichen? Ich hätte nichts dagegen. Auch mit der stacheligen Seite? Ich will sicher nicht, dass Leute mich nicht ertragen können. Aber ich habe einen starken Sinn für Schutz, ich behalte gern die Kontrolle darüber, was ich an mich heranlasse. Manchmal wäre es ganz hilfreich, Dornen zu haben. Die Rose ist ein schönes Symbol. Sie ist nicht nur lieblich, sondern auch dunkel. Die wilde Rose Sie gilt als der Punk unter den jungen Hollywoodschauspielerinnen. Man sollte das nicht falsch verstehen. Kristen Stewart ist nur kein Darling-Girl. Sie hat Stil, aber umsurft die Glamour- Gesetze der Branche klug und eigensinnig. Auch deswegen ist sie die Werbefigur für Balenciaga. Das ist ja auch keine Mainstream-Marke Das heißt, es ist jung, smart und distanziert? Und ein Raum High Fashion, der andere ganz Kalifornien-leger? So ähnlich. Ich habe zwei Zimmer, die direkt nebeneinanderliegen. Das eine ist für die Businessfrau, das andere für, nun ja, meine kindliche Seite. Wie ist es mit Blumen? Wahrscheinlich bekommen Sie ständig riesige Rosen-Bouquets von Verehrern? (Kehliges Lachen) ... Haben Sie gern Blumen im Haus? Nicht wirklich, denn ich habe ganz und gar keinen grünen Daumen. Bin damit gar nicht aufgewachsen. Wenn Leute mir Blumen schenken, dann denke ich: wie nett. Aber ich verstehe nicht, was es soll. Unangenehm ist es, wenn sie nicht meinen Geschmack treffen. Was mache ich dann damit? Sind Sie eher an Kunst interessiert? Sammeln Sie etwas? Ich gehe sehr gern in Museen überall auf der Balenciaga mied Öffentlichkeit. Er war nicht schüchtern, aber wollte es einfach nicht. Oh, ich wünschte, heute würden die Leute Künstlern erlauben, einfach nur ihr Ding zu machen. Zu leichtfertig werden einem Etiketten aufgeklebt. Fans ruinieren sich manchmal geradezu selbst, wenn sie keine Geheimnisse mehr zulassen. Kann das Scheinwerferlicht zu heiß werden, die Rose verbrennen? Man muss die Balance finden, den Schatten. Ich bin Perfektionistin, wenn es um meine Arbeit geht, besonders in emotionaler Hinsicht. Ich würde nie schlafen, wenn nötig. In einem künstlerischen Beruf geht es darum, Energie aus sich herauszudrücken, wie aus einem Schwamm. Aber das zieht auch die Kraft. Man muss selbst entscheiden, wie viel man abgeben kann. Ich habe Glück, ich sehe meine Arbeit nicht als Geschäft. Ich bin nicht so die Kapitalisiererin. IG Bouquet im Flakon: „Rosabotanica“ duftet nach einem Akkord von Rosen, Hyazinthen und Kardamom 77 MARKENGESCHICHTE Formvollendet: Der Modeschöpfer Jean Patou galt als Gentleman. Daneben: ein Kostüm des Franzosen von 1961 und ein Kleid von 1963. Ganz rechts: Der Designer mit sechs Mannequins auf einem Kreuzfahrtschiff 1924 Stern im Universum: Ein Werbeplakat für „Joy“ aus den 30er-Jahren, damals galt es als das kostbarste Parfüm aller Zeiten. Oben: ein Etikett des Couturiers Eaude an die Freude Wer kauft schon den Duft eines Couturiers? Ätzte einst Modeschöpfer Paul Poiret. Susanne Opalkas süffisante Antwort darauf: Neunzig Jahre nach seiner Vorstellung ist „Joy“ von Jean Patou noch immer die Nummer zwei weltweit! 78 J oy“! Dieses legendäre Parfüm von Jean Patou, das in seiner Originalformel in der Versailler Osmothèque, dem größten Archiv der Düfte, bewahrt wird, erzählt eine der erfolgreichsten Geschichten der Parfümbranche. Wobei ein großer Anteil an dem Hype zunächst wenig mit dem golden schimmernden Elixier selbst zu tun hatte. Ob Übersetzungs-„fehler“ oder gewollt eindeutige Interpretation, die provokante Werbeaussage „Das teuerste Parfüm der Welt“ machte „Joy“ berühmt. Dabei stammte es weder von Monsieur Patou selbst, noch war „le parfum le plus cher“ ursprünglich so eindimensional gemeint. Im Französischen ist es ein Wortspiel, was nicht nur „das teuerste“, sondern auch das „mir am teuersten“ bedeuten kann. Elsa Maxwell, die Urmutter der Boulevardjournalisten, die größte Klatschtante ihrer Zeit, heute würde man wohl Marketinggenie dazufügen, prägte die Aussage. Und so ist „Joy“ im Jahr 2014, fast ein Jahrhundert nach seiner Entstehung, nicht nur der Urkomposition wieder ähnlicher, sondern noch immer einer der beliebtesten Düfte der Welt. Ewige Nummer zwei in den Verkaufscharts, nach Chanel NO 5. Eine Konkurrenz, die schon die Modeschöpfer Jean Patou und Coco Chanel selbst zeitlebens intensiv pflegten. Der perfekte Gentleman Patou stand dabei immer im Schatten von Coco Chanel, obwohl er „in der Vielfalt – von Sportmode, Tageskleidung und glamourösen Roben – und der Mannigfaltigkeit der Schnitte kreativer war als Gabrielle Chanel“, so Ingrid Loschek in ihrem Lexikon „Modedesigner“. Wer weiß, wo die Mode von Jean Patou (1987 musste das Couturehaus endgültig schließen) heute stünde, wäre er nicht 1936, im Alter von 56 Jahren einem Herzversagen erlegen. Unter Umständen oder aus Gründen, die bis heute nicht eindeutig sind. 1880 geboren, hatte Patou 1912 das Damenund Pelzmodengeschäft „Parry“ in Paris eröffnet. Er war erblich vorbelastet: Sein Vater war Ledergerber, sein Onkel besaß ein Pelzgeschäft. Seine erste Kollektion, in der er unter anderem ein Smoking-Kostüm vorstellte, wurde komplett von einem New Yorker Einkäufer aufgekauft. Der Erste Weltkrieg beendete die Ambition. „Der eleganteste Mann Europas“, wie ihn die amerikanische Presse nannte, einer der feinsinnigsten Männer seiner Zeit, wurde einberufen und diente als Hauptmann der Zuaven, einer Eliteeinheit fort: Er ließ 250 Proben herstellen und an die prominentesten amerikanischen Frauen und Kundinnen verschicken. Eine Aktion, um den finanziell gebeutelten Freunden in schweren Zeiten ein wenig Freude, „Joy“, zu schenken. Kaum waren die Flakons in den USA angekommen, gingen die Nachbestellungen ein, und Elsa Maxwell prägte 1930 den berühmten Verkaufsslogan „the costliest perfume in the world“. Was damals 40 Dollar für eine Unze Parfüm bedeutete. Ein Preis, den bis dahin niemand gewagt hatte für einen „Over-TheCounter“-Duft zu verlangen. Der Rest ist Parfümgeschichte. Und noch heute sind rund 10.000 Blüten Grandiflorum-Jasmin und 28 Dutzend der bulgarischen Damaszener Rose nötig, um eine Unze oder 30 ml herzustellen. Immer noch eins der kostspieligsten Konzentrate, die in der Haute Parfumerie verwendet werden. Auch wenn es nicht mehr der teuerste Duft auf dem Markt ist, selbst nicht im Baccarat-Flakon zu etwa 1200 Euro. 87 verschiedene Düfte hat das Haus in seiner Geschichte hervorgebracht, darunter die beiden anderen Ikonen „1000“ und „Sublime“ von Jean Kerléo, der auf Henri Almèras folgte und von 1967 bis 1998 Haus-Parfümeur von Jean Patou war. In die Ära von P&G Prestige als Eigner und Jean-Michel Duriez als In-HousePerfumer (2001 bis 2011) fallen zwar einige herrliche Neuheiten wie „Sira des Indes“ und „EnJoy“, doch die Marke Jean Patou verlor an Aufmerksamkeit, an Glanz und Relevanz. 2011 gab es genau noch sechs Patou-Düfte auf dem Markt. Behutsam wollen nun die Besitzer von Designer Parfums Ltd. aus London (denen auch Worth und Scherrer gehören) mit dem Hausparfümeur Thomas Fontaine das legendäre Dufthaus wieder zu den Wurzeln führen. Als erste Aufgabe rekonstruierte und reformulierte Fontaine, der ein Schüler der Legende Kerléo ist, „Joy“, „1000“ und „Sublime“. Heute werden alle Düfte wieder in Frankreich hergestellt. Das Konzentrat wird in Grasse produziert, das Glas kommt von Verreries Brosse aus der Normandie, wo auch die Flakons gefüllt werden. Danach durfte Fontaine „Chaldée“ von 1927, „Eau de Patou“ von 76 und „Jean Patou pour Homme“ wiederbeleben. Für dieses Jahr sind drei weitere Lancierungen aus der schillernden Vergangenheit geplant. Noch ist geheim, welche es sein werden, aber „Le Sien“ und „L’Heure Attendue“ von 29 und 46 müssen bitte dabei sein! Thomas Fontaine, der sich von Geschichte, Musik (er ist auch Baritonsänger) und „Cuisine“ inspiriert fühlt, hat im vergangenen Herbst zudem eine neue Komposition vorgestellt: „Joy Forever“ – im ikonenhaften JeanPatou-Kristallflakon, 1930 entworfen von den Art-déco-Designern Louis Süe und André Mare. So bezaubernd sie ist – die „Patounade“ mit modernem Twist –, eigentlich wäre es nicht nötig gewesen. Die Freude an diesem großartigen Werk, das trotz Jasmin, Rose, Ylang Ylang und Tuberose niemals mit blumig zu beschreiben ist, währt ohnehin ewig: „Joy“ riecht einfach „zutiefst wundervoll“, wie es Parfümkritiker Luca Turin ausdrückt. Die Fragrance Foundation ehrte es 2000 als „Duft des Jahrhunderts“. Vor Chanel NO 5. Jean Patou hätte sicher eine Freudenträne vergossen, ganz Gentleman, natürlich dezent. „Joy Forever“ ist die neueste Kreation und duftet wie der Klassiker „Joy“ nach der „Patiounade“ Seiner Zeit voraus: Jean Patou beendete Jahre vor den anderen Couturehäusern die tiefe Taillierung der Abendkleider JEAN PATOU (6); GETTY IMAGES; PICTURE-ALLIANCE/UNITED ARCHIV/JEAN PATOU der Infanterie. Doch selbst die Jahre der Gräuel konnten seine Visionen, seine Leidenschaft, nicht zerstören. Und so eröffnete er bereits 1919 sein erstes Maison de Couture unter eigenem Namen in der Rue St Florentine. Viele Ideen, die man heute ausschließlich mit Chanel verbindet, stammen ebenso von Patou. Bereits 1921 stattete er die berühmte Tennisspielerin Suzanne Lenglen aus und entwarf einen skandalösen Dress für Wimbledon: einen weißen, erstmals nur die Knie bedeckenden Faltenrock, dazu einen ärmellosen Cardigan. So sportlich seine Tageskleidung aus Jumpern und Blusen, so raffiniert waren seine Abendroben mit kompliziertesten Stickereien. Patou war es, der die tiefe Taillierung der Abendkleider beendete und damit den anderen Couturiers rund drei Jahre zuvorkam. Ausgeprägt war ebenso sein Sinn für Werbung. Er war einer der Ersten, die ihre Initialen als Markenzeichen einsetzten, überall prangte sein JP. Er ließ Abteilungen für Reise und Sport in passendem Ambiente einrichten, „Coin des Sports“ genannt; es gab sogar eine Angel-Abteilung mit allem Zubehör. Mode als Lifestyle – lange bevor ein Ralph Lauren dies in Perfektion umsetzte. 1924 vervollständigte er sein Patou-Universum mit den ersten Düften. Er ließ drei verschiedene Essenzen komponieren, die als Ode an drei Frauentypen, an ihren Teint und ihr Haar zu verstehen waren: „Que Sais-Je?“ für Blondinen, „Amour Amour“ für Brünette und „Adieu Sagesse“ für Rothaarige. Eine Idee, die die Vermarktung entscheidend veränderte. Üblicherweise waren Düfte aus einem Modehaus nämlich nicht für den Verkauf gedacht, sondern als Geschenk, wurden als Aufmerksamkeit nur den besten Kundinnen überreicht. Paul Poiret, der wohl erfolgreichste Modeschöpfer jener Zeit, prägte 1911 den Ausspruch: „Wer kauft schon einen Duft eines Couturiers.“ Um später dann selbst mit „Parfums de Rosine“ als Begründer der „Designerdüfte“ gehandelt zu werden. Jean Patou wollte jedoch früh auch jene an seiner Welt teilhaben lassen, die sich keine Couture leisten konnten. So produzierte das Haus bereits sehr erfolgreich ein Öl, „Huile de Chaldée“, ein Bräunungsprodukt, das an „Ferien der Schönen und Reichen“ erinnern sollte. Sein warmer Duft, der sich erst in der Sonne entfaltete, wurde so populär, dass kurz darauf das „Eau de Chaldée“ auf den Markt kam. Bereits Mitte der 20er-Jahre gab es Patou-Puder, Patou-Lidschatten, -Seifen und -Lippenstifte, darunter der berühmte „Le Lift“, für den Cartier die luxuriöse Hülle gestaltete. Und dann, 1929 auf einer Tour in Grasse, kam Patou beim Parfümeur Henri Almèras eine Idee. Ausgerechnet als die Welt von der schwersten Wirtschaftskrise erschüttert wurde, der Börsencrash in den USA den französischen Modehäusern die besten Kunden raubte und auch das Haus Patou am Rande des Ruins stand, ließ er sich von einer Komposition aus den kostbarsten Rohmaterialien überhaupt begeistern. Auf Patous Ausruf „Wundervoll!“, soll Henri Almèras geschnaubt haben: „Natürlich ist es wundervoll, aber Sie können es nicht verkaufen, es ist zu teuer, der Preis ist unerschwinglich.“ Doch an Verkauf dachte Jean Patou ja auch gar nicht, zumindest nicht so- 79 Köchin, Kunsthistorikerin, Autorin: Charlotte Birnbaum widmet ihr viertes Kochbuch „Paulas Juwelen“ kulinarischen Streifzügen durch das Jahr (Verlag der Buchhandlung König) Charlottes Preziosen Wenn Charlotte Birnbaum übers Kochen schreibt und spricht, ist das jenseits von leichter, laber, Lafer. In „Paulas Juwelen“ schwingen Lord Byron und Marlene Dietrich den Löffel. Und Marcel Duchamp seine selbst kreierte Schokoladenmühle. Andreas Tölke ist begeistert. Wir baten Benno Kraehahn um 80 ein Foto und Christa Näher um Illustrationen Liebes deutsches Fernsehen – wir hätten da mal eine total verrückte Idee: Macht doch mal was mit Kochen. Live und mit tollen, jungen Meistern am Herd ... Okay, war nur ein Witz. Ganz anders gedacht fragen Sie sich bestimmt, warum ausgerechnet in ICON, so ungefähr der letzten rezeptfreien Zone in den deutschen Medien, eine Kochbuchautorin so viel Raum bekommt. Vor allem, wenn die durchschnittliche Verweildauer in deutschen Küchen unter 15 Minuten pro Tag liegt. Also gerade die Zeit, die man für das Karbonifizieren einer Tiefkühlpizza braucht. Aber Charlotte Birnbaum, 53, kreiert nicht einfach irgendwas zum Naschen. Ihre Bücher, besonders „Paulas Juwelen“, das aktuell erschienen ist, sind kleine, unterhaltsame Kunstwerke mit Tiefgang, allesamt wundervollst illustriert von der Künstlerin Christa Näher. So ist ein Aperçu von Dame Birnbaum wie Gerichte „erfunden“ werden: „Am 23. September 1950 besucht Contessa Amalia Nani Mocenigo ihr Stammlokal ,Harry’s Bar‘ in Venedig. Giuseppe Cipriani, Chef des Hauses, bringt der Gräfin, die einer strengen Diät wegen kaum etwas essen kann, hauchdünne Scheiben rohen Rinderfilets. Der Carpaccio war geboren“, schreibt Charlotte Birnbaum. „Was sind letztlich wichtigere kulturelle Erfindungen als diese, wie viele Gedichte oder Bilder haben der Menschheit genauso viel Freude gebracht?“, stellt sie sich und ihren Lesern die (rhetorische) Frage. Liebste Charlotte – solche Statements werden das Familienleben aber arg beanspruchen! Denn man muss wissen: Herr Birnbaum ist in der Kunstwelt einer der wichtigsten Vor- und Mitdenker. Daniel war eine Dekade Rektor der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Frankfurt am Main, er war 2009 Direktor der Biennale Venedig und ist aktuell Chef im Moderna Museet in Stockholm. Und die Gattin erdreistet sich zu fragen, ob Bilder Menschen so viel Freude gebracht haben wie ein simples Carpaccio. Come on! Essen jenseits von einfacher Nahrungsaufnahme kann durchaus überbewertet werden – oder, Frau Birnbaum? „Es geht um die Inszenierungen, die Freude bereiten und die sich in einem kulturellen Kontext entwickeln, aus dem sie sich bestenfalls befreien können, weil sie als Gericht einfach unschlagbar sind“, verteidigt sie die kunstvolle Lust am Essen. Und was sie einfach zum Umarmen sympathisch macht: Ihr Maßstab in den Büchern sind nicht die Köche! Es sind die „Meisteresser“ – so betitelt die Blonde aus Schweden Gourmets wie Peter Kubelka. Dieser Mann, Österreicher, Künstler, Filmemacher und außerdem gesegnet mit einem Leib zum Füllen, hat sich laut Charlotte: „... durch Speisekarten ganzer Regionen mit Neugier und großer Konsequenz durchgegessen.“ Eine fantastische Wortwahl, keine Frage. Hört sich an wie ein ungedopter Jan Ullrich nach der Tour-de-was-auch-immer. Endlich jemand, der sich um die kümmert, die am Tisch sitzen. Birnbaum zitiert Marcel Duchamp (das L ist der, der ein Pissoir kopfüber an die Wand gehängt zu Kunst machte): „Der Betrachter des Kunstwerks bringt mindestens die Hälfte selber mit.“ Vom Kunstwerk, meint er, und macht den Betrachter damit zum gleichwertigen Spiegel der eigenen Kreativität. Das findet eben auch Charlotte, die Kunstgeschichte studiert hat, wenn es um das Mahl der Luxusklasse geht. Und sie erlaubt sich mit dieser Haltung einen lebendigen Widerspruch: Die Köche sind jetzt plötzlich doch die Künstler. Doch Birnbaum löst diesen Widerspruch elegant, indem bei ihr die Köche eben Künstler sind, die zu Köchen werden, und nicht umgekehrt Köche, die zu Künstlern werden. Am eindrücklichsten deutlich wurde das beim Dinner zu ihrem zweiten Buch „Pasteten Pasteten Pasteten“. Auf einem Schloss nahe Frankfurt fand sich eine kunstbeflissene Gesellschaft ein. Die Tafel war lang, Charlotte Birnbaum in Yves-Saint-Laurent-Vintage gehüllt; sie erklärte begeistert, dass „im 18. Jahrhundert die Speisen an den Gästen vorbeigetragen wurden“. Die Gäste applaudierten bei den opulenten Kreationen und waren zu – excusez – vollgefressen, um zu probieren. Die Speisen wurden einfach entsorgt. Das allerdings war dann den Abend in Frankfurt nicht das eigentliche Thema. Es wurde gegessen, was auf den Tisch kam. Darunter waren Kreationen von Tobias Rehberger, der im gleichen Jahr für sein durchgeknalltes Café auf der Biennale mit einem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. Pausbäckig und fröhlich reichte der Künstler den Abend in Frankfurt Reh. Ein Schelm, wer Blödes dabei denkt. Inszenierung zählt. Es gab also nach dem Dinner ein Tischfeuerwerk, das auf ein Gemälde am Ende der Tafel übersprang. Das Bild ging in Flammen auf, entwickelte ein Feuerwerk, das in den Park übersprang und dort explodierte. Aber rückt das Gericht bei so viel Pipapo nicht sehr in den Hintergrund, Frau Birnbaum? „Warum? Weil es zu einem Teil einer Inszenierung wird?“, fragt sie zurück. Sie fragt das zwei Jahre nach dem Frankfurter Dinner in einer Küche in Berlin. Klassischer Altbau nahe Schloss Bellevue. Die gemeinsame Freundin präpariert das Abendessen für alle. Hunde toben, Kinder quieken und Charlotte Birnbaum verbreitet Angst. Also bei der Hausherrin, die sich kaum traut, in der Nähe einer solchen Foodista ein Salatblatt in die Hand zu nehmen. „Kochst du gerne, Charlotte?“ Eine späte, platte Frage, die aber gestellt werden muss. „Ich bin gerne in der Bibliothek und lese und recherchiere“, antwortet sie. Und lacht, hat das Kind der Freundin auf dem Schoß, das noch viel lauter lacht, weil der kleine Prinz die Lizenz zum Tatschen hat. Nämlich die Turmfrisur von Charlotte Birnbaum. Die hohen Haare, die so nostalgisch erscheinen, sind Markenzeichen der Schwedin. Charlotte beugt ihr Haupt vor dem Wonneproppen, und beide scheinen ein großes Vergnügen bei der Haarspalterei zu haben. Derweil die Hausherrin nach der ausweichenden Antwort deutlich entspannter kocht. Charlotte, wie meistens in einer Kreation ihrer Lieblingsdesignerin Hanna Willer aus Frankfurt, gesteht auf die Frage, ob sie denn alle Gerichte im Buch auch gekostet habe: „Das Eichhörnchen nicht.“ Nicht wegen kultureller Vorbehalte, dass in Europa etwa ein Stück Schwein auf dem Teller besser sei als eine Scheibe Golden Retriever, wie die amerikanische Psychologin Melanie Joy es formuliert. Diese Frage ist Charlotte eher schnuppe, es hat mit dem Eichhörnchen einfach nicht geklappt. „Bevor ich verseuchte Hühner aus Legebatterien auf dem Teller liegen lassen muss, würde ich eher zu Wild greifen“, sagt sie. Aber es geht nicht so sehr um aktuelle Ernährungsfragen, es geht um Spurensuchen und Poesie. Um Völlen und Fasten im Verlauf des Jahres, Sommergemüse und Winterspeck – Charlotte Birnbaum macht Essen lesbar. Rezepturen fangen mit Anekdoten wie: „Heute im Jahr 1908 wurde Simone de Beauvoir, die Schokolade liebte, geboren. Diese Torte ist für sie“, heißt es für den 9. Januar. Alfred Hitchcock bekommt gerade mal eine Leberwurst ab und Maria Callas nicht mal die. Von der Primadonna Assoluta findet sich ihr Gewichtsprotokoll mit den zugehörigen Rollen. Gioconda: 92 Kilo; Elisabetta: 64 Kilo. Auch das eine Geschichte des Essens. Die Mahlzeit steht nun übrigens auf dem Tisch. Ein leichter Salat mit warmem Ziegenkäse und dann Tagliatelle mit frisch gehobelter Trüffel. Charlotte ist begeistert, die Gastgeberin final tiefenentspannt. „Essen macht eben glücklich“, meint der Ehrengast aus Stockholm. Und nicht nur Essen, auch das Lesen von Geschichten darüber. Charlotte Birnbaums Bücher beweisen es. Kunst trifft Küche: „Paulas Juwelen“ wurde mit kleinen Zeichnungen von der Künstlerin Christa Näher verziert LONDON, England. Katharina Flohr, Kosmopolitin. Kleid mit Blumenapplikation: John Rocha. Hut mit Spitzendetail: Philip Treacy. Pumps: Valentino Vintage. Kette, Ring und Ohrstecker: Fabergé. Tochter Sophia Flohrin einem Blütenkleid und Hut von John Rocha. Kette und Ring: Fabergé. Gummistiefel: Hunter. Ledershopper: „Epi Neverfull“ von Louis Vuitton AROUND THE WORLD Von London bis Qamea – wir reisten in 80 Tagen um die Welt und trafen dabei auf Kosmopoliten, Extremsportler und Schauspieler. Und baten sie bei der Gelegenheit auch gleich, sich kurz umzuziehen Foto: Giovanni Zaccagnini / Produktion & Styling: Bernard Werkmeister, Assistenz: Juliane Kahl und Philipp Meichsner / Haare & Make-up: Helen Anderson, Jeffrey Paul, Lisa Matson, Louise Moon, Michaela Kireta, Renata Traupe, Tine Waldenfels / Mit Dank an gernreisen.de und hauser-exkursionen.de DELHI, Indien. Tikka Singh, „Head Representative" für Asien von LVMH. Sakko und Hose: Raghavendra Rathore. Sakko Knöpfe: eine Anfertigung von Cartier. Einstecktuch: Etro. Socken: Falke. Schuhe: Berluti. Unten links: Rushhour in Chandni Chowk. Unten rechts: Die Jama Masjid Moschee in Chandni Chowk 83 LOS ANGELES, Kalifornien. Robbie Rodgers, Fußballer bei LA Galaxy. Anzug: Brioni. Uhr: Junghans Max Bill. Schuhe: Nike. Kleines Bild oben: Paramount Studios in Hollywood. Darunter: Skyline von Los Angeles 84 LOS ANGELES, Kalifornien. Jaimie Alexander, Schauspielerin. Abendkleid mit Glasgoldapplikationen: Escada. Clutch aus Pythonleder: Bally KISUMU, Kenia. Auma Obama, Aktivistin und Halbschwester von Barack Obama. Kleid: Marina Rinaldi. Sonnenbrille: Prada OMAN. Matty Wainwright (links): Hoodie von Longo Cashmere. Badeshorts: Vilebrequin. Farrah Diba (Mitte): Shirt von DJ Dispensary. Shorts: American Outfitters. Brendon P. (rechts): T-Shirt von Senza Titolo 3 by 108 über desartistes. Sakko: Porsche Design. Badeshorts: Orlebar Brown. Brille: Prada. Oben: Impressionen aus dem Six Senses Zighy Bay Resort N 86 atürlich sind wir nicht die Ersten. Viele andere haben bereits vor uns auf einer Reise die Erde umkreist. Und doch fühlt es sich an wie eine Premiere. Schließlich gleicht kein Around-theworld-Trip dem anderen. Bei unserem werden weniger die Orte als vielmehr die Menschen, die dort leben, die Hauptrolle spielen. Unsere erste Station: London. Hier treffen wir Katharina Flohr, Managing und Creative Director des weltberühmten Juwelierunternehmens Fabergé, und ihre Tochter Sophia, stilecht zum Tee in einer georgianischen Stadtvilla mit knarrenden Dielen. Katharina Flohr ist gebürtige Münchnerin, in Kanada und Texas aufgewachsen, und hat lange Jahre für Modemagazine gearbeitet. Gerne würden wir Sie mitnehmen zu unserer nächsten Etappe. Indien, genauer gesagt: Delhi, Heimat von Tikka Singh. Was für eine Reizüberflutung – Menschen, Gerüche, Geräusche. Tikka Singh ist Head Representative für Asien von LVMH, der französischen Aktiengesellschaft, die die Mehrheitsrechte an über 60 verschiedenen Luxusmarken hält, und damit eine der wichtigsten Figuren in Indiens wachsender Mode- und Luxus-Industrie. Irgendwie passend, dass er aus einer alten Maharadscha-Familie stammt. „Den besten Blick über die Stadt hat man vom Chambers Club im ‚Taj Mahal Hotel‘ in der Mansingh Road“, verrät er uns. Nach dem Hin und Her zwischen den Zeitzonen sind wir in Oman ganz im Hier und Jetzt. Dort bietet das „Six Senses Zighy Bay“ ein DJ Retreat an. Von den weltberühmten DJs Matty Wainwright, Brendon P und Stephen Day lernen die Gäste, wie man richtig auflegt. Mitten in Afrika treffen wir eine promovierte Germanistin: Dr. Auma Obama, Halbschwester des US-Präsidenten, wurde in Nairobi geboren, studierte in Deutschland. Jetzt lebt sie wieder in Kenia und kümmert sich dort mit ihrer Stiftung „Sauti Kuu“ um die Förderung benachteiligter Kinder und Jugendlicher. Mit einem Ohrwurm landen wir in Amerika. „L.A. International Airport“ tönt es in unserem Kopf. Hier in Los Angeles treffen wir zuerst Schauspielerin Jaimie Alexander, zuletzt in „Thor – The Dark Kingdom“ zu sehen. Sie lässt den Stadttrubel gern hinter sich, um im Fryman Canyon in Studio City zu hiken. Vielleicht bleibt sie deswegen so unglaublich cool. Unglaublich gelassen, vor allem angesichts des Wirbels, der gerade um ihn tobt, bleibt auch Fußballer Robbie Rodgers. Der 26-Jährige hatte kürzlich sein Coming-out als schwu- ler Sport-Profi. Eigentlich wollte er seine Karriere beenden. Doch jetzt spielt er für LA Galaxy. Im November soll seine Autobiografie erscheinen. Sie heißt „Coming out to play“. Spielen, das wollen auch die Mitglieder einer Kindertanzgruppe, die wir nach elf Stunden Flug auf Qamea Island in Fidschi treffen. Einige von ihnen ziehen für unser Foto-Shooting zum ersten Mal in ihrem Leben Socken an. Sind wir jetzt am Ende der Welt angekommen? Oder ist das erst bei unserem nächsten Stopp, in Neuseeland? Hier ist die Heimat von Kylie Bax, Model und Schauspielerin. Sie lebt jetzt wieder da, wo sie aufgewachsen ist: auf einer Pferdefarm nahe Cambridge – das Grün, die Weite. Was einen Neuseeländer ausmacht, fragen wir: „Wir sind abenteuerlustig, sportlich und gern im Freien“, sagt sie. Ein Outdoor-Fan ist auch Ski-Profi Stian Hagen, den wir in seinem Heimatland Norwegen treffen. „Wenn ich nicht in Norwegen bin, vermisse ich außer meiner Familie und Freunden vor allem den frischen Fisch und Salz-Lakritze“, sagt er. Letzte Station unserer Reise: München, wo Spanierin Lucia Lacarra und Marlon Dino, in Albanien geboren, leben. Sie sind Balletttänzer an der Bayerischen Staatsoper. Rund 30 Nationen sind in der Kompanie vertreten. Das macht die Welt irgendwie sehr klein und sehr groß zugleich. Ischta Lehmann GLITTERTIND, Norwegen. Stian Hagen, Extremsportler. Jacke: Belstaff. Hose und Handschuhe: Arcteryx. Ski: Völkl. Helm, Brille und Ski-Bindung: Marker. Skischuhe: Dalbello. Skistöcke: Swix MÜNCHEN, Deutschland. Lucia Lacarra & Marlon Dino, Balletttänzer an der Bayerischen Staatsoper. Lucia: Kleid von Basler. Cuff: Robert Lee Morris Swarovski Elements. Ohrringe: Dublos Swarovski Elements. Marlon: Sakko von Etro. Hose und Schuhe: Giorgio Armani. Socken: Falke CAMBRIDGE, Neuseeland. Kylie Bax, Model und Schauspielerin. Jacke, Shorts, Schmuck und Schuhe: Chanel. Strumpfhose: Falke. Satteldecke: Hermès. Kleines Bild oben: Karekare Beach. Darunter: der Kurort Rotorua 87 Anzeige SONNTAG, 23. FEBRUAR 2014 Global Diary Erinnern Sie sich? An die Zeit, als man statt SMS und E-Mail noch Karten von fremden Orten schrieb? Wir tun es noch immer SHANGHAI Ausgeschlafen dank Bett in der Lufthansa-Maschine, in Shanghai gelandet und dann des Atems beraubt: Der Transrapid, hier Maglev genannt, saust mit 430 Stundenkilometern in die Stadt. Zum Luftholen ist die Zeit kurz, denn kaum gleiten im „Four Seasons Pudong“ auf Knopfdruck die Gardinen vorm bodentiefen Fenster zurück, stockt mir abermals der Atem. Wow! Das Panorama auf himmelstürmende Hochhäuser des Wirtschaftsviertels berauscht geradezu. Mittendrin die rotgoldene Riesenkugel des Oriental Pearl Towers, zur Linken ein Ausschnitt des World Financial Centers. Knapp dreimal so hoch wie das Luxushotel, kann man selbst vom verglasten Indoor-Pool im 50. Stock den Skywalk auf 474 Metern nicht ausmachen. Gern hätte ich mein Schwindelgefühl auf der Glasbrücke, zweithöchstes urbanes Viadukt der Welt, herausgefordert. Leider hüllt sie sich in Dunst. Also runter auf den Bund zum Sonnenuntergang. Zigtausend Chinesen wollen sich auch von der Promenade aus verewigen. Doch was sind schon Handyblitze im Lichtermeer? Prunkvoll leuchten die Kolonialbauwerke, jenseits des Huangpu glitzern die Wolkenkratzer, spiegelt sich im Wasser des Flusses. Da passt doch ein peppered Vodka wunderbar dazu. Der scharfe Drink ist Spezialität der trendy „Bar Rouge“ auf ihrer Aussichtsterrasse. Kampei Skyline! Mein Aufenthalt in Shanghai ist kurz, die Entscheidung fällt schwer: wohin? Die sogenannte Oldtown kann man vergessen – Massenrummel zwischen Nachbauten. Ich liebe die von Platanen gesäumten Seitenstraßen im Viertel French Concession. Domizile aus den 30er-Jahren, kaum Verkehr, kleine Geschäfte. Locals sitzen dort gern vor der Tür, schlürfen Suppe. Im Fuxing Park üben sie Tango. Als Kontrastprogramm nehme ich ein Taxi zur Moganshan Lu, kurz M 50. Auf dem ehemaligen Fabrikgelände haben sich vier Dutzend Galerien etabliert. In „ShanghArt“ treffe ich meinen Bekannten Lorenz Helbig. Der Schweizer war vor 20 Jahren in Shanghai der Erste, der es wagte, von der Regierung verpönte chinesische Modern Art auszustellen. Jetzt gehört er hier zu den führenden Kunsthändlern. Noch schnell ein Mitbringsel. „New Moma“ nebenan bietet eine Fülle von Keramiken. Ich erstehe einen handbemalten Porzellanbecher, durchsichtig wie Pergamentpapier. Ein breiter Schal passt auch noch in den Koffer. Eine Seite aus Tibet-Kaschmir, die andere aus Chinaseide. Gefunden bei „Annabelle Lee“ im Quartier Xintiandi. Genau das richtige Souvenir aus der Stadt des Glitzer und Glamours. Kiki Baron war schon zigmal in Shanghai. Diesmal ließ sie sich von „Windrose“ zum Kurztrip verführen 2014 IST IHR A-ROSA WOHLFÜHLJAHR. VERSCHÖNERN SIE SICH DIE KALTEN TAGE MIT EINER A-ROSA AUSZEIT: GRENZENLOSER FREIRAUM, HERRLICHE NATUR UND INSPIRIERENDE AUGENBLICKE GEBEN IHNEN FRISCHEN SCHWUNG FÜR IHR PERSÖNLICHES WOHLFÜHLJAHR. OFTERSCHWANG A-ROSA NEUJAHRSERWACHEN // z. B. im A-ROSA Sylt 2 Nächte im Doppelzimmer mit VitalFrühstück & A-ROSA Buffet am Abend • Freie Nutzung des SPA-ROSA + 1 Flasche Prosecco bei Anreise auf dem Zimmer + Täglich wechselndes regionales Genuss-Erlebnis am Nachmittag (14:30 bis 15:30 Uhr) • Nur buchbar zu ausgewählten Anreiseterminen bis März 2014, limitiertes Kontingent ab 218 € PRO PERSON IM DOPPELZIMMER Buchung auf www.a-rosa.de, im Reisebüro oder unter ILLUSTRATIONEN: TIM DINTER 040-69 63 52 33- 8 A-ROSA Resort und Hotel GmbH // Am Kaiserkai 69 // 20457 Hamburg In welchen der komfortablen Sessel lasse ich mich nur zuerst fallen? Bis ins kleinste Detail ebenso klar wie anheimelnd ist die Designsprache der Hoteldirektorin Anna-Maria Fäßler. Sanfte Farbgebungen, handgewebte Stoffe greifen alpines Dekor in vielfältiger Weise auf, Holz-, Stein- und Glaselemente bei gänzlicher Abwesenheit von Kitsch oder überladener Tradition. Selbst bei voller Auslastung der Suiten und Alpen-Chalets von immerhin 444 Betten findet jeder ein Plätzchen. Für ungestörte Kommunikation, zum Lesen und Hören auf der Bibliotheksgalerie. Als südliches Halbrund, gleichsam in respektvoller Distanz zum 5Sterne-„Sonnenalp“-Resort, gruppieren sich die Allgäuer Hochalpen mit Nebelhorn und Co. „Steigst Du nicht auf die Berge, so siehst Du auch nicht in die Ferne“. Das Wandtattoo, eines von vielen zum Nachsinnen im Hotel, steht im übertragenen Sinne für die Erfolgsgeschichte des Hauses. Das einst urtümliche Moorheilhotel wird über vier Fäßler-Generationen kontinuierlich ausgebaut. Heute genügt „Europas Golf Resort des Jahres 2010“ höchsten internationalen Ansprüchen. Exquisit das Spa-Angebot. Dampfstempel oder Samvahana, heilsame Alpenkräuter oder Fruchtöle – bis zu zwei Stunden kann eine einzige Anwendung in Anspruch nehmen wie etwa eine Shiseido Qi-Concept Face Ceremonie. Der Ausklang ist oft liegend im heißen Sand. Auch das Frühstücksbuffet sucht seinesgleichen. Ganz oben, nicht nur als Aussichtspunkt des weitläufigen Gebäudes, sondern auch in der gastronomischen Bewertung: Die „Silberdistel“, das Restaurant unter der Leitung von Küchenchef Kai Schneller, erhielt im November 2013 einen Michelinstern. Die Gerichte reicht der Schotten Brian McLaren, „Oberkellner des Jahres 2012“. Und nein, für kulinarische Erlebnisse im Waldhaus- oder Seehaus-Restaurant ist es nicht zwingend, die 18- oder 9-Loch„Leading Golf Courses of Germany“ zu bespielen. Jedoch ... Uta Petersen malt sich zu allzu gern aus, irgendwann ein eigenes Hotel zu eröffnen. www.strenesse.com Jetzt QR-Code scannen und Vorteil sichern! 1 2 3 4 5 6 7 8 DIE DOUBLE BAG VON PRADA In den Ateliers und Manufakturen werden weiterhin Handwerkskünste gepflegt, und wir schauen zu 90 2013 feierte Prada den 100. Geburtstag. Einstmals als „Fratelli Prada“, also „Gebrüder Prada“, gegründet, legt das italienische Label auch heute noch Wert auf die Kernkompetenz: die Herstellung von Luxuslederwaren. Handtaschen wie die „Double Bag“, eine leichte Henkeltasche mit zwei Fächern und Namensanhänger, gehören inzwischen zu den Klassikern. Wir schauten dabei zu, wie die Tasche entsteht, und zeigen die acht wichtigsten Schritte: 1. Die Lederstreifen für die Taschenhenkel werden mithilfe einer Schablone ausgeschnitten. In der Mitte muss das Leder verstärkt sein, damit 2. mit einer Zange die Henkel geformt werden können. 3. Anschließend werden die Henkel auf den Seitenwänden der Tasche festgenäht. Das Besondere der Double Bag: Außen ist sie aus fein gemasertem Saffianoleder, innen mit weichem Nappaleder gefüttert. Eine Kombination, die besonders hübsch in Kontrastfarben aussieht. 4. Kleine Lederdetails verstecken den Henkelansatz. 5. Im nächsten Schritt näht der Täschner die einzelnen Teile zusammen. Zunächst muss die Innentasche eingesetzt werden, danach können 6. die vier Seitenteile mit dem Boden verbunden und schließlich 7. aneinander befestigt werden. 8. Schließlich werden noch die lederbespannten Knöpfe sowie das Prada-Logo und der „Kofferanhänger“ angebracht – dann ist die Tasche fertig. Übrigens: Die Double Bag gibt es in 15 verschiedenen Farbvarianten. PRADA BAUPLAN Neuer Raum. Neuer Auftritt. Wir haben die Ideen. Möbel, Design & Dinge für ein schönes Zuhause. Jeden Tag neu ausgewählt. powered by www.iconist.de