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Bundeskartellamt 53113 Bonn Kaiser-Friedrich-Str. 16 4. BESCHLUSSABTEILUNG B 4 – 37203 – Kc – 1006/06 FÜR DIE VERÖFFENTLICHUNG BESTIMMT VERWALTUNGSVERFAHREN VERFÜGUNG GEMÄSS § 32 GWB BESCHLUSS ⎯ In dem Verwaltungsverfahren 1. Gesellschaft für Glasrecycling und Abfallvermeidung mbH, Deisenfangstraße 37 – 39 88212 Ravensburg - Verfahrensbevollmächtigte zu 1.: Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Ganghoferstraße 33 80339 München Rechtsanwälte Prof. Versteyl Uhlandstraße 161 10719 Berlin 2. Saint-Gobain Oberland AG Oberlandstraße 88410 Bad Wurzach 3. Saint-Gobain Kipfenberg GmbH Altmühlstraße 2 85110 Kipfenberg 4. Rexam Glass Germany GmbH Große Drakenburger Straße 132 31582 Nienburg 5. Gerresheimer Glas GmbH Benrather Straße 18 – 20 40213 Düsseldorf 6. Heye Holding GmbH Lohplatz 1 31683 Obernkirchen -2- -27. Bayerische Flaschen-Glashüttenwerke Wiegand & Söhne GmbH & Co. KG Otto-Wiegand-Straße 9 96361 Steinbach am Wald 8. Neue Glaswerke Großbreitenbach GmbH & Co. KG Am Katzstein 3 98701 Großbreitenbach 9. Weck Glas GmbH Alter Heerweg 2 53123 Bonn 10. Heinz Glas GmbH Hüttenring 3-7 98739 Piesau 11. Noelle + von Campe Glashütte GmbH Sollingstraße 14 37691 Boffzen 12. Thüringer Behälterglas GmbH Suhler Straße 60 98553 Schleusingen 13. P-D Industries GmbH Dresdner Straße 136 01705 Freital 14. Glaswerke Ernstthal GmbH Glaswerkstraße 29 98724 Lauscha OT Ernstthal - Verfahrensbevollmächtigte zu 2. – 14.: Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Ganghoferstraße 33 80339 München 15. BSN Glasspack Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH Heyestraße 178 40625 Düsseldorf 16. BSN Glasspack GmbH & Co. KG Heyestraße 178 40625 Düsseldorf - Verfahrensbevollmächtigte zu 15. – 16.: Rechtsanwälte Graf von Westphalen Salierring 42 50667 Köln - -3- -3zur Prüfung eines Verstoßes gegen § 1 GWB und Art. 81 EG hat die 4. Beschlussabteilung am 31. Mai 2007 beschlossen: 1. Der Gesellschaftsvertrag der Beteiligten zu 1. in der Fassung vom 3. März 2005, die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beteiligten zu 1. und die Beschlüsse des Beirates der Beteiligten zu 1. verstoßen gegen Art. 81 EG und § 1 GWB, soweit sie die gemeinsame Beschaffung von unaufbereitetem oder aufbereitetem Altglas (im Folgenden: "Altglas") durch die Beteiligten zu 2. – 16. zum Gegenstand haben. 2. Soweit sich die Vereinbarungen nicht auf Altglasmengen beziehen, die Gegenstand von Ausschreibungen der Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH "DSD"), Köln, vor dem 1. Januar 2006 waren, a) wird den Beteiligten zu 2. – 16. untersagt, direkt oder indirekt über die Beteiligte zu 1. oder auf andere Weise gemeinsam Altglas zu beschaffen, Vereinbarungen jeder Art über die Beschaffung von Altglas oder über die Aufbereitung von Altglas über die Beteiligte zu 1. oder auf andere Weise gemeinsam zu verhandeln, solche Vereinbarungen zu treffen oder bereits getroffene Vereinbarungen zu erfüllen, b) wird der Beteiligten zu 1. untersagt, direkt oder indirekt im eigenen Namen oder im Namen Dritter Altglas zu beschaffen oder zu vermitteln, Vereinbarungen jeder Art über die Beschaffung von Altglas oder über die Aufbereitung von Altglas zu verhandeln, solche Vereinbarungen zu treffen oder bereits getroffene Vereinbarungen zu erfüllen. 3. Die Gebühr der Entscheidung wird auf […] € festgesetzt. 4. Jede fahrlässige oder vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen die vollziehbaren Anordnungen zu 1. und 2. stellt eine mit Bußgeld bedrohte Ordnungswidrigkeit dar (§ 81 Abs. 2 Nr. 2 a GWB), die nach § 81 Abs. 4 GWB mit einer Geldbuße von bis zu einer Million €, bei Unternehmen darüber hinaus bis zu 10% des jeweils im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes geahndet werden kann. -4- -4GRÜNDE A. Sachverhalt I. Einführung 1. Altglas wird bereits seit den siebziger Jahren haushaltsnah gesammelt und zur Glasherstellung verwendet. Mit dem Inkrafttreten der VerpackV 1 wurde ein flächendeckendes System zur haushaltsnahen Sammlung von Verkaufsverpackungen durch die Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH ("DSD"), Köln, aufgebaut, das unter anderem auch Verpackungen aus Glas umfasst. Inzwischen gibt es neben DSD weitere Anbieter von haushaltsnahen Sammelsystemen. Verwertet wird Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung fast ausschließlich als Sekundärrohstoff bei der Herstellung von Behälterglas. 2. Altglas, dessen sich der Endverbraucher entledigt, ist Abfall i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG. Soweit es sich um Verkaufsverpackungen handelt, unterliegt es besonderen Rücknahmepflichten aus § 24 KrW-/AbfG in Verbindung mit der VerpackV. Aus der VerpackV ergibt sich die Pflicht, Verkaufsverpackungen aus Glas zu 75 % stofflich zu verwerten. 2 Über diese Quote hinaus sind Verkaufsverpackungen stofflich zu verwerten, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. 3 Abfälle zur Verwertung verlieren ihre Abfalleigenschaft, sobald ein Sekundärrohstoff aus ihnen gewonnen wurde. 4 Für den Bereich der Verwertung von Verkaufsverpackungen hat die Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Abfall ("LAGA") festgestellt, dass die Herstellung eines Materials mit definierten, reproduzierbaren Eigenschaften, das eine direkte Verarbeitung ohne weitere Aufbereitung ermöglicht, als Zuführung zur Verwertung anerkannt werden kann. Die Verwertung ist ausreichend dokumentiert, wenn die Abfälle bei einer Anlage angeliefert werden, in der ein Produkt hergestellt wird, das keiner weiteren abfallspezifischen Behandlung mehr bedarf. 5 1 2 3 4 5 Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 12. Juni 1991 (BGBl. I, 1234), nunmehr in der Fassung vom 21. August 1998 (BGBl I, 2379), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. Dezember 2005 (BGBl. I 2006, 2). Anhang I (zu § 6 VerpackV) Nr. 1 Abs. 2. Anhang I (zu § 6 VerpackV) Nr. 1 Abs. 4. Fluck/Fischer, in: Fluck, Kreislaufwirtschafts-, Abfall- und Bodenschutzrecht, 33. Erg.-Lfg. Dezember 2001, Rn. 99. Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 37, Stand 17. Januar 2006, Ziff. 1, abrufbar über www.laga-online.de. -5- -53. Gesammeltes Altglas kann nicht unmittelbar für die Herstellung verwendet werden, sondern es muss in speziellen Anlagen aufbereitet werden. 6 Vor der Aufbereitung handelt es sich um Abfall i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG, nach der Aufbereitung – der stofflichen Verwertung i.S.d. § 4 Abs. 2 Buchst. a KrW/AbfG – liegt ein Sekundärrohstoff vor, der nicht mehr den abfallrechtlichen Vorschriften unterliegt, soweit er für die Produktion von Neuglas eingesetzt wird. 4. Für die wirtschaftliche Betrachtung der betroffenen Märkte ist diese Unterscheidung nicht aussagekräftig. Insbesondere für die Frage der zutreffenden Marktabgrenzung kommt es nicht darauf an, ob ein Gut (noch) Abfall ist oder (schon) Sekundärrohstoff. Denn im Rahmen der Marktabgrenzung werden das Angebot an bzw. die Nachfrage nach Gütern untersucht, unabhängig davon, welchen Pflichten die Rechtsordnung sie im Übrigen unterwirft. Nur wenn es auf Grund gesetzgeberischer Eingriffe kein Angebot an bestimmten Gütern bzw. keine Nachfrage nach bestimmten Gütern gibt, liegt kein Markt, vor mit der Folge, dass bei der wirtschaftlichen Betrachtung allenfalls potenzielle Märke analysiert werden können. So stellt es sich in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt aber nicht dar. Denn es ist im Interesse des Umweltgesetzgebers, dass Abfälle zur Verwertung verkehrsfähige Güter sind. Wenn sich positive Marktpreise für Abfälle zur Verwertung bilden, ist durch die Marktprozesse sichergestellt, dass diese Abfälle effizient verwertet werden. Im Folgenden wird deshalb nicht danach differenziert, ob Altglas als Abfall i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG zu betrachten ist oder nicht. Der Begriff Altglas bezieht sich im Folgenden regelmäßig auf unaufbereitetes Altglas, der Begriff Sekundärrohstoff auf Altglas nach der Aufbereitung. II. Die Beteiligten 5. Die Gesellschaft für Glasrecycling und Abfallvermeidung ("GGA") mbH, Ravensburg, wurde 1993 von allen Behälterglasherstellern mit Sitz in Deutschland gegründet, um die in der haushaltsnahen Sammlung erfassten Verkaufsverpackungen aus Glas möglichst vollständig wieder zu verwerten. Gegenstand des Unternehmens ist die Übernahme von Aufgaben nach der 6 Zu den Einzelheiten vgl. unten C II 1 b). -6- -6Verpackungsverordnung, insbesondere Einkauf, Verkauf, Sammlung, Aufbereitung und Verteilung von gebrauchten Verkaufsverpackungen aus Glas sowie die Sicherstellung von deren Verwertung. 7 6. Nach wie vor sind alle in Deutschland tätigen Behälterglashersteller Gesellschafter der GGA. 8 Derzeit hat die GGA folgende Gesellschafterstruktur: Gesellschaft Saint Gobain Oberland AG Saint Gobain Kipfenberg GmbH BSN Glaspack Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH BSN Glaspack GmbH & Co. KG Rexam Glas Germany GmbH Gerresheimer Glas GmbH Heye Holding GmbH Bayerische FlaschenGlashüttenwerke Wiegand & Söhne GmbH & Co. KG Neue Glaswerke Großbreitenbach GmbH & Co. KG Weck Glas GmbH Heinz Glas GmbH Noelle u. von Campe Glashütte GmbH Thüringer Behälterglas GmbH P-D Industries GmbH Glaswerke Ernstthal GmbH 7. Konzernzugehörigkeit Sitz Saint Gobain Bad Wurzach Anteil 26,37 % Saint Gobain Kipfenberg 2,30 % OI-Europe Düsseldorf 17,91 % OI-Europe Düsseldorf 2,50 % Rexam, jetzt Ardagh Nienburg 17,20 % Gerresheimer Group Düsseldorf 11,04 % Ardagh Wiegand Obernkirchen Steinbach am Wald 9,76 % 4,72 % Wiegand Großbreitenbach 1,59 % Bonn Piesau Boffzen 1,91 % 1,60 % 1,24 % Schleusingen 0,91 % Freital Ernstthal 0,60 % 0,34 % Die GGA hat neben der Geschäftsführung und der Gesellschafterversammlung einen Beirat. Gesellschafterversammlung und Beirat entscheiden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit. 7 8 Gesellschaftsvertrag in der Fassung vom 3. März 2005, Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 11 ff. Vgl. Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 9. -7- -7III. Der rechtliche Rahmen 8. Die VerpackV verpflichtet Hersteller und Unternehmen, die Verkaufsverpackungen in Verkehr bringen, diese zurückzunehmen und einer Verwertung zuzuführen. 9 Verkaufsverpackungen sind Verpackungen, die als eine Verkaufseinheit angeboten werden und beim privaten Endverbraucher anfallen; 10 private Endverbraucher sind Haushaltungen und vergleichbare Anfallstellen, die in der VerpackV im Einzelnen definiert sind. 11 Die Verpflichtung zur Rücknahme und Verwertung von Verkaufsverpackungen entfällt, soweit sich die Verpflichteten einem System zur haushaltsnahen Sammlung gebrauchter Verkaufsverpackungen anschließen. 12 Die meisten Verpflichteten machen von der Möglichkeit Gebrauch, sich einem System zur haushaltsnahen Sammlung anzuschließen. IV. Gegenwärtige Tätigkeit der GGA 9. Die GGA schloss mit der DSD am 6. August 1993 einen Abnahme- und Garantievertrag. 13 Darin verpflichtete sich die DSD, der GGA das im Rahmen der haushaltsnahen Sammlung erfasste Altglas kostenlos zur Verfügung zu stellen ("Schnittstelle Null"). Die GGA verpflichtete sich im Gegenzug, eine den Anforderungen der VerpackV entsprechende Verwertung des Altglases sicherzustellen. Die Europäische Kommission sah in der Regelung der Schnittstelle Null einen Verstoß gegen Art. 81 EG, weil die von der DSD mit der Sammlung und dem Transport beauftragten Unternehmen zwar Eigentümer des Altglases wurden, sie aber an der eigenverantwortlichen Vermarktung des Altglases durch diese Bestimmung im Abnahme- und Garantievertrag und der entsprechenden Regelung in ihrem DSD-Vertrag gehindert wurden. 14 DSD verzichtete daraufhin auf die Schnittstelle Null und räumte den Auftragnehmern zum 1. Januar 1996 das Recht ein, zwischen der Eigenvermarktung, der modifizierten Eigenvermarktung und der Garantiegebervermarktung zu wählen. Die Entsorgungsunternehmen konnten nunmehr Altglas alleine (Eigenvermarktung) oder gemeinsam mit der GGA als Garantiegeberin (modifizierte Eigenvermarktung) vermarkten; sie konnten aber auch wie bisher 9 10 11 12 13 14 § 6 Abs. 1, 2 VerpackV. § 3 Abs. 1 Nr. 2 VerpackV. § 3 Abs. 11 S. 2 VerpackV. § 6 Abs. 3 S. 1 VerpackV. B 10 – 308/91, Bl. 106 ff. Entscheidung der Kommission vom 17. September 2001, ABl. L 319/1, Tz. 61. -8- -8das Altglas der GGA überlassen. 15 An dieser Wahlmöglichkeit hielt DSD auch in den im Jahr 2003 für den Zeitraum 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2006 ausgeschriebenen Verträge fest. In der Ausschreibung 2004 (Zeitraum 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2007) sah DSD nur noch die Eigenvermarktung des Altglases durch den Auftragnehmer vor. 10. Diese Änderungen hatten keinen wesentlichen Einfluss auf die Zuführung des Altglases zur Verwertung. Im Regelfall setzen die Auftragnehmer der DSD das von ihnen erfasste Altglas über die GGA zu einheitlichen Konditionen an die Behälterglashersteller ab. In der folgenden Darstellung des gemeinsamen Einkaufs der Behälterglashersteller wird deshalb nicht zwischen den genannten Vertragsperioden unterschieden. 1. Übernahme des Altglases aus der haushaltsnahen Sammlung 11. Die GGA kauft die im Auftrag dualer Systeme gesammelten Altglasmengen und vereinbart die Zuführung zu einer Aufbereitungsanlage. Sie schließt zu diesem Zweck mit den Unternehmen, die DSD mit der Altglassammlung beauftragt hat, gleichlautende Liefer- und Abnahmeverträge. 16 Soweit die Verträge der DSD, die im Jahr 2003 ausgeschrieben wurden, die Eigen-, die Garantiegeber- oder die modifizierte Garantiegebervermarktung vorsahen, knüpfte GGA daran an und schloss entsprechend bezeichnete Verträge mit den Entsorgern ab. Auch nachdem DSD in den im Jahr 2004 ausgeschriebenen Verträgen nur noch die Eigenvermarktung durch den Entsorger vorsah, kauften die Behälterglashersteller gemeinsam über die GGA Altglas ein und schlossen nicht etwa individuelle Verträge mit den von DSD mit der Altglaserfassung beauftragten Entsorgungsunternehmen. Lediglich die Bezeichnung dieses Vertrages wurde in Eigenvermarktung geändert. Inhaltlich unterscheiden sich die Verträge nicht. Insbesondere sind der Eigentumsübergang und die Vergütung in allen Verträgen gleich lautend geregelt. 12. Aus internen Unterlagen der GGA ergibt sich, dass es eine Eigenvermarktung in dem Sinn, dass Entsorger gesammeltes Altglas unabhängig von der GGA in individuellen Verträgen an Glashütten absetzten, praktisch nicht gab. Hinsichtlich der im Jahr 2004 für den Zeitraum 2005 bis 2007 von DSD ausgeschriebenen 219 Glaserfassungsverträge wurden in 208 Fällen die 15 16 Entscheidung der Kommission vom 17. September 2001, ABl. L 319/1, Tz. 48. Vgl. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 25 ff. -9- -9Mengen von der GGA "unter Vertrag" genommen, nur in 10 Gebieten wurde das Glas ohne Einschaltung der GGA vermarktet. 17 Selbst für diese 10 Gebiete versuchte die GGA, den Absatz der hier gesammelten Mengen an die Glashütten zu übernehmen. Es gelang ihr, die Zahl der Gebiete mit Eigenvermarktung schließlich auf sieben zu reduzieren, lediglich 30.000 t oder 3 % der Gesamtmenge von 1,1 Mio. t wurden von den Entsorgern nicht über die GGA vermarktet. Im Protokoll der Beiratssitzung vom 9. März 2005 18 heißt es wörtlich: "Punkt 3: DSD Ausschreibung 2005 – 2007 Die GGA hat von der DSD Ausschreibung 2005 bis 2007 rund 1,1 Mio. Tonnen wieder vertraglich an sich binden können. Zurzeit laufen Verhandlungen mit der Firma Alba um die Verträge für die Stadt Leipzig sowie drei Ost-Verträge auch noch unter Vertrag zu nehmen. Somit sind dann nur noch sieben Vertragsgebiete mit einer Tonnage von ca. 30.000 Tonnen als Eigenvermarkter übrig geblieben: 2 Gebiete sind bei der Firma Schirmbeck, 1 Gebiet liefert nach Österreich zur Vetropack, 1 nach Holland und 3 weitere Gebiete hat die Firma Alba zur Versorgung Heine genommen." 13. In den Liefer- und Abnahmeverträgen verkauft das Entsorgungsunternehmen die gesammelten Altglasmengen an die GGA und verschafft ihr das zivilrechtliche Eigentum daran. 19 Die GGA verpflichtet sich zur Übernahme der Mengen, entweder unmittelbar beim Entsorger im jeweiligen DSD- Vertragsgebiet oder an einer von der GGA benannten Ablieferstelle. 20 17 18 19 20 Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 9. März 2005, Anlagenordner Bl. 427. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 9. März 2005, Bl. 29. § 1 Liefer- und Abnahmevertrag. § 2 Liefer- und Abnahmevertrag. - 10 - - 10 a) Festlegung der Altglas-Aufbereitungsanlagen 14. Bei den Ablieferstellen handelt es sich um Unternehmen, die Altglas in speziellen Anlagen so aufbereiten, dass es bei der Produktion von Neuglas eingesetzt werden kann. Die Zuordnung von Sammelgebieten zu Aufbereitungsanlagen liegt nach Angaben der GGA weitgehend in der Hand der mit der Sammlung bzw. der Entsorgung beauftragten Unternehmen. Dies ergebe sich daraus, dass in ca. 60 % der Fälle die von DSD mit der Sammlung beauftragten Unternehmen auch über Aufbereitungsanlagen verfügten. Soweit dies nicht der Fall sei, ergäben sich die Lieferbeziehungen aus den Gegebenheiten des Entsorgers bzw. aus der Nachfrage der Glasindustrie. Die GGA strebe allerdings an, weite Frachtwege zu vermeiden, um die Vorlaufkosten zu minimieren. Die GGA versuche zur Senkung der Transportkosten Mengen in der Weise zu tauschen, dass die jeweiligen Aufbereitungsanlagen nach wie vor ausgelastet seien, die Entfernungen aber verkürzt würden. 21 15. Tatsächlich übt die GGA insbesondere im Hinblick auf Entsorgungsunternehmen, die größere Mengen Altglas erfassen und über eigene Altglasaufbereitungsanlagen verfügen, eine koordinierende Funktion aus. 22 In Gesprächen mit den Entsorgungsunternehmen steuert die GGA die Zuordnung der Mengen auf die Aufbereitungsanlagen. Im Protokoll der Beiratssitzung vom 14. September 2004 23 heißt es nach der Ausschreibung der Sammel- und Transportaufträge durch DSD: "Mit den Konzernen und Gruppierungen wurden Gespräche bereits aufgenommen. Hier liegt von RWE bzw. Rhenus/Rethmann die mündliche Zusage vor, weiterhin mit der GGA zusammenarbeiten zu wollen. Rhenus/Rethmann wurde in diesem Zusammenhang bereits im Vorfeld zugesagt ca. 450.000 Tonnen (Stand 2003 abzüglich des Sammelmengenrückgangs) auf ihre Anlage zu bringen. Dies ist weniger als der Konzern Rhenus/Rethmann in Summe sammelt". 21 22 23 Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 16. Vgl. z.B. die Übersicht über die Vertragssituation ab 2005, Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 14. September 2004, Anlagenordner Bl. 108. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 14. September 2004, Bl. 17, Hervorhebung nicht im Original. - 11 - - 11 b) Vergütung der Entsorgungsunternehmen 16. Die GGA zahlt den Entsorgungsunternehmen für die Überlassung des Altglases als Kaufpreis eine "Sondervergütung", die auch als "Qualitätsbonus" bezeichnet wird, von 0,55 €/t für Grünglas, von 4,60 €/t für Braunglas und von 1,15 €/t für Weißglas. 24 Insgesamt vergütete die GGA im Jahr 2005 auf diese Weise 2,2 Mio. €. 17. Darüber hinaus übernimmt die GGA die Kosten des Transports zur Aufbereitungsanlage. Im Regelfall führt das jeweilige Entsorgungsunternehmen den Transport zur Aufbereitungsanlage selbst durch. Die GGA verpflichtet sich im Vertrag mit dem Entsorger, die Kosten des Transports zur Aufbereitungsanlage zu tragen und sagt die Zahlung einer bestimmten "Frachtvergütung" je Tonne angelieferten Altglases in Abhängigkeit von dem jeweiligen Sammelgebiet zu. 25 Das Entgelt wird mit dem Entsorger vereinbart. Die GGA orientiert sich bei der Festlegung der Frachtvergütung an den durchschnittlichen Transportentgelten. Die Entsorger rechnen die Transportkosten unmittelbar mit der GGA ab. Für diesen "Vorlauf" stellte die GGA im Jahr 2005 17,2 Mio. € zur Verfügung. 18. Die GGA übernimmt außerdem für den Entsorger die Führung des Mengenstromnachweises, mit dem er gegenüber DSD die Erfüllung der Verwertungsanforderungen der Verpackungsverordnung nachweist. 26 2. Aufbereitung des Altglases a) Aufbereitung für die Gesellschafter 19. Mit einer Reihe von Aufbereitern hat die GGA unmittelbare Verträge. 27 Diese Verträge enthalten den Vorbehalt, dass der Aufbereiter mit den Glashütten individuelle Liefer- und Abnahmeverträge abschließt. Nur für den Fall, dass Lieferengpässe oder Übermengen bei aufbereitetem Glas auftreten, behält sich die GGA vor, selbst als Einkäufer von aufbereitetem Glas aufzutreten. 28 Einfluss auf die Aufbereitung und die Auslastung der Aufbereitungskapazitäten kann die GGA über diese Verträge insofern nehmen, als sie den Aufbereitern 24 25 26 27 28 § 5 Abs. 3 Liefer- und Abnahmevertrag. § 5 Abs. 2 Liefer- und Abnahmevertrag, Anhang zum Liefer- und Abnahmevertrag. § 6 Liefer- und Abnahmevertrag. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 41 f. d.A. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 53 d.A. - 12 - - 12 bestimmte Mindestmengen zur Aufbereitung zusagt. 29 Soweit nicht die GGA im eigenen Namen Altglas aufbereiten lässt, rufen die Gesellschafter die von ihnen benötigten Mengen Aufbereitungspreis unmittelbar (ohne von Transport von den der Aufbereitern ab. Aufbereitungsanlage Der zur Glashütte), den die Gesellschafter unmittelbar an die Aufbereiter zahlen, liegt im Durchschnitt bei 21 – 23 €/t. Die Aufbereiter führen den Transport zu den Glashütten durch bzw. beauftragen Dritte mit dem Transport und stellen die Kosten der GGA – und nicht der Glashütte – in Rechnung. 30 Im Jahr 2005 zahlte die GGA insgesamt 10,8 Mio. € "Nachlaufkosten" an die Aufbereiter. b) Aufbereitung unmittelbar für die GGA 20. Für Mengen, die ansonsten nicht von Glashütten verwertet würden, vereinbart die GGA einen Aufbereitungspreis, um die Mengen dann im Regelfall im Ausland verwerten zu lassen. Der Anteil der im Auftrag der GGA aufbereiteten Mengen ist verhältnismäßig gering. Die GGA vereinbarte 2005 für 0,229 Mio. t bzw. 11,8 % bei einer Gesamtmenge von 1.954.665 t die Aufbereitung im eigenen Namen. 31 3. Absatz des Altglases an die Gesellschafter zur Verwertung 21. Die GGA veräußert das aus der haushaltsnahen Sammlung erworbene Altglas an ihre Gesellschafter zur Verwertung. Der Preis umfasst die Kosten des unaufbereiteten Altglases und die Transportkosten vom Sammelgebiet zur Aufbereitungsanlage und von der Aufbereitungsanlage zum jeweiligen Produktionsstandort, nicht jedoch die Aufbereitungskosten selbst. a) Preissystem der GGA 22. Die GGA berechnet ihren Gesellschaftern für die von ihnen bezogenen Altglasmengen Tonnagepreise. Darüber hinaus muss jeder Gesellschafter eine "Grundgebühr" entrichten, die sich an der Produktionsmenge des vorangegangenen Jahres orientiert. 29 30 31 Vgl. z.B. den von der GGA vorgelegten Vertrag mit A.: Jährliche Mindestmenge von 150.000 t, Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 44. Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 13. Für 6,9 % der Menge erteilt die GGA die Transportaufträge im eigenen Namen. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 91, 93. - 13 - - 13 23. Das Preisblatt "Altglaspreise 2005" 32 sieht folgende, zuletzt im Jahr 2003 angepassten Entgelte vor: Grünglas: 17,92 €/t, Braunglas: 22,14 €/t, Braunglas light: 21,37 €/t und Weißglas: 25,83 €/t. Auf diese Preise wird ein Bonus von 0,80 €/t für die DSD-Scherbenannahme des Jahres 2005 gewährt. Darüber hinaus muss jeder Behälterglashersteller – unabhängig davon, ob er Altglas bei der Produktion einsetzt oder nicht 33 – eine Grundgebühr von 1,28 €/t zahlen. Als Berechnungsbasis für die "Grundgebühr" gelten die BehälterglasProduktionszahlen 2004. b) Jährliche Festlegung der Altglaspreise durch die Gesellschafter 24. Grundlage für die Abrechnung der GGA waren ursprünglich gleichlautende bilaterale Vereinbarungen zwischen der GGA und ihren Gesellschaftern, die von der GGA und der jeweiligen Glashütte unterzeichnet wurden. Die GGA verweist insoweit auf die "Vereinbarung über die Altglasabrechnung zwischen der GGA als Lieferant und den Glashütten als Kunden" 34 , die am 3. Juni 1993 getroffen wurde. Für das Jahr 1994 schloss die GGA ebenfalls gleichlautende individuelle Vereinbarungen mit den Behälterglasherstellern. 35 Die Entgeltstruktur in diesen Vereinbarungen entspricht mit einem von der Glasfarbe abhängigen Tonnagepreis und einer verbrauchsunabhängigen "Grundgebühr" dem von der GGA derzeit praktizierten Preissystem. 25. Inzwischen hat die GGA auf den Abschluss dieser Vereinbarungen mit jedem Gesellschafter verzichtet. Statt dessen rechnet sie auf Grundlage der Preisliste unmittelbar die Altglasmengen und die Grundgebühr mit den Behälterglasherstellern ab. 26. Die GGA ermittelt diese Preise, indem sie die an die Entsorger gezahlten Qualitätsboni und die Transportkosten auf die Gesamtmenge je Glasfraktion umlegt. Sie erfasst zu diesem Zweck die Frachtsätze für den Transport des Altglases zur jeweiligen Aufbereitungsanlage (Vorlauf) und für den Transport des aufbereiteten Altglases zur jeweiligen Glashütte (Nachlauf), die ihr 32 33 34 35 Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 78. Die Befragung der Behälterglashersteller hat ergeben, dass Hersteller von Gläsern mit besonderen Reinheitsanforderungen wie z.B. im Pharmaziebereich generell kein Altglas einsetzen. Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 59 f B 10 – 271/94, Bl. 112 ff. Die Begriffe "Glashütte" und "Behälterglashersteller" werden synonym verwendet. - 14 - - 14 gegenüber abgerechnet werden. 36 Die Glashütten melden der GGA ihrerseits monatlich die von den Aufbereitern abgerufenen Mengen, so dass ein Abgleich mit den Abrechnungen der Aufbereiter möglich ist. 37 Die GGA berechnet aus den Angaben einen durchschnittlichen Tonnagepreis für Vorlauf und Nachlauf, der im Jahr 2005 bei 18,27 €/t lag. 27. Die Behälterglashersteller legen in den zuständigen Organen der GGA im Rahmen der Budgetplanung die Preise jährlich neu fest. Grundlage für die jeweilige Neufestlegung der Preise ist ein Gesellschafterbeschluss im Rahmen der Budgetgenehmigung. 38 Dieser Gesellschafterbeschluss beruht auf einer Entscheidung des Beirates. Die Geschäftsführung prognostiziert in der Budgetvorlage die Altglas-Sammelmengen, die Produktionsmengen der Gesellschafter und die Abnahmemenge der Behälterglashersteller und definiert für die drei Glasfarben Scherbeneinsatzquoten. Ausgehend von diesem Mengengerüst werden die erwarteten Kosten und die aus den Entgelten der Gesellschafter erwarteten Erlöse einander gegenübergestellt, um die Preisliste für das Folgejahr zu ermitteln. 28. Das Budget für 2005 hat der Beirat in der Sitzung am 16. Februar 2005 beraten und in der Sitzung am 9. März 2005 abschließend genehmigt. 39 Der Gesellschafterversammlung wurde das Budget am 9. Juni 2005 vorgelegt. 40 29. Dem Budget 2005 lagen folgende Mengenannahmen zu Grunde: 41 1. Sammelmenge 1.900 – 2.300 tto. 2. Produktionsmenge der Glasindustrie 3.800 – 4.700 tto. 3. Abnahme der Glashütten 1.500 – 1.800 tto. 4. Scherbeneinsatzquote Ziel 770 - 940 tto. 30 - 40 % Weiß 170 - 210 tto. 20 - 30 % Braun 36 37 38 39 40 41 Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 23 ff. Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 19. Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 57. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 16. Februar 2005, Bl. 26 ff (Punkt 1.2); Protokoll der Beiratssitzung vom 9. März 2005, Bl. 29 ff. (Punkt 1.2). Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 9. Juni 2005, Bl. 86 ff. (Punkt 7). Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 9. März 2005, Anlagenordner Bl. 412. Die Angaben in der Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 47, weichen geringfügig davon ab, die Mengen geben den vorläufigen Stand der Beiratssitzung vom 16. Februar 2005 wieder. Zum Schutz der Geschäftsgeheimnisse der Beteiligten (vgl. Hinweis der GGA in der Auskunft vom 26. Oktober 2006, Bl. 46) werden nur Spannen genannt. Die Pauschalentgelte und die Grundgebühr werden in der Preisliste veröffentlicht und sind daher keine Geschäftsgeheimnisse. - 15 - - 15 560 - 690 tto. 50 - 60 % Grün Es sollten 190 - 240 tto. exportiert, 70 - 90 tto. alternativ verwertet und 180 - 220 tto. deponiert werden. 30. Das Budget 42 für 2005 ging von folgenden Kosten und Erlösen aus: Mit den Pauschalentgelten für Altglas sollten Umsatzerlöse von 30 - 40 Mio. € erzielt werden. 43 Weiß/Absiebung Weiß Braun Braun light Grün Gesamt 31. 1.000 t 770 - 940 140 - 170 25 - 35 560 - 690 €/t 25,83 22,14 21,37 17,92 Mio. € 20 – 24 2–4 0,5 – 1,5 10 – 12 30 – 40 Hinzu kamen Umsatzerlöse aus der Grundgebühr auf die Produktionsmenge in Höhe von 4 - 6 Mio. €. Gesamtproduktion 32. 1.000 t 3.800 – 4.700 €/t 1,28 Mio. € 4–6 Dem standen erwartete Kosten für den Vorlauf, den Nachlauf und den Qualitätsbonus in Höhe von 25 - 35 Mio. € gegenüber. Vorlauf Nachlauf Qualitätsbonus Gesamt 33. 1.000 t 1.900 – 2.300 1.500 – 1.900 1.600 – 2.000 €/t 6 - 10 5-9 0,50 - 3 Mio. € 14 – 18 9 – 13 1–4 25 – 35 Für die Mengen, die nicht an Glashütten abgesetzt werden können, wurden Kosten für den Export und die Zuführung zur alternativen Verwertung in Höhe von 1 - 4 Mio. € erwartet. Exporte Alternative Verwertung Gesamt 34. 1.000 t 190 - 240 770 - 900 270 - 330 €/t 8 - 12 1-5 6 - 11 Mio. € 1–4 0,1 – 2 1–4 Tatsächlich bezogen die Gesellschafter der GGA im Jahr 2005 für 34,7 Mio. € Altglas über die GGA und führten 5,4 Mio. € als Grundgebühr an die GGA ab. Dem standen Kosten für den Vorlauf von 17,3 Mio. €, für den Qualitätsbonus von 2,2 Mio. €, für den Nachlauf von 10,8 Mio. € und für den Export bzw. die 42 43 Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 9. März 2005, Anlagenordner Bl. 414. Die Angaben sind der Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 50 ff. entnommen. Das vom Beirat am 9. März 2006 beschlossene Budget weicht geringfügig davon ab. - 16 - - 16 alternative Verwertung von 1,5 Mio. € gegenüber. Die Aufzählung ist nicht vollständig, insgesamt erzielte die GGA in 2005 Umsatzerlöse von 47,3 Mio. €. 44 c) Koordinierung des Scherbeneinsatzes über den Beirat 35. Neben förmlichen Entscheidungen dient der Beirat der Koordinierung des Altglaseinsatzes. Die Gesellschafter werden angehalten, vorrangig Altglas, insbesondere Grünglas, über die GGA zu beziehen, um Kostenbelastungen durch Exporte der Beiratsmitglieder Übermengen werden darüber möglichst gering hinaus zu halten. Die regelmäßig über die Scherbeneinsatzquoten der beteiligten Glashütten informiert 45 und besprechen Maßnahmen, um die Mengenziele zu erreichen. 36. In der Unterlage zur Beiratssitzung vom 10. März 2004 46 heißt es z.B.: "[...] Scherbeneinsatzquote grünes DSD Glas muss für 2004 > 60 % liegen. Notwendige Maßnahmen: - Schnellere Produktionsmeldungen der Hütte - Permanentes Nachfassen bei Aufbereitern und Glashütten durch die GGA Importe von Grünglas möglichst ausschließen. Verhandlungen mit Rexam Glas laufen." 37. Im Protokoll der Beiratssitzung vom 14. September 2004 47 wird ausgeführt: "Herr Thüsing [Vertreter von Rexam] bemängelt die niedrigen Scherbeneinsatzquoten bei einigen seiner Kollegen. Rexam hätte 44 45 46 47 Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl.86 ff. Die GGA übernimmt z.B. auch Transportkosten, falls Altglasmengen zunächst zu Zwischenlagern gebracht werden ("Zwischenlauf"). Der Aufwand aus Exporten und alternativer Verwertung wurde mit den entsprechenden Erlösen saldiert. Vgl. z.B. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 10. März 2004, Anlagenordner Bl. 16, "Hitliste Scherbeneinsatzquote Grünglas", aus der sich der Anteil des über die GGA und des über Dritte "freien" von den Gesellschaftern bezogenen grünen Altglases ergibt. Vgl. auch die Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Übersicht in der Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 8. Juni 2005, Anlagenordner Bl. 484. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 10. März 2004, Anlagenordner Bl. 11. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 14. September 2004, Bl. 16 ff., Hervorhebung nicht im Original. - 17 - - 17 die Scherbeneinsatzquote wie vereinbart deutlich erhöht, während dies bei anderen Hütten nicht erfolgt sei. Die Beiratsmitglieder sichern nochmals zu, in ihren Häusern dafür zu sorgen, dass Grünglas hauptsächlich aus DSD Glas geschmolzen wird und die Scherbeneinsatzquoten insgesamt auf ein Maximum gebracht werden. Herrn Brauck [Geschäftsführer der GGA] wird auf Rückfrage bestätigt, dass die niedrigen Scherbeneinsatzquoten kein Problem des Preises seien, eine Preisreduzierung für Grünglas würde deshalb zu keiner Erhöhung der Scherbeneinsatzquoten führen." 38. Im Protokoll der Beiratssitzung vom 24. November 2004 48 heißt es: "Herr Thüsing zeigt sich unzufrieden darüber, dass im Gegensatz zu Rexam die anderen Glashütten ihren DSD-Grünglas Scherbeneinsatz nicht gesteigert haben. Er fordert deshalb nochmals deutlich seine Kollegen auf, dem Beispiel von Rexam zu folgen. Die Beiratsmitglieder werden in ihren Häusern nochmals darauf drängen die Grünglaseinsätze zu steigern." 39. Die Geschäftsführung der GGA war bemüht, die geplanten Einsatzmengen einzuhalten. Im Protokoll der Beiratssitzung vom 8. Juni 2005 heißt es 49 : "Herr Brauck [Geschäftsführer der GGA] stellt die Zahlen dar und weist insbesondere darauf hin, dass sich die Scherbeneinsatzquote von Grün unter den geplanten Werten bewegt. Er appelliert nochmals an alle Beiratsmitglieder, dafür Sorge zu tragen, dass bevorzugt GGA Glas eingesetzt wird." 40. Die GGA versuchte auch, die freie Vermarktung von Glasmengen durch die Glassammler zu verhindern. Im Protokoll der Beiratssitzung vom 19. Januar 2006 heißt es hierzu: "Herr Streubel [Vertreter der GGA] berichtete, dass einzelne Entsorger versuchen Braun- bzw. Weißglas an der GGA vorbei als freie Mengen zu vermarkten. Diese Entsorger sind angeschrieben 48 49 Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 24. November 2004, Bl. 22 ff. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 8. Juni 2005, Bl. 37 ff., Hervorhebung nicht im Original. - 18 - - 18 worden. Daraufhin hat sich die Situation etwas verbessert. Leider ist es nur sehr schwer nachweisbar, wenn Entsorger Vertragsmengen frei vermarkten. Die GGA ist insbesondere auf die Mithilfe der Glashütten mit eigener Aufbereitung angewiesen. Die GGA wird deshalb auf der nächsten Beiratssitzung eine Liste mit den Unternehmen verteilen, die sehr wenig Sammelmenge in den Farben Braun bzw. Weiß anliefern." 50 V. Eigene Modelle der GGA zu ihrer künftigen Tätigkeit 41. Aus den Protokollen der Organe der GGA, insbesondere aus den Niederschriften der Beiratssitzung ist erkennbar, dass die Gesellschafter der GGA auch künftig beabsichtigen, Altglas zentral über die GGA zu beziehen. 1. Vermarktung des Altglases durch DSD 42. Mit der Ausschreibung 2006 (Zeitraum 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2009) änderte DSD ihre bisherige Praxis der Altglasverwertung. Während bisher das mit der Sammlung und dem Transport von Altglas beauftragte Entsorgungsunternehmen Eigentümer des Altglases wurde und es im Regelfall über die GGA der Verwertung zuführt, erwirbt nunmehr DSD Eigentum an den Altglasmengen und vermarktet diese im Rahmen eines Auktionsverfahrens. DSD schrieb eine Altglasmenge von insgesamt mehr als 800.000 t in über 200 Gebieten aus. Um unwirtschaftliche Verkaufspreise zu verhindern, ermittelte DSD Mindestpreise für die Vertragsgebiete, die bei der Abgabe von Angeboten einzuhalten waren. Die Mindestpreise berechnete DSD auf Basis einer Kalkulation, in der für den Kaufpreis relevante Faktoren wie Lage des Gebiets zu Aufbereitungsanlagen bzw. Glashütten berücksichtigt wurden. Zwischen dem 3. April 2006 und dem 19. Mai 2006 konnten Angebote abgegeben werden. Für mehr als 80 % der ausgeschriebenen Gebiete wurden wirtschaftliche Angebote abgegeben, für die restlichen Gebiete musste DSD Nachverhandlungen führen. DSD schloss die Auktion im Juli 2006 ab. Zu ca. 90 % haben Entsorgungsunternehmen das Altglas aufgekauft, mit der Absicht, es nach Aufbereitung an Glashersteller weiterzuveräußern. 51 DSD hat am 7. Mai 2007 nach dem gleichen Muster wie 2006 auch die Glasmengen, die 50 51 Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 19. Januar 2006, Bl. 52 ff. Schreiben des Bevollmächtigten der DSD vom 8. Juni 2006, B 4 – 1007/06. - 19 - - 19 derzeit noch über die GGA an Glashütten abgesetzt werden, für die Jahre 2008 und 2009 ausgeschrieben. 52 2. Neue Geschäftsmodelle der GGA 43. Die GGA beabsichtigt, auch in Zukunft für ihre Gesellschafter gemeinsam Altglas zu beschaffen. Nachdem sich abzeichnete, dass DSD von der bisherigen Praxis abgehen würde und Altglas selbst als Sekundärrohstoff anbieten würde, führten die Vertreter der GGA Gespräche mit DSD. Ziel dieser Gespräche war es, das im Auftrag der DSD gesammelte Altglas zentral über die GGA an die Gesellschafter abzusetzen. In einer Notiz zu einem Gespräch am 8. Dezember 2005 53 , in dem DSD seine Absicht darstellte, das Altglas zum Verkauf anzubieten, heißt es hierzu seitens der GGA: "Nach längerer Diskussion kristallisierte sich heraus, dass ernsthaft nur bieten kann, wer eine Abnahme- und Verwertungsgarantie für die Mengen über drei Jahre abgeben kann. Dies kann kein Aufbereiter alleine, er muss sich durch Verträge absichern. Diese Garantien kann nur die Glasindustrie gemeinsam abgeben. GGA wird nicht für die Rohmengen bieten. GGA kann aber den Aufbereitern eine Abnahmegarantie für eine bestimmte Menge bzw. einen bestimmten Preis geben. Dies kann ggf. auch für ganz Deutschland sein." 44. Die GGA betrachtete zwei Modelle. 54 Als Modell 1A bezeichnete sie die Übernahme der gesamten Altglasmenge von DSD, um sie dann im eigenen Namen aufbereiten zu lassen und an ihre Gesellschafter zu einheitlichen Bedingungen weiterzuveräußern. Die Aufbereitungsverträge wollte GGA ausschreiben. Im Modell 1B veräußerte DSD das Altglas an Aufbereiter, von denen es dann die GGA zum Weiterverkauf an ihre Gesellschafter erwerben sollte. Die Nachlaufkosten (Kosten des Transports von der Aufbereitungsanlage zur Produktionsstätte) sollten in beiden Modellen die Gesellschafter individuell tragen. 45. 52 53 54 Zu beiden Modellen heißt es: Vgl. die Mitteilung unter www.dsd-ausschreibung.de. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 14. Dezember 2005, Anlagenordner Bl. 575. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung vom 19. Januar 2006, Bl. 590 f. - 20 - - 20 "Glaskreislauf kann nur eine kollektive Aufgabe der Glasindustrie sein. Abnahmegarantien können nicht von einzelnen Hütten gegeben werden: Ungewissheit über Produktionsprogramm/ Produktionsstandort, Unsicherheit im Bedarf, Schwankungen im Farbmix. GGA kann Abnahmegarantie geben, da die Glashütten ihre Eigentümer sind. GGA kann Abnahmeschwankungen der Hütten ausgleichen, kann für Übermengen die Verwertung sicherstellen. [...] GGA verkauft Hütten aufbereitete Ware ab Aufbereiter. Hütten regeln Nachlauffracht individuell. [...]" 46. Am 15. Februar 2006 stellten Vertreter der GGA der Beschlussabteilung das beabsichtigte weitere Vorgehen dar. 55 Die Beschlussabteilung machte deutlich, dass der gemeinsame Einkauf von Altglas über die GGA in ihrer bisherigen Struktur gegen Art. 81 EG und § 1 GWB verstößt. 47. In der Beiratssitzung am folgenden Tag wurde beschlossen, dem Bundeskartellamt mitzuteilen, dass die GGA rechtlich und wirtschaftlich verselbständigt werden soll. Außerdem sollte mitgeteilt werden, dass sich die GGA an der Altglasausschreibung im Jahr 2007 beteiligen wolle. 56 Tatsächlich teilte die GGA diesen Punkt 22. Februar 2006 der 57 Beschlussabteilung in ihrem Schreiben vom nicht mit, sondern stellte nur allgemein dar, dass die Gesellschafterstruktur in einer Weise geändert werden solle, dass keine kartellrechtlichen Probleme mehr bestehen. Die Beschlussabteilung gab im Schreiben vom 15. März 2006 Hinweise, welche Voraussetzungen erfüllt sein 55 56 57 B 10 – 39/99, Bl. 371 d.A. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 16. Februar 2006, Bl. 55 f. B 10 – 39/99, Bl. 372 ff. d.A. - 21 - - 21 müssen, um den andauernden Verstoß gegen Art. 81 EG und § 1 GWB abzustellen. 58 48. Die Beschlussabteilung entnahm einem Presseartikel vom 21. März 2006 59 , dass die GGA den Aufbereitern Angebote für die Übernahme von Altglas machen wollte. Sie wies die GGA mit Schreiben vom 27. März 2006 darauf hin, dass ein solches Vorgehen gegen Art. 81 EG und § 1 GWB verstößt und dass sie im Rahmen eines Bußgeldverfahrens Geldbußen verhängen kann. 60 GGA erklärte mit Schreiben vom 31. März 2006, die Gesellschaft umstrukturieren zu wollen, im Vorgriff auf diese Umstrukturierung aber bereits beabsichtige, zum gegenwärtigen Zeitpunkt Aufträge entgegenzunehmen. 61 Im Übrigen berief sich die GGA auf die "Duldung" des kartellrechtswidrigen Zustandes durch die Beschlussabteilung. 49. Auf der Beiratssitzung am 5. April 2006 62 wurden als eine Handlungsalternative die rechtliche Verselbständigung der GGA, wie sie mit Schreiben vom 22. Februar 2006 an die Beschlussabteilung angekündigt worden war, dargestellt. Daneben wurde erörtert, dass die GGA nach eigener Einschätzung als Kartell gem. Art. 81 Abs. 3 freigestellt sei. Wörtlich heißt es zu dieser Alternative: "Sodann trägt Herr Stroetmann seine Überlegungen vor, wie die GGA verfahren solle, wenn keine Privatisierung erfolgt. Die GGA steht auf dem Standpunkt, dass sie kartellrechtlich erlaubt, d.h. freigestellt ist. Der Systemwechsel im Kartellgesetz erlaubt eine kartellrechtliche Selbsteinschätzung. Hierüber hat Herr Dr. Schroth ein Papier vorgelegt, das ebenfalls zu dem Ergebnis kommt, dass die GGA nach Art. 81 Abs. 3 EG freigestellt ist. Herr Stroetmann weist auf die Erfüllung der Kriterien dieser Vorschrift (angemessene Beteiligung der Verbraucher, Verbesserung der Warenerzeugung) hin. Er erläutert auch den Gang des Verfahrens, falls es zu einer Untersagungsverfügung kommt. Hiergegen müsste Beschwerde zum OLG eingelegt werden, 58 59 60 61 62 B 10 – 39/99, Bl. 377 ff. d.A. Euwid Re vom 21. März 2006, S. 16, B 10 – 39/99, Bl. 383 d.A. B 10 – 39/99, Bl. 380 d.A. B 10 – 39-99, Bl. 384 ff. d.A. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung am 5. April 2006, Bl. 57 ff. - 22 - - 22 wobei ein solches Rechtsmittel üblicherweise aufschiebende Wirkung hat." 50. Mit Schreiben vom 6. April 2006 wies die Beschlussabteilung die GGA darauf hin, dass sie sich nicht auf eine kartellrechtliche Duldung ihrer Tätigkeit berufen könne, soweit sich ihre Tätigkeit nicht auf Glasmengen beschränke, die DSD vor dem 1. Januar 2006 ausgeschrieben habe. 63 Am 26. April 2006 führten Vertreter der GGA und der Beschlussabteilung ein weiteres Gespräch im Bundeskartellamt. 64 Die Beschlussabteilung erklärte, sie werde im Rahmen ihres Ermessens nur insoweit nicht gegen die GGA vorgehen, als sich die Tätigkeit der GGA auf Glasmengen der DSD-Ausschreibungen vor dem 1. Januar 2006 erstreckten. Die GGA sagte zu, sich an der Ausschreibung des Jahres 2006 nicht zu beteiligen. Im Übrigen machte sie deutlich, dass sie den Lösungsansatz eines Gesellschafterwechsels weiterverfolge, hierfür aber einen Zeitraum von 1 – 2 Jahren für notwendig halte. Die Beschlussabteilung erklärte, dass vor dem Hintergrund der seit langem bekannten kartellrechtlichen Problematik dieser Zeitraum zu lang sei. 51. Am 18. Mai 2006 beschloss der Beirat, vorrangig darauf zu setzen, dass die GGA gem. Art. 81 Abs. 3 EG freigestellt sei. Im Protokoll der Sitzung heißt es wörtlich 65 : "Folgendes wurde einstimmig beschlossen: Der Beirat empfiehlt der Gesellschafterversammlung folgendes zu beschließen: Die Geschäftsführung der GGA solle dem Kartellamt gegenüber erklären, dass die GGA zu dem Schluss gekommen sei, dass sie als Kartell freistellungsfähig sei. Unabhängig davon soll die Option Gesellschafterwechsel weiter verfolgt werden. Dazu soll ein Schreiben an das Kartellamt mit folgenden Eckpunkten verfasst werden: GGA hat nicht an der DSD-Ausschreibung teilgenommen. GGA muss Handlungsfähigkeit zurückgewinnen. 63 64 65 B 10 – 39/99, Bl. 390 f. d.A. B 10 – 39/99, Bl. 399 ff. d.A. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung am 18. Mai 2006, Bl. 62 ff. - 23 - - 23 Selbsteinschätzung: GGA ist kein Kartell. Unabhängig davon Ausarbeitung eines Modells für den Gesellschafterwechsel. GGA wird dann wieder in direkte Verhandlungen mit den Aufbereitern treten." 52. Am 19. Mai 2006 nahm die Gesellschafterversammlung diesen Beschluss an. 66 Mit Schreiben vom 24. Mai 2006 67 teilte die GGA der Beschlussabteilung mit, sie werde nach Ende der DSD-Ausschreibung am 19. Mai 2006 wieder als Scherbenhändler aktiv und berief sich hierzu auf eine angebliche pauschale Duldung bis zum 31. Dezember 2006. Im Übrigen sei sie zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen der Freistellung vom Kartellverbot vorlägen. Die Beschlussabteilung wies mit Schreiben vom 26. Mai 2006 68 darauf hin, dass sie diese Auffassung nicht teile und auch keine Duldung dieser Tätigkeit erfolgt sei und forderte die GGA auf, bis zum 9. Juni 2006 mitzuteilen, ob beabsichtigt sei, Glasmengen aus den im Jahr 2006 ausgeschriebenen DSD-Vertragsgebieten zu vermarkten. Gleichzeitig wurde um Vorlage des Gutachtens gebeten. Mit Schreiben vom 9. Juni 2006 erklärte die GGA, sie gehe davon aus, ihre Tätigkeit sei bis Ende des Jahres geduldet. Im Übrigen sehe sie die Freistellungsvoraussetzungen als erfüllt an. Sie legte zwei Stellungnahmen zu dieser Frage bei. 53. Auf der Beiratssitzung am 4. Juli 2006 69 wurden verschiedene Möglichkeiten einer Neustrukturierung Entsorgungsunternehmen der mit GGA erörtert. Eko-Punkt ein Remondis, eigenes das als haushaltsnahes Sammelsystem aufbaut, war ebenfalls vertreten und erläuterte Möglichkeiten eines haushaltsnahen Sammelsystems für Glasverpackungen. Wörtlich heißt es im Protokoll: "Die Herren Conzendorf und Wilms von Remondis/Eko-Punkt stellten ihr Konzept für ein System nach § 6.3 der Verpackungsverordnung vor. Eko-Punkt hat aktuell für das Bundesland Hamburg die Freistellung als System nach § 6.3 66 67 68 69 Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Gesellschafterversammlung am 19. Mai 2006, Bl. 97 ff. B 10 - 39/99, Bl. 406 ff. d.A. B 10 – 39/99, Bl. 412 f. d.A. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung am 4. Juli 2006, Bl. 65 ff. - 24 - - 24 erhalten. Es wurde dargelegt, dass Kosteneinsparungen von ca. 6 €/t für den Lizenznehmer und 3 €/t für die Glasindustrie (Reduzierung der Frachten und der Aufbereitungskosten) zu erzielen wären. Die zur Zeit im Raum stehenden Kostenerhöhungen für die Glasindustrie würden zudem entfallen. In der Entsorgung liegen insbesondere bei den Nebenentgelten an die Kommunen, Sammelentgelten und der Logistik Einspar- bzw. Optimierungspotentiale. Voraussetzung wäre ein Anschlussgrad von ca. 80 % der Lizenzmenge. Das System könnte frühestens mit Beginn des Jahres 2008 starten." 54. Der Beirat sagte eine Prüfung des Konzepts zu. 55. Die Beschlussabteilung informierte die GGA mit Schreiben vom 10. Juli 2006 70 über die Einleitung des Untersagungsverfahrens. Dies veranlasste die GGA nicht, den Prozess der Umstrukturierung mit dem Ziel, eine kartellrechtlich unbedenkliche Form zu finden, zu forcieren. Am 1. August 2006 stand der Punkt einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung erneut auf der Tagesordnung des Beirates, ohne dass die Beiratsmitglieder ein Ergebnis erzielten. 71 Am 27. September 2006 72 fand sich das Thema eines Gesellschafterwechsels nicht mehr auf der Tagesordnung des Beirats. Stattdessen beauftragte der Beirat die Geschäftsführung, Gespräche über den Aufbau eines gemeinsamen Systems zur haushaltsnahen Sammlung gebrauchter Verkaufsverpackungen aus Glas zu führen. Wörtlich heißt es: "Der Beirat beauftragt die Geschäftsführung der GGA mit den möglichen Partnern für ein gemeinsames 6.3 System Gespräche aufzunehmen. Herr Mous [Vertreter von O-I] gibt einen kurzen Überblick über den Stand in den Niederlanden. Hier ist ein System installiert worden, in welchem die Glasindustrie einen sehr starken Einfluss hat. Die GGA wird Herrn Dr. Schroth über dieses System berichten. Herr Mous wird nähere Daten zur Verfügung stellen." 70 71 72 Bl. 1 ff. d.A. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung am 1. August 2006, Bl. 68 ff. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung am 27. September 2006, Bl. 70 ff. - 25 - - 25 56. In einer Unterlage zu dieser Beiratssitzung 73 werden die verschiedenen Alternativen dargestellt. Die Möglichkeit eines Systems zur Selbstentsorgung gem. § 6 Abs. 1 VerpackV und eines Systems zur haushaltsnahen Sammlung gem. § 6 Abs. 3 VerpackV werden erörtert, wobei die Beteiligten davon ausgehen, dass eine Selbstentsorgungslösung kurzfristig nicht in Betracht kommt. Favorisiert wird die Kooperation mit einem bestehenden System zur haushaltsnahen Sammlung von Verkaufsverpackungen. Als möglicher Partner der Glassindustrie wird Landbell genannt. Wörtlich 74 heißt es: "Partnering - Landbell would be our first choice - Meeting planned Ocotber 5th for other reasons. - Possibilities - Joint venture Glass industry / Landbell for glass - Landbell brings in Know how and coverage - Glass industry: - Customer or Producer pays for license - Recycling standards and specs - Proof of quantity flows - In the last case huge market share could be reached. Advantages dual system glass - No stress cartell office (competition of dual systems) - Avoid DSD minimum prices by influencing the tender - Get glass back in the glass industry – at least German production - Chance to reform collection system as Remondis proposed - Transparency in licencing for local and partly European production." 73 74 Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 27. September 2006, Bl. 766 ff. Auskunft vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 27. September 2006, Anlagenordner, Bl. 770 f. - 26 - - 26 3. Verhandlungen mit Vertragspartnern der DSD über die Übernahme des Altglases für den Zeitraum 2007 - 2009 57. Die GGA hat parallel Verhandlungen mit den Vertragsnehmern der DSD für die Übernahme und Verwertung des Altglases im Zeitraum von 2007 bis 2009 geführt. Die GGA ermittelte die konkret auf die Vertragspartner der DSD entfallenden Altglasmengen und die von DSD verlangten Mindestpreise. 75 In der Beiratssitzung am 1. August 2006 werden den Teilnehmern "Scherbenpreisvorstellungen am Markt" vorgelegt. 76 Unmittelbar nach Beendigung des DSD-Ausschreibungsverfahrens im Juli 2006 trat die GGA in Verhandlungen mit den Vertragspartnern der DSD über die Konditionen zur Vermarktung des Glases ein. 58. Am 25. Juli 2006 fand ein Gespräch zwischen Vertretern von C. und der GGA statt. C. bot der GGA den Verkauf des von der DSD übernommenen Altglases zu [...] €/t (Grünglas), [...] €/t (Braunglas) und [...] €/t (Weißglas) an. 77 Die GGA schätzte die von C. geforderten Preise als zu hoch ein, zeigte sich aber bereit, zu verhandeln. In der Beiratssitzung am 1. August 2006 wurde dieses Angebot mit den aktuellen Konditionen verglichen. 78 Im Ergebnis betrachteten die Behälterglashersteller das Angebot als unzureichend, weil die zu Grunde liegende Kalkulation auf der Annahme beruhte, dass nur noch zwei Glashütten statt bislang sechs beliefert würden. Nach Angaben von DSD 79 erfüllen alle Vertragspartner, die im Jahr 2006 Altglas erworben haben, ihre vertraglichen Verwertungspflichten. Es ist deshalb davon auszugehen, das auch C. die Mengen absetzen konnte. 59. Am 27. Juli 2006 führten Vertreter der GGA mit dem Unternehmen H. Verhandlungen. H. machte keine konkreten Angebote; im Gesprächsvermerk 80 wird aber eine Preisvorstellung von [...] €/t für das aufbereitete Glas bei Lieferung an die Glashütte genannt. Dieses Angebot betrachtete die GGA ebenfalls als zu teuer. 75 76 77 78 79 80 Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 1. August 2006, Anlagenordner, Bl. 717 ff. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 1. August 2006, Anlagenordner, Bl. 721. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl 113 f. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 1. August 2006, Bl. 723. Email vom 24. Mai 2007, Bl. 1.095 d.A. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 115. - 27 - - 27 60. Über weitere Verhandlungen wurde in der Beiratssitzung am 27. September 2006 berichtet. 81 Zum allgemeinen Stand heißt es: "Offers done to collectors Meetings with processors planned in October." 61. In der Beiratssitzung am 24. Oktober 2006 82 wird unter dem Oberpunkt "Stand Verhandlungen für Verträge 2007 – 2009" Folgendes aufgeführt: "Meetings and first new contract discussion with Cleanaway Alba Reiling Remondis Meetings scheduled with Tönsmeier GRI GRL Sita" B. Verfahrensgang 62. Die Beschlussabteilung hat Vertretern der GGA und insbesondere dem Verfahrensbevollmächtigten der GGA seit Anfang 1999 deutlich gemacht, dass sie die GGA als Einkaufskartell der Behälterglasindustrie betrachtet. Die GGA wurde auch darauf hingewiesen, dass die Freistellungsvoraussetzungen des § 7 GWB a.F. bzw. § 2 GWB und des Art. 81 Abs. 3 EG bei einem Kartell, das den gesamten Altglasmarkt umfasst, kaum erfüllt sein können. 83 Die GGA sagte zu, Lösungen zu entwickeln, beschränkte sich tatsächlich aber darauf, sich allgemein zum Verhältnis zwischen Verpackungsverordnung und GWB zu äußern. 84 Mit Vertretern der GGA hat die Beschlussabteilung u.a. am 7. August 81 82 83 84 Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 27. September 2006, Anlagenordner Bl. 773 ff. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 24. Oktober 2006, Anlagenordner Bl. 812. Vgl. B 10 – 39/99, Bl. 61 f. d.A. B 10 – 39/99, Konzeptpapier vom 6. April 2000, Bl. 96 ff. d.A. - 28 - - 28 2002 85 , am 10. Juni 2003 86 , am 15. Oktober 2003 87 und am 30. März 2004 88 Gespräche geführt, in denen sie stets deutlich machte, dass die kartellrechtlichen Bedenken nur durch eine Umstrukturierung der GGA ausgeräumt werden können. Insbesondere den Vorschlag der GGA, ein separates System zur haushaltsnahen Sammlung von Verpackungen aus Glas durch die Behälterglasindustrie aufzubauen, wies die Beschlussabteilung zurück, weil dies die Ausweitung des Nachfragekartells auf die der Verwertung vorgelagerten Märkte bedeutet hätte. 89 Die GGA sagte mehrfach zu, Lösungsmodelle zu entwickeln, musste aber schließlich mit Schreiben vom 4. August 2004 90 aufgefordert werden, ein Konzept vorzulegen. Daraufhin übersandte die GGA mit Schreiben vom 17. September 2004 eine Stellungnahme, die sich im Wesentlichen darin erschöpfte, die der Beschlussabteilung bereits bekannten Argumente für die Rechtmäßigkeit des von der GGA praktizierten Modells zu wiederholen. Der GGA wurde mitgeteilt, dass sich die Einschätzung der Beschlussabteilung nicht geändert habe. 91 In einem Gespräch am 23. November 2004 92 sagte die GGA erneut zu, Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. 63. Anfang 2006 kündigte die GGA dann an, die gesamte von der DSD für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2009 ausgeschriebene Altglasmenge aufkaufen zu wollen. 93 DSD beabsichtigte in dieser Ausschreibung zum ersten Mal, Eigentum am Altglas zu erwerben und es an Dritte weiterzuveräußern. Ohne die Koordinierung des Altglaseinkaufs über die GGA war zu erwarten, dass die Glashütten in Wettbewerb um aufbereitetes oder unaufbereitetes Altglas treten würden. In mehreren Gesprächen und Schreiben wies die Beschlussabteilung deshalb darauf hin, dass sie den Erwerb des Altglases durch die in der GGA zusammengeschlossenen Behälterglashersteller als Verstoß gegen Art. 81 EG und § 1 GWB betrachte. 85 86 87 88 89 90 91 92 93 B 10 – 39/99, Bl. 210 f. d.A. B 10 – 39/99, Bl. 230 ff. d.A. B 10 – 39/99, Bl. 236 ff. d.A. B 10 – 39/99, Bl. 267 ff. d.A. B 10 – 39/99, Bl. 230 ff. d.A. B 10 – 39/99, Bl. 281 d.A. B 10 – 39/99, Bl. 282 ff. d.A. B 10 – 39/99, Bl. 346 ff. d.A. B 10 – 39/99, Bl. 371 d.A. - 29 - - 29 Dieser Schriftverkehr ist oben im Zusammenhang mit den von der GGA entwickelten Zukunftsmodellen dargestellt worden. 94 64. Die Beschlussabteilung hat der GGA schließlich mit Schreiben vom 10. Juli 2006 mitgeteilt, dass sie gestützt auf Art. 81 EG und § 1 GWB ein Untersagungsverfahren eingeleitet hat. 65. Die Europäische Kommission wurde am 11. Juli 2006 nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2003 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrages niedergelegten Wettbewerbsregeln (im Folgenden: VO 1/03) 95 Nr. über die Verfahrenseinleitung unterrichtet. Am 23. Februar 2007 wurde die Europäische Kommission gem. Art. 11 Abs. 4 VO Nr. 1/03 informiert. Die Landeskartellbehörden sind mit Schreiben vom 4. April 2007 gem. § 49 Abs. 1 GWB unterrichtet worden. 66. Von der GGA und ihren Gesellschaftern sind mehrfach Auskünfte zur Aufklärung des Sachverhalts verlangt worden. Mit Schreiben vom 12. Februar 2007 hat die Beschlussabteilung den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt, dass der gemeinsame Einkauf von Altglas über die GGA gegen § 1 GWB und Art. 81 EG verstößt, und die Gründe im Einzelnen dargelegt. Den Verfahrensbeteiligten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 5. März 2007 gewährt. Die Frist wurde zunächst bis zum 19. März 2007, dann bis zum 10. April 2007 verlängert. Gegenüber den Beteiligten zu 15. – 16. ist die Frist ein weiteres Mal bis zum 20. April 2007 verlängert worden. 67. Die Beteiligten zu 1. – 14. haben mit Schreiben vom 10. April 2007 Stellung genommen, die Beteiligten zu 15. – 16. haben mit Schreiben vom 20. April 2007 Stellung genommen. Am 8. Mai 2007 ist dem Geschäftsführer der Beteiligten zu 1. und den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. – 14. die Einschätzung der Beschlussabteilung mündlich dargelegt worden. 68. Bereits mit Schreiben vom 26. Februar 2007 teilte die GGA mit, sie habe am 22. Februar 2007 die Roland Berger Strategy Consultant GmbH, München, beauftragt, die "aus dem bereits vorgelegten Zahlenwerk" ablesbaren Auswirkungen der Tätigkeit Freistellungsvoraussetzungen 94 95 vom der GGA Kartellverbot mit Blick noch auf genauer die zu Vgl. i.E. oben A.V.2. ABl. EG Nr. L 1/2003, S. 1 - 30 - - 30 quantifizieren. Es wird ausgeführt, der Auftrag zur Erstellung des Gutachtens habe nicht früher erteilt werden können, da die GGA erst mit Schreiben vom 12. Februar 2007 erfahren habe, dass die Untersagung der Tätigkeit der GGA beabsichtigt sei. Auf das Schreiben der Beschlussabteilung vom 10. Juli 2006, in dem es wörtlich heißt, dass "ein Untersagungsverfahren" gegen die GGA auf Grundlage des § 32 GWB i.V.m. § 1 GWB, Art. 81 EG eingeleitet worden sei, wird nicht eingegangen. In dem genannten Schreiben vom 26. Februar 2007 wird die Vorlage des Gutachtens für Mitte April 2007 angekündigt. Mit Schreiben vom 16. Mai 2007, beim Bundeskartellamt eingegangen am 21. Mai 2007, ist das Gutachten von Roland Berger in Form einer Abschlusspräsentation der Beschlussabteilung vorgelegt worden. 96 C. Rechtliche Würdigung 69. Der Gesellschaftsvertrag Behälterglashersteller, der GGA insbesondere und in den das Zusammenwirken Organen der GGA, der zum gemeinsamen Einkauf von Altglas verstoßen gegen Art. 81 EG und § 1 GWB. Die GGA hat die Funktion eines Einkaufskartells für Altglas aller im Inland tätigen Hersteller von Behälterglas. Das Kartell verhindert, dass sich ein freier Markt für Altglas aus haushaltsnahen Sammlungen entwickelt. I. Vereinbarung zwischen Unternehmen 70. Der Gesellschaftsvertrag der GGA 97 in der Fassung vom 3. März 2003 und die im Beirat und der Gesellschafterversammlung von den Gesellschaftern gemeinsam getroffenen Entscheidungen stellen Vereinbarungen zwischen Unternehmen i.S.v. Art. 81 Abs. 1 EG und § 1 GWB dar. Eine solche Vereinbarung setzt eine Vereinbarung zwischen mindesten zwei Parteien voraus, deren Ausdrucksform unerheblich ist, sofern sie den Willen der Parteien getreu wiedergibt. 98 1. Die Vereinbarung 71. Der Gesellschaftsvertrag als zivilrechtlich bindender Vertrag zwischen den Behälterglasherstellern erfüllt diese Voraussetzungen. Der gemeinsame Wille, sich auf dem Markt in bestimmter Weise zu verhalten, ergibt sich bereits aus 96 97 98 Bl. 979 ff. d.A. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 11 ff. EuGH, Rs. C-2/01, Slg. 2004, 23 (Rn. 97) – Adalat. - 31 - - 31 der Beschreibung des Unternehmensgegenstandes, wonach Gegenstand des Unternehmens die Übernahme von Aufgaben nach der Verpackungsverordnung, insbesondere Einkauf, Verkauf, Sammlung, Aufbereitung und Verteilung von gebrauchten Verkaufsverpackungen aus Glas sowie die Sicherstellung von deren Verwertung ist. 99 72. Aber auch die gemeinsamen Entscheidungen der Behälterglashersteller in den Organen der Gesellschaft 100 erfüllen die Voraussetzungen einer Vereinbarung i.S.d. Art. 81 EG Abs. 1 bzw. § 1 GWB. Insbesondere beschließen die Behälterglashersteller im Beirat die Mengen- und Budgetplanung, die für die Festsetzung der Altglaspreise maßgeblich ist. 101 Auf der Gesellschafterversammlung billigen die Behälterglashersteller diese im Beirat getroffenen Beschlüsse, ohne wesentliche Änderungen vorzunehmen. 102 Darüber hinaus koordinieren die Behälterglashersteller im Beirat den Einsatz von Altglas und tragen dafür Sorge, dass die definierten Einsatzquoten erreicht werden. 103 Über den Beirat bzw. die Geschäftsführung wird auch die Zuordnung der Glasmengen zu den Aufbereitungsanlagen bzw. den Glashütten koordiniert. 104 73. Die Frage, ob einzelne der o.g. Entscheidungen der Gesellschaftsorgane auch als Beschlüsse einer Unternehmensvereinigung zu betrachten sind, muss nicht abschließend geklärt werden. Denn jedenfalls stellen sie Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern dar, die deren Einkaufsverhalten auf den Altglasmärkten koordinieren. 2. Das Umweltrecht verpflichtet die Beteiligten nicht zu einem Einkaufskartell 74. Vorschriften des KrW-/AbfG bzw. der VerpackV verpflichten die Beteiligten nicht, gemeinsam Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung von Verkaufsverpackungen einzukaufen. Die Beteiligten können sich nicht auf den 99 100 101 102 103 104 § 2 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag. § 4 Gesellschaftsvertrag. Vgl. für das Budget 2005 die Protokolle der Beiratssitzungen am 16. Februar 2005 und am 9. März 2005, Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Bl. 26 ff. und Bl. 29 ff. Vgl. das Protokoll der Gesellschafterversammlung am 9. Juni 2005, Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Bl. 37 ff. Vgl. oben A.IV.3.c). Vgl. oben A.IV.3.c). - 32 - - 32 Grundsatz der Produktverantwortung (§ 22 KrW-/AbfG) zur Rechtfertigung ihres Einkaufskartells für Altglas berufen. 75. Der Grundsatz der Produktverantwortung wird in § 22 KrW-/AbfG umschrieben. Er verpflichtet Unternehmen, die Erzeugnisse entwickeln, herstellen, be- und verarbeiten oder vertreiben (§ 22 Abs. 1 KrW-/AbfG). Insbesondere sind bei der Herstellung von Erzeugnissen vorrangig verwertbare Abfälle und sekundäre Rohstoffe einzusetzen (§ 22 Abs. 2 Nr. 2 KrW-/AbfG). Aus § 22 KrW-/AbfG lassen sich keine unmittelbaren Rechtspflichten herleiten; zur Konkretisierung bedarf es entsprechender untergesetzlicher Regelwerke. 105 Zu diesem Zweck erlässt die Bundesregierung Rechtsverordnungen (§ 22 Abs. 4 KrW-/AbfG). 76. Mit dem Erlass der VerpackV hat die Bundesregierung, gestützt auf die Ermächtigung des § 23 bzw. § 24 KrW-/AbfG, die Pflichten der Hersteller und Vertreiber von Verpackungen festgelegt. Erst dadurch wurden für diesen Adressatenkreis durchsetzbare rechtliche Pflichten geschaffen, deren Verletzung mit der Verhängung von Bußgeldern geahndet werden kann (§ 15 VerpackV). 77. Nach der derzeitigen Rechtslage sind Vertreiber von Verkaufsverpackungen verpflichtet, diese vom Endverbraucher zurückzunehmen und der Verwertung zuzuführen (§ 6 Abs. 1 S. 1 VerpackV). Hersteller von Verkaufsverpackungen und Vorvertreiber sind verpflichtet, Verkaufsverpackungen jeweils von der nachgelagerten Handelsstufe zurückzunehmen und einer Verwertung zuzuführen (§ 6 Abs. 2 S. 1 VerpackV). Die Einzelheiten, insbesondere die Mindestverwertungsquoten ergeben sich aus Anhang I der VerpackV. Verkaufsverpackungen aus Glas müssen zu 75 % einer stofflichen Verwertung zugeführt werden (Anhang I (zu § 6 VerpackV) Nr. 1 Abs. 2). Die Rücknahmepflichten entfallen, soweit sich Hersteller oder Vertreiber an einem System beteiligen, das flächendeckend eine regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher oder in dessen unmittelbarer Nähe gewährleistet und die in Anhang I der VerpackV genannten Anforderungen erfüllt (§ 6 Abs. 3 S. 1 VerpackV). Das System muss, wie sich aus der Verweisung in § 6 Abs. 3 S. 2 VerpackV ergibt, die in Anhang I Nr. 1 Abs. 2 genannten Verwertungsquoten erfüllen. 105 Allg. Meinung, vgl. nur Fluck/Fischer, in: Fluck, Kreislaufwirtschafts-, Abfall- und Bodenschutzrecht, 33. Erg.-Lfg. Dezember 2001, Rn. 62 ff. m.w.N. - 33 - - 33 78. Es ist vorgesehen, diese Wahlmöglichkeit der Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen künftig entfallen zu lassen. Soweit Verkaufsverpackungen dazu bestimmt sind, beim privaten Endverbraucher anzufallen, müssen sie an einem haushaltsnahen Sammelsystem teilnehmen. 106 79. Die weitaus meisten Verpflichteten haben sich haushaltsnahen Sammelsystemen angeschlossen. Im Jahr 2003 wurde 84,5 % der in Verkehr gebrachten Menge an Verkaufsverpackungen aus Glas über haushaltsnahe Sammelsysteme entsorgt; 2005 wird der Anteil auf 79,5 % geschätzt. 107 Die Hersteller von Behälterglas beteiligen sich nicht an haushaltsnahen Sammelsystemen und übernehmen auch keine Kosten, die durch die haushaltsnahe Sammlung entstehen. 80. Der damalige Geschäftsführer der GGA, Herr Brauck, führte gegenüber der Beschlussabteilung am 23. November 2004 108 wörtlich aus: "Die Glasbehälter werden von den Glashütten ohne DSDLizenzgebühr an die Abfüller verkauft. Der Abfüller entrichtet die DSD-Gebühr an DSD und ist damit Systemteilnehmer des Dualen Systems. Danach nimmt der Behälter seinen Weg vom Abfüller über den Handel zum Konsumenten und von diesem schließlich in den Altglascontainer. DSD schließt Entsorgungsverträge mit Entsorgungsunternehmen, die Sammlung und Transport von Glas umfassen, und bezahlt dem Entsorger diese Dienstleistung. Der Entsorger wird mit der Sammlung Eigentümer des Altglases. Die GGA schließt mit dem Entsorger einen Liefer- und Abnahmevertrag. GGA nimmt dem Entsorger das Glas ab und wird nun ihrerseits Eigentümerin des Glases. Sie zahlt dem Entsorger einen 'Bonus' für nach Farben sortiertes Glas, der für Braunglas am höchsten und für Grünglas am niedrigsten ist; dies ist praktisch der Glaspreis. Dazu zahlt die GGA entweder dem Entsorger 106 107 108 die Frachtkosten zur Aufbereitungsanlage oder Referenten-Entwurf der 5. Novelle der Verpackungsverordnung vom 2. März 2007, Art. 6 VerpackV n.F., www.bmu.de. GVM Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung, Umsetzung der Verpackungsverordnung in Deutschland, Wiesbaden, Oktober 2005, 874, 880 d.A. Gesprächsvermerk vom 23. November 2004, B 10 – 39/99, Bl. 346 f. d.A. Zu den Änderungen, die sich aus der Vermarktung des Altglases durch DSD ergeben, vgl. oben A.V.1. - 34 - - 34 übernimmt selbst den Transport. GGA kauft damit das Glas bundesweit zu einheitlichen Preisen." 81. Mit der Beteiligung an einem haushaltsnahen Sammelsystem entfallen gem. § 6 Abs. 3 S. 1 VerpackV die Rücknahme- und Verwertungspflichten der Hersteller und Vertreiber vollständig. Haushaltsnahe Sammelsysteme müssen nicht nur die regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen gewährleisten, sondern sind auch – wie sich aus der Verweisung in Satz 1 auf den gesamten Anhang I der VerpackV ergibt - verantwortlich für das Erreichen der in Nr. 1 Abs. 2 des Anhangs I genannten Mindestverwertungsquoten. Soweit sie über keine eigenen Verwertungskapazitäten verfügen, beauftragen sie Dritte mit der Zuführung des Altglases zur Verwertung. Die Aufteilung verpackungsrechtlicher Pflichten, indem die haushaltsnahen Systeme nur Sammlung und Transport der gebrauchten Verpackungen organisieren und insoweit die Verpflichteten freistellen, während die Erfüllung der Verwertungspflichten durch Hersteller oder Vertreiber übernommen wird, ist in der VerpackV nicht vorgesehen. 82. Die Beteiligten vertreten die Ansicht, sie seien trotz der Teilnahme der von ihnen hergestellten Verkaufsverpackungen aus Glas Adressaten der sich aus Anhang I (zu § 6 VerpackV) Nr. 1 Abs. 2 ergebenden Pflicht, mindestens 75 % dieser Verpackungen stofflich zu verwerten. 109 Sie weisen auf die ihrer Ansicht nach konkret bestehende Gefahr hin, Geldbußen wegen der Nichterfüllung der Mindestverwertungsquoten zahlen zu müssen. Sie übersehen dabei, dass diese Pflicht nur für den Adressatenkreis des § 6 Abs. 1 – 3 VerpackV besteht. Voraussetzung wäre, dass die von den Beteiligten hergestellten Verpackungen nicht an einem Voraussetzung ist haushaltsnahen jedoch nicht Sammelsystem erfüllt. Soweit teilnehmen. ein System Diese die Mindestverwertungsquoten nicht erfüllt, können gegen die Verantwortlichen Bußgelder verhängt werden (§ 15 Nr. 9 VerpackV). Es ist ausgeschlossen, dass die zuständige Behörde bei der Teilnahme von Verkaufsverpackungen an einem dualen System und Erfüllung der Sammel- und Verwertungspflichten Bußgelder gegen die Hersteller oder Vertreiber dieser Verkaufsverpackungen verhängt. 109 Schriftsatz der GGA vom 10. April 2007, Bl. 635 ff. d.A. - 35 - - 35 II. Betroffene Märkte 83. Der Gesellschaftsvertrag der GGA und die im Beirat und der Gesellschafterversammlung von den Behälterglasherstellern getroffenen Entscheidungen zum gemeinsamen Einkauf von Altglas und zur Koordinierung des Altglaseinsatzes bei der Herstellung von Behälterglas (im Folgenden zusammenfassend: die Vereinbarung) beschränken den Wettbewerb auf den Einkaufsmärkten für (aufbereitetes) Altglas. 1. Sachlich relevante Märkte 84. Einkaufskartelle betreffen unmittelbar die Märkte, auf denen die von der Vereinbarung umfassten Produkte eingekauft werden. 110 Diese Einkaufsmärkte sind aus Sicht der Anbieter abzugrenzen. Es ist festzustellen, welche Absatzalternativen den Verkäufern zu Verfügung stehen. 111 Über die GGA decken die Beteiligten ihren Bedarf an Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung, das als Sekundärrohstoff bei der Herstellung von Behälterglas eingesetzt wird. Zu diesem Zweck kaufen sie zu einheitlichen Preisen das Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung und die notwendigen Transporte über die GGA ein und weisen diese Altglasmengen bestimmten Aufbereitungsanlagen zu. a) Die Altglasmärkte 85. Altglas wird in zwei Bereichen erfasst. Gebrauchte Verkaufsverpackungen überlässt der Endverbraucher fast ausschließlich haushaltsnahen Sammelsystemen. DSD und weitere Unternehmen wie die ISD Interseroh Dienstleistungs GmbH, Köln oder die Landbell AG, Mainz, betreiben flächendeckende Sammelsysteme beim privaten Endverbraucher. In den endverbrauchernahen Sammelsystemen wird Altglas regelmäßig getrennt nach den drei Farben Grün, Braun und Weiß erfasst. Es ist mit Störstoffen verunreinigt und muss deshalb vor dem Einsatz in der Behälterglasherstellung 110 111 Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 119; Kommission, Entscheidung vom 5. Dezember 1979, ABl. L 51 vom 25. Februar 1980, S. 19 (Rn. 22) – Lab; Kommission, Entscheidung vom 9. Juli 1980, ABl. L 260 vom 3. Oktober 1980, S. 24 (Rn. 31 ff.) – National Sulphuric Acid Association; EuGH, Urteil vom 25. März 1981, Rs. C-61/80, Slg. 1981, S. 851 (Rn. 12 f.) - Lab; BGH, Urteil vom 12. November 2002, WuW/E DE-R 1087 (Rn. 9 ff.) – Ausrüstungsgegenstände für Feuerlöschzüge. Vgl. insofern auch der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 120. - 36 - - 36 aufbereitet werden. In wesentlich geringerem Umfang kommen Altglasmengen aus Produktionsbetrieben für Flach- oder Behälterglas und aus Abfüllerbetrieben, die Verpackungen aus Glas verwenden. Dieses Altglas aus dem gewerblichen Bereich wird im Allgemeinen in reinerer Form erfasst. 86. Anbieter des Altglases aus der haushaltsnahen Sammlung sind die Auftragnehmer dualer Systeme, die Sammlung und Transport des Altglases durchführen, soweit sich nicht die dualen Systeme Eigentum und Vermarktung des Altglases vorbehalten. Von dieser Möglichkeit hat DSD für 50 % der Gesamtmenge zum ersten Mal für die Verträge Gebrauch gemacht, die vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2009 laufen. Für die übrige Menge hat DSD den Auftragnehmern die Vermarktung überlassen. Diese Verträge laufen noch bis zum 31. Dezember 2007. DSD beabsichtigt, auch diese Menge künftig selbst zu vermarkten. Anbieter des Altglases aus dem gewerblichen Bereich sind die jeweiligen Produktionsbetriebe. Nachfrager nach Altglas sind Hersteller von Behälterglas. 87. Die Möglichkeit des Einsatzes von Sekundärrohstoffen in der Glasproduktion hängt von dem späteren Endprodukt ab. Man unterscheidet zwischen Hohloder Behälterglas, Flachglas und Spezialglas. Kennzeichnend für Behälterglas ist, dass die Anforderungen an die Reinheit des Glases deutlich geringer sind als z.B. bei Flachglas, das als Fensterglas verwendet werden soll. 112 Für andere Glasarten, z.B. für Flachglas, findet Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung keine Verwendung. 113 88. Als Primärrohstoffe werden zur Herstellung von Behälterglas Quarzsand (SiO2) als Glasbildner, Soda (Na2CO3) als Flussmittel zur Senkung der Schmelztemperatur, Kalk (CaCO3), Dolomit (CaCO3 – MGCO3) und Feldspat (NaAISi3O6) als Stabilisatoren zur Erhöhung der Härte, der Festigkeit und der chemischen Beständigkeit, Pottasche (K2CO3) zur Erhöhung der Brillianz sowie Metallionen als Färbemittel eingesetzt. 114 112 113 114 Im Einzelfall werden auch bei hochwertigen Konsumgütern hohe Anforderungen an die Verpackung gestellt. Dies kann dazu führen, dass bei der Herstellung Sekundärrohstoffe aus der haushaltsnahen Sammlung nicht eingesetzt werden können, weil sie zu stark mit Fremdstoffen verschmutzt sind, vgl. telefonische Auskunft von H. Nieswand, Glaswerk Ernstthal, vom 20. Oktober 2006. Im Regelfall können aber diese Sekundärrohstoffe verwendet werden. Eines der befragten Unternehmen setzt Behälterglasscherben zur Herstellung von Mineralwolledämmstoffen ein. Diese Form der alternativen Verwertung von Altglas spielt allerdings nur eine untergeordnete Rolle: 2,75 % der Gesamtaltglasmenge wurde 2005 in dieser Form verwertet. Internetveröffentlichung des GGA, www.glasaktuell.de. - 37 - - 37 b) Einbeziehung der Altglasaufbereitung 89. Altglas wird in speziellen Anlagen aufbereitet. Das Altglas wird darin von Fremd- und Schadstoffen (Keramik, Steine, Porzellan, Metalle und Papier) befreit. Die Aufbereitung erfolgt vollautomatisch, wobei Metallscheider, Siebe, Windsichter und optoelektrische Sortieranlagen zum Erkennen und Aussortieren von mineralischen Fremdstoffen sowie zur farblichen Nachsortierung der Glasscherben eingesetzt werden. Erst nach dieser Behandlung wird das Altglas von der Aufbereitungsanlage an die jeweilige Glashütte geliefert. 90. Altglas aus dem gewerblichen Bereich beziehen die Beteiligten ebenfalls regelmäßig über Aufbereiter, damit die für ihre Produktion erforderliche Qualität gewährleistet ist. Die Preise werden individuell zwischen den Glashütten und den Aufbereitern ausgehandelt. Ausnahmsweise kann Altglas aus Gewerbebetrieben ohne vorherige Aufbereitung eingesetzt werden, wenn die betreffenden Betriebe in der Lage sind, durch eine ausreichende Sortierung die Qualitätsstandards einzuhalten. 91. Die Beschlussabteilung hat in der Fusionskontrolle einen eigenständigen Markt für die Aufbereitung von Altglas zu Grunde gelegt. 115 Wegen der Struktur des gemeinsamen Einkaufs der Beteiligten über die GGA beschaffen die Glashütten die Aufbereitungsleistung derzeit getrennt. Für Altglas anderer Herkunftsbereiche gibt es eine solche getrennte Beschaffung des Rohstoffs und der zu seiner Verwendung notwendigen Veredelung nicht. Altglas anderer Herkunftsbereiche geht im Regelfall an die Aufbereiter, die es aufbereitet zu einem Komplettpreis an die Glashütten veräußern. 116 92. Wie sich die Hersteller von Behälterglas nach Beendigung des gemeinsamen Einkaufs über die GGA verhalten werden, ist offen. DSD hat im Rahmen der Ausschreibung des Jahres 2006 zum ersten Mal die Altglasmengen aus der haushaltsnahen Sammlung selbst zum Verkauf angeboten. Die Bieter verpflichten sich in dem Vertrag, das Altglas einer Verwertung – im Regelfall in Glashütten – zuzuführen. Für 89 % der Altglasmenge haben Entsorger / Glasaufbereiter geboten, während nur für 11 % Glashütten Angebote 115 116 Rethmann/RWE, B 10 – 122/04, www.bundeskartellamt.de, Rz.176 ff. Deshalb haben die befragten Glashersteller für die nicht über die GGA bezogenen Mengen Komplettpreise (inklusive Aufbereitung) angegeben. - 38 - - 38 abgegeben haben. 117 Es ist anzunehmen, dass die Mitgliedschaft der Glashütten in der GGA diese derzeit noch davon abhält, individuell Altglas einzukaufen. Soweit Aufbereiter Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung erwerben, stehen sie als Anbieter aufbereiteten Altglases den Glashütten als Nachfrager gegenüber. Es ist aber auch denkbar, dass Behälterglashersteller – insbesondere wenn sie über eigene Aufbereitungsanlagen verfügen – unaufbereitetes Altglas kaufen, um es nach Aufbereitung in ihrer Produktion einzusetzen. Wie sich das Nachfrageverhalten entwickeln wird und welche Marktabgrenzung künftig zu Grunde zu legen sein wird, ist derzeit noch offen, weil die Existenz der GGA die Entwicklung von Wettbewerbsstrukturen auf den Altglasmärkten verhindert. 93. Für die Ermittlung und Bewertung der von der Vereinbarung ausgehenden Wettbewerbsbeschränkung muss die Frage nicht entschieden werden, ob ein der eigentlichen Verwertung vorgelagerter Markt für die Aufbereitung von Altglas abzugrenzen ist bzw. ob es getrennte Märkte für unaufbereitetes und für aufbereitetes Altglas gibt. Denn die Analyse des Zwecks und der Wirkung der Vereinbarung 118 ergibt, dass sowohl bei der Annahme einheitlicher Märkte als auch bei der Annahme getrennter Märkte eine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. § 1 GWB bzw. des Art. 81 Abs. 1 EG vorliegt. 94. Die GGA hat mit einer Reihe von Aufbereitern unmittelbare Verträge, in denen sie die Auslastung der Anlagen mit Mindestmengen zusagt. 119 Sie ordnet die Gebiete, in denen haushaltsnah Altglas erfasst wird, Aufbereitungsanlagen zu und führt zentral Gespräche mit den Betreibern von Aufbereitungsanlagen über die Inanspruchnahme von Aufbereitungskapazitäten. Darüber hinaus definiert sie Aufbereitungsqualitäten. Die Einzelheiten der Einflussnahme sind im Rahmen der Analyse der von der Vereinbarung ausgehenden Wettbewerbsbeschränkung zu diskutieren. 120 Die Frage, ob Märkte für unaufbereitetes und aufbereitetes Altglas oder ob es sich um einheitliche Altglasmärkte handelt, kann offen bleiben, weil sich die Vereinbarung auf beide Bereiche erstreckt. 117 118 119 120 Schreiben des Bevollmächtigten der DSD vom 8. Juni 2006, B 4 – 1007/06. Vgl. C.III.1. Vgl. oben A.IV.2.a). Unten C.III. - 39 - - 39 c) Keine getrennten Altglasmärkte für Altglas aus haushaltsnahen Sammlungen und Altglas aus dem gewerblichen Bereich 95. Eine Aufteilung des sachlich relevanten Marktes nach Herkunftsbereichen ist nicht sachgerecht. Es muss kein Markt für Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung von einem Markt für Altglas anderer Herkunft insbesondere Flachglas abgegrenzt werden. Altglas beider Herkunftsbereiche wird an die Behälterglashersteller abgesetzt. Aus Sicht der Hersteller von Behälterglas kann Altglas beider Bereiche im Herstellungsprozess verwendet werden. Dies ergibt sich aus den Antworten der befragten Behälterglashersteller. Zur Produktion von weißem Behälterglas werden Flachglasscherben eingesetzt, weil bereits geringe Verunreinigungen störend wirken und Alt-Flachglas im Regelfall deutlich weniger verschmutzt ist als Weißglas aus der haushaltsnahen Sammlung. d) Keine Einbeziehung der Primärrohstoffe 96. Primärrohstoffe sind in den von der Wettbewerbsbeschränkung betroffenen Markt nicht einzubeziehen, weil Primärrohstoffe und Sekundärrohstoffe nach Angaben der Glashersteller nicht austauschbar sind. 97. Die Beteiligten vertreten die Auffassung, Primärrohstoffe seien in den sachlich relevanten Markt einzubeziehen. 121 Der Sekundärrohstoffeinsatz könne um bis zu 10 % verringert werden; darüber hinaus seien im Rahmen anstehender Erneuerungsmaßnahmen auch deutlich höhere Mengen an Sekundärrohstoffen substituierbar. Sie meinen, die Grenzkosten für den Einsatz von Primärrohstoffen betrage [...] €/t. 122 Bei der Berechnung des Kostenvorteils berücksichtigen sie ausschließlich die Kosten für den Rohstoff, für Energie und für CO2-Zertifikate, nicht Kosten für Erweiterungsinvestitionen. Diese Ausführungen halten einer näheren Prüfung nicht stand. 98. Eine Verringerung des Altglaseinsatzes bei der Herstellung von Behälterglas durch Erhöhung der Primärrohstoffmengen ist kurz- und mittelfristig nicht über maximal 10 % hinaus möglich. Die Beschlussabteilung hat insofern alle Beteiligten aufgefordert, den Aufwand darzustellen, den eine Erhöhung des Einsatzes von Primärrohstoffen zur Folge hätte. Nur ein kleinerer Hersteller hat 121 122 Bl. 667 f. d.A. Bl. 693 d.A. - 40 - - 40 erklärt, eine solche Umstellung auch kurzfristig durchführen zu können, weil die notwendigen technischen Voraussetzungen in seinem Unternehmen gegeben seien. 123 Alle anderen Unternehmen haben, soweit sie nähere Ausführungen zu dieser Frage gemacht haben, die Möglichkeit entweder generell verneint oder auf die Kosten hingewiesen, die einer Umstellung entgegenstehen. 99. Die Erhöhung der eingesetzten Erweiterungsinvestitionen würde zu Primärrohstoffmengen einer deutlichen ohne Abnahme der Produktionsmengen führen. Dies betrifft die Gemengehäuser, in denen Primärrohstoffe zu einem schmelzfähigen Gemisch verarbeitet werden. Der Rückgang der Schmelzleistung bei einer Verringerung des Scherbeneinsatzes um 10 % wird auf ca. 25 - 35 % geschätzt. 124 Auch die Kapazitäten der Schmelzwannen, in denen durch Zufuhr von Wärme die flüssige Glasmasse hergestellt wird, gingen zurück. Unter der Annahme unveränderter Schmelzwannen ist bei einem Rückgang der Scherben um 5 - 15 % mit einem Rückgang der Schmelzkapazität um 1 % – 5 % Prozent zu rechnen. 125 Eine Anpassung der Kapazitäten erfordert umfangreiche Anpassungen der Wannen, weil höhere Temperaturen zur Schmelze und eine verbesserte Rauchgasreinigung erforderlich sind. 100. Eine Erhöhung der eingesetzten Primärrohstoffmengen ohne Rückgang der Produktionskapazitäten setzt deshalb erhebliche Investitionen in die Erweiterung der Lagereinrichtungen und der Gemengehäuser voraus. Hinzu kommen Investitionen in Umwelttechnik, um auch bei einem erhöhten Einsatz von Primärrohstoffen die Grenzwerte der TA Luft einzuhalten. Drei große Hersteller von Behälterglas 126 haben nähere Angaben zu dem geschätzten Investitionsbedarf gemacht. Sie gehen alle von einem erheblichen Investitionsbedarf aus, der bis zu 20 Mio. € betragen kann. 127 Diese Investitionen würden einen erheblichen Zeitraum in Anspruch nehmen. Rexam erklärt, dass die Gemengehäuser in 1 – 2 Jahren angepasst werden können. 123 124 125 126 127 Auskunft von Weck, Bl. 738 d.A. Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. Auskunft von Rexam, Bl. 760 ff. d.A., Heye, Bl. 765 f. d.A Wiegand Bl. 951 ff. d.A. Die Behälterglashersteller haben den Investitionsaufwand im Einzelnen beziffert, betrachten die konkreten Angaben aber als Geschäftsgeheimnisse. Für die Zwecke der Marktabgrenzung muss nicht auf die konkreten unternehmensindividuellen Angaben zurückgegriffen werden, sondern es reicht aus, wenn die Größenordnung des Zusatzaufwandes nachvollziehbar ist. Auskunft von Rexam, Bl. 760 d.A. Die Behälterglashersteller haben den erwarteten Investitionsbedarf näher beziffert, betrachten die konkreten Angaben aber als Geschäftsgeheimnisse. - 41 - - 41 Für die Schmelzwannen legt Rexam einen Zeitraum von 5 bis 8 Jahren zu Grunde. 128 101. Die Erhöhung des Primärrohstoffanteils führt auch zu einem deutlichen Anstieg der variablen Kosten. Insbesondere steigt der Energiebedarf. Bei einem Rückgang des Einsatzes von Sekundärrohstoffen um 10 % ist ein Anstieg des Energiebedarfs um 2 % - 4 % zu erwarten. Gleichzeitig erhöht sich der CO2Ausstoß. Eine Absenkung des Scherbenanteils von 70 % auf 60 % wird nach Schätzungen der Behälterglashersteller zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen von ca. 150 kg auf 450 kg CO2 je t Glas führen. 129 Die dadurch zu erwartenden Zusatzkosten schätzt z.B. Rexam auf über 2 Mio. € jährlich. 130 102. Primär- und Sekundärrohstoffe zur Herstellung von Behälterglas sind deshalb nach Angaben der Behälterglashersteller nicht austauschbar. Sie gehören unterschiedlichen Märkten an. e) Kein einheitlicher Markt für alle Glasfarben 103. Grün-, Braun- und Weißglasscherben bilden jeweils eigene Sekundärrohstoffmärkte. Es ist mit heutigen technischen Mitteln nicht in wirtschaftlich vertretbarer Weise möglich, z.B. Grünglasscherben für die Produktion von Weißglas einzusetzen. Aus diesem Grund werden bereits bei der Sammlung des Altglases erhebliche Anstrengungen unternommen, eine Vermischung der drei Farbfraktionen zu vermeiden. Eine Mischglaserfassung, wie sie in wenigen Gebieten Deutschlands praktiziert wird, lehnt die Glasindustrie ab. 131 Die Anbieter von Altglas sind nicht in der Lage, beliebige Mengen in den jeweiligen Farben anzubieten. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass bei Grünglas Übermengen vorhanden sind, während bei den anderen Glasfarben Mengen fehlten. Die Altglas-Anbieter können deshalb ihre jeweiligen Angebotsmengen nur begrenzt umstellen. Andere Absatzwege als die Verwertung in Glashütten spielen keine Rolle. 128 129 130 131 Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. (Die konkreten Angaben wertet Rexam als Geschäftsgeheimnis). Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. (Die konkreten Angaben wertet Rexam als Geschäftsgeheimnis). Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. (Die konkreten Angaben wertet Rexam als Geschäftsgeheimnis). "Mischglas und seine Probleme", Veröffentlichung auf der Internetseite der GGA, www.glasaktuell.de. Schreiben der GGA an den Landkreis Goslar vom 4. September 2002: "Technisch ist es nicht möglich, aus einer Mischglasfraktion drei Farben herzustellen, die die gleiche Qualität haben wie die Glasscherben aus der farbgetrennten Sammlung", B 10 – 39/99, Bl. 213. - 42 - - 42 104. Hinsichtlich ihrer Abnehmer sind die Hersteller von Behälterglas weitgehend festgelegt. Die Farbe und Gestaltung der Verkaufsverpackung gehört zu dem Markenimage, das nicht ohne weiteres veränderbar ist. Insbesondere bei eingeführten Produkten kann die Glasfarbe nicht ohne negative Auswirkungen auf den Absatz verändert werden. Diese relativ starre Nachfrage durch die Abnehmer hat zur Folge, dass auch die Nachfrage der Behälterglashersteller nach den jeweiligen Farbfraktionen relativ konstant ist und Substitutionsbeziehungen aus ihrer Sicht nicht bestehen. 2. Räumlich relevante Märkte 105. Wegen des hohen spezifischen Gewichts des unaufbereiteten und des aufbereiteten Glases ist es wirtschaftlich nicht sinnvoll, Altglas über weite Strecken zu transportieren. Die Beschlussabteilung hat im Rahmen von Ermittlungen in Fusionskontrollverfahren festgestellt, dass der durchschnittliche Einzugsbereich der Altglas-Aufbereitungsanlagen (Sammelgebiet zur Aufbereitungsanlage) für ca. 75 % des aufbereiteten Glases bei ca. 120 km liegt. 132 In vorliegenden Verfahren sind die Behälterglashersteller zur durchschnittlichen Transportentfernung des aufbereiteten Glases (Aufbereitungsanlage zur Glashütte) befragt worden. Danach beträgt die durchschnittliche, gewichtete Entfernung der Aufbereitungsanlage 144 km. 106. Es ist nicht erforderlich, die jeweiligen Regionalmärkte aus Sicht der Glashütten im Einzelnen abzugrenzen. Denn die Vereinbarung zwischen allen Herstellern der GGA wirkt sich auf alle betroffenen Regionalmärkte gleichermaßen aus. Wegen des im Verhältnis zu den Scherben anderer Herkunftsbereiche hohen Anteils der über die GGA vermarkteten Altglasmengen kann ausgeschlossen werden, dass in einzelnen Regionalmärkten der Anteil der Glasscherben aus anderen Herkunftsbereichen so hoch ist, dass die von der GGA ausgehende Wettbewerbsbeschränkung nicht mehr spürbar ist. Nur bei drei der befragten Glashütten, die Altglas für die Produktion von Behälterglas einsetzen, liegt der Anteil des von der GGA bezogenen Altglases unter 20 %. Diese Unternehmen bezogen weniger als 3 % der gesamten bei der Herstellung von Behälterglas eingesetzten Altglasmenge und setzen weniger als 7 % des in Deutschland hergestellten 132 Behälterglases ab. Vor diesem Hintergrund ist für die Bundeskartellamt, Beschluss vom 23. Februar 2005, B 10-122/04, www.bundeskartellamt.de, Rz. 180 ff. - 43 - - 43 wettbewerbliche Beurteilung des koordinierten Einkaufs der Behälterglashersteller über die GGA auf ganz Deutschland abzustellen. III. Wettbewerbsbeschränkung 1. Beschränkung des Wettbewerbs auf den Altglasmärkten 107. Die Vereinbarung bezweckt und bewirkt eine Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Behälterglasherstellern auf den (Einkaufs-)Märkten für Grün-, Braun- und Weißglasscherben. Die Behälterglashersteller kaufen das für ihre Produktion benötigte Altglas gemeinsam zu identischen Preisen ein, steuern die Altglasmengen auf Aufbereitungsanlagen zu und gleichen Transportkostenunterschiede zwischen ihren Standorten aus. 108. Die Nachfrage nach Altglas konzentriert sich auf wenige Hersteller von Behälterglas. Nach den Ermittlungen der Beschlussabteilung bezogen 2005 Rexam und Heye (beide jetzt Ardagh) über 30 % der gesamten im Inland verwerteten Altglasmenge, Saint Gobain 20 – 30 % sowie BSN (O-I) und Wiegand jeweils 10 – 20 % (wertmäßige Betrachtung aller Glasfarben). a) Zweck der Vereinbarung 109. Eine Vereinbarung bezweckt eine Wettbewerbsbeschränkung, wenn sie ihrem Wesen nach geeignet ist, den Wettbewerb zu beschränken. Die beabsichtigten Beschränkungen müssen ein derart großes Potenzial für negative Auswirkungen auf den Wettbewerb haben, dass es nicht notwendig ist, deren tatsächliche Auswirkungen im Markt nachzuweisen. 133 110. Die Beteiligten kaufen gemeinsam unaufbereitetes Altglas und die erforderlichen Transporte ein. Sie betreiben ein System zum Ausgleich der Transportkosten. Die Transportkosten werden nicht mehr – wie es auf ungestörten Märkten der Fall ist – individuell den Beschaffungsvorgängen zugeordnet. Statt dessen zahlen die Beteiligten Einheitspreise, die die Transportkosten beinhalten. 111. Die Beteiligten koordinieren darüber hinaus durch die oben dargestellte Aufteilung der Mengen auf die Aufbereitungsanlagen mit entsprechender Auswirkung auf das Angebotsverhalten der Betreiber dieser Anlagen und durch 133 Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Abs. 3 EG, ABl. C 101 vom 27. April 2004, S. 97, Rn. 21. - 44 - - 44 die gemeinsame Qualitätskontrolle – unbeschadet der Frage, ob es sich um einen eigenständigen Markt handelt oder nicht – ihr Verhalten auch auf der Aufbereitungsstufe. 134 112. Die GGA bestreitet nicht, dass Zweck der Vereinbarung der gemeinsame Einkauf des unaufbereiteten Altglases und der Ausgleich der Transportkosten ist. Zur Aufbereitung hat sie vorgetragen, sie nehme auf die Zuordnung des Altglases zu den Aufbereitungsanlagen keinen Einfluss. 135 Die Glashütten schlössen mit den Aufbereitern Verträge mit unterschiedlichen Laufzeiten und riefen die Glasmengen nach Bedarf ab. Die Glashütten träfen ihre Entscheidungen unabhängig von der GGA. Die GGA werde im Prinzip nur angesprochen, wenn es Engpässe in einer Region gebe bzw. wenn über größere Strecken Altglas transportiert werden solle. Die Aufbereiter bereiteten das Altglas in eigener Regie und nach dem Bedarf ihrer Kunden – der Glashütten – auf. Die Zuordnung der Glasmengen zu den Aufbereitern bestimmten im Prinzip die Entsorger, da sie zu rund 60 % gleichzeitig auch über Aufbereitungsanlagen verfügten. Bei Entsorgern ohne Aufbereitungsanlagen ergebe sich die Zuordnung meist aus Gegebenheiten des Entsorgers bzw. aus den gewachsenen Strukturen. Die Zuordnung der Sammelmengen auf die Aufbereiter schreibe die GGA in ihren Verträgen mit den Entsorgern fest. 136 Die GGA versuche dabei, die logistisch günstigste Aufbereitungsanlage zu vereinbaren. 113. Diese Sicht kommt auch in der Anlage 4 zum Aufbereitervertrag der GGA zum Ausdruck, den die GGA im eigenen Namen für die Mengen abschließt, die nicht in Glashütten im Inland verwertet werden, sondern exportiert werden. Es heißt dort 137 : "Aufbereitungsvereinbarung für Exportmengen, Geschäftsmodell Die Parteien sind sich in dem grundsätzlichem Geschäftsmodell einig, dass der Aufbereiter mit Glashütten individuelle Liefer- und Abnahmeverträge mindestens für die Laufzeit des Aufbereitungsvertrages schließt und die GGA nur als Vermittler agiert. Letztgenannte schließt zum Zeitpunkt des Vertrags134 135 136 137 Vgl. oben A.IV.1.a). Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 75. Durch die Festlegung der Ablieferstelle im Standardvertrag mit dem Entsorger in § 2. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 53. - 45 - - 45 abschlusses aus, in Deutschland als Einkaufsgesellschaft für die Glashütten aufzutreten; Abweichungen davon sehen die Parteien grundsätzlich als Wegfall der Geschäftsgrundlage an. Ausschließlich für den Fall von Lieferengpässen bzw. Übermengen von aufbereitetem Glas, die ausdrücklich nicht auf qualitative Schlechtleistung des Aufbereiters bzw. auf preisliche Unvereinbarkeit zurückzuführen zwischen sind, wird Glashütte die GGA und als Aufbereiter Einkäufer von aufbereitetem Glas mit dem Ziel auftreten, diese Mengen überwiegend im Ausland zu verwerten. Nur in diesen Fällen wird zwischen GGA und dem Aufbereiter ein Aufbereitungspreis (§ 4 Absatz 1.1) vereinbart, der sich an marktüblichen Beträgen orientiert und je Einzelfall verhandelt wird." 114. Die Mengen, die die GGA im eigenen Namen aufbereiten lässt, sind im Vergleich zu den Gesamtmengen tatsächlich relativ gering. Die GGA fragt Aufbereitungsleistungen nur für Übermengen nach, die im Inland nicht bei der Produktion von Behälterglas eingesetzt werden können. 138 Es handelt sich meist um Grünglas, das die GGA exportiert. Im Jahr 2005 hat die GGA eine Menge von 0,229 Mio. t Altglas im eigenen Namen aufbereiten lassen. Die befragten Behälterglashersteller haben in 2005 2,29 Mio. t. aufbereitetes Altglas verwertet. 115. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass die GGA hinsichtlich der Aufbereitung der Altglasmengen nur eine untergeordnete Rolle spielt. Die GGA steuert aktiv die Zuordnung von Altglasmengen auf Aufbereitungsanlagen, weil es das gemeinsame Ziel der Kartellmitglieder ist, die gesamten Transportkosten zu vereinheitlichen. Gleichzeitig strebt die GGA an, die Gesamtkosten für Transporte nicht zu groß werden zu lassen. 116. Zu diesem Zweck hat die GGA das Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik beauftragt, Gutachten 139 Transportwege Optimierungspotenziale zu ermitteln. In seinem kommt das Institut zu dem Ergebnis, dass sowohl die zu den Aufbereitungsanlagen ("Vorlauf") als auch die Transportwege zu den Glashütten ("Nachlauf") reduziert werden können. 138 139 Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 24. Bl. 118 ff. d.A. - 46 - - 46 Insgesamt wird ein Optimierungspotenzial von 8,6 Mio. € oder 24 % ermittelt. Die Umsetzung solcher Optimierungspotenziale bei den Transportwegen und die Durchsetzung gegenüber der Marktgegenseite, den Aufbereitern, ist Aufgabe des Kartells und liegt im gemeinsamen Interesse der Beteiligten. 117. Die GGA führt deshalb zentrale Gespräche mit den Aufbereitern über die Auslastung der Kapazitäten. Sie hat nach der Vergabe der Glassammelverträge durch DSD für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2007 mit Aufbereitungsunternehmen verhandelt. 140 Ziel dieser Verhandlungen war die Verteilung der aufzubereitenden Glasmengen auf die Aufbereitungsanlagen. Im Protokoll der Beiratssitzung ist die Äußerung der Geschäftsführung der GGA wiedergegeben, Rhenus/Rethmann sei im Vorfeld bereits zugesagt worden, ca. 450.000 t auf deren Anlage zu bringen, eine Menge, die dem Stand 2003 abzüglich des Sammelmengenrückgangs entspreche, die aber noch unterhalb der eigenen Sammelmenge dieses Unternehmens liege. 141 Zwischen den Behälterglasherstellern bzw. bei der GGA bestand Konsens, dass die Aufbereitungsanlagen entsprechend den Aufbereitungsmengen der zurückliegenden Jahre ausgelastet werden. Dies führt zur Vereinheitlichung eines für die Kalkulation des Aufbereitungsentgelts wesentlichen Elements, des Auslastungsgrades der jeweiligen Anlage. 118. Die Betreiber der Aufbereitungsanlagen verhalten sich wegen der Koordinierung des Einkaufs in der GGA nicht wie es bei im Wettbewerb stehenden Unternehmen zu erwarten wäre. Im Wettbewerb wären die Unternehmen bestrebt, die eigenen Kapazitäten auszuschöpfen und zumindest die selbst gesammelten Mengen in eigenen Anlagen aufzubereiten. Sie würden je nach nachgefragter Menge Preise differenzieren und wären – soweit dies für sie betriebswirtschaftlich sinnvoll ist – auch bereit, Restkapazitäten zu günstigen Konditionen anzubieten, um die Auslastung ihrer sicherzustellen. Die Nachfrager nach diesen Leistungen Anlagen – die Behälterglashersteller – könnten ggf. in ihrem Einkaufsverhalten reagieren, indem sie längerfristige Verträge mit festen Mengen für die Grundversorgung ihrer Produktionsanlagen und für die darüber hinausgehenden Menge kurzfristige Spotmengenverträge abschließen. Sie vollzögen damit eine 140 141 Vgl. oben A.V.3. Vgl. oben A.V.3. - 47 - - 47 Entwicklung nach, die bei der Sortierung von Leichtverpackungen zu beobachten ist. DSD und andere Betreiber haushaltsnaher Sammelsysteme sind inzwischen dazu übergegangen, nur eine Grundmenge längerfristig auszuschreiben. Soweit darüber hinaus Sortierkapazitäten benötigt werden, schließen die Systeme Verträge mit einjähriger Laufzeit. 119. Das Verhalten von Rethmann/Rhenus in dem oben zitierten Beispiel zeigt aber, dass die Koordinierung der Behälterglashersteller auch auf Seiten der Anbieter von Aufbereitungsleistungen zu Wettbewerbsbeschränkungen führt. Solange die Behälterglashersteller in der GGA ihren Einkauf koordinieren, werden die Anbieter von Aufbereitungsleistungen keine Angebote im Wettbewerb abgeben und insbesondere nicht Überkapazitäten zu besonders günstigen Konditionen anbieten. Aus Sicht der Betreiber von Aufbereitungsanlagen wäre ein solches Verhalten wirtschaftlich nicht sinnvoll. Sie wissen, dass alle Behälterglashersteller in der GGA zusammenarbeiten und erwarten nicht, für Glasmengen aus der haushaltsnahen Sammlung individuelle Aufbereitungsverträge mit den Behälterglasherstellern aushandeln zu können. 120. Im Rahmen der GGA werden auch einheitliche Qualitätsstandards für das aufbereitete Glas Aufbereitungsanlagen definiert und überwacht. Zu deren Einhaltung diesem Zweck durch entsendet die jeder Behälterglashersteller einen Vertreter in den Arbeitskreis Altglas, in dem die betreffenden Fragen diskutiert werden. 142 Die GGA – und nicht die einzelne Glashütte – dokumentiert die Einhaltung der Qualitätsstandards für jede Aufbereitungsanlage 143 und reklamiert Abweichungen von den vordefinierten Standards gegenüber Qualitätsüberwachung Behälterglashersteller. den Aufbereitern. des Rohstoffeinkaufs Ein Beispiel hierfür Sie übernimmt für ist die die damit die inländischen Darstellung der Qualitätsüberwachung auf der Beiratsitzung am 24. Oktober 2005. Im Protokoll 144 heißt es: "Qualitätsanforderungen der Glasindustrie 142 143 144 Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung am 24. November 2004, Bl. 45. Auskunft der GGA vom 23. November 2006 , Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 24. November 2004, Bl. 185. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Protokoll der Beiratssitzung vom 24. Oktober 2005, Bl. 45. - 48 - - 48 [...] Herr Niepel [GGA] hat sich in letzter Zeit insbesondere auch den Braunglasreklamationen der Firma Heye angenommen. Hier hat sich gezeigt, dass ein gewisser Fortschritt in der Qualität zu erreichen war, dass dieser jedoch noch nicht ausreichend ist. Es muss jedoch nochmals darauf hingewiesen werden, dass die Reklamationen, die durch die Glashütten ausgesprochen werden, zur Kenntnis von der GGA gelangen sollten. Es ist sonst keine Nachverfolgung der Qualitätsproblematik möglich. Insbesondere muss verhindert werden, dass abgelehnte Ware einfach zur nächsten Glashütte gefahren wird und dort problemlos angenommen wird." b) Wirkung der Vereinbarung 121. Die Vereinbarung verhindert, dass auf den betroffenen Sekundärrohstoffmärkten duale Systeme, Betreiber von Glasaufbereitungsanlagen, die unaufbereitetes Altglas von dualen Systemen erwerben, oder Händler in individuellen Vereinbarungen Altglas an Behälterglashersteller absetzen können. Umgekehrt ist es den Behälterglasherstellern nur beschränkt möglich, von Dritten Altglas zu beziehen. Soweit es sich um Altglas aus der Sammlung dualer Systeme handelt, werden nur geringe Mengen nicht über die GGA vermarktet. 122. Die Kartellierung der Nachfrage wirkt sich nachteilig auf die Möglichkeit der Marktgegenseite aus, Altglas als Sekundärrohstoff zu vermarkten. Das Verhalten der Behälterglashersteller nach dem von DSD im Jahr 2006 durchgeführten Auktionsverfahren gegenüber den Anbietern von Altglas ist auf das Zusammenwirken der Behälterglashersteller in der GGA zurückzuführen. Die GGA beteiligte sich nicht unmittelbar an dem Auktionsverfahren der DSD im Jahr 2006 zur Vermarktung von Altglas, versuchte aber die gesamten Glasmengen von den Vertragspartnern der DSD aufzukaufen um das bisherige System fortführen zu können. Die Behälterglashersteller waren nicht bereit, in individuelle Verhandlungen mit den Vertragspartnern der DSD über die Übernahme von Altglas zu treten, sondern beharrten auf der zentralen Vermarktung über die GGA. - 49 - - 49 123. Der Beschlussabteilung liegen insoweit Eingaben zweier Unternehmen, der A. 145 und der H. 146 vor, die Altglas aus der Ausschreibung der DSD im Jahr 2006 erworben haben. Sie berichten übereinstimmend, dass individuelle Verhandlungen mit den Behälterglasherstellern nur schwer möglich waren. Ziel der GGA war es, zentral die Altglasmengen einzukaufen; dies konnte nur funktionieren, wenn die Gesellschafter der GGA von eigenen Verhandlungen absahen. Diese Strategie ergibt sich u.a. aus Emails, die Vertreter der GGA an A. gerichtet haben. Es heißt in diesen Emails 147 auszugsweise: "Bei der Gesamtschau der von Ihnen gewonnenen Gebiete ist zu vermuten, dass sich auch Mengen mit einem wesentlich günstigeren Einkaufspreis darunter befinden. Wir sind davon ausgegangen, dass sie uns Ihre Gesamtmengen anbieten. Dann wäre es sicherlich möglich, teure mit günstigeren Mengen zu kombinieren, um auf einen konkurrenzfähigen Preis zu kommen." "Wir denken [...] dass wir zu einer Lösung kommen könnten, wenn wir mit Ihren Gesamtmengen rechnen könnten." 124. Die Gesellschafter der GGA lehnen es ab, direkt von A. einzukaufen und verhindern auch, dass Glashütten in angrenzenden Staaten, die zum gleichen Konzern gehören, Mengen von A. annehmen. 148 Auch H. wurde hinsichtlich der Vermarktung seiner Glasmengen von der zu Saint Gobain gehörenden Süddeutschen Altglas Rohstoff GmbH, Bad Wurzach, an die GGA verwiesen. 149 125. Dennoch ist es den beiden Unternehmen gelungen, die von der DSD übernommenen Altglasmengen der Verwertung zuzuführen. A. konnte die Lagermengen auf inzwischen unter 5 % der zu verwertenden Altglasmengen abbauen. 150 126. Ohne die Vereinbarung wäre zu erwarten, dass die Behälterglashersteller in Wettbewerb um die für ihre Produktion benötigten Sekundärrohstoffe treten. Als Anbieter des Altglases kommen sowohl die Betreiber dualer Sammelsysteme 145 146 147 148 149 150 Bl. 520 ff. d.A. Bl. 534 ff. d.A. Bl. 528 d.A. Hervorhebung nicht im Original. Bl. 523 f. d.A. Bl. 536 d.A. Vgl. Email von A. vom 16. Mai 2007, Bl. 975 d.A. - 50 - - 50 als auch Aufbereiter, die Altglas nach der Aufbereitung veräußern wollen, in Betracht. Die Behälterglashersteller stünden beim Einkauf des Sekundärrohstoffs im Wettbewerb. Bemühungen zur Optimierung beim geografischen Standort wären nicht ausgeschaltet. 2. Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung 127. Die Wettbewerbsbeschränkung ist spürbar. Spürbar Wettbewerbsbeschränkung jedenfalls dann, wenn die an der ist eine fraglichen Vereinbarung beteiligten Unternehmen erhebliche Marktanteile auf sich vereinen. 151 Abzustellen ist auf die Marktanteile der Behälterglashersteller auf den betroffenen Altglasmärkten. 128. Die Unternehmen beziehen den wesentlichen Teil des von ihnen benötigten Altglases über die GGA. Zur Ermittlung des Verhältnisses der über die GGA bezogenen Altglasmengen zu den freien Mengen hat die Beschlussabteilung alle in Deutschland ansässigen Behälterglashersteller befragt. Nicht befragt wurden Hersteller von Flachglas, die auch Altglas, allerdings ausschließlich aus Produktionsabfällen einsetzen, weil auf sie nur ein geringes Marktvolumen entfällt. Insoweit hat die Beschlussabteilung bereits im Fusionskontrollverfahren Remondis/RWE für den Markt der Aufbereitung von Altglas festgestellt, dass ca. 90 % des aufbereiteten Altglases Behälterglasscherben sind. 152 Die Befragung hat ein Gesamtmarktvolumen von 2,3 Mio. t bzw. 105,9 Mio. € ergeben. Dies entspricht den Einschätzungen der GGA, die von 2,4 Mio. t bzw. 103 Mio. € ausgeht. 153 129. Die Zusammenfassung der drei Teilmärkte ergibt folgendes Bild: Altglas 154 Herkunft GGA Sonstiges Inland Importe Gesamt 151 152 153 154 Menge in t Anteil in % Wert in Mio. € Anteil in % 1.540.223 68,9 67,2 65,1 677.869 29,6 33,6 31,7 73.862 3,2 3,4 3,2 2.291.954 100,0 105,9 100,0 Vgl. hierzu die Bekanntmachung der Kommission über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gem. Art. 81 Abs. 1 EG nicht spürbar beschränken (de minimis), ABl. C 368 vom 22. Dezember 2001, S. 13, Ziff. 7. Bundeskartellamt, Beschluss vom 23. Februar 2005, B 10 – 122/04, www.bundeskartellamt.de. Die Zahlen beziehen sich auf 2003, es ist aber nicht davon auszugehen, dass sich die Menge des verwerteten Flachglases innerhalb zweier Jahre in relevanter Weise verändert hat. B 10 – 39/99, Bl. 402 f. d.A. Ergebnis der Befragung der Behälterglashersteller mit Schreiben vom 5. Oktober 2006, Bl. 75 ff. d.A. - 51 - - 51 130. Aufgeteilt auf die drei Farbfraktionen ergibt sich für das Jahr 2005 bei einer Betrachtung des Marktvolumens in t folgendes Ergebnis: 131. Grünglas Herkunft GGA Sonstiges Inland Importe Gesamt Menge in t Anteil in % Wert in Mio. € Anteil in % 565.885 22,3 70,0 69,6 215.962 26,7 8,9 27,7 26.626 3,3 0,9 2,8 808.473 100,0 32,0 100,0 Braunglas Herkunft GGA Sonstiges Inland Importe Gesamt Menge in t Anteil in % Wert in Mio. € Anteil in % 171.600 7,6 48,6 42,6 153.453 43,4 8,6 48,2 28.327 8,0 1,6 9,2 353.380 100,0 17,9 100,0 Weißglas Herkunft GGA Sonstiges Inland Importe Gesamt Menge in t Anteil in % Wert in Mio. € Anteil in % 802.738 39,0 71,0 69,7 308.454 27,2 16,1 28,8 18.909 1,7 0,9 1,5 1.130.101 100,0 56,0 100,0 Dieses Ergebnis deckt sich mit den eigenen Einschätzungen der GGA. Auf Grund freiwilliger Meldungen der Behälterglashersteller kann sie die Menge freier Scherben ermitteln, die bei der Produktion von Behälterglas eingesetzt werden. Demnach wurden 2005 1.538 Mio. t (73,1 %) Altglas über die GGA bezogen und 567 Mio. t (26,9 %) von Dritten. 155 Die Abweichungen ergeben sich daraus, dass die GGA keinen vollständigen Überblick der über Dritte bezogenen Altglasmengen hat. 3. Auswirkungen der Vereinbarung auf den Absatzmarkt 132. Bei Vereinbarungen zum gemeinsamen Einkauf bietet es sich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung an, die Absatzmärkte der Beteiligten in die Betrachtung jedenfalls auch mit einzubeziehen. Es ist – ergänzend zu den Wettbewerbsbeschränkungen auf den Einkaufsmärkten, die im Vordergrund der kartellrechtlichen Betrachtung stehen, festzustellen, welche Auswirkungen die Zusammenarbeit beim Einkauf auf den Wettbewerb der Beteiligten beim Absatz der von ihnen hergestellten Produkte hat. 156 155 156 Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 63. d.A. Vgl. hierzu auch die Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 125 ff. - 52 - - 52 133. Betroffen ist der Absatzmarkt für Behälterglas, auf dem die an der GGA beteiligten Unternehmen als Wettbewerber auftreten. Der Markt für Glasverpackungen ist von anderen Verpackungsmärkten (PET, Metall) abzugrenzen. 157 Die Abfüller von Getränken, Lebensmitteln etc. können nur nach Umstellung der Abfüllvorrichtungen Verpackungen anderer Materialien verwenden. 158 deutlich. 159 Die Abfülltechnologie unterscheidet sich im Einzelnen Für eine Reihe hochwertiger Produkte, insbesondere alkoholische Getränke, kommen nur Glasverpackungen in Frage, um das Image der jeweiligen Märkte nicht zu gefährden. 160 Das schließt Substitutionsbeziehungen in einigen Bereichen nicht aus. 161 134. Der räumlich relevante Markt ist regional abzugrenzen, weil die Transportkosten wegen des spezifischen Gewichts von Glasverpackungen eine erhebliche Rolle spielen. Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass Transporte nur wirtschaftlich sind bis zu einer Entfernung von maximal 400 bis 500 km um die jeweilige Produktionsstätte herum 162 und die Möglichkeit eines auf Deutschland begrenzten Marktes erwogen, ohne die Frage abschließend zu entscheiden. 163 Für die Bewertung der Auswirkungen der Wettbewerbsbeschränkungen auf den Absatzmarkt muss diese Frage nicht abschließend geklärt werden. Denn selbst wenn die an Deutschland angrenzenden Staaten teilweise in den räumlich relevanten Markt einzubeziehen sind, wirkt sich jedenfalls die Wettbewerbsbeschränkung auf dem Sekundärrohstoffmarkt auch auf dem Absatzmarkt aus. 135. Die inländischen Behälterglashersteller, die alle Gesellschafter der GGA sind, produzierten im Jahr 2005 3.909.000 t Behälterglas und haben damit einen 157 158 159 160 161 162 163 Vgl. Kommission, Entscheidung vom 21. April 1998, Case No IV/M.1109 – Owens-Illinois/BTR Packaging; Entscheidung vom 5. Juli 1999, Case No IV/M.1539 – CVC/Danone/Gerresheimer; Entscheidung vom 9. Juni 2004, Case No. COMP/M.3397 – Owens-Illinois/BSN Glaspack, veröffentlicht unter ec.europa.eu. Kommission, Entscheidung vom 5. Juli 1999, Case No IV/M.1539 – CVC/Danone/Gerresheimer, Rn. 12, ec.europa.eu. Kommission, Entscheidung vom 21. April 1998, Case No IV/M.1109 – Owens-Illinois/BTR Packaging; Rn. 13, ec.europa.eu. Kommission, Entscheidung vom 5. Juli 1999, Case No IV/M.1539 – CVC/Danone/Gerresheimer, Rn. 10, ec.europa.eu. Kommission, Entscheidung vom 9. Juni 2004, Case No COMP/M.3397 – Owens-Illinois/BSN Glaspack, Rn. 13, ec.europa.eu. Kommission, Entscheidung vom 9. Juni 2004, Case No COMP/M.3397 – Owens-Illinois/BSN Glaspack, Rn. 19, ec.europa.eu. Kommission, Entscheidung vom 5. Juli 1999, Case No IV/M.1539 – CVC/Danone/Gerresheimer, Rn. 24, ec.europa.eu. - 53 - - 53 Umsatz von 1.401 Mio. € erzielt. 164 Importe spielen mit 241.000 t eine untergeordnete Rolle, während 1.279.000 t Behälterglas exportiert werden. 165 Selbst wenn der räumlich relevante Markt nicht auf Deutschland begrenzt werden könnte, sondern noch Nachbarstaaten (teilweise) einzubeziehen wären, verfügten die Beteiligten jedenfalls über erhebliche Marktanteile. 136. Der gemeinsame Einkauf der Rohstoffe über die GGA schränkt den Wettbewerb auf der Absatzseite ein, soweit die Beteiligten einen Teil ihrer Kosten vergemeinschaften. Der auf die Altglasbeschaffung entfallende Kostenanteil ist erheblich. Die Marktteilnehmer schätzen, dass die Rohstoffkosten (Primär- und Sekundärrohstoffe) 15 % bis 25 % der Gesamtkosten ausmachen. 166 Auf Energie entfallen weitere 15 – 20 % der Kosten, während Lohnkosten 30 – 35 % ausmachen. 137. Der Anteil des als Sekundärrohstoff eingesetzten Altglases im Verhältnis zu den Primärrohstoffen ist ebenfalls hoch. Wertmäßig liegt der Anteil des Altglases am gesamten Rohstoffeinsatz je nach Farbfraktion zwischen 50 % und 67 %. Preisänderungen bei den Sekundärrohstoffen bzw. eine Verringerung bzw. Erhöhung der eingesetzten Sekundärrohstoffmengen wirken sich daher unmittelbar auf die Absatzpreise aus. 138. Eine Verringerung der eingesetzten Sekundärrohstoffmengen führt darüber hinaus zu einer Erhöhung der Energiekosten. Die Reduzierung der eingesetzten Sekundärrohstoffe um 10 % erhöht die Energiekosten um 2 % bis 4 %. 168 Weitere Kosten verursacht der bei steigendem Energieverbrauch notwendige Zukauf von CO2-Emissionszertifikaten. Soweit zusätzliche Investitionen erforderlich sind, z.B. in Gemengehäusern, führen größere Primärrohstoffmengen auch mittelbar zu Kostensteigerungen. IV. Eignung zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels 139. Die Vereinbarung ist geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Eine Eignung zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels liegt vor, wenn sich an Hand objektiver rechtlicher oder tatsächlicher 164 165 166 167 168 Jahresbericht des Bundesverbandes Glasindustrie e.V. 2005, S.7, Bl. 180 ff. d.A. Jahresbericht des Bundesverbandes Glasindustrie e.V. 2005, S. 8 f. Auskunft des früheren Geschäftsführers der GGA vom 18. Dezember 2006, Bl. 186 d.A., Auskunft von Rexam vom 26. Oktober 2006, bereinigte Fassung Bl. 1.095 d.A. Primär- und Sekundärrohstoffe, inklusive Aufbereitungsleistungen bei Altglas. Vgl. oben C.II.1.d). - 54 - - 54 Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass die Vereinbarung den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell beeinflussen kann. 169 140. Die Vereinbarung wirkt sich insofern unmittelbar auf die Märkte für die Verwertung von Altglas aus, als über die GGA Glasmengen, die im Inland keiner Verwertung zugeführt werden können, in das Ausland exportiert werden. 170 Im Jahr 2005 exportierte die GGA insgesamt 248.450 t Altglas, und zwar bis auf eine Menge von 513 t in Mitgliedstaaten. Mittelbar hat die Vereinbarung zur Folge, dass die Beteiligten beim Bezug von Altglas aus anderen Mitgliedstaaten beschränkt sind. Ein konkretes Beispiel für diese Auswirkungen auf den Bezug ist die Verzicht von Rexam auf Importe zu Gunsten inländischer Mengen. 171 Soweit Unternehmen Altglasmengen aus der DSD-Ausschreibung erworben haben, werden sie z.T. daran gehindert, diese in anderen Mitgliedstaaten abzusetzen, sofern Konzerne die GGA stützen wollen und Lieferungen an Tochterunternehmen im Ausland unterbinden. 172 141. Soweit die Vereinbarung Auswirkungen auf die Absatzmärkte hat, ist sie ebenfalls geeignet, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen. Denn die Hersteller von Behälterglas exportierten im Jahr 2005 Behälterglas im Wert von 616 Mio. €. Bezogen auf alle Glaswaren gingen 63 % der Exporte der Glashersteller in Mitgliedstaaten. 173 142. Die Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels ist unter Berücksichtigung des von der Vereinbarung betroffenen Marktvolumens und der hohen gemeinsamen Marktanteile der Beteiligten auf den betroffenen Märkten auch spürbar. 174 169 170 171 172 173 174 175 Vgl. hierzu auch die Bekanntmachung der Kommission – Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Art. 81 und 82 des Vertrages, ABl. C 101 v. 27. April 2004, S. 81, Rn. 23 m.w.N. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl 104 ff. Vgl. oben A.IV.3.c). Vgl. oben C.III.1.b) zu den Schwierigkeiten der A., Mengen im Ausland abzusetzen. Bundesverband Glasindustrie e.V., Jahresbericht 2005, S. 5, 8, Bl. 180 ff. d.A. Vgl. auch die Bekanntmachung der Kommission – Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Art. 81 und 82 des Vertrages, ABl. C 101 v. 27. April 2004, S. 81, Rn. 52. Vgl. auch die Bekanntmachung der Kommission – Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Art. 81 und 82 des Vertrages, ABl. C 101 v. 27. April 2004, S. 81, Rn. 52. - 55 - - 55 V. Keine Freistellung der Vereinbarung gem. Art. 81 Abs. 3 EG, § 2 GWB 143. Die Vereinbarung ist nicht gem. Art. 81 Abs. 3 EG, § 2 GWB freigestellt. Voraussetzung für eine Freistellung ist, dass die Vereinbarung unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder –verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beiträgt, ohne dass den beteiligten Unternehmen Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind oder Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten. 144. Sämtliche von den an einer Vereinbarung Beteiligten geltend gemachten Effizienzgewinne müssen substantiiert werden, um die Art der angeführten Effizienzgewinne, die Verknüpfung zwischen der Vereinbarung und den Effizienzgewinnen, die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß jedes geltend gemachten Effizienzgewinns nachprüfen zu können; überprüfbar muss auch sein, wie und wann jeder geltend gemachte Effizienzgewinn erreicht wird. 176 Werden Kosteneinsparungen geltend gemacht, muss der Wert der Einsparungen so genau wie möglich berechnet oder geschätzt und eingehend beschrieben werden, wie der Betrag berechnet wurde. Die vorgelegten Daten müssen nachprüfbar sein, damit in hinreichendem Maße gewährleistet ist, dass die Effizienzgewinne tatsächlich erzielt wurden oder wahrscheinlich erzielt werden. 177 145. Die Beteiligten haben zunächst mit Schreiben vom 24. Mai 2006 erklärt, sie seien im Rahmen einer auf ein Gutachten gestützten kartellrechtlichen Selbsteinschätzung zu dem Ergebnis gelangt, ihre Tätigkeit sei nach § 2 GWB freigestellt. 178 Nach Aufforderung durch die Beschlussabteilung hat die GGA dieses Gutachten vom 11. Januar 2006 sowie "Eckpunkte" vom 16. Januar 2006, die ebenfalls Ausführungen zur Freistellbarkeit der Vereinbarung enthalten, mit Schreiben vom 9. Juni 2006 vorgelegt. 179 Mit Auskunftsschreiben vom 10. Juli 2006 ist die GGA ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass 176 177 178 179 Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 51. Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 56. B 10 – 39/99, Bl. 409 ff. d.A. B 10 – 39/99, Bl. 420 ff. d.A. - 56 - - 56 die Ausführungen in diesem Gutachten den Anforderungen an eine belastbare Darlegung von Effizienzvorteilen nicht genügen. 180 146. Im Gutachten wird soweit ersichtlich die Verwirklichung von Umweltschutzzielen als Effizienzvorteil i.S.d. Art. 81 Abs. 3 EG, § 2 GWB herangezogen. Wörtlich heißt es dort: "Entscheidende Relevanz im Wettbewerbsrecht kommt der Vorschrift des Art. 130 r Abs. 2 Satz 3 EGV zu, wonach die Gemeinschaft bei allen Tätigkeiten die Erfordernisse des Umweltschutzes zu berücksichtigen hat. Diese sogenannte 'Querschnittsklausel' legt also fest, dass der Schutz der Umwelt auch bei der Durchführung anderer Gemeinschaftspolitiken – wie etwa der Wettbewerbspolitik in Art. 85 – in Rechnung zu stellen ist. Aus diesen zahlreichen Ansatzpunkten lässt sich der zutreffende Schluss ziehen, dass der Umweltschutz im Gemeinschaftsrecht bei einer Güter- und Interessenabwägung zwar keinen absoluten Vorrang, aber doch einen hohen Rang genießt." 147. Im Übrigen wird im Gutachten die Ansicht vertreten, es handele sich beim Einkauf von Altglas zur Produktion von Behälterglas um keinen Beschaffungsvorgang. Der Gesetzgeber habe die Freiheit der Hersteller von Behälterglas zwischen Primär- und Sekundärrohstoffen zu wählen, eingeschränkt. Der Einkauf von Altglas zur Herstellung von Behälterglas sei nicht mehr "Ausdruck unternehmerischer Freiheiten". 148. In Eckpunkten vom 16. Januar 2006 werden die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 GWB kurz erörtert. Die Eckpunkte gehen von dem Modell 181 einer künftigen Tätigkeit der GGA aus, in dem die GGA von DSD die unaufbereiteten Glasmengen erwirbt und die Aufbereitung ausschreibt bzw. Aufbereiter das unaufbereitete Glas im eigenen Namen erwerben, es aufbereiten und an die GGA verkaufen. Die Gesellschafter beziehen von der GGA in diesem Modell die aufbereiteten Altglasmengen, tragen die individuellen Kosten des Transports zu ihren Betriebsstandorten aber selbst. Zur Freistellung einer solchen Vereinbarung heißt es in den Eckpunkten: "[...] Zu bedenken sind also fünf Kriterien: 180 181 Bl. 3 ff. d.A. Vgl. oben A.V.2. - 57 - - 57 - Verbrauchervorteile, - Verbesserte Warenerzeugung, - Förderung des technischen Fortschritts, - nur unerlässliche Beschränkungen, - keine Ausschaltung des Wettbewerbs, die nach Auffassung der GGA allesamt erfüllt sind. Die Verbrauchervorteile ergeben sich flächendeckenden, gleichmäßigen aus dem erzielten und kostengünstigen Recyclingmodell. Die Glaserzeugung wird durch den höheren Einsatz von Sekundärrohstoff und den dadurch bedingten niedrigeren Energieaufwand verbessert. Damit wird zugleich der technische Fortschritt gefördert. Die Zusammenarbeit ist unerlässlich, da die einzelnen Hersteller diese Aufgabe nicht bewältigen könnten. Der Wettbewerb wird zwar kreislaufbedingt eingeschränkt, aber im Hinblick auf die zweifache Ausschreibung (Entsorgung, Aufbereitung) nicht vollständig ausgeschaltet. Infolgedessen ist von einer Freistellung des Glasrecyclings auszugehen." 149. In ihrem Schriftsatz vom 10. April 2007 haben die Beteiligten ergänzend zu den Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG, § 2 GWB vorgetragen. Sie meinen, der gemeinsame Einkauf von Altglas über die GGA sei erforderlich, um eine hohe Recyclingquote zu gewährleisten. Altglas als Sekundärrohstoff sei auf Grund der Tätigkeit der GGA deutlich günstiger als die Primärrohstoffe und komme deshalb bevorzugt zum Einsatz. Die Koordinierung des Altglaseinsatzes über die GGA führe insbesondere auch zu einer Senkung der Transportkosten, weil Transportwege optimiert würden. Darüber hinaus sichere die GGA die gleichbleibende Qualität des eingesetzten Altglases. 150. Mit dem am 21. Mai 2007 in Form einer Abschlusspräsentation vorgelegten Gutachten von Roland Berger vertiefen und ergänzen die Beteiligten ihren Vortrag zum Vorliegen der Freistellungsvoraussetzungen des § 2 GWB bzw. des Art. 81 Abs. 3 EG weiter. - 58 - - 58 151. Sie vergleichen ein "GGA-Szenario" mit einem "Wettbewerbsszenario" und analysieren die Effekte zur Effizienzsteigerung, zur Verbesserung des technologischen Fortschritts und zur Energieeinsparung und Umweltentlastung. 182 Effizienzsteigerungen gegenüber dem Wettbewerbsszenario bei der Beschaffung sehen die Beteiligten in der Reduzierung von Vermarktungs- und Beschaffungsaufwand Abstimmungsaufwands durch Bündelung, sowie des der operativen Sicherstellung von Einkaufsstandards und Qualitätssicherung und dem Aufbau von Know-how und Expertise. Die Markttransparenz sei in beiden Szenarien gleich. Bei den Vorund Nachlauftransporten liege die Effizienzsteigerung nur im reduzierten Aufwand im Beschaffungsprozess von Transportleistungen durch Bündelung, während beide Szenarien neutral hinsichtlich der Reduzierung des Aufwands in der operativen Abwicklung durch zentrale Abwicklung und in der Erzielung einer hohen Transportauslastung seien. Schlechter schneide die GGA bei der Minimierung von Transportentfernungen zwischen Anfallstellen, Aufbereitern und Glashütten Effizienzsteigerungen ab, zu im Wettbewerbsszenario erwarten. Hinsichtlich der seien stärkere Aufbereitung seien Effizienzsteigerungen nur bei der Definition und Sicherstellung eines hohen und gleichbleibenden Mindestqualitätsstandards zu erwarten. Beide Szenarien verhielten sich neutral hinsichtlich möglicher Effizienzsteigerungen durch gebündelte Beschaffung und zentrales Management der Aufbereitungsleistungen, weil die GGA insoweit nicht tätig werde. Eine dauerhafte und hohe Anlagenauslastung sei in beiden Szenarien zu erwarten. 152. Positive Effekte erwarten die Beteiligten auch insoweit, als der technologische Fortschritt gefördert werde. 183 Die GGA sichere eine hohe Recyclingquote und schaffe damit stärkere Anreize für Ausgaben für Forschung und Entwicklung und für Investitionen in Aufbereitungstechnologien sowie zur Weiterentwicklung von Abwärmenutzungstechnologien bei der Behälterglasherstellung. 153. Eine Quantifizierung der aufgeführten Effizienzsteigerungen leistet die Studie nicht. 154. Schließlich sehen die Beteiligte auch positive Effekte für die Umwelt gegenüber dem 182 183 Wettbewerbsszenario. Sie ermitteln hierzu zunächst den Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 22. Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 28. - 59 - - 59 Gesamtkostenvorteil der Sekundärrohstoffe und stellen in einem zweiten Schritt fest, inwieweit die Substitution der Sekundärrohstoffe durch Primärrohstoffe wirtschaftlich sinnvoll ist. Im Ergebnis sei im Wettbewerbsszenario eine Substitution durch Primärrohstoffe zu erwarten, allerdings sei der Umfang nicht vorhersehbar. 184 155. Zur Quantifizierung der Umwelteffekte betrachten die Beteiligten eine Substitution von jeweils 10%, 20%, 30% und 40% der Sekundärrohstoffe durch Primärrohstoffe und prognostizieren den Mehraufwand an Energie und die zusätzlichen Belastungen der Umwelt durch CO2, NOX, SO2 und Staub. 185 156. Die Beteiligten sind der Ansicht, eine Weitergabe der Effizienzeffekte sei auf Grund des zwischen den Behälterglasherstellern bestehenden Wettbewerbs sichergestellt. Die Umwelteffekte kämen "dem Verbraucher" unmittelbar zu Gute. 157. Die Beteiligten meinen im Hinblick auf die Ausschaltung des Wettbewerbs, der Marktanteil der GGA liege je nach Betrachtung bei 1% bis 29%. Sie berechnen einen "Marktanteil" von 3 %, indem sie den Umsatz der GGA von 34,7 Mio. € ins Verhältnis setzen zu den Herstellkosten für Behälterglas, die sie ermitteln, indem sie vom Gesamtumsatz der im Inland tätigen Behälterglashersteller eine EBIT-Marge von 10% abziehen. Ein "Marktanteil" von 29% ergibt sich nach Auffassung der Beteiligten, wenn man den Anteil der von der GGA übernommen Kosten in Höhe von 30,2 Mio. € an den gesamten Kosten der Bereitstellung von Altglas zur Verwertung in Höhe von 103 Mio. € berechnet. Schließlich berechnen die Beteiligten noch Anteile am "Markt für Altglastransporte" bzw. am "Markt für Schüttguttransporte", die bei 16% bzw. 1% liegen sollen. 1. Verbesserung der Warenerzeugung oder –verteilung, Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts 158. Der wirtschaftliche Nutzen von Einkaufsvereinbarungen kann in Größenvorteilen bei Bestellungen und beim Transport liegen. Üben die an einer Einkaufsvereinbarung beteiligten Unternehmen gemeinsam erhebliche Nachfragemacht aus, muss die Frage der Leistungsgewinne genau untersucht 184 185 Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 40. Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 42. - 60 - - 60 werden. Kosteneinsparungen, die allein durch die Ausübung von Macht realisiert werden und den Abnehmern keine Vorteile bringen, können nicht berücksichtigt werden. 186 a) Versorgung der Behälterglashersteller mit Sekundärrohstoffen 159. Die Beteiligten sichern über die GGA als gemeinsamer Einkaufsgesellschaft die Versorgung ihrer Produktionsstätten mit Sekundärrohstoffen ab. Im Jahr 2005 setzte die von der GGA belieferte Behälterglasindustrie in Deutschland nach Angaben der GGA insgesamt folgende Altglasmengen 187 ein: Glasfarbe Grün Braun Weiß Gesamt 160. Produktion in t Scherbeneinsatz in t Anteil in % 1.132.613 705.106 62,25 767.772 291.802 38,01 2.074.903 1.105.736 53,29 3.975.288 2.102.644 52,89 Tatsächlich liegt der Anteil des Altglases an der Produktionsmenge der Behälterglasindustrie etwas höher. Legt man die Auskünfte der Behälterglashersteller in diesem Verfahren zu Grunde, ergibt sich eine Gesamteinsatzquote von 57,66 %. 188 Andere Verwertungsmöglichkeiten für Altglas spielen keine nennenswerte Rolle. In 2005 hat die GGA lediglich 50.266 t als Rohstoff alternativ verwerten lassen. 189 aa) Vorteile bei der Beschaffung 161. Der Preis, zu dem die GGA Altglas ankauft, ist seit Jahren nahezu konstant. In dem Standardvertrag, Stand 7. Dezember 1995, der dem Bundeskartellamt am 16. März 2000 übersandt wurde, ist in § 5 Abs. 3 eine Vergütung von 1,00 DM (0,51 €/t) für Grünglas, 8,00 DM/t (4,09 €/t) für Braunglas und 2,00 DM/t (1,02 €/t) für Weißglas vorgesehen. 190 Derzeit kauft die GGA Entsorgern das im Auftrag dualer Systeme erfasste Altglas für 0,55 €/t (Grünglas) 4,60 €/t (Braunglas) und 1,15 €/t (Weißglas) ab. 191 162. Diese Preise sind keine Marktpreise, wie sie bei Wettbewerb um Altglas zu erwarten wären. Die GGA kann aufgrund des hohen Anteils der auf sie 186 187 188 189 190 191 Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 132. Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 63. Zu den von den Behälterglasherstellern eingesetzten Altglasmengen vgl. unten B.III.2. Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 62. Darin enthalten sind 40.266 t, die für die Herstellung von Mineralwolle eingesetzt wurden und 10.000 t für den Deponiebau und die Schaumglasherstellung. B 10 – 39/99, Bl. 84 d.A. Vgl. oben A.IV.3 a). - 61 - - 61 entfallenden Nachfrage nach Altglas den Preis festsetzen, ohne Ausweichreaktionen der Marktgegenseite erwarten zu müssen. Die Anbieter von unaufbereitetem Altglas verfügen solange über keine relevanten Absatzalternativen, wie alle inländischen Behälterglashersteller zentral über die GGA Altglas einkaufen. Ein Indiz dafür, dass es sich bei den GGA-Preisen um keine Marktpreise handelt, ist der Vergleich mit den Preisen für Altglas, das im Gewerbe anfällt. Demnach wurden 2005 für Weißglas 20 – 35 €/t, für Braunglas ebenfalls 20 – 35 €/t und für Grünglas bis zu 10 €/t gezahlt, und zwar inklusive der Anlieferung zur jeweiligen Aufbereitungsanlage. 192 Gunsten der Beteiligten Vorlaufkosten für Selbst wenn man zu den Transport zur Aufbereitungsanlage von durchschnittlich 8,82 €/t 193 zu Grunde legt, obwohl diese wegen der nicht optimierten Transportwege der GGA überhöht sein dürften, ergeben sich auf dem freien Altglasmarkt deutlich höhere Preise als die von der GGA an ihre Lieferanten gezahlten. 163. Indem die GGA die freie Vermarktung von Altglas verhindert, macht sie es Betreibern haushaltsnaher Sammelsysteme unmöglich, Vermarktungserlöse zu erzielen und sie an ihre Abnehmer, die nach der Verpackungsverordnung zur Rücknahme und Verwertung von Verkaufsverpackungen verpflichteten Unternehmen, weiterzugeben. Dass die Weitergabe von Vermarktungserlösen inzwischen eine Rolle im Wettbewerb der Betreiber haushaltsnaher Sammelsysteme spielt, ergibt sich u.a. aus der Preisgestaltung der DSD. DSD hat die Lizenzentgelte für Altglas in der veröffentlichten Preisliste 194 gegenüber 2006 um 2,6 % abgesenkt. Insgesamt konnte das Unternehmen nach eigenen Angaben in den vergangenen zehn Jahren die Kosten für die Lizenznehmer um durchschnittlich 35 % senken, wobei die Verwertung der Verpackungsabfälle als wettbewerbsfähige Sekundärrohstoffe zunehmende Bedeutung gewinnt. 195 164. Der von der GGA erzielte Preisvorteil ist auf die Marktmacht der Beteiligten zurückzuführen und nicht auf Größenvorteile bei ihrem Einkauf. Er verhindert, dass die Betreiber dualer Systeme, Vermarktungserlöse erzielen und an ihre 192 193 194 195 Euwid-Marktumfrage, Februar 2005, Bl. 971 d.A. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 81 d.A., bezieht sich auf die Bruttomenge. Im Gutachten von Roland Berger, S. 38, nennen die Beteiligten durchschnittliche Vorlaufkosten von 9,94 €/t. Abrufbar über www.gruener-punkt.de; Bl. 960 ff. d.A. Vgl. speziell zum Glasbereich die Übersicht Bl. 505 d.A. Vgl. Pressemitteilung der DSD vom 19. März 2007, www.gruener-punkt.de, Bl. 970 d.A. - 62 - - 62 Abnehmer weitergeben. Er kann deshalb im Rahmen des § 2 GWB, Art. 81 EG nicht berücksichtigt werden. 165. Es bedarf keiner näheren Untersuchung, inwieweit die von den Beteiligten genannte Erhöhung der Markttransparenz einen im Rahmen des § 2 GWB bzw. Art. 81 Abs. 3 EG berücksichtigungsfähigen Vorteil darstellt. Denn nach Auffassung der Beteiligten ergeben sich keine Unterschiede bei einer Beschaffung des Altglases im Wettbewerb. 166. Soweit die Beteiligten vorgetragen haben, die gemeinsame Beschaffung reduziere den Vermarktungs- und Beschaffungsaufwand sowie den operativen Abstimmungsaufwand durch Bündelung, quantifizieren sie diesen Aufwand nicht. Sie unterlassen es auch, den Aufwand, den die gemeinsame Beschaffung im Kartell verursacht, zu quantifizieren. Insofern ist davon auszugehen, dass die Koordinierung der Beschaffung zu einem nicht unerheblichen Aufwand führt. Kosten werden u.a. durch die regelmäßigen Treffen der Kartellmitglieder verursacht. Im Jahre 2005 fanden – nach den von den Beteiligten vorgelegten Protokollen 196 - insgesamt neun Sitzungen des Beirates statt, an denen zwischen vier und dreizehn Vertreter der beteiligten Unternehmen teilnahmen. Die Sitzung am 5. Juli 2005 wurde in Paris abgehalten. 197 Ein Anhaltspunkt für die auf Grund des Kartells entstehenden Kosten sind die in der Gewinn- und Verlustrechnung der GGA ausgewiesenen Verwaltungskosten. Sie lagen im Jahr 2004 bei 2,2 Mio. €, im Jahr 2005 bei 2,4 Mio. €. 198 Die Verwaltungskosten umfassen insbesondere die Personalaufwendungen, Kosten für Honorare und Gutachten, und Zahlungen an die Informationszentrum Glas GmbH ("IZG") 199 , die Werbemaßnahmen der Glasindustrie durchführt. Da die Beteiligten weder die geltend gemachte Reduzierung des Vermarktungs- und Beschaffungsaufwandes sowie des operativen Abstimmungsaufwandes im Einzelnen nachvollziehbar quantifizieren noch diese behaupteten Vorteile mit den Kostenbelastungen durch die GGA bilanzieren, werden sie den 196 197 198 199 Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Bl. 26 ff. Für die Monate Januar, August und September liegen keine Protokolle vor. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Bl. 40. d.A. Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am 16. Februar 2006, Bl. 609 d.A. (Die Zahlen für 2005 beruhen auf einer Prognose, ausgehend von den Ergebnissen im Oktober 2005). Auskunft der GGA vom 23. November 2006, Anlage zum Protokoll der Beiratssitzung am1. August 2006, Bl. 745. - 63 - - 63 Anforderungen an ausführliche und belastbare Aussagen zu den geltend gemachten Vorteilen 200 nicht gerecht. 167. Die Beteiligten berufen sich darauf, dass die gemeinsame Beschaffung über die GGA besser geeignet sei, Einkaufsstandards und Qualitätssicherung umzusetzen und Know-how bzw. die notwendige Expertise aufzubauen. Sie beziehen sich damit auf eine verbesserte Qualität des eingesetzten Rohstoffs. Derartige Qualitätsverbesserungen können im Einzelfall einen im Rahmen des § 2 GWB, Art. 81 Abs. 3 EG berücksichtigungsfähigen Vorteil darstellen. Allerdings ist hierzu nicht – wie im Rahmen der Prüfung der Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung zu analysieren ist – die gemeinsame Beschaffung durch eine zentrale Einkaufsorganisation erforderlich. 201 bb) Vorteile beim Transport 168. Die Beteiligten tragen vor, gegenüber dem Wettbewerbsszenario könne durch den Verzicht auf die eigenständige Beschaffung der Aufwand im Beschaffungsprozeß von Transportleistungen durch Bündelung reduziert werden. Bei der operativen Abwicklung sei durch die zentrale Abwicklung hingegen kein Vorteil zu erkennen. Nicht im Einzelnen dargelegt wird allerdings, worin die Entlastung der Beteiligten durch die Bündelung zu sehen ist. Eine detailliertere Darstellung hätte aber nahe gelegen, weil der Aufwand, den die GGA in diesem Bereich hat, gering ist. In der Mehrzahl der Fälle beschränkt er sich im Vorlauf darauf, mit dem Unternehmen, das Altglas im jeweiligen Gebiet erfasst, den Übergabepunkt, regelmäßig eine Aufbereitungsanlage, für die Altglasmenge zu vereinbaren. Die GGA hat hierzu wörtlich erklärt 202 : "Der Transport aus dem Vertragsgebiet zur Ablieferstelle wird im Allgemeinen vom Sammler selbst organisiert. Ob dieser ein drittes Unternehmen mit dem Transport beauftragt, entzieht sich unserer Kenntnis. In geringem Umfang werden die Transporte auch von der GGA organisiert." "Der prozentuale Anteil der direkten Transportaufträge der GGA am Vorlauf betrug in 2005 2,67 %." 200 201 202 Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 56. Vgl. unten C.V.1. Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 11 f. d.A. - 64 - - 64 169. Für die Nachtransporte beschränkt sich die Tätigkeit der GGA darauf, die ihr in Rechnung gestellten Transportkosten zu zahlen. Die Mengen werden von den Glashütten je nach ihrem Bedarf abgerufen, die Transporte führen regelmäßig die Betreiber der Aufbereitungsanlagen durch. Wörtlich hat die GGA hierzu erklärt 203 : "Der Transport vom Aufbereiter zur Glashütte wird im Allgemeinen von den Aufbereitern selbst organisiert. Inwieweit die Aufbereiter ein drittes Unternehmen beauftragen, entzieht sich unserer Kenntnis. In geringem Umfang werden die Transporte auch von der GGA abgewickelt." "Der prozentuale Anteil der direkten Transportaufträge der GGA am Nachlauf betrug in 2005 6,87 %." 170. Im Wettbewerb können die Behälterglashersteller das aufbereitete Altglas unmittelbar vom Aufbereiter erwerben; ihr Aufwand hinsichtlich des Transports der Altglasmenge veränderte sich gegenüber der heutigen Situation nicht. Kaufen sie Altglasmengen von einem Unternehmen, das Altglas erfasst, werden sie regelmäßig den Transport zu einer Aufbereitungsanlage vereinbaren. Es ist nicht nachvollziehbar, worin vor dem Hintergrund der geringen Aktivität, die die GGA bei der Beschaffung von Transportleistungen entfaltet, ein Vorteil liegen soll, der im Rahmen des § 2 GWB, Art. 81 Abs. 3 EG zu berücksichtigen wäre. 171. Soweit die Beteiligten den reduzierten Aufwand in der operativen Abwicklung der Transporte und die Erzielung einer hohen Transportauslastung anführen, erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung, weil sich nach ihrer eigenen Einschätzung keine Vorteile gegenüber der Beschaffung des Altglases im Wettbewerb ergeben. 172. Zutreffend kommen die Beteiligten zu dem Ergebnis, dass das Kartell strukturell nicht in der Lage ist, die Transportwege zwischen Anfallstellen, Aufbereitern und Glashütten zu optimieren. Die Beschlussabteilung hat im Einzelnen ermittelt, welche Nachteile durch die Kartellierung des Beschaffungswesens entstehen. 173. Die GGA ist bestrebt, die erheblich ins Gewicht fallenden Transportkosten zu minimieren, indem sie Transportwege möglichst verringert. Zu diesem Zweck 203 Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 13 f. d.A. - 65 - - 65 nimmt sie Einfluss auf die Zuordnung der Sammelgebiete zu den Aufbereitungsanlagen. Sie räumt allerdings selbst ein, dass ihr die Optimierung der Transportwege nicht gelingt. 204 Die Ursache für die fehlende Optimierung der Transportwege von den Sammelgebieten zu den Aufbereitungsanlagen liegt in der Einflussnahme der Betreiber von Aufbereitungsanlagen, die oft identisch sind mit den Anbietern von Erfassungsleistungen. Diese integrierten Unternehmen können auf die GGA Druck ausüben, indem sie ankündigen, Mengen nicht über die GGA sondern über Dritte zu vermarkten. Die GGA nimmt deshalb – wie sie selbst einräumt – Rücksicht auf die Interessen der Entsorgungsunternehmen. Die Beschlussabteilung hat mit Schreiben vom 10. Juli 2006 205 und vom 4. Oktober 2006 206 die GGA aufgefordert, im Einzelnen die Zuordnung der Altglasmengen zu Aufbereitungsanlagen zu erläutern. Mit Schreiben vom 6. September 2006 207 hat die GGA erklärt, dass die Entsorger, soweit sie gleichzeitig Aufbereitungsanlagen betreiben, maßgeblichen Einfluss auf die Zuordnung der Glasmengen hätten. Mit Schreiben vom 26. Oktober 2006 208 hat die GGA weiter ausgeführt, dass sie Optimierungen vornehme, indem sie Mengen verschiedener Gebiete zwischen den Aufbereitungsanlagen austauschten, so dass der Auslastungsgrad der jeweiligen Aufbereitungsanlage zwar erhalten bleibe, aber Transportwege verkürzt würden. 174. Die Optimierungsleistung des Einkaufskartells für den Transport von den Aufbereitungsanlagen zu den Glashütten ist geringer als im Vorlauf. Da die Mitglieder des Kartells einheitliche Tonnagepreise für die abgerufenen Mengen zahlen, besteht für sie kein individueller wirtschaftlicher Anreiz, unnötige Transportwege zu vermeiden. Insoweit hat der damalige Geschäftsführer der GGA gegenüber dem Bundeskartellamt am 23. November 2004 209 erklärt, die GGA versuche zwar zu verhindern, dass lange Frachtwege in Anspruch genommen würden, habe bislang aber alle Nachfrachten bezahlt. 204 205 206 207 208 209 Bl. 648 d.A. Bl. 9 d.A., Frage 4. Bl. 71 d.A., Frage 3 b. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 75. Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 16. B 10 – 39/99, Bl. 347. - 66 - - 66 Die GGA selbst hat auf die Aufforderung der Beschlussabteilung 210 , die Art und 175. Weise darzulegen, mit der Einfluss auf die Lieferungen aufbereiteten Glases an die Glashütten genommen werde, um hohe Kosten für den Transport von aufbereitetem Glas zu vermeiden, darauf hingewiesen, dass zunächst die Glashütten festlegten, welche Glasmengen sie von welchen Aufbereitungsanlagen bezögen. 211 Die GGA sei jedoch bemüht, durch Überwachung der Qualitätsstandards die Glashütten dazu zu bringen, die geforderten Qualitäten von der nächstgelegenen Aufbereitungsanlage zu beziehen. 176. Die ineffiziente Zuordnung der Mengen zu den Aufbereitungsanlagen bzw. Verwertungsanlagen ergibt sich aus dem Vergleich der Optimierungspotenziale, die das Fraunhofer Institut Materialfluss und Logistik für das Jahr 2001 ermittelt hat, 212 mit der heutigen Situation. Das Fraunhofer Institut hat Einsparmöglichkeiten von insgesamt 33 % ermittelt. 213 Ein Vergleich mit den Vor- und Nachlaufkosten des Jahres 2005 ergibt, dass die Kosten zwar reduziert werden konnten, dass sie aber immer noch 21 % über dem Optimum liegen. Die folgende Tabelle enthält eine zusammenfassende Übersicht: 214 Vorlauf Nachlauf Gesamt 177. 2001 2005 Optimum Optimum/2001 Optimum/2005 21,4 Mio. € 19,2 Mio. € 17,3 Mio. € 19 % 10 % 14,0 Mio. € 10,8 Mio. € 6,5 Mio. € 54 % 40 % 35,4 Mio. € 30,1 Mio. € 23,8 Mio. € 33 % 21 % Das größte Optimierungspotenzial besteht – mit 40 % der derzeitigen Kosten – im Nachlauf. Dies ist darauf zurückzuführen, dass für die Glashütten wegen der – unabhängig von den Transportkosten – für alle gleichen Tonnagepreise keinen individuellen wirtschaftlichen Anreiz zur Vermeidung weiter Transporte 210 211 212 213 214 Auskunftsverlangen mit Schreiben vom 4. Oktober 2006, Bl. 72 d.A. Auskunft der GGA vom 26. Oktober 2006, Bl. 18. Bl. 117 ff. d.A. Bl. 132 d.A. Die Vorlaufkosten enthalten auch die Zwischenlaufkosten, vgl. Vermerk über das Gespräch mit H. Prestifilippo vom 11. Mai 2007, Bl. 957 d.A. In einem optimierten Modell kommen keine Zwischenläufe mehr vor, Zwischentransporte sind grundsätzlich nicht optimal und werden bei einer Logistikoptimierung vermieden. - 67 - - 67 haben. Insbesondere soweit die Beteiligten gesellschaftsrechtlich mit Aufbereitungsanlagen verbunden sind, beziehen sie bevorzugt aus diesen Anlagen aufbereitetes Glas, weil sie den Aufbereitungspreis und die Aufbereitungsqualitäten dieser Anlagen am besten steuern können. Ein typisches Beispiel ist die G., an der die R. ([...]) ein Drittel der Anteile hält. Die GGA trägt auch die Nachlaufkosten für Transporte in das 350 km entfernte Werk von R. in S., obwohl es eine Reihe näher gelegener Aufbereitungsanlagen gibt, um den Bedarf dieser Produktionsstätte zu decken. 215 Das Kartell ist in diesem Bereich strukturell nicht in der Lage, die möglichen Effizienzen zu generieren. Im Übrigen hat die nicht verursachergerechte Zuordnung der Transportkosten die Folge, dass die Standorte der Behälterglashersteller insoweit keinem Optimierungsprozess unterworfen sind, wie er im Wettbewerb zu erwarten ist. cc) Vorteile bei der Aufbereitung 178. Die Beteiligten nennen als mögliche Vorteile im Bereich der Aufbereitung den reduzierten Aufwand im Beschaffungsprozess von Aufbereitungsleistungen durch Bündelung, den reduzierten Aufwand in der operativen Abwicklung durch zentrales Management und das Erzielen einer hohen und dauerhaften Anlagenauslastung und kommen hinsichtlich aller dieser Vorteile zu dem Ergebnis, dass es keinen Unterschied zwischen der gemeinsamen Beschaffung und der individuellen Beschaffung im Wettbewerb gebe. Eine nähere Auseinandersetzung erübrigt sich damit. 179. Soweit sich die Beteiligten darauf beziehen, dass die gemeinsame Beschaffung eine effizientere Sicherung der Aufbereitungsqualität ermögliche, gilt das für die Qualitätssicherung bei der Beschaffung des unaufbereiteten Altglases Gesagte. 216 Eine bessere Qualität kann einen berücksichtigungsfähigen Vorteil darstellen; die gemeinsame Beschaffung ist aber nicht unerlässlich zur Qualitätssicherung. 217 215 216 217 Auskunft der GGA vom 26.10.2006 (Auszug, um Geschäftsgeheimnisse bereinigte Fassung), Bl. 959 d.A. Vgl. oben C.V.1.a) aa). Vgl. unten C.V.2.b). - 68 - - 68 dd) Gesamtbetrachtung 180. Die Beteiligten nehmen keine Gesamtwürdigung der geltend gemachten Effizienzsteigerungen vor. Dies hätte aber nahe gelegen, weil sie selbst einräumen, dass die gemeinsame Beschaffung von Altglas bei sechs der zwölf angeführten Effizienzvorteile keine Vorteile gegenüber der individuellen Beschaffung im Wettbewerb aufweist (Markttransparenz hinsichtlich Anfallstellen, Mengen, Sorten und Farben, Aufwand in der operativen Abwicklung der Transporte, Erzielung einer hohen Transportauslastung, reduzierter Aufwand im Beschaffungsprozess von Aufbereitungsleistungen durch Bündelung, reduzierter Aufwand in der operativen Abwicklung der Aufbereitung durch Anlagenauslastung) zentrales und in Management, einem Fall die hohe und gemeinsame dauerhafte Beschaffung ineffizienter ist als die individuelle Beschaffung im Wettbewerb (Minimierung der Transportentfernung zwischen Anfallstellen, Aufbereitern und Glashütten). Da den Transportkosten im Rahmen der Beschaffung von Altglas erhebliche Bedeutung zukommt, wäre insbesondere im Einzelnen zu belegen, dass auf Grund der verbleibenden fünf von den Beteiligten geltend gemachten Vorteilen (Reduzierung von Vermarktungs- und Beschaffungsaufwand sowie des operativen Abstimmungsaufwands durch Bündelung, Einkaufsstandards und Qualitätssicherung, Aufbau Sicherstellung von Know-how/Expertise, reduzierter Aufwand im Beschaffungsprozess von Transportleistungen durch Bündelung, Definition und Sicherstellen eines hohen und gleichbleibenden Mindestqualitätsstandards bei der Aufbereitung) die Vereinbarung insgesamt zu positiven Effekten führt. b) Technologischer Fortschritt 181. Die Beteiligten tragen vor, die gemeinsame Beschaffung von Altglas fördere den technologischen Fortschritt eher als die Beschaffung im Wettbewerb. 218 Sie unterstellen einen signifikanten Rückgang des bei der Produktion von Altglas eingesetzten Altglases und meinen, durch die höhere Auslastung der Aufbereitungsanlagen bei der gemeinsamen Beschaffung sei der Anreiz für die Betreiber dieser Anlagen höher, Investitionen in verbesserte Aufbereitungstechnologien zu tätigen und Kosten für die Forschung und 218 Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 28. - 69 - - 69 Entwicklung dieser Technologien zu übernehmen. Bei der Glasherstellung verweisen sie auf die höhere Bereitschaft der Betreiber der Produktionsanlagen, in Verfahren zur Abwärmenutzung zu investieren. Die Nutzung von Abwärme bei der Glasherstellung sei an einen Mindestanteil an Altglas gebunden. 182. Soweit sich die Beteiligten darauf berufen, die höhere Auslastung der Aufbereitungsanlagen führe zu technologischem Fortschritt, machen sie einen indirekten Vorteil der gemeinsamen Beschaffung von Altglas geltend, der im Rahmen des § 2 GWB, Art. 81 Abs. 3 EG in der Regel nicht berücksichtigt werden kann. Diese indirekten Vorteile sind regelmäßig zu ungewiss und zu fernliegend. 219 Gegenstand der Vereinbarung ist weder die Verbesserung der Aufbereitung durch gemeinsame Forschung und Entwicklung noch die bessere Auslastung von Aufbereitungskapazitäten. Dies wäre den Beteiligten auch kaum möglich, weil die Mehrzahl der Aufbereitungsanlagen von Dritten betrieben wird 220 , auf deren unternehmerischen Entscheidungen die Beteiligten keinen direkten Einfluss haben. 183. Aber auch die von den Beteiligten behaupteten Effekte aus der höheren Auslastung der Aufbereitungsanlagen sind nicht nachvollziehbar. Die Beteiligten haben selbst vorgetragen, dass es erhebliche Überkapazitäten in der Aufbereitung gebe. Einer aufzubereitenden Altglasmenge von ca. 2,5 Mio. t/a stünden Aufbereitungskapazitäten in Höhe von knapp 3,5 Mio. t/a gegenüber. 221 Vor diesem Hintergrund lässt sich nicht vertreten, dass die gemeinsame Beschaffung von Altglas mit der – behaupteten – Folge eines höheren Verwertungsgrades die Auslastung dieser Anlagen so steigere, dass die Betreiber ein stärkeres Interesse an technologischen Verbesserungen hätten als bei einer individuellen Beschaffung. 184. Das Bemühen des Kartells, die Aufbereitungsanlagen gleichmäßig auszulasten, verhindert die Optimierung der Betriebsstandorte und Betriebsgrößen. Die vorhandene Struktur der Aufbereitungsanlagen wird durch die gemeinsame Beschaffung von Altglas fortgeführt, weil Anreize zur Standortoptimierung bei 219 220 221 Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 54. Die GGA geht davon aus, dass ca. 60 % der Aufbereitungsanlagen von Entsorgungsunternehmen betrieben wird, Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 75 d.A. Bl. 666 d.A. - 70 - - 70 einer gleichmäßigen Aufteilung der Aufbereitungsmengen neutralisiert werden. Im Wettbewerb sind Optimierungsprozesse zu erwarten, die zu effizienteren Betriebsstandorten und –größen führen. 185. Hinsichtlich des verbesserten Anreizes für die Behälterglashersteller, in Techniken zur Nutzung der Restwärme bei der Gemengevorwärmung zu investieren, liegt wieder nur ein indirekter Zusammenhang vor, weil die Beteiligten keine Vereinbarung über die Entwicklung und den Einsatz verbesserter energiesparender Technologien, sondern eine Vereinbarung über die gemeinsame Beschaffung von Altglas geschlossen haben. Der Zusammenhang zwischen Rentabilität und Forschung und Entwicklung ist jedoch in der Regel nicht hinreichend direkt, um ihn für die Anwendung von § 2 GWB, Art. 81 Abs. 3 EG heranziehen zu können. 222 Unabhängig davon quantifizieren die Beteiligten den Mindestscherbenanteil nicht, ab dem nach ihrer Auffassung Investitionen in die Technik der Abgasrückführung zu erwarten wäre. Dies wäre aber mindestens notwendig, um das Gewicht des geltend gemachten Vorteils würdigen zu können. 186. Letztlich beruhen die beiden geltend gemachten Vorteile im Bereich des technologischen Fortschritts auf der Annahme, dass die Menge des eingesetzten Altglases signifikant zurückgeht, falls die Beteiligten nicht mehr gemeinsam Altglas beschaffen. Diese Annahme ist, wie sich im Rahmen der Analyse der Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschränkungen ergibt, unbegründet. 223 c) Schonung natürlicher Ressourcen 187. Ein hoher Einsatz von Sekundärrohstoffen bei der Herstellung von Behälterglas kann – über die Kostenersparnisse für die Hersteller hinaus – möglicherweise einen Effizienzgewinn darstellen, soweit dadurch natürliche Ressourcen geschont werden. 224 Unmittelbare Folge ist, dass auf den Einsatz von Primärrohstoffen verzichtet werden kann und der Energieeinsatz sowie der 222 223 224 Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 54. Unten C.V.2.c). Vgl. zu Umweltschutzvereinbarungen allgemein, Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 179 ff. - 71 - - 71 CO2-Ausstoß und der Ausstoß anderer schädlicher Stoffe vermindert wird. 225 Mittelbar werden die Abfallmengen reduziert. Die Beteiligten haben im Einzelnen ausgeführt, dass ein steigender Einsatz von Primärrohstoffen zu einem höheren Energiebedarf führt. Gleichzeitig wachsen die Umweltbelastungen durch den Ausstoß von CO2, NOx, SO2 und Staub. 188. Die weitergehende Frage, inwieweit Vorteile für die Umwelt als individueller Nutzen dem Verbraucher zufließen müssen, oder ob ein Nutzen für die Allgemeinheit ausreicht, muss nicht abschließend beantwortet werden. 226 Denn die Wettbewerbsbeschränkungen sind nicht unerlässlich, um die genannten Ziele zu erreichen. 2. Keine Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung 189. Soweit sich die GGA auf Vorteile für den Verbraucher beruft, ist die Beschränkung des Wettbewerbs jedenfalls nicht unerlässlich. Eine Beschränkung ist nur dann unerlässlich, wenn es keine andere wirtschaftlich machbare und weniger wettbewerbsbeschränkende Möglichkeit gibt, die Effizienzgewinne zu erreichen. 227 a) Die Beschränkung ist nicht unerlässlich, um die Hersteller von Behälterglas kostengünstig mit Sekundärrohstoff zu versorgen 190. Die Beschränkung ist schon deswegen nicht unerlässlich, um die Hersteller von Behälterglas kostengünstig mit Sekundärrohstoff zu versorgen, weil es der GGA auf Grund ihrer Struktur nicht gelingt, Transportwege – insbesondere im Nachlauf – zu minimieren. Es ist zu erwarten, dass bei einer Beendigung des Kartells die Allokationsfunktion des Preises zum Tragen kommt und weite Transportwege nach Möglichkeit vermieden werden. Dies führt potenziell zu einer Entlastung der Glashütten von Transportkosten. Eine weitere Entlastungswirkung wird sich aus dem Fortfall der Grundgebühr 228 ergeben, den alle Gesellschafter der GGA unabhängig davon, ob sie überhaupt Altglas bei der Produktion einsetzen, zahlen. 225 226 227 228 Der Einsatz von Altglas verringert den Energieeinsatz signifikant, vgl. oben C.II.1. d). Die Europäische Kommission ermittelt bei Umweltschutzvereinbarungen zunächst die Vorteile für den einzelnen Verbraucher und dann in einem zweiten Schritt die Vorteile für die Verbraucher im Allgemeinen, Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 192 ff. Vgl. auch die Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG, ABl. C 101 vom 27. April 2004, S. 97, Rn. 75. Vgl. oben C.II.1 d). - 72 - - 72 191. Soweit es den Beteiligten gelungen ist, den Preis für die unaufbereitete Altglasscherbe durch Ausübung von Marktmacht - und nicht durch die Realisierung von Kostenvorteilen auf Grund größerer Bezugsmengen – niedrig zu halten, findet dieser Vorteil keine Berücksichtigung. b) Die Beschränkung ist nicht unerlässlich, um die Qualität des Sekundärrohstoffs sicherzustellen 192. Die gemeinsame Beschaffung unter Verzicht auf die individuelle Nachfrage ist auch nicht unerlässlich, um hinsichtlich des unaufbereiteten bzw. des aufbereiteten Altglases Qualitätsstandards zu wahren. Denn insoweit reicht es aus, wenn die betroffenen Wirtschaftskreise bestimmte Standards definieren, an denen sich die Anbieter des unaufbereiteten bzw. des aufbereiteten Altglases orientieren können. Beispiele hierfür finden sich auf anderen Sekundärrohstoffmärkten. Für den Altpapierbereich haben die betroffenen Wirtschaftskreise über die Confederation of European Paper Industries ("Cepi"), Brüssel, Altpapiersorten definiert. Diese Liste der Europäischen Standardsorten und ihre Qualitäten 229 verfolgt insbesondere das Ziel, Hilfestellung beim Einund Verkauf des Sekundärrohstoffs zu geben und den Handel mit Altpapier zu erleichtern. Eine entsprechende Vereinbarung wäre auch für die Altglasmärkte möglich, indem z.B. der maximale Anteil an Stör- und Fremdstoffen, der farbliche Reinheitsgrad und andere für den Einsatz bei der Behälterglasherstellung relevante Faktoren definiert werden. c) Die Beschränkung ist nicht unerlässlich, um hohe Recyclingquoten zu erreichen und den Energieverbrauch bei der Behälterglasherstellung zu minimieren. 193. Die Beschränkung ist auch nicht erforderlich, um Primärrohstoffe einzusparen und den Energieverbrauch sowie den CO2-Ausstoß und den Ausstoß anderer schädlicher Stoffe zu minimieren. In dieser Hinsicht fehlt eine nachvollziehbare Kausalbeziehung zwischen den geltend gemachten Vorteilen für die Umwelt und der Vereinbarung. Hohe Verwertungsquoten werden erreicht, weil Altglas als Sekundärrohstoff seit mehreren Jahrzehnten zunehmend teure Primärrohstoffe ersetzt. Die Verwertungsquoten bei Glas haben schon vor dem Erlass der VerpackV am 12. Juni 1991 mit der Vorgabe verpflichtender 229 Abrufbar über www.vdp-online.de. - 73 - - 73 Verwertungsquoten kontinuierlich zugenommen. Von 1974 bis 1990 sind die Verwertungsquoten bei Behälterglas von 6,5 % auf 53,9 % angestiegen. 230 1992 lag die Verwertungsquote bereits bei 60,3 %, 231 während die GGA erst 1993 gegründet wurde. Inzwischen erreichen die Behälterglashersteller seit Jahren Verwertungsquoten von deutlich über 80 %. Eine breit angelegte Untersuchung im Auftrag des Umweltbundesamtes hat für den Zeitraum von 1997 bis 2003 Verwertungsquoten zwischen 83,5 % und 85,9 % ergeben. 232 Die GGA selbst weist für diesen Zeitraum etwas höhere Werte aus; für 2004 und 2005 nennt sie eine Recyclingquote von 91,2 % bzw. 85,5 %. 233 Es ist zu erwarten, dass auf Grund objektiver Kostenvorteile der Einsatz aa) von Altglas als Sekundärrohstoff nicht signifikant zurückgeht. 194. Die Beteiligten räumen ein, dass der Einsatz von Altglas bei der Herstellung von Behälterglas erhebliche Kostenvorteile mit sich bringt. Sie haben zu diesem Zweck [...] Unternehmen befragt, die alle erklärt haben, der Einsatz von Sekundärrohstoffen sei kostengünstiger als der Einsatz von Primärrohstoffen. 234 Sie versuchen den Kostenvorteil im Einzelnen zu berechnen, indem sie die zusätzlichen Rohstoffkosten, die zusätzlichen Energiekosten und die Mehrkosten auf Grund der größeren Anlagendimensionierung – die aber nur als Unbekannte "x" angesetzt wird – addieren und die niedrigeren Ausschusskosten 235 subtrahieren, und ermitteln einen Gesamtkostenvorteil von [...] – [...] €/t. 236 Indirekt ergibt sich aus der Darstellung, dass die Mehrkosten auf Grund der größeren Anlagendimensionierung der Kostenersparnis auf Grund der geringeren Ausschusskosten in Höhe von [...] €/t entsprechen sollen. Die Beteiligten erläutern diese Annahme nicht. Insofern wäre aber eine vertiefte inhaltliche Auseinandersetzung mit den Investitionskosten bei einer Substitution von Sekundär- 230 231 232 233 234 235 236 durch Primärrohstoffe erforderlich gewesen, um zu einer Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung, Zahlen Daten Fakten 2006 (Januar 2007). Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung, Zahlen Daten Fakten 2006 (Januar 2007). Umweltforschungsplan des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Forschungsbericht 204 31 323, UBA-FB 000885, Verbrauch und Verwertung von Verpackungen in Deutschland im Jahr 2003, Tab. 4-7, S. 51. Eigene Angaben der GGA, www.glasaktuell.de. Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 33. Die Beteiligten gehen davon aus, dass die Kosten für auszusondernde mangelhafte Produkte in Folge des erhöhten Primärrohstoffeinsatzes um [...] €/t sinkt. Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 34. - 74 - - 74 nachprüfbaren Aussage über die tatsächliche Kostenentlastung bei einem hohen Scherbenanteil in der Behälterglasproduktion zu kommen. 195. In einer zweiten Betrachtung lassen die Beteiligten die Investitionskosten vollständig außer Betracht und kommen zu dem Ergebnis, dass der kurzfristige Gesamtkostenvorteil bei lediglich [...] – [...] €/t liege. 237 Sie untersuchen aber nicht näher, in welchem Umfang eine solche Ersetzung überhaupt möglich ist, obwohl sie selbst mit Schreiben vom 10. April 2007 die kurzfristige Betrachtung ohne Berücksichtigung der Investitionskosten auf einen Rückgang der eingesetzten Sekundärrohstoffmengen um 10 % beschränkt haben. 238 Eine über 10 % hinausgehende Ersetzung von Sekundärrohstoffen ist nach den Ermittlungsergebnissen der Beschlussabteilung grundsätzlich technisch nicht möglich. Die Annahme eines Gesamtkostenvorteils von [...] – [...] €/t ist deshalb als Grundlage für eine Prognose über künftige Verwertungsmengen ungeeignet. 196. Ausgehend von dem Gesamtkostenvorteil versuchen die Beteiligten dann, die theoretischen Maximaleffekte bei einer Beschaffung des Altglases im Wettbewerb zu simulieren. 239 Sie ermitteln insoweit eine Spanne der möglichen Be- und Entlastungen mit Transportkosten im Wettbewerb von [...] €/t bis [...] €/t und legen einen erwarteten Preisanstieg für die unaufbereitete Rohglasscherbe von [...] – [...] €/t zu Grunde. Hieraus ergibt sich nach Auffassung der Beteiligten beim Einsatz von Sekundärrohstoffen ein maximaler Kostennachteil von [...] €/t und ein maximaler Kostenvorteil von [...] €/t. 197. Diese Berechnung ist schon formal unrichtig. Denn wenn Maximaleffekte im Wettbewerb ermittelt werden sollen, müssen der worst case (geringster Gesamtkostenvorteil beim Einsatz von Sekundärrohstoffen ([...] €/t) abzüglich der höchsten Zusatzbelastung bei den Transportkosten ([...] €/t) und des stärksten Preisanstieges beim Sekundärrohstoff ([...] €/t)) und der best case (höchster Gesamtkostenvorteil beim Einsatz von Sekundärrohstoffen ([...] €/t) zuzüglich der höchsten Zusatzentlastung bei den Transportkosten ([...] €/t) abzüglich des geringsten Preisanstiegs beim Sekundärrohstoff ([...] €/t)) miteinander verglichen werden. 237 238 239 Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 35. Bl. 651 d.A. Roland Berger, Abschlusspräsentation, S. 36. - 75 - - 75 198. Als maximaler negativer Wert ergibt sich dann wie auch von den Beteiligten berechnet [...] €/t. Als maximaler positiver Wert ergibt sich [...] €/t und nicht – wie von den Beteiligten berechnet – [...] €/t. Die Beteiligten legen fälschlicherweise beim maximalen positiven Effekt den höchsten erwarteten Preisanstieg beim Sekundärrohstoff zu Grunde, obwohl sie insofern den niedrigsten erwarteten Preisanstieg hätten heranziehen müssen, um das Optimum des Gesamtkostenvorteils zu ermitteln. Die Berechnung ergibt sich aus folgender Tabelle: Gesamtkostenvorteil Min/Max Transportkosten- erwartete Effekt im be-/ entlastung Zusatzkosten Wettbewerb Min/Max auf Grund von Min/Max Preissteigerung Min/Max [...] €/t [...] €/t [...] €/t [...] €/t [...] €/t [...] €/t [...] €/t [...] €/t [...] €/t [...] €/t [...] €/t [...] €/t Worst Case Best Case Berechnung der Beteiligten für den Best Case 199. Soweit die Beteiligten die Be- bzw. Entlastungen aus der verursachergerechten Zuordnung der Transportpreise berechnen, greifen sie auf die Frachtkostentabelle der GGA zurück. Es handelt sich insofern aber um nicht optimierte Transportkosten, weil das Kartell nach den insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des Fraunhofer Instituts Anfallstellen, Aufbereitungsanlagen und Glashütten nicht effizient zuordnet. 240 Richtigerweise hätten in einem Wettbewerbsszenario aber die optimierten Kosten zu Grunde gelegt werden müssen, weil auf Grund der Allokationsfunktion des Preises zu erwarten ist, dass überlange Transporte möglichst vermieden werden. 200. Schließlich stellen die Beteiligten nicht im Einzelnen dar, worauf sich die Erwartung stützt, der Preis für unaufbereitetes Altglas werde um [...] €/t steigen. Eine Prognose ist insofern schwierig. Legt man die Preise für freie Scherben inklusive des Transports zur Aufbereitungsanlage im Jahr 2005 zu Grunde, ergibt sich aber, dass die Beteiligten den mindestens zu erwartenden Preisanstieg tendenziell überschätzen, während der höchstens zu erwartende Preisanstieg etwa dem Preisniveau entspricht, das bei den freien Scherben zu beobachten ist. 240 Vgl. oben C.V.1.a)bb). - 76 - - 76 201. Legt man die oben genannten Preise für Altglas frei Aufbereitungsanlage zu Grunde 241 und zieht die durchschnittlichen Kosten für den Vorlauf von [...] €/t 242 und den von der GGA an die Entsorgungsunternehmen gezahlten Qualitätsbonus ab, ergeben sich folgende zu erwartende Preis- und Beschaffungskostenänderungen: Grün Grün Braun Braun Weiß Weiß 202. Preis Vortransport derzeitiger zu erwartende Menge freie zu erwartende min./max. (€/t) Preis (€/t) Preisänderung Scherben 243 Beschaffungskosten(€/t) (€/t) (2005) (t) änderung (€) [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] Es ergeben sich damit die folgenden durchschnittlichen zu erwartenden Preisund Beschaffungskostenänderungen: Zu erwartende Änderung der Beschaffungskosten über alle Glasfarben 203. zu erwartende Menge freie zu erwartende Annahme der BeschaffungsScherben Preisänderung Beteiligten (€/t) kostenänderung (2005) (t) min./max. (€/t) min./max. (€) [...] [...] [...] [...] [...] [...] [...] Der von den Beteiligten erwartete Preisanstieg von mindestens [...] €/t ist auch deswegen wenig plausibel, weil die Beteiligten den durchschnittlichen Mindestpreis in der DSD Ausschreibung zutreffend mit [...] €/t bis [...] €/t berechnet haben. 244 Es ist nicht nachvollziehbar, warum sie diese Information bei der Berechnung des erwarteten Preisanstieges nicht mit einbezogen haben, sondern als mindestens zu erwartende Preisänderung einen mehr als [...] % über dem Mindestpreis in der Auktion liegenden Preis ansetzen. 204. Die Beschlussabteilung ist im Verwaltungsverfahren im Einzelnen der Frage nachgegangen, 241 242 243 244 ob und in welchem Umfang eine Ersetzung der Vgl. oben C.V.1.a)aa). Dem Vergleich werden die in der Abschlusspräsentation von Roland Berger, S. 38 genannten durchschnittliche Vorlaufkosten von [...] €/t zu Grunde gelegt. Die in ihrer Auskunft vom 6. September 2006, Bl. 81, aufgeführten 8,82 €/t beziehen sich auf die Bruttomenge vor Aufbereitung. Gerundete Werte. Die Berechnungen erfolgten mit den exakten Werten. Dies ergibt sich aus Folien zur Beiratssitzung am 1. August 2006, in der die Beteiligten sowohl die von einzelnen Entsorgern gewonnenen Mengen als auch die von diesen Entsorgern im Schnitt zu zahlenden Mindestpreise dargestellt haben; der Gesamtdurchschnitt liegt dann zwischen [...] €/t und [...] €/t. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 719 f d.A.. - 77 - - 77 Sekundärrohstoffe durch Primärrohstoffe wahrscheinlich ist. Sie hat zu diesem Zweck alle inländischen Behälterglashersteller befragt. Die Befragung hat ergeben, dass sie nicht in der Lage sind, den Einsatz von Altglas wesentlich zu verringern. 245 Nur eine erheblich ins Gewicht fallende Erhöhung der Kosten für Altglas würde dazu führen, dass die notwendigen Investitionen und die höheren Kosten des Einsatzes der Primärrohstoffe wirtschaftlich sinnvoll sind. Anhaltspunkte für eine solche drastische Erhöhung der Preise für Altglas sind nicht ersichtlich. Die Einzelheiten wurden bereits im Rahmen der Abgrenzung eigenständiger Sekundärrohstoffmärkte gegenüber Primärrohstoffmärkten dargelegt. 205. Eine Verringerung des Altglaseinsatzes bei der Herstellung von Behälterglas durch Erhöhung der Primärrohstoffmengen ist kurz- und mittelfristig nicht über maximal 10 % hinaus möglich. Die Beschlussabteilung hat insofern alle Beteiligten aufgefordert, den Aufwand darzustellen, den eine Erhöhung des Einsatzes von Primärrohstoffen zur Folge hätte. Nur ein kleinerer Hersteller hat erklärt, eine solche Umstellung auch kurzfristig durchführen zu können, weil die notwendigen technischen Voraussetzungen in seinem Unternehmen gegeben seien. 246 Alle anderen Unternehmen haben, soweit sie nähere Ausführungen zu dieser Frage gemacht haben, die Möglichkeit entweder generell verneint oder auf die Kosten hingewiesen, die einer Umstellung entgegenstehen. 206. Die Erhöhung der Erweiterungsinvestitionen eingesetzten würde zu Primärrohstoffmengen einer deutlichen Abnahme ohne der Produktionsmengen führen. Dies betrifft die Gemengehäuser, in denen Primärrohstoffe zu einem schmelzfähigen Gemisch verarbeitet werden. Der Rückgang der Schmelzleistung bei einer Verringerung des Scherbeneinsatzes um 10 % wird – bei unveränderten Kapazitäten der Gemengehäuser – auf ca. 25 - 35 % geschätzt. 247 Auch die Kapazitäten der Schmelzwannen, in denen durch Zufuhr von Wärme die flüssige Glasmasse hergestellt wird, gingen zurück. Unter der Annahme unveränderter Schmelzwannen ist bei einem Rückgang der Scherben um 5 - 15 % mit einem Rückgang der Schmelzkapazität um 1 % – 5 % zu rechnen. 248 Eine Anpassung der 245 246 247 248 Vgl. oben C.II.1. d). Auskunft von Weck, Bl. 738 d.A. Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. - 78 - - 78 Kapazitäten erfordert umfangreiche Anpassungen der Wannen, weil höhere Temperaturen zur Schmelze und eine verbesserte Rauchgasreinigung erforderlich sind. 207. Erhebliche Investitionen in die Erweiterung der Lagereinrichtungen und der Gemengehäuser wären notwendig, um die Menge der eingesetzten Primärrohstoffe substanziell zu erhöhen. Hinzu kommen Investitionen in Umwelttechnik, um auch bei einem erhöhten Einsatz von Primärrohstoffen die Grenzwerte der TA Luft einzuhalten. Drei große Hersteller von Behälterglas 249 haben nähere Angaben zu dem geschätzten Investitionsbedarf gemacht. Sie gehen alle von einem erheblichen Investitionsbedarf aus, der bis zu 20 Mio. € betragen kann. 250 Diese Investitionen würden einen erheblichen Zeitraum in Anspruch nehmen. Rexam geht davon aus, dass die Gemengehäuser in 1 – 2 Jahren angepasst werden können. Für die Schmelzwannen legt Rexam einen Zeitraum von 5 bis 8 Jahren zu Grunde. 251 Aus den Angaben der befragten Behälterglashersteller ergibt sich, dass höhere Kosten auch dann entstehen, wenn im Rahmen ohnehin anstehender Ersatzinvestitionen die Produktionsanlagen auf größere Primärrohstoffmengen ausgelegt werden. Dies folgt daraus, dass die Gemengehäuser und weitere periphere Anlagen von vornherein größer ausgelegt werden müssen, in denen Primärrohstoffen zu einem schmelzfähigen Gemisch verarbeitet werden. Wegen des steigenden Energiebedarfs bei zunehmendem Einsatz von Primärrohstoffen müssen auch die Schmelzwannen größer dimensioniert sein, um einen Rückgang der Produktionskapazitäten zu vermeiden. 252 208. Die Erhöhung des Primärrohstoffanteils führt zu einem deutlichen Anstieg der variablen Kosten. Insbesondere steigt der Energiebedarf. Bei einem Rückgang des Einsatzes von Sekundärrohstoffen um 10 % ist ein Anstieg des Energiebedarfs um 2 % - 4 % zu erwarten. Gleichzeitig erhöht sich der CO2Ausstoß. Eine Absenkung des Scherbenanteils von 70 % auf 60 % wird nach 249 250 251 252 Auskunft von Rexam, Bl. 760 ff. d.A., Wiegand Bl. 951 ff. d.A., Heye, Bl. 765 d.A. Die Behälterglashersteller haben den Investitionsaufwand im Einzelnen beziffert, betrachten die konkreten Angaben aber als Geschäftsgeheimnisse. Für den Zweck der Prüfung der Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung muss nicht auf die konkreten unternehmensindividuellen Angaben zurückgegriffen werden, sondern es reicht aus, wenn die Größenordnung des Zusatzaufwandes nachvollziehbar ist. Auskunft von Rexam, Bl. 766 d.A. Die Behälterglashersteller haben den erwarteten Investitionsbedarf näher beziffert, betrachten die konkreten Angaben aber als Geschäftsgeheimnisse. Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. (Die konkreten Angaben wertet Rexam als Geschäftsgeheimnis). Auskunft von Rexam, Bl. 761 f. d.A. - 79 - - 79 Schätzungen zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen von ca. 150 kg auf 450 kg CO2 je t Glas führen. 253 Die dadurch zu erwartenden Zusatzkosten schätzt z.B. Rexam auf über 2 Mio. € jährlich. 254 209. Bei der Analyse der Wirkung der Vereinbarung 255 wurde festgestellt, dass das Einkaufskartell die Erwerber von Altglas aus der DSD-Ausschreibung des Jahres 2006 beim individuellen Absatz an Glashütten behindert. Trotz dieser Behinderungen konnten aber auch diese Mengen der Verwertung zugeführt werden. Insbesondere A., die mit 350.000 – 500.000 t einen erheblichen Anteil der in 2006 ausgeschriebenen Gesamtmenge von 864.000 t erworben hat, 256 konnte inzwischen den Lagerbestand bis auf 5 % abbauen. 257 DSD hat bestätigt, dass ihre Vertragspartner den vertraglichen Pflichten zur Verwertung des Altglases nachkommen. 258 Die Verwertung des Altglases ist damit auch unter den derzeitigen Bedingungen sichergestellt. bb) Wegen der gesetzlichen Pflicht haushaltsnaher Sammelsysteme zur Verwertung ist ein signifikanter Rückgang der Verwendung von Altglas als Sekundärrohstoff nicht zu erwarten 210. Ein Absinken der Verwertungsquoten ist auch deswegen nicht zu erwarten, weil Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen rechtlich verpflichtet sind, Verpackungen zurückzunehmen und einer Verwertung zuzuführen. 259 Glas muss zu 75 % einer stofflichen Verwertung zugeführt werden. 260 Über diese Quote hinaus ist die tatsächlich erfasste Menge an Verpackungen einer Verwertung zuzuführen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist; ansonsten sind sie nach den Grundsätzen der gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung gem. §§ 10, 11 KrW-AbfG zu beseitigen. 261 Soweit sich Hersteller und Vertreiber an einem System zur flächendeckenden Abholung von Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher beteiligen, 253 254 255 256 257 258 259 260 261 Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. (Die konkreten Angaben wertet Rexam als Geschäftsgeheimnis). Auskunft von Rexam, Bl. 761 d.A. (Die konkreten Angaben wertet Rexam als Geschäftsgeheimnis). Oben C.1.b). Bl. 521 d.A. Email vom 16. Mai 2007, Bl. 975 d.A. Email vom 24. Mai 2007, Bl. 1.095 d.A. § 6 Abs. 1, 2 VerpackV. Anhang I zu § 6 VerpackV Nr. 1 Abs. 2 S. 1. Anhang I zu § 6 VerpackV Nr. 1 Abs. 5. - 80 - - 80 entfallen die Pflichten zur individuellen Rücknahme. Statt dessen treffen den Betreiber des Systems die Verwertungs- und Beseitigungspflichten. 262 211. Nach dem Inkrafttreten der VerpackV hat zunächst nur DSD ein endverbrauchernahes Rücknahmesystem angeboten. Inzwischen gibt es mehrere spezialisierte Dienstleistungsunternehmen, die den nach der VerpackV primär zur Rücknahme und zur Verwertung von Verkaufsverpackungen verpflichteten Unternehmen anbieten, sich an einem solchen System zu beteiligen. 212. Die meisten Hersteller bzw. Inverkehrbringer von Verkaufsverpackungen beteiligen sich an haushaltsnahen Sammelsystemen und sind dadurch von eigenen Rücknahme- und Verwertungspflichten befreit. Damit sind die Behälterglashersteller nur ausnahmsweise unmittelbare (Mit-)Adressaten der Rücknahme- und Verwertungspflichten der VerpackV. Die verpackungsrechtliche Pflicht, die Verwertungsquoten zu erfüllen und – soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist – zu überschreiten, trifft in der weit überwiegenden Zahl der Fälle die Betreiber haushaltsnaher Sammelsysteme. In 2003 waren 84,5 % aller bei privaten Haushalten anfallenden Glasverpackungen bei dualen Systemen lizenziert, für 1,6 % gab es andere Rückführungswege, 4,5 % waren bepfandet und wurden über den Handel zurückgegeben und 9,4 % nahmen an keiner Entsorgungslösung teil. 263 Für 2005 wird der Anteil dualer Systeme auf 79,5 %, der Anteil sonstiger Rückführungswege auf 2,4 %, der Anteil bepfandeter Einwegverpackungen auf 4,1 % und der Anteil nicht lizenzierter Verpackungen auf 14 % geschätzt. 264 Ziel der Novelle der VerpackV ist es, die Zahl nicht lizenzierter Verpackungen weiter zu reduzieren. Die haushaltsnahen Sammelsysteme sind bislang im Regelfall selbst nicht operativ tätig und beauftragen Dritte mit der Durchführung von Sammlung und Transport bzw. der Zuführung zur Verwertung. 213. DSD hat in den Jahren 2003 und 2004 ausgeschriebenen Verträgen (Laufzeiten 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2006 bzw. 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2007) den Entsorgungsunternehmen die Pflicht auferlegt, die gesammelten Glasverpackungen einer Verwertung zuzuführen. Dem Auftragnehmer wird eine 262 263 264 § 6 Abs. 3 VerpackV. Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung, Umsetzung der Verpackungsverordnung in Deutschland, Marktübersicht 2003, Prognose 2005, S. 5. Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung, Umsetzung der Verpackungsverordnung in Deutschland, Marktübersicht 2003, Prognose 2005, S. 11. - 81 - - 81 Mindestmenge vorgegeben, die er in jedem Fall der Verwertung zuführen muss. 265 DSD berechnet diese Mindestmenge so, dass die Erfüllung der Quoten der VerpackV für die in das System eingebrachten Verpackungen erfüllt ist. Im Regelfall haben die Auftragnehmer der DSD in der Vergangenheit die Mengen über die GGA vermarktet. 214. Mit der Ausschreibung der Verträge für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2009 im Jahr 2006 ist DSD von diesem Modell abgegangen. Nunmehr erwirbt DSD Eigentum an dem erfassten Altglas und verkauft es in einem Auktionsverfahren. Der Käufer des Altglases ist verpflichtet, das Altglas aufzubereiten und im eigenen Namen und auf eigene Rechnung der Verwertung zuzuführen. 266 DSD konnte im Auktionsverfahren die gesamte angebotene Altglasmenge absetzen. 267 GGA hat in diesem Verfahren nach entsprechenden Hinweisen der Beschlussabteilung kein Angebot abgegeben. 268 Die Schwierigkeiten, denen die Erwerber der Mengen – nicht zuletzt auf Grund des Verhaltens der Beteiligten – bei der Verwertung gegenüberstanden, konnten inzwischen überwunden werden. 269 Dies zeigt, dass die haushaltsnahen Systeme auch ohne die Vereinbarung der Behälterglashersteller im Rahmen der GGA in der Lage sind, über individuelle Verträge eine hohe Verwertungsquote (75% und mehr) sicherzustellen. DSD hat bestätigt, dass ihre Vertragspartner die gesamte Menge der Verwertung zuführen und dass keine Hinweise darauf vorliegen, dass die vertraglichen Pflichten nicht erfüllt werden. 270 215. Unter Verwertung ist die Herstellung von Sekundärrohstoffen zu verstehen, die unmittelbar für die Produktion von Neuglas verwendet werden können. 271 Sobald die Erwerber das Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung entsprechend ihren vertraglichen Pflichten aufbereitet haben, haben sie ein wirtschaftliches Eigeninteresse, es an Glashütten zur Verwendung bei der Glasproduktion abzusetzen. Eine Beseitigung wäre wegen des Vorrangs der 265 266 267 268 269 270 271 Vgl. § 4 Abs. 2 des Mustervertrages der DSD über die Entsorgung von Verkaufsverpackungen aus Glas (2005 – 2007), Bl. 187 ff. d.A. Vgl. den Mustervertrag der DSD über die Aufbereitung und Verwertung von Verkaufsverpackungen aus Glas, Bl. 203 ff. d.A. Ausgeschrieben wurden ca. 50 % der Vertragsgebiete. B 10 – 39/99, Bl. 399 ff. d.A. Vgl. oben C III 1 b). Email vom 24. Mai 2007, Bl. 1.095 d.A. Vgl. oben A.I. - 82 - - 82 Verwertung in § 4 Abs. 1 KrW-/AbfG unzulässig und wirtschaftlich wegen der damit verbundenen Kosten unsinnig. 216. Selbst wenn im Einzelfall die Verwertung von Altglas mit Kosten verbunden ist, führt das nicht dazu, dass die Recyclingquote der VerpackV unterschritten wird. Denn die haushaltsnahen Sammelsysteme sind Adressaten der Pflichten der VerpackV. Sie müssen deshalb im Einzelfall Verwertungskosten übernehmen und werden dies bei der Festsetzung der Lizenzentgelte berücksichtigen. Umgekehrt geben sie wegen des zunehmenden Wettbewerbs auf dem Markt für die Organisation der Rücknahme und Verwertung beim privaten Endverbraucher anfallender gebrauchter Verkaufsverpackungen Erlöse, die sie durch den Verkauf des Altglases erwirtschaften, an ihre Lizenznehmer weiter. 217. Auf anderen Sekundärrohstoffmärkten werden ebenfalls hohe Recyclingquoten erreicht, ohne dass die Verwertungsunternehmen die Rohstoffe gemeinsam einkaufen. Dies gilt etwa für den Altpapiermarkt. Er ist insofern mit den Altglasmärkten vergleichbar, als größere Mengen Altpapier ebenfalls haushaltsnah erfasst werden, die dann ggf. nach weiterer Behandlung zu den Papierherstellern transportiert werden müssen. Die Papierhersteller kaufen individuell das in ihrer Produktion eingesetzte Altpapier ein. Technische Unterstützung bietet die Gesellschaft für Papierrecycling ("GesPaRec"), Bonn, indem sie z.B. die Optimierung von Sammelsystemen mit dem Ziel unterstützt, die Erfassungsmengen zu steigern bzw. die Qualität des erfassten Altpapiers zu verbessern. Die Altpapiereinsatzquoten lagen 2006 je nach Papier- und Pappesorte zwischen 41 % und 99 %. 272 Diese Quoten konnten seit Jahren auf dieser Höhe gehalten werden, 273 ohne dass eine gemeinsame Einkaufsorganisation aller Papierhersteller erforderlich wäre und obwohl beim Papierrecycling die Qualität des Sekundärrohstoffs mit jeder Verwendung abnimmt, während Glas beliebig oft ohne nennenswerte Qualitätsverluste verwertet werden kann. 3. Keine angemessene Beteiligung der Verbraucher an Kosteneinsparungen 218. Vorteile für die Marktgegenseite, d.h. die Anbieter des Altglases, durch die gemeinsame Beschaffung des Altglases sind nicht ersichtlich. Die gemeinsame Beschaffung wirkt sich im Gegenteil nachteilig für sie aus, soweit die GGA ihre 272 273 Vgl. Übersicht "Altpapiereinsatzquoten", abrufbar über www. gesparec.de. Vgl. Übersicht "Altpapiereinsatzquoten", abrufbar über www. gesparec.de: Quoten von 1996 bis 2006. - 83 - - 83 Marktmacht in der Vergangenheit einsetzen konnte, um die Einkaufspreise für Altglas auf einem niedrigen Niveau zu halten. 274 Seitdem DSD Altglas in einem Auktionsverfahren absetzte, behindert die GGA den individuellen Absatz des Altglases im Wettbewerb an die Behälterglashersteller. 219. Es ist zweifelhaft, inwieweit die Behälterglashersteller mögliche Kostenvorteile aus der gemeinsamen Beschaffung von Altglas an ihre Abnehmer 275 weitergeben. Niedrige Einkaufskosten als Folge der Ausübung von Marktmacht sind nicht als wettbewerbsfördernd anzusehen, wenn die Einkäufer zusammen Macht auf den Verkaufsmärkten ausüben. In diesem Fall werden Kosteneinsparungen wahrscheinlich nicht an die Abnehmer weitergegeben. Mit zunehmender gemeinsamer Macht auf den Verkaufsmärkten wird der Anreiz für die Vertragspartner steigen, ihr Verhalten als Verkäufer aufeinander abzustimmen. Dies kann dadurch erleichtert werden, dass sie durch den gemeinsamen Einkauf ein hohes Maß an Kostenangleichung erzielen. 276 Alle in Deutschland produzierenden Behälterglashersteller sind auch Gesellschafter der GGA. Sie verfügen auf dem Absatzmarkt – unabhängig davon wie dieser räumlich im Einzelnen abzugrenzen ist – über hohe Marktanteile. 277 Die Kosten für den Sekundärrohstoff machen einen erheblichen Teil der gesamten Rohstoffkosten aus. 278 Die Senkung der Lizenzentgelte der haushaltsnahen Sammelsysteme durch Steigerung der Einnahmen bei der Sekundärrohstoffvermarktung kommt hingegen unmittelbar den Abnehmnern der Behälterglashersteller zugute. 220. Die Weitergabe von Kostenvorteilen an den Endverbraucher ist wahrscheinlicher, wenn die Behälterglashersteller individuell Altglas im Wettbewerb nachfragen und sich ein Wettbewerbspreis für Altglas bildet. Diese Prognose lässt sich mit dem Verhalten der Betreiber haushaltsnaher Sammelsysteme belegen. Da sie die Organisation der haushaltsnahen Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen im Wettbewerb anbieten, sind sie bestrebt, Verwertungserlöse zu erzielen, um die Lizenzentgelte für die 274 275 276 277 278 Vgl. oben C.V.1.a)aa). Verbraucher ist - jedenfalls nach dem Verständnis der Kommission - der unmittelbare Abnehmer, vgl. Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG, ABl. C 101 vom 27. April 2004, S. 97, Rn. 84. Vgl. die Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 128. Vgl. oben C.III.3. Vgl. oben C.III.3. - 84 - - 84 Teilnehmer des Systems zu reduzieren. Ihre Abnehmer – Unternehmen, die Verkaufsverpackungen als Abfüller oder als Handelsunternehmen in Verkehr bringen – sind ihrerseits bestrebt, die Organisationsleistungen haushaltsnaher Sammelsysteme möglichst günstig einzukaufen und geben Kostenvorteile im Wettbewerb an die Endverbraucher weiter. Die Weitergabe von Kostenvorteilen aus der Verwertung von Altglas lässt sich quantifizieren. DSD als das größte haushaltsnahe Sammelsystem hat die Lizenzentgelte für Altglas in der veröffentlichten Preisliste gegenüber 2006 um 2,6 % abgesenkt. Insgesamt hat das Unternehmen nach eigenen Angaben in den vergangenen zehn Jahr die Kosten für die Lizenznehmer um durchschnittlich 35 % gesenkt, wobei die Verwertung der Verpackungsabfälle als wettbewerbsfähige Sekundärrohstoffe zunehmend an Bedeutung gewinnt. 279 4. Ausschaltung des Wettbewerbs 221. Unbeschadet der übrigen Freistellungsvoraussetzungen ist die Vereinbarung auch deshalb nicht freistellungsfähig, weil sie die Möglichkeit eröffnet, für einen wesentlichen Teil der betroffenen Waren den Wettbewerb auszuschalten. Bei der Auslegung dieser Voraussetzung ist Art. 82 EG, der den Begriff der beherrschenden Stellung verwendet, mit heranzuziehen. 280 Bei dem gemeinsamen Einkauf sind sowohl die Einkaufs- als auch die Verkaufsmärkte zu berücksichtigen. 281 222. Die Beteiligten betrachten drei Bereiche: Sie stellen den Umsatz der GGA in Verhältnis zu den von ihnen pauschal berechneten Herstellkosten für Behälterglas, sie berechnen einen Anteil der über die GGA abgerechneten Transportkosten für Altglas 282 an dem Gesamtumsatz mit Altglas und sie berechnen den Anteil an den Umsätzen, die mit der Sammlung von Altglas und dem Transport von Altglas erzielt werden, bzw. den Anteil der im Nachtransport gefahrenen Transportkilometer an allen in der Bundesrepublik zum Transport von Steine und Erden gefahrenen Transportkilometer. 279 280 281 282 Bl. 960 ff. d.A. Vgl. hierzu die Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG, ABl. C 101 vom 27. April 2004, S. 97, Rn. 106. Vgl. hierzu die Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 134. Die in der Abschlusspräsentation von Roland Berger, S. 51 genannten 30,2 Mio. € ergeben sich aus den Kosten für den Vor-, den Zwischen- und den Nachlauf, vgl. Auskunft der GGA vom 6. September 2006, Bl. 89. - 85 - - 85 223. Die erste Betrachtung ist ungeeignet, die Marktstellung der GGA zu bestimmen, weil sie die Aufwendungen bei der Beschaffung von Altglas mit den Herstellkosten vergleicht. Die Marktstellung eines Einkaufskartells ist vorrangig dadurch zu ermitteln, dass festgestellt wird, wie groß der Anteil der von der Vereinbarung erfassten Einkäufe am Gesamtvolumen des betroffenen Marktes ist. 283 Sofern ergänzend die Absatzseite betrachtet werden soll, müssen die Marktanteile der an der Vereinbarung Beteiligten am Absatz ermittelt werden. Darüber hinaus kann die Kostenstruktur der Beteiligten untersucht werden, um eine Aussage über mögliche Auswirkungen des gemeinsamen Einkaufs auf der Absatzseite zu treffen. Aufwendungen für Rohstoffe und Vorprodukte und Umsätze mit den hieraus hergestellten Produkten lassen sich nicht unmittelbar vergleichen. 224. Die Betrachtung eines Marktes für Sammlung und Transport von Altglas ist ungeeignet über die Marktstellung der GGA Aufschluss zu geben, weil die Einkaufsvereinbarung sich nicht auf den Einkauf dieser Leistungen erstreckt. Sammlung und Transport von Altglas führen die Entsorgungsunternehmen im Auftrag der haushaltsnahen Sammelsysteme durch, die GGA wird erst auf der nachgelagerten Stufe tätig. Ebenso ungeeignet ist die Betrachtung eines Gesamtmarktes für den Transport von Steine und Erden. Über die GGA kaufen die Behälterglashersteller nicht isolierte Transportleistungen ein, sondern sie beschaffen Altglas und haben zu diesem Zweck ein System der Kostenerstattung und des Kostenausgleichs aufgebaut. Im Regelfall 284 führen die von den haushaltsnahen Sammelsystemen beauftragten Entsorgungsunternehmen den Transport bis zur Aufbereitungsanlage durch, während die Betreiber der Aufbereitungsanlagen den Transport zur Glashütte organisieren. 225. Richtigerweise ist auf die Altglasmärkte abzustellen, weil die Beteiligten gemeinsam Altglas und zwar mit den notwendigen Transporten beschaffen. Unrichtig ist allerdings die Beschränkung der Betrachtung auf den Transport. Insofern ist es schon inkonsequent, wenn nur die Transportkosten und nicht auch der Einkaufspreis für Altglas mit einbezogen wird. Insbesondere übergeht 283 284 Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, Abl. C 3 vom 6. Januar 2001, S. 2, Rn. 126. Vgl. oben C.V.1.a)bb). - 86 - - 86 die GGA aber den Einfluss, den ihre Tätigkeit auf die Aufbereitung hat. 285 Bei der Betrachtung des mengen- und volumenmäßigen Anteils der GGA an den betroffenen Einkaufsmärkten ist die Aufbereitung jeweils einzubeziehen. 226. Nach den Feststellungen der Beschlussabteilung haben die an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen die Möglichkeit, den Wettbewerb auf den betroffenen Sekundärrohstoffmärkten auszuschließen. Sie verfügen gemeinsam über erhebliche Anteile auf den Einkaufsmärkten für Altglas. Die Vereinbarung erfasst 70 % ihres Einkaufs an Grün-, 49 % ihres Einkaufs an Braun- und 71 % ihres Einkaufs an Weißglasscherben. 286 Insgesamt kaufen sie 67 % (Menge) bzw. 65 % (Wert) des benötigten Altglases gemeinsam ein. 287 Der Umstand, dass sie den Preis für unaufbereitetes Altglas niedrig halten konnten 288 , unterstreicht ebenso wie die Behinderung von Unternehmen beim Absatz von Altglas aus der DSD-Auktion des Jahres 2006 den weitgehenden Ausschluss von Wettbewerb auf den von der Vereinbarung betroffenen Sekundärrohstoffmärkten. 227. Es ist auch zu erwarten, dass die Vereinbarung den Wettbewerb auf dem Verkaufsmarkt beeinträchtigt. Behälterglas ist ein homogenes Massengut. Die Anteile der Gesellschafter auf dem Verkaufsmarkt für Behälterglas sind bedeutend. 289 Der Anteil der Rohstoffkosten an den Produktionskosten ist relativ hoch 290 , so dass die Vereinbarung zu einer Kostenangleichung der Hersteller von Behälterglas führt. VI. Ermessen 228. Nach § 32 GWB steht es im Ermessen des Bundeskartellamtes, Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen zu verpflichten, eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG oder § 1 GWB abzustellen. Nach Abwägung der betroffenen Interessen überwiegt das Interesse an der Beendigung der koordinierten Beschaffung von Altglas über die GGA. 229. Die Zuwiderhandlung der Beteiligten liegt in der gemeinsamen Rohstoffbeschaffung der von ihnen hergestellten Produkte. Die von der Vereinbarung 285 286 287 288 289 290 Vgl. oben .III.1.b. Vgl. oben C.III.2. Vgl. oben C.III.2. Vgl. oben C.V.1 a) aa). Vgl. oben C.III.3 Vgl. oben C.III.3. - 87 - - 87 ausgehende Wettbewerbsbeschränkung ist schwerwiegend, berücksichtigt man die hohen Marktanteile der Beteiligten auf den Einkaufsmärkten und auf den Absatzmärkten. Hinzu kommt, dass mit der Vereinbarung ein erheblicher Teil der Produktionskosten vereinheitlicht wird. 230. Im Rahmen der Ermessensausübung war auch zu berücksichtigen, inwieweit die Beteiligten versuchen, den andauernden Verstoß gegen Art. 81 EG und § 1 GWB abzustellen. Eine kartellrechtlich tragfähige Lösung ist unter Berücksichtigung des Verhaltens der GGA in den letzten Jahren nicht zu erwarten, so dass die Wettbewerbsbeschränkung nicht länger geduldet werden kann. 231. Der GGA und ihren Gesellschaftern ist seit mehreren Jahren bekannt, dass die gemeinsame Beschaffung von Altglas über die GGA kartellrechtlich unzulässig ist. Die Beschlussabteilung hat mehrfach mündlich und schriftlich die Gründe erläutet. Die GGA und ihre Gesellschafter haben davon abgesehen, Lösungsvorschläge zu erarbeiten und stattdessen nur Varianten des gemeinsamen Einkaufs entwickelt. 232. Als die Beschlussabteilung Vertretern der GGA am 15. Februar 2006 erneut den Verstoß gegen Art. 81 EG und § 1 GWB erläuterte, erklärten diese, durch eine Veränderung des Gesellschafterkreises die kartellrechtlichen Bedenken auszuräumen. Aus den Protokollen der Beiratssitzungen ergibt sich, dass insoweit weder Überlegungen angestellt noch konkrete Umsetzungsschritte eingeleitet wurden. Stattdessen beabsichtigt die GGA, sich auf die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG und des § 1 GWB zu berufen, ohne aber ihren Vortrag hinreichend zu substantiieren. 233. Schließlich sind die erheblichen negativen Folgen für den Wettbewerb auf den betroffenen Sekundärrohstoffmärkten zu berücksichtigen. Nach der Ausschreibung des Altglases zur Übernahme und zur Verwertung durch DSD im Jahr 2006 wäre es zu erwarten gewesen, dass sich die Glashütten entweder selbst um diese Mengen bemühen oder sie in Verhandlungen mit den Erwerbern dieser Mengen treten. Der Umstand, dass alle Glashütten gleichzeitig auch Gesellschafter der GGA sind und dass die GGA ihrerseits Verhandlungen mit Aufbereitern über diese Altglasmengen führt, stört die Marktprozesse. Die Behälterglashersteller halten sich mit Rücksicht auf ihre Beteiligung an der GGA mit einer eigenen individuellen Nachfrage zurück. Belegt werden die negativen - 88 - - 88 Folgen für den Wettbewerb durch Hinweise der Unternehmen, die von DSD Altglas gekauft haben. Sie wurden daran gehindert, dieses Altglas über individuelle Vereinbarungen mit Behälterglasherstellern zu vermarkten. 291 Vor diesem Hintergrund ist eine Beendigung der Tätigkeit der GGA notwendig, um eine nicht koordinierte Nachfrage der Behälterglashersteller nach Altglas sicherzustellen. VII. Keine Anordnung der Aussetzung der Vollziehung nach § 65 Abs. 3 S. 2 GWB 234. Das Bundeskartellamt hat gem. § 65 Abs. 3 S. 2 GWB nach pflichtgemäßem Ermessen über die Aussetzung der Vollziehung zu entscheiden. Maßstab ist dabei § 65 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB. Hiernach kann die aufschiebende Wirkung angeordnet werden, wenn die sofortige Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte zur Folge hätte. Die Entscheidung ist zu treffen durch eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung. 235. Nach der gesetzgeberischen Wertung sollen auf Art. 81 EG, § 1 GWB gestützte Verfügungen der Kartellbehörden grundsätzlich sofort vollziehbar sein. Nur im Ausnahmefall – bei Vorliegen einer unbilligen Härte – soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen. Diese kann nur bejaht werden bei schwerwiegenden Eingriffen, deren Folgen nach einer erfolgreichen Durchführung des Beschwerdeverfahrens nicht ohne weiteres beseitigt werden können. 292 236. Eine solche unbillige Härte ist hier schon deswegen nicht zu erkennen, weil die Verfügung nicht den Einkauf von Altglasmengen aus Ausschreibungen vor dem 1. Januar 2006 über die GGA berührt. Derzeit verfügt die GGA noch bis Ende des Jahres über ca. 50 % des gesamten haushaltsnah gesammelten Altglases. Die Gesellschafter der GGA müssen deshalb nicht befürchten, dass durch die Beendigung der Tätigkeit der GGA die Versorgung mit Sekundärrohstoffen über die GGA plötzlich unterbrochen wird. Sie haben die Möglichkeit, im Rahmen der am 7. Mai 2007 begonnenen Ausschreibung der DSD Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung zu erwerben. Sie können damit die Versorgung 291 292 Vgl. oben C.III.3 b). Kollmorgen in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 10. Aufl., § 65 Rn. 20. - 89 - - 89 ihrer Produktionsstätten mit Altglas auch längerfristig sichern. Sollte in einem möglichen gerichtlichen Verfahren festgestellt werden, dass der gemeinsame Einkauf aller Behälterglashersteller nicht gegen Art. 81 EG, § 1 GWB verstößt müssten sie allenfalls den Nachteil hinnehmen, dass sie für den Zeitraum der Vollziehbarkeit der Verfügung Vorteile aus dem Einkaufskartell – die nach den Feststellungen der Beschlussabteilung zu der mangelnden Effizienz der GGA 293 wenn überhaupt gering sein dürften – nicht realisieren konnten. 237. Eine unbillige Härte ist auch deswegen nicht zu erkennen, weil die Behälterglashersteller seit 1999 über die Einschätzung der Beschlussabteilung unterrichtet sind. Ihnen wurde in zahlreichen Gesprächen der Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften erläutert. Sie hatten von sich aus angekündigt, durch einen Gesellschafterwechsel den fortdauernden Verstoß gegen Art. 81 EG, § 1 GWB zu beenden, dieser Ankündigung aber keine Taten folgen lassen. Sie hatten in der Vergangenheit ausreichend Gelegenheit, ihr Einkaufsverhalten entsprechend anzupassen. Dies hätte insbesondere nahegelegen, nachdem die DSD im Jahr 2006 zum ersten Mal im Rahmen eines Bieterverfahrens Altglasmengen zum Verkauf angeboten hat. 238. Das eigene Interesse der GGA an der Fortsetzung ihrer unternehmerischen Tätigkeit ist nur abgeleitet vom Interesse ihrer Gesellschafter, gemeinsam Sekundärrohstoffe einzukaufen. Die Beendigung dieser unternehmerischen Tätigkeit kann die Annahme einer unbilligen Härte deshalb ebenfalls nicht begründen. 239. Demgegenüber überwiegt das öffentliche Interesse an der – ohnehin als gesetzlicher Regelfall vorgesehenen – sofortigen Vollziehung der Verfügung. Ein solches Interesse kann in der Erhaltung der Wettbewerbsstrukturen liegen und sich insbesondere aus Gefahren für den Erhalt einer gesunden Marktstruktur ergeben. 294 Der gemeinsame Einkauf der Behälterglashersteller über die GGA führt dazu, dass sich kein funktionsfähiger Wettbewerb auf den Altglasmärkten entwickeln kann. Die Erwerber von Altglas aus der haushaltsnahen Sammlung von Verkaufsverpackungen werden beim Absatz des Altglases an Behälterglashersteller behindert. Nach den Feststellungen der Beschlussabteilung gefährdet die gemeinsame Haltung der Gesellschafter der 293 294 Vgl. oben C.V. 1 a) bb). KG, Beschluss vom 16. Ersatzwagenkostenerstattung. Juli 1993, WuW/E OLG 5132 (5133) – Empfehlung - 90 - - 90 GGA den Absatz des Altglases aus der im Jahr 2006 von DSD durchgeführten Ausschreibung, weil die Glashütten nicht bereit sind, individuell diese Mengen abzunehmen, sondern auf dem zentralen Einkauf über die GGA bestehen. Es ist zu befürchten, dass die Existenz der GGA sich auch störend auf die laufende Ausschreibung von Altglasmengen durch DSD auswirkt. Insbesondere könnte das Verhalten dritter Marktteilnehmer wie Betreiber von Aufbereitungsanlagen oder Sekundärrohstoffhändler negativ beeinflusst werden, die vor dem Hintergrund der Erfahrungen bei der Ausschreibung von Altglas im Jahr 2006 von Geboten abgeschreckt werden. Damit würde die Entstehung von Wettbewerbsstrukturen auf den betroffenen Altglasmärkten auf Jahre hinaus empfindlich gestört. 240. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen, die Altglas an Behälterglashersteller absetzen wollen. Sie tragen z.T. erhebliche finanzielle Risiken, soweit sie Mengen aus der haushaltsnahen Sammlung gekauft haben, um sie ggf. nach Aufbereitung weiterzuveräußern. Sie werden in ihrer unternehmerischen Tätigkeit durch die GGA behindert und können die Sekundärrohstoffe nicht im Wettbewerb an die Behälterglashersteller absetzen. Dies beeinträchtigt auch die Tätigkeit der Betreiber haushaltsnaher Sammelsysteme, weil sie ggf. den Nachweis der Verwertung der in ihrem System gesammelten Mengen nicht führen können, wenn sich die Behälterglashersteller weigern, Mengen individuell abzunehmen. 241. Das Interesse der Behälterglashersteller an der Fortsetzung des gemeinsamen Einkaufs über den 1. Januar 2008 hinaus muss hinter diesen öffentlichen Interessen und den genannten unternehmerischen Interessen zurückstehen. Der Nachteil, den sie hinnehmen müssen – mögliche Verluste von Kostenvorteilen durch die Einkaufskooperation – rechtfertigt die Anordnung der Aussetzung der sofortigen Vollziehung nicht. Gleiches gilt für das lediglich abgeleitete Interesse der GGA, weiterhin als gemeinsame Einkaufsorganisation der Behälterglashersteller tätig sein zu können. VIII. Umfassendes Verbot des Einkaufskartells der Behälterglashersteller 242. Das Verbot des Art. 81 EG und des § 1 GWB richtet sich gegen den gemeinsamen Altglaseinkauf der Behälterglashersteller in der GGA, unabhängig davon, wie dieser im Einzelnen ausgestaltet ist. Soweit die GGA - 91 - - 91 und ihre Gesellschafter neue Geschäftsmodelle entwickelt haben, die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise das Einkaufskartell fortsetzen, erfasst die Untersagung auch diese Vereinbarungen. Dies gilt insbesondere für den Aufbau eines eigenen Systems zur haushaltsnahen Sammlung für Altglas durch die in der GGA zusammengeschlossenen Behälterglashersteller bzw. die Kooperation mit einem bereits auf dem Markt tätigen Anbieter eines haushaltsnahen Sammelsystems. 295 Es ist nicht zu erkennen, wie auf diese Weise bei unveränderter Gesellschafterstruktur der GGA der Verstoß gegen Art. 81 EG und § 1 GWB ausgeräumt werden soll. Denn die Gesellschafter würden auch dann den wesentlichen Teil ihres Bedarfs an Altglas über die GGA decken. Das Einkaufskartell für Altglas dehnte die Koordinierung zwischen seinen Mitgliedern auf die vorgelagerten Sammel- und Transportmärkte aus, weil die Behälterglashersteller diese Leistungen dann ebenfalls zu einheitlichen Konditionen einkaufen würden. Es ist insoweit unerheblich, ob die GGA selbst die Funktionen eines Systems zur haushaltsnahen Sammlung gebrauchter Verkaufsverpackungen übernimmt oder ob sie mit einem bereits bestehenden System kooperiert. In beiden Fallgestaltungen beschaffen die Behälterglashersteller über die GGA gemeinsam Altglas unter Einbeziehung der vorgelagerten Marktstufe der haushaltsnahen Sammlung und des Transports. 243. Die Beschlussabteilung würde die Umsetzung eines solchen Geschäftsmodells als Verstoß gegen das an die GGA und ihre Gesellschafter gerichtete Untersagungsverfügung werten, gemeinsam Altglas zu beschaffen. Sie hat die Möglichkeit, durch Verwaltungszwang ihre Anordnungen durchzusetzen. Die Höhe des Zwangsgeldes, das nach den allgemeinen Vorschriften für die Vollstreckung von Verwaltungsmaßnahmen angeordnet werden kann, kann bis zu 10 Mio. € betragen. 296 Darüber hinaus ist die Einleitung eines Bußgeldverfahrens möglich. 244. Soweit die Beteiligten bei der Diskussion um die Zukunftsmodelle – zu Unrecht 297 – meinen, ihnen sei gesetzlich vorgegeben, Altglas gemeinsam zu beschaffen, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass eine solche Pflicht nicht mit höherrangigem Gemeinschaftsrecht vereinbar wäre. Die Wettbewerbsbehörden der 295 296 297 Mitgliedstaaten sind verpflichtet, nationale Rechtsvorschriften Vgl. oben A.V.2. § 86 a GWB. Vgl. oben C.I.2. - 92 - - 92 unangewendet zu lassen, die Unternehmen zu einem Verhalten zwingen, das gegen Art. 81 EG verstößt. Die Nichtanwendung solcher – zwingenden – Rechtsvorschriften darf die Unternehmen für ihr in der Vergangenheit liegendes Verhalten keinen strafrechtlichen oder administrativen Sanktionen aussetzen. Soweit die Entscheidung einer Wettbewerbsbehörde, die unter Nichtanwendung der betreffenden nationalen Rechtsvorschrift einen Verstoß gegen Art. 81 EG feststellt, bestandskräftig wird, kann aber künftiges Verhalten der Unternehmen Sanktionen unterworfen werden. 298 245. Legt man die Auffassung der Beteiligten zu Grunde, das KrW-/AbfG bzw. die VerpackV verpflichteten sie zum gemeinsamen Einkauf der Sekundärrohstoffe, und setzen sie ihre bisherige Tätigkeit fort oder verwirklichten sie andere Modelle der gemeinsamen Bundeskartellamt als Beschaffung zuständige von nationale Altglas, müsste Wettbewerbsbehörde das diese Vorschriften insoweit unangewendet lassen. Es könnte dieses Verhalten für die Zukunft untersagen und einen Verstoß gegen die Untersagung mit Verwaltungszwang durchsetzen oder im Rahmen eines Bußgeldverfahrens bei künftigen Verstößen Geldbußen verhängen. Die Frage der Anwendbarkeit umweltrechtlicher Vorschriften muss aber in diesem Verfahren nicht abschließend geklärt werden. Denn die Auslegung der Bestimmungen des KrW-/AbfG und der VerpackV ergibt, dass eine Rechtspflicht, die Verwertung von Altglas gemeinsam sicherzustellen, nicht besteht. 299 D. Gebühren [...] 298 299 EuGH, Urteil vom 9. September 2003, Rs. C-198/01, Slg. 2003, S. I-8.055 (Rn. 49 ff.) – CIF. Vgl. oben C.I.2. - 93 - - 93 - RECHTSMITTELBELEHRUNG [...] Hossenfelder E. Müller Dr. Mehler Es wird darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung – dem Tenor nach – im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger (§ 62 GWB) sowie – im Volltext – im Internet unter www.bundeskartellamt.de veröffentlicht wird. - 94 - - 94 - A. Sachverhalt ...............................................................................................................4 I. Einführung.................................................................................................................4 II. Die Beteiligten ...........................................................................................................5 III. Der rechtliche Rahmen .............................................................................................7 IV. Gegenwärtige Tätigkeit der GGA ..............................................................................7 1. Übernahme des Altglases aus der haushaltsnahen Sammlung ................................8 a) Festlegung der Altglas-Aufbereitungsanlagen .....................................................10 b) Vergütung der Entsorgungsunternehmen............................................................11 2. Aufbereitung des Altglases......................................................................................11 a) Aufbereitung für die Gesellschafter .....................................................................11 b) Aufbereitung unmittelbar für die GGA..................................................................12 3. Absatz des Altglases an die Gesellschafter zur Verwertung ...................................12 a) Preissystem der GGA..........................................................................................12 b) Jährliche Festlegung der Altglaspreise durch die Gesellschafter ........................13 c)Koordinierung des Scherbeneinsatzes über den Beirat .......................................16 V. Eigene Modelle der GGA zu ihrer künftigen Tätigkeit..............................................18 1. Vermarktung des Altglases durch DSD ...................................................................18 2. Neue Geschäftsmodelle der GGA...........................................................................19 3. Verhandlungen mit Vertragspartnern der DSD über die Übernahme des Altglases für den Zeitraum 2007 - 2009..................................................................................26 B. Verfahrensgang.......................................................................................................27 C. Rechtliche Würdigung .............................................................................................30 I. Vereinbarung zwischen Unternehmen ....................................................................30 1. Die Vereinbarung ....................................................................................................30 2. Das Umweltrecht verpflichtet die Beteiligten nicht zu einem Einkaufskartell ...........31 II. Betroffene Märkte....................................................................................................35 1. Sachlich relevante Märkte .......................................................................................35 a) Die Altglasmärkte ................................................................................................35 b) Einbeziehung der Altglasaufbereitung .................................................................37 c) Keine getrennten Altglasmärkte für Altglas aus haushaltsnahen Sammlungen und Altglas aus dem gewerblichen Bereich................................................................39 d) Keine Einbeziehung der Primärrohstoffe .............................................................39 e) Kein einheitlicher Markt für alle Glasfarben .........................................................41 2. Räumlich relevante Märkte......................................................................................42 III. Wettbewerbsbeschränkung.....................................................................................43 1. Beschränkung des Wettbewerbs auf den Altglasmärkten .......................................43 a) Zweck der Vereinbarung .....................................................................................43 b) Wirkung der Vereinbarung...................................................................................48 2. Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung ...........................................................50 3. Auswirkungen der Vereinbarung auf den Absatzmarkt ...........................................51 IV. Eignung zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels ...........................53 V. Keine Freistellung der Vereinbarung gem. Art. 81 Abs. 3 EG, § 2 GWB.................55 1. Verbesserung der Warenerzeugung oder –verteilung, Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts.............................................................................59 - 95 - - 95 a) Versorgung der Behälterglashersteller mit Sekundärrohstoffen ..........................60 aa) Vorteile bei der Beschaffung ........................................................................60 bb) Vorteile beim Transport ................................................................................63 cc) Vorteile bei der Aufbereitung ........................................................................67 dd) Gesamtbetrachtung......................................................................................68 b) Technologischer Fortschritt .................................................................................68 c) Schonung natürlicher Ressourcen.......................................................................70 2.Keine Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung ...........................................71 a) Die Beschränkung ist nicht unerlässlich, um die Hersteller von Behälterglas kostengünstig mit Sekundärrohstoff zu versorgen...............................................71 b) Die Beschränkung ist nicht unerlässlich, um die Qualität des Sekundärrohstoffs sicherzustellen.....................................................................................................72 c) Die Beschränkung ist nicht unerlässlich, um hohe Recyclingquoten zu erreichen und den Energieverbrauch bei der Behälterglasherstellung zu minimieren. ........72 aa) Es ist zu erwarten, dass auf Grund objektiver Kostenvorteile der Einsatz von Altglas als Sekundärrohstoff nicht signifikant zurückgeht. ...................................73 bb) Wegen der gesetzlichen Pflicht haushaltsnaher Sammelsysteme zur Verwertung ist ein signifikanter Rückgang der Verwendung von Altglas als Sekundärrohstoff nicht zu erwarten .....................................................................79 3. Keine angemessene Beteiligung der Verbraucher an Kosteneinsparungen ...........82 4. Ausschaltung des Wettbewerbs ..............................................................................84 VI. Ermessen................................................................................................................86 VII. Keine Anordnung der Aussetzung der Vollziehung nach § 65 Abs. 3 S. 2 GWB ....88 VIII. Umfassendes Verbot des Einkaufskartells der Behälterglashersteller ....................90 D. Gebühren ................................................................................................................92