Morbus Cushing – Neue therapeutische Optionen - CME

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Morbus Cushing –
Neue therapeutische Optionen
Der Morbus Cushing ist zwar eine seltene Erkrankung, aufgrund der
Begleiterscheinungen und Folgeerkrankungen mit deutlich erhöhter
Mortalität jedoch eine ernst zu nehmende Erkrankung. Wenn die operative
Entfernung des ACTH-produzierenden Hypophysenadenoms nicht
erfolgreich war, kommen andere therapeutische Strategien zum Einsatz.
Zur Überwachung der Therapie und Nachsorge ist die lebenslange
endokrinologische Betreuung dieser Patienten erforderlich.
Epidemiologie
Der Morbus Cushing stellt die häufigste Form des endogenen Cushing-Syndroms dar. Das endogene CushingSyndrom entsteht durch eine vermehrte Cortisolproduktion durch die Nebennieren. Im Vergleich zum iatrogenen
Cushing-Syndrom durch Steroidtherapie handelt es sich
um ein seltenes Erkrankungsbild. Beim M. Cushing handelt es sich um eine ACTH-abhängige Form des CushingSyndroms, ursächlich ist einACTH-produzierendes Hypophysenadenom. Konsekutiv kommt es zu einer vermehrten
Produktion und Ausschüttung von Cortisol durch die Nebennieren, was zu einer Hyperplasie derselben führt. Die
jährliche Inzidenz des M. Cushing liegt bei ca. ein bis zwei
Fällen pro einer Million Einwohner[1, 2]. Andere Ursachen
des endogenen Cushing-Syndroms, welche differentialdiagnostisch in Erwägung zu ziehen sind, sind in Tabelle 1
(Seite 18) zusammengestellt. Eine ektope ACTH- oder
CRH-Produktion findet sich beispielsweise bei einem
kleinzelligen Bronchialkarzinom oder als paraneoplastisches Syndrom bei anderen Tumorentitäten[1, 2, 3] (Tab. 2,
Seite 18).
Klinik und Symptome
Die Klinik des Morbus Cushing ist in seiner vollen
Ausprägung sehr typisch und eindrucksvoll, dennoch ist
die Diagnose häufig erschwert und verzögert (Abb. 1, Tab.
3, Seite 19). Nicht selten werden die Symptome mit dem
äußeren Erscheinungsbild einer alimentären Adipositas
zugeschrieben. Eine späte Diagnose und damit eine Verzögerung der adäquaten Therapie bedeutet aber für den Patienten ein erhöhtes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko. Die
Mortalität ist bei unbehandelten Cushing-Patienten bis zu
fünf-fach erhöht[1]. Die häufigsten Todesursachen sind kardiovaskuläre Ereignisse, aber auch thromboembolische
Ereignisse und schwere Infektionen. Gehäuft findet sich
ein Diabetes mellitus oder zumindest eine pathologische
Glucosetoleranz. Eine bestehende arterielle Hypertonie ist
Abbildung 1
Klinisches Bild eines M. Cushing, Striae rubrae
schwer einstellbar. Die Patienten zeigen eine erhöhte Infektanfälligkeit und eine Hyperkoagulabilität. Es finden
sich zusätzliche hormonelle Funktionsstörungen. Typischerweise zeigt sich der Befund eines Hypogonadismus,
welcher sich beim Mann als Störungen der Libido und Potenz zeigt. Bei der Frau findet sich eine sekundäre Amenorrhoe oder Oligomenorrhoe. Der zusätzlich häufig anzutreffende Hirsutismus entsteht durch eine Hyperandrogenämie durch vermehrte Bildung adrenaler Androgene, deren
Ausschüttung ebenfalls ACTH abhängig erfolgt.
Diagnostik
Die Verdachtsdiagnose ergibt sich meist aufgrund des
Vorhandenseins einzelner in Tabelle 3 (Seite 19) aufgeführter Symptome. Striae rubrae, Gesichtsplethora, proximale Muskelschwäche und Hämatomneigung, bei Kindern
eine Gewichtszunahme bei gleichzeitig verminderter
Wachstumsgeschwindigkeit, gehen bei Vorhandensein mit
einer relativ hohen a-priori-Wahrscheinlichkeit für das
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Häufigkeit
Häufigkeit
ACTH-abhängig
85 %
Hypophysenadenom
80 %
ACTH-unabhängig
15 %
ektop (s. Tabelle 2)
Nebennierenadenom
Nebennierenkarzinom
20 %
50 %
50 %
Mikronoduläre bds. Hyperplasie
– sporadisch
– familiär
– Carney-Komplex
Makronoduläre bds. Hyperplasie (AIMAH)
– Veränderungen in der Expression von
Hormonrezeptoren
– McCune-Albright-Syndrom
– MEN 1
– Mutation im ACTH-Rezeptor-Gen
Lokalisation
Mögliche Tumorentitäten
Hals/Mediastinum/Thorax
Bronchuskarzinoid
Abdomen
Andere
sehr selten
Tabelle 1
Häufigkeiten und Ursachen
des Cushing-Syndroms[2, 13]
Häufigkeiten
> 25 %
Kleinzelliges Bronchialkarzinom,
Adenokarzinom
Thymuskarzinoid
Medulläres Schilddrüsenkarzinom
20 %
Neuroendokriner Pankreastumor
8%
Phäochromozytom/Paragangliom
5%
11 %
6%
GEP-NET
~5 %
Colorektales, Ovarial-, Prostata-,
Cervix-Karzinom, Neuroblastom
Gallenblasen-, Ösophagus-, Nierenzell-,
Speicheldrüsen-, Larynx-, Mamma-,
hepatozelluläres Karzinom, Mesotheliom,
Lymphom, Melanom, Leydig-Zell-Tumor
1-3 %
Okkult
Vorliegen eines endogenen Cushing-Syndroms einher[1]. Je
höher die a-priori-Wahrscheinlichkeit ist, umso besser ist
die Aussagekraft der endokrinologischen Funktionstestung und umgekehrt[4].
Als Screeningtest kommt der niedrig dosierte Dexamethason-Hemmtest zur Anwendung. Um 23:00 Uhr werden
1 mg Dexamethason eingenommen und am nächsten Morgen um 8:00 Uhr wird der Serumcortisolspiegel gemessen.
Bei intaktem Regelkreis sollte dieser supprimiert sein
(< 1,8 µg/dl). Gründe für falsch positive Befunde können
sein: falscher Einnahmezeitpunkt und/oder falscher Blutentnahmezeitpunkt, Depression und/oder Einnahme von
Antidepressiva, Einnahme der Pille, chronischer Alkoholismus u. a. Eine Alternative zum Dexamethaxon-Hemmtest ist die Bestimmung des Speichelkortisols um Mitternacht (normal < 145 ng/dl[1]). Eine weitere Methode ist die
Bestimmung des Cortisols im 24 Stunden Sammelurin.
Wichtig ist, dass der Patient genau über das Vorgehen bei
der Urinsammlung instruiert wird. Die Bestimmungen des
Cortisols im 24 Stunden Sammelurin und des Mitternachtsspeichelcortisols sollten mindestens zweimal durchgeführt werden[1].
Zur Bestätigung sollte bei einem pathologischen Screeningtest noch jeweils einer der beiden anderen Tests durch-
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sehr selten
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d1%
12,5 %
Tabelle 2
Ursachen des ektopen
Cushing-Syndroms[3]
geführt werden. Bei ebenfalls pathologischen Befund
empfiehlt sich zur weiteren Differenzierung der Genese
des Cushing-Syndroms (ACTH abhängig oder unabhängig) die Bestimmung des basalen morgendlichen ACTH.
Für die Bestimmung wird EDTA-Blut benötigt, wobei die
Abnahme und der Weitertransport gekühlt erfolgen müssen. Eine Nichtbeachtung der Präanalytik kann zu falsch
niedrigen Werten führen und damit zu einer fehlerhaften
Diagnose.
Beim M. Cushing ist der ACTH-Wert normal oder erhöht. Nun gilt es ein ektopes Cushing-Syndrom auszuschließen. Zur Differenzierung finden der CRH-Test und
der hochdosierte Dexamethason-Hemmtest Anwendung.
Im CRH-Test zeigt sich nach Stimulation mit CRH beim
M. Cushing einAnstieg von Cortisol um mehr als 20 % und
von ACTH um mehr als 35 % der jeweiligen Basalwerte,
dieser fehlt beim ektopen Cushing-Syndrom. Der hochdosierte Dexamethason-Hemmtest kann entweder als Kurztest mit einmaliger Gabe von 8 mg Dexamethason um
23:00 Uhr analog dem Screeningtest und Blutentnahme am
nächsten Morgen um 8:00 Uhr erfolgen, oder als Langtest
über 48 Stunden mit Einnahme von 2 mg alle sechs Stunden beginnend um 8:00 Uhr an Tag 1 und Blutentnahme
um 8:00 Uhr an Tag 3 durchgeführt werden. Beim M. Cu-
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shing zeigt sich ein mindestens 50 %-iger Abfall des Cortisols im Vergleich zum Basalwert. Beim ektopen CushingSyndrom findet sich in der Regel kein Abfall.
Nach der hormonellen Testung folgt die Bildgebung.
Bei Verdacht auf einen M. Cushing schließt sich eine MRT
der Hypophysenregion zur Lokalisation des Tumors an.
Ein Adenom lässt sich leider nicht immer nachweisen.
Auch mit immer besserer Technik ist die Darstellung nur in
bis zu 80 % möglich[5], andererseits finden sich oft hormoninaktive Inzidentalome in der Hypophyse[6]. Bei diskrepanten endokrinologischen Testergebnissen empfiehlt
sich ergänzend die Durchführung eines Sinus petrosus Katheters mit seitengetrennter ACTH-Bestimmung vor und
nach Stimulation mit CRH. Es wird der Gradient von
ACTH zwischen peripher und zentral ermittelt. Wenn sich
aus der Diagnostik der Verdacht auf ein ektopes CushingSyndrom ergibt, schließt sich eine Tumorsuche unter Zuhilfenahme verschiedener bildgebender Verfahren an
(Abb. 2, Seite 20).
Therapie
Idealziel der Therapie ist eine komplette Entfernung
des ACTH-produzierenden Hypophysentumors unter
gleichzeitigem Erhalt der hypophysären Funktion und
Wiederherstellung einer normalen corticotropen Funktion.
Dadurch sollen sich die Lebensqualität und die Komorbiditäten verbessern und sich die Lebenserwartung normalisieren.
Operation (Neurochirurgie)
Das Hypophysenadenom ist meist nur wenige Millimeter groß. Nicht immer lässt sich in der Kernspintomographie ein Tumor nachweisen, wie oben bereits erwähnt. Die
Operation sollte von einem in der Hypophysenchirurgie erfahrenen Neurochirurgen durchgeführt werden. Ziel ist eine komplette Tumorentfernung unter Schonung des übrigen Hypophysengewebes. Da die gesunden ACTH-produzierenden Hypophysenzellen durch den Hypercortisolismus in ihrer Funktion supprimiert sind, ist bei erfolgreicher Operation eine postoperative corticotrope Insuffizienz zu erwarten.Aus diesem Grund muss postoperativ eine adäquate Substitution mit Hydrocortison erfolgen. Die
postoperative corticotrope Insuffizienz kann vorübergehend, aber auch dauerhaft bestehen bleiben, je nachdem
wie schnell und ob sich die gesunden ACTH-produzierenden Zellen erholen. Dabei ist eine rasche Erholung der corticotropen Funktion leider häufig ein erstes Zeichen eines
möglichen Rezidivs des M. Cushing. Im Falle eines Rezidivs kann eine zweite oder ggf. auch dritte Operation noch
zur Heilung führen.
Bei erfolgloser Operation mit Persistenz der Erkrankung, einem Rezidiv oder Kontraindikationen gegen eine
Operation kommen eine medikamentöse Therapie
und/oder eine Strahlentherapie in Frage.
Medikamentöse Optionen
Eine medikamentöse Therapie des M. Cushing kann an
verschiedenenAngriffspunkten ansetzen (Tab. 4, Seite 21).
Symptome/Begleiterkrankungen
Stammbetonte Adipositas
Vollmondgesicht
Büffelnacken
Häufigkeiten
80-100 %
50-95 %
55 %
90 %
Gesichtsplethora
Striae rubrae
50-70 %
Hämatomneigung
25-85 %
Ödeme
30-60 %
Pergamenthaut
62 %
Akne
55 %
Hirsutismus
60-80 %
Zyklusstörungen
55-80 %
Libido- und Potenzstörungen
55-80 %
Proximale Muskelschwäche
30-90 %
Diabetes mellitus bzw.
Glucosestoffwechselstörung
40-90 %
Arterielle Hypertonie
75-85 %
Osteoporose
65 %
Frakturen (Wirbelkörper, Rippen)
40-50 %
Polydypsie/Polyurie
25-45 %
Nierensteine
20 %
Infektanfälligkeit
6%
Wundheilungsstörungen
Depression, psychische Veränderungen
35 %
30-85 %
Tabelle 3
Symptome, Begleiterkrankungen des M. Cushing und ihre Häufigkeiten
(Symptome mit hoher a-priori-Wahrscheinlichkeit in kursiv )[1, 2, 13, 14]
Entweder direkt am Hypophysenadenom durch Hemmung
der ACTH-Produktion oder an der Nebenniere mit Blockierung der Cortisolproduktion oder in der Peripherie, indem die Wirkung des Cortisols an den Rezeptoren blockiert wird[7, 8]. Die verschiedenen Medikamente können
prinzipiell auch kombiniert eingesetzt werden.
Angriff am Hypophysenadenom
Das ACTH-produzierende Hypophysenadenom exprimiert verschiedene Somatostatin-Rezeptor-Subtypen (vor
allem sst5, weniger sst2). Pasireotid ist ein Somatostatinanalogon, das hochaffin an mehrere Somatostatinrezeptorsubtypen bindet (neben sst2 besonders an sst5). In Studien
zeigten sich Ansprechraten von mehr als 80 %[7, 9], wobei
eine komplette Remission, d. h. eine Normalisierung der
Cortisolausscheidung im 24-Stunden-Sammelurin, sich
nur bei 14,6 % (Dosis 2 x 0,6 mg) bzw. 26,3 % (Dosis 2 x
0,9 mg) fand[9]. Pasireotid ist der einzige in Deutschland
zugelassene Wirkstoff zur Behandlung des M. Cushing,
wenn ein chirurgisches Vorgehen nicht in Frage kommt
oder nicht erfolgreich war. Es wird zweimal am Tag subkutan injiziert. In der Zulassungsstudie hatte sich gezeigt,
dass die Wirkung der Therapie nach etwa zwei Monaten
beurteilt werden kann, um dann zu evaluieren, ob eine Änderung des therapeutischen Vorgehens erforderlich ist. Zur
Beurteilung des Therapieerfolges wird die Cortisolausscheidung im 24-Stunden- Sammelurin bestimmt. Da sich
sst-Rezeptoren nicht nur an den ACTH-produzierenden
Zellen der Hypophyse befinden, sondern auch an verschieTOPTHEMA: ENDOKRINOLOGIE DZKF 5-2013
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Klinischer V.a. Cushing-Syndrom
Screening-Tests:
1 mg Dexamethason-Test
oder
Mitternachts-Speichelcortisol (mind. 2x)
oder
Cortisol im 24-h-Sammelurin (mind. 2x)
pathologisch
unauffällig
ACTH-Bestimmung
Cushing-Syndrom
unwahrscheinlich
ACTH ~
ACTH
/}
Hochdosierter DexaHemmtest und CRH-Test
Bildgebung Nebennieren
Adrenales Cushing-Syndrom
Dexa-Test supprimierbar
CRH-Text stimulierbar
MRT-Hypophyse
nicht eindeutig
Sinus petrosus
Katheter
Morbus Cushing
denen anderen endokrinen Organen, können andere hormonelle Prozesse beeinflusst werden. Dies führt zu entsprechenden Nebenwirkungen der Medikation. Insbesondere werden die Insulinausschüttung der Bauchspeicheldrüse und die Produktion von GLP-1 im Darm
durch Pasireotid gehemmt. In der Zulassungsstudie musste
bei 41 % der Patienten eine antidiabetische Therapie neu
eingeleitet werden. Bei 64 % der Patienten mit einem bereits bekanntem Diabetes mellitus war eine Intensivierung
der Therapie erforderlich[9]. Daher ist eine besondere Überwachung des Glucosestoffwechsels erforderlich. Weiterhin können Verlängerungen der QT-Zeit auftreten, was insbesondere in Hinblick auf evtl. Begleitmedikation Berücksichtigung finden muss. Die Leberwerte müssen,
insbesondere in der Anfangsphase regelmäßig überwacht
werden. Während Schwangerschaft und Stillzeit ist die
Therapie kontraindiziert.
Die Somatostatinanaloga Lanreotid und Octreotid binden hauptsächlich am sst2-Subtyp des Rezeptors. Beim M.
Cushing sind die Ergebnisse zu Octreotid oder Lanreotid
eher enttäuschend[7, 8].
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Dexa-Test
nicht supprimierbar
CRH-Test
nicht stimulierbar
Tumorsuche
Ektopes CushingSyndrom
Abbildung 2
Flussdiagramm zur Diagnostik des Morbus Cushing[1]
Dopaminagonisten können ebenfalls die ACTH-Produktion/Ausschüttung hemmen und damit die Cortisolproduktion normalisieren. In einer kleinen Studie (20 Patienten) zur
Therapie mit Cabergolin in Dosierungen von 1-7 mg pro
Woche zeigte sich bei bis zu 40 % der Patienten über einen
Zeitraum von zwei Jahren ein Ansprechen mit normalen
Cortisolspiegeln im 24-h-Sammelurin[10]. Daten über einen
langfristigen Einsatz existieren bisher aber noch nicht. Ergebnisse mit Bromocriptin bezüglich einer längerfristigen
Normalisierung der Cortisolproduktion sind eher enttäuschend[8].
Eingriff in die Steroidbiosynthese
Es gibt mehrere Präparate, welche die Steroidbiosynthese blockieren. Die jeweiligenAngriffspunkte sind etwas
unterschiedlich.
Ketokonazol, ein Antimykotikum, hemmt in niedriger
Dosis die 17,20-Lyase und damit primär die Androgenproduktion, in höherer Dosis werden dann auch die 17-alphaund die 11-beta-Hydroxylase gehemmt und damit die Cortisolproduktion[7, 8]. Üblicherweise werden Dosierungen
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Angriffspunkt
Wirkmechanismus
Präparat
Wesentliche Nebenwirkungen
Besonderheiten
Hypophyseadenom
Aktivierung von sst5Rezeptor an ACTHproduzierenden Zellen
Dopaminagonist
Pasireotid
Einzig zugelassenes Präparat für
die Therapie des M. Cushing
Hemmung der
Steroidbiosynthese
Ketokonazol
Diabetesinduktion/-verschlechterung, Transaminasenanstieg,
Gallensteine, QT-Zeit-Verlängerung
Übelkeit, Schwindel,
Kopfschmerzen, Hypotonie
Transaminasenanstieg,
Hypogonadismus beim Mann
Bluthochdruck, Ödeme, Hypokaliämie, Hirsutismus bei der Frau
Gastrointestinale und neurotoxische Nebenwirkungen
Selten Myoklonien,
Hypotonie, Sedierung
Hypokaliämie, Blutdruckanstieg,
Nebenniereninsuffizienz
Nebenniere
Cabergolin
Metyrapon
Mitotane
Etomidate
Tabelle 4
Medikamentöse Therapie
des M. Cushing[7, 8, 9]
Peripherie
Antagonist am
Mifepristone
Glucocorticoidrezeptor
von 600-1200 mg pro Tag benötigt.Anstiege der Transaminasen sind häufig, aber meist nur transient, sehr selten kann
es aber zu einem Leberversagen kommen. Eine engmaschige Überwachung der Leberwerte und Leberfunktion
sind auf jeden Fall notwendig. Durch die Blockierung der
Androgensynthese tritt beim Mann typischerweise ein Hypogonadismus auf.
Metyrapon hemmt die 11-beta-Hydroxylase. Zusätzlich blockiert es das Side-Chain-Cleavage (SCC)-Enzym[7,
8]
. Die erforderlichen Tagesdosen liegen zwischen 2000
und 2500 mg. Die Dosierung erfolgt einschleichend mit
Steigerung nach Effekt. Durch die Blockierung des genannten Enzyms kommt es zu einem vermehrten Anfall
von 11-Desoxycorticosteron. Dies kann zu Ödemen, Hypokaliämie und Bluthochdruck führen. Bei Frauen tritt unter längerfristiger Therapie ein Hirsutismus auf.
Mitotane hemmt ebenfalls die 11-beta-Hydroxylase
und das SCC-Enzym[7, 8]. Zusätzlich führen Metabolite zu
einer Nekrose adrenokortikaler Zellen, daher wird Mitotane primär zur Therapie des Nebennierenkarzinoms eingesetzt, kann aber auch bei anderen Formen des endogenen
Cushing-Syndroms Anwendung finden. Die Therapie erfolgt einschleichend mit zunächst 0,5 g zur Nacht und langsamer Steigerung um 0,5 g pro Woche. Die eingesetzten
Dosen sind deutlich niedriger als beim Nebennierenkarzinom, meist reicht eine Erhaltungsdosis von 1-2 g pro Tag.
Die Therapie sollte durch Spiegelbestimmungen von Mitotane überwacht werden. Durch einen zusätzlich beschleunigten Abbau des Cortisols sind bei Entwicklung einer Nebennierenrindeninsuffizienz zur Substitution meist deutlich höhere Glukokortikoiddosen als üblich erforderlich.
Etomidat stellt den potentesten Hemmer der Steroidbiosynthese dar, ohne dass hypnotische Dosen erforderlich
sind[7, 8]. Die Wirkung tritt innerhalb kürzester Zeit ein, so
dass es bereits nach 8-24 Stunden zu einer Normalisierung
der Serumcortisolspiegel kommt. Nachteilig ist die intravenöse Dauerinfusion von Etomidat, dies macht eine stationäre Behandlung erforderlich. Bei Überdosierung besteht das Risiko der Entwicklung einer Addison-Krise und
es kann dann auch zu einer hypnotischen Wirkung kommen. Damit ist eine kontinuierliche Überwachung des Patienten erforderlich.
Regelmäßige Kontrolle der Herzklappen unter Langzeittherapie
Spiegelkontrollen erforderlich
Nur intravenös als Dauerinfusion,
rascher Wirkungseintritt
Monitoring über Cortisol im Urin
nicht möglich, Dosierung nach
Klinik, nur in erfahrenen Zentren
Wirkung am Zielgewebe
Die Wirkung von Cortisol an seinen Zielzellen kann
durch Mifepristone gehemmt werden. Hierbei werden die
Glukokortikoidrezeptoren am Zielgewebe blockiert. Zusätzlich wird auch der Progesteronrezeptor blockiert[7, 8].
Mifepriston ist in den USA zur Therapie des schweren
Cushing-Syndroms zugelassen.
Strahlentherapie
Eine Bestrahlung ist bei erfolgloser Operation
und/oder Kontraindikationen für eine Operation indiziert.
Als Möglichkeiten stehen die fraktionierte Bestrahlung
oder die Radiochirurgie zur Verfügung. Bei der fraktionierten Radiatio werden in den einzelnen Sitzungen 1,8 bis 2
Gray appliziert bis zu einer kumulativen Gesamtdosis von
45-50 Gray. Die in der Literatur beschriebenen Remissionsraten sind sehr unterschiedlich und liegen zwischen
42 % und 83 %[11, 12]. Die Radiochirurgie stellt eine einzeitige, stereotaktische Präzisionsbestrahlung dar. Es stehen
hierzu mehrere verschiedene Technologien zur Verfügung:
Gamma-Knife, LINAC-Radiochirurgie, Cyber-Knife und
Protonenbestrahlung. Die verwendeten Tumordosen liegen zwischen 15 und 32 Gray. Voraussetzung für diese Formen der Bestrahlungen ist jedoch ein in der Bildgebung
darstellbares Tumorzielvolumen. Die ermittelten Remissionszahlen liegen bei 50 %. Die Erfolge der Bestrahlung
sieht man leider nicht sofort, sondern diese stellen sich erst
im Verlauf ein, das Intervall kann bis zu fünf Jahre betragen, bei der Radiochirurgie etwas schneller. Aufgrund dieser Latenzzeit bis zum Eintritt des Effektes ist parallel zur
Bestrahlung eine medikamentöse Therapie des Hypercortisolismus erforderlich. Leider geht man mit der Bestrahlung immer das Risiko der Entwicklung einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz ein, dies ist bei der Radiochirurgie wahrscheinlich entgegen bisheriger Annahmen
nicht geringer als bei der fraktionierten Bestrahlung[11]. Die
Hypophyseninsuffizienz kann häufig auch erst mit einer
Latenz von mehr als zehn Jahren in Erscheinung treten. Die
Wahrscheinlichkeit liegt bei bis zu 50 %. Aus diesem
Grund ist es wichtig, dass sich die Patienten selbst nach erfolgreicher Remission in regelmäßiger endokrinologischer
Betreuung befinden, damit diese Ausfälle möglichst frühzeitig erkannt werden und einer adäquaten Behandlung zugeführt werden können.
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…und als ultima ratio…
Bei schwerer Erkrankung, die eine rasche Normalisierung der Cortisolspiegel erforderlich macht und/oder fehlendem Effekt anderer Therapien oder schwerwiegenden
unerwünschten Nebenwirkungen derselben, kommt als
weitere therapeutische Option eine beidseitige Adrenalektomie in Frage. Dies bedeutet dann eine lebenslang notwendige Substitutionsbehandlung mit Hydrocortison und
Fludrocortison. In diesem Zusammenhang sei auch auf das
Risiko der Entwicklung eines sogenannten Nelson-Tumors hingewiesen. Es wird vermutet, dass mit Entfernung
der Nebennieren durch den Wegfall des Feedback-Mechanismus der hohen Cortisolspiegel der vorhandene, wenn
auch vielleicht zuvor nicht lokalisier- und entfernbare Hypophysentumor weiter wächst und schließlich sogar zu lokalen Komplikationen führen kann.
Nachsorge
Egal für welche Therapieoption man sich im Einzelfall
entscheidet, es ist eine regelmäßige und engmaschige
Überwachung der Patienten erforderlich. Diese Betreuung
ist lebenslang erforderlich. Erstens muss postoperativ,
nach Bestrahlung und/oder unter einer medikamentösen
Therapie auf die Entwicklung einer Nebenniereninsuffizienz geachtet werden, um rechtzeitig eine dann notwendige
Hydrocortisonsubstitutionsbehandlung einzuleiten bzw.
anzupassen. Außer bei einer Therapie mit Mifepristone ist
insbesondere die Cortisolausscheidung im 24-StundenSammelurin ein wichtiger Verlaufs- und Kontrollparameter. Da aber nicht sofort verfügbar, ist an erster Stelle die
klinische Untersuchung und Befragung des Patienten entscheidend, um die lebensnotwendige Hydrocortisontherapie rasch einzuleiten. Zusätzliche Verlaufsparameter sind
die Elektrolyte, insbesondere Natrium und Kalium, wobei
eine Hyponatriämie und/oder Hyperkaliämie auf eine beginnende Nebenniereninsuffizienz hinweisen können. Bei
beidseitiger Adrenalektomie ist in Hinblick auf die Entwicklung eines Nelson-Tumors auch die regelmäßige Bestimmung von ACTH von besonderer Bedeutung. Außerdem sind Verlaufskontrollen der Hypophysenregion mittels Magnetresonanztomographie erforderlich. Zweitens
soll durch die Kontrollen die Entwicklung eines Rezidivs,
welches in 10 bis 25 %[2] im Verlauf auftreten kann, frühzeitig erkannt werden, um eine erneute Therapie rasch einzuleiten. Drittens sollten unter einer medikamentösen Therapie mögliche Nebenwirkungen überwacht und behandelt
werden. Erforderliche Maßnahmen können sein die Einleitung oder Intensivierung einer Diabetestherapie, ggf. vorübergehende Pausierung oder Umstellung der medikamentösen Therapie bei Transaminasenanstieg, Behandlung einer Hypokaliämie oder von Ödemen.
AUTOREN
Dr. Tanja Bergmann
Prof. Dr. Christof Schöfl
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DR. MED. TANJA BERGMANN
Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie
Medizinische Klinik 1
Universitätsklinikum Erlangen-Nürnberg
Ulmenweg 18
91054 Erlangen
Tel-Nr.: +49 9131 8534651
E-Mail: tanja.bergmann@uk-erlangen.de
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