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vol.12 , Yehudit Sayan, Alon W 9.- 25. 9. 2010 www.grenzenlos-kultur.de Programmübersicht Kenafayim: Kapit Shel Zahav / Silver Spoon Autobiografisches Theater aus Israel 9. + 10. September, jeweils 20.00 Uhr Zohar Behrendt: Tuesdays at 5:00pm Dokumentarfilm über Theater Kenafayim 10. September, 18.30 Uhr Jessica Yu: In the Realms of the Unreal Doku-Animationsfilm über Henry Darger 11. September, 18.00 Uhr Das Helmi & Cora Frost: Matrix Schaumstoffpuppentheater für Erwachsene 11. September, 20.00 Uhr Dirk Darmstaedter & Bernd Begemann: So geht das jede Nacht Rock-and-Roll-Konzert 12. September, 20.00 Uhr Alles nur geträumt! Kurzfilm-Schlafzimmer 14., 15. + 16. September, jeweils ab 18.00 Uhr 2 Ohrenkuss: OmaOpa Autorenlesung 14. + 15. September, jeweils 19.00 Uhr She She Pop und ihre Väter: Testament Theater mit Töchtern und Vätern nach Shakespeares „Lear“ 14. + 15. September, jeweils 20.00 Uhr Theater zum Westlichen Stadthirschen & Theater Thikwa: Kafka am Sprachrand Texttheaterexperiment für 4 überforderte Clowns 16. September, 19.30 Uhr Hans-Gerd Koch: Da lachte Kafka Eine ungewöhnliche biographische Annäherung 16. September, 21.00 Uhr Betsy Bayha: Outsider – The life and art of Judith Scott Dokumentarfilm über eine Ausnahme-Künstlerin 17. September, 19.00 Uhr Theater HORA & Sommerblut Köln: Menschen!Formen! Musik-Theater nach David Lynch et al 17. September, 20.00 Uhr Marion Herzog-Hoinkis: Struwwelpetereien Erinnerungsstücke aus 31 Jahren Museumsarbeit 22.-24. September, jeweils ab 18.00 Uhr Herbert Fritsch: Sprachlöchersterne Leseperformance 18. September, 20.00 Uhr Das Prinzip Struwwelpeter (1. Tag) mit Oper Dynamo West, Theater Thikwa, Berman/Depri/Dörr, Theater RambaZamba Struwwelpeter-Uraufführungen 1-4 22. September, ab 19.00 Uhr Anika Baumann: Der dickste Pinguin vom Pol Theater für Kinder ab 5 Jahren 19. September, 11.00 + 16.00 Uhr Gintersdorfer/Klaßen: Très très fort Dokumentartanztheater 19. September, 20.00 Uhr Teatr Osmego Dnia: Teczki / The Files Lesetheaterperformance aus Geheimdienstakten 21. September, 19.30 Uhr Anne Tismer: Hitlerine Eine Kunstaktion zu Afrikas Kolonialgeschichte 21. September, 21.30 Uhr Das Prinzip Struwwelpeter (2. Tag) mit Monster Truck, Mezzanin Theater & KumEina, Theater HORA, Das Helmi Struwwelpeter-Uraufführungen 5-8 23. September, ab 19.00 Uhr Das Prinzip Struwwelpeter (3. Tag) mit Praxis Dr. Zander, RATTEN 07, Anne Tismer Struwwelpeter-Uraufführungen 9-11 24. September, ab 19.00 Uhr The Tiger Lillies: Shockheaded Peter and other nasty songs Ein Struwwelpeter- und Best-Of-Konzert 25. September, 20.00 Uhr 3 Über Grenzen „Wenn die Kinder artig sind / kommt zu ihnen das Christkind“, heißt es zu Beginn des „Struwwelpeter“, einem Buch, das dann in zehn Beispielen anschaulich durchspielt, was denen passieren kann, die mehr wollen als artig auf das Christkind zu warten. Querdenkern, Querulanten und Träumern dieser Art ist die zwölfte Ausgabe von Grenzenlos Kultur gewidmet, Menschen, die – in welcher Form auch immer – „über Grenzen“ gehen, weiter als erlaubt, die Normen, Verhältnisse und Identitätszuschreibungen in Frage stellen, sich nicht festlegen lassen, Tabus brechen und damit der Welt, wie sie angeblich ist, ein neues Gesicht geben. Eröffnet wird das Festival mit einem hochemotionalen, dokumentarischautobiografischen Stück von und mit sogenannt geistig behinderten Schauspielern aus Israel, in dem den eingeschränkten Entfaltungsmöglichkeiten, die ihnen die Wirklichkeit bietet, die Kraft ihrer Lebenserfahrungen und Sehnsüchte entgegengehalten wird. Dokumentarisch und/oder autobiografisch angelegt sind aber auch sonst in diesem Jahr ungewöhnlich viele Arbeiten: die verspäteten Vorbereitungen zum Generationenwechsel, die die Performerinnen von She She Pop gemeinsam mit ihren wirklichen Vätern in „Testament“ unternehmen, die Lesung „OmaOpa“ mit den Autoren von Ohrenkuss, „Très très fort“ vom preisgekrönten PerformanceKollektiv Gintersdorfer/Klaßen über das politische Leben an der Elfenbeinküste, „Teczki“, ein Theaterabend von Osmego Dnia aus Polen auf der Grundlage von realen Geheimdienstakten, „Hitlerine“, eine Kunstaktion, in der die international bekannte Performancekünstlerin Anne Tismer private Obsessionen mit der deutschen Afrika-Kolonialgeschichte kurzschließt und, last but not least, das gemeinsame, brandneue Programm der Musiker Bernd Begemann und Dirk Darmstaedter, die sich in der Frühzeit der Rock and Roll-Geschichte der alten Bundesrepublik umgesehen haben. Eine andere Gruppe von Arbeiten befragt die Grenzen und die Übergänge zwischen Kunst und so genannter Behinderung: Kunst trotz Behinderung in Betsy Bayhas Dokumentarfilm „Outsider“, Behinderung als Kunstform in „Kafka am Sprachrand“ von Theater Thikwa und in „Menschen!Formen!“ von Theater Hora, Wahnsinn als Motor bei der Kunstproduktion in Herbert Fritschs „Sprachlöchersterne“. Die Grenzüberschreitung sehr konkret proben die androgynen Vivian Girls in einer Trickfilmversion von Henry Dargers sonderlichem 15.000 Seiten-Roman „In the Realms of the Unreal“, der Programmierer Anderson als Cyber-Schamane Neo in der Schaumstoff-Version des Kultfilms „Matrix“, hinreißend schräg nachgespielt von Das Helmi und Cora Frost, der „dickste Pinguin am Pol“, sowie die elf Theater- und Performancegruppen, die sich im Auftrag von Grenzenlos Kultur jeweils einer der elf Episoden aus dem „Struwwelpeter“ angenommen haben. Und wer bis dahin immer noch nicht verstanden hat, dass unartige Kinder mehr bekommen können als ein schönes Bilderbuch, der kann es spätestens beim Abschlusskonzert der Tiger Lillies lernen. In diesem Sinne: Bleiben Sie unartig! Erstmalig 2010: Festivalpass EUR 90 / 60 ermäßigt 4 5 Kenafayim (Tel Aviv/IL): Kapit Shel Zahav / Silver Spoon Autobiografisches Theater aus Israel 9. + 10. September, jeweils 20.00 Uhr Schauplatz: Eine Löffelfabrik. Die Arbeiter produzieren Löffel und Gabeln, haben aber eigentlich ganz andere Träume – Soapdarsteller sein oder Soldat, Politiker oder einfach nur sie selbst. Der Vorarbeiter treibt sie an, sie müssen fristgerecht liefern. Er hat versprochen, säckeweise Besteck zu liefern, denn wie sollen die gnädigen Herrschaften sonst im Flugzeug ihr Abendessen zu sich nehmen? Und wie sollen die Arbeiter sonst ihren einen Schekel verdienen? Man kann Brot damit kaufen, Joghurt oder einen Jeep... Mit einem hochemotionalen, autobiografisch inspirierten Stück eröffnet Kenafayim aus Israel das diesjährige Festival – Erfahrungen, Erlebnisse, Sehnsüchte so genannt behinderter Menschen, übersetzt in die Sprache des Theaters, in große und kleine Fiktionen, starke und bewegende Bilder, Szenen und Choreografien. 10. September, 18.30 Uhr: Zohar Behrendts Dokumentarfilm „Tuesdays at 5:00 pm“ über das Leben und die Theaterarbeit bei Kenafayim. Mit: Roni Arad, Idan Avigal, Meital Cohen, Yehiel Cohen, Tal Hirsch, Shorla Kalper, Dudu Gabai, Sushi Garbati, Mashe Ilin, Noam Kochabi, Tamir Miller, Bentzi Reuven, Sivan Salama, Yehudit Sayan, Alon Wilber, Tal Witmeyer, Elenor Linik-Wolowitz, David Wolowitz, Zahi Zeif Text: Shira Gefen & Ensemble Bewegungstraining: Ella Rotshild Video: Amichai Bikovsky Bühne & Kostüme: Kunst- und Bühnenbild-Akademie unter der Leitung von Rakefet Levy Produktionsassistenz: Shirley Mugrabi Produktionsleitung: Eitan Ben-Chaim Künstlerische Leitung: Dalit Sharon Regie: Rina Padwa In hebräischer Sprache mit deutschen Übertiteln. www.kenafayim.org.il EUR 13 / 7 ermäßigt 6 7 In the Realms of the Unreal – Das Helmi & Cora Frost The Mystery of Henry Darger (Berlin/D): Matrix Ein Doku-Animationsfilm von Jessica Yu 11. September, 18.00 Uhr Schaumstoffpuppentheater nach A. und L. Wachowski 11. September, 20.00 Uhr Bei Tag arbeitete Henry Darger (1892-1973) als Hausmeister, in der Nacht zumeist an seinem Hauptwerk – einem Roman, der im Laufe der Zeit auf über 15.000 Seiten [!] anwuchs, den er mit traumhaften Zeichnungen illustrierte und der die Geschichte der Vivian-Girls erzählt, die auf einem Planeten mit Monden in der Umlaufbahn einen Aufstand gegen ein grausames, Kinder versklavendes Regime unterstützen. In ihrem preisgekrönten Film von 2004 verschränkt Jessica Yu Dargers Lebensgeschichte und seinen Mammutroman zu einem ungewöhnlichen Animationsfilm. Bei Tag IT-Spezialist, verwandelt sich Mister Anderson Nacht für Nacht in den fliegenden Schamanen Neo, den Cyberpoeten, der über wilde Bauernhöfe fliegt und von Selbstmord und Rebellion träumt. Eines Tages nimmt ein geheimnisvoller Fremder Kontakt zu ihm auf und Anderson gerät in einen dramatischen und verwirrenden Kampf um nichts weniger als die Welt... Zusammen mit der kongenialen Diseuse Cora Frost begibt sich das berühmtberüchtigte Performance- und Puppentheater Das Helmi diesmal in die Abgründe der virtuellen Realität. USA 2004, 81 min. Texte: Jessica Yu, Henry Darger Regie: Jessica Yu In englischer Sprache. www.opiumpandamonium.com Eintritt frei Mit: Cora Frost, Florian Loycke, Brian Morrow, Emir Tebatebai Bühne: Burkart Ellinghaus Puppen & Regie: Florian Loycke Eine Koproduktion von Das Helmi und dem Ballhaus Ost, gefördert durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin. www.das-helmi.de · EUR 13 / 7 ermäßigt Foto: Mato Pavlovic Foto 8 9 Dirk Darmstaedter & Bernd Begemann: So geht das jede Nacht Rock-and-Roll-Konzert 12. September, 20.00 Uhr Bernd Begemann und Dirk Darmstaedter schlagen ein vergessenes Kapitel der Musikgeschichte auf: den deutschsprachigen Rock and Roll der 50er und frühen 60er Jahre. Abseits der ebenso bekannten wie ungeliebten frühen deutschen „Rock“-Platten entstanden in jenen Jahren musikalische Kleinode – in Kleinstauflagen erschienen und auf B-Seiten versteckt oder nach Erscheinen bis auf wenige Exemplare eingestampft. Die Qualität der Songs reicht von skurril über erstaunlich bis zu grandios. Die beiden ältesten Teenager der Welt, Bernd und Dirk, haben sich nun dieser vergessenen Songs angenommen und geben ihnen die Behandlung, die sie verdienen: rockend, rau und rauchend, feurig, fetzend und sexy. Einen Tag vor ihrem Auftritt bei „TV total“, zwei Wochen vor Erscheinen ihres gemeinsamen Albums und einen Monat vor Beginn ihrer offiziellen Tournee lassen uns die beiden mit ihrer Band exklusiv bei Grenzenlos Kultur bereits an etwas teilhaben, das alle anderen erst ein ganzes Stück später völlig aus dem Häuschen bringen wird. www.tapeterecords.de/artists/dirk-darmstaedter-bernd-begemann EUR 15 Einheitspreis Foto: Stefan Dürr 10 11 Ohrenkuss Alles nur geträumt! Kurzfilm-Schlafzimmer 14., 15. + 16. September, jeweils ab 18.00 Uhr Achtung: Täglich sterben Tausende von Träumen an den Folgen des Erwachens ihrer Träumer! Damit ist jetzt Schluss! Inspiriert durch das diesjährige Kultursommermotto „Über Grenzen“ ließ der Kurzfilmwettbewerb „Alles nur geträumt!“ seit Mai 2010 die Grenzen zwischen Traum und Realität verschmelzen. Jugendliche aus Rheinland-Pfalz hatten drei Monate Zeit, ihre ganz eigenen Traumvorstellungen und Visionen in einem Film zu bannen. Die Resultate dieser cineastischen Traumrettungs-Aktion werden an drei Tagen im Hof des KUZ im eigens eingerichteten FilmSchlafzimmer in einer Dauerschleife gezeigt. Projektleitung: Florian Beyer (KuSo RLP) www.allesnurgetraeumt.de Eintritt frei (Bonn/D): OmaOpa Autorenlesung 14. + 15. September, jeweils 19.00 Uhr Ohrenkuss ist eine Zeitung, gemacht von Menschen mit DownSyndrom. Als Einstimmung auf She She Pops verspätete Vorbereitungen zum Generationswechsel präsentieren Autoren dieser Zeitung in einer Lesung eindringliche, lustige und unerwartete Texte zum Thema Großeltern und Älterwerden. Dabei finden sie überraschend klare Worte, auch für das eigentlich Unaussprechliche. „Der Opa macht was anderes, was die Oma nicht möchte. Weil der geht immer raus und schmeißt der seine Blumenkästen raus. Bist du doof? Das sagt die Oma zu Opa.“ www.ohrenkuss.de · EUR 5 / 3 ermäßigt, Kombiticket mit Testament: EUR 13 / 7 ermäßigt Foto: Katja de Braganca Foto: 12 13 She She Pop & ihre Väter (Berlin/D): Testament Verspätete Vorbereitungen zum Generationswechsel nach Lear · 14. + 15. September, jeweils 20.00 Uhr Die Performer/innen von She She Pop verwandeln seit zwölf Jahren Fragen, die sie auch privat bewegen, in Theater. Diesmal bitten sie ihre eigenen Väter mit auf die Bühne. Und versuchen, ausgehend von Shakespeares „König Lear“, einen Ausgleich zwischen den Generationen auszuhandeln. Doch, wie es zu erwarten war, steht dem einiges im Weg: Selbstverwirklichungsansprüche, Kommunikationsprobleme, vermeintliche Liebesbeweisbringschuld, Schuldgefühle, intime Details, Pflegepläne und Benzinquittungen. Nicht anders als bei Shakespeare droht der Plan, eine Absprache für die Altersvorsorge zu treffen, mit Ach und Krach zu scheitern. Ein hochkomisches Unterfangen, und zugleich todernst und ergreifend. Es geht um Macht und die Kompensation ihres Verlustes; um die 68erGeneration und das tendenziell schlechte Gewissen ihrer Kinder, deren Ansprüchen nie gerecht werden zu können; um den Umgang mit Text und die Repräsentation in Bildern. „Ehrlich und mutig, lustig und traurig... Ein großer Wurf.“ (Hamburger Abendblatt) Von und mit: Sebastian und Joachim Bark, Fanni und Peter Halmburger, Mieke und Manfred Matzke, Lisa Lucassen, Ilia und Theo Papatheodorou Assistenz: Kaja Jakstat Produktion und PR: ehrliche arbeit Administration: Elke Weber Konzept: She She Pop www.sheshepop.de EUR 13 / 7 ermäßigt Foto: Doro Tuch 14 15 Theater zum Westlichen Stadthirschen & Theater Thikwa (Berlin/D): Kafka am Sprachrand Ein Drahtseilakt für 4 hoffnungsvoll überforderte Clowns 16. September, 19.30 Uhr Ein Kafka-Abend der besonderen Art. Bekannte und weniger bekannte Prosaminiaturen und Textfragmente von Franz Kafka, auf die Bühne gebracht vom Theater zum Westlichen Stadthirschen, auf subtil-subversive Weise kommentiert, illustriert, auseinander genommen, neu wieder zusammengesetzt und eben an den Sprachrand geführt von den Schauspielern von Theater Thikwa, deren Behinderung nicht sentimental thematisiert, sondern als Stärke mit ins Spiel gebracht wird. Ein Experiment im Sprachlabyrinth, frei von überkandidelten Interpretationszwängen, auf einer zunehmend von weißen Mäusen bevölkerten Bühne. „Kann man über Kafka-Texte lachen? Und wie! Bei diesem poetisch-absurden Grenzgang des Theaters zum Westlichen Stadthirschen echot manchmal sogar Loriot herüber. Ein wunderbares Spiel aus merkwürdigen Konfrontationen und sprachlicher Hochseilartistik.“ (zitty Berlin) Mit: Dominik Bender, Wolfgang Fliege, Karol Golebiowski, Corinna Heidepriem Bühne & Kostüme: Isolde Wittke Licht: Urs Hildbrand Regie: Anke Mo Schäfer & Dominik Bender www.thikwa.de Kombiticket mit „Da lachte Kafka“: EUR 13 / 7 ermäßigt Foto: Martin Pfahler 16 17 Hans-Gerd Koch: Da lachte Kafka Eine etwas andere biografische Annäherung 16. September, 21.00 Uhr Das Werk Franz Kafkas wird landläufig als ernst und düster angesehen, die Krankheit und der frühe Tod haben dem Autor zusätzlich noch tragische Züge verliehen. Der Kafka-Herausgeber Hans-Gerd Koch setzt dem ein anderes Bild entgegen – eine unerwartet vergnügliche Annäherung an einen großen Autor in Anekdoten, Zeitzeugenberichten und Zitaten. „Es dürfte im Augenblick keinen Forscher geben, der von Kafkas Vita und seinen Schreibprozessen eine so immense und intime Kenntnis besitzt wie Hans-Gerd Koch.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) Von und mit: Hans-Gerd Koch www.wagenbach.de Kombiticket mit „Kafka am Sprachrand“: EUR 13 / 7 ermäßigt Ein Film über die Ausnahmekünstlerin Judith Scott 17. September, 19.00 Uhr Das Werk der bildenden Künstlerin Judith Scott (1943-2005) lässt pauschale Grenzziehungen zwischen geistiger Behinderung und eigenständigem künstlerischem Ausdruck fragwürdig erscheinen. Geboren mit dem Down-Syndrom, gehörlos, stumm und auch sonst kaum kommunikationsfähig, besaß sie nicht die Intelligenz, die unserer kunstgeschichtlichen Tradition entsprechend von einem wahren Künstler erwartet wird. Und doch müssen ihre Arbeiten den Vergleich mit Werken einiger der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts nicht scheuen. Der preisgekrönte Film von Betsy Bayha zeigt die Ausnahmekünstlerin bei der Arbeit. www.judithscottdocumentary.org Eintritt frei Foto: Sebastian Koth 18 Outsider – The Art and Life of Judith Scott Foto: Leon Borensztein 19 Theater HORA & Sommerblut (Zürich/CH & Köln/D): Menschen!Formen! Musiktheater von Elefantenmenschen, Wolfjungen und verlorenen Prinzen · 17. September, 20.00 Uhr Drei Filme von drei Regie-Ikonen – David Lynch, François Truffaut und Werner Herzog – als Ausgangspunkt für ein traumwandlerisch fragmentarisches Bühnenprojekt, das die Mittel von Erzähltheater, Tanz, Improvisation, Performance und Konzert nutzt und dabei tief berührende, lange nachwirkende Bilder und Situationen schafft. Es geht um das Fremde, um die Sehnsucht nach Normalität, um die Chancen, Schwierigkeiten und Bösartigkeiten von Integration und Sozialisation, um das Zurschaustellen und die Lust am Hässlichen, um den Blick, der ausgrenzt, und um fatale Gemeinsamkeiten zwischen Wissenschaft und Freak-Shows. Szenen aus und zu den Filmen ergeben dabei – puzzleartig montiert und verbunden – die fiktive Geschichte des Außenseiters schlechthin. Dabei entführen die „Experten des Andersseins“ von Theater HORA und Sommerblut Köln die Zuschauer in eine Welt jenseits des Intellekts. Eine Welt, in der es, frei nach David Lynch, nicht darum geht, etwas zu verstehen, sondern darum, etwas zu erfahren. Mit: Freya Flügge, Matthias Grandjean, Christiane Grieb, Carl Ludwig Hübsch, Peter Keller, Ilil Land-Boss, Lorraine Meier, Mirco Monshausen, Nico Randel, Ingmar Skrinjar, Alexander Trunk, Judith Wilhelmy Musikalische Leitung, Co-Regie: Carl-Ludwig Hübsch Kostüme: fashionistas-cologne Bühnenbild, Licht, Technik: Michael Köser Projektassistenz: Cedric Bergmann Videoproduktion: Carasana Film Regie: Michael Elber www.hora.ch EUR 13 / 7 ermäßigt Foto: Michael Bause 20 21 Herbert Fritsch: Sprachlöchersterne Eine Leseperformance mit Texten von Geisteskranken aus der Sammlung Prinzhorn · 18. September, 20.00 Wenn der Schauspieler Herbert Fritsch in einer Leseperformance Texten von Psychiatriepatienten aus der Sammlung Prinzhorn seine Stimme gibt, dann wird Literatur zu etwas anderem als Literatur – schlicht zu einem Erlebnis jenseits aller Worte. Denn Herbert Fritsch, der als Regisseur mit seiner „Volpone“Inszenierung am Wiesbadener Staatstheater um ein Haar zum Theatertreffen eingeladen worden wäre, war als Schauspieler der Berliner Volksbühne Buster Keaton, Action-Held, Clownsphilosoph, eleganter Strizzi und Stuntman in eigener Sache zugleich – damals, als diese Volksbühne Jahr für Jahr die Champions League gewann mit ihrem galaktischen Ensemble. Mit „zuweilen beängstigender Spielwut“ – so die Begründung für den Gordana-Kosanovic-Preis, den er 2009 erhielt – widmet sich Fritsch in „Sprachlöchersterne“ einer Auswahl von aberwitzigen, anrührenden und zum Schreien komischen Texten, die der Arzt und Kunsthistoriker Hans Prinzhorn von 1880 bis 1933 in psychiatrischen Kliniken zusammentrug. Mit: Herbert Fritsch Texte: Oskar Herzberg, Karl Gustav Sievers, J.-H. Grebing, Theodor Schwebig, August Klose u.a. www.heribert.de, www.prinzhorn.uni-hd.de EUR 13 / 7 ermäßigt Foto: Michael Bause 22 23 Anika Baumann: Der dickste Pinguin vom Pol nach Ulrich Hub für Kinder ab 5 Jahren 19. September, 11.00 + 16.00 Uhr Obwohl er von einer ziemlich dicken Fettschicht umgeben ist, träumt der dicke Pinguin vom Schwitzen, von Ferien an der Sonne. Um seinen Traum in die Tat umzusetzen, begibt er sich mit einer Tonne Fischstäbchen auf die Reise, auf einer Eisscholle will er in wärmere Gewässer gelangen. Doch die Scholle schmilzt, und so landet der Pinguin nicht auf einer Ferieninsel, sondern als Kellner in einem Mainzer Restaurant. „Was bin ich denn? Bin ich denn mehr so eine Art Vogel, oder bin ich mehr so eine Art Fisch?“ Der Pinguin gerät ins Nachdenken über sich selbst, den Unterschied zwischen warm und kalt, Fischstäbchen und Oberkellner... „Eine reichliche Stunde fröhlich-nachdenkliches, temperamentvolles Kindergeburtstags-Theater (...). Anika Baumann müht sich redlich mit dem dicken Kerlchen, ist verschmitzt und neugierig und wird zum verlässlichen Spielgefährten.“ (Der Tagesspiegel) Pinguin: Anika Baumann Musik: Sebastian Bandt Ausstattung: Anke Ebeling Technik: Daniel Kutsch Regie: Ronny Jakubaschk. Eine Produktion des Maxim Gorki Theaters Berlin. In Kooperation mit Kids-im-KUZ, im Rahmen des 18. Mainzer Kinder Theater Festivals. www.gorki.de, www.anikabaumann.blogspot.com Euro 6 Einheitspreis Foto: Bettina Stoess 24 25 Gintersdorfer/Klaßen (D/CI): Très très fort Tanz und Dokumentartheater über Politik an der Elfenbeinküste · 19. September, 20.00 Uhr In „Très très fort“ demonstrieren Schauspieler von der Elfenbeinküste Duktus und Auftreten afrikanischer Politiker, der Militärs, der Rebellen. Die Darsteller erzählen von täglichen Zusammenstößen, von Misstrauen und Propaganda. Die deutschen Schauspieler/innen übersetzen die ivorischen Darsteller und befragen die gezeigten Vorgänge. Showbiz, Glamour und gnadenloser Spaß wechseln mit Szenen ab, in denen die Darsteller an ihre Leistungsgrenze gehen, um sich den Schreckensmomenten des Konflikts anzunähern. Mit „Othello, c’est qui?“ war das deutschivorische Performancekollektiv Gintersdorfer/Klaßen bereits im letzten Jahr zu Gast bei Grenzenlos Kultur. In der Zwischenzeit gewannen sie unter anderem den Jurypreis des renommierten Impulse-Festivals und erhielten den erstmals vergebenen „George-Tabori-Preis“. „Hier lernt man mehr über die Aktualität des Politischen und die popkulturelle Ästhetik des Widerstands als in so manchem künstlerischen Manifest.“ (F.A. Cramer) Mit: Gotta Depri, Cornelia Dörr, Hauke Heumann, Lassana Kamagate, Serge Nekpe, Franck Edmond Yao alias Gadoukou la Star Kostüme: Bobwear und Gintersdorfer/ Klaßen Von: Monika Gintersdorfer und Knut Klaßen. Eine Produktion von Gintersdorfer/Klaßen, Kampnagel Hamburg und FFT Düsseldorf. www.gintersdorferklassen.org EUR 13 / 7 ermäßigt Foto: Knut Klaßen 26 27 Teatr Osmego Dnia (Poznan/PL): Teczki / The Files Dokumentartheater / Broadway-Fassung 21. September, 19.30 Uhr Nachdem die Schauspieler der legendären polnischen Theatergruppe Osmego Dnia ihr eigenes Leben in den Archiven der kommunistischen Geheimpolizei wiederfanden – dutzende Ordner, hunderte Seiten, Befragungen, Personenbeschreibungen, „theatrologische Analysen“ – wagten sie sich an ein dokumentarisches Experiment: Die Geschichte ihrer politischen Theaterarbeit zu Zeiten des „real existierenden Sozialismus“ zu erzählen, und zwar auf der Grundlage eben dieser Geheimdienstakten. Es ist die Geschichte einer Handvoll verschworener Freunde, die daran glauben, dass das Unrecht dieser Welt mit Hilfe von Theater bekämpft werden kann. Und gleichzeitig ist es die Geschichte von Verhören und Überwachung, von Beschuldigung aufgrund von angeblich Gedachtem, von intellektuellen Rebellionen und moralischen Dilemmata. „Ein kleines Theaterwunder: Man sitzt Leuten gegenüber, die Geschichte geschrieben haben, weil sie alles riskiert haben, um die Wahrheit zu erzählen, die gewonnen haben und die heute aussehen, als wären sie diese Wahrheit selbst.“ (Village Voice New York) Mit: Ewa Wójciak, Adam Borowski, Tadeusz Janiszewski, Marcin Keszycki Textauswahl: Ewa Wójciak, Katarzyna Madon-Mitzner Raum, Licht: Jacek Chmaj Videoprojektionen: Theatre teamwork in Zusammenarbeit mit Natalia Karwacka. In englischer Sprache. www.osmego.art.pl EUR 13 / 7 ermäßigt Foto: Jola Kilian 28 29 Anne Tismer: Hitlerine Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz 21. September, 21.30 Uhr Hitlerine ist eine radikalmilitante, eitle Egoistin, ausgestattet mit einem beinahe postmodernen Bewusstsein, verkörpert von der Aktionskünstlerin Anne Tismer. Irgendwo in Afrika steckt sie fest in einer parallelen Geschichte, in der Adolf nicht vorkommt, aber anderes Schlimmes schon, etwa die Völkermorde zu Beginn des letzten Jahrhunderts auf dem schwarzen Kontinent. Ihre Anhänger sind die kakka-produzierende Ameise Angelika, der sexy Schwarzafrikaner Marcel, das Bonobo Felix – verkörpert durch Puppen und Mitspieler. Ziel der Gruppe ist es, die Zeit anzuhalten, 1913, als Deutschland noch im Besitz seiner überseeischen Kolonien ist. Gemeinsam will man die Wüstenanholzung Farmville aufbauen und aus den gigantischen Kakka-Fäden der Ameise eine unerschöpfliche Düngerressource erschließen. Aber wie ist es zu schaffen auf derart karrierefeindlichem und entwicklungsunwilligem Terrain? „Befreiung des Denkens, Entfesselung der Phantasie, letztlich ein Neudenken der ganzen Welt.“ (Berliner Zeitung) Mit: Okka Hunger-Bühler, Felix Loycke, Anne Tismer Kostüme & Objekte: Burkhart Ellinghaus, Okka-Hunger-Bühler, Felix Loycke, Anne Tismer Sound: Tobias Gronau Bühne: Burkhart Ellinghaus Regie: Alexis Bug. Eine Produktion der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin. www.annetismer.de, www.volksbuehne-berlin.de EUR 13 / 7 ermäßigt Fotos: Thomas Aurin 30 31 Das Prinzip Struwwelpeter Elf Uraufführungen, Ausstellung und Suppenkasparküche 22. September ab 18.00 Uhr, 23. + 24. September, jeweils ab 19.00 Uhr Die Vorgehensweise des Kinderbuchs „Der Struwwelpeter“ passt scheinbar nicht zu heutigen liberalen Erziehungskonzepten. Als Hohes Lied der Grenzüberschreitung gelesen aber ist dieser Klassiker der „Schwarzen Pädagogik“ zeitlos, ein subversives Lehrbuch für radikalen Eigensinn, kreativen Regelverstoß und tollkühne Konsequenzverachtung. Grenzenlos Kultur hat Theaterkollektive und Performancekünstler gebeten, sich mit jeweils einer dieser elf Struwwelpeter-Episoden auseinander zu setzen, sie sich anzueignen und von ihr ausgehend halbstündige Theaterskizzen zu entwickeln, in denen es um mehr und anderes geht als um die Nacherzählung von Kinderbuchgeschichten für Erwachsene: um den „Struwwelpeter“ als Prinzip und als Vorlage für elf sehr eigene thematische und theatrale Obsessionen. Einige der wichtigsten Ensembles mit sogenannt behinderten Künstler/ innen und Stars der Freien Szene im deutschsprachigen Raum sind diesem Aufruf gefolgt – wie auch die Frankfurter Freitagsküche, die für drei Tage zur Suppenkasparküche wird und gemeinsam mit beteiligten Künstlern ausgewählte Suppenspezialitäten für die Pausen zwischen den Aufführungen kochen wird. Begleitend zu all dem Struwwelpeter-Geschehen zeigt Marion Herzog-Hoinkis, die 1976 gemeinsam mit ihrem Mann die Frankfurter Struwwelpeter-Renaissance auslöste, im KUZ Struwwelpetereien: Erinnerungen an 31 Jahre Museumsarbeit zu Ehren von Dr. Heinrich Hoffmann, jenem leidenschaftlichen Refomer der Psychiatrie, scharfsinnigen Satiriker und Spaßmacher, der – eher zufällig und nebenbei – als Autor des „Struwwelpeter“ weltberühmt wurde. Einführung: 22. September, 18.00 Uhr. 32 Foto: Peter Seidel Von und mit: Berman/Depri/Dörr, Das Helmi, Theater HORA, Mezzanin Theater & KumEina, Monster Truck, Oper Dynamo West (Johannes Müller und Kirsten Burger), Theater RambaZamba, RATTEN 07, Theater Thikwa, Anne Tismer, Praxis Dr. Zander Grundräume: Burkart Ellinghaus Grundmusik: Anton Berman Konzept & Produktionsleitung: Marcel Bugiel und Andreas Meder. Eine Festivaleigenproduktion von Grenzenlos Kultur Tagesticket EUR 13 / 7 ermäßigt, Dreitagesticket EUR 25 / 15 ermäßigt 33 Das Prinzip Struwwelpeter Erster Tag 22. September 19.00 Uhr: Oper Dynamo West (Berlin): Vorrede zum „Struwwelpeter“ Oder: Die Kunst-Axt. Ein Film über die 81jährige Marion HerzogHoinkis, die ab 1976 mit ihrem Mann die Frankfurter HoffmannRenaissance eingeleitet hat, ihre Liebe zu den Tiger Lillies und darüber, dass unartige Kinder vom Leben mehr bekommen können als ein schönes Bilderbuch. Für uns gefilmt von Oper Dynamo West, die seit 2006 ausgehend von Menschen und Schauplätzen das Musiktheater-Potenzial abseitiger zeitgenössischer Realitäten erforscht. www.operdynamowest.org, www.johannesmueller.eu 19.45 Uhr: Theater Thikwa (Berlin): Der Struwwelpeter Die Titelepisode als surreales (anti-)pädagogisches Lehrstück – ein Loblied auf das Ungepflegtsein als Rebellion gegen ein Zuviel an Betreuung. Für uns erzählt von Theater Thikwa, einem künstlerischen und sozialen Experiment mit behinderten und nicht behinderten Künstler/innen, das seit bald 20 Jahren einen festen und weithin anerkannten Platz in der Berliner Theaterszene hat. 21.15 Uhr: Theater RambaZamba (Berlin): Die Geschichte vom bösen Friedrich Oder: Etwas über die Heiterkeit an trüben Tagen... Eine bitterböse Kurzkomödie über die vielleicht gefährlichste Spezies der Welt – pubertierende Jünglinge. Mit freier Bahn auf allen Etagen, in Küche, Bad und Schlafzimmer, für uns ins Rennen geschickt von Theater RambaZamba – unter dem Motto „Behinderte und ihr total verrücktes Theater“ Deutschlands erfolgreichstes Ensemble und Dauergast bei Grenzenlos Kultur. www.theater-rambazamba.org Tagesticket EUR 13 / 7 ermäßigt, Dreitagesticket EUR 25 / 15 ermäßigt Foto: Joachim Salva / jetset travelmagazin www.thikwa.de 34 20.30 Uhr: Berman/Depri/Dörr (RUS/CI/D): Die Geschichte vom Zappelphillip Oder: Der Phillip zappelt. Eine ivorisch-deutsch-russische Bewegungsanalyse, in der der Straßentanz Logobi auf Gaga und Dada stößt und sie fragt, warum sie immer mit dem Hinterkopf durch die Wand wollen, aber nie seinem Rhythmus folgen. Für uns zusammengeführt von Cornelia Dörr und Gotta Depri von der Elfenbeinküste, beide Mitglieder bei Gintersdorfer/Klaßen, in Zusammenarbeit mit dem russischen Theatermusiker Anton Berman. www.gintersdorferklassen.org 35 Das Prinzip Struwwelpeter Zweiter Tag 23. September 19.00 Uhr: Monster Truck (Berlin): Die Geschichte vom Suppenkaspar Eine Performance über die Frage, was passiert, wenn das, was eine vermeintlich „gesunde“ Gesellschaft auszeichnet, nämlich Vitalität und Produktivität, verweigert wird, über unerklärliche Verhaltensweisen, Hungern als Kunstform und die Kunst des Sterbens. Für uns durchgeführt von der Performancegruppe Monster Truck, die sich als Kollektiv versteht und thematisch meist um zukünftige, apokalyptische Utopien kreist, wenn nach dem absoluten Endszenario die Show weitergehen muss. www.monstertrucker.de 19.45 Uhr: Mezzanin Theater & KumEina (Graz): Die Geschichte vom Daumenlutscher Eine mehr oder weniger autobiografische Erinnerung an das Daumenlutschen. Und eine Beschwörung des Kindseins, von Spaß, Häme, Erotik, Ekel, Lust am Grauen und Angst. Zum Beispiel der Angst einzuschlafen und dabei aus Versehen am Daumen zu lutschen – weil dann ja der Schneider kommt. Für uns wieder ans Tageslicht gebracht vom Mezzanin Theater aus Graz, das seit vielen Jahren in unterschiedlichsten Formationen und Projekten arbeitet, vom Slapstick über Straßentheater bis zu literarischen Bearbeitungen für Kinder und Erwachsene. und über die Freude an der eigenen kontinuierlichen Veränderung. Für uns skizziert von Theater HORA aus Zürich, eines der wenigen professionellen Theater von und mit Menschen mit einer geistigen Behinderung in der Schweiz, benannt nach einer Figur aus ihrer ersten Produktion, einem Theaterabend frei nach Michael Endes Roman „Momo“. www.hora.ch 21.15 Uhr: Das Helmi (Berlin): Die Geschichte vom Hans Guck-in-die-Luft Ein geradezu klassisches Künstlerdrama, in dem der 19jährige Hans, weltfremd und unbeholfen, aber ein begnadeter Zeichner und Vogelstimmenimitator, den Konflikt zwischen Künstlertum und Realität a) sexuell, b) physisch, c) psychisch durchlebt. Für uns unerwartet verständnisvoll aufbereitet von Das Helmi, vor rund 10 Jahren als Performance- und Puppentheater am Berliner Helmholtzplatz gegründet, längst berühmt-berüchtigt und trotzdem weiter mit lustiger Armut der Mittel an immer neuen Stoffen arbeitend. www.das-helmi.de Tagesticket EUR 13 / 7 ermäßigt, Dreitagesticket EUR 25 / 15 ermäßigt www.mezzanintheater.at 20.30 Uhr: Theater HORA (Zürich): Die Geschichte von den schwarzen Buben Eine Theaterskizze voll von tintenschwarzem Humor, über die Lust, angestarrt zu werden, über die Sehnsucht nach dem Anderssein 36 Foto: Mezzanin Theater 37 Das Prinzip Struwwelpeter Dritter Tag 24. September 19.00 Uhr: Praxis Dr. Zander (Berlin): Die Geschichte vom wilden Jäger Oder: Salut ma bibiche! Eine Auseinandersetzung mit den Strategien des täglichen Überlebenskampfs als psychedelisches Experiment eines Hasen. In dem das Jägerseinwollen ein Symptom der ödipalen Phase ist und Kaffee auf der Nase Pollution, ein Jäger ein Adliger im deutschen Vormärz, ein Hase ein Proletarier, ein Brunnen ein Ort der Schöpfung und das Eintauchen in diesen eine sexuelle Beziehung. Für uns noch einmal durchlebt von Praxis Dr. Zander, einem Theaterkollektiv, das sich zusammensetzt aus einer studierten Modedesignerin, einer Musikerin, einer Architektin und einem leibhaftigen Arzt. 19.45 Uhr: RATTEN 07 (Berlin): Die gar traurige Geschichte mit dem Feuerzeug Oder: Feuer! Feuer! Feuer! Eine Liebeserklärung an den Pyromanen in uns, an das Feuer als Zeichen von Wohlstand und Vernichtung, und an die Freiwillige Feuerwehr, die das alles in den Griff zu bekommen versucht. Für uns angefacht von den RATTEN 07, gegründet 1993 als „erstes Berliner Obdachlosentheater“ im Anschluss an eine Inszenierung von Jeremy Weller, mehr als zehn Jahre lang Teil der Berliner Volksbühne, seitdem unabhängig, Kunstpreisträger und schon immer gern gesehener Gast bei unzähligen Theatern und Theaterfestivals. www.ratten07.de 20.30 Uhr: Anne Tismer (Berlin): Die Geschichte vom fliegenden Robert Eine Kunstaktion ausgehend von der berühmten Abschlusserzählung aus dem „Struwwelpeter“, in der ein gewisser Robert Wind und Wetter nicht scheut und zur Belohnung mit seinem Schirm durch Luft und Wolken getragen wird. Für uns durchgeführt von Anne Tismer, Mitbegründerin des Kollektivs gutestun, international tätige und bekannte Performancekünstlerin. www.annetismer.de Tagesticket EUR 13 / 7 ermäßigt, Dreitagesticket EUR 25 / 15 ermäßigt , Yehudit Sayan, Alon W Foto: Marc Apostroph 38 39 The Tiger Lillies (London/GB): Shockheaded Peter and other nasty songs Ein Struwwelpeter- und Best-Of-Konzert 25. September, 20.00 Uhr Zum Abschluss vom „Prinzip Struwwelpeter“ spielen die Tiger Lillies – nach wie vor das Schrägste und Schärfste, was die englische Musikszene zu bieten hat, und Dauergäste bei Grenzenlos Kultur – ausnahmsweise alle Songs aus ihrem mit dem Laurence Olivier Award ausgezeichneten Theaterwelthit „Shockheaded Peter“. Über jahrmarktartige Musik legt sich unerwartet die Falsettstimme von Martyn Jacques, die die Fantasie der Zuhörer in die Welt des Vaudeville zaubert, wo der Struwwelpeter und seine Gefährten zu neuem Leben erwachen. Im zweiten Teil des Abends präsentieren die drei Londoner dann noch ein Best-Of-Programm mit weiteren „nasty songs“ – mit Geschichten aus den Grenzbereichen der Gesellschaft, mit Liedern, die den echten und vermeintlichen Verlierern, den gefallenen Mädchen und allen anderen tragischen Existenzen gewidmet sind. The Tiger Lillies sind: Martyn Jacques (Gesang, Akkordeon, Piano) Adrian Huge (Schlagwerk, Spielzeug) Adrian Stout (Kontrabass, Singende Säge) www.tigerlillies.com EUR 15 Einheitspreis Foto: Mark Holthusen 40 41 Monika Kropshofer: Eine virtuelle Installation 9. September Infos Roter Teppich Zur Eröffnung des Festivals Grenzenlos Kultur rollt Monika Kropshofer den virtuellen roten Teppich aus! Im Eingangsbereich des KUZ-Geländes zeigt die Künstlerin aus Boppard eine Wand- und Bodenarbeit aus Kunststoff-Folie, die das Foto einer Treppe, bedeckt mit einem roten Teppich, wiedergibt. Das Foto zeigt eine Treppe des Konfuzius-Tempels in Taipei und will eine Brücke über Kontinente und Zeiträume schlagen. Die Betrachter sind eingeladen, das Kunstwerk zu betreten, ihre Spuren dort zu hinterlassen und damit Teil der Geschichte dieser Arbeit zu werden. www.monika-kropshofer.de Veranstalter: Lebenshilfe gGmbH Kunst und Kultur, Drechslerweg 25, 55128 Mainz Kulturzentrum Mainz / KUZ, Dagobertstraße 20B, 55116 Mainz Veranstaltungsort: Kulturzentrum Mainz / KUZ, Dagobertstraße 20B, 55116 Mainz Kartenreservierung: Lebenshilfe gGmbH Kunst und Kultur Tel. 06131-936600, Fax -9366090, ticket@grenzenlos-kultur.de Kulturzentrum Mainz / KUZ Tel. 06131-286860, Fax -2868628, post@kuz.de Kartenvorverkauf: Cardabela Buchladen, Frauenlobstraße 40 Kartenvorverkauf Zosel, Ludwigstraße 12 Abendkasse: jeweils 1 Stunde vor Veranstaltungsbeginn Informationen: Lebenshilfe gGmbH Kunst und Kultur info@grenzenlos-kultur.de Projektleitung: Andreas Meder Programm: Marcel Bugiel, Andreas Meder Organisation: Lis Marie Diehl, Silke Schmidt Technische Leitung: Lucas Gruber, Florian Riedelbauch, Jerome Walitzek Öffentlichkeitsarbeit: Antje Grabenhorst, Yvonne Brandl Grafische Gestaltung: www.tollkuehn-design.de Wiesbaden ö 42 43 Veranstalter: Lebenshilfe gGmbH Kunst und Kultur Kulturzentrum Mainz / KUZ In Zusammenarbeit mit: Jugendamt der Stadt Mainz Gefördert mit Mitteln von: Aktion Mensch Kultursommer Rheinland-Pfalz e.V. Mit Unterstützung durch: Jugend- und Sozialdezernat der Stadt Mainz Medienpartner: ZDF-Theaterkanal www.grenzenlos-kultur.de