Ibanez UV70P-BK F - MM-Musik-Media

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Noch grün hinter den Ohren,
schon Klassiker
Ibanez Steve Vai – UV70P-BK
Die schar fe junge Mutter der 7-saitigen Solidbody, so könnte
man das von Ibanez in Kooperation mit Steve Vai Ende der 80erJahre entwickelte Universe-Modell durchaus nennen. Inzwischen
gibt es zwar eine Menge Nachkommen und es werden ständig
mehr, aber heißa: Mutti hält noch immer locker mit.
TEXT FRANZ HOLTMANN | FOTOS DIETER STORK
Zwei innovative Gitarrenmodelle gehen auf
die fruchtbare Zusammenarbeit von Steve
Vai mit Ibanez zurück.
1987 wurde die berühmte JEM mit Monkey
Grip in aggressiven Neon-Farben vorgestellt, der dann bereits 1989 das 7-saitige
Universe-Modell mit zusätzlicher tiefer HSaite folgte. Aus heutiger Sicht kann man
das wohl weise Voraussicht nennen, denn
das Konzept ging nach etwas rumpeligen
Anfängen bekanntlich dann doch am Ende
auf. Der Wunsch der Gitarristen nach einem
größeren Tonumfang brachte allerdings
schon lange vorher 7-saitige Instrumente
hervor.
Einige Beispiele: Der bedeutende französische Gitarrist und Komponist Napoleon
Coste ließ sich schon 1835 eine Gitarre mit
sieben Saiten bauen, in der brasilianischen
Musik spielte ein solches Instrument seit
den 1930er-Jahren eine nicht unbedeutende Rolle und Jazz-Gitarrist George Van
Eps ließ sich von Epiphone ebenfalls bereits
in den 30er-Jahren eine 7-saitige Gitarre anfertigen. Ibanez war dann allerdings der
erste Hersteller, der diesen Gitarrentypus als
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501
Solidbody ab 1990 in serieller Produktion
erfolgreich herausbrachte.
k o n s t r u k t i o n
Das Universe-Konzept folgt prinzipiell
immer noch dem großen Wurf von damals.
Es gab sogar mit der UV7BK eine Ausführung, die als Blaupause für das vorliegende
Testmodell gelten kann. Die Fakten: Der
Korpus der UV70P besteht aus amerikanischer Linde. Die üblichen Konturen sorgen
für allgemein komfortable Spielbedingungen, besonders tief gesetzte, zugespitzte
Cutaways und ein fließend abgerundet gestalteter Hals/Korpusübergang gewährleisten den freien Zugang zu allen Griffbrettpositionen bis hinauf in den 24. Bund. Für den
aufgeschraubten breiten Sandwich-Hals mit
Wizard-7-Profil wurde Ahorn mit zwei
durchgehenden Streifen aus Walnussholz
verleimt. Zusätzlich sorgt ein eingelegter
Halsstab aus Titanium für Stabilität. Die abgewinkelte Kopfplatte erhielt eine Volute
unterhalb des aufgeschraubten Klemmsattels zur Verstärkung des Übergangs. Sechs
in Reihe montierte gekapselte Mechaniken
bringen die Saiten mit geradem Zug auf
den Metallsattel mit paarig angeordneten
Klemmen. Darüber liegt der Zugang zum
Stellstab unter einem leicht aufklappbaren
Verschluss verborgen. Das Griffbrett aus Palisander mit flachem 400-mm-Radius ist mit
24 akkurat verarbeiteten Jumbobünden
ausgestattet. Kleine weiße Punkteinlagen
und giftgrüne Dot Inlays sorgen für eine sichere Tonhöhennavigation.
Am Korpus sind die Saiten in das Edge-Zero
II-7-Vibrato eingehängt. Das auf zwei Bolzen im Messerkantenprinzip frei schwebend
stehende Floyd-Rose-Style-System ist an
drei Federn im kleinen Stahlblock aufgehängt und mit Aufschraubarm und Feinstimmern funktionstüchtig eingerichtet.
Die Saitenreiter aus Edelstahl lassen sich einzeln in Höhe und Länge einstellen. Für das
angenehm flach gestaltete System (ohne
hoch herausragende Feinstimmer) wurde
eine ausreichend große Kammer in die
Decke gefräst, um möglichst große Modulation auch nach oben hin zu gewährleisten. Der Boden dieser Fräskammer ist zum
06.13 gitarre & bass
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Schutz der ansetzenden Feinstimmer mit
Schaumgummi belegt.
Die auf ein schwarz/grün/schwarz geschichtetes Schlagbrett montierte Elektrik
umfasst zwei Humbucker in den Außenpositionen und einen dazwischen gesetzten
Singlecoil aus der Blaze-Reihe für 7-Saiter
von DiMarzio. Die Pickups sind in folgenden
Konfigurationen über einen Fünfwegschalter anwählbar: Pos. 1: Hals-Humbucker;
Pos. 2: innere Spule Hals-PU und Singlecoil
Mitte; Pos. 3: Singlecoil Mitte; Pos. 4: innere Spule Steg-PU und Singlecoil Mitte;
Pos. 5: Steg-Humbucker. Pickup-Bobbins,
die Knöpfe der jeweils generellen Volumeund Tone-Regler, sowie der Switch Tip
leuchten wie in alten Zeiten in einem aggressiven Neongrün, welches sich in den
Dot Inlays und im Ibanez-Schriftzug auf der
schwarzen Kopflattenfront spiegelt – klare
optische Linie, keine Frage.
Die Mensur misst 648 mm; die Hardware
kommt in Cosmo Black. Die Gitarre wurde
in Indonesien klaglos sauber gebaut und
kam perfekt eingestellt zum Test.
p r a x i s
Klar ist das ein Surfboard von Hals, dennoch
schlägt sich das im Gewicht von lediglich
3,5 kg kaum nieder. Ob man sie sich nun
sitzend oder stehend vorknöpft,
die UV70P erweist sich in allen Belangen als komfortabel und sämtliche Positionen des Griffbretts
sind bestens zu erreichen. Das allgemeine Tonverhalten ist geprägt
von der festen Konstruktion mit
viel Halsmasse und nicht zuletzt
auch von dem großflächigen
Edge-Zero-II-7-Vibrato-System.
Das äußert sich in einem etwas
kühlen Tonambiente, wenngleich
das Schwingverhalten durchaus
zu gefallen weiß und lediglich auf
den tiefen Saiten das leicht träge
Tracking-Verhalten wie immer
etwas gewöhnungsbedürftig ist.
Der Anschlag kommt mit markan- Funktionstüchtig und handfreundlich: das Edge Zero
II-7 Vibrato-System
tem Akzent zum Ohr, die Saitentrennung ist klar, das Mehrklangverhalten harmonisch. Dazu brummt das
ten Sounds an den Start, die man fast schon
ganze Instrument schön grimmig am
wieder klassisch nennen könnte. Dank der
Bauch, wenn wir die tiefen Saiten mit kraftguten Saitentrennung haben auch die tiefe
vollem Anschlag bedienen. Um den fünften
E- und H-Saite ein sauberes ArtikulationsBund herum schnarren die Saiten zwar
vermögen und im Akkord bestätigt sich
leicht, aber warten wir einmal ab, ob das im
der Eindruck von Ausgleich und Harmonie,
elektrischen Betrieb überhaupt eine Rolle
den wir schon akustisch beobachten
spielt.
konnten.
Am Amp, und dieses Steve-Vai-Modell verDie Blaze-Pickups von DiMarzio sind in ihren
langt nach einem kraftvollen Vertreter seiWiedergabeeigenschaften natürlich speziell
ner Art, kommt das Instrument mit markanauf den 7-saitigen Sound ausgerichtet, was
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Übersicht
eine differierende Betonung von Frequenzen zur Folge hat. So erhalten die Mitten
grundsätzlich etwas weniger Betonung, der
Bass soll konturiert kraftvoll, aber nicht so
fett wie eine Tuba kommen und die Höhen
bekommen einen ordentlichen Schub. Alles
ist auf die präsente, kraftvolle Tonübertragung ohne Modder im Bassbereich ausgerichtet. Der Humbucker am Hals misst zwar
einen elektrischen Widerstand von gut
14 kOhm, was aber nicht mit besonders
hohem Output gleichzusetzen ist. Er vermittelt ein gut gewogenes Klangbild, das
auch im Klarklang immer stramm und harmonisch bestens durchzeichnet erscheint.
Er kann sogar Jazz, es sei denn, man gibt
Gas und schickt ihn in den Overdrive-Suizid. Pustekuchen, so schnell bringt man den
nicht um, eher bringt er dich um mit einem
ultrafetten Sound in High-Gain-Positionen,
dass dir die Hosenbeine nur so flattern.
Allerdings, und das ist als relative Aussage
zu werten, ist er im Verband der konturschwächere Kollege.
Um das in Erfahrung zu bringen, schalten
wir erst einmal wieder zurück auf Clean und
gehen über in leichte Konversation mit dem
Kollegen am Steg. Der lallt oder nuschelt im
Klarklang nun keineswegs Unverständliches, wie so mancher übertrieben aufgeputschte Testosteron-Kollege aus der HighOutput-Fraktion, dem dann oft außer Muskelspiel auch nichts weiter abzugewinnen
ist. Erstaunlich sogar, wie gut sich dagegen
das Blaze Bridge Model auch in klaren Verstärkereinstellungen schlägt. Breit aufgelöst
überzeugen harmonisch stimmige Sounds,
die zwar wenig Wärme, dafür aber eine perlend offene Darstellung bieten. Zentrales
Kerngeschäft bleibt dem Bridge Blaze aber
die viel berufene Wall of Sound, locker auf-
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701
zurichten mit einem potenten Verstärker,
der in der Lage ist, den satten Tieftonbereich auch adäquat zu verstärken. Den einmal vorausgesetzt, ist Heavy Riffing, und
alles was der Gitarrenbass sonst noch unterhalb der Gürtellinie treffsicher platzieren
will, ausgesprochen druckvoll in Szene zu
setzen – Aua!
Der Blaze-Pickup in der Mittelposition ist
ebenfalls auf bemerkenswerte Klarheit ausgelegt. Er liefert stramm knorpelige Singlecoil-Sounds, die für sich allein schon absolut
gesunde Kontur anbieten, ist auf der anderen Seite aber auch effektiver Partner für
eine Zusammenschaltung mit den jeweils
inneren Spulen der Außenborder in den
Schaltpositionen 2 und 4. Mit versetztem
Akzent liefern diese Stellungen ebenfalls effektive Kehl-Sounds, die vor Präsenz und
Durchsetzungsfreude nur so herausplatzen.
Das leichte Rappeln der mittleren Saiten um
den fünften Bund herum spielt übrigens am
Amp überhaupt keine Rolle mehr, ist also
vernachlässigbar und kein Grund für einen
Minuspunkt.
Die großflächige, frei schwebende VibratoEinheit saugt vielleicht etwas vom Sound
weg, funktioniert aber tadellos und gibt
der Gitarre ein größeres Ausdruckspotential. Das ist wie es ist und hat, wenn man so
will, durchaus auch einen eigenen Klangaspekt zu bieten. Zu loben gilt es schlussendlich auch noch die problemlose Handhabung.
r e s ü m e e
Dem Steve-Vai-Signature-Modell merkt
man seine prägende Kraft auch heute noch
an. Die 7-saitigen Gitarren aus der UniverseReihe schafften Grundlagen, die bis heute
gültig sind und an denen sich NachfolgeDesigns messen lassen müssen. Die aktuelle
UV70P präsentiert sich immer noch frisch
und frech, vor allem aber punktet sie mit
besten Spieleigenschaften und einer Klangpalette, die in allen Positionen absolut
brauchbare, was sag ich, maßgebliche
Sounds von hoher Qualität abliefert. Schnell
ist man warm mit diesem gut geschnittenen
7-Saiter Hals, der, je länger gespielt, desto
mehr Spaß vermittelt. Da nun der Preis für
dieses Hochleistungsinstrument auch noch
sehr fair erscheint, kann der Daumen nur
nach oben gehen: viel Gitarre fürs Geld,
nicht nur der 7ten Saite wegen! n
Plus
Plus
Variable Klangausstattung dank gut gestaffelter Pickups mit effektiver Verschaltung
Fabrikat: Ibanez
Modell: Steve Vai UV70P-BK
Typ: Siebensaitige Solidbody-EGitarre
Herkunftsland: Indonesien
Mechaniken: Ibanez, gekapselt
Hals: Wizard-7, 5-Piece,
Ahorn/Walnuss
Sattel: Klemmsattel
Griffbrett: Palisander, nicht
eingefasst, grüne Dot Inlays
Radius: 400 mm
Halsform: satt-breites
D-Profil
Halsbreite: Sattel 48,2 mm; XII.
61,2 mm
Halsdicke: I. 19,3 mm;
V. 20,0 mm; XII. 21,2 mm
Bünde: 24, Jumbo
Mensur: 648 mm
Korpus: American Basswood (Linde)
Oberflächen: Black
Schlagbrett: dreilagig,
schwarz/grün/schwarz
Tonabnehmer: DiMarzio Blaze
Pickups, HSH-Konfiguration (Neck PU
14,2 kOhm; Mid PU 13,5 kOhm ;
Bridge PU 19,0 kOhm)
Bedienfeld: 1× Volume, 1× Tone, 1×
Fünfweg-Pickup-Schalter
Steg: Edge Zero II-7 Tremolo
Hardware: Cosmo Black
Gewicht: 3,5 kg
Lefthand-Option: nein
Vertrieb: Meinl Distribution
91468 Gutenstetten
www.meinldistribution.eu
www.ibanez.de/storefinder
Zubehör: Premium Softcase, Multitool
Preis: ca. € 1359
• grundlegendes Design
• stimmige Optik
• Ergonomie
• Pickups
• Sounds
• Hals/Spieleigenschaften
• Verarbeitung
• Preis/Leistung
06.13 gitarre & bass