aktuell Nr. 35 vom 07.09.2015 ( PDF , 8,6 MB)

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aktuell Nr. 35 vom 07.09.2015 ( PDF , 8,6 MB)
D 8512
51. Jahrgang
Nr. 35
Montag, 7. September 2015
Nachrichten
Politik
Neue Militärdoktrin
Die Ukraine hat sich eine neue
Militärdoktrin gegeben – und
will Mitglied der NATO werden. Seite 4
Einsatz
Neu an Bord
Nachfolger gesucht
Die Bundeswehr bekommt neue Möbel. Innovativ und komfortabel
sollen sie sein. Der Design-Wettbewerb läuft. Seiten 6/7.
Ein Interkultureller Einsatzberater unterstützt die Marine bei der
Mission im Mittelmeer. aktuell
hat mit ihm gesprochen. Seite 5
Streitkräfte
Neu an der Spitze
Generalleutnant Jörg Vollmer ist
seit einigen Wochen Inspekteur
des Heeres – ein aktuell-Interview.
Seite 8
Video der Woche:
Foto: [M] Bienert/RedBw/Prochaska/RedBw
Nobody is perfect! Am 5. Mai
2015 geht die Redaktion der
Bundeswehr mit dem Format
„MitOlli“ auf YouTube an den
Start. Alle zwei Wochen erscheint
ein neues Video, in dem Hauptfeldwebel Oliver Bender verschiedene Bereiche der Truppe
kurz und knackig vorstellt. Die
Reihe kommt an: Die Playlist hat
mehr als 125 000 Abonnenten.
Bei aller Professionalität, gibt
es aber Pleiten, Pech und Pannen bei der Produktion der Clips.
Erstmalig nun einige Ausschnitte.
Vorhang auf!
Der Beitrag „#MitOlli
– Outtakes“ unter www.
youtube.com/bundeswehr.
aktuell@bundeswehr.org
2
aktuell
Intern
7. September 2015
Foto: Dorow/Bundeswehr
Bild der Woche
Abgesetzt: Die trinationale Task Force Cerberus bei der multinationalen Übung „Swift Response 2015“ auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels. Bei der Übung für Luftlandeoperationen bewiesen mehr als 5000 Soldaten aus elf Nationen ihre Reaktionsfähigkeit. Mehr Informationen auf www.bundeswehr.de.
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Zitat
Editorial
„Das verdient Anerkennung. Da geht es nicht
nur um Geld.“
Die EU-Arbeitszeitrichtlinie
betrifft auch die Bundeswehr.
Ab 2016 müssen sich ­Soldaten
genau an die vorgeschriebenen
Arbeitszeiten halten. 41 Stunden pro Woche, dann muss die
Arbeit erledigt sein. Zumindest im
Grundbetrieb. „Mit dieser Regelung wird die Arbeitszeit zu einer
Ressource, mit der man noch verantwortungsvoller und sorgsamer
umgehen muss“, sagt der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant
Jörg Vollmer, im aktuell-Interview (Seite 8).
Der verantwortungsvolle
Umgang mit Zeit – genau dieser
Aspekt birgt die große Chance,
dass die verbindliche Vorgabe
nicht zur Last wird, sondern
den Arbeitsalltag attraktiver
macht. Auch für Soldaten wird
in Zukunft noch berechenbarer
sein, wann sie im Dienst sind und
wann nicht.
Attraktiver sollen auch die
Liegenschaften der Bundeswehr
werden. Ab 2018 soll es neue
Möbel geben, der Design-Wettbewerb läuft bereits. Die Anforderungen an die Möbelserie sind
hoch. Schick und zeitlos sollen
sie aussehen, robust müssen sie
sein, aber auch praktisch und
leicht zu handhaben. Und am
Ende muss auch der Komfort
stimmen.
Bundestrainer Joachim Löw über die „Til Schweiger Foundation“.
Löw selbst unterstützt die Stiftung, die sich für benachteiligte und
traumatisierte Kinder, insbesondere junge Flüchtlinge, einsetzt.
Kalenderblatt
Vor 65 Jahren: Am 7. September 1950 beginnt in Ost-Berlin unter
internationalen Protesten der Abriss des 1443 erbauten Berliner Stadtschlosses, eines der bedeutendsten Barockbauten der Welt. 23 ­Jahre
später wird dort der Palast der Republik, Sitz der DDR Vokskammer, errichtet und 1990 wegen Asbestbelastung geschlossen. Seitdem
wird über eine Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses diskutiert.
Vor 75 Jahren: Am 12. September 1940 wird in den Vereinigten
Staaten der Prototyp eines neuen 4x4 Geländefahrzeugs vorgestellt,
dessen Entwicklung die US-Army in Auftrag gegeben hat. Nach nur
49 Tagen Konstruktionzeit werden die ersten Fahrzeuge fertiggestellt.
Der „Jeep“ ist geboren und tritt seinen eindrucksvollen Siegeszug in
verschiedenen Armeen und später auch im Zivilen an.
Vor 160 Jahren: Am 8. September 1855 verliert Russland die
Festung Sewastopol im sogenannten Krimkrieg. Frankreich, Großbritannien und das Königreich Sardinien verbünden sich mit dem
Osmanischen Reich gegen Russland, das sein Machtanspruch ausdehnen will. Der Konflikt findet mit dem dritten „Pariser Frieden“ 1856
sein Ende, der zu einer neuen Machtkonstellation in Europa führt.
Vor 165 Jahren: Am 9. September 1850 wird Kalifornien als
einunddreißigster Staat in die USA aufgenommen. Durch den
kalifornischen Goldrausch kommen Hunderttausende Goldsucher.
Heute ist Kalifornien der mit Abstand bevölkerungsreichste Bundesstaat der Vereinigten Staaten.
Damit das Ergebnis gut wird,
sind Soldaten in den Prozess eingebunden. Etwa 50 Stuben werden eingerichtet, sobald beschlossen ist, wie die Möbel aussehen
sollen. Dann beginnt ein einjähriger Test unter den realen Bedingungen im Leben eines Soldaten.
Die neue Möbelserie ist eine
Maßnahme, um die Attraktivität der Bundeswehr zu steigern.
Ein wichtiger Baustein, der aber
nur einen entscheidenden Unterschied machen wird, wenn die
weiteren Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Bundeswehr greifen. Angenehmer Komfort ist für alle, die sich von ihren
Familien viel zu lang getrennt
fühlen, zwar erleichternd. Letztlich aber nur ein bisschen.
Vivien-Marie Bettex
Redakteurin Politik
7. September 2015
Ministerium / Hintergrund
aktuell
3
Ende der Sommerpause
Im Bundestag geht es in den kommenden Wochen auch um sicherheitspolitische Themen.
Berlin. Nach der Sommerpause
erwacht das parlamentarische
Leben in der Hauptstadt. Verteidigungspolitisch steht in den
nächsten Wochen einiges auf der
Agenda. Der Vorsitzende des
Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich, sagt auf Anfrage
der Redaktion der Bundeswehr:
„Der Verteidigungsausschuss hat
im Herbst diesen Jahres ein komplexes Programm zu absolvieren.
Das reicht vom Haushalt, verbunden mit der Frage der Finanzierung einer Vollausstattung der
Bundeswehr sowie der Beiträge
zur NATO, über die Reform des
Parlamentsbeteiligungsgesetzes
bis hin zur Situation in Afghanistan und in Afrika.“
34,2 Milliarden Euro
für 2016
Bereits an diesem Mittwoch
nach den Parlamentsferien wird
es im Rahmen der Haushaltsdebatte des Bundestages um den
Verteidigungsetat für das kommende Jahr gehen. Aus den vom
Kabinett beschlossenen Eckwerten für den Haushalt 2016
geht hervor, dass die Bundeswehr im kommenden Jahr rund
34,2 Milliarden Euro erhalten
soll – bisher waren im Haushalt 32,4 Milliarden vorgesehen
Foto: Wilke/RedBW (2)
von Jörg Fleischer
Verteidigungshaushalt und Parlamentsvorbehalt bei Kampfeinsätzen: Der Deutsche Bundestag wird sich mit verschiedenen sicherheitspolitischen Themen befassen.
– ein Plus von fast 1,8 Milliarden Euro. Bis 2019 sollen rund
acht Milliarden Euro zusätzlich
in den Wehretat fließen. So sind
für 2017 und 2018 pro Jahr rund
zwei Milliarden Euro mehr für
die Streitkräfte eingeplant, für
2019 sogar mehr als 2,1 Milliarden Euro. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wird
zum Thema sprechen.
Weiter dürften in den kommenden Wochen die Empfehlungen
der „Rühe-Kommission“ zur
Überprüfung und Sicherung der
Parlamentsrechte bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen
der Bundeswehr Thema sein. Der
Gremiumsvorsitzende, der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe, hatte im Juni seinen
Bericht an Bundestagspräsident
Norbert Lammert übergeben.
Der Empfehlung der Kommission zufolge soll die Zustimmung
des Bundestags weiterhin notwendig und der Kampfeinsatz
von deutschen Soldaten ohne
parlamentarisches Mandat nicht
möglich sein. Die Debatte im Parlament wird in der Expertise als
wichtiges Instrument angesehen,
um die Bürger von der Wichtigkeit eines Einsatzes zu über-
zeugen. Die Rühe-Kommission
empfiehlt jedoch eine Klarstellung des Einsatzbegriffs durch
den Gesetzgeber.
Ausschuss
trifft Kanzlerin
Hellmich über weitere Punkte
auf dem Programm des Verteidigungsausschusses: „Konkret
streben wir den Besuch einer
Delegation des tunesischen
Verteidigungsausschusses an
und befassen uns zudem mit der
Unterstützung der Flüchtlingspolitik durch die Bundeswehr.“
EU berät über Kampf gegen Schlepper
Außerdem ist geplant, dass der
Ausschuss in einem Gespräch mit
Bundeskanzlerin Angela Merkel die globale Sicherheitslage
erörtert.
Noch in diesem Monat steht
zudem eine Reise auf dem Programm des Verteidigungsausschusses. Mit der „Transall“
C-160 geht es von Berlin zum
Fliegerhorst in Wunstorf – dort
ist die bisher einzige Maschine
des neue Militärtransporters der
Bundeswehr A 400 M stationiert.
Die Auslieferung der Transportflugzeuge verzögert sich seit
Monaten.
Hoofe trifft GVPA
zu Gesprächen
Rettung im Mittelmeer: Deutsche Soldaten nähern sich einem
seeuntüchtigen Boot mit Dutzenden Flüchtlingen an Bord.
politik (GSVP). Der Fokus lag
auf der laufenden Mittelmeermission EUNAVFOR MED. Auslöser des maritimen Einsatzes war
der Anstieg der Flüchtlingsströme
von Afrika nach Europa.
“Ich werde den Verteidigungsministern vorschlagen, von
Flüchtlingskrise: Die Bundeswehr hilft weiterhin im Inland
Neumünster. Die Bundeswehr hat weiteres Material für Flüchtlingsunterkünfte bereitgestellt. Vergangene Woche brachte das Logistikbataillon 161
in Delmenhorst 800 Betten nach Neumünster in
Schleswig-Holstein. Mehr als 9300 Flüchtlinge
sind inzwischen in Liegenschaften der Bundes-
wehr untergebracht. Auch bei der medizinischen
Versorgung gibt es Unterstützung durch Soldaten.
Ein Beispiel dafür ist Hamburg, dort bietet medizinisches Personal der Bundeswehr Sprechstunden für Flüchtlinge in einer Erstaufnahmeeinrichtung an. (eb)
Phase 1 der Operation, in der
es um Informationsgewinnung
ging, zu Phase 2 überzugehen“,
sagte Mogherini im Vorfeld.
Grundsätzlich sieht der Operationsplan vor, in einer zweiten
Phase die Boote von Schleppern
zu suchen, aufzubringen und zu
beschlagnahmen.
„Deutschland wird sich weiterhin substanziell in Missionen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidgungspolitik
der Europäischen Union engagieren“, sagte Staatssekretär
Brauksiepe im Anschluss an
das Treffen in Brüssel. Bislang
retteten Soldaten der Bundeswehr im Mittelmeer mehr als
7000 Menschen. Die Fregatte
„Schleswig-Holstein“ und der
Tender „Werra“ unterstehen seit
dem 30. Juni 2015 dem europäischen Marineverband EUNAVFOR MED. Insgesamt beteiligen sich aktuell 21 Staaten an
der Mission im Mittelmeer unter
dem Kommando eines italienischen Konteradmirals.
(flo)
Foto: Grauwinkel/BMVg
Brüssel. Der Parlamentarische
Staatssekretär Ralf B
­ rauksiepe
hat vergangene Woche an einem
informellen Treffen der Verteidigungsminister der Europäischen Union in Luxemburg
teilgenommen. Im Vordergrund standen Pläne zur Ausweitung des Marine-Einsatzes im
Mittelmeer.
In einer Arbeitssitzung unter
dem Vorsitz von Federica Mogherini, der Hohen Vertreterin der EU
für Außen- und Sicherheitspolitik, informierten sich die Minister über die laufenden Einsätze
im Rahmen der Gemeinsamen
Sicherheits- und Verteidigungs-
Foto: Kleemann/Bundeswehr
Staatsekretär Ralf Brauksiepe nimmt am Treffen der Verteidigungsminister in Brüssel teil.
Berlin. Staatssekretär Gerd
Hoofe ist vergangene Woche
mit dem neuen Vorstand des
Gesamtvertrauenspersonenausschuss (GVPA) zusammengekommen. Gemeinsam erörterten
sie unter anderem den Fortschritt
bei der Einführung der gesetzlichen Arbeitszeit für Soldaten.
Ein weiterer Schwerpunkt des
Gesprächs war die Ausstattung.
Der Staatsekretär betonte als
wesentlichen Erfolgsfaktor für
die Arbeit der Bundeswehr eine
strukturgerechte Ausstattung, die
sich an den Aufgaben orientieren
müsse. Der GVPA repräsentiert
alle Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche sowie alle Laufbahn- und Statusgruppen. Die
35 Mitglieder werden aus der
Mitte der Vertrauenspersonen
der Bundeswehr gewählt. (eb)
Politik / Hintergrund
China reduziert
seine Armee
Peking. Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping hat vergangene Woche die Verringerung
der chinesischen Volksarmee
um 300 000 auf zwei Millionen
Soldaten angekündigt. China
geniesse den Status eines der führenden Länder der Welt, strebe
jedoch keine Vorherrschaft an, so
der chinesische Staatschef. Kurz
nach der Ankündigung nahm Xi
in Peking eine gigantische Militärparade mit 12000 Soldaten,
hunderten Panzern sowie Kampfjets unter Anwesenheit prominenter Politiker, wie Russlands
Präsident Putin ab. China streitet derzeit mit einigen asiatischen
Nachbarn über einige Inseln und
den Grossteil des Südchinesischen Meeres, ausserdem ­bieten
Ansprüche über das Ostchinesische Meer Konfliktpotential
zwischen China und Japan.(yb)
Foto: NATO
NATO eröffnet neue
Kommandozentren
Vilnius. Die NATO hat sechs
Kommandozentren in osteuropäischen Mitgliedstaaten in Betrieb
genommen. Die Stützpunkte
in Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen und Rumänien haben in der vergangenen
Woche ihre Arbeit aufgenommen. „Kein NATO-Partner steht
allein da“, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (Foto
l.) bei der Eröffnung. In jedem
der sechs Kommandozentren sind
etwa 40 Offiziere eingesetzt, die
Manöver – und im Ernstfall auch
Einsätze – der neuen schnellen
Eingreiftruppe der Allianz koordinieren sollen. (cfm/ju/vmd)
Somalia: Islamisten
töten Soldaten
Mogadischu. Bei einem Angriff
der Shebab-Miliz auf einen Stützpunkt der Militärmission der
Afrikanischen Union (AU) in
Somalia sind offenbar dutzende
Soldaten getötet worden. Die
AU-Militärmission erklärte daraufhin am vergangenen Dienstag, ihre Truppen hätten einen
„taktischen Rückzug“ vollzogen. Eine Opferzahl gab sie nicht
an. Die islamistischen Rebellen
hatten zuvor zwei Brücken vor
dem Lager gesprengt und ein mit
Sprengstoff beladenes Auto in
den Eingang gerammt, berichteten Augenzeugen. Dann stürmten
sie das Lager. (uvs/bfi/vmd)
7. September 2015
Waffenruhe im Südsudan
Im jüngsten Staat der Welt halten die Spannungen zwischen Regierung und Rebellen an.
Addis Abeba. Im Südsudan
haben sich Regierung und Rebellen erneut auf eine Waffenruhe
geeinigt. Beobachter haben allerdings Zweifel, dass sie tatsächlich halten wird.
Präsident Salva Kiir hatte seiner Armee Ende August befohlen, die Gefechte mit den Rebellen einzustellen. Er hatte zuvor
ein unter internationaler Vermittlung ausgehandeltes Friedensabkommen unterzeichnet,
zugleich aber „ernsthafte Bedenken“ gegen die Vereinbarung
angemeldet.
UN-Sicherheitsrat
droht mit Sanktionen
Der Staatschef überreichte den
internationalen Vermittlern ein
zwölfseitiges Dokument mit den
Kritikpunkten seiner Regierung
und rief dazu auf, das Abkommen noch einmal zu überarbeiten. Rebellenchef Riek Machar,
der das Friedensabkommen
schon anderthalb Wochen vor
Kiir unterzeichnet hatte, äußerte
daraufhin Zweifel an Kiirs Friedenswillen. Der UN-Sicherheitsrat bekräftige seine Drohung, im
Falle einer Nicht-Einhaltung des
Friedensabkommens Sanktionen
zu verhängen. Beide Seiten seien
aufgefordert, „sofort die ständige Waffenruhe zu befolgen“,
schrieben die 15 Mitglieder des
Sicherheitsrats in einer einstimmig beschlossenen Erklärung.
Anderenfalls werde der UN-Sicherheitsrat „angemessene Maß-
Fotos: imago (3)
aktuell
Auf der Flucht: Zehntausende Menschen haben wegen der andauernden Kämpfe ihre Häuser
verlassen. Das Bild zeigt ein Flüchtlingslager in der südsudanesischen Hauptstadt Juba.
nahmen“ prüfen, darunter „ein
Waffenembargo und zusätzliche
gezielte Sanktionen“ wie das Einfrieren von Konten und Einreiseverbote. Um ihrer Forderung
Nachdruck zu verleihen, haben
die USA im UN-Sicherheitsrat
bereits einen Entwurf für Sanktionen vorgelegt. Im Dezember
2013 war der Machtkampf zwischen Kiir und Machar – seinem
früheren Stellvertreter – eskaliert. Verschärft wird der Konflikt dadurch, dass die Politiker
unterschiedlichen Volksgruppen
angehören.
Tausende sind
auf der Flucht
In dem jungen afrikanischen
Staat sind bei Kämpfen und
Misstrauen: Präsident der Republik Südsudan Salva Kiir (l.) und
Rebellen-Chef Riek Machar (r.).
ethnisch motivierten Massakern inzwischen zehntausende
Menschen getötet worden. Rund
2,2 Millionen Südsudanesen sind
aus ihren Häuser geflohen.
In dem Friedensabkommen
ist eine Machtteilung zwischen
Regierung und Rebellen vorgesehen. Beide Seiten hatten in der
Vergangenheit bereits mindestens
sieben Mal Waffenstillstandsvereinbarungen geschlossen. Allerdings wurden alle Vereinbarungen stets binnen weniger Tage
oder Stunden gebrochen. Der
Südsudan hatte sich erst im Juli
2011 für unabhängig erklärt und
ist damit der jüngste Staat der
Welt. In dem afrikanischen Land
leben rund 8,2 Millionen Menschen.
(ts/mid/yb)
Der größte Gegner
Die Ukraine beschließt neue Militärdoktrin – und räumt mit „irrigen“ Annahmen auf.
Kiew. Der Nationale Sicherheitsund Verteidigungsrat der Ukraine
hat vergangene Woche den Entwurf einer neuen Militärdoktrin
verabschiedet. Die alte Doktrin
stammte noch aus Sowjetzeiten.
Das neue Dokument bezeichnet
nun den einstigen engsten Verbündeten Russland als „größten militärischen Gegner“. Die
Ukraine legt darin außerdem die
„Bedingungen für eine Befreiung“ der von Russland annektierten Halbinsel Krim sowie
der von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebiete in
der Ostukraine fest. So hieß es
in einer kurzen Erklärung des
Sicherheits- und Verteidigungsrats. Der Entwurf muss demnach
noch von Präsident Petro Poroschenko gebilligt werden.
Vor Beginn der Sitzung sagte
Poroschenko, die bisherige Doktrin sei davon ausgegangen, die
Hauptbedrohung gehe vom Westen aus. Diese „irrige“ Annahme
sei seit der Unabhängigkeit der
ehemaligen Sowjetrepublik niemals berichtigt worden.
NATO-Beitritt wird
angestrebt
Die neue Doktrin rechnet mit
der „hohen Wahrscheinlichkeit“
einer ausländischen Militärinter-
vention in der Ukraine und sieht
vor, erneut einen NATO-Beitritt
anzustreben. Bereits im Dezember hatte das Parlament in Kiew
ein Gesetz beschlossen, das den
Status der Ukraine als blockfreien
Staat annulliert – und somit den
Weg für einen NATO-Beitritt
geebnet. Jetzt beschloss der Rat
außerdem eine Ausweitung der
Sanktionen gegen Vertreter Russlands und anderer Staaten, die
Foto: dpa/pa
4
Feinbild Russland: Der Nationale Sicherheitsrat der Ukraine.
nach Auffassung Kiews die Separatisten in der Ostukraine finanzieren und unterstützen.
EU verlängert
Reiseverbote
Unterdessen hat die Europäische Union entschieden, Sanktionen gegen Persönlichkeiten,
die in den Ukraine-Konflikt verwickelt sind, um sechs Monate zu
verlängern. Die EU-Botschafter
beschlossen, dass Reise- und Vermögenssperren gegen rund 150
russische und ukrainische Staatsbürger bis März 2016 in Kraft
bleiben. Unter den Betroffenen
sind mehrere Vertraute von Russlands Präsident Wladimir Putin.
Auch die Konten von 37 Unternehmen und Organisationen, die
zur Eskalation des Ukraine-Konflikts beigetragen haben sollen,
bleiben gesperrt. (ans/ts/mt/ju)
7. September 2015
Einsatz / Bundeswehr
aktuell
5
Foto: Olbricht/RedBw (2)
Tauchunfall am
Horn von Afrika
An Bord: Oberstleutnant Arno M. ist Interkultureller Einsatzberater auf der Fregatte „Schleswig-Holstein“ (r.) im Mittelmeer eingesetzt.
Kulturen verstehen
Ein Interkultureller Einsatzberater unterstützt bei der Rettung im Mittelmeer.
Catania. Die Fregatte „Schleswig-Holstein“ befindet sich im
Mittelmeer. Dort ist sie im Rahmen von EUNAVFOR MED
(European Naval Force Mediterranean) unterwegs. Durch
das Maritime Rescue Coordination Centre (MRCC) in Rom
wird sie über Seenotfälle informiert. Mit Höchstgeschwindigkeit geht es zur Unglücksstelle. Gleichzeitig bereiten die
Soldaten an Bord alles Nötige
für eine mögliche Rettung vor.
Jetzt beginnt die Arbeit des Interkulturellen Einsatzberaters (IEB),
des Oberstleutnant Arno M., an
Bord. Vor Ort angekommen,
stellt sich heraus, dass es sich
um Schiffbrüchige aus Afrika
handelt.
„Eine meiner wesentlichen
Aufgaben bei der Aufnahme
der Menschen an Bord ist es, sie
durch vertrauensbildende Maßnahmen zu begleiten. Unter anderem erkläre ich den Migranten
den nun folgenden Aufnahmeprozess, die medizinische Versorgung oder die Essensausgabe an
Bord“, sagt der Experte für interkulturelle Vermittlung.
Kulturen im
Dialog
„Wissen die Geretteten wie es
weitergeht und was mit ihnen
passiert, beruhigen sie sich nach
einer bis dahin ungewissen Flucht
deutlich“, so der Kommandant
der „Schleswig-Holstein“, Fregattenkapitän Marc Metzger, der
die Arbeit und den Rat des Interkulturellen Einsatzberaters sehr
schätzt. Sollte es doch einmal
vorkommen, dass es zu Missverständnissen zwischen den
Geretteten und der Besatzung
oder auch zu Konflikten unter
den verschiedenen Flüchtlingsgruppen kommt, tritt Arno M. als
Schlichter auf. Bislang musste er
noch nicht eingreifen.
Ein Grund dafür ist, dass die
Soldaten vor dem Einsatz über
kulturelle Besonderheiten aufgeklärt wurden. Außerdem werden
sie im Hinblick auf die Kommunikation mit den Migranten sensibilisiert. Gerade dieser Aspekt
ist für den Kommandanten sehr
wichtig. Die Besatzung gewinnt
so an Sicherheit. Vor allem bei
hohem Zeitdruck während einer
Rettung kann so Missverständnissen in der Kommunikation
vorgebeugt werden.
Ein Einsatz der
besonderen Art
timen Einsatz teilgenommen. Die
Gespräche mit den Geretteten an
Bord gehen dabei oft weit über
die klassische Arbeit eines interkulturellen Einsatzberaters hinaus.“
Die Fregatte „Schleswig-Holstein“ ist mit dem Tender
„Werra“ seit Juni im Einsatz und
hat im Rahmen der europäischen
Mission EUNAVFOR MED den
Auftrag, zunächst Informationen
über die Netzwerke der Schleuser zu sammeln. Die Seenotrettung besteht aber als Pflicht eines
jeden Seemannes weiter. Das
Einsatzgebiet ist das Seegebiet
zwischen der italienischen und
libyschen Küste, außerhalb der
Hoheitsgewässer.
Der Beitrag „Einsatz
Der Einsatz auf der „Schleswig-Holstein“ ist für Arno M.
etwas ganz Besonderes. „Bisher
habe ich noch nie an einem mari-
im Mittelmeer - Vom
Flüchtling zum Soldaten“ unter www.youtube.com/bundeswehr.
„Wacken“ im Kosovo
Foto: Bundeswehr
Das Metal-Festival begeistert zum zweiten Mal im Feldlager Prizren.
Prizren. „Ein Rockkonzert, das
wäre was“, so war die einhellige
Meinung unter den Soldaten des
41. Deutschen Einsatzkontingentes KFOR. Vier Monate sind sie
über den Sommer im Kosovo.
Da verpasst man so einiges:
Am Strand liegen, mit Freunden abends im Biergarten sitzen
oder luftige Sommerklamotten
tragen oder auch das „Wacken
Open Air“.
So ging es auch Stabsfeldwebel Andree T., Kompaniefeldwebel der Feldjäger in Prizren.
Seine Idee: „Wenn ich schon
nicht dort sein kann, dann holen
wir Wacken eben her.“ Gesagt,
getan. Der bekennende Festivalfan organisierte zum zweiten Mal
ein kleines Wacken-Konzert im
Feldlager Prizren.
2011 in Kunduz kam T. zum
ersten Mal die Idee, ein solches
Konzert zu veranstalten. „Ich hab
Das rockt: Das Marinemusikkorps begeistert die Soldaten vor Ort.
damals einfach den Veranstalter angeschrieben und gefragt,
ob sie nicht Lust haben, mich zu
unterstützen“, erzählt der eingefleischte Metal-Fan. Sie schickten ihm T-Shirts, DVDs und vieles mehr vom Festival. Auf der
Internetseite der Veranstalter war
damals zu lesen: „We support our
troups in Afghanistan.“
Doch das kleine Wacken-­
Revival blieb nicht nur dort.
Andree T. organisiert es nun
„Rocket-Hill-Run“
bei AFTUR
bereits zum zweiten Mal in Prizren – das erste Konzert fand im
Sommer 2013 statt. Mit Hilfe des
Betreuungssenders Radio Andernach konnte er die Soldaten dann
für sechs Stunden zu Musik und
Videos abrocken lassen.
Auch diesmal haben sich die
Veranstalter des „Wacken Open
Air“ wieder etwas einfallen lassen. Sie schickten insgesamt
100 kleine Taschen, sogenannte
„Full-Metal-Bags“. Der Stabs-
feldwebel packte noch selbst
gestaltete Patches oben drauf und
ließ sie für einen guten Zweck
versteigern.
„Der Erlös soll an das Soldatenhilfswerk gehen und den hinterbliebenen Kindern von gefallenen Soldaten zugutekommen“,
verrät er. Am Ende konnte er sich
über einen vierstelligen Spendenbetrag freuen.
Auch der spontane Auftritt
des Marinemusikkorps aus Kiel
machte Wacken in Prizren zu
etwas Besonderem. Die Musiker waren für andere Auftritte
im Kosovo und übernahmen das
Warm-Up zur Rock-Party. Wie
in Wacken, hieß es auch in Prizren: „Militärmusik meets Metal“.
Die Soldaten kamen voll auf
ihre Kosten, die Stimmung war
großartig, denn die Musik rockte
einfach – und mit ihr die deutschen Soldaten.
(csz)
Foto: Bundeswehr (3)
von Timo Petersen
Djibouti. In Djibouti haben Soldaten der Deutschen Verbindungs- und Unterstützungsgruppe
einen verunglückten Sporttaucher
gerettet. Bei dem Spanier traten
beim Tauchen in 18 Metern Tiefe
körperliche Beschwerden auf.
Er wurde umgehend in der Taucherdruckkammer behandelt. Als
der Notruf kam, trainierten die
deutschen Soldaten gerade mit
anderen Nationen, wie bei einem
Tauchunfall vorzugehen ist. Der
Spanier, bei dem die sogenannte
Taucherkrankheit diagnostiziert
wurde, konnte nach der Behandlung in der Druckkammer in ein
örtliches Krankenhaus zur Überwachung gebracht werden. Er
wurde mittlerweile wieder entlassen.
(eb)
Der Lauf: Die Soldaten fordern
und unterstützen sich.
Kahramanmaras. Bei mehr
als 30 Grad Celsius in den Morgenstunden haben rund 30 deutsche Soldaten in der Türkei am
„Rocket-Hill-Run“ teilgenommen. Die Strecke in der Gazi-Kaserne in Kahramanmaras zeichnet sich durch ihr schwieriges
Profil aus. Es mussten 15 Kilometer bis zum höchsten Punkt
der Liegenschaft hinter sich
gebracht werden. Die Strecke
war bergig und kurvenreich.
Gelaufen wurde in unterschiedlichen Anzügen – vom einfachen
Sportanzug bis hin zum Feldanzug mit Schutzweste. Der Lauf
zeichnete sich durch eine große
Kameradschaft aus, denn jeder
unterstütze dabei den anderen, um das Ziel zu erreichen.
Die ersten Läufer in einfachem
Laufanzug erreichten das Ziel
nach 25 Minuten. Der Lauf fand
das zweite Mal in der türkischen
Liegenschaft statt.
(eb)
6
aktuell Bundeswehr
aktuell 7
Bundeswehr-Mobiliar im Wandel der Zeit
Spint, Tisch, Bock
Sie haben bald ausgedient: Die Abbildungen zeigen die aktuelle Ausstattung in „Buche Dekor“.
von Dietmar Buse
und Vivien-Marie Bettex
Berlin. Die Bundeswehr sucht
nach neuem, zeitgemäßem
Mobiliar für ihre Unterkünfte.
Jetzt geht der Design-Wettbewerb in die zweite Runde. Schon
2018 soll nach einjähriger Testphase die Ausstattung der Liegenschaften beginnen. Gesucht
werden Möbel für 55 000 Unterkünfte.
Hintergrund: Im Zuge der
Agenda „Bundeswehr in Führung - Aktiv. Attraktiv. Anders.“
wurde die Umsetzung eines
neuen, zeitgemäßen Standards für
die Unterkünfte der Bundeswehr
beschlossen. Die neue Möbelserie solle „zeitloses, wohnliches
und innovatives Design mit funktionalen Anforderungen optimal
vereinen“, heißt es in den Auslobungsunterlagen.
Komfort und
Privatsphäre
Der Komfort soll nicht zu kurz
kommen. Beispiel: Der Härtegrad
des Lattenrostes soll in Zukunft
individuell eingestellt werden
können, die Matratze ist einen
Meter breit. Für jede Einzelstube
ist eine „Relaxing Area“ mit Sitzmöglichkeiten für bis zu drei Personen vorgesehen, die Arbeitsti-
sche sind höhenverstellbar, eine
Netzwerksteckdose sowie sechs
Steckdosen werden Standard.
Und: Eine lichtundurchlässige
Abschirmung am Bett soll die Privatsphäre in Stuben mit Mehrfachbelegung – etwa in der Grundausbildung – erhöhen.
Langlebig
und nachhaltig
Das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und
Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) gibt für den
Design-Wettbewerb verschiedene „Nutzerprofile“ vor – von
der kurzfristigen Einzelunterbringung bis hin zur Mehrfachbelegung mit bis zu vier Personen.
Ein weiteres Profil betrifft das
„Leben in der Gemeinschaftsunterkunft“ der Stammeinheit für
die Soldaten, die zum Wohnen
in der Kaserne verpflichtet sind.
Diese Stuben sollen zukünftig
unter anderem geeignet sein,
Gäste zu empfangen und auch
über Nacht unterzubringen.
Weitere Anforderungen: Das
modulare System soll aus Einzelkomponenten bestehen, die
je nach Bedarf erweiterbar und
kombinierbar sind. Gefordert
wird ein langlebiges und nachhaltiges Materialkonzept, das
Pflege und Instandsetzung mit
geringem materiellen und personellen Arbeitsaufwand ermöglicht. Besonders bei der Ausführung der Tische, Stühle, Sessel
und Betten ist auf eine ergonomische Gestaltung zu achten.
Zahlreiche Unternehmen sind
daran interessiert, den fordernden Auftrag zu gewinnen und
beteiligen sich am Wettbewerb.
23 Bewerber wurden zur ersten Wettbewerbsphase zugelassen. In der vergangenen Woche
hat ein Preisgericht entschieden, welche Beiträge sich für
die zweite Phase qualifiziert
haben. Zum Preisgericht zählen
unter anderem der Inspekteur
des Heeres sowie renommierte
Innenarchitekten und Designer
als Fachpreisrichter. Weitere
Sachverständige aus der Bundeswehr beraten das Gremium.
Dabei handelt es sich um Soldaten aller Dienstgradgruppen
und aus allen Teilstreitkräften,
zivile Mitarbeiter, sowie Vertreter der Interessenvertretungen.
Das Verfahren ist sowohl für
die Bundeswehr als auch für
Neue Möbel – diese Standards müssen erfüllt werden
Neue Möbel für die Bundeswehr – das ist gar nicht so einfach. Um den Auftrag für die neue Einrichtungsserie zu erhalten, muss der Hersteller zahlreiche Auflagen erfüllen. aktuell nennt Beispiele:
•
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•
Alle Möbelstücke sollten durch maximal
zwei Personen per Hand transportiert
werden können. Die Abmessungen sollen so gewählt werden, dass die Möbel
ohne Zerlegung durch Zimmertüren und
Treppenhäuser bewegt werden können.
Der Umfang des geschlossenen Aufbewahrungssystems – also der Schränke –
soll sich für die Einzelunterbringung am
Umfang der Ausrüstung des „Infanteristen der Zukunft“ orientieren.
Der erforderliche Stauraum für persönliche
Ausrüstung private Gegenstände umfasst
in der Grundkonfiguration für Soldaten,
die verpflichtet sind, in der Unterkunft zu
leben, vier Kubikmeter.
Die Auslobung verlangt eine „Harmonisierung“ mit folgendem zum Teil bereits
vorhandenem Mobiliar wie Fernseher,
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•
Mini-Kühlschrank, Stehlampe und Spiegel.
Für alle Materialien wird eine Prüfung der
Geruchseigenschaften empfohlen.
Das Holz muss zu 50 Prozent aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammen.
Bei der Verarbeitung der Rohstoffe dürfen
unter anderem nachweislich keine krebserzeugenden Stoffe eingesetzt werden.
Flammschutz ist Pflicht, allerdings dürfen vom Hersteller nur ganz bestimmte
Mittel dafür eingesetzt werden.
Entsorgung: Alle eingesetzten Materialien
müssen problemlos zu entsorgen sein,
dürfen zum Beispiel bestimmte Bindemittel nicht enthalten.
Für alle Verschleißteile wie etwa Scharniere muss der Hersteller Ersatz für mindestens fünf Jahre sicherstellen.
die Fachwelt etwas Besonderes.
Denn während Wettbewerbe für
Architekten – etwa im Hochbau – normales Geschäft sind,
gab es im Jahr 2014 bundesweit
nur zwei innenarchitektonische
Wettstreite wie den laufenden
Bundeswehr-Möbel-Wettbewerb. „Wir sind sehr zufrieden mit der bisherigen Beteiligung“, sagt Jens Altenburg
vom Bonner Infrastrukturamt
BAIUDBw.
Ganz viel Platz
für Schuhe
Sachverständige, die die Interessen der zukünftigen Nutzer
vertreten, haben bereits im Zuge
verschiedener Workshops im
Vorfeld ihre Erfahrungen und
Wünsche aktiv eingebracht und
somit das Anforderungsprofil
an die neuen Möbel maßgeblich beeinflusst.
Die zweite Preisgerichtssitzung ist für Mitte November
geplant. Dann sollen Modelle
der Entwürfe präsentiert werden. Nach Auswahl des Siegerentwurfs und der Produktion
von Möbeln für etwa 50 Stuben wird eine einjährige Testphase folgen. Ministerialdirektorin Alice Greyer-Wieninger,
Abteilungsleiterin Infrastruktur,
Umweltschutz und Dienstleis-
tungen (IUD) im Verteidigungsministerium ist mit dem bisherigen Verlauf zufrieden. „Ich
bin begeistert von der Interaktion zwischen Jury und Sachverständigen über alle Altersgruppen hinweg, aber auch
von den innovativen, zum Teil
sehr unterschiedlichen Entwürfen. Ich freue mich auf die
nächste Sitzung, wenn wir die
ausgewählten Konzepte im
Modell erleben dürfen“, sagt
Greyer-Wieninger.
Verantwortlich für die Entwicklung der neuen Möbelserie
ist das Referat IUD I 6. Zusammen mit der Gesellschaft für
Entwicklung, Beschaffung und
Betrieb – kurz g.e.b.b. – wurden die Grundlagen und funktionalen Bedarfsanforderungen
an die neue Möblierungsserie
definiert. Vertreter des Rats
für Formgebung aus Frankfurt
haben den Teilnehmerwettbewerb fachlich unterstützt.
Übrigens: Besonders viel
Platz sehen die Anforderungen des BAIUDBw für Schuhe
vor. In der Einzelunterbringung
soll der „geschlossene Aufbewahrungsraum“ Platz für zwölf
Paare bereithalten – vier Paar
Kampfstiefel, drei Paar Sportschuhe, zwei Paar Halbschuhe,
ein Paar Badepantinen und zwei
Paar private Schuhe.
Anfänge der
Bundeswehr
„Olympia“
Anfänge der
Bundeswehr
Aktuelle Ausstattung
„Buche Dekor“
Einführung der Serie
„Olympia“, 1972
„Buche Dekor“
„Olympia“
„Buche Dekor“
Grafik: [M] Bienert/RedBw, Neumann/RedBw, Prochaska/RedBw, Foto: Neumann/Bundeswehr (1), Faller/Bundeswehr (1), Oed/Bundeswehr (1), Kazda/Bundeswehr (1), Steiner/Bundeswehr (1), Neumann/RedBw (1), Stammer/Bundeswehr (1), Bienert/RedBw (1)
Komfortabel, zeitlos und innovativ sollen sie sein:
Die Bundeswehr bekommt neue Möbel –
und die sollen hohe Ansprüche erfüllen.
8
aktuell
bundeswehr
7. September 2015
„Verteidigung,
Verzögerung,
Angriff.“
Was ist das für ein Heer, an
dessen Spitze Sie da stehen? Ein
Heer in Top-Form, oder – wie
externe Medien immer wieder
berichten – ein Heer, das mitunter etwas hinkt?
Es ist ein Heer, das unverändert sehr engagiert in Auslandseinsätzen ist. Und gleichzeitig –
und das ist die wesentliche Änderung seit dem vergangenen Jahr
– ein Heer, das im Rahmen des
Readiness Action Plans der NATO
gefordert wird. Wir nehmen dabei
an einer Vielzahl von Übungen teil.
Es gibt eigentlich keine Übung, an
der wir nicht beteiligt sind – in den
drei baltischen Staaten, in Polen,
aber auch in Ungarn. Der Auftrag
der Landes- und Bündnisverteidigung ist wieder deutlich mehr in
den Fokus gerückt.
Wie sehr fordert diese Umstellung das Heer? Ist die Truppe
ausreichend gut aufgestellt?
Wir wollen und können die
Auslandseinsätze weiter in
Bw Classix
Filmbeiträge aus sechs Jahrzehnten Bundeswehr: Das sind
die Bw Classix. Mal informativ, mal humorvoll berichten
sie über die damaligen politischen und gesellschaft­lichen
Verhältnisse.
In diesem Beitrag aus dem
Jahr 1992 geht es um die Panzerabwehr aus der Luft – mit
dem Panzerabwehrhubschrauber BO 105. Bei einer Übung
zeigen die Soldaten, die Herausforderungen.
Der Beitrag „Panzerabwehr aus der
Luft“ unter www.
youtube.com/bundeswehr.
bewährter Art und Weise leisten.
Zusätzlich haben wir eine neue
Herausforderung mit der Umsetzung der Bündnisverteidigung
zum Schutz unserer Nachbarn
im Osten, insbesondere der drei
baltischen Staaten und Polen.
Dort werden der Truppe ganz
andere Qualitäten abverlangt.
Zur Einordnung: Wir haben zurzeit rund 600 Heeressoldaten in
Auslandseinsätzen. Gleichzeitig
beteiligen sich in diesem Jahr etwa
4500 Heeressoldaten an Übungen
in den baltischen Staaten, in Polen
und der großen NATO-Übung
„Trident Juncture“. Zusammengefasst: Wir müssen beides können. Deshalb legen wir jetzt den
Schwerpunkt bei der Ausbildung
wieder ganz klar auf die klassischen Operationsarten: Verteidigung, Verzögerung, Angriff. Bei
der Stabilisierung wollen wir
unser Können erhalten.
Reicht die Ausstattung, um den
neuen sicherheitspolitischen
Herausforderungen gerecht zu
werden?
Vor einiger Zeit haben wir
noch von einer Vorwarnzeit von
mehreren Jahren gesprochen. Vor
diesem Hintergrund, verbunden
mit dem finanziell vorgegebenen
Rahmen, wurde die Truppe nicht
mehr voll mit Material ausgestattet, sondern im Schnitt nur noch
etwa zu 70 Prozent. Das ist jetzt
Im Gespräch: Generalleutnant Vollmer im Interview mit aktuell in der vergangenen Woche.
anders. Nach der Veränderung
der sicherheitspolitischen Lage
besteht die Herausforderung nun
darin, die Truppe zusätzlich mit
den fehlenden 30 Prozent des
strukturell unterlegten Materials auszustatten, um reaktionsschnell und flexibel reagieren zu
können. Es wird einige Zeit dauern, bis dieses Ziel erreicht sein
wird, so dass wir damit unseren
Auftrag vollumfänglich erfüllen
können. Grundsätzlich gilt, dass
wir mit zwei gepanzerten Divisionen mit jeweils drei Brigaden
und den besonderen Fähigkeiten
der Division „Schnelle Kräfte“
im Heer für die Zukunft gut aufgestellt sind.
Und die NATO-Partner? Zeigen
sie Verständnis, oder wünschen
sie sich mehr Tempo vom deutschen Heer?
Unser Tempo ist beeindruckend gut. Man muss sich das
mal vor Augen führen: Im September letzten Jahres wurde entschieden, dass das multinatio-
nale Korps Nordost in Stettin mit
dem High Readiness Status eine
völlig neue Aufgabe bekommt.
Innerhalb weniger Monate haben
dann die drei Rahmennationen
Polen, Dänemark und Deutschland über eine neue Struktur dieses Korps-Hauptquartiers entschieden. Kurz darauf einigten
sich alle auch darüber hinaus
beteiligten Nationen bereits in
den Details, wie Personal und
Finanzierung. Und nach nur neun
Monaten sind die Soldaten in der
neuen Struktur vor Ort. Das ist
ein atemberaubendes Tempo.
Auch bei der Übungspräsenz bei
unseren östlichen Bündnispartnern haben wir einen Schnellstart
hingelegt. Ich habe das Jägerbataillon 292 und einige andere
Truppenteile während ihres zum
Teil viermonatigen Aufenthaltes in Litauen besucht und kann
nur sagen: Tolle Truppe! Für die
Soldaten war vieles neu, aber sie
haben sich den Herausforderungen ohne Vorbehalte gestellt, sie
mit einer professionellen Selbst-
verständlichkeit angenommen
und hervorragend gelöst.
Es gibt also viel zu tun. Allerdings werden auch Soldaten
ab kommendem Jahr aufgrund
der EU-Arbeitszeitrichtlinie
sich streng an feste Zeiten halten müssen. Was kommt da auf
das Heer zu?
Mit dieser Regelung wird die
Arbeitszeit zu einer Ressource,
mit der man noch verantwortungsvoller und sorgsamer umgehen muss. Das ist eine neue Qualität, auch für die Attraktivität des
Dienstes, die für uns eine verbindliche Vorgabe ist. Darauf
müssen wir uns einstellen und
alle Vorgesetzten sensibilisieren.
Die Fragen stellte Vivien-Marie Bettex
Das vollständige Interview auf www.bundeswehr.de.
Luftwaffe beim Air Policing Baltikum
Vier deutsche „Eurofighter“ sichern erneut baltischen Luftraum vom estnischen Ämari aus.
Ämari. Die „Eurofighter“ der
Luftwaffe sind im Baltikum wieder in Bereitschaft. Seit Ende
August sichern sie als deutscher
Beitrag zum verstärkten „NATOAir Policing Baltikum“ den
Luftraum über den Baltischen
Staaten gemeinsam mit Kräften
der ungarischen Luftwaffe.
Hintergrund: In den vergangenen Monaten drangen russische
Kampfflugzeuge mehrfach in den
Luftraum ein. Seit Ende August
gab es wieder neue Vorfälle.
Dabei verhinderten die „Eurofighter“-Piloten unter anderem das Eindringen eines russischen Militärflugzeugs vom
Typ „Flanker“.
Foto: Bundeswehr
Berlin. Seit wenigen Wochen
ist Generalleutnant Jörg Vollmer
Inspekteur des Deutschen Heeres.
Im Interview mit aktuell spricht
der 58-Jährige darüber, wie das
Heer vor allem in Hinblick auf
eine veränderte politische Situation in Osteuropa jetzt aufgestellt werden muss – und über die
EU-Arbeitszeitrichtlinie.
Foto: Neumann/RedBw
Der neue Inspekteur des Heeres,
Generalleutnant Jörg Vollmer, im Interview.
Einsatz im Baltikum: Die „Eurofighter“ sind rund um die Uhr bereit.
Der Kontingentführer des
Deutschen Einsatzkontingentes,
Oberstleutnant Kai Ohlemacher,
meldete der NATO die Einsatzbereitschaft der „Eurofighter“.
Vier Jets stehen rund um die Uhr
und mit sehr kurzer Reaktionszeit
für Schutz- und Sicherungsflüge
bereit. Hierfür haben die Techniker des Taktischen Luftwaffengeschwaders 31 „Boelcke“
und weitere Unterstützungskräfte
nach Ankunft der „Eurofighter“
im estnischen Ämari viel Arbeit
geleistet. Geführt wird der Einsatz vom Combined Air Operation Center (CAOC) UEDEM.
Dieser am Niederrhein beheimatete NATO-Luftverteidigungsgefechtsstand stellt das
Air Policing von Island bis zu
den Baltischen Staaten und von
Nord-Norwegen bis zu den Alpen
sicher. Die nationale Führung des
Einsatzes übernimmt das Zentrum Luftoperationen.
Bei einer ungeklärten Lage im
Luftraum über den Baltischen
Staaten werden die Jets durch
das CAOC UEDEM alarmiert
und klären die Situation. (eb)
7. September 2015
innere Führung / Militärgeschichte
aktuell
9
Eine diplomatische Meisterleistung
Am 12. September 1990 wird der Zwei-plus-Vier-Vertrag zur Wiedervereinigung in Moskau unterzeichnet.
Geschichte. Das Ende der deutschen Teilung rückt näher: Der
Zwei-plus-Vier-Vertrag macht
1990 den Weg zur Wiedervereinigung frei. Der künftige
gesamtdeutsche Staat garantiert
die Unverletzlichkeit der Grenzen, reduziert seine Streitkräfte,
bekennt sich zum Verzicht auf
Angriffskriege und Massenvernichtungswaffen. Die Vereinigten Staaten, Großbritannien und
Frankreich ziehen ihre Soldaten
aus Berlin ab, die Sowjetarmee
räumt ihren Sektor und ganz Ostdeutschland. Die Rechte der Alliierten in Berlin sowie ihre Verantwortung für ganz Deutschland
erlöschen.
auf ihre Rechte und Pflichten
in Bezug auf Deutschland. Die
Zwei-plus-Vier-Verhandlungen
laufen noch über den Tag der
Wiedervereinigung hinaus.
Nach harten Gesprächen unterzeichnen die Außenminister der
vier Mächte sowie Genscher und
de Maizière am 12. September
1990 in Moskau den „Vertrag
über die abschließende Regelung
in Bezug auf Deutschland“.
Sowjets erhalten
Milliarden für Abzug
Seit dem Fall der Berliner
Mauer Ende 1989 wird der
Wunsch nach Wiedervereinigung
immer lauter. Sie kann jedoch
laut dem Potsdamer Abkommen
von 1945 nur mit Zustimmung
der vier Siegermächte erfolgen.
In mehreren europäischen Staaten stößt die angestrebte Einheit
auf Unbehagen: Deutschland
könnte in Europa zu dominant
werden, so die Befürchtung.
Weitere heikle Themen sind
die Grenzen und die ehemaligen Besatzungsstreitkräfte. Der
sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow reformiert zu dieser Zeit Politik und
Planwirtschaft („Perestroika“)
gegen heftigen Widerstand und
öffnet die Gesellschaft („Glas-
Foto: dpa/pa
Mauerfall nährt
Hoffnung auf Einheit
Mauerfall ebnet Weg zur Wiedervereinigung: Im Jahre 1990 tragen „Mauerspechte“ in West-Berlin die
Oberfläche der Berliner Mauer Stück für Stück ab. Touristen kaufen die Steine später als Souvenir.
nost“). Um den Zusammenbruch
zu verhindern, braucht er Geld
und ist zu Kompromissen bereit.
An der ersten der vier Verhandlungsrunden zum Zwei-plusVier-Vertrag am 22. Juni 1990 in
Berlin nehmen Vertreter der vier
Siegermächte und beider deutscher Staaten teil. Ihnen sind diplomatische Aktivitäten vorausgegangen, an denen die erste frei
gewählte DDR-Regierung ihren
Anteil hat.
So macht Ministerpräsident
Lothar de Maizière bei seinem
Antrittsbesuch in Moskau deutlich, dass er kein Befehlsempfänger ist. Aber Gorbatschow besitzt
einen Faustpfand: weit über eine
halbe Million Soldaten, Zivilisten und Angehörige der Gruppe
der Sowjetischen Streitkräfte in
Deutschland (GSSD). Er weiß,
die Vereinigung ist wohl nicht
zu verhindern. Sein Sturz könnte
jedoch Reaktionäre ans Ruder
bringen, für die weder Wiedervereinigung noch Truppenabzug in Frage kommen. Im Juli
gelingt bei einem Treffen im
Kaukasus der Durchbruch: Der
Sowjetführer sagt Bundeskanzler
Helmut Kohl zu, die Souveränität eines geeinten Deutschlands
anzuerkennen. In Polen prägt
Furcht vor Gebietsansprüchen
die Politik. Anders als US-Präsident George Bush unterstützen
auch nicht alle Verbündeten die
deutschen Pläne. Frankreich und
Großbritannien haben Bedenken.
Aber letztendlich zeigt das Werben Kohls und Außenminister
Hans-Dietrich Genschers Erfolg.
Unterzeichnung
der Verträge
Die Regierungen in Bonn
und Ostberlin unterzeichnen am
31. August den Vertrag über die
Herstellung der Einheit Deutschlands. Am 1. Oktober verzichten
die Siegermächte in New York
Gehasst und verspottet
Vor 55 Jahren: Walter Ulbricht wird mächtigster Mann der Deutschen Demokratischen Republik.
Geschichte. Wie das Grundgesetz der Bundesrepublik sieht
auch die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) einen Präsidenten
als Staatsoberhaupt vor. Das, als
erster und einziger des Arbeiterund Bauernstaates, wird im Oktober 1949 Wilhelm Pieck. Doch
mächtigster Mann des Landes
ist bald Walter Ulbricht, Vertrauter von Josef Stalin und ab 1950
Generalsekretär des Zentralkomitees (ZK) der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).
Ulbricht ist bei Kriegsende
aus seinem Moskauer Exil nach
Deutschland zurückgekehrt. Die
sowjetische Besatzungsmacht
wünscht einen bürgerlich-demokratischen Staat. So wird 1949
das Amt des Präsidenten eingeführt. Ulbricht und die SED
wollen ein Kollektivorgan, doch
die Zeit dafür ist erst nach dem
Tod Piecks reif. Bis dahin säubert Ulbricht als Generalsekretär, später Sekretär, die Partei und
forciert den Aufbau des Sozialismus. Die DDR-Bevölkerung
hasst den sächselnden „Spitzbart“. Im Westen ist er eine Witzfigur.
Er muss zwar Stalin Rechenschaft ablegen, seine Position ist
jedoch unangefochten. Bis der
Diktator im März 1953 stirbt und
sein Nachfolger Nikita Chruschtschow mit dessen Erbe bricht.
Als treuer Gefolgsmann des Verstorbenen kommt Ulbricht in
Bedrängnis. Seine Gegner wollen die DDR entstalinisieren, sie
werfen ihm Personenkult vor und
drängen auf Reformen. Dass er
seine Macht behält, verdankt er
dem Volksaufstand vom Juni
1953. Bei Piecks Tod Anfang
September 1960 ist Ulbricht Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates und im Verteidigungsfall Oberbefehlshaber über
die Streitkräfte.
Auf seinem Wunsch beschließt
das Parlament der DDR, die
Volkskammer, am 12. September
1960 „zur weiteren Festigung und
Entwicklung der sozialistischen
Gesellschaftsordnung und zur
Wiedergeburt Deutschlands als
friedliebender, demokratischer
und einheitlicher Staat“ die Bildung des Staatsrates.
Er besteht aus dem Vorsitzenden, sechs Stellvertretern,
16 Mitgliedern und dem Sekretär
und wird für jeweils fünf Jahre
von der Volkskammer gewählt.
Vorsitzender und damit Staatsoberhaupt ist Ulbricht. Der
Staatsrat, mächtigstes Verfassungsorgan der DDR, verkün-
det Gesetze und schreibt Wahlen
aus. Ulbricht bleibt über seine
Entmachtung 1971 hinaus bis
zum Tod am 1. August 1973
Staatsoberhaupt. Dann übernimmt Erich Honecker als Parteichef dieses Amt. Honecker
muss erst während der politischen Wende 1989 alle Ämter
aufgeben. Das letzte ostdeutsche Staatsoberhaupt, Egon
Krenz, tritt schon nach wenigen Wochen wieder zurück.
Im März 1990 beschließt die
erste frei gewählte Volkskammer, den Staatsrat nicht mehr
zu besetzen. Die völkerrechtliche Vertretung der DDR übernimmt bis zu deren Ende die Präsidentin des Parlaments.
Autor: Oberstabsfeldwebel a. D.
Johann Fritsch.
Während des Abzugs der
GSSD befinden sich nur Bundeswehrverbände unter nationalem Kommando auf ehemaligem DDR-Gebiet. Die Stärke
der deutschen Streitkräfte sinkt
auf 370 000 Soldaten, einer
NATO-Zugehörigkeit steht
nichts entgegen. Ausländische
Streitkräfte dürfen nicht in Ostdeutschland stationiert werden.
Die Bundesrepublik muss sowjetische Ehrenmale dauerhaft
unterhalten.
Der Zwei-plus-Vier-Vertrag tritt am 15. März 1991 in
Kraft. Die Sowjets erhalten für
die Rückkehr der GSSD in der
Heimat Zahlungen von mehreren Milliarden D-Mark. Als im
August und September 1994 die
letzten alliierten Soldaten Berlin
verlassen, ist die Nachkriegszeit
endgültig vorbei.
Autor: Oberstabsfeldwebel a. D.
Johann Fritsch.
Korrektur
In der vergangenen Woche
(Ausgabe 34) berichtete aktuell über Carl Zuckmeyers „Der
Hauptmann von Köpenick“
(Seite 9). Dabei ist der Redaktion ein Fehler unterlaufen: Im
Text ist an zwei Stellen von
„Kaiser Friedrich Wilhelm“
die Rede. Gemeint war natürlich „Kaiser Wilhelm II“. Der
Fehler ist bei der Bearbeitung
des Textes durch die Redaktion entstanden.
Der Autor selbst, Kapitän zur
See a.D. Dr. Frank G
­ anseuer,
der für den Fehler nicht verantwortlich ist, machte die
Redaktion am Erscheinungstag darauf aufmerksam. Zu diesem Zeitpunkt war die Zeitung
schon gedruckt. Eine Korrektur
war der Redaktion nicht mehr
möglich. Die Redaktion der
aktuell bedauert den unterlaufenen Fehler.
sport
7. September 2015
Olympia
für Soldaten
Hockey-Männer sind
Vize-Europameister
Hockey. Bei der HockeyEuropameisterschaft hat das
deutsche Team um den Hauptgefreiten Niklas Wellen und den
Obergefreiten Constantin Staib
die Silbermedaille gewonnen.
Im Finale von London musste
sich die Mannschaft den Niederländern mit 1:6 geschlagen
geben. Es war das deutlichste
Endspielergebnis in der 45-jährigen EM-Geschichte. Laut Bundestrainer Markus Weise sei noch
viel Arbeit nötig, um bei den
Olympischen Spielen 2016 zu
den Favoriten zu gehören. Derzeit seien die Niederlande und
Weltmeister Australien noch ein
gutes Stück voraus.
(sr)
Foto: imago
Freimuth gewinnt
Zehnkampf-Bronze
Peking. Zum Abschluss der
Leichtathletik-WM in Peking hat
Hauptgefreiter Rico Freimuth die
Bronzemedaille im Zehnkampf
gewonnen. Der 27-Jährige landete mit der persönlichen Bestleistung von 8561 Punkten h­ inter
dem US-Amerikaner Ashton
Eaton und dem Kanadier Damian
Warner auf dem dritten Platz.
„Das ist einfach überwältigend.
Ich bin einfach nur stolz darauf,
dass ich endlich mal gezeigt
habe, was in mir steckt“, sagte
Freimuth nach dem Wettkampf.
Weltmeister Ashton Eaton stellte
mit 9045 Punkten den einzigen
Weltrekord der WM auf. (sr)
Judoka bestehen
Generalprobe
Judo. Bei der Weltmeisterschaft
im kasachischen Astana haben
sich die Judoka der Bundeswehr
in Olympiaform präsentiert. Bei
den Männern überzeugten die
Schwergewichte Hauptgefreiter Richard Frey mit Silber und
Obergefreiter Dimitri Peters mit
Bronze. Frey verpasste in seinem
Finalkampf gegen den Japaner
Ryunosuke Haga nur knapp die
erste Goldmedaille für Deutschland seit zwölf Jahren. Bei den
Frauen holten sich Stabsunteroffizier (FA) Miryam Roper, die
Hauptgefreiten Szaundra Diedrich und Martyna Trajdos sowie
Obergefreiter Jasmin Külbs
die Bronzemedaille im Mannschaftswettbewerb. Sie besiegten im kleinen Finale das Team
der Mongolei mit 3:2.
(sr)
Foto (Archiv): Bienert/RedBw (3)
aktuell
Bei den CISM World Games in Südkorea kämpfen
263 Soldaten der Bundeswehr um die Medaillen.
von Stefan Rentzsch
Mungyeong. Mehr als 8000
Sportler aus über 100 Ländern,
Wettkämpfe in 24 Sportarten
auf Topniveau und die Möglichkeit, neue Weltrekorde aufzustellen. Nein, die Rede ist nicht
von den Olympischen Spielen,
sondern von den Military World
Games 2015. Bei dem Großevent des CISM, dem w
­ eltweiten
Militärsportverband, kämpfen
vom 2. bis 11. Oktober S
­ oldaten
aus allen Kontinenten unter dem
Motto „Friendship together,
Peace forever“ im südkoreanischen Mungyeong um Medaillen und Ehre.
„Das sind quasi die Olympischen Spiele für Soldaten“,
sagt Oberstleutnant Wolfram
­Henkies. Der 42-Jährige ist der
Chef der deutschen CISM-Delegation. Als solcher ist er für
die 263 Soldaten der Bundeswehr,
die bei den World
Games teilnehmen
werden, zuständig. „Sowohl
Sportsoldaten, die ihren Sport
hauptberuflich
ausüben,
als auch Soldaten, die in den
Einheiten Dienst
leisten und ihren
Sport nebenher betreiben, werden die Bundeswehr vertreten“,
beschreibt Henkies die deutschen Teilnehmer. „Die World
Games sind für alle etwas Besonderes. Auch für diejenigen, für
die große Wettkämpfe zum Alltag gehören. Schließlich kann
man sich bei einigen Sportarten
bereits für die Olympiade 2016
in Rio qualifizieren“, hebt der
Stabsoffizier den Stellenwert der
World Games hervor.
onen im Vordergrund steht“, sagt
Henkies. Zudem setzt sich die
Bundeswehr keine Ziele und Vorgaben hinsichtlich der Medaillenausbeute. „Wie in den vergangenen Ausgaben möchten wir
aber auch bei den siebten World
Games unter die besten fünf bis
sechs Nationen kommen“, erklärt
Henkies.
Auch sonst erinnern die militärischen Weltspiele an ihr ziviles Vorbild, die Olympiade. Die
Sportler sind in drei Athletendörfern – in den zentral gelegenen
Städten Mungyeong und Goesan
sowie in Yeongcheon im Südosten – untergebracht. Ausgetragen
werden die Wettbewerbe an insgesamt neun Wettkampfstätten,
die sich jeweils in der Nähe
der Athletendörfer befinden.
Der Hauptaustragungsort
ist die KAFAC (Korean
Armed Forces Athletic
Corps) in Mungyeong,
die Sportschule des
südkoreanischen Militärs.
Die
Bedeutung der World
Games für die Soldaten
kann man am Beispiel
der Fallschirmspringer
verdeutlichen. „Für
uns als militärische Sportart sind
die World Games das
absolute Highlight“, sagt
Vielfalt des Sports
Auf dem Programm stehen
größtenteils olympische Disziplinen wie Leichtathletik, Fechten oder Ringen. Dazu kommen
auch militärisch geprägte Wettkämpfe, wie der militärische und
maritime Fünfkampf sowie der
Orientierungslauf. Auch für versehrte Soldaten wird es Wettbewerbe geben.
Preisgelder kann man bei
den World Games nicht
g e w i n nen. „So ist
gewährleistet, dass der
Sport und die
Verständigung der
Nati-
Hauptfeldwebel Sascha Lasotta,
Trainer der Fallschirmziel- und
formationsspringer. „Wir richten
unseren gesamten Trainingsplan
danach aus.“ Lasotta und sein
Team konnten bereits 2007 und
2011 den Titel in der Königsdisziplin, der Mannschaftswertung
gewinnen. Bei der WM 2014
holten die Fallschirmspringer
fünf von sechs Goldmedaillen.
In Südkorea gehören sie daher
auch zu den Favoriten. „Unser
Ziel ist es natürlich, den Titel
erneut zu verteidigen. Und ich
denke, da haben wir gute Chancen“, ist Lasotta zuversichtlich.
Fest für Südkorea
In Südkorea selbst herrscht
reges Interesse an den Militärspielen. „Dort ist das
eine große Nummer“,
sagt Henkies. „Fünf
Fernsehteams werden die Wettkämpfe
begleiten und übertragen. Außerdem gibt es einen
Livestream.“ Deshalb und auch,
weil der Eintritt zu
den Events kostenlos ist,
könne man sich auf gut
besuchte Wettkämpfe
freuen. Die Eröffungsfeier in Yeongcheon ist
jedenfalls schon fast
ausgebucht.
Erfolge in drei Etappen
Oberleutnant Johannes König ist IT-Spezialist – und eilt im Triathlon von Sieg zu Sieg.
Manching. Er widerlegt derzeit
auf eindrucksvolle Art und Weise
das Klischee vom unsportlichen
Nerd, der den ganzen Tag vor
dem Computer sitzt: Oberleutnant Johannes König. Der 28-jährige IT-Spezialist ist Systemingenieur für den Eurofighter beim
Systemzentrum 14 in Manching.
Und er ist erfolgreicher Triathlet.
Allein in diesem Jahr konnte
König bereits drei Erfolge einfahren. So wurde er im Frühsommer Deutscher Triathlon-Meister in seiner Altersklasse über
die olympische Distanz, also
1,5 Kilometer Schwimmen,
40 Kilometer Radfahren und
10 Kilometer Laufen. Zuvor hatte
er sich in Ingolstadt den Titel
des Deutschen Meisters auf der
Sprintstrecke gesichert, bei der
Foto: Bundeswehr
10
Kraft und Athletik: Oberleutnant
Johannes König kurz vorm Ziel.
alle Distanzen halbiert werden.
Zuletzt gewann er den deutschen
Militärmeistertitel in Warendorf.
König ist 2009 während seines Studiums an der Universität der Bundeswehr in München
durch einen Freund, der heute
ebenfalls erfolgreicher Triathlet
ist, auf den Sport gestoßen. Das
Triathlon-Team der Uni war dann
ein weiteres Sprungbrett. „Schon
bei den ersten Wettkämpfen war
ich immer gut dabei. Dann habe
ich das Training intensiviert“,
so König.
Einen Rückschlag erlitt er
2013, als er sich bei einem
Radunfall eine schwere Schulterverletzung zuzog. „Meine Frau
hat mich in der Zeit immer motiviert, weiterzumachen. Das war
wichtig“, ist König dankbar. Und
es schien zu helfen. „Die Folgesaison lief dann wieder richtig gut.“
Zum Training nutzt König die
Möglichkeit des Dienstsports.
„Ansonsten trainiere ich nach
Dienst und am Wochenende“,
sagt der Offizier, der auch gern
Zeit auf dem Segelboot oder bei
einer Bergwanderung mit seiner
Frau verbringt.
Der absolute Höhepunkt für
den Sportler sind die Military
World Games Anfang Oktober
in Südkorea. „Ich werde versuchen, unter die ersten 30 zu kommen“, setzt sich König als Ziel.
„Allerdings muss man erstmal
sehen, wie stark das Teilnehmerfeld ist. Es kann nämlich sein,
dass einige Olympiateilnehmer
dabei sind.“ Dann wird es laut
König schwierig. „Aber allein
dort teilnehmen zu können, ist
eine enorme Motivation.“ (sr)
7. September 2015
Soziales / Personal
aktuell
11
Ein Bär im Einsatz
Das Buch mit dem Bären begleitet Kinder über die Zeit des Auslandeinsatzes der Eltern und erleichtert die lange Trennung.
von Oliver Patzschke
Koblenz. Wenn ein Elternteil in
den Einsatz geht, haben Kinder
viele Fragen: Wie kommt Papa
nach Afghanistan? Wo schläft
Mama, wenn sie im Kosovo ist?
Gibt es dort auch einen Zahnarzt?
Die Neugier ist unerschöpflich,
gerade wenn ein Auslandseinsatz
Soldatenkinder von einem Elternteil trennt. „Karl, der Bärenreporter“ ist ein Kinderbuch, das speziell für Kinder, deren Eltern im
Einsatz sind, geschrieben wurde.
Nun erschien die 7. Auflage. Erstmals werden auch die Tätigkeiten von Soldatinnen beschrieben. Sieben neue kurze bebilderte
Geschichten wurden ergänzt und
runden somit das Kinderbuch ab.
Ulrike Beckmann-Zimmermann, Psychologin am Zentrum
Innere Führung in Koblenz, hatte
vor mehr als zehn Jahren die Idee
zu diesem Buch. Bekannte und
Freunde von ihr bedauerten, dass
ein mehrere Monate andauernder
Einsatz auf dem Balkan, in Afrika
oder in Afghanistan für Kinder
nur schwer vorstellbar sei. Kindern erscheint diese lange Abwesenheit als Lücke, weil sie nicht
wissen was Papa oder Mama
während dieser Zeit tut. Die Kinder können nun mit dem Buch an
dem Auslandseinsatz teilhaben.
„Wir erzählen die Geschichte von
Karl, die er erlebt, wenn er mit
Papa in den Einsatz geht: Alltagsgeschichten“, so die Psychologin.
Unsicherheiten und
Ängste abbauen
Zwar macht das Buch die
Trennung nicht kürzer, es kann
aber dabei helfen, Unsicherheiten und Ängste abzubauen. Karl,
der Bärenreporter, beschreibt in
kindgerechter Sprache und mit
Bildern die Reise und die besonderen Umstände eines Auslandseinsatzes. Seine Erlebnisse in
der für Kinder doch merkwürdigen Welt der Soldaten sendet er an Mama, Carolin und
Patrick und besonders an Mali,
den Zwillingsbären. Die oftmals
heiklen Themen Trennung und
Einsatz werden in kindgerechten Worten und Bildern vermittelt.
In einem Kalender können die
Kinder die Tage bis zur Rückkehr der Eltern abstreichen.
Ein Würfelspiel Feldlagerralley gehört auch
dazu. Dabei muss Karl
etliche Stationen besuchen und mancherlei Hindernisse überwinden. Die
Zeichnungen von Johnny
Podgorsky zeigen das
Leben in einem Feldlager. Er zeichnet zum
Beispiel Feldlazarett und Küche so,
dass genug Platz
für die kindliche
Vorstellungskraft
bleibt. Die Grafikerin Helga Krumscheid
setzte die Texte und Grafiken am Computer um und
brachte alles in Buchform. Ein
Soldat im Einsatz lobte das
Buch, indem er schmunzelnd beklagte: „Seitdem
unsere Tochter das Buch
gelesen hat, fragt sie am Telefon
zuerst nach Karl
und was er
denn
heute so erlebt hat. Erst dann
erkundigt sie sich nach mir.“
Vor dem Einsatz erhalten
alle Soldaten mit Kindern der
Bundeswehr ein Exemplar des
Buches.
Ein Exemplar vor
dem Einsatz
Bezogen werden kann das
40-seitige Heft
über die Familienbetreuungszentren.
Darüber
hinaus können sie in den
Verkaufsstellen der
LH Dienstbekleidungsgesellschaft mbH
(LHD) erworben werden. Der
Preis des
Buches
liegt bei
drei Euro.
Auf Spurensuche
Foto: Andrey Shmatov
Oberstabsgefreiter Christian Wölk reiste mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in die Ukraine.
Kiew. Oberstabsgefreiter
­Christian Wölk ging auf Spurensuche. Zusammen mit 13 weiteren deutschen und ukrainischen
Kameraden besuchte der 27-Jährige einen Soldatenfriedhof in
Kiew und unterstütze dort die
Instandsetzung der Anlage. Auf
dem Friedhof, auf dem schätzungsweise 1300 ehemalige
Wehrmachtssoldaten begraben
liegen, exhumierte Wölk auch
selbst die Gebeine dreier Gefallener, half bei deren Identifizie-
rung und Umbettung. „Als ich
von dem Vorhaben hörte, habe ich
mich sofort freiwillig gemeldet.
Ein Kamerad erzählte mir von seinen Erfahrungen und ich war neugierig, was mich erwarten würde“,
erklärt Wölk seine Motivation, an
der Reise teilzunehmen.
Für ihn war es der erste Aufenthalt in der Ukraine. „Wie in
einer anderen Welt“ habe er sich
gefühlt. „Das ukrainische Volk
ist sehr stolz. Das war beeindruckend zu sehen“, schildert Wölk
seine Eindrücke von der elftägigen Reise. Er traf auch ukrainische
Kameraden, arbeitete mit ihnen
zusammen und lernte so gemeinsam mit ihnen Land und Leute
des osteuropäischen Landes kennen. „Das hat uns zusammengeschweißt“, sagt er rückblickend.
Seinen eigenen Familiennamen hat er einige Male auf
den G
­ ranitstelen entdeckt, die
die Gräber der gefallenen deutschen Soldaten markieren. „Das
hat mich schon nachhaltig beeindruckt“, sagt er. Nach seiner
Rückkehr möchte er nun bald
mit seiner Großmutter sprechen,
um herauszufinden, ob einer seiner Vorfahren unter den rund
drei Millionen deutschen Wehrmachtssoldaten war, die an der
Ostfront während des Zweiten
Weltkriegs fielen.
Beim Panzerpionierbataillon
701 in Gera ist der Oberstabsgefreite im Personalwesen eingesetzt. Zuvor war er drei Jahre
lang als Paketzusteller tätig.
2011 schlug er dann die Mannschaftslaufbahn ein und verpflichtete sich für 15 Jahre. „Ich
bin ein echter Teamplayer und
arbeite einfach gern mit Menschen zusammen. Das gefällt mir
auch in meiner täglichen Arbeit
im Stab“, sagt Wölk, der Träger
des Ehrenkreuzes der Bundeswehr in Bronze ist.
(uje)
Wer sind Ihre Helden in der Wirklichkeit?
Das Wort „Helden“ ist hier wahrscheinlich schwer zu definieren.
Aber ich denke, all die Menschen, die anderen in Not helfen – ohne
dabei auf Ihre eigene Situation zu achten.
Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?
Das ist eine sehr gute Frage. Aber ich glaube, wenn man eine ruhige,
besonnene Ausstrahlung besitzt, gut mit Menschen umgehen kann
und ein gutes Verständnis für allgegenwärtige Dinge besitzt, ist das
Gabe genug.
Was können Sie überhaupt nicht leiden?
Rücksichtslose, egoistische Soldaten.
Welche Eigenschaften schätzen Sie an einem anderen Menschen
am meisten?
Ehrlichkeit, eine offene und direkte Persönlichkeit (nicht um den
heißen Brei herumreden), Teamplayer.
Welches Lied singen oder hören Sie gern?
Zurzeit höre ich gern „Master of Puppets“ von Metallica auf dem
Album „S&M“ mit Orchester.
Wie können Sie am besten entspannen?
Ich entspanne am besten bei lauter Rockmusik (Metallica, Slayer,
Heaven Shall Burn usw). Außerdem beim Radfahren oder beim Training im Verein. Da bekomme ich den Kopf am besten frei und bin
körperlich dazu noch gut ausgelastet.
Wozu können Sie nicht „Nein“ sagen?
Manchmal wünsche ich mir, dass ich öfters „Nein“ sagen könnte.
Ich denke meine Vorgesetzten auch.
Welche lebende Person bewundern Sie am meisten?
Da gibt es keine spezifische. Aber wahrscheinlich viele, die es
Wert wären hier genannt zu werden. Zum Beispiel die Menschen,
die andere unterstützen, ihnen helfen und in der Not mit ihnen ihr
letztes Hemd teilen würden.
12
aktuell
vermischtes
7. September 2015
Roman.
Die siebziger Jahre
in New
York bilden
den bestimmenden
Rahmen
von Rachel
Kushners
Roman
„Flammenwerfer“. In den großzügigen
Lofts der angesagten S
­ tadtviertel
Greenwich Village und SoHo
spielt sich das wilde Hippileben
der Hauptfigur Reno ab. Die Hobby-Motorradrennfahrerin bewegt
sich zwischen der Kunstszene
der nordamerikanischen Metropole und dem politischen Untergrund der Roten Brigaden in Italien. Kushners Roman fliegt im
rasanten Tempo durch das Nachkriegsjahrzehnt und reißt den
Leser dabei mit in einen Strudel
aus Kreativität, Revolution und
Liebe. Dass Reno mit dem Spross
einer italienischen Reifendynastie liiert ist, gibt der Geschichte
noch mehr Brisanz.
Ein kurzweiliges Buch, das
sich gut für die bevorstehenden
Herbstabende eignet und den
Leser gekonnt fesselt.(dibu/dok)
Kushner, Rachel: „Flammenwerfer“, 560 Seiten, Rowohlt,
ISBN: 978-3-4980-3419-1, 22,95
Euro.
015
35/2
Foto: VGA/IAA
Im Sog
eines Jahrzehnts
Fahrerlos in die Zukunft
Die 66. Internationale Automobilausstellung präsentiert wieder zahlreiche Weltneuheiten.
von Doreen Kinzel
Frankfurt am Main. Alle Jahre
wieder drängen im September
internationale Automobilhersteller und Autofans gleichermaßen
nach Frankfurt am Main.
Vom 17. bis 27. September
findet zum 66. Mal die Internationale Automobilausstellung
(IAA) statt, die zu den wichtigsten Mobilitätsmessen weltweit gehört. Rund 1000 Aussteller aus 40 Ländern präsentieren
ihre Innovationen, darunter zahlreiche Weltpremieren.
Das Mekka für
Autoliebhaber
Das diesjährige Motto der
Messe lautet „Mobilität verbindet“ – und richtet damit den
Fokus auf vernetztes und automatisiertes Fahren. Das zweite
große Thema ist die Elektromobilität. Auf einer Fläche von 30 000
Quadratmetern, das entspricht in
etwa der Größe von vier Fußballfeldern, bekommt der Besucher
viele Einblicke in die Zukunftsvisionen der Automobilbranche.
„Connected Car“, „Automated
Driving“, „E-Mobility“, Urban
Mobility“ und „Mobility Services“ – dahinter verbergen sich
beispielsweise das Automobil,
das per Knopfdruck dem Fahrer
das nächstgelegene Hotel empfiehlt, selbstständig bremst und
die Fahrspur wechselt oder eigenständig einparkt, das Elektrofahrzeug, das mit Strom gespeist
wird, oder das mondäne Vehikel, das künftig das Bild der Metropolen dieser Welt prägen soll.
Während das Elektroautomobil
bereits über 100 Jahre alt ist, sind
Trends wie das autonome Fahren
deutlich jünger. „Die Bundeswehr war im Bereich autonomes
Fahren ein weltweiter Pionier“,
sagt Klaus Bogenberger, der die
Professur für Verkehrstechnik
an der Bundeswehr-Universität
in München inne hat. Der Kastenwagen „VaMoRs“ (Versuchsfahrzeug für autonome Mobilität und Rechnersehen) gehörte
1987 zum Forschungsprojekt an
der Bundeswehruniversität in
München.
Off-Road mit dem
Geländewagen
Auf dem 12 000 Quadratmeter
großen Outdoor-Parcours dürfen
sich die Besucher bei Probefahrten von den mobilen Neuerungen
selbst überzeugen. Acht Automobil-Hersteller bieten zudem eine
kostenlose Probefahrt im öffentlichen Straßenverkehr der Mainmetropole an. Die Spritztour soll
rund 25 Minuten dauern.
Ein echter „IAA-Klassiker“
und alljährlich gut besucht, ist der
Off-Road-Parcours. Dort können Interessierte als Beifahrer
hautnah miterleben, wie moderne
Geländewagen von professionellen Fahrern über Buckel- und
Schlaglochpisten manövriert
werden und extreme Schräglagen, Kiesstrecken und Brücken
überwinden.
Die digitale Carrera-Rennbahn
lädt die Fans von Autorennen zu
rasanten Motorsport-Duellen ein.
Auch für die jüngsten Besucher bietet das IAA-Kinderkino
ein abwechslungsreiches Programm. Kinder zwischen drei
und 13 Jahren können auf dem
Freigelände selbst das Lenkrad
in die Hand nehmen und in der
Legoland-Fahrschule ihr Fahrtalent in kleinen Elektroautos
erproben. Wer das besonders
gut kann, bekommt sogar einen
„Führerschein“.
Alle
Informatio-
nen zur IAA finden
Sie im Internet unter:
www.iaa.de
SUDOKU
Vi
el G
Senden Sie die vier Lösungszahlen,
lück
die sich aus den farbigen Feldern
!
ergeben, per E-Mail mit dem Betreff
“Sudoku 35/2015” und Ihrer Postanschrift an:
aktuell@bundeswehr.org
Einsendeschluss:
Sonntag dieser Woche
Der Gewinn:
Ein mobiler Bluetooth-Lautsprecher Creative D100
Lösung der Ausgabe 33/2015:
1 6 2 5
Gewonnen hat:
Dietrich Rippe
Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen.
Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt.
Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.