Blanko mit Deckblatt
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Blanko mit Deckblatt
Fachbereich Bewegung und Sport Spielen – Emotionale und Kognitive Kompetenzen Ziele: Die Teilnehmenden... — — — — — erleben Spielformen aus verschiedenen Spielkategorien. erkennen durch Eigenarbeit und Verknüpfung von Praxis und Theorie die Bedeutung der Förderung der Kompetenzwahrnehmung, Selbstbestimmung und sozialen Einbindung zur Förderung der Lernmotivation und des Interessens. können die TGfU-Methode erklären und begründen. repetieren wichtige spieldidaktische Kenntnisse. lernen das Lehrmittel Top-Spiele für den Sportunterricht kennen und erhalten Einblick in weitere Lehrmittel, die sich für Leitende von J+S-Kids-Kursen eignen. Zeit Inhalt 5' Begrüssung o Vorstellung, informierender Unterrichtseinstieg o Einblick ins Lehrmittel Top-Spiele (3 Bände, Spielkategorien, Inhaltsverzeichnis, Theorieteil) 25' 15' Material Praxis-/Theorieteil: Emotionale (motivationale) Kompetenzen o Verschiedene Spiele erleben (vgl. Handout, S. 4) o Handout S. 2–4 lesen (mit Stift am Seitenrand Zustimmung bzw. Ablehnung notieren sowie Impulse für die Besprechung) o Besprechung o Umsetzungsmöglichkeiten an Leiterkursen 35' Praxis-/Theorieteil: Kognitive (taktische) Kompetenzen o Aufsetzerball spielen und Regeln weiterentwickeln o Taktisches Verständnis entwickeln (vgl. Handout, S. 5) o Besprechung der methodischen Überlegungen o Erklärung des Modells «Teaching Games for Understanding» (TGfU) (vgl. Handout S. 6 und 7) o Kompetenzen besprechen (vgl. Bankball) 10' Abschluss o Für mich ist wichtig geworden, dass ... o Zeigen und Kommentieren der Lehrmittel Basistests, Aufwärmen, Ball- und Bewegungskünstler Jugend und Sport Expertenkurs Kids Urs Müller, Jürg Baumberger Handout Basketbälle Spielbänder Murmeln 2 verschiedenfarbige Soft- oder Tennisbälle Memory-Karten 2 (Soft-) Handbälle Markierkegel Seite 1/7 Spielerlebnisse unter dem Aspekt der Motivation Aus pädagogischer und psychologischer Sicht gilt das Spiel als notwendiger Teil der kindlichen Entwicklung. Ihm werden bedeutsame Möglichkeiten der Erziehung und Sozialisation zugeschrieben. Spiele sind gelungen, wenn alle mitspielen, gern spielen, fair spielen und sich nach dem Spiel auf das nächste freuen. Spielname Spielmethodische Merkpunkte aus: Müller, U. & Baumberger, J. (2007). Top-Spiele für den Sportunterricht. Band 2. Horgen: bm-sportverlag.ch (siehe auch: Top-Spiele für den Sportunterricht. Band 2, S. 3–7). Namen-Balltausch (S. 13) Kennenlernspiel Soziale Einbindung: Einander wahrnehmen, aufeinander zugehen, sich einbezogen fühlen. Kompetenzwahrnehmung: Einfache Aufgabenstellung mit dem Ball. Sandwichball (S. 41) Partnerspiel Selbstbestimmung: Durch die problemorientierte und kooperative Aufgabenstellung entstehen Handlungsspielräume. Kompetenzwahrnehmung: Ausreichend Zeit, die Aufgabe zu lösen. Soziale Einbindung: Die Teilnehmenden entscheiden, ob aus der Form «Miteinander» ein Wettkampf «Gegeneinander» gestaltet wird. Murmelspiel (S. 17) Fangspiel Fangen evtl. im Gehen beginnen Mit wenigen Fängern starten Fängerwechsel beachten Koordinative Fähigkeiten entwickeln Selbstbestimmung: Wer Lust hat zu fangen, meldet sich. Kompetenzwahrnehmung: Die Aufgabe muss für die Fangenden lösbar sein. Soziale Einbindung: Wer frei ist, hilft sich gegenseitig durch Murmeltausch. Diamantenfieber (S. 35) Laufspiel Kompetenzwahrnehmung: Alle laufen in ihrem Tempo, schwächere Läufer fallen nicht auf. Gleichzeitiger Abwurf (S. 80) Pausenplatz- und Rasenspiel (Gruppenspiel) Vom Ausprobieren zum Wetteifern Eindeutige Wertungen sind wichtig Soziale Einbindung: Jedes Team benötigt alle Teammitglieder, um die Aufgabe zu lösen. Alle dürfen den Ball abwerfen. Kapitän (S. 100) Wahrnehmungsspiel Auf taktile, akustische und optische Reize reagieren Gegenseitige Rücksichtnahme üben Vertrauen aufbauen Soziale Einbindung: Alle Gruppenmitglieder leisten einen Beitrag zur Bewältigung der Aufgabe. Kompetenzwahrnehmung: Positive Ergebnisse werden gewürdigt. Zusammenarbeit fördern Mitbestimmung ermöglichen Mit- und gegeneinander spielen Wettkämpfe nach dem Prinzip der echten Gruppenleistung durchführen Konditionelle Fähigkeiten entwickeln Spiele variieren Wettkämpfe nach dem Prinzip des Zufalls durchführen Jugend und Sport Expertenkurs Kids Bezug zur Förderung der Lernmotivation und des Interessens Kompetenzwahrnehmung Selbstbestimmung Soziale Einbindung Urs Müller, Jürg Baumberger Seite 2/7 Förderung der Lernmotivation und des Interessens Wie kann das Interesse von Kindern und Jugendlichen nicht nur geweckt, sondern auch relativ dauerhaft aufrechterhalten werden? Als zentrale Voraussetzungen für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Lernmotivation und fachlichen Interessen gelten die grundlegenden Bedürfnisse nach Kompetenz, Selbstbestimmung und sozialer Einbindung (vgl. Deci & Ryan, 1985, Schiefele & Streblow, 2006). Die Befriedigung der Bedürfnisse erhöht das Interesse an einem Fachgebiet. Durch positives Erleben und die Förderung der Kompetenzwahrnehmung, der Selbstbestimmung und der sozialen Einbindung wird die Lernmotivation gestärkt. Förderung der Kompetenzwahrnehmung Folgende Interventionen können dazu dienen, dass beim Lernen das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gestärkt wird (vgl. Schiefele & Streblow, 2006). Rückmeldungen und Bekräftigungen: Bereits kleinere Fortschritte sollten zurückgemeldet werden. Auch in schwierigen Situationen ist eine positive Haltung zum Können des Lerners sehr wichtig. Trotz anhaltendem Misserfolg, etwa bei der Lösung einer Aufgabe, kann auch mit Verweis auf frühere Erfolge eine Ermutigung erfolgen. Es ist sehr wichtig, die Leistung eines Kindes immer wieder zur Leistung des gleichen Kindes zu einem früheren Zeitpunkt in Bezug zu bringen. Negative Rückmeldungen im Sinn von Tadel und Vorwürfen sind zu vermeiden. Den Lernstoff klar, strukturiert und anschaulich präsentieren: Interesse im Unterricht kann nur dann entwickelt werden, wenn Instruktionen einfach (d.h. sprachlich klar und knapp statt kompliziert und ausschweifend), anschaulich (d.h. vorzeigend und beispielhaft statt abstrakt) und strukturiert (d.h. der Sachlogik einer Aufgabe folgend) erteilt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass fehlendes Verständnis die Erfahrung eigenen Könnens verhindert. Bei 5–10-Jährigen Kindern ist die Vermittlung des Lernstoffes eine Herausforderung, die immer wieder Geduld, Einfühlungsvermögen und ein progressives Vorgehen in kleinen Schritten erfordert. Hingegen soll klar gesagt werden, was verlangt wird. Soziale Unterstützung bei angemessenen Aufgaben: Um Interesse zu fördern, sollten Schülerinnen und Schüler bei der Lösung von Aufgaben in dem Masse unterstützt werden, wie es angesichts ihres Kenntnisund Könnensstandes erforderlich ist, um einen Lernerfolg zu erreichen. Dazu gehört zunächst, dass die Schwierigkeit der Aufgabe dem Könnensstand angepasst ist. Dies ist eine grosse Herausforderung, wenn die Leistungsunterschiede innerhalb der Lerngruppe sehr gross sind. Bei herausfordernden Bewegungsaufgaben empfiehlt es sich, stets erleichternde und erschwerende Variationsformen vorzusehen und als Lehrperson zu beachten, dass weniger oft mehr ist. Offene Lernaufgaben mit verschiedenen Lösungsmöglichkeiten (z.B. «prellt den Ball auf möglichst ausgefallene Arten fortgesetzt von einer Hallenwand zur andern») sind für die Lernenden sehr attraktiv, weil sie Kreativität und Fantasie fördern und Selbstbestimmung ermöglichen. Entstandene Ideen können aufgegriffen und mit allen Beteiligten versucht werden. Überreglementiertes Verhalten (z.B. ständige Anweisungen und Korrekturen) ist zu vermeiden, da Fremdkontrolle mit einem Verlust des Interessens an einer Lerntätigkeit verbunden ist. Förderung der Selbstbestimmung Nach Deci & Ryan (1985) können Motivation und Interesse nur dann entwickelt werden, wenn Schülerinnen und Schüler ein Mindestmass an Selbstbestimmung beim Lernen erleben. Dies kann gefördert werden, indem den Lernenden Handlungsspielräume und Wahlfreiheiten eröffnet werden. Dafür sind zum Beispiel die folgenden Vorgehensweisen geeignet (vgl. Schiefele & Streblow, 2006): Mitbestimmung ermöglichen: Die Lernenden werden an der Auswahl des Lernstoffes beteiligt. Zu Beginn einer Unterrichtsphase oder im Anschluss an einen Praxisteil besprechen Lehrperson und Schülerinnen und Schüler, welche Themen sie bearbeiten oder wie sie fortfahren wollen. Jugend und Sport Expertenkurs Kids Urs Müller, Jürg Baumberger Seite 3/7 Handlungsspielräume vergrössern: Durch den Einsatz bestimmter Lehrmethoden (z.B. entdeckendes Lernen, problemorientiertes Lernen, kooperatives Lernen, projektartiges Lernen) können Selbststeuerung gefördert und Handlungsspielräume vergrössert werden. Selbststeuerung ermöglichen: Den Lernenden sollten Techniken vermittelt werden, damit diese selbst ihre eigenen Lernfortschritte dokumentieren und registrieren können (z.B. Führung eines Sporthefts). Ankoppelung an übergeordneten Zielen: Uninteressant erscheinende, aber notwendige Teile des Lernstoffes (z.B. Körperübungen) erscheinen dann weniger als Zwang, wenn sie mit persönlich bedeutungsvollen und lebenspraktisch relevanten Oberzielen (Verletzungsprophylaxe) verknüpft werden. Förderung der sozialen Einbindung Eine weitere Möglichkeit, Motivation und Interesse zu fördern besteht darin, das Gefühl sozialer Bezogenheit mit andern zu erhöhen (Deci & Ryan, 1985). Dazu sind u.a. die folgenden Massnahmen geeignet: Teamarbeit: Schülerinnen und Schüler bearbeiten in Kleingruppen gemeinsam bestimmte Aufgaben, die ihnen bedeutungsvoll erscheinen und die sie möglicherweise frei gewählt haben. Die gemeinsame Arbeit sollte dabei einen intensiven sozialen Austausch zwischen den Mitgliedern des Teams erfordern. Zudem ist zu empfehlen, dass jedes Gruppenmitglied die Verantwortung für eine Teilaufgabe übernimmt und diese mit den andern diskutiert. Partnerschaftliches Verhältnis zwischen Lehrperson und Lernenden: Lehrpersonen sollten zum Ausdruck bringen, dass sie an den Lernfortschritten ihrer Schülerinnen und Schüler tatsächlich interessiert sind. Dazu gehört, dass das Lernen selbst zum Thema des Unterrichts gemacht wird. Schülerinnen und Schüler werden in Gesprächen angeregt zu reflektieren, wie sie lernen, welche Strategien sie einsetzen, wie sie mit Schwierigkeiten fertig werden und wie sie sich beim Lernen motivieren. Förderung der persönlichen Bedeutsamkeit des Lerngegenstandes Während die bislang aufgeführten Interventionsbereiche der Befriedigung der drei postulierten Bedürfnisse zugeordnet sind, geht es bei den folgenden Massnahmen um eine direkte Erhöhung des subjektiven Werts von Lerngegenständen. Das Ziel des Lernens muss klar und persönlich bedeutungsvoll sein: Die lernende Person muss für sich klar erkennen können, warum sie etwas Bestimmtes lernen soll. Die Bedeutung des Lernstoffs muss nachvollziehbar sein, um ihn als subjektiv bedeutsam erleben zu können. Wer zum Beispiel bei der Spielauswertung realisiert, dass fast keine Tore fallen, erkennt die Notwendigkeit eines Wurf- oder Schusstrainings. Wer beim Spielen das freudige Aufgehen in der Aufgabe erlebt (Flow-Erlebnis), spielt gerne. Lehrende sollen ihr eigenes Interesse am Stoffgebiet zum Ausdruck bringen: Interesse kann sehr effektiv vermittelt werden, wenn die Lehrenden selbst Freude und Begeisterung für ihr Fach oder ein Thema zum Ausdruck bringen. Das kann geschehen, indem die Lehrperson erzählt, warum sie sich für ein bestimmtes Fachgebiet entschieden hat und was sie an einer bestimmten Aufgabe fasziniert. Den emotionalen Gehalt des Lernstoffes erhöhen: Angenehme Erlebnisse prägen und haben nachhaltige Auswirkungen (z.B. Lager, Spielturniere, Vorführungen). Den Lernstoff mit Interessen verbinden: Ein Stoffgebiet kann dadurch attraktiver werden, dass es mit bereits vorhandenen Interessen der Schülerinnen und Schüler in Verbindung gebracht wird. Für Abwechslung und Neuheit sorgen: Die Stoffvermittlung sollte abwechslungsreich sein. Dazu können beispielsweise die Variation der Sozialform (Klassen-, Gruppen, Partner, Einzelarbeit) und die geschickte Rhythmisierung des Unterrichtsgeschehens entscheidend beitragen. Literatur Deci, E., Ryan, R.M., 1985. Intrinsic Motivation and Self-Determination in Human Behavior. Plenum Press, New York. Heckhausen, J. & H. (2006). Motivation und Handeln. Heidelberg. Springer Medizin Verlag. Schiefele, U. & Streblow, L. (2006). Motivations- und Emotionsstrategien. In Mandel, H. & Friedrich, H. (Hrsg.), Handbuch Lernstrategien (S. 223–248). Göttingen: Hogrefe. Schüler, J. et al (2007). Eine milde Form der Besessenheit. Zeitschrift mobile 4/07 (S. 10–17). Jugend und Sport Expertenkurs Kids Urs Müller, Jürg Baumberger Seite 4/7 Ballspielen lernen unter dem Aspekt des taktischen Verständnisses Zentrale Frage: Was müssen Lehrpersonen wissen und können, um die Ballspielfähigkeit der Schülerinnen und Schüler entwickeln zu können? Ziel: Ballorientierte Spielfähigkeit in Teamspielen bis 4 gegen 4 (z.B. Bankball, Wandball, Linienball, Aufsetzerball usw.) Î vgl. Bro Basistests, Seite 45, vgl. Kompetenz qims.ch «Spielen auf kleinen Feldern», Testblatt «Bankball». Spielphase Spielmethodische Merkpunkte Spiel-/Übungsform (vgl. auch Lehrmittel Sporterziehung, Band 4, Broschüre 5, S. , 4, 8, 9) 1. Spielform (small sided game) Aufsetzerball mit Torhütern (Top-Spiele 3, S. 61 einfachere Variante Top-Spiele 2, S. 72) oder Königsball (S. 71) spielen (4 gegen 4 mit 1 Torwart, oder 5 gegen 5 mit 2 Torwarten oder 6 gegen 6 mit 3 Torwarten) Spiel mit wenigen Regeln beginnen (kein Körperkontakt, kein Dribbling, 1 Schritt mit Ball erlaubt). 2. Bewusstes Entwickeln taktischer Fähigkeiten Was sind die Stärken unseres Spiels? Was sind die Schwächen unseres Spiels? Was müssen wir tun, um noch erfolgreicher zu werden? Z.B. Was muss ich tun, um in Ballbesitz zu gelangen? Î Freilaufen verbessern durch Schnappball (Top-Spiele, S. 70) und/oder Linienball 3 gegen 3 mit weichem Frisbee und Handball (Bewegungsmuster für das Freilaufen herausarbeiten: In den freien Raum laufen, Täuschung mit Rhythmuswechsel, Anzeigen, dass man den Ball erwartet). Schnappball 2 gegen 1: Wie viele Pässe können in 30 Sekunden gespielt werden? (Erkenntnis: Es ist effektiver, den Ball empfangenden Spieler zu decken als den passenden (= Personendeckung). Z.B. 1 Person hält einen Reifen in die Luft und die beiden anderen passen hindurch. Z.B. Werkstattposten zur Entwicklung der Ballfertigkeit (vgl. Bro Ballkünstler). 3. Fertigkeitstraining Spielidee ganzheitlich erfassen. Spielen in kleinen Gruppen auf mehreren Feldern. Spielregeln durch die Spielenden anpassen und weiterentwickeln (game appreciation). Spielen in leistungshomogenen Gruppen (gleichstarke spielen gegeneinander), üben in leistungsheterogenen Gruppen (Sch. als Trainer). Die Funktion des Spiels (Spielidee) steht im Zentrum. Daraus werden die zur deren Bewältigung nötigen Strukturen (Technik) entwickelt. Spielprobleme erkennen und zum Thema machen (= Taktikorientierung, vgl. «Teaching Games for Understanding», www.tgfu.org, Handout S. 6). usw. Jugend und Sport Expertenkurs Kids Urs Müller, Jürg Baumberger Seite 5/7 Teaching Games for Understanding (Griffin, L. & Butler, J. 2005) Taktisches Bewusstsein, Lösen von Problemen und Fällen von Entscheidungen sind wichtige Aspekte des Spielens. Schülerinnen und Schüler müssen lernen, sich im Spiel taktisch geschickt zu verhalten, unabhängig davon, ob sie den Ball haben oder nicht. Das Modell des «Teaching Games for Understanding» (TGfU, www.TGfU.org, dt. «Taktik-Spiel-Modell», Fisette 2006) zeigt Lehrpersonen, wie sie bei den Schülerinnen und Schülern das Spielverständnis und die Spielqualität über die Spieltaktik entwickeln können. Schülerinnen und Schüler wollen spielen, weil sie ein Spiel interessanter finden als isolierte Technikschulung. Eine Spielsituation ermöglicht den Spielenden, taktisch zu denken, Entscheidungen zu fällen und gemeinsam mit andern innerhalb gruppendynamischer Prozesse Probleme zu lösen. Durch die Spielerfahrung erkennen die Schülerinnen und Schüler, was sie üben müssen, um das Spiel zu verbessern. TGfU baut auf einem konstruktivistischen Lernansatz auf. Anstatt dass die Lehrperson Informationen vermittelt, bietet sie Spielsituationen bzw. taktische Probleme an und stellt Fragen. Die Spielenden werden herausgefordert und in den Lern- und Entscheidungsprozess einbezogen. Sie werden verantwortlich für ihr eigenes Lernen, während die Lehrperson die Rahmenbedingungen bereitstellt. Befürworter argumentieren, dass die Spielenden ein viel grösseres Engagement entwickeln, wenn sie Verantwortung für ihr Lernen übernehmen und die Wichtigkeit von Lernaufgeben erkennen. TGfU legt Wert darauf, dass taktisches Verständnis (Funktion) vor Techniktraining (Form) entwickelt werden soll. Nicht «skilfulness», sondern das bewusste Verständnis und die Fähigkeit, taktische Probleme zu erkennen und sie adäquat zu lösen, sind für den Spielanfänger entscheidend: «Game appreciation and the development of tactical awareness should precede development of the motor skills of a game: Ideas related to ‚what to do’ should precede ‚how to do it’» (Griffin & Butler 2005). 1. Spielform (small sided games) Spiel in Gang bringen 3. Fertigkeitstraining (How to do it?) Welche Techniken müssen entwickelt werden? 2. Bewusstes Entwickeln taktischer Fähigkeiten (What to do?) Fragen und Impulse der Lehrperson Abb. 1: TGfU-Modell (Griffin & Butler 2005) Taktikorientierte Lehrwege (vgl. Abb. 1) starten mit einer Spielform, die dem Leistungsniveau der Teilnehmenden angepasst ist. Dabei geht es für die Lernenden darum, herauszufinden, wie das Spiel funktioniert und welche Regeln angewendet werden. Es ist zentral, dass die Lehrperson das Spiel in Gang bringt, indem sie mit wenigen Regeln beginnt und den Spielenden Zeit gibt, die Spielidee zu verstehen. Nach einer ersten Spielphase fragt sie nach: Sind die Regeln klar? Sind Regeländerungen nötig? Allenfalls nimmt die Lehrperson auch selber Regelanpassungen vor (1.). Wesentlich ist, dass die Spielerinnen und Spieler explizit aufgefordert werden, taktisch zu denken und zu handeln. Die Lehrenden fördern dies durch zielgerichtete, sogenannte «kritische Fragen», die beim Spielenden das Spielverständnis wecken und zur Einsicht verhelfen sollen, dass ein Fertigkeitstraining seine Spielleistung verbessern würde: Was ist das Ziel des Spiels? Was musst du tun, um in Ballbesitz zu gelangen? Was muss geschehen, dass alle ins Spiel miteinbezogen werden (z.B. Spiel ohne Dribbling)? Was ist die Stärke unseres bzw. des gegnerischen Teams? Was ist die Schwäche unseres bzw. des gegnerischen Teams? Was können wir tun, um noch erfolgreicher zu werden? Jugend und Sport Expertenkurs Kids Urs Müller, Jürg Baumberger Seite 6/7 Wie können wir das gegnerische Tor/Zielobjekt erreichen? Wann ist die gegnerische Abwehr am Verletzlichsten? Wie kann eine Überzahl konstruiert werden? Wie kann eine Überzahl ausgespielt werden (z.B. 2 gegen 1)? Durch die Bearbeitung der Fragen und Impulse kann beispielsweise erkannt werden, wie das Bewegungsmuster für das Freilaufen geht oder dass die Ballverluste durch ein Training «Zuspielen und Annehmen des Balles» reduzieren werden könnten (2.). Die Einsicht verhilft den Schülerinnen und Schülern, die Motivation für das Fertigkeitstraining aufzubringen (3.). Nach der Übungseinheit wird wieder die gleiche oder eine taktisch etwas komplexere Spielform präsentiert. Der Ertrag des Trainings führt dazu, dass das taktische Problem besser gelöst und die Spielqualität verbessert wird. Durch diese «game-practice-game»Sequenzen werden die Anfänger immer bessere Spielerinnen und Spieler. Sie werden allmählich befähigt, an schwierigeren Spielen (z.B. Sportspielen) teilzunehmen und diese attraktiv zu gestalten. Zusammengefasst gilt also: Nicht die Fertigkeiten stehen im Vordergrund («Skills should not be taught first»), sondern das taktische Verständnis «the understanding of the game». Beispiel für die ersten 3 Lektionen einer Unterrichtseinheit: 1. Lektion: Spielen, z.B. auf kleinen Feldern Einstimmen Spielerisches Bewegen. Je eine Übung zum • Koordinieren • Dehnen • Kräftigen Spielen Zielspiel spielen: Mit wenigen Regeln beginnen. Z.B. kein Dribbling, kein Körperkontakt Reflexion Sind die Regeln klar? Sind Regelerweiterungen nötig? Evtl. Regelanpassungen vornehmen. Spielen Zielspiel spielen 10’ 10’ 5’ 10’ Auswertung Z.B. Was macht Spass am Spiel? Was ist das Ziel des Spiels? Was musst du tun, um in Ballbesitz zu gelangen? Î z.B. Freilaufen entwickeln 5’ 2. Lektion: Taktische Fähigkeiten entwickeln Einstimmen Spielerisches Bewegen. Je eine Übung zum • Koordinieren • Dehnen • Kräftigen Aufbauen Taktische Fähigkeit entwickeln, z.B. das Verhalten beim Freilaufen, um in Ballbesitz zu gelangen. Spielen Zielspiel spielen: Beobachtungspunkte festlegen, d.h. ein Ziel für das Spiel geben, das Bezug zum Geübten nimmt. 10’ 15’ 15’ Auswertung Wie konnte das Freilaufen angewandt werden? Was müssen wir üben, damit das Freilaufen noch besser gelingt? Î Zuspielen und Fangen üben 5’ 3. Lektion: Technische Fertigkeiten üben Einstimmen Spielerisches Bewegen. Je eine Übung zum • Koordinieren • Dehnen • Kräftigen 10’ usw. Aufbauen Technische Fertigkeit üben, z.B. Zuspielen und Fangen. 15’ Spielen Zielspiel spielen: Beobachtungspunkte festlegen, d.h. Ziel für das Spiel geben, wie das Geübte umgesetzt werden kann. 15’ Auswertung Konnte das Freilaufen verbessert werden? Was müssen wir tun, um noch mehr Erfolg zu haben? Î usw. 5’ Literatur Fisette, J.L. (2006). Spielverständnis lehren durch das «Taktik-Spiel-Modell». Zs. Sportunterricht, 55, S. 267–272. Schorndorf: Hofmann. Griffin, L. & Butler, J. (2005). Teaching Games for Understanding. Human Kinetics. Jugend und Sport Expertenkurs Kids Urs Müller, Jürg Baumberger Seite 7/7