Lektion 1: Funktion, Anforderungen, Konstruktion, Technologie In

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Lektion 1: Funktion, Anforderungen, Konstruktion, Technologie In
Lektion 1: Funktion, Anforderungen, Konstruktion, Technologie
In den Hubkolbenmotoren verbindet das Pleuel den Kolben mit der Kurbelwelle. Das Pleuel
hat die Aufgabe, die auf den Kolben wirkenden Gas- und Massenkräfte auf den rotierenden
Hubzapfen der Kurbelwelle zu übertragen.
• Das Pleuel verbindet den Kolben mit der Kurbelwelle
• Über das Pleuel wird der oszillierende Bewegung des Kolbens in eine rotierende Bewegung der Kurbelwelle umgesetzt
• Das Pleuel überträgt die Kräfte vom Kolben auf die Kurbelwelle
Grundsätzlich gilt: Massenreduzierung und Optimierung der Gestaltfestigkeit sind ähnlich wie
beim Kolben untrennbar miteinander verbunden.
Aus dieser Aufgabe resultieren folgende Anforderungen:
•
•
•
Geringe Masse (Die Kolbenmasse verursacht im Motorbetrieb Massenkräfte!)
Ausreichende Gestaltfestigkeit:
Knicksicherheit des Pleuelschafts
Formsteifigkeit des Pleuelauges und des Pleuelkopfes damit die Tragfähigkeit
des hydrodynamischen Schmierfilms nicht beeinträchtigt wird
Dauerfeste Pleuelschraubenverbindung
Ausreichende Dimensionierung der Lagerstellen (Durchmesser, Lagerbreite) unter Berücksichtigung der Tragfähigkeit des Lagers
Beanspruchung des Pleuels
Im Motorbetrieb wirken auf das Pleuel Druckkräfte (Gaskraft), sowie Zug- und Querkräfte
(Massenkraft). Bezüglich Beanspruchung müssen die einzelnen Teile des Pleuels (Pleuelauge,
Pleuelschaft, Pleuelkopf) getrennt betrachtet und untersucht werden.
Für die kritische Beanspruchung des Pleuelkopfes und des kleinen Pleuelauges sind die Zugkräfte aus der Massenkraft verantwortlich. Vereinfacht angenommen können Pleuelkopf und
Pleuelauge als ringförmig geschlossene Strukturen betrachtet werden. Durch die Zugkräfte
entsteht eine Biegebeanspruchung und es kommt zu einer Ovalverformung.
Die für die Belastung relevante Zugkräfte sind aber bei Pleuelauge und Pleuelkopf unterschiedlich groß.
Pleuelauge:
Pleuelkopf:
Massenkraft des Kolbens ( FmK )
Massenkraft des Kolbens und der Oszillierende Massenkraftanteil
vom Pleuel ( FmPl K ), abzüglich der des Pleuellagerdeckels
Bild 4.1 Deformation infolge Massenkraftbelastung des Pleuelkopfes
und des kleinen Pleuelauges
Pleuelschaft
Das Pleuelschaft unterliegt in erster Linie einer Zug-Druck-Wechselbeanspruchung. Die
Druckbeanspruchung ergibt sich aus der Gaskraft, Zugbeanspruchung aus der Massenkraft.
Bei der Auslegung muss das Pleuelschaft in den meisten Fällen nur auf ausreichende Knicksicherheit geprüft werden (Druckbelastung).
Bild 4.2 Deformation infolge Druckbelastung des Pleuelschaftes durch die Gaskräfte
Bei Motoren mit hohen Betriebsdrehzahlen muss allerdings die Biegebelastung des Pleuelschafts durch die eigenen Massenkräfte infolge Quer-Beschleunigung berücksichtigt werden.
Die Querbeschleunigung tritt periodisch mit wechselndem Vorzeichen auf. Neben der Biegebelastung können die entstehenden Massenkräfte auch Biegeschwingungen generieren.
Bild 4.3 Biegebelastung des Pleuelschafts durch Massenkräfte
infolge Querbeschleunigung
Gestaltung des Pleuels
Das Pleuelauge und das Pleuelkopf (auch großes Pleuelauge genannt) werden mit das Pleuelschaft verbunden. Über das Pleuelauge wird die Verbindung zum Kolben mittels Kolbenbolzen hergestellt. Zur Lagerung des Kolbenbolzens dient die Pleuelbuchse, die in das kleine
Auge eingepresst wird. Alternativ kann die Lagerung in den Kolben verlegt werden. In diesem Fall wird der Kolbenbolzen in das Pleuelauge eingeschrumpft.
Das Pleuelkopf ist in der Regel geteilt, damit eine Montage auf der Kurbelwelle möglich ist.
Das Pleueldeckel wird in der Teilebene fixiert. Eine Schraubenverbindung sorgt für eine feste
Verbindung des Pleuelkopfes.
Bild X.4 zeigt den Aufbau einer kompletten Pleuelverbindung und die Bezeichnungen der
wichtigsten Teilmodule
Bild 4.4 Aufbau eines geteilten Pleuels
Die Festlegung der Pleuellänge ist eine Kompromissfrage. Kurze Pleuel haben zwar eine kleinere Masse, allerdings verhältnismäßig größere Massenkräfte zweiter Ordnung. Trotz der
Bestrebung nach kurzen Pleuelstangen muss der Freigang der Gegengewichte an der Kurbelwelle noch gewährleistet werden.
Der Schaft wird meist mit in Schwingrichtung biegefestem I-Querschnitt ausgeführt. Er kann
mit konstanter Breite (A) oder zum kleinen Auge hin leicht verjüngt (B) ausgeführt werden.
Bild 4.5 Pleuelschaft - Möglichkeiten für Formgebung
Die Übergänge vom Schaft zum Pleuelauge und Pleuelkopf sind mit großen Radien zu versehen, damit große Spannungsspitzen vermieden werden.
Die Breite des Pleuelauges muss entsprechend der Auftretenden Belastung ausgelegt werden.
Vermehrt werden auch sogenannte Trapezpleuel mit schrägen Seitenflächen eingesetzt. Der
Trapezpleuel hat zwei Vorteile. Erstens kann damit das Pleuelgewicht – und damit die oszillierende Massenkraft- gesenkt werden. Andererseits bieten Trapezpleuel-Konstruktionen die
Möglichkeit, den Kolbenboden und den Übergang Kolbenboden-Kolbennabe bezüglich Festigkeit und Krafteinteilung günstiger zu gestalten.
Bild 4.6 Trapezpleuel
Das Pleuelkopf wird nach Möglichkeit gerade geteilt. Diese Art der Teilung bringt einfache
Beanspruchungsverhältnisse mit sich. Schräge Teilung kann nötig sein, um auch bei großen
Kurbelzapfendurchmessern den Ein- und Ausbau des Pleuels nach oben zu ermöglichen.
Nachteil des schräg geteilten Pleuels ist, dass die Sacklochbohrung für die Pleuelschraube im
Bereich der höchsten Belastung ausläuft und in der Trennfläche eine hohe Querkraft aufgenommen werden muss.
Bild 4.7 Schräg geteiltes Pleuel
Die Schrauben sind möglichst nahe am Lager anzubringen. Es können sowohl Durchgangschrauben als auch Kopfschrauben verwendet werden.
Die Deckel müssen bei der Montage genau fixiert werden.
Bild 4.8 Möglichkeiten zur Aufnahme von Querkräften
Die Lagefixierung der durch die Schrauben verbundenen Pleueldeckel erfolgt bei gerade geteilten Pleuelköpfen durch Passhülsen, Passstifte oder durch einen Fixierbund am Schraubenschaft gewährleistet werden.
Beim schräg geteilten Pleuelkopf und Kopfschrauben werden die Querkräfte in der Trennfuge
durch spezielle Verzahnung aufgenommen. Bei den modernen Bruchtrennpleueln gewährleistet die Bruchfläche die nötige formschlüssige Verbindung, durch die Verschiebung durch
die Querkräfte verhindert werden kann.
Herstellung von Pleueln
Die Herstellung des Pleuel-Rohteils kann auf verschieden Arten erfolgen:
 Gesenkschmieden
 Gießen (Stahl- und Temperguss)
 Sintern
Gesenkschmieden
Werkstoffe: mikrolegierte Stähle
Ausgangsmaterial für die Rohteilherstellung ist Stabstahl in Rund- oder Quadratquerschnitt,
der auf eine Temperatur zwischen 1250 oC und 1300oC erwärmt wird. In einem Reckwalzprozess wird zunächst eine Vorverteilung der Massen zum großen und kleinen Pleuelauge hin
durchgeführt.
Die Hauptumformung erfolgt in einer Presse oder einem Hammeraggregat. Das überschüssige
Material fließt in einen Grat, der in der nachfolgenden Operation entfernt wird. Gleichzeitig
mit dem Abgraten wird das große Auge und bei NKW-Pleuel das kleine Auge gelocht.
Zur Einstellung der erforderlichen Gefügeeigenschaften werden je nach Stahllegierung die
Pleuels im kontrollierten Luftstrom abgekühlt (BY = Best Yield Kühlung) oder es erfolgt eine
separate Wärmebehandlung.
Abschließend wird der Zunder auf dem Rohteil durch Reinigungsstrahlen entfernt, wobei
Druckeigenspannungen von 300 MPa im oberflächennahen Bereich erzeugt werden.
In den meisten Fällen werden Pleuelstange und Pleueldeckel gemeinsam geschmiedet und
während der Bearbeitung getrennt. Je nach Pleuel und Anlagengröße werden Doppelstücke, d.
h. zwei Pleuels gleichzeitig im Gesenk geschmiedet, was zu einer höheren Produktivität führt.
Gießen
Gusswerkstoffe: Gußeisen mit Kugelgraphit oder Schwarzer Temperguss
Ausgangspunkt für die Rohteilherstellung ist ein Modell aus Kunststoff oder Metall bestehend
aus zwei Hälften, welche zusammengesetzt ein positives Abbild des Pleuels darstellen. Mit
diesem Modell kann die Sandform hergestellt werden.. Die Sandformen stellen je ein negatives Abbild der entsprechenden Modellformen, in denen ein Hohlraum in Gestalt der herzustellenden Pleuels vorliegt. Dieser wird mit flüssigem Gusseisen gefüllt, das im Kupol- oder
Elektroofen mit Stahlschrott als Einsatz erschmolzen wird. Das Metall erstarrt nach dem Gießen langsam in der Form.
Sintern
Werkstoff: Pulvermetall Werkstoffe: „Sint F30“ oder und Sint „F31“. Sie erreichen eine
Zugfestigkeit bis 900 MPa.
Der Herstellprozess beginnt mit dem servo-hydraulischem Pressen des fertiglegierten Pulvers
zu einem Grünling. Das nachfolgende Wiegen stellt sicher, dass der Grünling eine enge Gewichtstoleranz von ± 0,5 % erfüllt. Der Sinterprozess findet in einem elektrisch beheizten
Durchlaufofen statt, in dem die Teile bei etwa 1120 oC ca. 15 min verweilen. Im anschließenden Schmiedevorgang wird ausschließlich eine Höhenreduktion des Bauteils durchgeführt,
um die Dichte des Bauteils bis zur theoretischen Grenze zu erhöhen. Abschließend wird durch
Kugelstrahlen ein Druckeigenspannungszustand in der Oberfläche eingestellt.
Bild 4.9 Herstellungsverfahren für sintergeschmiedete Pleuel
Bruchgetrennte Pleuel
Als Cracken bezeichnet man das Bruchtrennen von Pleuelstange und Deckel. Voraussetzung
dafür ist der zum Verfahren geeigneter Werkstoff mit einem besonders grobkörnigen Gefüge.
Um keine bleibende Deformationen beim Kracken zu bekommen, sollte sollte das Verhältnis
Zugfestigkeit und Streckgrenze etwa 2:1 sein.
Die wichtigsten Schritte bei der Bearbeitung:
 Schleifen der Stirnflächen von großem und kleinem Auge
 Vorspindeln (großes und kleines Auge)
 Bohren und Gewindeschneiden der Schraubenlöcher
 Cracken
Bild 4.10 Verfahren für Pleuel Bruchtrennen
 Verschrauben von Deckel und Stange und
(wenn nötig) Einsetzen der Buchse




Fertigschleifen der Stirnflächen, Trapez des kleinen Auge fräsen
Bohren des kleinen Auges
Spindeln des großen Auges, optional Honen
Einstellen des Sollgewichtes durch Abfräsen der Nocken
Bild 4.11 Nocken für die Einstellung des Pleuelgewichtes
Zur Einstellung des Sollgewichtes für das fertig bearbeitete Pleuel können am kleinen
und/oder großen Auge des Rohteils Nocken vorgesehen werden, die während der mechanischen Bearbeitung so weit abgefräst werden, dass das Sollgewicht exakt erreicht wird.