Programmheft - Badisches Staatstheater Karlsruhe

Transcription

Programmheft - Badisches Staatstheater Karlsruhe
FAN-
TASIO
FANTASIO
Opéra-comique in drei Akten von Jacques Offenbach
Libretto von Paul de Musset, Camille du Locle, Charles Nuitter und vermutlich
Alexandre Dumas fils. Deutsch von Carsten Golbeck
Szenische Uraufführung der Kritischen Edition von Jean-Christophe Keck
In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
Fantasio, Student Der König von Bayern Prinzessin Theres, seine Tochter Flamel, Hofdame Rütten, Haushofmeister Prinz von Mantua Marinoni, sein Adjutant Spark, Student Facio, Student Max, Student Hartmann, Student Leichenträger / Passant Trachtengruppe DILARA BAŞTAR / STEFANIE SCHAEFER
RENATUS MESZAR / LUIZ MOLZ
JENNIFER RIEDEL a. G. / Ks. INA SCHLINGENSIEPEN
KRISTINA STANEK a. G. / KATHARINE TIER
PETER PICHLER a. G.
ARMIN KOLARCZYK / GABRIEL URRUTIA BENET
Ks. KLAUS SCHNEIDER / MATTHIAS WOHLBRECHT
LUCIA LUCAS / DENNIS SÖRÖS a. G.
MAX FRIEDRICH SCHÄFFER
NANDO ZICKGRAF*
DANIEL PASTEWSKI a. G.
ALEXANDER HUCK / THOMAS REBILAS
KOMALA DOGRAL, BRIGITTE GEBHARDT, SIMONA
HABICH, GRAZIANA KASTL, CHRISTINA MOHARI,
SAMIRA NIEDERSTRASSER, MARIANNE REINWALD, FRANZISKA THEIL, BIANCA WARNE, HANNAH WIRTZ;
WOLFGANG BEEH, SASCHA BEYER, ULF GEBHARDT,
WITALIJ KÜHNE, FRANK PESCI, STEFAN PIKORA,
GÜNTER SAUR, MARIUS SCHMIDT
Musikalische Leitung Nachdirigat Regie Bühne Kostüme Choreografie Chor Licht
Dramaturgie Theaterpädagogik
ANDREAS SCHÜLLER a. G.
DANIELE SQUEO
BERND MOTTL
FRIEDRICH EGGERT
ALFRED MAYERHOFER
OTTO PICHLER
ULRICH WAGNER
CHRISTOPH HÄCKER
BERND FEUCHTNER, BORIS KEHRMANN
MAGDALENA FALKENHAHN
*Opernstudio
BADISCHE STAATSKAPELLE, BADISCHER STAATSOPERNCHOR
STATISTERIE DES BADISCHEN STAATSTHEATERS
PREMIERE 13.12.14 GROSSES HAUS
Aufführungsdauer ca. 2 ¾ Stunden, ein Pause
Aufführungsrechte Boosey & Hawkes / Bote & Bock
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Regieassistenz & Abendspielleitung CHRISTINE HÜBNER Musikalische Assistenz
& Einstudierung ALISON LUZ, JULIA SIMONYAN, DANIELE SQUEO Studienleitung
STEVEN MOORE Chorassistenz STEFAN NEUBERT Bühnenbildassistenz MANUEL KOLIP
Kostümassistenz STEFANIE GAISSERT Kostümhospitanz PATRICIA KIEFER, SENTA HETZER
Übertitel BORIS KEHRMANN Übersetzung ABIGAIL PROHASKA Sprachcoach BARBARA
ZECHEL Soufflage EVELYN WALLPRECHT Inspizienz GABRIELLA MURARO Leitung der
Statisterie OLIVER REICHENBACHER
Technische Direktion HARALD FASSLRINNER, RALF HASLINGER Bühneninspektor RUDOLF
BILFINGER Bühne STEPHAN ULLRICH, MARGIT WEBER Leiter der Beleuchtungsabteilung
STEFAN WOINKE Leiter der Tonabteilung STEFAN RAEBEL Ton HUBERT BUBSER, JAN
PALLMER Leiter der Requisite WOLFGANG FEGER Werkstättenleiter GUIDO SCHNEITZ
Malsaalvorstand ANDRÉ SPIEGLER Leiter der Theaterplastiker LADISLAUS ZABAN
Schreinerei ROUVEN BITSCH Schlosserei MARIO WEIMAR Polster- und Dekoabteilung
UTE WIENBERG
Kostümdirektorin CHRISTINE HALLER Gewandmeister/-in Herren PETRA ANNETTE
SCHREIBER, ROBERT HARTER Gewandmeisterinnen Damen TATJANA GRAF, KARIN
WÖRNER, ANNETTE GROPP Waffenmeister MICHAEL PAOLONE, HARALD HEUSINGER
Schuhmacherei THOMAS MAHLER, BARBARA KISTNER, VALENTIN KAUFMANN
Modisterei DIANA FERRARA, JEANETTE HARDY Chefmaskenbildner RAIMUND OSTERTAG
Maske SINA BURKARD, MELISSA DÖBERL, FREYA KAUFMANN, MARION KLEINBUB,
JUTTA KRANZ, MELANIE LANGENSTEIN, INKEN NAGEL, SOTIRIOS NOUTSOS, SANDRA
OESTERLE, DOROTHEE SONNTAG-MOLZ, ANDREA WEYH, KERSTIN WIESELER
WIR DANKEN
der Privatbrauerei Hoepfner für die Unterstützung der Premierenfeier.
Wir machen darauf aufmerksam, dass Ton- und/oder Bildaufnahmen unserer
Aufführungen durch jede Art elektronischer Geräte strikt untersagt sind.
IHR WOLLT KRIEG?
BRINGT EUCH DOCH
SELBST UM!
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Ks. Ina Schlingensiepen, Katharine Tier, Damen des Staatsopernchores
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PARODIE
& ROMANTIK
ZUM INHALT
Die Handlung spielt in einem Fantasiebayern zu einer Fantasiezeit.
Zwischen München und Mantua kriselt es.
Der Freistaat steht vor dem Bankrott. Die
Italiener planen die feindliche Übernahme. König *** versucht seinem Haus und
seinem Land durch Einheirat in die Familie
derer von Mantua einen Rest von Einfluss
und Würde zu erhalten.
1. AKT
Die Münchner freuen sich auf die morgige
Hochzeit Prinzessin Thereses von Bayern
mit dem Prinzen von Mantua. Sie ahnen
nichts vom Staatsbankrott. Unter ihnen ein
Grüppchen Studenten, die sich über die
Schafsgeduld der Münchner ärgern. Heute wollen sie Sand ins Getriebe streuen.
Ihr Anführer Spark singt das Glockenlied:
Wenn man ihn schon hängt, will er wenigstens der Schwengel in der Glocke der
Revolution sein. Das Volk stimmt jubelnd
ein. Weiß es, was es singt (Nr. 1)?
Der König verkündet die Weisheit seines Planes und macht sich das Volk mit
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Bier gefügig. Alle ziehen zum Saufen ab.
Fantasio erscheint auf der Flucht vor seinen Gläubigern. Er ist offenbar nicht nur
ewiger Student, sondern auch Dichter,
denn er singt die Ballade an den Mond,
die lange vor seiner Zeit Alfred de Musset
gedichtet hat (Nr. 2). Unter dem Schlossfenster belauscht er Prinzessin Theres,
die Angst vor der morgigen Hochzeit mit
einem unbekannten Mann hat (Nr. 3). Beide hören, aber sehen sich nicht. Sie verlieben sich über ihre Stimmen ineinander
(Nr. 4). Ein Chor von Säufern schleift den
Hofnarren Saint-Jean über die Bühne. Sie
tragen ihn zu Grabe (Nr. 5). Fantasio fasst
den Entschluss, den toten Spaßmacher
zu ersetzen, um ins Schloss einzudringen
und die Prinzessin zu gewinnen. Der Prinz
von Mantua und sein Adjutant Marinoni
erscheinen. Der Prinz hatte letzte Nacht
einen genialen Einfall. Er wird mit seinem
Adjutanten die Kleider tauschen, um seine
Braut erst einmal inkognito zu begutachten (Nr. 6). Die Bürger schlafen ihren
Rausch aus. Die Studenten ziehen singend
durch die Gassen. Spark präsentiert ihnen
seinen Freund Fantasio im Kostüm SaintJeans und heizt ihnen mit einem Hohelied
auf das Narrentum ein: Nur die Satire
kann den Trieb des Menschen, andere zu
unterdrücken, brechen (Nr. 7).
2. AKT
Am nächsten Morgen im Schloss. Die baufälligen Staatssäle liegen hinter Planen verborgen. Die Hofdamen versuchen, die wütende
Prinzessin anzukleiden. Theres ergibt sich
in ihr Schicksal (Nr. 9). Der Vater stellt dem
künftigen Schwiegersohn seine Tochter vor.
Niemand ahnt, dass der Prinz gar nicht der
Prinz ist (Nr. 10). Der echte Prinz hat sich in
Theres verliebt und möchte um seiner selbst
willen geliebt werden (Nr. 11). Die Prinzessin entdeckt Saint-Jean. Ist er doch nicht
gestorben? Fantasio nutzt die Verkleidung,
um zarte Bande zu knüpfen (Nr. 12). Er überredet die Prinzessin, Widerstand gegen die
Zwangsheirat zu leisten und verspricht ihr,
den Prinzen in die Flucht zu schlagen (Nr. 13).
Der Hof erscheint. Die Zeremonie beginnt.
Die Studenten sind heimlich ins Schloss eingedrungen und gefährden unabsichtlich Fantasios Plan. Fantasio entblößt den Prinzen.
Der Hof fordert Strafe für den Narren. Die
Italiener wollen Blut sehen (Nr. 14).
Folgeseiten Gabriel Urrutia Benet, Matthias Wohlbrecht
3. AKT
Im Gefängnis. Theres schleicht herein.
Fantasio stellt sich schlafend. Sie wundert
sich, dass sie mehr für ihren Narren empfindet und möchte sein Gesicht betrachten
(Nr. 16). Fantasio gesteht ihr seine Liebe.
Theres zögert. Das Wohl des Staates steht
auf dem Spiel. Da lässt Fantasio alle Masken fallen. Theres erschrickt (Nr. 17). Sie
überlisten die Wache und fliehen.
Platz vor dem Schloss. Halb Bayern ist zum
Ausverkauf nach Mantua verpackt. Der
Prinz fordert sein Ornat zurück. Marinoni
bedauert, dass er wieder Untertan spielen
muss (Nr. 19). Die Studenten wiegeln das
Volk auf. Fantasio soll befreit werden.
Spark hält Brandreden. Die Münchner sind
in ihrem Trachten-Ersatz dabei. Worum
ging es nochmal (Nr. 20)? Plötzlich steht
Fantasio vor ihnen. Der Volkszorn brodelt.
Wohin damit? Krieg den Mantuanern! Fantasio hält ein Plädoyer gegen den Krieg.
Die Münchner rufen ihn zum Narrenkönig
aus. Um die kritische Lage zu entschärfen,
wird der Oppositionsführer in das Kabinett
aufgenommen (Nr. 21).
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AM PULS
DER ZEIT
ZUM STÜCK
ZWANGSEHEN:
EINE EUROPÄISCHE GESCHICHTE
Am 8. August 1832 heiratete Prinzessin Louise
von Orléans (1812–1850), älteste Tochter des
Bürgerkönigs Louis-Philippe, König Leopold
I. von Belgien (1790–1865). Leopold, zweiter
Sohn Franz Friedrichs von Coburg-SachsenSaalfeld, ein Deutscher, hatte den Ehrgeiz,
König zu werden. Darum nahm er 1816 die
britische Thronfolgerin Charlotte Augusta zur
Frau, die ein Jahr später im Kindbett starb.
1830 wurden ihm kurz nacheinander die griechische und belgische Krone angetragen.
Großbritannien hatte signalisiert, dass es
keinen anderen Kandidaten akzeptieren würde. Leopold entschied sich für Belgien. Louise
von Orléans wurde seine dritte Frau, um die
Nachbarländer familiär zu verbinden. Die
Prinzessin war 20, ihr Gemahl 42.
Die Ehe entsprang reiner Staatsräson.
Der Coburger Prinz schmeichelte sich, die
links- und rechtsrheinischen „Erbfeinde“
seit Ludwigs XIV. Zeiten versöhnen zu
können. Was Napoleon mit Gewalt nicht
gelungen war, wollte er durch Heiratspolitik verwirklichen: Ein geeintes Europa.
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Louise liebte ihren Mann wirklich, aber
niemand nahm es ihr ab. Auch der große
französische Romantiker Alfred de Musset
(1810–1857) nicht, der kurz vor seiner Liaison mit George Sand die fast gleichaltrige
Prinzessin anhimmelte und sich durch
ihre Ehe zu seinem Lesedrama Fantasio
anregen ließ. Es wurde 1833 vollendet und
erschien am 1.1.1834 in der „Révue des
Deux Mondes“. Dort las es Georg Büchner
(1813–1837). Der Verfasser des Hessischen
Landboten wurde in seiner Heimat steckbrieflich gesucht, floh nach Straßburg und
promovierte zum Dr. med. Nach Mussets
Komödie schrieb er sein Lustspiel Leonce
und Lena. Mit vielen wörtlichen Zitaten.
So kehrte der Stoff nach Deutschland zurück, wo er herkam. Musset projizierte das
historische Faktum der Hochzeit Louises
von Orléans nämlich auf eine Episode, die er
in E.T.A. Hoffmanns Lebensansichten des
Katers Murr (1822; französisch 1830) gefunden hatte. Dort arrangiert Fürst Irenäus die
Ehe seiner Tochter mit einem vertrottelten
italienischen Prinzen, um den Bankrott
seines Mini-Großherzogtums abzuwenden.
Musset veränderte den Anlass. Bei ihm soll
die Heirat einen Krieg verhindern. Dass sie
es nicht tut, war Zeitgeschichte. In Belgien
brach gleich nach der Hochzeit ein siebenjähriger Krieg aus. Die Niederlande wollten
die Abspaltung ihrer ihnen erst 1815 vom
Wiener Kongress zugesprochenen Provinz
nicht akzeptieren (die Situation erinnert
an den heutigen Ukraine-Konflikt). Darum
endet Mussets Komödie damit, dass die
Münchener Studenten jubelnd in den Krieg
ziehen. Das lehnte Offenbach ab.
NO FUTURE
Mussets Fantasio war das Sprachrohr der
„No-Future“-Generation im so genannten
Vormärz. Damit ist die Zeit vor den MärzRevolutionen von 1830 bzw. der Restaurations-Epoche nach den Napoleonischen
Kriegen gemeint, in denen Europas Königshäuser unter Federführung des österreichischen Kanzlers Metternich die Ideen der
Französischen Revolution, die im Code Napoléon in die Form einer Verfassung gegossen worden waren, wieder zurückdrängen
wollten. Die Brutalität, mit der bürgerliche
Freiheiten unterdrückt und Karrieren zerstört wurden, stürzte die Generation von
1815 bis 1830 in Depression, Orientierungslosigkeit und existenzielle Langeweile.
Musset prägte dafür das Schlagwort „le
mal de siècle – Krankheit des Jahrhunderts“. Im deutschen Sprachraum spricht
man von Weltschmerz. Er ist die Ursache
dafür, dass sich Lermontov und Puschkin in
den Selbstmord absurder Mut-Proben und
sinnloser Duelle, Ferdinand Raimund in den
Wahnsinn, Heine in den Sarkasmus, Büchner in die Medizin, Byron in den Freiheitskampf der Griechen und die Völker Europas
in das Biedermeier flüchteten. Dessen Symbol ist bei uns die Schlafmütze des Deutschen Michels geworden, die auch unsere
Oper zitiert. Mussets Komödien-Schluss
folgt dem Beispiel Byrons, der wenige Jahre zuvor in Griechenland gefallen war. Um
1830 glaubte man – wie 1914 wieder –, der
Krieg sei der reinigende Sturmwind, der die
morschen Verhältnisse der bleiernen, autoritären Zeit zum Einsturz bringen und Platz
für das Neue schaffen werde.
Auch Offenbach kannte die Depressionen
seiner Epoche. Das zeigen mehr oder weniger subkutan alle seine Werke, ganz besonders aber Fantasio. Krieg war jedoch nie
eine Option für ihn. Die einzige, verzweifelte
Ausnahme ist ganz am Ende seines Lebens
La fille du tambour-major, mit der er dem
von ihm abgefallenen Publikum hinterherlief.
Als Genie der Moderne flüchtete er sich vor
der Zeit in Tempo und Hyperaktivität. Schon
1848 war er aus Angst vor revolutionären
Gewaltexzessen mit seiner Familie aus
seinem geliebten Paris geflohen. Fantasio,
seine fünfte und letzte Oper vor Hoffmanns
Erzählungen, entstand Ende 1869, Anfang
1870, als Bismarcks Emser Depesche den
Deutsch-Französischen Krieg auslöste. Er
sollte Frankreich 140.000 Menschenleben,
das Elsass, Teile Lothringens und 5 Milliarden Gold-Francs Kriegsreparationen kosten,
die es sich nach dem Ersten Weltkrieg mit
Zins und Zinseszins zurückholen wollte,
wodurch es Deutschland in die Krise stürzte
und Hitler zum Aufstieg verhalf.
NIE WIEDER KRIEG
Schicksal und Gehalt Fantasios sind eng mit
dem Deutsch-Französischen Krieg verbunden. Offenbach, der alle seine heiteren Werke größten körperlichen Schmerzen abrang,
erholte sich während der Arbeit wieder
einmal von schweren Gichtanfällen in Bad
Ems, als König Wilhelm I. von Preußen dort
am 3. Juli 1870 mit einer Aufführung seiner
Musset-Hommage Le chanson de Fortunio
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den Jahrestag des Sieges von Königgrätz
beging. Drei Tage später reiste der Komponist nach Wiesbaden weiter. Am 13. Juli
forderte der französische Gesandte den
König auf der Kurpromenade auf, Leopolds
von Hohenzollern-Sigmaringen Ablehnung
der ihm offerierten spanischen Krone offiziell zu garantieren. Andernfalls wäre Frankreich von den Pyrenäen und vom Rhein her
deutsch eingekreist worden. Wilhelm lehnte
ab. Bismarck veröffentlichte die Depesche,
die ihn in Berlin über den Vorgang informierte, in so aggressiver Form, dass Frankreich
nichts anderes blieb, als Preussen den Krieg
zu erklären. Der ungeschickte Diplomat war
damit öffentlicher Lächerlichkeit preisgegeben. Die Situation erinnert an den Skandal
im 2. Akt unserer Oper, der den Krieg zwischen Mantua und München auslöst.
Offenbach aber, der sich mitten in den
Proben zu Fantasio an der Pariser OpéraComique befand, stürzte der Krieg in die
größte Schaffenskrise seines Lebens. War
er sonst gewohnt, jährlich zwischen drei
und zehn längere oder kürzere Novitäten
an Theatern in Paris, Wien, Bad Ems oder
London zu produzieren, brachte er in den
neun Monaten des Krieges kaum eine Note
zu Papier. Krank, ruhelos und arbeitsunfähig
irrte er zwischen seinem Sommerhaus in der
Normandie, Bordeaux, San Sebastián, dem
Sitz seiner spanischen Schwiegereltern,
Mailand und Wien kreuz und quer durch
Europa, während die deutschen Truppen
vorrückten, Straßburg beschossen, Paris
belagerten, die Hauptstadt aushungerten
und, nach dem kurzen, blutigen Intermezzo
der Kommune-Herrschaft, schließlich besetzten. Auf seiner Flucht von Hotelbett zu
Hotelbett war er oft unfähig, selbst zu gehen
und musste vom Bahnhof zur Herberge getragen werden. Hinzu kam die Feindseligkeit
seiner Landsleute beiderseits des Rheins.
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Die Deutschen betrachteten den Kölner, der
nach 37 Jahren in Paris seine Muttersprache
kaum noch korrekt sprechen und schreiben
konnte, 1860 die französische Staatsbürgerschaft angenommen und 1861 das Kreuz der
Französischen Ehrenlegion erhalten hatte,
als Vaterlandsverräter, die Franzosen als
preußischen Spion. „Der europäische Erfolg
der frühen Operetten Offenbachs ging eigentlich von Berlin und Wien aus“, wetterte
„Le Ménéstrel“. „Le Temps“ entrüstete sich,
dass er sich am Berliner Hof, wo man seine
Werke zu königlichen Geburts- und Feiertagen aufführe, besonderer Gunst erfreue.
Diese Werke hätten zudem zur Verweichlichung des Second Empire beigetragen, damit
die französische Armee kampfuntauglich
gemacht und so ihre Niederlage mitverschuldet. In den Theatern wurde „der Preuße“
demonstrativ ausgepfiffen.
Nach dem „Debakel“ forderte die veröffentlichte Meinung Frankreichs „ernste“ Werke
und eine harte, kriegerische Spartanermoral. Keine gute Zeit für Offenbach, der sogar
beschuldigt wurde, das nationale Erbe der
französischen Opéra-comique heimtückisch
unterwandert und korrumpiert zu haben.
Der Verfolgungswahn einer Gesellschaft,
die ihrer Demütigung nun dadurch Luft
machte, dass sie überall preußische Spione
witterte, wird im 2. Akt unserer Oper leise
karikiert. Offenbach durfte seine Kunden
ja nicht düpieren. Aber er ließ sich davon
nicht unterkriegen. Als die Theater wieder
spielten, brachte er all‘ jene Produktionen
heraus, deren Proben abgebrochen werden
mussten. Darunter auch Fantasio.
EIN PAZIFIST SCHEITERT AM REVANCHISMUS
Offenbach hatte die Titelrolle ursprünglich für
Victor Capoul (1839–1924) geschrieben, mit
dem er schon in seinem letzten Stück für die
Dilara Baştar
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Opéra-Comique, dem ebenfalls verträumtkomischen Vert-Vert (1869) über einen verfressenen Kakadu, der an einer Überdosis
Kuchen, Alkohol und Zuckermandeln stirbt,
gute Erfahrungen gemacht hatte. Der junge
Tenor war sensibel, hübsch, ein Mädchenschwarm. Mussets Komödie scheint für ihn
ausgewählt worden zu sein, zumal es an der
altehrwürdigen Salle Favart gesittet, d. h.
gebildet komisch zugehen musste. Hier führte das wohlhabende Pariser Bürgertum seine
Töchter im heiratsfähigen Alter aus, um sie
der Gesellschaft in seinen Logen zwecks
Anbahnung guter Partien zur diskreten Begutachtung zu präsentieren.
Capoul flüchtete aber vor dem Krieg in ein
Londoner Engagement, aus dem er nicht
wieder nach Paris zurückkehrte. In Célestine Galli-Marié (1840–1905), die vier Jahre
später Bizets erste Carmen sein sollte,
stand Offenbach als Ersatz ein Mezzo zur
Verfügung, der sich bereits im Frühjahr 1870
bei der Wiederaufnahme von Vert-Vert in
der Capoul-Rolle bewährt hatte. Offenbach
schrieb Fantasio also für Mezzosopran
um, bevor er die Proben im November 1871
wieder aufnehmen konnte. Bei der Überarbeitung dürften auch die pazifistischen
Passagen des Werkes ausgebaut worden
sein, denn selbst das Libretto, das zwei
Monate vor der Uraufführung bei der Pariser
Zensur eingereicht wurde, weicht dramaturgisch noch substantiell von der Fassung
der Uraufführung am 18. Januar 1872 ab.
Daran zeigt sich erneut, dass Offenbach, den
Zeitgenossen nur als von einer Probe zur
nächsten eilend kannten, bis zum letzten Tag
an seinen Partituren feilte. Die 22-jährige
Marguerite Priola (1849–1876) sang die Prinzessin. Sie soll laut Aussage ihrer Freundin
Emma Calvé aus Kummer über schlechte
Kritiken mit 27 Jahren Selbstmord begangen
haben. Gleich nach der Uraufführung reiste
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Offenbach nach Wien, wo er seine treuesten
Anhänger hatte, um am 21. Februar 1872 die
deutsche Fassung am Theater an der Wien
herauszubringen. Diese Wiener Fassung
von Eduard Mauthner und dem FledermausMitverfasser Richard Genée weicht stark
von der Pariser Fassung ab. Sie enthält
eine völlig neue Rahmenhandlung mit neuer
Musik. Dafür wurden andere Szenen gestrichen, Text und Anspielungen dem deutschen
Verständnishorizont angepasst. Außerdem
transponierte Offenbach die Titelpartie für
seine Wiener Lieblingssängerin, die Soubrette Marie Geistinger, in die Sopran-Lage.
Weder die Pariser Produktion mit 10 Aufführungen, noch die Wiener mit 27 waren für
Offenbachs Verhältnisse sonderlich erfolgreich. Orpheus in der Unterwelt brachte es
allein in Paris innerhalb von 20 Jahren am
3.11.1878 auf die 1015. Vorstellung. Schuld
am Misserfolg Fantasios war, wie Gustave Bertrands Rezension im „Ménestrel“
belegt, die pazifistische Schlussansprache des Titelhelden. Das wollten die auf
Revanche sinnenden Pariser nicht hören.
Der Begriff ging damals in den politischen
Wortschatz ein und wird 1874 in der Berliner Fassung von Offenbachs Opéra-bouffe
La Diva parodiert! Da half es auch nicht,
dass Fantasio mit einem zackigen Militärmarsch schließt. Schon drei Wochen nach
der Uraufführung wurde er auf Nimmerwiedersehen abgesetzt. Graz (17.10.1872), Prag
(24.10.1872) und Berlin (19.10.1872) spielten
die Wiener Fassung nach, bevor er von der
Bildfläche verschwand.
OFFENBACHS WERTPAPIERE:
EIN WISSENSCHAFTSKRIMI
Dazu trugen auch Überlieferungsprobleme
bei. Das Orchestermaterial der Uraufführung
wurde offenbar 1887 beim Brand der Opéra-
Comique vernichtet. Die vom Komponisten
sorgfältig gehütete handschriftliche Partitur
verschwand bis 1937 im Schrank seiner
Tochter Jacqueline, die den Besitz der Manuskripte ihres Vaters aber geheim hielt,
um Ansprüchen ihrer Schwestern zuvorzukommen. Nach ihrem Tod wurden sie auf die
Nachkommen der vier Schwestern aufgeteilt, die sie gelegentlich blattweise auf dem
Autografenmarkt versilberten, sodass sich
heute ein Teil der Fantasio-Handschrift in
London, ein zweiter in der „Beinecke Rare
Book and Manuscript Library“ der Yale University, USA, ein dritter in Privatbesitz einer
Nachkommin befindet, die anonym bleiben
möchte. Einzeln herausgerissene Blätter,
gelegentlich in vier Teile zerschnitten und als
Geschenk mit Widmung versehen, bei den
Proben ausgeschiedene Takte und Skizzen
finden sich auf der ganzen Welt verstreut.
Das Pariser Libretto von Fantasio, das bei
der Uraufführung zum Mitlesen an der Theaterkasse verkauft wurde wie heute Programmhefte, ist seltsamerweise komplett
verschollen, sodass die Sprechszenen, die
nicht in der Partitur verzeichnet sind, von
Jean-Christophe Keck nach dem stark abweichenden Zensur-Libretto und der Komödie Mussets rekonstruiert werden mussten.
Das Libretto, das am 10. Dezember 1871 bei
der Theaterzensur-Behörde der 3. Republik
eingereicht und am 11. Januar 1872 genehmigt wurde, fand sich glücklicherweise in
den Pariser Archives Nationales. Außerdem
wurde der Klavierauszug der Uraufführungsfassung ohne Sprechszenen 1872 bei
Choudens gedruckt.
Besser dokumentiert war lange Zeit die
Wiener Fassung, da im Archiv von Offenbachs Berliner Verlag Bote & Bock eine
Abschrift der Partitur und ein vollständiges
Libretto verwahrt wurde, auf denen die
wenigen Aufführungen des 20. Jahrhunderts basierten: 1927 in Magdeburg, 1957
konzertant beim WDR in Köln, 1994 unter
der Regie Christof Loys mit Torsten Kerl
als Facio in Gelsenkirchen und Wuppertal
sowie 2000 in Rennes, Nantes, Angers und
Tours. Sie instrumentierten die in der Wiener Partitur fehlenden Teile nach dem Pariser Klavierauszug neu und transponierten
die Titelpartie von Sopran in Tenor-Lage um
– mit Ausnahme der 2000er Produktion, die
dafür den deutschen Text ins Französische
rückübersetzen musste. 2011 gelang es dem
französischen Offenbach-Forscher, Dirigenten, Sänger, Komponisten und Musikwissenschaftler Jean-Christophe Keck, auch
noch die letzte fehlende Nummer der handschriftlichen Fantasio-Partitur, das Couplet
des Prinzen, in einem Privatschrank zu entdecken, die die jahrelange Suche nach den
autografen Quellen zum Abschluss brachte.
Keck, Offenbachianer seit er mit 15 Jahren
ein Werk des Kölners im Fernsehen gehört
hatte, Offenbach-Sammler seit seinem
18. Lebensjahr und Herausgeber der seit
1999 erscheinenden kritisch-praktischen
Offenbach-Edition bei Boosey & Hawkes/
Bote & Bock (OEK), die viele, auch bekannte
Titel erstmals in voller Länge und Originalinstrumentation zugänglich macht, verbindet
eine lebenslange Beziehung mit Fantasio.
Der Choudens-Klavierauszug dieser Opéracomique war die zweite Erwerbung seiner
Offenbach-Sammlung. Mit dem Fund der
letzten Arie konnte das Werk endlich in der
OEK erscheinen. Die Pariser Fassung erklang in Offenbachs Originalinstrumentation
erstmals seit 1872 wieder am 15. Dezember
2013 in einer konzertanten Aufführung mit
dem Orchestra of the Age of Enlightenment
unter Sir Mark Elder in London. In Karlsruhe
ist sie erstmals seit Offenbachs Tod wieder
szenisch zu erleben.
Folgeseiten Dennis Sörös, Max Friedrich Schäffer, Daniel Pastewski, Nando Zickgraf, Staatsopernchor
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14
15
ZEIT-
TAFEL
1819
In Köln geboren. Vater: Isaac Eberts aus Offenbach (daher der Name), Musiklehrer, ab 1824/1828–1850 Kantor der Kölner Synagoge. Einfache Verhältnisse.
1833
Übersiedlung zum Musikstudium nach Paris (gemeinsam mit seinem älteren Bruder Juda).
1835–38 Cellist im Orchester der Opéra-Comique, Paris.
1838–48 Cellist und Komponist in Vergnügungslokalen. Virtuose. Konzertveranstalter.
Lehrtätigkeit. Verfasser von Lehrwerken.
1844
Heirat mit Herminie d’Alcain. Bedingung der Familie d’Alcain: Eine erfolgreich
absolvierte Englandtournee als Cellovirtuose. 1 Sohn (Auguste), 4 Töchter (Berthe, Marie, Pépita, Jacqueline).
1848/49
Flucht mit der Familie vor der Pariser Februar-Revolution nach Köln. Armut.
1849
Rückkehr nach Paris.
1850–55 Kapellmeister am Théâtre-Francais (= Comédie Française).
1853
Erstes Offenbach-Bühnenwerk in London. Seither kontinuierliche Aufführungs-
tradition bis zum Tod des Komponisten.
1855
Erste Pariser Weltausstellung.
1855–62 Erstes eigenes Theater: Les Bouffes-Parisiens (Bouffe = Posse; vgl. a. Buffa)
1856
Offenbach sucht per Preisausschreiben komische Einakter für sein Theater. Gewinner: Bizet, Le docteur Miracle.
1858
Orpheus in der Unterwelt (1. Fassung), Erster Welterfolg.
16
17.6.1858 Gastspiel der Bouffes-Parisiens in Berlin (Kroll’s Etablissement). Seither
kontinuierliche Aufführungstradition bis zum Tod des Komponisten.
16.10.1858 Erste Offenbach-Aufführung in Wien (Hochzeit bei Laternenschein); seither nahezu alle Bühnenwerke bis zum Tod des Komponisten mit großem Erfolg
zeitnah nachgespielt. Wien wird neben London und Bad Ems zum Offenbach
Zentrum.
13.3.1859 Erste Offenbach-Aufführung in München. Kontinuierliche Tradition bis 1878.
1860
Offenbach erhält die französische Staatsbürgerschaft.
Le papillon (Der Schmetterling; Ballett, Auftragswerk der Grand Opéra).
Barkouf; erste Opéra-comique; Auftragswerk der Opéra-Comique; Skandal, da ein musikalisch notierter Hund die Hauptrolle spielt (durch einen Sänger in den Kulissen „gebellt“). Weitere Werke für die Opéra-Comique: Robinson Crusoe (1867), Vert-Vert (Kakadu, 1869), Fantasio (1872), Hoffmanns Erzählungen
(1875–1880).
1861
Offenbach erhält das Band der Ehrenlegion.
1862–64 Die Rheinnixen, Große romantische Oper für die Wiener Hofoper. Kaiser Franz Joseph gewidmet.
1867
Zweite Pariser Weltausstellung: Pariser Leben, Großherzogin von Gerolstein. Richard Wagner, in Paris weilend, wird Augen- und Ohrenzeuge des Erfolgs und lässt sich von dem Gerücht, Offenbach plane ein allein seinen Werken gewidme-
tes Theater in London, zur Idee der Bayreuther Festspiele anregen.
1870/71 Deutsch-Französischer Krieg.
1873–75 Offenbach leitet das Théâtre de la Gaîté. Endet mit Bankrott.
1876 21.4.–20.7.: Amerika-Tournee zur Sanierung seiner Finanzen. Monsterkonzerte für 9.000 Zuhörer in New York, Philadelphia, an den Niagara-Fällen. Da sonntags nur geistliche Konzerte erlaubt sind, unterlegt Offenbach seinen frivolsten Couplets geistliche Texte.
5.10.1880 Offenbach stirbt in seiner Wohnung, Boulevard des Capucines 8, wenige
Gehminuten von der Pariser Oper entfernt. Begraben auf dem Friedhof
Montmartre in unmittelbarer Nähe des Moulin Rouge.
1999
1. Band der Offenbach-Edition-Keck (OEK) erscheint bei Boosey & Hawkes: Erste wissenschaftliche Edition der Original-Fassungen und -Instrumentationen.
Gesamtwerk: Über 650 Kompositionen aller Gattungen von Lehrwerken für den Cellounterricht bis zur Grand Opéra und geistlicher Musik, davon 110 Bühnenwerke vom Ein- bis zum
Fünfakter, oft in mehreren Fassungen.
Folgeseiten Ks. Ina Schlingensiepen, Dilara Baştar
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ZAUBERWELT
ALS ZEITKRITIK
ZUR MUSIK
DER TRAUM VOM GESAMTKUNSTWERK
GATTUNGSGESETZE
Fantasio gehört zu den romantischen
Opern Jacques Offenbachs zwischen
Rheinnixen (1864) und Hoffmanns Erzählungen (1881). Schon zu Lebzeiten des
Komponisten war sensiblen Kritikern und
Verehrern seine verletzliche und melancholische Seite nicht entgangen. Sie
findet sich – gelegentlich nur wenige Takte
lang wie etwa beim Tod der Euridice in
Orpheus in der Unterwelt oder beim meist
gestrichenen Couplet der Gräfin in Pariser
Leben – in nahezu allen seinen Werken,
selbst den überdrehtesten. Umgekehrt
enthalten auch alle seine ernsten Werke
burleske Nummern wie die Couplets des
Franz und Niklaus in Hoffmanns Erzählungen oder das „Trio bouffe“ der Rheinnixen.
Das entspricht Offenbachs ganz eigener
Idee vom Gesamtkunstwerk, das nicht, wie
bei Wagner eine Vereinigung aller Künste
unter einen Aussagezweck darstellen
sollte, sondern eine möglichst breite Vereinigung aller Stilhöhen, Stilmerkmale und
Gattungen der Zeit in einem Werk.
Indem Offenbach mit Fantasio ein
Auftragswerk für die Pariser OpéraComique schrieb, musste er seine Vorstellungen an die Konventionen dieses
Theaters, d. h. an die Erwartungen
seines Publikums anpassen. Das Werk
musste geschlossene Gesangsnummern
enthalten, die durch Sprechszenen mit
einander verbunden sind. Es durfte nicht
zu tragisch und nicht zu komisch, sondern musste empfindsam und rührend
sein, da das wohlhabende Bürgertum
dieses Theater als Höhere-TöchterBühne benutzte, um die heiratsfähigen
Damen der Öffentlichkeit zu präsentieren (was drei Jahre später auch den
Carmen-Skandal erklärt). Brüllendes
Gelächter, schlüpfrige Witze oder deprimierende Geschichten waren also
ausgeschlossen. Außerdem musste das
Werk eine brillante Koloratur-Arie für
eine „chanteuse légère“ enthalten, die
sich in Fantasio im 2. Akt findet.
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LEITMOTIVE
Das Rückgrat des Werkes sind drei Liebesduette zwischen Theres (im Original:
Elsbeth) und Fantasio: je eines im Zentrum jeden Aktes. Das erste ist nicht nur
inhaltlich dadurch hervorgehoben, dass
sich die beiden Liebenden nicht sehen,
sondern sich in den Klang ihrer Stimmen
verlieben (ein Motiv, das im Olympia-Akt
des Hoffmann wiederkehrt). Das Medium
Oper reflektiert sich hier auf charmantbeiläufige Weise selbst. Oper ist ja das
Medium der Stimmen und des Hörens.
Dieses Duett enthält auch eines der
wichtigsten Leitmotive des Werkes: den
Liebesliedwalzer „Für einen Augenblick,
/ Einmal im Liebesglück“, der sich von der
Ouvertüre (2. Thema im Sonatensatz) über
das dritte Liebesduett, in dem sich die Liebenden erstmals unverstellt erkennen und
das in seiner musikalischen Faktur auf den
Antonia-Akt im Hoffmann vorausweist, bis
zum Finale durch das ganze Stück zieht
und immer dort erscheint, wo die Liebe
bewusst oder unbewusst zur wirkenden
Macht wird. Dieser Liebesliedwalzer inkarniert die romantische Seite der Partitur.
Das zweite strukturbestimmende Thema
ist das marschähnliche Narrenmotiv „Der
Narr soll unser König sein“, das erstmals
in Sparks Narrenlied mit Chorrefrain im 1.
Finale zu hören ist und mit dem im 3. Finale
die Narren-Republik ausgerufen wird.
Dieses Thema steht für die burleske Seite
des Werkes. Beide Seiten, die romantische
wie die burleske, werden durch Nebenthemen gestützt, die Offenbach einführt,
um die Partitur farbiger zu gestalten. Das
Narrenthema wird durch ein Staccatomotiv mit Pikkoloflöte weiter ausgeführt, das
in der Ouvertüre erstmals exponiert und im
Rahmen eines erweiterten Sonatensatzes
durchgeführt wird. Es umgibt das Narrentum mit der romantisch-flirrenden Zauberatmosphäre Pucks aus Mendelssohns
Sommernachtstraum-Scherzo. Dass es
sich um ein Narrenmotiv handelt, verrät
uns Offenbach im 2. Finale, in dem sich
Fantasio mit diesem Motiv für den Skandal
entschuldigt, den er angezettelt hat:
„Mach ich nicht grad, was ich tun muss,
Ein ganz neues Stück aufzuführen?
Des Narren Recht ist,
Euch aufzurühren.“
Diese Verse enthalten auch die Selbstrechtfertigung Offenbachs in einer Zeit,
die seiner Kunst, wie oben dargestellt, die
Daseinsberechtigung absprechen wollte.
Das selbstzufrieden-bequeme Publikum
der Opéra-Comique, das im Fantasio durch
den Bürger in der Revolutionsszene karikiert wird, der überall mitjubelt, bevor er
überhaupt weiß, worum es geht, gehörte
dabei zu den größten Feinden seiner
immer auf geistige Beweglichkeit abzielenden Muse. Man gerät in Versuchung,
Offenbachs lebenslanges Buhlen gerade
um dieses feindliche Publikum als Masochismus zu deuten, stünden nicht weitere
Erklärungsmodelle zur Verfügung:
1. Der Ehrgeiz des jüdischen David, den
tendenziell antisemitischen Goliath der
bürgerlich-besitzenden Klasse endlich
doch zu bezwingen.
2. Offenbachs tief verwurzelte Liebe zur
Tradition der alten Opéra-comique, die er
mit all seinen Bühnenwerken aktualisieren
und zeitgemäß erneuern wollte und die neben Mozart zu seinen Vorbildern gehörte.
Der Liebesliedwalzer wird, um auf die
strukturbestimmenden Themen des
Folgeseiten Max Friedrich Schäffer, Daniel Pastewski, Dennis Sörös, Nando Zickgraf, Staatsopernchor
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Werkes zurückzukommen, flankiert von
dem Motiv, mit dem das Werk in an Meyerbeers unvermittelten und bis heute unerklärbaren Introduktionen erinnernder Weise beginnt und das im Melodram nach Nr. 4
als Mondmotiv entschlüsselt wird. Es handelt sich um eine Kette unverbundener
Akkorde, die mal den Flöten, mal den Hörnern, also den romantischen Instrumenten
par excellence, anvertraut sind und wie
Stalaktiten in die Leere ragen, würden sie
nicht von einem Cello-Kontrapunkt gebunden. Das Cello war Offenbachs Instrument.
Diese mondsüchtig-traumverlorene Seite
des Narren ist also ein Selbstbekenntnis.
Die isolierten Akkord-Eiszapfen evozieren
seine Entfremdung in einer kalten Welt,
denen er mit Hörnern und Flöten Wärme
anzudichten versucht.
Der melodischen Motivstruktur entspricht
eine klare Klangfarbsymbolik: Den Liebenden ist neben dem Streicher-Tutti die Flöte
in warmen Farbbereichen zugeordnet. Sie
ist auch das führende Symbol der Mondsucht Fantasios (z. B. in den ersten Takten
des Vorspiels) und in extremen Lagen das
schrille Narreninstrument, kombiniert mit
Tambourin oder Becken für die Narrenschellen. Bestimmend für die Buffo-Figuren ist die näselnde Oboe, gern mit Flöte
in extremen Lagen kombiniert. Marinonis
Staatsrede plustert sich mit Klarinette
und Fagott auf. Diskret geht Offenbach
mit dem Schlagwerk um. Er braucht es nur
sparsam, denn er benutzt die Melodieinstrumente perkussiv, wie später Bartók.
MUSIKALISCHE LANDSCHAFTEN
Dieses dialektische Gerüst aus Romantik
und Narrentum, Poesie und Parodie, Zauberwelt und Zeitkritik, das Selbstporträt
des Komponisten als Träumer und „Idiot
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der Familie“ (Sartre über Flaubert, der
Offenbach just zu dieser Zeit einen „Halunken“ nannte) wird im Werk nun mit dem
Fleisch der Arien, Duette und Ensembles
bekleidet und gefüllt. Dabei veränderte
Offenbach Mussets Prosakomödie über
die gattungsbedingt erforderliche Versifizierung und Ausstattung mit Reimen
hinaus geschickt, um Sing- und Spielanlässe zu schaffen. Aus den Schulbüchern
entlehnte er Mussets berühmte Ballade an
den Mond, von deren 29 Strophen er neun
auswählte und als Auftrittslied seines
Titelhelden vertonte. Dass man sich bei
dessen Wanderrhythmus, der im Vorspiel
zum 3. Akt wieder aufgenommen wird, an
Schuberts Schöne Müllerin erinnert fühlt,
kommt nicht von ungefähr. In den Hungerjahren 1848ff. hatte sich Offenbach mit
mindestens zwölf Schubert-Arrangements
ein Zubrot verdient. Und im selben Jahr
1869, als er Fantasio begann, wurde seine
Opéra-bouffe La Diva uraufgeführt, in der
zwei deutsche Offiziere dem Charme eines
Pariser Operetten-Stars erliegen und sich
mit einer bezaubernden Schubert-Parodie
in ihrer Garderobe die Zeit vertreiben,
während die Diva auf der Bühne einen
Auftritt absolviert.
Deutschland wird als musikalische
Landschaft auch durch den prominenten
Einsatz des Waldhorns evoziert, das sich
durch die ganze Partitur zieht. Es ist eine
Verneigung vor Webers Freischütz, den
Offenbach verehrte und dessen Aufführungen Paris Ende der 1850er Jahre in ein
wahres Carl-Maria-von-Weber-Fieber
stürzten. Weiter verweisen die Studentenchöre in diese Richtung, die fünf Jahre
später in den Rahmen-Akten des in Berlin
angesiedelten Hoffmann weiter ausgebaut
werden. Auf Hoffmann weist auch das berühmte Motiv von Antonias Mutter voraus,
das in einer 28-taktigen Überleitungsepisode der Fantasio-Ouvertüre als Gegenspieler zum Narrenmotiv etabliert wird,
ohne dann im weiteren Verlauf der Oper
eine Rolle zu spielen. Thereses poetische
Romanze im 1. Akt, mit der sie die Liebe
Fantasios erringt, ist eine Hommage an
Wagners Lied an den Abendstern, das vor
dem Krieg von allen Pariser Stehgeigern
und Kaffeehaus-Orchestern gefiedelt und
von allen höheren Töchtern am Klavier geklimpert wurde. Offenbach wohnte wenige
Logen von Wagner entfernt am 13. März
1861 der notorischen Pariser TannhäuserErstaufführung bei, in deren Verlauf Oppositionelle die Anwesenheit des Hofes und
diplomatischen Korps zu antinapoleonischen Kundgebungen nutzten. Um den politischen Skandal zu vertuschen, wurde die
Legende vom revoltierenden Jockey-Club
in die Welt gesetzt, die Wagner später
gerne aufnahm, um sich wichtig zu machen. Offenbach schätzte Wagners Musik
teilweise sehr, seine Anmaßung aber gar
nicht. Sein Fantasio-Librettist Nuitter war
Wagners Übersetzer und Berater bei der
Abfassung des Meistersinger-Librettos.
Weiterhin parodiert Thereses Romanze
im 3. Fantasio-Akt mit ihren HornEchos zart und poetisch alpine DullijöSchluchzer, also jenes folkloristische
Frage-Antwortspiel der Hornbläser von
Gipfel zu Gipfel, das man romantischen
Alpen-Touristen des 19. Jahrhunderts
gegen Bezahlung als besondere Attraktion vorführte. Schließlich variiert der
Eingangschor „Vivat Hurra!“, worauf
Andreas Schüller hinweist, den Bayerischen Defiliermarsch und lokalisiert das
Geschehen so unüberhörbar in München.
Damit die „deutsche“ Färbung aber nicht
zu einseitig gerät, tanzt der bayerische
Hof Bolero.
Auch auf ganz konkrete italienische Opernhits spielt Fantasio an. An erster Stelle sind
Verdis Don Carlos und Rigoletto zu nennen.
Triboulet/Rigoletto wurde sogar namentlich
im Zensur-Libretto erwähnt. Die Gründe
liegen auf der Hand. Fantasio spielt den
buckligen Narren, der Prinz kommt aus Mantua, die Prinzessin hieß im Original Elsbeth
und Offenbachs Auftraggeber bei Fantasio
war Verdis Pariser Librettist Camille du
Locle, der u. a. am Don Carlos mitgearbeitet
hatte. Auf das Infantendrama beziehen sich
der Totengräber-Chor mit seinen übertriebenen Schluchzer-Synkopen, die dräuenden
Schicksals-Akkorde vor dem Kerkerbild und
das 3. Liebesduett in Form einer großen,
mehrteiligen „scena“, die liebevoll-ironisch
das große Entsagungs- und Abschiedsduett
Elisabetta/Carlo aufspießt. Eine heitere
Variante des Rigoletto schlägt Offenbach
mit dem Hinkrhythmus des Narrenthemas
(3. Bild bei Verdi) oder mit dem piano-Beginn
des Revolutionschores („Zitti, zitti“ bei
Verdi) vor, der eine Parodie auf alle Mörder(Macbeth), Verschwörer- (Maskenball) und
Brunnenvergifter-Chöre Verdis ist.
Das romantische Melodramma Bellinis und
Donizettis war 1872 schon „alte Musik“,
die Offenbach aktuell in ganzen Stücken
parodiert hatte (Salon Pitzelberger, Seufzerbrücke usw.). Im Fantasio schmunzelt
nur das walzernde 2. Finale mit seiner
pseudo-weltschmerzlichen AbschiedsKlage des Titelhelden, der aus hoffnungsloser Liebe in den Tod geht, über die
veralteten, aber immer noch gern gehörten
Akt-Finali à la Beatrice di Tenda oder
Maria Stuarda. Die knalligen Märsche der
Revolutionsszene und des 3. Finales parodieren hingegen die Volksszenen Giacomo
Meyerbeers, dessen Musiksprache und
Dramaturgie Offenbach wichtige Orientierungsmarken lieferten.
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In vier Takten des 3. Finales taucht auf
Fantasios Worte „Bringt euch doch um,
/ denn uns geht das alles nichts an“ ein
leicht militaristisches Motiv auf, aus dem
Bizet zwei Jahre später den Soldatenchor
zu Beginn seiner Carmen entwickelte. Eine
Entlehnung, die umso pikanter ist, als dieser seinen einstigen Entdecker und Förderer damals als „Schwein“ und den nach
Fantasio entstandenen Boule de neige als
„Scheißdreck“ (ordure) beschimpfte.
Das Buffo-Element kommt in seiner sublimeren Variante in den Couplets und
Duetten des Prinzen und seines Adjutanten
sowie im hinreißenden Quintett zu seinem
Recht. Handwerklich atemberaubend
sind die drei komplexen Finali des von
Offenbach individuell weiter entwickelten
Rossini-Typs. Besonders das zweite ist
ein konstruktives Meisterwerk. Für hand-
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festeren Humor steht Fantasios Freund
Spark, dessen Glockenlied in der Tradition
der Trinklieder gleich zu Beginn der Oper
eine Variante des Glockenliedes aus den
Rheinnixen ist, wodurch sich Fantasio als
Brücke zwischen den ersten und seiner
spätesten Oper ausweist.
Die romantische Seite vertritt das hohe
Paar Fantasio-Theres. Letztere hat im
2. Akt ausgiebig Gelegenheit zu virtuosen
Koloraturen, wie es das Publikum der
Opéra-Comique erwartete: In ihrem großen Rondo mit Chor-Einwürfen zu Beginn
des Aktes sowie im Liebesduett. Ouvertüre und Entr’actes zeigen Offenbach als
überragenden Instrumentalkomponisten,
der ganz entgegen dem Vorurteil seiner
Verächter und ihrer Nachbeter das Handwerk des strengen Satzes auf spielerischleichte Weise beherrscht.
Renatus Meszar
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DIE PARTITUR
SICHTBAR
MACHEN
Musik. Selbst der buffoneske Prinz und sein
Adjutant haben anrührende Nummern. Beide
sind von großer Sehnsucht und Verlorenheit
erfüllt. Das ist eine ganz menschliche Komik.
Wo hörst du die emotionale Tiefe?
Alle interessanten Theaterfiguren haben ein
Defizit. Offenbachs magische Musik drückt
diese Leerstelle aus. Mit einem melancholischen Grundton, orchestraler Durchsichtigkeit, sparsamen Effekten. Deswegen kann
man sich mit den Personen ganz gut identifizieren.
und das Bittere verschmelzen zu einer Einheit. Das macht Fantasio so lebensnah und
zeitgemäß. Ich finde, unsere Uraufführung
kommt genau zum richtigen Zeitpunkt.
Denkst du beim königstreuen Volk auch an
zeitgenössische Parallelen?
Da kann man an Ludwig II., das englische
Königshaus oder die Herzogin von Alba denken, aber auch an Figuren wie Putin, Obama,
Merkel. Das sind Kultfiguren, die eine blinde
Gefolgschaft aufgebaut haben. Die politischen Fragen sind inzwischen zu komplex,
als dass man sie durchschauen könnte. Nur
fragt man sich eben auch, ob die Politiker
dazu noch in der Lage sind.
Wie ist dein Verhältnis zu Offenbach?
Ich habe vor langer Zeit Die in eine Katze
verwandelte Frau an der Neuköllner Oper
und Orpheus in der Unterwelt in Erfurt inszeniert. Hoffmanns Erzählungen gehören zu
meinen Lieblingsopern und Die Rheinnixen
werden leider viel zu selten gespielt. Das
müsste man mal machen. Außerdem bin ich,
wie Offenbach, im Herzen Rheinländer. Den
Unsinn des Lebens versuchen wir durch
Lebenslust zu kompensieren.
Wie meinst du das?
Es ist ein Märchenstoff, der tolle Bezüge zur
Gegenwart hat. Er spielt in einem Land, das
kurz vor dem Krieg steht. Es geht um scheiternde Friedensverhandlungen mit einer
überlegenen Großmacht, ein herrschergläubiges Volk, rebellierende Studenten, eine
überforderte Regierung. Damit können wir
heute etwas anfangen, ganz abgesehen vom
emotionalen Gehalt der Figuren.
Wie siehst du die Studenten?
Ich glaube nicht, dass sie politisch wirklich
radikal denken. Fantasio argumentiert vom
menschlichen Standpunkt aus gegen den
Krieg. Die anderen scheinen mir eher an
Feiern und Trinken interessiert. Ich kann ihr
Engagement nicht ernst nehmen. Sie lehnen
den blinden Gehorsam der Bürger ab, haben
aber keinen Gegenentwurf. Das ist ja auch
sehr zeitgemäß.
„Fantasio“ enthält viele Vorgriffe auf „Hoffmann“. Wie siehst du ihn im Gesamtwerk
Offenbachs?
Ich sehe ihn zwischen dem romantischen
Ende und den Operetten-Vorläufern. Durch
dieses Stück verläuft ein Abgrund, ohne
den es keinen Humor gibt. Das Übermütige
Wie drückt sich das Politische in der
Musik aus?
Es ist auffällig, dass das Stück mit Märschen
schließt. Es gibt kein Happy End, sondern
ein Allegro marziale als Parodie auf den
aufkeimenden Militarismus. Aber insgesamt
empfinde ich Fantasio nicht als politische
Wie machst du die historischen Figuren und
Probleme heutig und aktuell?
Ich fragte mich: Wofür steht die Ehe der
Prinzessin mit einem unbekannten Mann?
Die Antwort war, dass es dafür vielleicht
wirtschaftliche Gründe gibt. Mantua konnte
Bayern damals schlucken. Dann kam die
ZUR INSZENIERUNG
REGISSEUR BERND MOTTL IM
GESPRÄCH MIT OPERNDRAMATURG
BORIS KEHRMANN
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Überlegung: Vielleicht hat Bayern die Übernahme nötig. Vielleicht geht’s ihm gerade
schlecht und die Hochzeit ist eine feindliche
Übernahme. Daraus könnte folgen, dass das
Volk die Augen vor der Staatspleite bewusst
verschließt, so wie wir kein Bewusstsein
dafür haben, dass unser Land milliardenfach
verschuldet ist. Das bleibt für uns abstrakt,
solange es uns gut geht. Ebenso gibt es in
unserem Alltag eine Vielzahl von „feindlichen Übernahmen“ im übertragenen Sinne.
Ich sehe eine beängstigende Entwicklung,
dass gewachsene Traditionen, Handwerke,
Kulturgüter verschwinden und durch globale
Surrogate ersetzt werden. Wir sind nicht
mehr in der Lage, den Wert von Artefakten
zu schätzen. Kleidungsstücke sind importierte Ramschprodukte geworden, in China
werden österreichische Dörfer, in Berlin
das Schloss nachgebaut. Da ist nichts gewachsen, da wird kopiert, verbraucht und
weggeschmissen. Unsere Gesellschaft entwickelt sich gerade in eine fatale Richtung.
Das kann man mit unserer Geschichte ganz
gut erzählen.
Eins dieser Handwerke ist das Theater. Ist
„Fantasio“ auch eine Allegorie des Theaters?
Theater ist auch eine sehr alte Kunst, die
von der virtuellen Welt überrannt zu werden
droht. Ein anderes Beispiel ist der niedergehende Einzelhandel. Geschäfte sind bald nur
noch dazu da, sich die Ware anzugucken,
die man dann Online günstiger bestellt
und durch die Gegend schicken oder am
3-D-Drucker ausdrucken lässt. Das tun wir
freiwillig und im vollen Bewusstsein, dass
irgendjemand irgendwo auf der Welt dafür
bezahlt, dass wir es billiger bekommen. Diese Art von Entfremdung macht mir Angst.
Wie drückt sich das in der Inszenierung aus?
Dadurch z. B., dass in der Schneiderei, in der
sich Fantasio sein Narrenkostüm machen
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lässt, kein Schneider mehr arbeitet. Da kommen nur noch Kartons raus.
Welche Rolle spielt die Erotik bei Offenbach?
Thereses Drama ist, dass sie zwischen der
Staatsräson und einem Menschen steht,
den sie nur über seine Stimme kennen
lernt. Darin liegt das Besondere des ersten Duetts. Sie verliebt sich in den Narren,
weiß aber nicht, wer sich hinter der Maske
verbirgt. Im 3. Duett entscheidet sie sich
endgültig gegen die Gesellschaft und für
ihr Herz. Diesen Konflikt kann man heute
vielleicht eher nachvollziehen, wenn lange
offen bleibt, ob Fantasio eine Hosenrolle
oder wirklich eine Frau ist. Damit gleicht
das Bekenntnis von Theres einem Coming
Out. Außerdem erzählt das auch etwas
über die Notlage der verfolgten Studentin
Fantasio. Sie hat sich als Mann verkleidet,
um bei den Studenten unterzukommen.
Du hast einen Choreografen für diese
Inszenierung hinzugezogen. Warum?
Offenbach ist sehr tänzerisch und rhythmisiert. Das sind nicht nur Ohrwürmer,
die lassen einen auch mit-swingen. Dafür
einen Körperausdruck zu finden, ist gerade
auch für einen Chor kostbar. Außerdem
gibt die geformte Bewegung der Bühnenaktion eine visuelle Struktur, die der Musik
Kraft verleiht. Dafür ist Otto Pichler ideal.
Der Chor macht das, wie sich gezeigt hat,
mit großem Vergnügen und ist dann auch
insgesamt ganz anders bei der Sache. Man
kommt dieser Musik mit formaler Strenge
oft viel näher. Die Partitur wird sichtbar.
„Fantasio“ ist sehr poetisch. Du ironisierst z. B. Thereses Koloraturarie leise.
Warum?
Mich interessiert so eine Frau wie die Prinzessin nur, wenn sie eine Brechung, eine
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Reibfläche hat, wenn sie sich auch wehrt
und innerlich stabil und nicht nur ein Leidenspüppchen ist. Das hat nichts mit Ironisierung zu tun, sondern damit, dass ich
grundsätzlich auch die andere Seite der
Medaille zu zeigen versuche. Kein Mensch
besteht nur aus einer Haltung. Niemand ist
nur leidend oder nur souverän.
Hörst Du diese Spannung aus der Musik
heraus?
Ja, es gibt diese feinnervige Offenporigkeit. In jeder Stress-Situation steckt ja immer auch eine Portion Komik. Man braucht
nur mal kurz den Abstand zu vergrößern
und von außen draufzugucken. Offenbach
kannte diese beiden Perspektiven aus eigener Erfahrung. Komiker sind ja meist die
depressivsten Menschen. Das Tieftraurige
ist dem Lächerlichen verwandt und das
Grausame hat oft eine groteske Note.
Gab es etwas, was Dir bei „Fantasio“
Schwierigkeiten bereitet hat?
Für mich waren die politische Klammer
der Annexion und Bayerns Entwicklung zu
einer Paket-Gesellschaft die springenden
Punkte, um das Stück in einen Kontext zu
stellen, der etwas mit uns zu tun hat. Das
Menschliche geht einem durch die Musik
ja nah und passt gut in diesen Kontext.
Hast du Lust auf mehr Offenbach?
Unbedingt, da sind noch so viele Schätze
zu heben. Soviel gute Musik, die nicht
primitiv ist und die man als Zuhörer doch
sofort in ihrer Qualität erfassen kann, gibt
es gar nicht. Offenbach ist hoch virtuos,
schwer zu singen, fordert das gesamte
Theater heraus. Alle Elemente der Darstellenden Künste, Gesang, Sprache, Tanz und
Ausstattung können hier brillieren. Vor
allem, wenn ein Ensemble diese Herausforderung so dankbar annimmt wie hier.
Ks. Ina Schlingensiepen, Katharine Tier
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ANDREAS SCHÜLLER Musikalische Leitung
DANIELE SQUEO Nachdirigat
BERND MOTTL Regie
FRIEDRICH EGGERT Bühne
Der Berliner ist seit 2013 Chefdirigent der
Staatsoperette Dresden. Er studierte an
beiden Musikhochschulen seiner Heimatstadt, war gleichzeitig als Pianist und
Dirigent in der freien Opernszene tätig,
leitete Studentenorchester und assistierte
Marc Piollet, Fabio Luisi, Lothar Zagrosek.
2002–2007 arbeitete er als Assistent und
Chordirektor bei den Salzburger Festspielen. Seit 2003 ist er als Dirigent der Wiener
Volksoper verbunden, die er nach Tokio
begleitete. 2005/06 außerdem 2. Kapellmeister am Staatstheater Wiesbaden. Verpflichtungen führten ihn an die Opernhäuser Leipzig (2008–2011, 1. Kapellmeister),
Berlin (Komische Oper), Köln, Graz sowie
zum Istanbul Philharmonic Orchestra, MDR
Sinfonieorchester Leipzig, Kolumbianischen
Nationalorchester Bogotá, Berliner Sinfonie
Orchester, Staatsorchester Kassel sowie
den Münchner Symphonikern und der Jenaer Philharmonie. Mit Fantasio debütiert er
am STAATSTHEATER KARLSRUHE.
Squeo studierte in seiner Heimat Italien.
2008 kam er als Assistent des Leipziger
Nikolaikantors nach Deutschland und setzte
seine Studien an der Hochschule für Musik
„Franz Liszt“ fort. Er besuchte Meisterkurse
bei Steven Sloane, Sir Roger Norrington,
Sylvain Cambreling, leitete Orchester in
Jena, Spoleto, Teplice, Karlsbad, Nürnberg,
Bochum, Essen und war 2010–2013 Chefdirigent des Akademischen Orchesters der
TU Ilmenau. 2011 gewann er den „XVIII.
Wettbewerb für Junge Dirigenten der Europäischen Union“, 2013 den 5. Deutschen
Operettenpreis sowie den 2. Preis im Dirigierwettbewerb der mitteldeutschen Hochschulen und des MDR-Sinfonieorchesters
Leipzig. Operndirigate in Rom, Spoleto,
Assisi schlossen sich an. 2013/14 war Squeo
Studienleiter und Kapellmeister am Theater
Nordhausen. Seit 2014 2. Kapellmeister am
BADISCHEN STAATSTHEATER KARLSRUHE, wo er Fantasio, La Bohème, Zauberflöte, Giselle und Iphigenie auf Tauris dirigiert.
Der Wahlberliner erarbeitet seit 1994 Inszenierungen aller Sparten in Deutschland,
Österreich und der Schweiz. Sein Repertoire
reicht von Monteverdis Ulisse über Klassiker (Zauberflöte, Traviata, Tosca usw.)
und Raritäten (Flotows Martha; Schoecks
Penthesilea; Weills Street Scene usw.) bis
zu Uraufführungen (Rainer Rubberts Kleist).
An der Neuköllner Oper schuf er mit Peter
Lund ein neues Musical-Genre (Wunder von
Neukölln, Elternabend, Held Müller). Mit
Désirée Nick brachte er Oliver Bukowskis
Nichts Schöneres am Berliner RenaissanceTheater heraus. An der Kölner Oper inszenierte er La voix humaine/Blaubarts Burg
mit Nicola Beller-Carbone und Johannes
Martin Kränzle sowie Csárdásfürstin mit
den Geschwistern Pfister. Zuletzt inszenierte er in Wiesbaden Bernsteins Candide.
Auf Fantasio in Karlsruhe folgt Massenets
Werther in Hannover. Am BADISCHEN
STAATSTHEATER stellte er sich 2012 mit
Künnekes Vetter aus Dingsda vor.
Friedrich Eggert gestaltet Bühne, Kostüme
und Licht für Oper, Schauspiel und Musical
u. a. mit den Regisseuren Inga Levant, Michael Schachermaier, Aron Stiehl, Gerald
M. Bauer, Sebastian Welker, Bernd Mottl.
Seine letzten Engagements führten ihn an
Volksoper (Kiss Me, Kate) und Volkstheater
Wien, an die Bar jeder Vernunft (La cage
aux folles), nach Brno (Boris Godunow),
Prag (Cavalleria/Pagliacci), St. Gallen
(Il diluvio universale, Zauberflöte), Münster
(Barbier), Hannover (Greek, My Fair Lady.
Street Scene), Köln (Voix humaine/Blaubarts Burg, Csárdásfürstin, Ulisse, Liebestrank), Saarbrücken (Cenerentola, Macbeth), Erfurt (Orpheus in der Unterwelt),
Leipzig (Schwarzwaldmädel), Wiesbaden
(Candide) sowie mit Vetter aus Dingsda und
Maskenball an das BADISCHE STAATSTHEATER KARSLRUHE. Für das Licht zeichnete Eggert zuletzt in Lausanne/Toulouse
(Figaro), London/Barcelona (Sonnambula)
und Paris (Arabella) verantwortlich.
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ALFRED MAYERHOFER Kostüme
OTTO PICHLER Choreografie
Der Steirer entwirft Kostüme für Bühne,
Film, Fernsehen und arbeitet regelmäßig
mit Regisseuren wie Barrie Kosky, Karsten
Wiegand, Georg Schmiedleitner, Josef
Ernst Köpplinger, Stephanie Mohr, Michael
Sturminger und Andreas Baesler zusammen. Für Kosky kreierte er die Kostüme
zu u. a. Poppea am Schauspielhaus Wien,
Mahagonny, Holländer, Tristan in Essen,
Peter Grimes in Hannover, Kiss Me, Kate
und Iphigenie auf Tauris an der Komischen Oper Berlin, A Midsummer Night’s
Dream in Bremen und Lohengrin an der
Wiener Staatsoper. Mit Karsten Wiegand
erarbeitete er den Doppelabend I pazzi
per progetto/Le bal an der Bayerischen
Theaterakademie München sowie Hänsel
und Gretel, Tristan, Rigoletto und Don Giovanni in Weimar, mit Georg Schmiedleitner
Wagners Ring in Nürnberg. Der Vetter aus
Dingsda am STAATSTHEATER KARLSRUHE war Mayerhofers erste Zusammenarbeit mit Bernd Mottl.
Der Österreicher studierte an der Ballettschule des Landestheaters Salzburg sowie
am Tanz- und Gesangsstudio des Theaters
an der Wien. Er schuf Choreografien u. a.
für Barrie Kosky (Das Schloss in Wien,
Kiss Me, Kate, Sieben Todsünden, Orfeo,
Ball im Savoy, Schöne Helena und West
Side Story, für die er auch als Co-Regisseur
zeichnete, an der Komischen Oper Berlin),
Bernd Mottl (Csárdásfürstin, Liebestrank
in Köln, My Fair Lady in Hannover, La cage
aux folles in Berlin. Vetter aus Dingsda am
STAATSTHEATER KARLSRUHE), Günter
Krämer (Turandot und Johnny spielt auf in
Köln, Mitridate bei den Salzburger Festspielen, Fledermaus und Penthesilea in
Dresden, Wagners Ring in Paris) und David
Mouchtar-Samorai. Eigene Regiearbeiten
waren Jesus Christ Superstar, Zwei Herzen
im Dreivierteltakt, Jekyll & Hyde in Coburg
und Hello Dolly in Linz. Im Anschluss an
Fantasio entwirft er die Choreografie zu La
Bohème in Magdeburg.
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Dilara Baştar, Peter Pichler
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DILARA BAŞTAR Fantasio
Die Mezzosopranistin wurde 1988 in Istanbul geboren. Sie studierte in
ihrer Heimatstadt und gewann internationale Preise. Seit 2012 gehört sie
dem Karlsruher OPERNSTUDIO, seit 2014 dem Ensemble des STAATSTHEATERS KARLSRUHE an, wo sie u. a. Cherubino in Figaros Hochzeit,
Hannah in Die Passagierin und Pasqualita in Doctor Atomic sang. Demnächst wird sie hier Dorabella in Così fan tutte gestalten.
KRISTINA STANEK Flamel
Die Krefelder Mezzosopranistin studierte in Düsseldorf und an der Royal
Academy of Music in London. Seit 2012/13 gehört sie dem Ensemble des
Theaters Trieran, wo sie u. a. Carmen, Sesto in Mozart Titus, Glucks Orfeo, Olga in Eugen Onegin, Orlofsky in Fledermaus, Maddalena in Rigoletto und Concepcion in L’Heure Espagnole gestaltete. Mit Flamel debütiert
sie am STAATSTHEATER KARLSRUHE.
STEFANIE SCHAEFER Fantasio
Die Frankfurterin gastierte nach ihrem Studium in Stuttgart, Mannheim,
Schwerin, Osnabrück, Schwetzingen, Frankfurt. Festengagements führten
sie an die Opernhäuser von Wuppertal, Darmstadt, Erfurt sowie 2011 an das
STAATSTHEATER KARLSRUHE. Hier sang sie ein breites Repertoire von Cherubino bis Carmen, von Maddalena in Rigoletto bis Magdalena in den Meistersingern, von Orlofsky in der Fledermaus bis Octavian im Rosenkavalier.
KATHERINE TIER Flamel
Als ehemaliges Mitglied des Adler Fellowship Programs der San Francisco
Opera war der australische Mezzo u. a. als Carmen, Charlotte in Werther,
Rossinis Tancredi sowie mit Rezitals auf vier Kontinenten zu hören. 2011
debütierte sie als Didon in Berlioz’ Trojanern am STAATSTHEATER KARLSRUHE, dessen Ensemble sie seither angehört. Hier gestaltet sie Nastassja
in Krásas Verlobung im Traum, Octavian und demnächst Glucks Iphigenie.
RENATUS MESZAR König
Der studierte Kirchenmusiker gab 1990 bei der Münchner Biennale sein
Operndebüt. Internationale Auszeichnungen bahnten ihm den Weg in
die Ensembles von Braunschweig, Weimar und Bonn. Seit 2012 gehört er
dem STAATSTHEATER KARLSRUHE an, wo er die großen Wagner-Partien, aber auch den Eichmann in Wallenberg und Groves in Doctor Atomic
sang. Demnächst ist er hier als Amfortas im neuen Parsifal zu hören.
ARMIN KOLARCZYK Prinz von Mantua
Der zweisprachig in Trento (Italien) aufgewachsene Bariton gehörte 1997
zehn Jahre dem Theater Bremen an und wechselte dann an das STAATSTHEATER KARLSRUHE. Hier gestaltete er neben den großen Mozart-Partien Wagners Wolfram und Beckmesser neben John Adams Doctor Atomic.
Demnächst ist er Glucks Orest in Iphigenie und in Hagen Verdis Jago.
LUIZ MOLZ König
Der 1969 geborene Brasilianer ist nach Engagements in Stuttgart und
Freiburg seit 2001 Ensemblemitglied des STAATSTHEATERS KARLSRUHE. Hier war er in über 60 Partien zu erleben. Gastspiele führten ihn
an Bühnen der Bundesrepublik, Kroatien, Bosnien, Estland, Luxemburg,
Schweiz, Slowenien (Massenets Don Quichotte), Südkorea, Brasilien. In
Karlsruhe ist er demnächst Colline in La Bohème und Pistola in Falstaff.
GABRIEL URRUTIA BENET Prinz von Mantua
Der 1976 geborene Valencianer kam über Heidelberg und Freiburg, wo er
unter Calixto Bieito den Nekrotzar in György Ligetis Le grand macabre
und Edward in Maurico Kagels Aus Deutschland erarbeitete, 2011 ans
STAATSTHEATER KARLSRUHE. Hier prägte er sich u. a. als Papageno,
Popolani in Blaubart und Doctor Atomic ein. Demnächst ist er in Karlsruhe
als Schaunard La Bohème und Guglielmo in Così fan tutte zu erleben.
JENNIFER RIEDEL Theres
Die gebürtige Pulsnitzerin schloss ihr Studium 2013 an der Hochschule für
Musik Karlsruhe ab. Anschließend debütiert sie mit überwältigendem Erfolg
als Gilda in Trier und Blonde am Gärtnerplatztheater München. Gastengagements führen sie an die Staatsoper Berlin, das STAATSTHEATER KARLSRUHE (Ludger Vollmers Border; Dino und die Arche), nach Baden-Baden,
Braunschweig, Kiel, Regensburg und die Dresdner Semperoper Dresden.
Ks. KLAUS SCHNEIDER Marinoni
Der Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes debütierte 1989
an der Opéra National de Paris und gehört seit 1990 dem Ensemble des
STAATSTHEATERS KARLSRUHE an. Hier sang er alle großen Mozart-,
ausgewählte Wagner-Partien sowie u. a. Max im Freischütz, Blaubart,
Hoffmann, Werther, Peter Grimes. 2003 wurde ihm der KammersängerTitel verliehen. Demnächst ist er als Dr. Cajus in Falstaff zu erleben.
Ks. INA SCHLINGENSIEPEN Theres
Nach Engagements in ihrer Heimat Bulgarien und unter Marc Minkowski
am Teatro Real Madrid kam die Sopranistin über Bremen (1999–2002) ans
BADISCHE STAATSTHEATER. Hier kreierte sie von Donizettis Lucia bis
Strauss‘ Sophie zahllose Partien. 2006 erhielt sie den Goldenen Fächer
der Theatergemeinde Karlsruhe, 2007 den Otto-Kasten-Preis, 2013 den
Titel Kammersängerin. Demnächst ist sie Musetta und Alice in Falstaff.
MATTHIAS WOHLBRECHT Marinoni
Der Tenor studierte in Würzburg und Mailand, debütierte 1998 als Pedrillo an
der Kammeroper Schloss Rheinsberg und kam über Rostock, Darmstadt und
Mannheim 2004 ans STAATSTHEATER KARLS RUHE. Zu seine Partien gehören Loge und Mime im Ring, Eisenstein in der Fledermaus, Schujski in Boris
Godunow. Gastspiele mit diesen Rollen sowie als Herodes (Salome) führen
ihn nach Venedig, Bari, Triest, München, Seoul unter Myung-Whun Chung.
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LUCIA LUCAS Spark
Lucas war Mitglied des Opernstudios der Santa Fe Opera und Stipendiatin
der Deutschen Oper Berlin. Engagements führten sie an Opernhäuser der
USA, nach Turin, Heidelberg und 2011 ans STAATSTHEATER KARLSRUHE.
Hier sang sie u. a. Leporello, Hobson in Peter Grimes, Fasolt im Ring, Mozarts Figaro, Edward Teller in John Adams Doctor Atomic. Demnächst ist
sie als Marcello in La bohème und Thoas in Glucks Iphigenie zu erleben.
DENNIS SÖRÖS Spark
Der Stipendiat des Richard-Wagner-Verbandes Karlsruhe, der Studienstiftung des deutschen Volkes sowie 1. Mendelssohn-Preisträger studiert
an der Hochschule für Musik Karlsruhe bei Prof. Stephan Kohlenberg und
Júlia Várady und besuchte Meisterkurse bei Brigitte Fassbaender, Thomas Hampson und Marlis Petersen. Gastspiele führten ihn u. a. zu den Osterfestspielen Baden-Baden. Debüt am STAATSTHEATER KARLSRUHE.
MAX FRIEDRICH SCHÄFFER Facio
Der Tenor erhielt bei Mark Tucker in Hamburg und Donald Litaker in
Karlsruhe seine Ausbildung. Konzert- und Opernengagements führten
ihn nach Berlin, Hamburg, Lübeck, Oldenburg, Japan. 2011–2014 gehörte
er dem Opernstudio des STAATSTHEATERS KARLSRUHE an. Seit 2014
ist er fest im Ensemble. In Verdis Falstaff übernimmt er demnächst den
Bardolfo.
NANDO ZICKGRAF Max
Der Freiburger Tenor gastierte noch während seines Studiums an der
Hochschule für Musik Karlsruhe in der Kinderoper Dino und die Arche
am STAATSTHEATER KARLSRUHE, dessen Opernstudio er seit 2013
angehört. Hier war er als Teekanne in Kind und die Zauberdinge sowie
als Zorn in den Meistersingern zu erleben. Gastspiele führten ihn nach
Pforzheim und zum Menuhin-Festival nach Davos.
DANIEL PASTEWSKI Hartmann
Pastewski studierte in Leipzig sowie bei Prof. Friedemann Röhlig in Karlsruhe. Er ist Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes sowie
Preisträger des internationalen Gesangswettbewerb der Kammeroper
Schloss Rheinsberg 2014. Am STAATSTHEATER KARLSRUHE gastierte
er als Hund in Dino und die Arche, an der Staatsoper Stuttgart als Lakai
in Ariadne auf Naxos (2013).
PETER PICHLER Rütten
Der Bitterfelder kam 1947 nach Graz, wo er sein Schauspiel-Studium abschloss und unter Hans Hollmann erste Theatererfahrungen sammelte.
Festengagements führten ihn über Graz, Leipzig, Nürnberg, Dortmund
(1975–1985), Saarbrücken (1985–1989), Würzburg (1989–1994), Memmingen (1994–2000) und Meiningen (2000–2003) nach Heidelberg. Pichler
wurde dreimal mit dem Bayerischen Theaterpreis ausgezeichnet.
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Damen des Staatsopernchores
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BILDNACHWEISE
IMPRESSUM
TITELFOTO
Felix Grünschloß
PROBENFOTOS Jochen Klenk
HERAUSGEBER
BADISCHES STAATSTHEATER
KARLSRUHE
GENERALINTENDANT
Peter Spuhler
VERWALTUNGSDIREKTOR
Michael Obermeier
TEXTNACHWEIS
Alle Texte sind Originalbeiträge für dieses
Programmheft von Boris Kehrmann.
Sämtliche Stückzitate sind in der Übersetzung von Carsten Golbeck wiedergegeben.
OPERNDIREKTOR
Michael Fichtenholz
LEITENDER DRAMATURG OPER
Carsten Jenß
REDAKTION
Dr. Boris Kehrmann
KONZEPT
DOUBLE STANDARDS BERLIN
www.doublestandards.net
BADISCHES STAATSTHEATER
KARLSRUHE 2014/15,
Programmheft Nr. 223
www.staatstheater.karlsruhe.de
GESTALTUNG
Kristina Schwarz
DRUCK
medialogik GmbH, Karlsruhe
KEINER KANN ERAHNEN,
WAS GENIES SO PLANEN.
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