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Editorial Hängepartien und Höhenflüge Eine Hängepartie bezeichnet eine Schachpartie, die abgebrochen wurde, um zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt zu werden. Beim Abbrechen einer Partie notiert der Spieler, der am Zug ist, seinen nächsten Zug verbindlich auf seinem Partieformular. Beide Partieformulare werden in einen Umschlag gesteckt. Auf dem Umschlag werden Stellung, Namen der Spieler, verbrauchte Bedenkzeiten, eventuelles Remisangebot, welcher Spieler am wievielten Zug ist sowie Zeitpunkt und Ort der Wiederaufnahme der Partie notiert. Bei Wiederaufnahme der Partie muss der Spieler, der am Zug ist, genau den Zug ausführen, den er notiert hatte. So soll verhindert werden, dass einer der beiden Spieler einen zeitlichen Vorteil erhält.(aus Wikipedia – Die freie Enzyklopädie) Deutschland bestaunt das Ende einer politischen Hängepartie – weißer Rauch in Berlin. Endlich haben wir im Bundestag eine grandiose regierungsfähige Mehrheit. Unser „Sie glauben doch nicht im Ernst, Frau Merkel, dass Sie in der Lage sind, Deutschland zu regieren“ Kanzler Gerd hat Flasche leer und Thron verlassen. „Deutsche-land wird nun vier Jahre von einem Mädchen regiert. Angela, die Erste. Mit einer rotschwarzen Mannschaft steil aufwärts? Hoffentlich! Ein anderes rot-schwarzes Unternehmen konnte zum gleichen Zeitpunkt das Ende einer sportlichen Hängepartie verkünden – Rudi und Rest-Bayer haben einen neuen Trainer. Michael Skibbe (40) Ex-Schalke-Profi, Ex-BVB-Trainer und Ex-DFBTrainer beendete damit seine eigene Hängepartie und setzt nun nach fünfjähriger Bundesliga-Abstinenz und dem zwischenzeitlichen Gewinn der Vize-Weltmeisterschaft zu einem weiteren sportlichen Höhenflug an. Er soll den angeschlagenen Spitzenclub wieder in die Nähe des jahrelang erfolgreich verteidigten zweiten Tabellenplatzes führen. Wenn auch nur dritte oder vierte Wahl, befindet er sich damit wohl in bester Gesellschaft. Auch Grinsi-Klinsi wurde 2004 nach reihenweisen Absagen gestandener Trainer-Koryphäen und einer DFB-Dauer-Krise von einem Touristen zufällig in einer Florida-Beachbar entdeckt. Er übernahm trotz neunter oder zehnter Wahl das Szepter der DFB-Auswahl und führte fortan das Aushängeschild der deutschen Soccer-Gemeinde per Handy vom amerikanischen Strand aus zu ungeahnten Erfolgen. Jüngst gipfelten diese in einem sensationellen Erfolg über die Fußball-Weltmacht China. Unser aller schwarz-rot-goldenes Land hat trotz dramatisch fortschreitender Vergreisung und rasant rückgängiger Bevölkerungszahl ein 1,5 Milliarden-Volk geschlagen!!! Ein sportliches Volk, das 2008 bei seinem Olympia-Heimspiel die Medaillenränge weitgehend unter sich ausmachen wird. Fußball-Deutschland also im Aufwind – der vierte WM-Titel in den nächsten drei Jahrzehnten in greifbarer Nähe und selbst unser Super-Champions- und Bundesliga-Rekord-Titel-Sammler Otmar H. beendet seine selbst auferlegte Hängepartie und wird pünktlich nach der WM 2006 mit seinem neuen Club wieder nach den Titel-Sternen greifen. Hitzfeld für Fortuna Düsseldorf und in spätestens vier Jahren könnte man in der jetzt noch städtisch subventionierten LTUarena den eigenen Champions League-Sieger präsentieren und damit auch zur finanziellen Gesundung der größten „Fußball-Halle“ Europas beitragen. Die Überzeugungsarbeit für dieses ehrgeizige, aber machbare Projekt könnte Big Boss und Fortuna-Aufsichtsratmitglied Reiner „Calli“ mit seiner alles niederwalzenden rheinischen Überredungskunst mit „Leichtigkeit“ durchführen. Wenn es mit unserem Land aufwärts gehen soll, warum nicht dann auch mit dem am tiefsten gesunkenen aller ehemaligen Dauer-Bundesliga-Clubs? Steinbrück und Fortuna - ehemals Düsseldorfer Nachbarn. Beide in den nächsten Jahren auf Höhenflügen. Das wär`s doch. Ihr Henry Sprenger Herausgeber nrw sports 3 Inhalt 8 Inhalt 37 3 8 16 18 20 22 24 26 28 70 73 78 4 32 37 38 40 42 44 46 48 50 52 54 55 56 58 60 64 68 70 73 76 78 83 86 90 Editorial - Hängepartien und Höhenflüge Eishockey-Special Eishockey in NRW Duisburger Füchse Kölner Haie Iserlohn Roosters Krefeld Pinguine DEG Metro Stars Magic Moments Ausverkauft!? Fußball-Special Fußball - Unsere NRW-Vereine - 1. Bundesliga Die glorreichen Sieben - Teil 1 - die Spielmacher Bayer 04 Leverkusen - Bernd Schneider Borussia Mönchengladbach - Thomas Broich 1. FC Köln - Sebastian Schindzielorz FC Schalke 04 - Lincoln (Cassio de Souza Soares) BVB Borussia Dortmund - Thomas Rosicky Arminia Bielefeld - Massimilian Porcello MSV Duisburg - Ivica Grilic Titelchancen auf der Zugspitze Festspiele in Königsblau „Alm-Rollis“ als Arminias Aushängeschild „Endlich passiert mal was in Duisburg“ Club Bayer 04 - Ein Feuerwerk an Leistungen Rote Teufel und Berner Helden 200.000 Fußball-Verückte in Maracana Die Zerschlagung des „nordischen Knoten“ TuSEM aus der Asche Beach-Volleyball - Strandgut Tour de France - Verlorene Siege Rugby - Ohne Leinenzwang und Maulkorb Marathon in NRW - „Suche Startnummer, biete Ehefrau“ Termine - Was ist los in NRW Vorschau und Impressum Eishockey Special - Eishockey in NRW Eishockey macht süchtig Die traditionelle Hochburg des deutschen Eishockeys mag Bayern sein, doch das Herz schlägt eindeutig im Rheinland. Nirgendwo in der Republik hat die „Droge Eishockey“ (so der Titel eines bekannten Buches von Günter Klein) ein größeres Suchtpotenzial entfaltet als in Düsseldorf und Köln. Jeweils acht Meisterschaften feierten die rheinischen Rivalen bislang, auch die Krefelder Anhänger bekamen ihre Dosis in Form des sensationellen Titelgewinns vor 2 ½ Jahren und ebenso gehören das Ruhrgebiet und das Sauerland zur Geschichte des Kufenflitzersports in NRW. Unvergessene Superstars und legendäre Trainer, grandiose Meisterschaften und große Siege, bittere Pleiten und furchtbare Enttäuschungen, schlimme Skandale und anrüchige Affären - der Stoff, aus dem die Träume und manchmal auch die Albträume sind, ist von allerbester Qualität und berauscht die Fans seit Jahrzehnten. Die 60er: Heja, heja DEG! “Titel, Tränen und Triumphe“ – treffender hätte der Leitspruch für die Saison 2005/06 bei den DEG Metro Stars nicht lauten können. Der Erfolgsklub verabschiedet sich in dieser Spielzeit von einem Markenzeichen, von seinem Symbol: dem Eisstadion an der Brehmstraße. Diese Adresse ist viel mehr als bloße Ortsbezeichnung für die erste, 1935 erbaute, Eisarena Westdeutschlands. Brehmstraße, das bedeutet Wunderkerzenmeere am Freitagabend, schlotternde Knie bei Gegnern und Schiedsrichtern, Ohrwürmer von unzähligen Fangesängen und Schlachtrufen. Das Wort riecht nach verschüttetem Bier und umher wabernden Bratwurstdüften, schmeckt nach dem Schampus, den wildgewordene Meisterspieler bei jedem Titelgewinn flaschenweise auf den eigenen Trikots und den Anzügen ihrer Trainer versprühten, das klingt wie „Heja, heja, DEG!“ und gellende Pfeifkonzerte aus über 10 000 Zuschauerkehlen, das fühlt sich an wie die Gänsehaut bei der ersten Liebe. Faszination Brehmstraße: Es brauchte nicht lange nach Einführung der Bundesliga 1958, dass sich dieses mittlerweile marode Stadion zur Kultstätte der deutschen Puckjäger entwickelte. Als Prügelknabe starteten die Rot-Gelben damals ins Oberhaus, wurde im Gründungsjahr der Bundesliga gar 20:1 vom EV Füssen abgeschossen: Abstieg direkt im ersten Jahr. Doch die schönsten Geschichten fangen unten an. In der Saison 1965/66 war die DEG wieder da, 1967 Meister mit Trainer Hans Rampf, Torwart Rainer Gossmann, Otto Schneitberger, Sepp Reif – und den Fans. In allen fünf Endrundenpartien meldete der Schatzmeister „Ausverkauft“ für die damals noch unbedachte Arena. 10 500 Zuschauer peitschten die Rot-Gelben zum Titel. Eintrittskarten für die Brehmstraße waren bis weit in die 90er Jahre in Düsseldorf ungefähr so begehrt wie ein 12 Sechser im Lotto. Und auch das „wilde Campieren“ auf dem Brehmstraßen-Trottoir vor dem Kassenhäuschen hatte gute Tradition. Liegestuhl, Kartenspiel, Heizofen und ganz wichtig, Mütze, Schal und Handschuhe gehörten zur Standardausrüstung, wenn man sich nachts (!) in die meterlangen Schlangen vor dem am nächsten Morgen öffnenden Ticketkabuff einreihte, um noch eine Karte zu ergattern. Das „beste Publikum der Welt“ feierte mit seinen Kufenstars noch zwei weitere Meisterschaften (1972 und 1975), ehe eine lange Durststrecke und nur wenige Kilometer südlich der rasante Aufstieg der zweiten westlichen Großmacht begann: der Kölner Haien. Die 70er: Der „goldene Westen“ Die Domstädter, die 1973 den Sprung in die Bundesliga schafften, erwiesen sich als genauso ehrgeiziger Emporkömmling wie die Nachbarn von der anderen Rheinseite. Und die Geschichte der beiden Lieblingsfeinde kann man ohnehin nicht getrennt voneinander erzählen. Es ist die Geschichte zweier neureicher Klubs, die dem alten Eishockey-Adel in Bayern den Rang abliefen und nicht zuletzt ihren Niedergang beschleunigten. Ein Märchen? Ein Wunder gar? Eher eine moderne, nüchterne Erzählung über den Profisport. Jenseits des Weißwurst-Äquators sprudelten die Talentquellen und im Rheinland die Geldquellen. Noch als Oberligist sorgte die DEG für einen der ersten Skandale, als man die Nationalspieler Sepp Reif und Otto Schneitberger im Sommer 1964 von Bad Tölz nach Düsseldorf lockte. Euphemistisch erklärten die beiden Stars ihren Wechsel mit beruflichen Perspektiven, die freilich erst einmal in einer 18-monatige Sperre und einem unbequemen Sitz auf der Haupttribüne an der Brehmstraße bestanden. Was jedoch nicht verhindern konnte, dass die Immigration von Wirtschaftsflüchtlingen in den „goldenen Westen“ weiter ging. Nordrhein-Westfalen wurde das Einwandererland Nummer 1 in Sachen Eishockey. Und die bayrischen Gastarbeiter waren gern gesehen. Auch in Köln. Dort hatte 1976 ein gewisser Finanzkaufmann Dr. Jochem Erlemann den Präsidenten-Posten übernommen und munteres Mäzenatentum – übrigens auf Kosten von Erlemanns Kunden und den Geldbeuteln der Fans - betrieben. Trainer Gerhard Kießling und Sohn Udo waren schon da. 650 000 D-Mark kostete die Ablöse für Erich Kühnhackl vom EV Landshut. Und mit dem „Langen“ begann die lange Erfolgsserie des KEC. 1977 wurde man Meister und landete in dieser Saison, fast ebenso wichtig, den ersten Sieg bei der DEG am 19. September 1976 (2:1). Auch 1979 stieg man auf den deutschen Eishockey-Thron. Ein Publikumsmagnet waren die Haie zu dieser Zeit nicht, hoch her ging es bei den Spielen an der Lentstraße trotzdem. Im Oktober der Meistersaison gab es wüste Prügelszenen zwischen den Kölner Zuschauern und den Spielern des amtierenden Titelträgers SC Riessersee. Einen Monat später schlug der Mannheimer Roy Roedger Udo Kießling einen Zahn aus, was Erlemann zum Rächer der Enterbten werden ließ: Per Hallenmikro prangerte die vom Schiedsrichter verhängte Zwei-Minuten-Strafe an und wurde des Stadions verwiesen. Und die Party nach dem zweiten Titelgewinn endete dank Erlemann mit einem gehörigen Kater. Noch während der Feierlichkeiten trat er zurück, seine dubiosen Geschäfte machten mehr und mehr Probleme. Torjäger Dick Decloe wurde noch in der Nacht nach Düsseldort verscherbelt, den Scheck über 75 000 Mark verlor Erlemann in einer Disco, am nächsten Tag nahm er den Flieger in die USA. Kühnhackl kehrte als verlorener Sohn nach Landshut zurück, im Tausch übrigens für Nachwuchs-Star Gerd Truntschka. Trainer Gerhard Kießling und sein Sohn Udo gingen ebenfalls zur DEG. Doch zu den inzestuösen Beziehungen zwischen Düsseldorf und Köln später mehr, denn die Bundesliga wurde erst einmal von den Auswirkungen des sogenannten Passfälscher-Skandals in ihren Grundfesten erschüttert. Die 80er: Jahrzehnt der Kölner Haie und der Skandale Der Tatort diesen schlechten Kriminalstücks war Nordrhein-Westfalen, genauer gesagt Essen. In der dortigen Bar „Schlüsselloch“ gingen nicht nur Alkoholika über die Theke. Spezialität des Hauses waren getürkte deutsche Ausweispapiere und Dokumente für kanadische Eishockey-Spieler. Festpreis: 8000 D-Mark. Die ganze Saison 1980/81 versackte bildlich gesprochen in besagter Lokalität. Beim späteren Absteiger Duisburg ging es um sieben Akteure, in Köln waren drei Spieler betroffen, Düsseldorfs Ralph Krueger bekam ebenfalls Probleme – Duisburg und Köln wurden mit Punktabzügen bestraft, den Haien wurden gar nachträglich 22 Zähler aberkannt und das bereits gewonnene Playoff-Viertelfinale gestrichen. Nicht´s war´s mit dem Halbfinale gegen die Düsseldorfer EG und die berechtigten Hoffnungen auf die dritte Meisterschaft endeten in der Relegationsrunde. Doch auch wenn die 80er Jahre für die Haie mies begannen, es war unbestritten das Jahrzehnt der Kölner. 1984 wurde zum dritten Mal der Meisterpokal unters Hallendach an der Lentstraße gestemmt. Dann 1986 die erste Finalserie gegen Düsseldorf. Nach einem 6:5-Sieg im ersten Spiel lag man beim Nachbarn im zweiten Duell nach 40 Minuten 1:5 hinten. Und während Düsseldorfs Stadionsprecher in der Drittelpause schon die Termine für den Kartenvorverkauf für das zweite Heimspiel durchgab, setzte Kölns Kapitän Kießling zu einer Kabinenpredigt an, deren Donnerhall noch auf dem Eis nachwirkte und seine Mannen zum 6:5-Sieg und nach dem dritten Erfolg schlussendlich zur vierten Meisterschaft trug. Übrigens spielte damals der spätere Stanley-Cup-Gewinner Uwe Krupp in der Kölner Verteidigung. Mit den Titeln der Jahre 86, 87 und 88 gelang den Kölnern der Hattrick. Gaddhafi entdeckt Eishockey In der Jubiläumssaison 1987/88 hielt auch die große Weltpolitik Einzug in die Eishockey-Bundesliga. Hauptdarsteller diesmal: Ein Provinzklub aus dem Sauerland und ein als Terrorist gebrandmarkter Staatsmann. Wirtschaftliche Schwierigkeiten veranlassten Heinz Wei- fenbach, Boss des ums Überleben kämpfenden ECD Iserlohn, zum Pakt mit dem Teufel der damaligen Zeit: Lybiens Revolutionsführer Gaddhafi. „Langfristig 10 Millionen Mark“, wolle der angeblich in den ECD stecken, hatte Weifenbach getönt und ließ seine Spieler am 4. Dezember gegen den SB Rosenheim mit Trikotwerbung für Gaddhafis „Grünes Buch“ auflaufen. Zwei Tage später waren die Leibchen wieder befreit von ihrem ideologischen Gewicht, der DEB war mit einem sofortigen Verbot eingeschritten. In derselben Woche meldete der Konkursverwalter die Iserlohner vom Spielbetrieb ab. Die 90er: Die Dekade der D(ü)sseldorfer E(ishockey) G(ötter) In Düsseldorf gingen Fans und Verein in diesen Jahren durch das Tal der Tränen. Immer hatte man ein Spitzenteam zusammen, seit Mitte der 80er Jahre spielte man immer oben mit – immer scheiterte man am Ende. Doch nach dem Jahrzehnt der Kölner Haie begann die Dekade der D(eutschen) E(ishockey) G(ötter). Ein fließender Übergang ein paar Kilometer den Rhein flussabwärts. Traditionsgemäß waren einige dicke Fische zwischen den beiden Erzfeinden gewechselt. Schon 1979 hatten Düsseldorfs Nationalspieler Rainer Makatch, Georg Kink und Walter Stadler beim Titelgewinn der Haie mitgeholfen, jetzt lief das Bäumchen-wechsel-dich-Spielchen in umgekehrte Richtung. Neun Jahre später kam der unvergessene Ausnahme-Torwart Helmut de Raaf mit vier Kölner Titeln in seinem Lebenslauf zurück nach Düsseldorf. Im „Fall de Raaf“ trafen sich beide Klubs sogar vor Gericht, auch beim Wechsel des ehemaligen Kölners Uli Hiemer, der 1987 von NHL-Klub New Jersey Devils nach Düsseldorf ging, gab´s mächtig Zoff. Ebenso bei den Transfers von Gerd Truntschka und Dieter Hegen an die Brehmstraße zur Spielzeit 1989/90, in der die 15jährige Leidenszeit endlich vorbei sein sollte. 1990 glückte die Revanche gegen SB Rosenheim, gegen den man ein Jahr zuvor noch im Finale den Kürzeren gezogen hatte. 1991 wurden die Schläger wieder mit dem KEC gekreuzt. Eine dramatische Serie über fünf Spiele, am Ende füllte Trainer-Neuling Hans Zach den Meisterpokal in der Kabine an der Kölner Lentstraße mit Kölsch. Schon das Halbfinale gegen Rosenheim war eine Schlacht, trotz Heimrecht drohte nach zwei Auftaktniederlagen bereits das Ausscheiden, ehe Zach mit einer 90-minütigen Wutrede in der späten Freitagnacht im Kurhotel St. Georg den „Geist von Bad Aibling“ zum Leben erweckte. Im legendären Spiel 3 wurden die Rosenheimer dann aus der Halle geschossen und der psychologische Grundstein für das Weiterkommen und den Titel gelegt. Ein Jahr später startete die DEG zum Titel-Hattrick. Der Konkurrenz wurde es schwindelig. Nach 13 Eishockey Special - Eishockey in NRW 44 Spieltagen standen die Rot-Gelben mit gerade einmal fünf Niederlagen unangefochten auf Tabellenplatz 1. In den Playoffs waren die Gegner chancenlos: Neun Spiele mit neun Siegen, wovon keines in die Verlängerung ging. Die DEG war die Macht am Rhein - und das sollte sich auch 1993 nicht ändern. Diesmal war es allerdings nicht so leicht, die Meisterschaftsendrunde wurde nach einem lockeren Aufgalopp gegen Ratingen zur Qual. Viele Sportfreunde in Deutschland rümpfen beim Wort Playoffs die Nase. Es will ihnen nicht einleuchten, warum der Titelträger nach einer langen Vorrunde erst in einer künstlich verlängerten Nach-Saison gekürt werden soll, die den Ausgang der regulären Spielzeit womöglich noch gehörig auf den Kopf stellt. Einem Eishockey-Fan kämen derartige Gedankenspiele niemals in den Sinn. Denn die Playoffs sind die schönste Zeit des Jahres. Dann geht es nicht bloß um die Wurst, sondern schlichtweg um alles. Wenn Männerbärte sprießen, dann werden Helden geboren. So war es auch beim vierten Serientriumph der DEG. Schon das Halbfinale gegen Preußen Berlin wurde zum Ritt auf der Rasierklinge. Die ersten beiden Spiele gingen in die Verlängerung und mit jeweils 3:2 an die Düsseldorfer. Auch in Spiel drei sieht es lange nach Overtime aus, erst 32 Sekunden vor Schluss fällt das 2:1. Die DEG im Finale und der überragende Preußen-Keeper Klaus Merk bricht, von den DEG-Fans gefeiert, weinend auf dem Eis zusammen. Hans Zach spricht danach vom „besten Halbfinale aller Zeiten“ – das Endspiel freilich stand noch aus. Und da warteten, wie sollte es auch anders sein, die Kölner Haie. Die DEG führte nach drei Spielen mit 2:1. Schon diese Matches waren hochdramatisch, aber die eigentlichen Legenden dieser vierten Düsseldorfer Meisterschaft wurden in den letzten beiden Saisonspielen gestrickt. Mit 2:0 siegten die Haie an der Lentstaße, nach der SchlussSirene trafen sich die Mannschaften komplett für eine Massenschlägerei auf dem Eis, zu allem Überfluss zog sich ausgerechnet DEG-Keeper Helmut de Raaf eine Adduktorenzerrung zu und fiel am alles entscheidenden Sonntag in Düsseldorf aus. Und dieser Sonntag ist untrennbar mit zwei Spielern verknüpft: Der eine, Christian Frütel, 24-jähriger Ersatzmann von de Raaf, machte das Spiel seines Lebens. Der andere, Torjäger Benoit Doucet, der nach 73:01 in der Verlängerung mit dem 2:1 das Tor zum Titel und den Treffer seines Lebens markierte. Wenn Großmächte zu Sorgenkindern werden Der Schmäh-Schlager Nr.1 beim Düsseldorfer Publikum war in dieser Zeit ein gesungenes Frage-AntwortSpiel mit folgendem Text: „Wer wird niemals Meister? Wer wird niemals Meister? Beppi Heiß, Beppi Heiß!“ Der Kölner Nationalkeeper war immer so etwas wie die tragische Figur des deutschen Eishockeys, denn während er in Düsseldorf die Kiste dichtmachte, erlebten die Haie mit Helmut de Raaf ihre große Zeit. Pünktlich mit seinem Wechsel zum KEC begann die Regentschaft der DEG – mit de Raaf im Tor. Doch 1995 war es auch für Heiß endlich soweit: Köln holte seinen siebten Titel in der neu eingeführten Profiliga DEL und Peppi gab der Schale einen zärtlichen Kuss. 15 Monate vorher stand man noch vor dem finanziellen Kollaps. Sieben Millionen Mark Schulden und Führungsquerelen – erst der Einstieg von Heinz Götsch bewahrte die Haie vor dem Untergang. Dem steuerte allerdings der rheinische Nachbar mittlerweile zielsicher entgegen. 1996 traf man sich, mal wieder, mit dem Lokalrivalen zum Finalkampf und schaffte den achten Titelgewinn. Mittlerweile stand der ehemalige Kölner 14 Meistermacher Hardy Nilsson bei der DEG hinter der Bande - und hinter den Kulissen wurde der Liga-Krösus von den Klubbossen weiter kaputt gewirtschaftet. Präsident Josef Klüh und seine Helfer schmissen das Geld mit beiden Händen zum Fester raus: Exorbitant hohe Spielergehälter gekoppelt mit fürstlichen Extras, ebenso teure Trainerentlassungen, personelle und infrastrukturelle Fehlinvestitionen – wäre die DEG eine Behörde gewesen, der Bund der Steuerzahler hätte wohl ein eigenes Schwarzbuch herausgeben müssen. Von dem später bekannt gewordenen Schwarzgeldskandal erst gar nicht zu reden. Am 21. April 1998 wurde Konkurs angemeldet – 17 Tage vorher hatten die Fans nach dem verlorenen Playoff-Viertelfinale gegen Mannheim das Eis gestürmt. Sonst ein Ritual nach gewonnenen Meisterschaften, jetzt eine Demonstration der Hilflosigkeit. Mit Tränen in den Augen machten sich die Treuesten der Treuen noch lange nach dem Spiel Mut: „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere DEG nicht!“ Die Neuzeit: Krefelds historischer Triumph Die DEG startete den Neuanfang in der Zweiten Liga, im Jahr 2000 folgte der Wiederaufstieg – verbunden mit dem stetigen Kampf ums wirtschaftliche Überleben. 2002 stieg Handelsriese Metro als Generalsponsor und Retter ein, die DEG berappelte sich mit dem Namenszusatz Metro Stars, ist heute fast schuldenfrei und zieht in der Spielzeit 2006/07 in die neue Heimat nach Rath. 2002 jubelte man nicht nur in Düsseldorf, sondern auch in Köln. Die Haie, die inzwischen in der schmucken Kölnarena aufliefen, hatten es wieder geschafft. Zum achten Mal Deutscher Meister, dabei war man nur von Platz sechs in die Playoff-Endrunde gestartet. Ein Kunststück, was 2003 von den Krefeld Pinguinen wiederholt wurde. Völlig überraschend schlugen die Pinguine, angeführt von seinem überragenden Superstar Christoph Brandner, die Haie im Finale und holte nach 51 Jahren wieder die Meisterschaft. Die Seidenstadt ist ohne Zweifel die dritte rheinische Eishockey-Metropole. Lange gehörten dem Oberhaus gleich zwei Krefelder Klubs an: Der KEV und Preußen – einmalig bis heute. Doch bei den Preußen gingen nach zahlreichen Auf- und Abstiegen 1971 die Lichter aus und auch die altehrwürdige Rheinlandhalle hat inzwischen ausgedient. Direkt gegenüber wurde der topmoderne König-Palast errichtet. Eine neue Heimat hätten auch gerne die Duisburger Füchse (ehemals Duisburger SC), die in der verstaubten Scania-Arena der schwarzen Hartgummischeibe hinterher jagen. Aber immerhin hat das Ruhrgebiet seit dieser Saison wieder einen Klub in der höchsten Spielklasse. Eintracht Dortmund ist längst vergessen, in Essen darben die Moskitos (vorher EHC Essen-West) in der Zweitklassigkeit und die Revier Löwen Oberhausen gibt´s auch nicht mehr. 1997 entstand der Retortenklub durch den im deutschen Sport revolutionären Transfer des kompletten Vorgänger-Vereins Ratingen von Stadt zu Stadt Gespielt wurde in der Mehrzweckhalle im Einkaufszentrum Centro Oberhausen aber nur bis 2002. Die Iserlohn Roosters vertreten mittlerweile das Erbe des ECD Sauerland in der DEL. Die neuen Arenen, Klubnamen und LigaStrukturen stehen für eine neue Zeit. Der Sport ist schneller geworden und athletischer, die Liga ist ausgeglichener und professioneller. Die Dominanz der Westklubs gebrochen. Doch eines hat sich nicht verändert: Eishockey macht süchtig. Text: Daniel Neuen Eishockey Special - Eishockey in NRW Auf höchstem Niveau Eishockey in NRW 8 9 Eishockey Special - Eishockey in NRW DEG und KEC - Zwei Rekordmeister 10 11 Eishockey Special - Eishockey in NRW „Fuchsschlau“ auf der Jagd nach Punkten Blitzlicht Plötzlich geht alles ganz schnell. Der Puck liegt frei vor dem Tor der Düsseldorfer Eishockeyspieler. Duisburgs Stürmer Trond Magnussen, schon wieder Magnussen, fliegt heran und schießt. 3:2! Das dritte Tor innerhalb von 63 Sekunden! Ganz Duisburg, so scheint es, fällt im Jubelsturm übereinander her. Die Stimme des Stadionsprechers überschlägt sich bei der Verkündung des Schützen. Das sind die Momente, für die sich die Fan-Entbehrungen vieler Jahre gelohnt haben. Aus einem 0:2 binnen einer Minute plus kleiner Zugabe eine Führung gemacht und den Gegner dabei an die graue Hallen-Wand gespielt. Später folgen noch zwei Treffer und machen das 5:2 im Nachbarschaftsduell gegen die DEG METRO STARS am sechsten Spieltag perfekt. Wirkungstreffer Szenenwechsel. Zehnter Spieltag. Glatt und chancenlos verlieren die Füchse 2:6 bei den Iserlohn Roosters. Bereits nach 30 Minuten liegen die Duisburger Füchse (EVD) deutlich zurück, und das gegenein Team, mit dem sich der Aufsteiger insgeheim auf Augenhöhe geglaubt hatte. „Wir standen heute komplett neben den Schuhen“, zuckt ein sichtlich enttäuschter Trainer Didi Hegen die Eishockey-erfahrenen Schultern. Mit dieser Niederlage ist der EVD da angekommen, wo er auf keinen Fall hinwollte; auf den Plät- 16 zen, auf denen am Ende der Saison der Absteiger aus der Deutschen Eishockey Liga ermittelt wird. Zwischenbilanz Nach einem guten Fünftel der laufenden Spielzeit stehen die Füchse Duisburg nahe am Tabellenende der Deut-schen Eishockey Liga (DEL). Doch allzu große Sorgenfalten zeichnet dies nicht auf die Stirne der Verantwortlichen: Der Sportliche Leiter Uli Egen zieht eine insgesamt positive Bilanz: „Wir sind sportlich voll in der Liga angekommen. Einige Partien haben wir sehr unglücklich verloren. Sowohl von der Kraft als auch von der personellen Qualität konnten wir in fast allen Begegnungen problemlos mithalten. Spiele Iserlohn war eine absolute Ausnahme.“ Mannschaft Die sportliche Zusammensetzung des Teams scheint zu stimmen. Ein Risiko war die ursprüngliche Besetzung der Torhüter-Positionen. Egen: „Wir wussten, dass wir mit Patrick Koslow und Christian Rohde auf junge deutsche Goalis vertrauen. Wir sind mit ihren Leistungen sehr zufrieden.“ Nach dem Düsseldorfer Pokal-Unglückstag, an dem sich beide Torleute verletzten, hat die Clubführung mit der Verpflichtung des Mannhei-mers Patrick Ehelechner nachgebessert. Die Verteidigung mit erfahrenen Recken wie Robitaille oder Teljukin ist ebenfalls nicht das Sorgenkind, eher schon der Sturm. Dieser wurde vor der Saison ligaweit hoch eingeschätzt. „Ganz klar, hier haben einige vermeintliche Leistungsträger die Erwartungen noch nicht erfüllt“, erläutert der 49-jährige Egen, der seit Beginn dieser Spielzeit Trainer Hegen bei der sportlichen Arbeit unterstützt. So ist beispielsweise der Franzose Mathieu Darche noch nicht die erhoffte Offensivkraft. Perspektive Der Ausblick beginnt mit einer Rückblende in den April dieses Jahres. In einer wilden Straubinger Nacht feiern ausgelassen Statements vom Sportlichen Leiter Uli Egen Der schönste Saison-Moment bislang war… …definitiv das 5:2 gegen den Rivalen DEG. Der bitterste Augenblick… …war, nach einer 4:2-Führung und völliger Spielkontrolle das Match in Hamburg durch Unterzahlspiel noch zu verlieren. Auch die Niederlage vor vollem eigenem Haus nach 3:1-Führung gegen die Krefeld Pinguine war sehr bitter. Die Entdeckung der Spielzeit… …ist bis jetzt unser deutscher Verteidiger Toni Bader. Er hat bis zu seinem Armbruch im Düsseldorfer Pokalspiel sehr gut und abgeklärt gespielt. Enttäuschend war… …dass uns in einigen Spielen die Cleverness gefehlt hat. Zu viele Fehler, Frustfouls und daraus resultierende Strafzeiten haben uns Punkte gekostet. Das schmerzt. Duisburger den Aufstieg in die DEL. In den Morgenstunden werden die Heimkehrer dann von hunderten Fans in der heimischen Scania-Arena empfangen und gemeinsam tanzt man in die aufgehende Sonne. Mit dem Erhalt dieser Begeisterung und der vorhandenen Qualität des Kaders will der Neuling den Abstieg vermeiden. Egen beinahe trotzig: „Unser Ziel ist nach wie vor, den bedrohlichen Plätzen 13 und 14 zu entgehen. Und das schaffen wir auch.“ Und fuchsschlau wie die Duisburger sind, sollte ihnen dies auch gelingen. Informationen zu den Duisburger Füchsen Internet: www.ev-duisburg.de Tabellenplatz 13 nach dem 11. Spieltag: 11 Spiele 3 gewonnen + 1 gewonnen nach Penalty 6 verloren + 1 verl. nach Penalty 30:39 Tore 12 Punkte Text: Daniel Weise Fotos: Ovelgönne/Hesse 17 Eishockey Special - Eishockey in NRW Haiiiiie - THUNDER…! Thunder…! Plötzlich stampfen bedrohliche Donnerschläge durch fielen zu Beginn drei wichtige Spieler aus. Und damit werden gleich die abgedunkelte Halle. Und wieder…Thunder! Die Einlaufzeremo- wieder alle Spekulationen über den Haufen geworfen. So will sich nie der Kölner Haie in der KölnArena, der mit Abstand größten Spiel- Hans Zach auch nicht in die Favoritenrolle drängen lassen: „Wir wolstätte im deutschen Eishockey, ist mit dem kraftvollen AC/DC-Song len jedes Spiel sehr gut spielen, möglichst gewinnen und so lange wie immer noch ein Erlebnis, das so manchen Gegner beeindrucken kann. möglich um die Meisterschaft mitspielen. Aber ich kann nicht sagen, Aber leider funktionierte das organisierte Einschüchtern der gegneri- wir werden Meister, weil das von sehr vielen Dingen abhängig ist. schen Mannschaften in den entscheidenden Spieler der letzten Saison Das haben wir in den letzten Jahren gesehen. Wen wir verletzte Spienicht so gut. Jeweils im Viertelfinale der letzten beiden Spielzeiten ler haben, uns Leistungsträger ausfallen, dann kannst du nicht Meister scheiterten die Domstädter und das hat Spuren hinterlassen. Die Haie werden. Wenn die Herzstücke fehlen, dann geht gleich gar nichts“, stehen in diesem Jahr gewaltig unter Erfolgsdruck. Besonders solch erläutert der Coach. Und so ist es nicht verwunderlich, wenn die Ergebnisse noch nicht ein „Aus“ wie in der Vorsaison könnten die Fans ihrem Eishockeyclub übel nehmen. Hatten die Haie doch vor einigen Monaten gegen den so ausgefallen sind, wie die Haie das gerne hätten. Bereits drei HeimERC Ingolstadt ein Heimspiel mehr – und schieden doch in sieben niederlagen haben die Rheinländer auf dem Konto, allerdings alle nur Spielen aus. Besonders, weil die sie ihren Heimvorteil nicht nutzen mit einem Tor unterschied. Genauso wie beim Derby in Düsseldorf. konnten, wurden sie ihrer Favoritenrolle gegen die Bayern nicht ge- Das verloren die Haie mit 3:4. Immer nahe dran, doch oft unglückrecht. Schwer wog dabei das permanente Verletzungspech. Ständig lich verloren. Dennoch gibt das Zuversicht für die Zukunft. Zumal die vielen Leistungsträger aus, selten konnte Haie-Trainer Hans Zach Haie auf dem Transfermarkt noch einmal aktiv werden wollen. „Wir sein bestes Team aufbieten. Es schien, als sollte auch in der neuen suchen noch einen Mittelstürmer, aber wir haben keine Eile, zumal Saison so weitergehen. Lange zitterten die Verantwortlichen um den der Markt im Moment auch nicht all zu viel anbietet“, gibt sich PresEinsatz von Verteidiger Brad Schlegel. Doch der 37-Jährige bewies sesprecher Walter gelassen. nach seiner Knieverletzung gutes Heilfleisch und Haie Trainer Hans Zach stand von Beginn an zur Verfügung. Glücksgriff mit Ciernik Die Personalplanungen für die Saison 2005/06 begannen bei den Haien früh. Acht Abgängen stehen sieben Neuzugänge gegenüber. Vor allem sollte mehr Spielkultur ins Team Einzug halten. Der Kampfgeist stimmte in der Vorsaison, teilweise wurde aber die ordnende Hand vermisst. Die sollte im Sturm mit Top-Angreifer Marty Murray haben – doch der Kanadier lehnte das Angebot der Haie überraschend ab und entschied sich für ein Engagement in Hannover. So ruhen die Hoffnungen erst einmal weiter auf Eduard Lewandowski, den die Kölner trotz guter Angebote aus Russland halten konnten. Der 25Jährige, der bereits von den Phoenix Coyotes, einem Team aus der amerikanischen National Hockey League (NHL) gedraftet wurde, zeigte mit seinen drei Toren beim 8:2 gegen Nürnberg, wie wichtig er für das Team ist. Als hoffnungsvollster Neuzugang gilt Ivan Ciernik, der aus Wolfsburg an den Rhein zog. Der slowakische Nationalspieler war in der vergangenen Saison einer der besten Außenstürmer der Deutschen Eishockey Liga (DEL). „Ciernik vereint Technik und Athletik. Ein absoluter Topmann“ lobt Haie Pressesprecher Philipp Walter. 91 NHL-Spiele unterstreichen die Klasse des 27-Jährigen. In der Torwartfrage haben sich die Haie auf zwei Deutsche festgelegt. Für Chris Rogles wurde der WMerfahrene Oliver Jonas von den Eisbären Berlin geholt. Neben Jonas steht noch der talentierte 19-Jährige Thomas Greiss im Kader. Seine Bewährungsprobe bestand Greiss am dritten Spieltag, als er den den 3:1-Sieg in Frankfurt festhalten konnte. Dabei will Hans Zach aber nichts von einer Quote für deutsche Torhüter wissen. „Das ist unabhängig davon. Der Grund, dass wir zwei Deutsche genommen haben, ist nicht, dass sie Deutsche sind, sondern dass sie gut sind“, so Zach. Erneutes Verletzungspech Das Verletzungspech hat die Haie auch zu Beginn dieser Saison wieder eingeholt. Mit Alex Hicks, Oliver Jonas und Jeremy Adduono 18 sche Stimmen in Sachen Routine. Mit Dave McLlwain, Alex Hicks und Jean-Yves Roy sind gleich drei Spieler bereits jenseits der 36. So lange sie aber ihre Leistung bringen, werden die Kritiker nicht weiter bohren. Vor allem bei McLlwain darf diese Art von Kritik überhaupt nicht aufkommen. Der 38-Jährige ist die Beständigkeit in Person. Als Assisttent, als Vorlagengeber, steht der Kanadier an der Spitze der DEL. Fast die Hälfte aller KEC-Tore bereit er vor. Bei den Stürmern sticht neben McLlwain vor allem Neuzugang Ivan Ciernik heraus. Nach elf Spielen standen bereits sieben Tore auf seinem Konto, damit mischt er munter in der Spitzengruppe der besten DEL-Torjäger mit. Dass er nicht nur selber treffen kann, sondern auch ein gutes Auge für den Mitspieler hat, beweist seine Assist-Quote. Vertrauen in die starke Abwehr In der Abwehr sind die Haie so gut besetzt wie kaum ein anderes Team. Mirko Lüdemann muss keinem mehr beweisen, dass er einer der besten deutschen Verteidiger ist. Stéphan Julien knüpft da an, wo er in der letzten Saison aufgehört hat. Der Kanadier ist nicht nur ein eisenharter Verteidiger – er ist auch ein gnadenloser Vollstrecker. Zu Saisonbeginn konnte er die gegnerischen Torhüter von der blauen LiKölner Haie gegen Adler Mannheim 8. Platz ausbaufähig Nach zehn Spieltagen fanden sich die Kölner gerade einmal auf dem achten Tabellenplatz wieder. Nicht gerade das, was sich Fans und Umfeld erhoffen, aber auch nicht zu dramatisch. Keine der sechs Niederlagen fiel höher als mit einem Tor Unterschied aus. Spiele, die man also hätte gewinnen können. Die Haie können mit jedem Team mithalten und an guten Tagen auch jedes Team schlagen. Auch Hans Zach kann keine klaren Favoriten ausmachen, sieht aber die Liga als insgesamt stark an. „Die Liga ist ein riesiger Karpfenteich mit sehr vielen Hechten drin. Da sind neun Mannschaften, die um die Meisterschaft mitspielen können und eine davon sind wir“, analysiert Kölns Trainer. „Neun Mannschaften. Da erreicht eine schon nicht die Play-Offs. So hart ist das Geschäft heuer.“ Dass die Haie diese eine Mannschaft sein könnten, daran mag in Köln keiner denken. Schon gar nicht nach dem 9:1 am elften Spieltag gegen die Augsburg Panther. Damit feierte der achtmalige Meister den höchsten Erfolg seit dem 10:2 über die Schwenningen Wild Wings im Oktober 2002. Und die Fans halten dem KEC die Treue. Fast 11.000 Zuschauer im Schnitt pilgerten zu den sechs ersten Heimspielen. So viel wie bei keinem anderen Verein. Allerdings bietet die Kölnarena ja auch mehr Platz, als jede andere Halle in der DEL. Eishockey hat in Köln einen hohen Stellenwert. Und so zerbricht sich auch fast jeder den Kopf, was passieren wird, wenn die jetzige Saison zu Ende ist. Dann nämlich fällt die Entscheidung, wie es mit Trainer Hans Zach weitergeht. Wird er sein vierjähriges Engagement noch einmal verlängern? Oder ist diese Saison seine letzte in Köln? Von derlei Spekulationen will der 56-Jährige (noch) nichts wissen. „Momentan will ich die Saison zu Ende machen. Ich mache mir überhaupt keine Gedanken, ob ich hier verlängere oder irgendwo anders hingehe oder was anderes mache. Das weiß ich noch nicht.“ Wenn Zach es wieder einmal schafft, das Team in die oberen Regionen der Tabelle zu führen, werden sich die Verantwortlichen schon rechtzeitig genug zusammensetzen, um dieses Thema zu besprechen. Bis dahin träumt man in der Domstadt weiter vom Titel und übt sich inzwischen im Einschüchtern der Gegner… THUNDER!!! Jedenfalls bleibt den Haien eine weitere Doppelbelastung erspart, denn im Pokal gab es in der ersten Runde eine überraschende 2:5-Niederlage in München. Nicht ganz so schlimm, obwohl die Rheinländer den Pokal ernst nehmen. Zach: „Der Pokal hat sich in den Jahren gut etabliert. Wir haben ihn immer ernst genommen. Wir sind dreimal vorher weit gekommen, jetzt sind wir ausgeschieden, damit müssen wir leben.“ Geballte Routine Der Pokal-KO sollte die Mannschaft nicht umwerfen, zumal bei den Haien geballte Routine auf dem Eis steht. Mit Mirco Lüdemann und Andreas Renz stehen zwei Spieler im Kader, die zum erlesenen Kreis der 600er gehören – mehr als 600 DEL-Spiele. Tino Boos wird in dieser Saison folgen. Doch gerade im Angriff gibt es auch kriti- nie aus schon siebenmal überwinden. Insgesamt brachte er es nach zehn Spielen bereits auf 14 Scorerpunkte. Andreas Renz, Paul Taylor und Brad Schlegel gehören auch in die Kategorie überdurchschnittlich. Und mit Lasse Kopitz wurde ein weiterer Nationalspieler verpflichtet. Verständlich, dass nur 2,27 Gegentore im Schnitt zu Buche stehen. Unglücklich fiel die 3:4-Niederlage gegen den ERC Ingolstadt aus. Gerade bei seinem Heimspiel-Debüt hatte Neuzugang Oliver Jonas einen rabenschwarzen Tag und wurde nach einigen unglücklichen Situationen von den eigenen Fans ausgepfiffen. Und dann kam auch noch sein mehrwöchiger Ausfall. In dem Bereich sind die Haie noch steigerungsfähig, obwohl Thomas Greiss seine Sache als Jonas-Vertreter äußerst zufrieden stellend machte. Erstaunlich für einen gerade einmal 19-jährigen Torhüter. Informationen zu den Haien Internet: www.haie.de Tabellenplatz 9 nach dem 11. Spieltag: 13 Spiele (durch vorgezogene Spieltage) 5 gewonnen 7 verloren 1 verl. nach Penalty 45:35 Tore 16 Punkte Text: Tom Aust Fotos: Firo Sportphoto 19 Eishockey Special - Eishockey in NRW Ein starkes Stück Sauerland „... Wo die Mädchen noch wilder als die Kühe sind“ „Sauerland, mein Herz schlägt für das Sauerland, vergrabt mein Herz im Lennesand, wo die Mädchen noch wilder als die Kühe sind.“ Der Schlager der Gruppe „Zoff“ gehört seit Jahren zum festen Bestandteil der Einlauf-Zeremonie in Iserlohn. Wenn zehn Minuten vor Spielbeginn die Lichter ausgehen, dann stimmt das ganze Stadion am Seilersee in ihre „Nationalhymne“ mit ein. Eishockey in Iserlohn ist Kult und die Roosters sind ein starkes Stück Sauerland. Eishockey-Erlebnis Seilersee Den Seilersee muss man erlebt haben. Die hitzige Atmosphäre in Iserlohn ist in der gesamten Deutschen Eishockey-Liga (DEL) bekannt und gefürchtet. „Unsere Stehplatzgerade macht bei jedem Heimspiel mächtig Stimmung. Die Akustik ist phänomenal und sorgt für den ganz besonderen Flair“, berichtet FanBeauftragter Matthias Schlüter. Die Halle ist klein, eng und in Sekundenschnelle mit Emotionen aufgeladen. Die Düsseldorfer Metro Stars wissen ein Lied davon zu singen. Ende der 90er Jahre lieferten sie sich mit den Iserlohn Roosters (IEC) heiße Schlachten um den Aufstieg in Deutschlands Eliteklasse. Auch heute fahren die Rheinländer nur ungern ins Sauerland – wie der Rest der Liga. Der IEC ist für seine Heimstärke bekannt, auswärts hingegen werden regelmäßig die Punkte abgeliefert. Daher ist es seit dem Aufstieg in der Saison 1999/2000 noch nicht gelungen, die Playoff-Runde um die Deutsche Meisterschaft zu erreichen. Doch auch in der laufenden Spielzeit träumen Iserlohn und das Sauerland von einem Platz unter den besten acht Mannschaften. Und der Start hat gezeigt, dass sie diesen Ansprüchen durchaus gerecht werden können. Nach elf Spielen standen die Roosters als Tabellenach- ter über dem Playoff-Strich. Dabei erkämpften sie sogar schon einen Erfolg nach Penaltyschießen an der Düsseldorfer Brehmstraße, wo es in den vergangenen Jahren kaum etwas zu holen gab. 13 Neuzugänge für ein Ziel Um die Playoffs zu erreichen, hat sich das Personalkarussell kräftig gedreht. Nur in der Trainer- und Torhüterfrage setzt man auf Kontinuität. Der Holland-Kanadier Doug Mason hat weiterhin hinter der Bande das Sagen. Seit Oktober 2003 ist er in Iserlohn verantwortlich und sagt: „Natürlich wäre es schön, die Playoffs zu erreichen. Aber die neue Mannschaft muss sich erst einmal einspielen.“ Mason ist in der Liga kein Unbekannter, trainierte er doch von 1998 bis 2001 die Krefeld Pinguine. Mit Dimitri Kotschnew und Leo Conti vertraut Mason seinem Torhütergespann aus der vergangenen Saison, als Iserlohn, angetrieben von den 4.500 Zuschauern am Seilersee, auf Platz elf landete. 13 Profis wurden danach aussortiert. Co-Trainer Teal Fowler, einst langjähriger Kapitän und Publikumsliebling in Iserlohn, wechselte als Chef nach Krefeld. Prominentester Neuzugang ist Stürmer Brad Purdie, der die Krefelder 2003 zur Meisterschaft schoss und zuletzt in Hamburg spielte. Ebenfalls als Torjäger wurde Vitalij Aab von den Adlern Mannheim verpflichtet, während Markus Pöttinger (DEG), Kirk Furey, Sebastian Jones (beide Kassel Huskies) und der Schwede Mats Trygg (Färjestads) die Abwehr verstärken sollen. Zudem sicherte sich der Klub die Dienste der Stürmer Bruce Richardson (Danbury Thrashers/UHL), Linus Fagemo (Lulea HF), Mark Greig (Kassel Huskies), Ladislav Karabin (EHC Wolfsburg), Michael Wolf, Alexej Dmitriev (beide Moskitos Essen), Matthias Potthoff (Kölner Junghaie) und Nils Antons (Hamburg). Besonders Wolf konnte zu Saisonbeginn mit acht Treffern und drei Vorlagen bereits glänzen. In der internen Scorerwertung liegt das Talent hinter Mark Greig (12 Punkte) auf dem zweiten Platz und hatte wesentlichen Anteil daran, dass die Roosters mit bisher 15 Punkten einen neuen vereinseigenen DEL-Startrekord verbuchen konnten. „Wir können jeden Gegner schlagen“, sagt Roosters-Manager Karsten Mende, der angesichts der grassierenden Verletzungsmisere sogar noch auf eine Leistungssteigerung seiner Truppe hofft. Denn eins ist schon jetzt auffällig: Nachdem Superstar Mike York, der in Folge des Arbeitskampfes in Nordamerika in der letzten Saison den Glanz der großen weiten Eishockey-Welt nach Iserlohn brachte, in die National Hockey League (NHL) zurückgekehrt ist, präsentiert sich die Mannschaft wesentlich ausgeglichener. Das Spiel fokussiert sich nicht mehr nur auf die erste Sturmreihe. Neben den Neuzugängen ist Mende abseits des Eises ein weiterer wichtiger Vertragsabschluss gelungen. Gemeinsam mit dem Oberligisten Revier Löwen Oberhausen wurde ein Kooperationsvertrag für Förderlizenzspieler geschlossen. Nachwuchskräfte, die bei den Sauerländern nicht immer Eiszeit bekommen, können nun für die Revier Löwen auflaufen. „Junge Spielern lernen nur dazu, wenn sie Spielpraxis sammeln“, sagt Mason und Mende fügt an: „Wir sind sehr froh, eine zweite Heimat für unsere jungen Nachwuchsspieler gefunden zu haben.“ „Kühe, Schweine – Iserlohn!“ Heimat ist in Iserlohn ein wichtiges Stichwort. Denn die Roosters sind Teil einer gelebten sauerländischen Identität. Von Münster bis Siegen reicht das Einzugsgebiet. Etwa 25 Fanclubs unterstützen den IEC, der mangels Alternativen der unangefochten beliebteste Verein der gesamten Region ist. Eine Region, die in den Stadien der städtischen Metropolen wie zum Beispiel in Düsseldorf im- mer wieder gerne verspottet wird. „Kühne, Schweine - Iserlohn!“ schallt es Gäste-Fans und Spielern bei den Auswärtsderbys entgegen. „Wir gelten halt als Bauern“, weiß Schlüter. Und so ist der Name Roosters, der übersetzt Kampfhähne bedeutet, nicht zufällig gewählt und mit einer gehörigen Portion Selbstironie versehen. In Iserlohn steht man eben mit beiden Beinen auf der Erde. Denn erneut stürzt sich der Klub mit einem der kleinsten Etats der ganzen DEL ins Getümmel. Trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb - gilt das Umfeld unter den Spielern in der Liga mittlerweile als nahezu optimal. Und dazu leisten die Fans einen gehörigen Beitrag. „Wenn es mit den Playoffs klappen sollte, wäre das natürlich ein Traum. Aber wichtig ist erst einmal der Klassenerhalt. Deswegen freuen wir uns über jeden Punkt, den wir an den Wochenenden einfahren“, berichtet Schlüter über die Erwartungshaltung der Zuschauer. Deren Herz schlägt auch ohne Meisterschaften und große Erfolge nur für zwei Dinge: das Sauerland und den IEC. Informationen zu den Iserlohn Roosters Internet: www.iec.de Tabellenplatz 6 nach dem 11. Spieltag: 12 Spiele (durch vorgezogene Spieltage) 5 gewonnen + 1 gewonnen nach Penalty 5 verloren + 1 verl. nach Penalty 41:40 Tore 18 Punkte Text: Daniel Neuen Fotos: Ovelgönne/Hesse DEG gegen Iserlohn an der Brehmstraße 20 21 Eishockey Special - Eishockey in NRW Die Hölle ist nicht rot, die Hölle ist... „Schwarz- Gelb“ Wenn sich in einer mittelgroßen deutschen Stadt weit über zehntausend Menschen mehr oder minder spontan an einem Ort versammeln, dann kann man getrost davon ausgehen, dass etwas Außergewöhnliches passiert sein muss. So war es auch am Ostermontag 2003 in Krefeld. Nach 51 Jahren wurde in der Seidenstadt wieder die Deutsche Meisterschaft gefeiert, mit allem, was dazu gehört: Ausnahmezustand in der City, Helden-Empfang auf dem Theaterplatz, Karneval im Frühling – es war die größte Party seit dem DFB-Pokalsieg von Bayer Uerdingen 1985. „Meister, Meister“ hatte die Musikgruppe „Blend“ Marius Müller-Westernhagens „Freiheit“ wenig geistreich, aber mit umso größerem Gröhlfaktor auf die Schnelle umgetitelt. Dabei schien der schwarz-gelbe Titel-Traum zwei Tage vorher bereits ausgeträumt. Unsanft weckte Finalgegner Köln im vierten Match die Pinguine mit einem Sieg nach Verlängerung. Die Vorfreude auf die herbeigesehnte Schale schlug beim Publikum in hilflose Aggression um. Als die abgekämpften Haie vom Eis stapften, geriet der Gang in die Kabine zum Spießrutenlauf: Pöbeleien und Beschimpfungen, Rempeleien und fliegende Bierbecher. Die Rheinlandhalle kochte vor Enttäuschung. Dabei war nur eine „Schlacht“ verloren, der „Krieg“ und das fünfte entscheidende Spiel in der Kölnarena wurden gewonnen. Als Tabellensechster waren die Pinguine bis zur Meisterschaft durchgestartet, hatten im Namen ihrer Anhänger im Viertelfinale an den verhassten Düsseldorfern bittere Rache für all die erfahrenen Schmähungen und Enttäuschungen genommen, dann die Eisbären Berlin ausgeschaltet und auch noch in einem dramatischen Endspiel-Duell die Kölner Haie bezwungen. Eine Sensation – die Pinguine waren nicht nur die Nummer eins am Rhein, sondern in ganz (Eishockey)-Deutschland. Heute, zweieinhalb Jahre danach, ist in Krefeld wieder alles anders. Dünner Kader, hohes Ziel Die Palast-Pinguine wollen in die Playoffs Denn es folgte der Absturz der Pinguine in die tiefste Tabellen-Tristesse. Die Fallhöhe war nach dem Titel-Triumph gewaltig. In den sportlichen Krisenjahren nach der Meisterschaft wurden nicht nur zweimal die Playoffs kläglich verfehlt, es gab zudem noch Finanzprobleme und interne Führungsquerelen – mit zweifelhaftem Unterhaltungswert für das eishockeyverrückte Krefelder Publikum. „Mit einem preiswer22 teren Kader einen gesicherten Playoff-Platz belegen“, gab Sportleiter Franz Fritzmeier als ehrgeizige Zielsetzung für die laufende Spielzeit aus. Mit einem Etat von etwa 4,1 Millionen Euro geht man ins Rennen. Doch es besteht leider wenig Anlass zur Hoffnung, dass die treuen KEV-Fans in dieser Spielzeit mehr Freude an den Darbietungen auf dem Eis haben werden als zuletzt. Für einen Rang unter den besten acht Mannschaften sollen neben den alten Haudegen wie Alexander Selivanov und Chris Herperger die Neuzugänge sorgen. Die Stürmer Roland Verwey und Franz Fritzmeier junior bringt der neue Coach Teal Fowler aus Iserlohn mit, während Boris Blank von den Kölner Haien zum KEV wechselt. Besonders froh ist Fowler über die Verpflichtung von Verteidiger Richard Pavlikovsky vom Zwangs-Absteiger EHC Wolfsburg. „Er stand bei einigen DEL-Vereinen und europäischen Klubs ganz oben auf der Wunschliste. Er besitzt einen guten Schuss und ist technisch und läuferisch stark“, lobt Fowler, der zudem Verteidiger Andy Hedlund von den Binghamton Senators (American Hockey League, AHL) und Angreifer Herberts Vasiljevs in der Seidenstadt begrüßen kann. Der lettische Nationalspieler kehrte von den Nürnberg Ice Tigers zurück nach Krefeld. „Herberts verfügt über eine gute Technik, ist ein guter Schlittschuhläufer und im Sturm flexibel einsetzbar“, erklärt der Sportliche Leiter. Die weiteren Verpflichtungen der Pinguine, die sich von 15 Akteuren trennten: Verteidiger Mike Pudlick (Augsburger Panther), Verteidiger Markus Witting (Preußen Berlin) und Stürmer Ted Drury (Kassel Huskies). Das Problem: Der Kader scheint nach den ersten Matches viel zu dünn besetzt. Gerade einmal elf gestandene Stürmer gehen im PinguinDress auf Torejagd. Im 52 Spieltage dauernden „Stahlbad Deut- sche Eishockey Liga“ könnte das am Ende zu wenig sein, um nach zweijähriger Playoff-Abstinenz wieder die Qualifikation zu schaffen. Zudem fällt Abwehr-Recke Shayne Wright auch noch mit psychischen Problemen längere Zeit aus. Ein Novize auf dem Schleudersitz der Liga Hinter der Krefelder Bande steht, mal wieder, ein neuer Mann. Teal Fowler, im letzten Jahr Co-Trainer bei den Iserlohn Roosters wurde als neuer Chef der Pinguine verpflichtet. „Zum ersten Mal bin ich für eine Mannschaft verantwortlich. Da ist die Motivation natürlich unglaublich groß“, sagt der 34-Jährige, der seine aktive Karriere in Iserlohn nach mehreren Verletzungen 2001 beenden musste. Hobby-Angler Fowler ist Realist und weiß, was ihn in seiner neuen sportlichen Heimat erwartet. „Die Fans und das Umfeld in Krefeld sind sehr kritisch. In Iserlohn wurden wir schon gefeiert, wenn wir Platz elf erreicht haben. Das ist in Krefeld undenkbar.“ Dementsprechend ist der Trainerstuhl beim KEV alles andere als bequem. Die Etikettierung „Schleudersitz“ dafür umso berechtigter: Fowler ist der achte Übungsleiter seit Dezember 2002. Bislang meistert der Trainer-Novize den gefährlichen Job immerhin ganz ordentlich. Nach einem Fünftel der Saison fehlte nur ein Punkt zum ausgegebenen Ziel. Die Mannschaft kämpft und zeigt Leidenschaft. Und auch wenn es eine arg strapazierte EishockeyFloskel ist: Damit lässt sich im körperbetonten Kufenflitzer-Sport einiges bewegen. Das honorieren auch die Fans. Zwar wollten nur 3351 Zuschauer die 2:3-Heim-Niederlage gegen die Eisbären Berlin sehen, doch die beorderten ihre Lieblinge nach der Schlusssirene trotz der Pleite noch zur Ehrenrunde aufs Eis. „Unglaublich“, befand Krefelds Nationalgoalie Robert Müller nach dem Match in den Katakomben des KönigPalast. Die Hölle auf der Coca-Cola-Tribüne Apropos KönigPalast. Der hochmoderne Mehrzweckbau für 8.000 Zuschauer auf der Westparkstraße wurde im Dezember des vergangenen Jahres vom KEV bezogen und markiert den Beginn einer neuen Zeit. Mit Sicherheit ein Gewinn für die Stadt Krefeld, aber mit dem Abschied von der alten Rheinlandhalle geht auch ein Stück Eishockey-Kultur verloren. Nicht nur Puristen werden die direkte Nähe zum Geschehen auf dem Eis und die hitzige, teilweise überkochende Atmosphäre vermissen. In der neuen Heimat stehen die Treuesten der Treuen immer noch auf der Nordtribüne, nur heißt die im KönigPalast im modernen Arenen-Neudeutsch Coca-Cola-Tribüne. Und die ist, ganz im Gegensatz zum Rest des Stadions (bislang kamen im Schnitt 700 weniger als die kalkulierten 5100 Zuschauer), nahezu immer voll. „Die Hölle ist nicht rot, die Hölle ist…“ begrüßt Stadionsprecher Kristian Lach die dort ansässigen Hardcore-Anhänger vor jedem Spiel und erntet dafür von den Rängen die lautstarke Antwort: „Schwarz-Gelb!“ Zu den Klängen von Robbie Williams´ „Let me entertain you“ stürmen die Spieler durch einen überdimensionalen Pinguin-Kopf in den abgedunkelten KönigPalast. Eine spektakuläre Show, doch die besondere Rheinlandhallen-Stimmung ließ sich eben nicht so einfach ein paar Meter weiter auf die andere Straßenseite verpflanzen. Ein Problem, mit dem auch die Nachbarn der DEG nach ihrem anstehenden Umzug vom „Eistempel“ an der Brehmstraße zu kämpfen haben werden. Und eins haben beide Klubs gemeinsam: Das Publikum ist äußerst anspruchsvoll. Es wird wohl seine Zeit dauern, bis sich in Krefeld wieder außergewöhnliche Dinge ereignen. Informationen zu den Krefeld Pinguine Internet: www.krefeld-pinguine.de Tabellenplatz 8 nach dem 11. Spieltag: 12 Spiele (durch vorgezogene Spieltage) 5 gewonnen + 1 gewonnen nach Penalty 6 verloren + 1 verl. nach Penalty 41:40 Tore 18 Punkte Text: Daniel Neuen Fotos: Krefeld Pinguine 23 Eishockey Special - Eishockey in NRW Mythos Brehmstraße! Mythos Dome? Unter diesem Motto steht die unwiderruflich letzte Saison der DEG Metro Stars in ihrer altehrwürdigen Spielstätte, des Eisstadions an der Brehmstraße. Die Geschichte und Erfolge der DEG sind untrennbar mit ihrem Stadion verbunden. Der „Mythos Brehmstraße“ hatte wesentlichen Anteil daran, dass der achtmalige Deutsche Meister zu einem der beliebtesten Clubs in Deutschland wurde. Kein Eisstadion hat hierzulande je diesen Bekanntheitsgrad erreicht. Es war und ist sowohl in der weltweiten Eishockeyszene als auch bei NichtSportfans ein fester Begriff. Für die DEG Metro Stars ist die laufende Saison also mit ein wenig Wehmut, gleichzeitig aber auch mit großen Hoffnungen verbunden. Ob Hamburg, Köln, Mannheim – alle Teams spielen mittlerweile in modernen Arenen, die für die Eishockeyfans mehr Komfort ohne kalte Füße bietet. Sogar der direkte Nachbar und große Rivale aus Krefeld trägt seine Heimbegegnungen in einer schicken Halle aus. Um konkurrenzfähig zu bleiben, musste auch in Düsseldorf etwas passieren. Der neue Dome in Rath wartet Ab der nächsten Saison ziehen die Eishockeycracks der Metro Stars ihre Kreise im neuen Dome in Düsseldorfer Stadtteil Rath. Ein Schmuckstück mit mehr als 13.000 Plätzen, mit mehr Komfort und Parkplätzen. In der zugigen Brehmstraße müssen die Geldgeber erst einmal einen kleinen Fußmarsch machen, um in das VIP-Zelt zu gelangen. Also träumt man bei den Metro Stars jetzt schon von einer rosigen Zukunft, in der auch die Sponsoren besser präsentiert werden können. Natürlich wird es auch für die ganz toughen Fans weiterhin Stehplätze geben, damit auch weiterhin Eishockey-Atmosphäre garantiert ist. Und so wird die laufende Saison eine sehr lange Abschiedsvorstellung von der Brehmstraße. Zu diesem Anlass wurde extra ein eigenes Merchandising-Programm aufgelegt. Die Werbeagentur Ogilvy entwickelte ein Logo mit dem alten Eistempel, demnächst erscheint auch noch ein Buch mit Erinnerungen und Kuriositäten aus 70 Jahren. Träumen kann man vom Dome jetzt schon – die Realität findet aber erst einmal weiter im Altbau statt. Und da hat die Mannschaft in der letzten Saison viel Kredit verspielt. Der Supergau war die NichtQualifikation für die Play-Offs. Ein Ende, mit dem niemand gerechnet hatte. Neue sportliche Führung bringt die DEG auf Kurs Also musste für diese Spielzeit gehandelt werden. Nach den beiden glücklosen Trainern Mike Komma und Butch Goring hat man mit Don Jackson jetzt einen neuen starken Mann auf der Bank. Der 49-jährige Kanadier kam als Meister zur DEG. Jackson agierte in der letzten Saison noch als Co-Trainer von Piere Pagé bei den Berliner Eisbären – dem amtierenden DEL-Champion. Ihm zur Seite steht einer der größten Eishockeyexperten. Lance Nethery, der sowohl die Adler Mannheim als auch die Frankfurt Lions bereits als Mann im Hintergrund zur Meisterschaft führte, übernahm das Kommando als Manager. Er steuert den Club mit ruhiger Hand und stellte mit Jackson eine schlagkräftige Mannschaft auf. Pöttin24 ger, Ulrich, Dandenault und Davidson wurden abgegeben, Urgestein Bernd Kühnhauser lässt seine Karriere in Rosenheim ausklingen, Brittig und Herr hingen die Schlittschuhe ganz an den Nagel. Christian Brittig bleibt der DEG aber erhalten. Als Co-Trainer und wichtiges Bindeglied von Jackson. „Dass er letztes Jahr selbst noch im Team spielte, ist auch ein großer Vorteil für ihn und mich. Ich sehe eine neue Saison immer als Verlängerung der letzten Spielzeit. Christian schafft hier die Verbindung zur letzten Saison. Die Spieler respektieren ihn. DEG gegen Berlin - Siegesjubel nach Abpfiff Er tritt überhaupt nicht auf, als wäre das seine erste Saison als Trainer“, zeigt sich der Chef angetan. Das soll es dann mit den Gemeinsamkeiten zur abgelaufenen Spielzeit auch gewesen sein. Das Ziel ist, attraktiveres, schnelleres und erfolgreicheres Hockey zu spielen, um die Zuschauer wieder ins Stadion zu locken und somit auch Werbung für die neue Spielstätte zu machen. Zwillinge als Hoffnungsträger Dafür wurden neue Spieler geholt. Die Auffälligsten sind sicherlich die Zwillinge Chris und Peter Ferraro. Natürlich sind die beiden Stürmer eingespielt, verbrachten ihre Eishockeyzeit zuletzt gemeinsam im schwedischen Södertälje und bei den Syracuse Crunch in der American Hockey League (AHL). Außerdem bringen die „Twins“ auch eine gehörige Portion Glamour und verstärkt Frauen ins Stadion. Die beiden sind nebenberuflich als Models aktiv. Im Angriff wurden zudem noch Craig Johnson von den Hamburg Freezers und Chris Schmidt von den Manchester Monarchs verpflichtet. Robert Dietrich von Crimmitschau und Marian Bazany aus Regensburg sollen die Abwehr verstärken, kommen aber beide von unterklassigen Vereinen und müssen sich erst einmal an das andere Klima in der DEL gewöhnen. Zumindest bei Chris Ferraro merkt man, dass er in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) bereits angekommen ist. Zwei Tore und sechs Assists standen beim US-Amerikaner nach zehn Spielen auf dem Konto. Ausbaufähig, aber solide. Bruder Peter brachte es auf drei Tore und zwei Assists. Heimstärke als Wegbereiter für die Play-Offs Und es läuft besser, als alle gedacht hatten. Nach 10 Spieltagen fanden sich die DEG Metro Stars überraschenderweise auf Platz vier der Tabelle wieder. Besonders die Heimstärke sticht heraus, so gab DEG gegen Berlin - Alexander Sulzer es unter anderem ein 4:3 gegen den ewigen Rivalen aus Köln und ein vielumjubeltes 7:1 gegen die Nürnberg Ice Tigers. Zuletzt wurde auch der amtierende Meister Eisbären Berlin mit 2:1 niedergekämpft. Dabei machte das Verletzungspech leider nicht vor den Stadiontoren halt. Neuzugang Craig Johnson konnte bisher erst zwei Spiele bestreiten, Trainer Jackson sah sich gezwungen, die Sturmreihen umzustellen. Auch Torwart Andrej Trefilov musste wegen Rückenproblemen lange zusehen. Spaß machen bisher vor allem die Stürmer Daniel Kreuzer, Tore Vikingstad und Klaus Kathan, wobei sich der letztgenannte nach dem ersten Fünftel der Saison bereits acht Mal in die Torschützenliste eintragen konnte. Damit ist er Ligaspitze. Vikingstad glänzte zu Saisonbeginn mit elf Assists als Vorbereiter, Kreuzer war mit 14 Scorerpunkten die Nummer eins bei der DEG und Nummer 2 in der DEL. Auch die Auswärtserfolge in Augsburg (3:1) und Kassel (6:3) geben durchaus Hoffnung, das anvisierte Saisonziel schneller als erwartet zu erreichen. „Eine Sache ist sicher: Wir müssen die Play-Offs erreichen. Ich persönlich bereite meine Mannschaft allerdings jeden Tag mit dem Ziel vor, das beste Team der Liga zu sein. Das ist meine Motivation, erklärt Trainer Jackson. Bis dahin ist es trotz des guten Tabellenplatzes noch ein weiter Weg. Teams wie Frankfurt, Hannover, Ingolstadt und Mannheim sind auf Augenhöhe, bei zwei schlechten Spielen hintereinander kann man ganz schnell den Anschluss verlieren. Zumal man auch Rückschläge verkraften muss. So wie die Heimniederlage gegen Iserlohn, als man eine 2:0-Führung aus der Hand gab, um dann im Penalty-Schießen zu verlieren. Dazu ist das Team in der Breite noch nicht ganz so stark besetzt, so dass Ausfälle von Leistungsträgern nur schwer zu kompensieren sind. Bleibt zu hoffen, dass die Metro Stars von weiteren Verletzungen verschont bleiben. Und doch: Der Saisonstart ist verheißungsvoll. Die Verteidigung steht besser als in der letzten Saison und kassierte bisher nur 2,8 Gegentore pro Partie. Im Sturm spielt Andrew Schneider eine wesentlich stärkere Saison als im Vorjahr und kommt nach drei Treffern in den Spielen gegen die Kassel Huskies und Eisbären immer besser in Fahrt. Und Torwart Alexander Jung, der zurzeit für den verletzten Andrej Trefilov zwischen den Pfosten steht, hielt nach zuvor herber Kritik die Siege in Augsburg und gegen Berlin fast alleine fest. Fans lassen auf sich warten Gute Voraussetzungen also, um eine tolle Abschiedsvorstellung an der Brehmstraße zu geben. Das sehen die Fans offenbar nicht ganz so. Das alte Stadion scheint wirklich ausgedient zu haben, noch nicht einmal die Nostalgiker halten der DEG die Treue. Selbst im rheinischen Derby gegen die Kölner Haie war der ehemalige Eistempel nicht ausverkauft, gerade einmal 7.074 Zuschauer sahen den 4:3Erfolg der Metro Stars. Insgesamt kamen zu den ersten fünf Heimspielen im Durchschnitt nur 6.050 Fans. Vielleicht wirken die schwachen Ergebnisse und Vorstellungen der letzten Saison noch nach. Vielleicht sind es die Fans auch leid, 30 Minuten nach einem Parkplatz zu suchen. Vielleicht hat der lange anhaltende Nebel beim ersten Heimspiel nachhaltigen negativen Eindruck hinterlassen. Oder es ist alles zusammen. Aber spätestens, wenn wirklich die letzten Spiele an der Brehmstraße anliegen und die DEG weiter in der oberen Hälfte mitspielen kann, wird das Stadion auch wieder besser gefüllt sein. Und danach geht es ja in den neuen Dome – hoffentlich kann man die alte, legendenumwobene BrehmstraßenAtmosphäre gleich nach Düsseldorf-Rath mitnehmen. Informationen zu den DEG Metro Stars Internet: www.duesseldorfereg.de Tabellenplatz 5 nach dem 11. Spieltag: 11 Spiele 6 gewonnen 2 verloren 3 verl. nach Penalty 38:32 Tore 21 Punkte Text: Tom Aust Fotos: Firo Sportphoto 25 Eishockey Special - Eishockey in NRW Boxunterricht bei der DEG Am 15. Oktober fand in der Mehrzweckhalle Düsseldorf ein der Weltmeisterschaftskampf im Halbschwergewicht zwischen Thomas Ulrich und Tomasz Adamek statt.. Im Vorfeld kämpften auch der Franzose Willy Blain und der Deutsche Lukas Wilaschek. Diese beiden Boxprofis besuchten ein paar Tage vorher das Training der DEG METRO STARS. Angeregt unterhielten sie sich dabei mit Chris Schmidt, der sich kürzlich beim Spiel gegen Nürnberg einen langen Faustkampf mit seinem Gegenspieler geliefert hatte. Die Box-Profis zeigten Schmidt sowie den DEG METRO STARS Mike Pellegrims, Thomas Jörg und Marian Bazany einige Boxtricks. Dabei simulierten die Spieler mit EishockeySchlägern einen Boxring, während Schmidt und Blain „im Ring kämpften”. Magic Moments 26 27 Eishockey Special - Eishockey in NRW Ausverkauft!? Die Deutsche Eishockey Liga (DEL) spielt und keinen interessiert es. Das ist zwar vielleicht ein wenig hart formuliert, doch in Deutschlands höchster Spielklasse stöhnen die Teams nach dem ersten absolvierten Saison-Viertel gehörig. Der Zuschauerzuspruch lässt in dieser Spielzeit bisher arg zu wünschen übrig. Insbesondere hier im Westen hatte man eigentlich vermutet, dass nach dem Aufstieg der Duisburger Füchse das Interesse steigen würde. Doch weit gefehlt. Bei der Mutter aller Derbys, dem Rheinschlager DEG Metro Stars gegen Kölner Haie, kamen zuletzt nur 7.800 Fans an die Düsseldorfer Brehmstraße. Eine Zahl, die alle Beteiligten schockierte. „Wahrscheinlich haben wir in der Vorbereitung zu oft gegen Köln gespielt, da ist der Reiz nicht mehr da“, versuchte Metro Stars-Geschäftsführer Elmar Schmellenkamp zu relativieren. Doch Fakt ist: In den Jahren zuvor bekam man Wochen vor einem dieser Derbys keine Tickets mehr. Heute sieht das anders aus. Alles nur die Wirtschaftslage? Auch in Nürnberg stöhnte man zuletzt. Gegen die Krefeld Pinguine, immerhin der Meister der Saison 2002/03, kamen gerade einmal 2.800 Zuschauer in die Arena – Minusrekord seit Bestehen der neuen Halle an der Noris. In Hamburg, wo in den vergangenen beiden Jahren selbst Dienstagsspiele nahezu komplett ausverkauft (12.000 Plätze) waren, pendeln sich die Besucherzahlen ebenfalls um 7.000 Fans ein. Was sind die Gründe? „Sicherlich auch die allgemeine Wirtschaftslage“, meint Krefelds Sportlicher Leiter Franz Fritzmeier, der auch bei den Pinguinen mit dem bisherigen Zuschauerschnitt nicht zufrieden sein kann. Gerade in der Seidenstadt kalkuliert man mit einem Schnitt von knapp 5.100 Fans. Angesichts zweier verpasster Play-off-Teilnahmen in den Vorsaisons kein leichtes Unterfangen. Rein sportlich müssen 28 die Schwarz-Gelben nach einem eher durchwachsenen Start noch einiges drauf legen. Doch nur durch sportliche Leistungen ist es in der heutigen Zeit schwer, eine Halle zu füllen. Was besonders der amtierende Deutsche Meister Eisbären Berlin zu spüren bekommt. Das Kultstadion im Berliner Osten, der so genannte „Wellblechpalast“, war in der laufenden Spielzeit noch nicht einmal ausverkauft. Die Meisterschaftseuphorie in der Hauptstadt lässt offenkundig auf sich warten. Selbst beim ersten Auftritt vor eigenem Publikum in der neuen Spielzeit blieben einige Plätze leer. „Der September ist kein Eishockey-Monat“, nickt DEG-Geschäftsführer Schmellenkamp. Kampf gegen König Fußball Auch bei den Iserlohn Roosters und den Duisburger Füchsen wartet man noch auf den großen Zuschauerzuspruch. Während die Füchse als Aufsteiger allerdings nur einmal gegen Krefeld 4.000 Fans begrüßen konnten und die Roosters lediglich zuletzt gegen Köln „ausverkauft“ melden konnten, ist auch bei den Kölner Haien in der prachtvollen Kölnarena weniger los als in den Jahren zuvor. Köln und Duisburg haben zudem mit Konkurrenz in der eigenen Stadt zu kämpfen. Sowohl der FC Köln als auch der MSV sind seit dieser Spielzeit erstklassig, gegen „König Fußball“ ist halt kein Kraut gewachsen. Ein allgemeines Problem, an dem alle Klubs zu knabbern haben, ist zweifelsohne die Vermarktung. Eine unumgängliche Tatsache, schließlich hat sich das Zuschauerverhalten in den letzten Jahren verändert. „Es reicht heutzutage nicht mehr aus, den Sport an sich zu präsentieren“, erklärt Marketingleiter Ingo Haselbacher von den Krefeld Pinguinen. Um das Spiel herum müsse man ein „Event“ aufziehen. Die Kundenbindung müsse ein Mix aus Show, Spaß und Sport sein, meint Haselbacher. Im Fußball sei Eishockey Special - Eishockey in NRW Der Sport ist doch das wichtigste dies schon längst der Fall. Selbst Vereine mit mittelmäßigen sportlichen Leistungen seien Publikumsmagneten. „Und das nicht“, wie Haselbacher erklärt, „weil sie so toll Fußball spielen.“ Abo Ja, ich abonniere „nrw sports“ für ein Jahr zum Preis von 12,50 Euro ( 6 Ausgaben). Name/Vorname: Straße/Nr.: PLZ/Ort: Plus = Ausländerbeschränkung – Minus = Eintrittspreis Im Eishockey gibt es aber auch hausgemachte Probleme. Beispielsweise fehlen in den Mannschaften die Identifikationsfiguren. Zwar hat die Deutsche Eishockey Liga mit der freiwilligen Ausländerbeschränkung den richtigen Weg beschritten, dennoch bleiben nur die wenigsten Spieler ihren jeweiligen Vereinen lange treu. Langfristige Verträge können wegen des fehlenden finanziellen Hintergrundes beim Gros der Vereine nicht geschlossen werden. Dass die Experten und Meinungsforscher auch gerne den Abstieg der Deutschen Nationalmannschaft aus der A-Gruppe der Weltmeisterschaft für eine gewisse Eishockey-Müdigkeit als Argument anführen, darf allerdings nur bedingt gelten. Der wohl eindeutigste Grund für die offensichtlich einbrechende Zuschauerresonanz ist jedoch nach wie vor der Eintrittspreis. Zwar bietet der Eishockeysport knapp zweieinhalb Stunden reinen Sportspaß, doch Ticketpreise zwischen zehn und 40 Euro für eines der 26 Heimspiele gehen enorm auf den Geldbeutel des (Stamm)Kunden. Eindeutig zu viel für den regelmäßigen Zuschauer, insbesondere wenn er ein Spiel mit der Familie besuchen möchte. Familientickets werden zwar vergleichsweise gut abgesetzt, aber die Vereine können davon dauerhaft keine schwarzen Zahlen schreiben. FAZIT Man wird sehen, wie sich die Zahlen in dieser Saison noch entwickeln werden. In den Wintermonaten dürfte es wieder bergauf gehen. Doch auch nur dann, wenn Köln, Krefeld, Düsseldorf, Iserlohn oder Duisburg dauerhaft sportliche Erfolge feiern. Das alleine hängt in erster Linie von den Spielern und Trainern ab. Mit anderen Worten, der Sport ist doch das Wichtigste. Text: Alexander Morel Fotos: Firo Sportphoto Tel.: Die kostenlose Lieferung ins Haus erfolgt einen Tag nach dem Erscheinen per Post. Das Abonnement verlängert sich automatisch, wenn nicht vier Wochen vor Ablauf des Abo-Jahres schriftlich gekündigt wird. Konto-Nr.: Geldinstitut: Datum/Unterschrift: BLZ: Meine Bestellung kann ich innerhalb von 14 Tagen schriftlich widerrufen. (Poststempel) Datum/2.Unterschrift: Senden Sie den Coupon bitte vollständig ausgefüllt an: NRW SPORTS - HENRY SPRENGER - SCHLOSS STRASSE 30 - 41363 JÜCHEN oder per Fax an NRW SPORTS - 02182 - 824 62 74 31 Unsere NRW Vereine - 1. Bundesliga NRW - weitere Aussichten: überwiegend sonnig Lincoln (Schalke 04) läßt Hertas Marcelino stehen. Schalker Babywiegen Einlage nach Kevin Kuranyis Tor Unsere NRW Vereine - 1. Bundesliga Luft in Höhenlagen: zunehmend gut Metzelder und Ricken(BVB) vs. Stranzl (VFB Stuttgart) A. Mayer (MSV Dusiburg) im Duell mit Markus Daun (1.FC N.) A. Sinkala (Köln) setzt sich durch gegen Clemens Fritz (Bayer) Unsere NRW Vereine - 1. Bundesliga Gelegentliche Turbulenzen Peer Kluge gegen Manuel Friedrich Berbotiv vs. Sinkiewicz Lukas Sinkiewicz und Josip Simunic Der Beginn einer Serie „Die glorreichen Sieben“ Teil 1: Die Spielmacher Mit den Mittelfeld-Strategen der sieben NRW-Bundesligisten startet nrw sports seine unregelmäßige Interview-Serie, die zukünftig auch das Spektrum Torhüter, „Verteidigungs-Minister“, Torjäger und Trainer umfassen wird. Im ersten Teil kommen die Dreh- und Angelpunkte „unserer“ Fußball-Zugpferde zu Wort. Der Dortmunder Ball-Virtuose Tomas Rosicky, der mit Tschechien noch im Rennen zum Fußball-Weltmeisterschafts-Spektakel 2006 in Deutschland ist, und sich als Zweiter der Qualifikationsgruppe für das KO-Spiel gegen Norwegen qualifiziert hat, nahm sich genauso viel Zeit wie auch Sebastian Schindzielorz (1. FC Köln), der nach seiner Spuck-Attacke im Liga-Pokal geläuterte Lincoln vom FC Schalke 04, Nationalspieler Bernd Schneider (Bayer 04 Leverkusen), Thomas Broich von Borussia Mönchengladbach, Duisburgs Nationalspieler Ivica Grlic und Massimilian Porcello vom DSC Arminia Bielefeld. Alle beantworteten bereitwillig die etwas anderen Fragen unseres Magazins. Bei den Interviews mit den „glorreichen Sieben“ ging es nicht um das übliche „warum schafft Ihr Verein den Klassenerhalt“ oder „warum werden Sie Deutscher Meister“, sondern vielmehr darum, den Protagonisten zu entlocken, was für Sie den Reiz am Fußball ausmacht, was außerhalb des Rasenrechtecks wichtig ist, um den maximalen Erfolg ausschöpfen zu können, ob die totale Identifikation mit dem Arbeitgeber vorhanden ist, wie es mit der Integration der einzelnen ausländischen Charaktere klappt. Auch die Nähe zum zahlenden Kunden, dem leidenschaftlichen Anhänger, der mit seinen „Jungs“ durch dick und dünn geht, spielt für Rosicky & Co. eine Rolle, wobei es zwischen den einzelnen Clubs gravierende Unterschiede gibt. In Dortmund ist der Zuschauer durch einen Metallzaun von seinen „Lieblingen“ getrennt, Autogramme können entweder am Tor zum Trainingsgelände oder aber auf offener Straße, wenn die Stars bei der An- und Abreise zur Arbeit das Autofenster herunterlassen, erhascht werden. In Duisburg gibt es die Profis zum Anfassen, der Weg vom Trainings-Gebäude zum Platz ist für jedermann zugänglich, ebenso die Parkplätze der Spieler. „Die Anhänger“, sagt Ivica Grlic, „sind für uns unheimlich wichtig. Ohne sie wäre der Fußball nicht interessant.“ Allerdings weiß der Nationalspieler Bosnien-Herzegowinas auch: „Das Publikum will immer Fortschritte sehen, man darf sich nie ausruhen.“ Und so präsentierten sich Grlic & Co. bei der Beantwortung der Fragen ähnlich hellwach wie auf dem Fußball-Platz... Text: Thomas Tartemann Foto: Firo Sportphoto Strasser gegen Petr Ruman (Mainz 05) 37 10 Fragen an 7 Spielmacher Bernd Schneider, 32, Bayer 04: „Ich spiele jetzt dass ich mich voll mit dem Verein identifiziere, Bernd Schneider ist der Held der Stunde. Mit seinen 32 Jahren ist der gebürtige Jenaer Mittelfeldstar einer der erfahrensten und erfolgreichsten Kicker im Dress von Bayer Leverkusen. Ein Vorzug, der sich auch auf die Nationalelf auswirkt, wo er nach den jüngst bescheidenen Vorstellungen als einer der wenigen Spieler Akzente setzen konnte. Mit seinem Organisationstalent und kreativen Potential gelingt es ihm scheinbar mühelos, jegliche Flaute zu umdribbeln. Schneider, der nach eigenen Aussagen Interviews „nicht sonderlich mag“, konnten wir nach einigen Anlaufschwierigkeiten doch noch kurz vor Redaktionsschluss zur Beantwortung unserer Fragen überreden. Los geht’s. nrw sports: Identifizieren sich Spieler im Zeitalter der kurzfristigen Wechsel noch mit dem Verein, oder geht es nur darum Geld zu verdienen? Schneider: Ich spiele jetzt die siebte Saison für Bayer. Das beweist wohl, dass ich mich voll mit dem Verein identifiziere, da die Bedingungen hier einfach optimal sind. Das bezieht sich sowohl auf die sportlichen und medizinischen Voraussetzungen wie auf das freundschaftliche Verhältnis untereinander. nrw sports: In jedem Bundesliga-Kader gibt es eine bunte Mischung der verschiedensten Nationalitäten. Sind da nicht Mentalitätsprobleme, Integrationsschwierigkeiten und Grüppchenbildung vorprogrammiert? Schneider: Ja, das ist doch normal. Es ist immer wichtig, dass die Spieler zunächst ihre Sprachprobleme lösen, damit man mit ihnen kommunizieren kann. Deshalb achte ich immer darauf, dass für die Spieler, die unserer Sprache nicht mächtig sind, ein Dolmetscher zur die siebte Saison für Bayer. Das beweist wohl, da die Bedingungen hier einfach optimal sind.“ Verfügung steht. Aber mal davon abgesehen - Fußball ist doch die Weltsprache (ah, also doch nicht Englisch – der Verf.), da kommt man schon miteinander klar. nrw sports: Wie definieren Sie ihre Rolle in der Mannschaft? Welche Rolle spielen sie auf dem Feld? Sind sie der Führungsspieler? Schneider: Ich gehöre auf jeden Fall zu den erfahrenen Spielern und übernehme daher auch schon mal Verantwortung. Dabei geht es aber nicht darum, nur sinnlos auf dem Platz herumzubrüllen, sondern man muss sich auch mal Zeit für den ein- oder anderen Spieler nehmen. Manchmal muss ich jemanden wachrütteln, das passiert. Vieles wird aber auch außerhalb des Platzes in einem privaten Rahmen geklärt nrw sports: Können ihre Mannschaftskameraden immer auf ihre Kreativität eingehen? Wie viele Missverständnisse gibt es während eines Spiels? Wie oft müssen Sie sich umentscheiden, weil Sie gemerkt haben, dass ihre Ideen nicht umgesetzt werden können? Schneider: Ab und zu hat man eine Idee und will die dann nicht nach Schema F ausführen, aber taktische Entscheidungen werden immer noch vom Trainer getroffen, darauf habe ich keinen Einfluss. nrw sports: Ist es Ihre Aufgabe, mögliche Taktik-Veränderungen innerhalb eines Spiels weiterzugeben und umzusetzen? Sind Sie der verlängerte Arm des Trainers auf dem Spielfeld? Schneider: Nein, so etwas wird in der Halbzeitpause besprochen, nicht während des Spiels. nrw sports: Wie groß ist die Konkurrenz im Team um den Posten des „Regisseurs“? Welches Verhältnis haben Sie zu „direkten“ Konkurrenten? Schneider: Man arbeitet als Mannschaft. Da geht es nicht um Einzelne. nrw sports: Welche Möglichkeiten haben Sie, dass sich Nachwuchsakteure oder verletzte Spieler weiterhin als integraler Bestandteil der Mannschaft fühlen? Schneider: Nun, da gibt es viele Möglichkeiten. In erster Linie ist es wichtig, dass man auch privat ein gutes Verhältnis zueinander hat und auch abseits der Vereinsaktivitäten ein offenes Ohr hat und auch schon mal in seiner Freizeit etwas mit den anderen unternimmt. nrw sports: Welches Umfeld im Verein und außerhalb des Clubs, brauchen Sie, um auf dem Platz die besten Leistungen zeigen zu können? Schneider: Tja, da muss einfach alles stimmen, vom Busfahrer bis zum Zeugwart. Natürlich spielen der Trainer sowie die positive Gesamtstimmung eine wichtige Rolle. Man muss sich einfach 38 rundum wohl fühlen können. nrw sports: Welche Rolle spielen Sie außerhalb des Spielfeldes, im Training, außerhalb der Vereinsanlage? Sind sie auch da Führungs-Persönlichkeit? Fördern gemeinsame Freizeit-Aktivitäten des Teams das Spielverständnis? Welche Forderungen der Fans können Sie erfüllen? Schneider: Ich glaube, das habe ich schon beantwortet. nrw sports: Was denken Sie, wie wichtig die Fans für das Team sind? Spielt man auch für seine Anhänger. Sind die Anforderungen der Anhänger eher belastend oder motivierend? Sind sich die Spieler der immensen Bedeutung der großen Lokalderbys für die Fans bewusst? Schneider: Ich denke, wir haben phantastische Fans. Sie sind vielleicht nicht so lautstark wie in verschiedenen anderen Vereinen, aber das weiß man auch. Und es gibt Ausnahmen, in denen sie regelrecht ausrasten. Das zeigt sich vor allem in Spielen, wie gegen Manchester United. Natürlich kann man Leverkusen nicht mit Dortmund vergleichen, aber im Gegensatz zu solchen Orten wie Nürnberg oder Bielefeld, sind unsere Fans sogar sehr temperamentvoll. Und außerdem stehen sie immer hinter uns – oder zeigen sie mir mal eine andere Mannschaft, die immer noch innbrünstig angefeuert wird, wenn sie bereits 0:3 hinten liegt. Als wir Bernd Schneider zu seiner guten Vorstellung gegen China im Nationaltrikot fragen, wiegelt er bescheiden ab: „Ich glaube nicht, dass man hier Einzelleistungen bewerten sollte. Mal hat ein Spieler einen guten, mal einen schlechten Tag. Wichtig ist, dass die Mannschaft gewonnen hat, vor allem im Moment, wo es für uns nicht so gut läuft.“ Ja ja, der Star ist die Mannschaft. Aber leider ist die Nationalmannschaft momentan eher auf dem absteigenden Ast. Nur Schneider scheint seine Aufgaben ganz im Sinne des Trainers zu erfüllen. „Das müssen andere entscheiden“, blockt er auch hier, fügt aber hinzu: „Natürlich sind manche Spiele nicht so schön anzusehen. Die Chinesen haben gut hinten zu gemacht und zwei viel versprechende Torchancen herausgearbeitet. Als wir dann auch noch zusätzlich Druck von den Fans bekamen, lief bei uns einiges schief, doch das sollte man nicht zu sehr überbewerten. Wichtig ist, dass wir uns auf die WM konzentrieren und optimal vorbereitet sind.“ Na, das hoffen wir doch schließlich alle, oder? Text: Markus Italiani Fotos: Firo Sportphoto 39 10 Fragen an 7 Spielmacher Thomas Broich, 25, Borussia M.-gladbach: öffnende Pässe spielen kann, öfter Tore Thomas Broich wechselte zur Winterpause der Saison 2003/ 2004 von Wacker Burghausen zur Borussia. Neben den Mönchengladbachern bemühten sich noch weitere Bundesligisten um den hochtalentierten damaligen U21-Nationalspieler. Die Führung des Traditionsvereins lud Broich nach Mönchengladbach ein, zeigte dem 24-Jährigen die Stadt und das Stadion – damals noch den Bökelberg. „Es gab ein paar Angebote von Bundesligisten, aber es hat sich kein Verein so intensiv um mich bemüht wie Gladbach und deswegen war es im Endeffekt klar, dass ich hier landen würde“, erläutert der Mittelfeldspieler. Die logische Konsequenz der Bemühungen von Manager Christian Hochstätter und Trainer Holger Fach war die Unterschrift von Broich. Nach nunmehr 47 Bundesligaspielen und drei Toren hat sich Broich seinen Stammplatz in der Schaltzentrale der Borussia erkämpft und stellte sich bereitwillig den Fragen der nrw sports. nrw sports: Identifiziert sich ein Spieler im Zeitalter der kurzfristigen Wechsel noch mit dem Verein oder geht es mehr ums Geldverdienen? Broich: Das Geldverdienen ist ein angenehmer Nebeneffekt. Ich denke, dass es für jeden Menschen wichtig ist, sich einfach wohl zu fühlen. Und wenn du einen Verein gefunden hast, bei dem dich die Fans auch noch gut leiden mögen und du optimale Rahmenbedingungen mit großer Tradition hast, dann kann man sich damit auch identifizieren - und das ist nicht nur so ein Spruch. Natürlich möchte man spielen. Wenn das nicht der Fall ist, dann muss man zwangsläufig schauen, wo man bleibt, gerade wenn man jung ist. Dann kann es der schönste Verein der Welt sein – wenn du Woche für Woche nur auf der Tribüne sitzt, hat das keine Zukunft. sondern man sollte lieber ein bisschen plaudern, auch wenn es mit Tschechen, Franzosen und Brasilianern nicht immer einfach ist. Man muss versuchen eine menschliche Basis zu finden. nrw sports: Wie definieren Sie Ihre Rolle in der Mannschaft? Sind sie der Führungsspieler? Welche Rolle spielen Sie auf dem Feld? Broich: Ich denke, dass ich der Mann sein kann, der ein Spiel gestalten kann, dass ich ganz gut öffnende Pässe spielen kann, öfter mal Tore vorbereite und im Idealfall auch selber „knipse“. nrw sports: Können die Mannschaftskameraden immer auf Ihre Kreativität eingehen? Wie viele Missverständnisse gibt es während eines Spiels? Wie oft müssen nrw sports: In jedem Sie sich umentscheiden, weil Bundesliga-Kader gibt es Sie gemerkt haben, dass Ihre eine bunte Mischung der Ideen nicht umgesetzt werden verschiedensten Natiokönnen? nalitäten. Sind da nicht Broich: Das ist zahlenmäßig Mentalitätsprobleme, Inschwierig festzuhalten. Es ist tegrationsschwierigkeiten natürlich so, dass man ab und und Grüppchenbildung an mal eine Idee hat, auf die vorprogrammiert? Was ein anderer nicht eingeht. Ich tun Sie als Führungsspiedenke, dass es andersherum geler, um integrierend zu nauso die Kunst ist, mit einer wirken? guten Mannschaft diese MissBroich: Das gibt es sicher verständnisse zu minimieren. alles, aber es gibt auch po- Thomas Broichs Jubel zu seinem 1:1 gegen Bremen. Und ich denke, dass wir gerade sitive Faktoren, die so ein auf einem guten Weg sind, und Multikulti mit sich bringt. Es treffen verschiedene Mentalitäten dass die Automatismen langsam greifen. Selbst dann wird es diese aufeinander. Dann kann es mal ein bisschen Zoff geben, aber Situationen geben, wenn man schon die nächste Idee im Kopf. Da das kann sich auch unheimlich befruchten. Z.B. wenn man die willst du den Ball steil spielen, aber der andere denkt von vornherein, deutsche Disziplin mit brasilianischer Kreativität verbindet, mit da kommt er eh nicht dran. Dann musst du halt abbrechen und den der Lebensfreude, die die Südländer mitbringen. Ball quer spielen, auch wenn es weh tut, weil du eine vermeintlich Es ist eigentlich wie überall im Leben – es gibt nicht nur bessere Idee im Kopf hast. Vor- und nicht nur Nachteile. Für ausländische Spieler ist es erst einmal wichtig deutsch zu lernen, weil es doch die Sprache nrw sports: Ist es Ihre Aufgabe, mögliche Taktik-Veränderungen sein sollte, in der wir kommunizieren, auch wenn mittlerweile innerhalb eines Spiels weiterzugeben und umzusetzen? Sind Sie viel in Englisch abläuft. Ansonsten gilt es halt, Mannschafts- der verlängerte Arm des Trainers auf dem Spielfeld? abende zu machen, als Team zu wachsen, einfach miteinander Broich: Das ist nicht nur Aufgabe des Spielmachers. Da trifft es anzu reden, das ist ganz wichtig. Wenn man am Frühstückstisch dere Positionen genauso. Es ist ja so, dass man in der Mannschaft eine zusammensitzt, sollte nicht jeder eine Zeitung vor sich haben, gewisse Achse hat. Die zwei zentralen Innenverteidiger, den defensi- 38 „Ich denke, dass ich ein Spiel gestalten und vorbereite und im Idealfall auch selber knipse.“ ven Mittelfeldspieler und den offensiven Mittelfeldspieler. Wir sollten gemeinsam auf gewisse Dinge reagieren. Wenn wir sehen, dass wir im Mittelfeld nicht in die Zweikämpfe kommen, dass wir einfach keine Ordnung haben, dann müssen wir taktisch korrigierend eingreifen, das ist schon richtig. Ein Gespräch mit dem Trainer kann während des Spiels natürlich vorkommen. Aber es ist mittlerweile schwierig geworden, in diesen lauten Stadien zu kommunizieren. Auf dem Bökelberg war es sehr stimmungsvoll, aber mittlerweile ist es in fast jeder Arena so, dass der Lärmpegel immens ist. Ein Coach hat es wahnsinnig schwer, von aussen auf die Spieler einzuwirken. nrw sports: Wie groß ist die Konkurrenz im Team um den Posten des Regisseurs? Welches Verhältnis haben Sie zu Ihrem direkten Konkurrenten? Broich: Menschlich geht man ganz genauso mit dem Spieler auf deiner Position um wie mit jedem anderen. Ich sehe das nicht so, dass der mir irgendwas wegnimmt oder so. In meinem Fall ist es der Krisztian Lisztes, der meine Position ausfüllen könnte. Ich habe ihn als ganz, ganz netten Menschen kennen gelernt und da gibt es abseits des Platzes keine Probleme. Aber wenn es auf das Feld geht, dann versucht jeder mit Macht, seine Position zu behaupten oder die des anderen zu erkämpfen. Das ist normal. Mit Marek Heinz bin ich auch ordentlich ausgekommen. Es ist natürlich immer ein bisschen unglücklich, wenn es heißt: Entweder der oder der. Aber so sind die Gesetzmäßigkeiten im Fußball. nrw sports: Welche Möglichkeiten haben Sie, dass sich Nachwuchsakteure oder verletzte Spieler weiterhin als integraler Bestandteil der Mannschaft fühlen? Broich: Auf jeden Fall durch viel Reden. Gerade mit jungen Spielern sollte man sehr viel kommunizieren, weil sie oft genug noch nicht wissen, wo sie stehen. Sie sind meist sehr schüchtern und bescheiden. Da kann man das Selbstvertrauen in ihnen wecken. Bei Marcel Jansen war es ein bisschen anders gelagert. Der war eigentlich schon immer sehr selbstbewusst und ist wirklich gradlinig nach oben geschossen. Bei Eugen Polanski und Marvin Compper ist es so, dass die beiden unheimlich viel Potential haben, aber sich manchmal nicht so viel zutrauen. Die müssen noch mehr aus sich rausgehen und sie sollten sich ihrer Klasse bewusster sein. nrw sports: Welches Umfeld im und außerhalb des Vereins brauchen Sie, um auf dem Platz die beste Leistung zeigen zu können? Broich: Es ist nicht so, dass wir von vorne bis hinten alles nachgetragen bekommen müssen. Es ist sehr angenehm, dass sich die Leute der Borussia um sehr viel kümmern, aber ich denke mal, dass jeder Persönlichkeit genug sein sollte, die alltäglichen Dinge auch alleine zu managen. nrw sports: Welche Rolle spielen Sie außerhalb des Spielfeldes, im Training, außerhalb der Vereinsanlage? Broich: Ich würde sagen, dass ich eher ein ruhiger, bedachter Kerl bin. Also gerade, wenn die Leute ein bisschen hitziger werden, kann ich als Ruhepol fungieren. Mir tut es manchmal leid, wenn wir auf dem Land Freundschaftsspiele absolvieren. Da kommen 3.000 Leute, die die Borussia selten sehen und dann nicht die Möglichkeit haben, engen Kontakt zu den Spielern zu knüpfen und man kann dann nicht sämtliche Autogrammwünsche erfüllen. Du musst einfach nach 15 oder 30 Minuten sagen: So Jungs jetzt geht es einfach nicht weiter, weil wir in fünf Minuten abfahren. Dann lässt du halt ein paar Leute stehen, die ewig angestanden haben und sich natürlich bitter böse beschweren. Man bemüht sich so gut es geht, den Wünschen nachzukommen, aber es ist natürlich nicht immer möglich. nrw sports: Was denken Sie, wie wichtig die Fans für das Team sind? Spielt man auch für seine Anhänger? Broich: Die Fans sind immens wichtig. Weil man im Stadion entweder eine Wand hinter sich stehen hat oder gegen so eine kollektive Antistimmung ankämpft. Jeder Fußballer weiß, wie schwer es ist, wenn die Leute unzufrieden werden, die ersten Pfiffe kommen und im Umkehrschluss wie beflügelnd und motivierend es sein kann, wenn die hinter dem Tor Party machen und was das für Kräfte frei setzt. Dieses Wechselspiel zwischen Spielern und Fans ist essentiell im Fußball. Prinzipiell denke ich, dass Pfiffe einen runterziehen. Die machen dich einfach noch unsicherer. Ich würde mir wünschen, dass die Leute, egal wie es steht, 90 Minuten Gas geben. Wenn wir nach 90 Minuten versagt haben, dann können sich mich auch auspfeifen wie sie wollen, aber während des Spiels ist es immer dienlicher, wenn positive Reaktionen von der Tribüne kommen, die uns pushen und nach vorne treiben. Ich finde das super positiv, wenn das ganze Stadion brodelt und kocht und einfach der Lärmpegel immens hoch ist. Das beflügelt total, da kann man sich in einen richtigen Rausch spielen. Gerade bei den Derbys herrscht oft diese Stimmung. Ich komme aus München und weiß durchaus, was es heißt, ein Derby zu bestreiten. Dann kommst du nach Mönchengladbach und hast halt zwei andere Parteien. Die Rivalität die herrscht begreift man ganz schnell. Du sprichst ja im Vorfeld mit Fans, du siehst, wie das in den Zeitungen aufbereitet wird. Dem kannst du dich gar nicht entziehen. Vor diesen besonderen Spielen grassiert so etwas wie ein Fieber. Text: Tom Aust Fotos: Firo Sportphoto 39 10 Fragen an 7 Spielmacher Schindzielorz, 25, 1.FC Köln: dabei ist, kann man In den letzten Jahren ist Sebastian Schindzielorz nicht gerade vom Glück verfolgt. Gerade war er ablösefrei vom VfL Bochum zum 1. FC Köln gewechselt, verabschiedeten sich die Geißböcke aus Liga Eins. „Sesi“ hatte aber nur für die Bundesliga in der Domstadt unterschrieben, der Vertrag wäre hinfällig gewesen. Doch der defensive Mittelfeldspieler entschied sich für den harten Weg zurück in die Eliteklasse. „Schon bei meinem Wechsel von Bochum war klar, dass der FC ein schweres Jahr vor sich haben würde. Leider hat es nicht zum Klassenerhalt gereicht und ich selbst konnte nicht mithelfen, das zu verhindern. Aber ich bin nach wie vor von der Sache und der Perspektive des Clubs überzeugt“, erklärt er. Kaum irgendwo habe ein Verein solch positive Entwicklungschancen vor sich. Das Zuschauerpotenzial, die Möglichkeiten des neuen Stadions – das alles prädestiniere den 1. FC Köln für höhere sportliche Regionen. „Auf Dauer wird sich der FC in der Bundesliga wieder etablieren. Davon bin ich überzeugt“, sagt „Sesi“. Leider hat er vergleichsweise wenig zum Aufschwung beitragen können. Viele Verletzungen, darunter ein Mittelfußbruch und ein Innenband-Teilabriss, warfen ihn in seiner sportlichen Entwicklung zurück. Immerhin hatte er es zum U21-Nationalspielergebracht und war auf dem Sebastian Schindzielorz - Kapitän des 1.FC Köln - im Hintergrund Thomas Sprung in den Kader von Bundes- Broich - Borussia Mönchengladbach trainer Jürgen Klinsmann. Rückschläge im Heilungsprozess warfen Sebastian immer Profi hat man gerade am Ende einer langen Saison schon mal wieder zurück. Aus Wochen wurden Monate, schließlich ein paar Wehwehchen, motiviert sich dann nur schwer. Aber fast ein ganzes Jahr. „Das bitterste meiner Karriere“, das wird mir nie wieder passieren! Wie oft hab´ ich mich nach sagt „Sesi“ heute. Die Verletzung, die Schmerzen, die Muskelkater gesehnt…“ Auch in der aktuellen Spielzeit hat einsamen Stunden beim Reha-Training – das alles habe Schindzielorz gerade mal ein Drittel der Meisterschaftsspiele genervt. Und manchmal auch die Fragen nach seinem bestreiten können. Seine Fans hat er dennoch behalten. „Hallo Wohlergehen. „Es war ja nicht absehbar, wann ich wie- Sesi, Wollt dir nur sagen, wie unnormal geil du spielst und das der spielen könnte. Und während die Jungs sich auf dem du mega geil aussiehst ciao, bis dann - kiss - deine steffi“, so ein Rasen warm gemacht haben, musste ich von der Tribüne Original-Auszug aus dem Gästebuch der Internetseite www. aus zusehen“, erinnert sich Sebastian. Und dann berich- sebastian-schindzielorz.de. nrw sports sprach mit der 26-jähtet er von einer neuen Erfahrung: „Ganz ehrlich – als rigen Kämpfernatur. 40 „Wenn man nicht mit dem Herzen auch keine Leistung bringen.“ nrw sports: Identifizieren sich Spieler im Zeitalter der kurzfristigen Wechsel noch mit dem Verein, oder geht es nur darum einen Job zu machen, bei dem viel Geld zu verdienen ist? Schindzielorz: Klar identifiziert man sich als Spieler mit dem Verein. Ich für meine Person stehe voll hinter dem FC und versuche für den Club alles zu geben. Wenn man nicht mit dem Herzen dabei ist, kann man auch keine Leistung bringen. nrw sports: In jedem Bundesliga-Kader gibt es eine bunte Mischung der verschiedensten Nationalitäten. Sind da nicht MentalitätsProbleme, Integrationsschwierigkeiten und Grüppchenbildung vorprogrammiert? Was tun Sie als Führungsspieler, um integrierend zu wirken? Schindzielorz: Ich versuche als Kapitän jeden Spieler gleich zu behandeln und besonders auf die neuen und jungen Spieler zuzugehen. Gerade im Mannschaftssport ist es wichtig, dass sich alle untereinander gut verstehen, denn jeder muss sich auf jeden verlassen können. Klar versteht man sich mit dem einen oder anderen besser, aber letztendlich ziehen wir alle an einen Strang und verstehen uns sehr gut. nrw sports: Wie definieren Sie ihre Rolle in der Mannschaft? Welche Rolle spielen sie auf dem Feld? Schindzielorz: In der Mannschaft wie auf dem Platz spiele ich im Mittelfeld. In der Mannschaft bin ich für jeden ansprechbar, auf dem Feld versuche ich immer anspielbar zu sein und die Bälle zu verteilen. Wir haben eine sehr junge Mannschaft, da muss ich persönlich auch Verantwortung übernehmen und auf die jüngeren Spieler einwirken. nrw sports: Können ihre Mitspieler immer auf Ihre Anweisungen bzw. Ihre Kreativität eingehen? Gibt es hin und wieder auch Missverständnisse während eines Spiels? Schindzielorz: Klar gibt es während eines Spieles auch Missverständnisse. nrw sports: Ist es Ihre Aufgabe, mögliche Taktik-Veränderungen innerhalb eines Spiels weiterzugeben und umzusetzen? Sind Sie der „verlängerte Arm“ des Trainers auf dem Spielfeld? Schindzielorz: Der Trainer hat mehrere „verlängerte Arme“ auf dem Feld. Auch ich bin einer, der wenn es nötig ist, die Anweisungen des Trainers an die anderen Spieler weitergibt. nrw sports: Gibt es eine Konkurrenz im Team um den Führungs-Anspruch oder kann man sich auch Führungs-Aufgaben teilen? Schindzielorz: Eine Mannschaft hat ja nicht nur einen Führungsspieler. In einer jungen Mannschaft wie bei uns kommt es gerade auf die älteren Spieler an, Führungsaufgaben zu übernehmen. Lukas Podolski und Lukas Sinkiewicz sind schon trotz ihres jugendlichen Alters klare Führungsspieler im Team. (Anmerkung nrw sports: Podolski und Sinkiewicz sind beide erst 20 Jahre alt.) nrw sports: Welche Möglichkeiten haben Sie, dass sich Nachwuchsakteure oder verletzte Spieler weiterhin als Bestandteil der Mannschaft fühlen? Schindzielorz: Auch wenn Spieler verletzt sind oder sich in der Reha befinden, verlieren sie bei uns nicht den Kontakt zur Mannschaft. Wir versuchen, dass diese Spieler auch zu den Trainingseinheiten kommen, an denen sie verletzungsbedingt nicht teilnehmen können. So bleiben sie und die anderen immer auf dem Laufenden. nrw sports: Welches Umfeld bietet Ihr Verein außerhalb des Trainingsplatzes? Schindzielorz: Vom Umfeld her ist der 1.FC Köln in dieser Beziehung absolut erstklassig. Nicht nur als neuer Spieler wird man hervorragend betreut. Das Management und die ClubMitarbeiter stehen den Spielern immer mit Rat und Tat zur Seite. nrw sports: Welche Rolle spielen Sie außerhalb des Spielfeldes? Fördern gemeinsame Freizeit-Aktivitäten des Teams das Spielverständnis? Schindzielorz: Wie schon gesagt versuche ich integrativ zu wirken. Ein gutes Mannschaftsklima ist wichtig. Sicherlich fördern auch gemeinsame Freizeit Aktivitäten die Harmonie des Teams. nrw sports: Wie wichtig sind die Fans für das Team? Sind sich die Spieler der immensen Bedeutung der großen Derbys bewusst? Schindzielorz: Klar spielt man auch für die Fans. Sie sind schließlich das Herz des Vereins. Es ist ein tolles Gefühl ins ausverkaufte RheinEnergieStadion einzulaufen und vor 50.000 Zuschauern zu spielen. Das ist motivierend und nicht belastend. Aber dennoch haben wir als Mannschaft auch eine große Verantwortung gegenüber unseren treuen und immer begeisterrungsfähigen Anhängern. Text: Jörg Porstmann Fotos: Firo Sportphoto 41 10 Fragen an 7 Spielmacher Lincoln, 25, FC Schalke 04: bedeutet und ich für Schalke bedeute. Als Lincoln Cassio de Souza Soares im Juni 2004 als Neuzugang beim FC Schalke 04 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, machte er einen beinahe demütig bescheidenen Eindruck. „Ich danke Rudi Assauer, dass er mir diese Chance gegeben und mich zu diesem Verein geholt hat“, erzählte der in Sao Bras do Suacui – Minas Gerais geborene Brasilianer seinerzeit. Damals hatte er wohl die bitterste Zeit seiner sportlichen Karriere durchgemacht, war beim 1. FC Kaiserslautern aussortiert worden, obwohl sein Vertrag bei den Pfälzern noch Gültigkeit besaß. Lincoln, körperlich und seelisch angeschlagen, floh in die Heimat, wo ihn der Anruf seines Beraters Roger Wittmann aus der Krise rettete. „Als er mir sagte, Schalke wolle mich holen, habe ich ihm geantwortet: Ja, sofort“, erinnert sich der 1,77 Meter große Fußball-Zauberer, der im Tausch für Jochen Seitz von der Pfalz ins Revier wechselte. Eineinhalb Jahre später gilt Lincoln als der Kopf des amtierenden Vizemeisters aus Gelsenkirchen. Mit seinen Ideen steht und fällt das Spiel der Königsblauen. Obwohl Lincoln im Interview mit „nrw sports“ nicht verhehlen will, dass er wichtig für den FC Schalke sei, betont er im gleichen Atemzug, dass auch er nur ein Teil der Mannschaft ist. nrw sports: Identifizieren sich Spieler im Zeitalter der kurzfristigen Wechsel noch mit dem Verein, oder geht es nur darum Geld zu verdienen? Lincoln: Das kann schon sein, dass es solche Spieler gibt, jeder hat seine eigene Einstellung. Aber ich denke nicht so. Schau mal, ich komme aus ganz armen Verhältnissen in Brasilien. Wenn man dann als Fußballer viel verdient, ist das für einen sicher wichtig, weil man nur ein paar Jahre lang Fußball spielt und in der Zeit vielleicht für den Rest des Lebens vorsorgen will. Jeder weiß, dass ich mich voll mit Schalke identifiziere. Dieses Gefühl für den Verein war sofort da. Mit keiner anderen Mannschaft habe ich mich so schnell verbunden gefühlt wie mit Schalke. nrw sports: In jedem Bundesliga-Kader gibt es eine bunte Mischung der verschiedensten Nationalitäten. Kann das Probleme geben, weil Spieler aus ganz unterschiedlichen Kulturen zusammen kommen, um in einer Mannschaft Fußball zu spielen? Lincoln: Das kann Probleme geben, aber bei uns ist das nicht so. Wir haben einige Deutsche, zwei Dänen, jeweils einen Türken, Polen, Serben, Bosnier, Georgier, zwei Uruguayer und drei Brasilianer in „Ich weiß genau, was Schalke für mich Das passt sehr gut zusammen.“ der Mannschaft und alle kommen miteinander klar. Wir haben keine Grüppchenbildung, aber wegen der gemeinsamen Sprache ist es natürlich klar, dass sich zum Beispiel die Brasilianer mehr miteinander unterhalten. nrw sports: Wie definieren Sie Ihre Rolle in der Mannschaft. Fühlen Sie sich als der Führungsspieler? Lincoln: Ich weiß genau, was Schalke für mich bedeutet und ich für Schalke bedeute. Das passt sehr gut zusammen. Aber Schalke ist nicht nur Lincoln, wir haben viele gute Spieler. Ich versuche, das Beste zu geben und Spaß am Fußball zu haben, dann läuft es meistens gut. nrw sports: Können Ihre Mannschaftskameraden immer auf Ihre Kreativität eingehen? Lincoln: Das kommt darauf an, wie wir eingespielt sind und wie das Spiel läuft. Kevin Kuranyi ist im Sommer neu gekommen, dann muss man sich erst aufeinander abstimmen. Das hat bei uns zunächst gut geklappt. Wenn man eine Pause hat so wie ich am Anfang der Saison, kann es auch wieder etwas dauern, bis man wieder so funktioniert wie vorher. nrw sports: Fungieren Sie auch als verlängerter Arm des Trainers auf dem Spielfeld, um mögliche Taktik-Veränderungen innerhalb eines Spiels weiterzugeben und umzusetzen? Lincoln: Der Trainer sieht von außen viel besser als wir auf dem Platz, was zu tun ist. Wenn er eingreifen will, dann versucht er, die Spieler anzusprechen, die ihre Positionen verschieben oder irgendetwas anderes verändern sollen. Für uns Spieler ist es manchmal schwierig, so etwas zu erkennen, weil alles so schnell geht und du dich auf das Spiel konzentrierst. Wenn der Trainer Anweisungen gibt, muss man als Spieler darauf reagieren. nrw sports: Wie groß ist die Konkurrenz im Team um den Posten des so genannten Regisseurs? Lincoln: So etwas gibt es bei uns nicht. Jeder hat in der Mannschaft seine Aufgaben, seine ganz bestimmten Qualitäten. Das macht uns stark, nur so können wir Erfolg haben. Meine Stärke ist wohl, das Spiel nach vorne zu machen und unsere Stürmer gut einzusetzen oder selbst zu versuchen, ein Tor zu erzielen. Ob das jetzt Regisseur heißt oder Spielmacher, ist vollkommen egal. Kevin Kuranyi, Lincoln und Sören Larsen beim gemeinsamen Torjubel 42 nrw sports: In wie weit kümmern Sie sich darum, dass sich verletzte Akteure oder Nachwuchsspieler als Teil der Mannschaft fühlen? Lincoln: Da sind meistens die älteren Spieler gefordert, die Jüngeren zu integrieren. Zum Beispiel Rafinha, der erst kurz vor dem Saisonstart zu uns gekommen ist und keinen Menschen in Deutschland oder bei Schalke kannte. Marcelo Bordon und ich haben uns dann besonders um unseren Landsmann gekümmert, dass er sich hier schnell wohl fühlt. Ich kenne diese Situation aus meiner Zeit. In Brasilien war ich schon mit 17 Profi in der ersten Mannschaft von Atletico Mineiro. Da bist du froh, wenn sich ein erfahrener Mann um dich sorgt. Bei mir war das damals Tafarel, ihm habe ich sehr viel zu verdanken. nrw sports: Welches Umfeld im Verein, zum Beispiel bei der Betreuung außerhalb des Platzes brauchen Sie, um auf dem Feld die besten Leistungen zeigen zu können? Lincoln: Das ist ein großer Vorteil, denn so hast du den Kopf freier für den Fußball. Schalke kümmert sich sehr um seine Spieler, nimmt uns vieles ab, damit wir uns voll und ganz auf den Sport konzentrieren können. Da in letzter Zeit einige Spieler geholt wurden, die kein Deutsch können, ist der Sprach-Unterricht sehr wichtig. Ich nehme noch einmal das Beispiel Rafinha: Er ist erst seit einigen Wochen hier und lernt schon die deutsche Sprache. Der Verein macht alles, aber auf dem Platz müssen wir zeigen, was wir drauf haben. nrw sports: Wie wichtig ist es für den Zusammenhalt der Mannschaft, dass sich die Spieler auch außerhalb des Trainings und des Spiels treffen, um in der Freizeit etwas zu unternehmen? Lincoln: Wir trainieren ja jeden Tag zusammen und spielen in drei Wettbewerben, Bundesliga, Pokal und Champions League. Zudem ist die Hälfte der Mannschaft Nationalspieler und hat noch Länderspiele. Da bleibt nicht viel Zeit für Familie, Freundin, Freizeit. Daher treffen wir uns außerhalb nur ab und zu zum Essen oder gehen miteinander weg. Das muss auch nicht immer die ganze Mannschaft sein, sondern das können auch nur vier, fünf Spieler sein. nrw sports: Wie wichtig sind die Fans für das Team und welche Bedeutung haben die Derbys, die für die Anhänger stets einen besonderen Stellenwert haben, für die Spieler? Lincoln: Die Fans in Schalke sind etwas ganz Besonderes. Das habe ich sofort gemerkt, als ich hier hin kam. Die leben für ihren Verein, davor muss man als Spieler großen Respekt haben. Man braucht auch nicht lange, um zu verstehen, wie wichtig das Derby Schalke gegen Dortmund für die Anhänger ist. In Brasilien gibt es überall Derbys, aber S04 gegen BVB hat noch eine größere Dimension. Man merkt, dass die Fans immer über dieses Spiel sprechen. Und ich treffe auf meinen Freund Dede, darauf freue ich mich immer sehr, auch wenn es mir für ihn immer leid tut, wenn wir gewinnen. Text: Heiko Buschmann Fotos: Firo Sportphoto 43 10 Fragen an 7 Spielmacher Tomas Rosicky, 25, Dortmund: Gefühl, in jedem Heimspiel vor Er kam als 20-jähriger im Januar 2001 nach Dortmund. Schon aufgrund der hohen Ablösesumme von umgerechnet 15 Millionen Euro wurde er in eine führende Rolle gedrängt. Auf dem Spielfeld hat sich Tomas Rosicky der Verantwortung nie entzogen. Wenn er spielt, laufen bei ihm die Fäden im Mittelfeld zusammen, dann verteilt er die Bälle, streichelt die Flanken ger- ne zentimetergenau auf den Kopf seines leider aktuell verletzten Zwei-Meter-Landsmanns Jan Koller. Die finanzielle Schieflage der schwarz-gelben Borussia aus Dortmund bürdet Rosicky inzwischen nahezu die alleinige Last im offensiven Mittelfeld auf, denn ein Torsten Frings oder Flavio Conceicao stehen in dieser Bundesliga-Saison nicht mehr hilfreich zur Seite. nrw sports: Identifizieren sich Spieler im Zeitalter der kurzfristigen Wechsel noch mit dem Verein, oder geht es nur darum, einen Job zu machen, bei dem viel Geld zu verdienen ist? Rosicky: Zunächst einmal kann ich nur für mich sprechen. Wenn ich nur auf das Geld achten würde, wäre ich vor fünf Jahren nicht zu Borussia Dortmund gekommen. Zugegeben, ich war damals noch sehr jung, doch die sportlichen Aspekte waren für mich sehr wichtig. Vielleicht liegt es auch an der Mentalität in meinem Heimatland. Bei uns denkt man nicht in erster Linie an Geld. Allerdings verstehe ich natürlich einen 28- oder 29-jährigen Spieler, der andere Prioritäten setzt, weil er seine Altersversorgung sichern will. nrw sports: In jedem Bundesliga-Kader gibt es eine bunte Mischung der verschiedensten Nationalitäten. Sind da nicht Mentalitäts-Probleme, Integrationsschwierigkeiten und Grüppchenbildung vorprogrammiert? „Für mich ist es nach wie vor ein tolles über 70.000 Besuchern spielen zu dürfen.“ Rosicky: Es ist für mich vollkommen egal, aus welchem Land jemand kommt. Ausschlaggebend ist eine positive Einstellung. Natürlich gibt es anfangs Schwierigkeiten, weil alles neu ist, die Mentalität, die Sprache usw. Wir haben in Dortmund den Vorteil, dass wir eine sehr junge Mannschaft haben und da sind die Interessen in der Regel gleich, so dass die Integration neuer Spieler in die Mannschaft schneller verläuft. nrw sports: Wie definieren Sie ihre Rolle in der Mannschaft? Welche Rolle spielen sie auf dem Feld? Rosicky: Ich bin ein Teil der Mannschaft, auf und außerhalb des Spielfeldes. Ich finde aber, dass es im Team keinen anderen Spieler wie mich gibt. nrw sports: Können ihre Mitspieler immer auf Ihre Kreativität eingehen? Rosicky: Man hat immer Möglichkeiten, zumal ich von der Mittelfeldposition her alles auf dem Spielfeld übersehen kann. Sebastian Kehl und ich teilen uns die Aufgabe, Anweisungen zu geben und dabei treten eigentlich keine Schwierigkeiten auf. nrw sports: Ist es Ihre Aufgabe, mögliche Taktik-Veränderungen innerhalb eines Spiels weiterzugeben und umzusetzen? Sind Sie oft der „verlängerte Arm“ des Trainers auf dem Spielfeld? Rosicky: Klar, jeder Trainer greift aber sehr unterschiedlich in das Geschehen ein. Mein Nationaltrainer Karel Brückner hat zum Beispiel bei der letzten Europameisterschaft alle zehn Minuten von außen etwas verändert. Matthias Sammer dagegen weniger, obwohl er alles andere als ein ruhiger Trainer ist. Bert van Marwijk hat eine klare Linie. Wie gesagt, es kommt auf den jeweiligen Trainer-Typ an. nrw sports: Gibt es eine Konkurrenz im Team um den Führungs-Anspruch oder kann man sich auch Führungs-Aufgaben teilen? Rosicky: Ich habe nicht das Gefühl, dass mir in Dortmund irgendjemand irgendetwas streitig machen will. Wie bereits erwähnt, teile ich mir die Führungsaufgabe im Mittelfeld mit Sebastian Kehl und das klappt sehr gut. Tomas Rosicky im Zweikampf mit Sado (VFB Stuttgart) am 8. Spieltag 44 nrw sports: Welche Möglichkeiten haben Sie, dass sich Nachwuchsakteure oder verletzte Spieler weiterhin als Bestandteil der Mannschaft fühlen? Rosicky: Beim BVB sind wir vom Verletzungspech brutal gebeutelt worden. Hinzu kommen in diesem Jahr sehr viele junge Spie- ler, das ist schon nicht normal. Auf der anderen Seite liegt in den Nachwuchsspielern auch die große Chance für die Borussia, weil wir gemeinsam heiß auf den Erfolg sind. Es gibt jedoch zwei unterschiedliche Typen, darauf muss man sich einstellen. Die einen wollen keine Tipps bekommen, weil sie meinen, schon alles zu können. Die anderen, wie zum Beispiel Nuri Sahin, hören genau zu, wenn jemand seine größere Erfahrung weiter gibt. Auch deshalb glaube ich, dass er ein ganz Großer werden kann. nrw sports: Welches Umfeld bietet Ihr Verein außerhalb des Trainingsplatzes und Spielfeld? Rosicky: Auch in diesem Fall kann ich nur für mich sprechen. Bestimmte Probleme hatte und habe ich nicht, weil ich zum Beispiel keine Kinder habe. Als ich jedoch nach Dortmund gekommen bin, hat man sich sehr intensiv um mich gekümmert. nrw sports: Welche Rolle spielen Sie außerhalb des Spielfeldes, außerhalb der Vereinsanlage? Fördern gemeinsame Freizeit-Aktivitäten des Teams das Spielverständnis? Rosicky: Wir sind alles junge Männer, die natürlich auch ihren Spaß haben wollen. Wenn du nur an Fußball denkst, dann wirst du irgendwann bekloppt. Deshalb ist es ganz normal, dass wir bestimmte Erfolge zusammen feiern oder mit mehreren in die Disco gehen. nrw sports: Was denken Sie, wie wichtig die Fans für das Team sind? Spielt man auch für seine Anhänger? Sind die Forderungen der Fans (z. B. mit Sprechchören, auf Transparenten) oder Einladungen zu Fan-Club-Abenden eher belastend oder motivierend? Sind sich die Spieler der immensen Bedeutung der großen Lokalderbys für die Fans bewusst? Rosicky: Für mich ist es nach wie vor ein tolles Gefühl, in jedem Heimspiel vor über 70.000 Besuchern spielen zu dürfen. Mich persönlich beflügelt so eine Kulisse. Allerdings muss ich auch sagen, dass andere eher dadurch gehemmt werden. Die zwei wichtigsten Partien in einer Saison sind die gegen Schalke. Dann vibriert das ganze Umfeld und das spürt selbstverständlich auch jeder Spieler. Lokalderbys sind ebenfalls für uns Highlights. Text: Randolf Kaminski Fotos: Firo Sportphoto 45 10 Fragen an 7 Spielmacher Porcello, 25, Bielefeld: „Als jugendlicher die Schule geschwänzt, um das zu verarbeiten. Fan habe ich nach Niederlagen von „Juve“ Daher ist mir bewusst, was Fans empfinden.“ Mit seiner über fünfjährigen Vereins-Zugehörigkeit gehört Massimilian Porcello zu den dienstältesten Arminen – und reifte vom Ergänzungsspieler zum Leitwolf. „Nach meinem ersten Senioren-Jahr in der Regionalliga-Saison 1999/2000 für den SC Paderborn habe ich mir die Bundesliga als Ziel gesetzt“, erklärt der 25-Jährige. Er sollte dies gleich zwei Mal erreichen: „Nachdem Bielefeld aus dem Oberhaus abgestiegen war, plante man die sofortige Rückkehr. Das kam mir gelegen. Zudem hatte ich hervorragende Gespräche mit dem damaligen Manager Heribert Bruchhagen und Trainer Hermann Gerland, die mich mit ihrer ehrlichen und menschlichen Art schnell überzeugten.“ Der optimale Verein also für den gebürtigen Niedersachsen, der nur eine Autostunde von seinem Heimatort Bückeburg entfernt anheuerte. „Ich hatte den Profifußball vor meiner Haustür“, grinst Porcello. „Mir ist es wichtig, in meinem Umfeld zu bleiben, nah an Familie und Freunden zu sein.“ Und auch ganz nah am großen Sport, das früh abgestempelte „ewige Talent“ wurde in der vergangenen Saison nicht umsonst von den Arminia-Fans zum „Spieler der Saison“ gewählt. Grund genug, den Mittelfeld-Akteur zum Interview mit „nrw sports“ zu bitten. nrw sports: Wie definieren Sie Ihre Rolle in der Mannschaft? Fühlen Sie sich als der Führungsspieler? Porcello: Die Verantwortung ist bei uns in den verschiedenen Mannschaftsteilen auf mehrere Schultern verteilt. Da ich einer der dienstältesten Bielefelder bin, wird mir sicherlich auch viel Vertrauen entgegengebracht und Verantwortung übertragen. nrw sports: Identifizieren sich Spieler im Zeitalter der kurzfristigen Wechsel noch mit dem Verein, oder geht es nur darum, Geld zu verdienen? Porcello: Ich bin in der sechsten Saison bei Arminia und habe in den Jahren sämtliche Höhen und Tiefen mit dem Club durchlebt. Dadurch hat man natürlich schon eine besondere Bindung zu dem Verein. Das Geld steht bei mir nicht im Vordergrund. Wichtiger ist mir, im Fußball weiter zu kommen, mich weiter zu entwickeln, also die persönlichen Ziele und die des Vereins zu realisieren. ren zusammen kommen, um in einer Mannschaft Fußball zu spielen? Pocello: Um erfolgreich in einem Team zusammenzuarbeiten, ist es sehr wichtig, dass man sich gegenseitig respektiert und achtet, unabhängig von der jeweiligen Nationalität. Die verschiedenen Mentalitäten dürfen die Harmonie nicht stören und das Mannschaftsziel gefährden. Die größten Schwierigkeiten zu Beginn sind sicherlich die Sprachprobleme, woraus Missverständnisse entstehen können. Es ist wichtig, dass der Verein den Spielern Möglichkeiten bietet, am Sprachunterricht teilzunehmen und die Spieler auch den Willen haben, die Sprache zu lernen. Unabhängig davon gibt es in der Mannschaft auch Akteure, die mehrere Sprachen sprechen und dadurch die ausländischen Spieler unterstützen können. Ich spreche nrw sports: Können Ihre Mannschaftskameraden immer auf Ihre Kreativität eingehen? Porcello: Wir haben ein klares Spielsystem und ein Konzept mit festen Automatismen, die von unserem Trainer festgelegt sind und an denen wir täglich arbeiten. Jeder hat sich an dieses Konzept zu halten, soll aber auch seine individuellen Stärken einbringen. Auch ich habe meine Stärken und versuche, sie in den Dienst des Teams zu stellen. Das Tempo in der Bundesliga ist sehr hoch, da sind Fehler ganz natürlich und unvermeidbar. Die werden nach dem Spiel in Ruhe analysiert und aufgrund der Analyse wird der neue Trainingsreiz gesetzt. nrw sports: In jedem Bundesliga-Kader gibt es eine bunte Mischung der verschiedensten Nationalitäten. Kann das Probleme geben, weil Spieler aus unterschiedlichen Kultu- mit Deutsch, Italienisch und Englisch drei Sprachen und versuche so, auf die neuen Kicker einzugehen. nrw sports: Fungieren Sie als verlängerter Arm des Trainers auf dem Spielfeld, um mögliche Taktik-Veränderungen innerhalb eines Spiels weiterzugeben und umzusetzen? Porcello: Als verlängerten Arm sehe ich als erstes unseren Kapitän Mathias Hain. Da ich aber im Mittelfeld eine zentrale Rolle einnehme und das Verbindungsglied mit einigen anderen Spielern bilde, ist es sicherlich auch wichtig, die taktischen Veränderungen des Trainers weiterzugeben und umzusetzen. nrw sports: Wie groß ist die Konkurrenz im Team um den Posten des so genannten Regisseurs? Porcello: Wir haben sicherlich Spieler mit Regisseur-Qualitäten, aber in unserem Konzept existiert der Spielmacher nicht in der klassischen Art. Das Team steht im Vordergrund. Es gibt keine Stars, genauso wenig wie Wasserträger. Konkurrenz ist sehr wichtig, das erhöht die Leistung der Spieler und im Idealfall wie bei uns, ohne negative Auswirkung auf das Team. Bei Arminia Bielefeld ordnet sich jeder dem Mannschaftsziel unter, daher gibt es kein unangenehmes Gerangel. Ivrica Franjes (Bremen) und Massimilian Porcello im Luftkampf (erster Spieltag) 46 nrw sports: Inwieweit kümmern Sie sich darum, dass sich verletzte Akteure oder auch Nachwuchsspieler als Teil der Mannschaft fühlen? Porcello: Der Kontakt zu diesen Spielern ist sehr wichtig. Ihnen muss das Gefühl gegeben werden, dass sie zur Mannschaft gehören und ein wichtiger Bestandteil sind. Für mich ist es egal, ob jemand verletzt, Stamm-, Ersatz- oder Nachwuchsspieler ist. Ich respektiere die Persönlichkeit eines jeden Fußballers und Menschen. Das ist mir allgemein sehr wichtig und fehlt mir bei vielen Menschen im Umgang miteinander, nicht nur im Fußball. nrw sports: Welches Umfeld im Verein, zum Beispiel bei der Betreuung außerhalb des Platzes brauchen Sie, um auf dem Feld die besten Leistungen zeigen zu können? Porcello: Jeder Spieler benötigt sein eigenes individuelles Umfeld, das ist bei jedem anders. Mir ist es sehr wichtig, auch unabhängig vom Trainingsbetrieb fördernde Maßnahmen wahrnehmen zu können. Dazu gehören Krafttraining, wenn nötig auch zusätzliche medizinische Versorgung. Zudem benötige ich ein ruhiges Umfeld, in dem man sich zurückziehen und abschalten kann, vor allem Familie und Freunde. Manchmal brauche ich auch nur Zeit für mich allein, damit ich ungestört meine Situation analysieren kann und neue Ziele und Aufgaben festlege. nrw sports: Wie wichtig ist es für den Zusammenhalt der Mannschaft, dass sich die Spieler auch außerhalb des Trainings und des Spiels treffen, um etwas zu unternehmen? Porcello: Für das Klima im Team ist es wichtig, auch außerhalb des Fußballplatzes gemeinsam etwas zu unternehmen. Das stärkt das Wir-Gefühl und die freundschaftlichen Beziehungen untereinander. Dazu werden Fanclubtreffen oder Autogrammstunden organisiert, um den Kontakt zu den Fans zu suchen. Dort kann man sich untereinander austauschen. Der Spieler lernt die Fans kennen und die können sich ein eigenes Bild über die Spieler machen, im besten Fall ein positives. nrw sports: Wie wichtig sind die Fans für das Team und welche Bedeutung haben die Derbys, die für die Anhänger stets einen besonderen Stellenwert besitzen, für die Spieler? Porcello: Die Fans können uns Spieler zu Höchstleistungen pushen und haben dadurch auch einen großen Anteil an dem Erfolg der Mannschaft. Die Atmosphäre, die tolle Stimmung, die vollen Stadien, das ist doch das, was den Fußball ausmacht und jeder von uns braucht und liebt. Und dafür sind alleine die Fans verantwortlich. Jeder von uns war als Kind selbst Fußballfan und weiß, wie man manchmal leidet. Ich erinnere mich, dass ich als jugendlicher Fan nach Niederlagen meines Lieblingsclubs Juventus Turin die Schule geschwänzt habe und den Tag brauchte, um das zu verarbeiten. Mein Vater wurde von meinem Onkel aus der Wohnung geschmissen, nachdem Inter Mailand das Stadtderby gegen AC Mailand gewann. Insofern ist mir persönlich auf jeden Fall bewusst, was Fußball den Anhängern bedeutet. Text: Kai Griepenkerl Fotos: Firo Sportphoto 47 10 Fragen an 7 Spielmacher Ivica Grlic, 30, MSV Duisburg: Führungsspielern. Das wird man nur Ivica Grlic ist einer der wertvollsten Akteure beim MSV Duisburg. Der aktuelle Nationalspieler Bosnien-Herzegowinas kämpft mit den „Zebras“ um den Klassenerhalt und mit seiner Landes-Auswahl um das Ticket zur WM 2006 in Deutschland. „Wir müssen mit dem MSV konzentriert weitermachen, auch wenn in den ersten Begegnungen kein Sieg heraussprang“, fordert der Mittelfeld-Stratege, der beim Fußball-Gespräch mit der nrw sports durchaus über den Tellerrand hinausblickt. nrw sports: Identifizieren Sie sich voll mit Ihrem Verein oder geht es nur darum, Geld zu verdienen? Grlic: Vom Finanziellen her hatte ich bessere Angebote als das des MSV Duisburg, aber ich habe mich trotzdem für die Zebras entschieden. Das Entscheidende war, hier etwas aufbauen zu können. Wir sind nach der Fertigstellung der MSV-Arena aufgestiegen, das sind sicherlich Momente, die man in seinem Leben nicht vergessen wird und die einen an einen Verein binden. Jeder sollte sich mit dem Verein, bei dem er unter Vertrag steht, identifizieren. Das Geld ist dabei relativ. Ich finde Aspekte wie Familienglück und Gesundheit unbezahlbar. verschiedenen Nationalitäten. Sind da Mentalitäts-Probleme, Integrations-Schwierigkeiten und Grüppchenbildung vorprogrammiert? Grlic: Beim MSV spiele ich als Bosnier, Marino Biliskov als Kroate. Wir verstehen uns gut, er ist katholisch, ich bin katholisch, da gibt es keine Probleme. Ich bin in München geboren und in Deutschland aufgewachsen, zu meiner Zeit beim 1. FC Köln gab es einen Intensiv-Deutschkurs für alle ausländischen Spieler. Es liegt an jedem einzelnen selbst, ob er die Sprache lernen will. Grundsätzlich finde ich es interessant, mit Akteuren verschiedener Nationen in einem Kader zu stehen. Man lernt so auch andere Kulturen kennen. nrw sports: In jedem Kader gibt es eine bunte Mischung an nrw sports: Wie definieren Sie Ihre Rolle in der Mannschaft? „Ich bin einer von vielen durch Leistung und Akzeptanz“. Sind Sie der Führungsspieler? Grlic: Ich bin einer von vielen Führungsspielern. Das wird man nicht, in dem man die Kapitänsbinde am Arm trägt, sondern durch Leistung und Akzeptanz in der Mannschaft. nrw sports: Können Ihre Mannschafts-Kameraden immer auf Ihre Kreativität eingehen, wie reagieren Sie auf Missverständnisse innerhalb des Spiels? Grlic: Missverständnisse gibt es immer wieder, in jeder Partie. Du musst das Risiko eingehen und es auch bei Fehlversuchen solange probieren, bis der Pass ankommt. nrw sports: Ist es Ihre Aufgabe, mögliche Taktik-Änderungen innerhalb des Spiels weiterzugeben und umzusetzen? Reagieren Sie als Führungs-Mitglied spontan je nach Spiel-Entwicklung? Grlic: Ja, das kommt vor. Wenn Du nach fünf Minuten 0:1 hinten liegst, ist das Grund-Konzept eigentlich über den Haufen geworfen, weil du dann nicht auf Abwarten und Kontern spielen kannst, sondern selbst Initiative ergreifen, Druck ausüben musst. Eine Mannschaft macht gerade das aus, wenn Führungsleute merken: So, wie wir spielen, funktioniert es momentan nicht, wir müssen etwas ändern. Der Trainer gibt zwar die Taktik vor, aber manchmal passiert es, dass du 15, 30 Minuten etwas anders spielst, das passiert dann nach Absprache auf dem Spielfeld. nrw sports: Wie groß ist die Konkurrenz im Team um den Posten des strategisch wichtigen Mittelfeld-Spielers, der defensive mit offensiven Elementen verknüpft? Grlic: Bei uns gibt es mehrere Regisseure, einer in der Abwehr, zwei im Mittelfeld, einer im Angriff. Die Achse verteilt sich auf mehrere Schultern, alle können etwas zum Aufbau beitragen und müssen sich darum kümmern, dass es in der Rückwärtsbewegung läuft. Grundsätzlich ist Fußball ein Mannschafts-Sport. Auch ein Zinedine Zidane hätte nie die Riesen-Karriere gemacht, ohne die entsprechende Unterstützung der Mitspieler zu haben. Ivica Grlic gegen Suttgarts Jon Dahl Tomasson beim Saisonstart in der MSV-Arena 48 nrw sports: Welche Möglichkeiten haben Sie, dass sich Nachwuchs-Spieler oder verletzte Akteure als integraler Bestandteil der Mannschaft fühlen? Grlic: Man telefoniert mit länger verletzten Leuten wie Andreas Voss, Jupp Ivanovic oder Markus Hausweiler. Es ist wichtig, dass die Angeschlagenen nicht in Vergessenheit geraten, dass sie das Gefühl haben, weiter dazuzugehören. Ein Talent wie unser Adam Bodzek bekommt sicherlich Hilfestellung, man versucht, einem jungen Spieler zu helfen und zu zeigen, was er verbessern kann. Natürlich benötigst du als junger Fußballer auch ein gewisses Glück, den Durchbruch zu schaffen. Bodzek würde allerdings nicht bei uns zum Kader gehören, wenn er keine Qualitäten besäße. nrw sports: Welches Umfeld in und außerhalb des Vereins benötigen Sie, um auf dem Platz die besten Leistungen abrufen zu können? Grlic: Das Umfeld ist wichtig für die Familie. Wenn sich meine Frau und die Kinder wohl fühlen, dann kann ich mich zu 100 Prozent auf den Fußball konzentrieren. Gibt es Probleme, zum Beispiel in der Schule oder bei der Suche nach einem Kindergarten-Platz, dann nimmt man sie mit auf den Fußballplatz. Ich muss einfach Kopf und Rücken frei haben. Ich bin ein Mensch, der bei meiner Frau Renata nachfragt, ob sie mit den Gegebenheiten zufrieden ist. nrw sports: Welche Rolle wird Ihnen außerhalb der MSV-Arena zuteil? Fördern Sie gemeinsame Freizeit-Aktivitäten des Teams? Grlic: Wenn man sieht, wie viel Zeit man gemeinsam als Mannschaft verbringt, dann ist man auch Mal froh, sich ganz der Familie widmen zu können. Sicherlich sind gemeinsame Unternehmungen wie Eishockey-Spiele, BoxVeranstaltungen oder Restaurant-Besuche förderlich für den Teamgeist, doch man freut sich auch über Freizeit. nrw sports: Was denken Sie, wie wichtig die Fans für Ihr Team sind? Spielt man auch für seine Anhänger? Was erwarten die Zuschauer vom Spieler? Grlic: Die Fans sind sehr wichtig, ohne sie wäre der Fußball nicht interessant. Die Unterstützung kann zusätzlich Kräfte frei setzen. Ich denke, dass die Fans fünf bis acht Punkte im Jahr bringen, weil sie dich auch dann nach vorne peitschen, wenn es nicht läuft oder wenn es lange 0:0 steht. Wenn ich in ein volles Stadion einlaufe, ist das ein schönes Gefühl und auch eine Bestätigung. Ich weiß: Die Leute sind da, weil sie den MSV sehen wollen. Die Fans erwarten 100 Prozent Einsatz. Wenn man auf den Tribünen nach einem Spiel sagt, die Mannschaft hat alles gegeben, nur das Ergebnis stimmte nicht, dann kann einem keiner böse sein. Wir sind als Sportler natürlich Vorbilder. Da muss man auch Verständnis für die Top-Stars haben: Wenn sie durch die Straße gehen oder in ein Restaurant, dann können sie sich keine Minute ungestört unterhalten, sie haben kein Privatleben mehr. Das ist sicher auch nicht die Situation, die man sich wünscht. Grundsätzlich habe ich mit Volksnähe aber noch nie Probleme gehabt. Text: Thomas Tartemann Fotos: Firo Sportphoto 49 FIFA WM 2006 Titelchance auf der Zugspitze 32 Teams für Deutschland 2006 – der ultimative WM-Guide für Fußballkenner Es ist fast vollbracht! Die ambitionierten Fußball-Ländermannschaften dieses Planeten haben die Qualifikation für das WM-Turnier 2006 in Deutschland unter Dach und Fach gebracht. Lediglich notorische Nachzügler wie Spanien, Tschechien, die Türkei oder Trinidad & Tobago müssen über die Relegation ans Ziel kommen. Eine Mission, deren Scheitern auf der iberischen Halbinsel freilich irritierter zur Kenntnis genommen würde, als in der Karibik. Wie auch immer, es ist Zeit für eine Einordnung der Teams, die den „hoch favorisierten“ Gastgebern den Titel im kommenden Jahr streitig machen wollen. Sicher dabei: Holland: Wie haben die „Oranjes“ die dann achtjährige Abstinenz von der Weltbühne des Fußballs überstanden? Keine Bange! Gut! Tolles Spiel, tolle Spieler – kein Erfolg. Wie schön, dass wenigstens die Kleinigkeiten im so eiskalten, modernen Fußballgeschäft eine heimelige Konstanz behalten. Attraktivität: schadenfreudig Ukraine: „Shewa-Goal“ und seine zehn Dynamos! Das Sturm-Genie vom AC Mailand sticht aus der schlichten TorverhinderungsMaschinerie in gelb-blau heraus, wie die Giraffe aus der Badewanne. Erster Anwärter auf die Rolle Griechenlands bei der EM, daher Titelkandidat. Attraktivität: einmalig Portugal: Hat sich mit einem nie gefährdeten, glanzvollen 2:1-Sieg im letzten Qualispiel gegen die aufstrebenden Fürstentums-Kicker aus Lichtenstein listig aus der Riege der Geheimfavoriten gestümpert. Wegen Eusebio auf der Tribüne dennoch zu beachten. Attraktivität: geheim Frankreich: Ein 4:0 gegen die Inselmacht Zypern und Zinedine Zidanes Traumbilder katapultieren „les bleus“ zurück in den absoluten Favoritenkreis. Internes Ziel jedoch: Überstehen der Vorrunde! Attraktivität: zwischen oh la la und oh weia 52 England: Never more! Die Latten der Tore in Deutschlands Hyperarenen sind so was von rundgeschliffen – da prallt kein Ball so unglücklich auf die Torlinie, dass er fälschlicherweise für dahinter angesehen wird. Attraktivität: weit überschätzt Brasilien: Sichere Wettbank mit überschäumender Spielfreude. Nur auf dem höchsten Gipfel des Genusses verwundbar. Trotz Roberto Carlos massenfacher Sympathieauslöser. Attraktivität: Samba Serbien-Montenegro: Jugoslawien-Nachfolger mit Megro-Abwehr. Nur ein Gegentor in der Quali. Ansonsten irgendwo zwischen Kezman und Krystajic. Attraktivität: teilrepublikanisch Paraguay: Kämpft gegen den hartnäckigen Ruf, es mit der südamerikanischen Fußball-Philosophie nicht so genau zu nehmen. Benimmt sich auf dem Platz eher schottisch. Motto: „Ich Roque“. Attraktivität: gestreift Schweden: Alles zuzutrauen aber nix zu machen! Seltsam schlampig, was die Umsetzung des vorhandenen Potenzials angeht. Zu funktional. Attraktivität: IKEA Ecuador: Hätte in Deutschland Titelchancen, wenn alle Spiele auf der Zugspitze ausgetragen würden. So wohl nur eine Elf von Flachmännern. Attraktivität: dünn Kroatien: Heißspornige Karohemden mit Rote Karte-Garantie, bevorzugte Heimat von Gastkickern in der Bundesliga. Daher Heimvorteil! Deshalb Geheimfavorit! Attraktivität: fanatisch Südkorea: Irrwische aus Fernost, die dem Wort Laufpensum einen neuen Sinn geben. Nachteil: Für die WM 2006 fällt der Heimnimbus definitiv aus. Attraktivität: wie aufgezogen Togo: Afrika-WM-Neuling I. Sympathieträger mit Zeug zum Publikumsliebling. Staatspräsident machte den Montag nach der Qualifikation zum Nationalfeiertag. Attraktivität: Pogo Saudi-Arabien: zum 4. Mal in Folge WM-Teilnehmer. Doppelt so viele Bälle versenkte Deutschland 2002 im Gruppenspiel ins SaudiNetz. Einer der Völler’schen Kleinen, die noch immer klein sind. Attraktivität: Torgarant Ghana: Afrika-WM-Neuling II. Die Generation nach Anthony Yeboah, Abedi Pelé und Anthony Baffoe (hüstel) schafft den großen Wurf. Produziert das Team einen ghanaischen Roger Milla? Attraktivität: Sammy Kuffour Elfenbeinküste: Afrika-Neuling III. Unbequemer Gegner wegen gefährlicher Bewaffnung: Chelsea-Söldner Didier Drogba köpft im Sturm alles, was ihm in den Weg kommt. Attraktivität: megaleicht ausrechenbar Iran: Ganz gefährlich beim Contra! Darf nicht in die Gruppe der USA gelost werden. Magisches Dreieck Ali Karimi, Vahid Hashemian und Ali Daei. Attraktivität: verschleiert Japan: Amtierender Asienmeister mit größter Europa-Kolonie in Düsseldorf. Kein Spielort! Nachteil! Überstehen Vorrunde nicht. Attraktivität: höflich Angola: Afrika-WM-Neuling IV. Brachte die Adler aus Nigeria zum Absturz. Zudem mehrere Profis beim ehemaligen Kolonialherren, in der portugiesischen Liga tätig. Daher Geheimfavorit. Attraktivität: vogelfrei USA: Inzwischen Serienteilnehmer. Erfolgreicher Einmarsch in die grüne Zone Fußballrasen. Bringt Favoriten lässig in Schwierigkeiten, wäre bei fortgesetzter Kanzlerschaft von Gerhard Schröder nicht angereist. Attraktivität: bescheiden Italien: Nach der „Verarsche“ von Südkorea (exklusive Bewertung der Azzurri) ein neuer Anlauf, jedes Spiel mit 1:0 in Führung zu gehen, um es dann nach Hause zu schaukeln – und das möglichst 7 Partien lang. Attraktivität: eben! Tunesien: Kein Neuling. Spielte bei der WM 1978 gegen Deutschland 0:0. Tun aber ansonsten kaum jemandem weh. Attraktivität: wüst Mexico: Caramba, caracho, eine Bereicherung: Können scharf spielen wie Tabasco und Tequila – doch noch steckt zu oft der Wurm drin. Attraktivität: feurig Polen: Wiedersehen macht Freude. 1974 schossen sich Kazimierz Deyna und Grzegorz Lato in die Herzen der deutschen Stadionbesucher, diesmal wollen das Jacek Krzynowek und Pawel Kryszalowicz übernehmen. Attraktivität: Ausgesprochen grkrywiczelig Argentinien: Ernstzunehmender Pokal-Kandidat, wenngleich man in den beiden letzten Spielen gegen Deutschland über ein jeweiliges Remis nicht hinausgekommen ist. Wird man sich 2006 nicht erlauben dürfen. Attraktivität: Maradona-los Costa Rica: Die „Ticos“ aus Mittelamerika sind die Proto-Lieblingsmannschaft für Neutrale. Land hat keine Armee. Haben bei Weltmeisterschaften jedoch bereits Treffer zu vermelden. Attraktivität: friedlich Unsicher dabei: Türkei: Zweites Team mit echtem WM-Heimvorteil – aber Lettland lässt grüßen. Attraktivität: stadionfüllend Spanien: Nationalausgabe der stärksten Liga der Welt – hinkt hinterher! Attraktivität: kommt einem spanisch vor Tschechien: Team-Version von Pan Tau – macht sich kleiner als es ist. Attraktivität: vorhanden Schweiz: Berg- und Talfahrer bei Weltmeisterschaften – zu neutral. Attraktivität: Käse Slowakei: Versäumte es, das 2:0 gegen WM-Favorit Deutschland noch stärker fürs eigene Selbstbewusstsein zu nutzen. Attraktivität: Marek Mintal Norwegen: Macht der Ukraine den Rang als Nachfolger Griechenlands streitig. Titelkandidat. Attraktivität: gut versteckt Bahrain: Ähnlich wie Brasilien sichere Wettbank - Außenseiter. Attraktivität: gelassen Trinidad & Tobago: Glorreicher Neuling mit auffälligem Kultpotenzial. Attraktivität: fraglos Australien: Abonnementssieger in Ozeanien – mit eingeschränktem Nutzen. Attraktivität: hartnäckig Uruguay: Nostalgieumwehter Ex-Weltmeister mit eingebauter Vorrunden-Rückfahrkarte Attraktivität: schwer vermittelbar War sonst noch was? Ach ja! Deutschland: Es gilt das abgenutzte Wort – wir sind eine Turniermannschaft! Attraktivität: oft masochistisch Text: Stefan Pucks 53 Fußball Fans aus NRW Festspiele in Königsblau Frank Arndt über Fankultur und die Quadratur des Kreise(l)s Istanbul vor Augen, Mailand im Blick. Für die als reisefreudig bekannten Anhänger des FC Schalke 04 hält der Terminkalender der Champions League in den kommenden Wochen zwei Genüsse vom Feinsten bereit. Zunächst geht es am 19. Oktober in eine der schönsten Städte der Welt, zudem der einzigen, die auf zwei Kontinenten steht, nach Istanbul. Im gerade auf 52.500 Zuschauer umgebauten Sükrü Saracoglu-Stadion von Fenerbahce werden bei den brisanten Stadtduellen gegen Galatasaray und Besiktas die Fans des Gegners ausgeschlossen - das ist wohl europaweit einmalig. 1500 Schalker wollen dennoch das Abenteuer wagen und ihrem Team gegen den von Christoph Daum trainierten Türkischen Meister den Rücken stärken. Am letzten Spieltag der Gruppenphase kommt es dann am Nikolaustag zum Showdown in der Lieblingsstadt der Gelsenkirchener. Denn in Mailand gewannen die Schalker 1997 „als kleiner Popelverein“, wie Manager Rudi Assauer gerne betont, sensationell den UEFA Cup. Dieser Sieg gegen den in der Lombardei als schnöselig verschrieenen F.C. Internazionale Milano ist bis heute der größte Erfolg in der mittlerweile 101-jährigen Schalker Vereinsgeschichte. Und wie vor acht Jahren wird sich der Dom der italienischen Modemetropole vor Pilgern und Kerzen in Königsblau kaum retten können. Fast wie 1997, als über 30.000 Schalker das „Giuseppe Meazza-Stadion“ zum Tollhaus machten. Für die Kartenverteilung bei Schalker Auswärtsspielen ist seit geraumer Zeit Frank Arndt vom Schalker Fan-Club Verband zuständig. Der 40-Jährige Gelsenkirchener hat den ehrenvollen Job, einen eigentlich chronischen Mangel zu verwalten. Im Interview mit „nrw sports“ spricht er über die Quadratur des Kreise(l)s und ein geändertes Fanverhalten, das auch vor dem in allen Bereichen boomenden FC Schalke 04 nicht gänzlich halt macht. nrw sports: Frank Arndt, eines der kultigsten Schalker Lieder beginnt mit den Worten: „In meinem Herzen flattert leise ein blau und weißes Fähnelein. Und geh’n die Schalker auf die Reise, wünsch` ich mir nur dabei zu sein’. Dennoch blieben Bilder vom Schlange stehenden Menschen nach der Auslosung der Champions League, wie man sie noch vor Jahren in Gelsenkirchen bei ähnlichen Anlässen gesehen hat, aus. Wo liegen die 54 Gründe für die vergleichsweise schwache Nachfrage? Frank Arndt: Das hat mehrere Gründe. Mittlerweile gibt es modernere Kommunikations-Wege, um an Karten zu kommen. Und dann ist so eine Auslandsfahrt immer ein bisschen Event. Und hier ist eine Fahrt mit großem Sicherheitsaufgebot wie es im ersten Champions League-Spiel nach Eindhoven notwenig war, nicht so attraktiv. nrw sports: Gilt das auch für Istanbul und Mailand? Arndt: Nein! Aber die Gruppenphase mit gleich drei Auswärtsspielen macht sich eben bemerkbar. Außerdem stellen wir einen Wandel in der Fankultur fest. Viele Fans sind heute nicht mehr bereit, für ihren Verein ständig Urlaub zu nehmen. Oder - wie in Eindhoven - mal eben die Nacht durchzumachen und dann am Morgen wieder zur Arbeit zu gehen. Vielleicht auch aus berechtigter Angst um ihren Arbeitsplatz. nrw sports: Was ist die Konsequenz? Arndt: Die Fans suchen sich nur ein Spiel aus. Und da zeichnete sich schnell nach der Auslosung die größte Nachfrage für Mailand ab. Hier haben wir weit über 2.000 Bestellungen vorliegen. Aber ich glaube nicht, dass wir wie 1998, als wir schon einmal gegen Inter gespielt haben, mit 10.000 Anhängern nach Italien reisen werden. Wir haben 4.000 Karten von den Mailändern bekommen. Ich glaube, damit kommen wir fast hin. nrw sports: Wie sieht es für Istanbul aus? Arndt: Von den Türken haben wir 1500 Tickets erhalten. Das reicht auch aus. Für viele ist es nicht so einfach, sei es aus finanziellen oder anderen Gründen, mal eben in die Türkei zu fliegen. Das kostet ja auch gleich mehrere hundert Euro. nrw sports: Wie ist das mit der wahnsinnigen Nachfrage in der Arena, die seit ihrer Eröffnung eigentlich immer ausverkauft ist, in Einklang zu bringen? Arndt: Von den älteren Fans etwa in meinem Alter haben mittlerweile viele Familie und können nicht mehr so, wie sie vielleicht wollen. Andere sind arbeitslos und haben einfach das Geld nicht. In Gelsenkirchen liegt die Arbeitslosenquote bei über 20 Prozent. Und die Bereitschaft, alles für seinen Verein zu opfern, ist nicht mehr ganz so ausgeprägt wie früher. nrw sports: Wie sieht’s mit den Heimspielen in der Königsklasse aus? Arndt: Die sind hoffnungslos überbucht. Die Karten gegen Milan hätte ich für 100 oder 150 Euro verkaufen können. Das Gleiche gilt für Istanbul. Also, das Interesse an der Champions League ist ungebrochen. Und, im Vergleich mit anderen Vereinen, bringen die Schalker auch auswärts immer noch ein Vielfaches auf die Beine. nrw sports: Kommen jetzt Leute in die Arena, auf die so viele eingefleischte Fans gerne verzichten würden? Arndt: Was heißt eigentlich Erfolgsfan? Es ist doch klar, dass ich als langjähriger Anhänger eine ganz andere emotionale Bindung zum Verein habe als jemand, der frisch dabei ist. Aber ihn deshalb als Erfolgsfan zu verachten, halte ich für zu pauschal. Wer sagt mir denn, dass er in 20 Jahren nicht genauso bei der Sache ist wie wir heute. nrw sports: Die Stimmung in der Arena ist nicht mehr so wie am Anfang. Das steht eigentlich im krassen Widerspruch zum aktuellen Schalke-Wahn mit über 50.000 Mitgliedern! Arndt: Das ist ein gesellschaftliches Problem, das überall zu beobachten ist. Vielleicht waren wir Fans in den 80ern etwas leidenschaftlicher. Der heute 20-Jährige steht eben nicht mehr so leicht von seinem Sitzplatz auf. Auch Kritik wird höchstens noch anonym im Internet geübt. Aber jede Generation ist anders. Dennoch ist die Stimmung bei uns nach wie vor besser als in allen anderen Stadien der Bundesliga. Und auch in Europa werden die Fans den Verein würdig vertreten. Text: Stefan Bunse Fotos: Firo Sportphoto „Alm-Rollis“ als Arminias Aushängeschild „Darauf sind sogar die Bayern neidisch“ Wolfgang Baum ist ein Trophäen-Sammler. Was nicht weiter erwähnenswert wäre, wenn sein Herz für Bayern München schlagen würde. Doch Baum ist Fan von Arminia Bielefeld. Und kann, anders als sein Lieblings-Verein, schon eine ganze Reihe von Titeln vorweisen. Die Auszeichnung zum „Fanclub des Monats Mai“ von der „Erdinger Brauerei“ zum Beispiel, oder die zum „besonderen Fanclub“ von der „Sport-Bild“. Oder das Bundesverdienstkreuz. „Aber das ist alles nicht so wichtig“, erklärt der 55-Jährige, „viel entscheidender ist, dass sich in den letzten Jahren gerade für behinderte Fans viel zum positiven gewandelt hat.“ Sein halbes Leben lang sitzt Baum im Rollstuhl, wegen einer Nerven-Krankheit. Wesentlich länger ist er schon fußballbegeistert. Und fand seine Leidenschaft zur Arminia im Jahr 1990, zu tristen AmateurZeiten. „Ich komme ursprünglich aus Wuppertal, bin dann nach Bielefeld gezogen. Und seitdem bin ich bei jedem Heimspiel dabei“, lächelt der Rentner, der immer mehr Zeit für seinen DSC aufwendet. Zwangsläufig, wie er findet: „Vor fünf Jahren kam der Fanbeauftragte Christian Venghaus auf mich zu, weil alle Profi-Clubs schon Behindertenfanclubs hatten, nur wir nicht. Also habe ich halt einen gegründet.“ Die „Alm-Rollis“ begannen mit drei Mitgliedern, haben ihre Zahl seitdem vervierfacht. Und sind mittlerweile im Liga-Vergleich der klare Tabellenführer, wie Alexander Friebel, der zweite Fanbeauftragte der Ostwestfalen, betont: „Es gibt keinen vergleichbaren Fanclub, der so viele Auswärtsspiele mitmacht. Darauf sind sogar die Kollegen aus Bayern neidisch.“ Insgesamt neun Partien in der Ferne werden die „Alm-Rollis“ besuchen, soviel steht fest. „Wir planen die Touren schon vor der Saison, sobald der Spielplan raus ist. Einen Bus bekommen wir immer voll, meist sind zwischen fünf und acht Rollstuhlfahrer und 25 bis 30 nichtbehinderte Fans mit dabei“, erklärt Baum. Und darf sich der Anerkennung der Kicker sicher sein: „Nach den Auswärts-Matches kommen sie häufig zu uns, bedanken sich für die Unterstützung. Das ist ein schönes Gefühl, so wahrgenommen zu werden.“ Logisch, dass der Verein sich für sein „Aushängeschild“ nicht lumpen lässt, finanzielle und organisatorische Hilfestellungen bietet. Und regelmäßig Spieler zu Diskussionsrunden entsendet – sehr zur Freude von Baum: „Wir treffen uns alle sechs Wochen in einem Café, häufig sind auch Akteure mit dabei, zuletzt Dennis Eilhoff, davor Delron Buckley. „Ich hoffe, dass beim nächsten Mal Matthias Hain kommt. Er ist mein Lieblings-Spieler, weil er so unheimlich engagiert zur Sache geht.“ Letteres sagen auch viele Menschen über Baum, der sich über die wachsende Aufmerksamkeit freut: „Vor ein paar Jahren hat sich niemand für uns Rollstuhlfahrer interessiert, mittlerweile verfügt jeder Profi-Club über einen Behinderten-Beauftragten.“ Ein Manko gibt es dennoch: „In den vielen neuen Stadien hat man zwar eine bessere Sicht, allerdings wurde oft nicht daran gedacht, dass jeder Rollstuhlfahrer eine Begleitperson dabei hat, die auch während des Spiels in seiner Nähe sein sollte.“ Solche Probleme hat Baum auf der heimischen „Alm“ nicht: Drei Tribünen wurden seit seinem „Amts-Antritt“ zusätzlich ausgebaut, ausgerechnet „seine“ Ost-Seite ist seit 15 Jahren unverändert. Alles lässt sich halt nicht so schnell ändern – noch nicht einmal von einem Trophäen-Sammler... Text: Kai Griepenkerl Fotos: Firo Sportphoto 55 Fußball Fans aus NRW „Endlich passiert mal was in Duisburg“ Walter Otto ist privat wie beruflich dem Sport verbunden. Der 55-Jährige eingefleischte MSVFan ist Angestellter der Stadtwerke Duisburg AG. Seit 1964 arbeitet der gebürtige Duisburger im Bereich Sozialwesen. Seit mehr als 20 Jahren ist er als Geschäftsführer des Stadtwerke Betriebssports „Herr“ über 1.000 Mitglieder und 18 Sportarten. Dazu gehören aber auch die Bereiche Arbeitsschutz und -sicherheit. In knapp zwei Jahren geht er in die Altersteilzeit und dann mit 60 in Rente. Zum „alten Eisen“ zählt Otto dann noch lange nicht, denn dem Sport und „seinem“ MSV bleibt er treu. „nrw sports“ sprach mit dem „Betriebssportler“. nrw sports: Walter Otto, Sportler und fußballbegeistert mit Leib und Seele? Otto: Sport und Fußball haben mich schon immer fasziniert. Von Kindesbeinen an habe ich Sport getrieben und natürlich Fußball gespielt. In der Jugendzeit habe ich sogar mit Reiner Geyer gespielt, der so gut war, dass er von 1983-88 für den 1. FC Nürnberg in der Bundesliga aufgelaufen ist. Als Duisburger war für mich natürlich der Bezug zum MSV Duisburg, damals noch Meidericher Spielvereinigung, sehr nah. So hat sich eine Blau-Weiße Leidenschaft für die „Zebras“ entwickelt. Baustelle und ich habe mir den Abriss des alten Stadions angeschaut. Da hat Hellmich sehr gut gearbeitet. Beim letzten Heimspiel hat er selbst mit angepackt und den Verkehr geregelt, aber das hat er auch schon früher. Ich erinnere mich, dass er auf der alten Südtribüne die Besucher auf die Plätze geleitet hat, als der Ansturm groß wurde. Es wäre prima, wenn sich jetzt noch ein Stadionsponsor finden würde. Ich denke da an Thyssen-Krupp oder Haniel. Diese beiden Weltkonzerne gehören zu Duisburg wie der MSV, ein Engagement würde so hervorragend passen. nrw sports: Wie sehen Sie die Chancen der „Zebras“ in der Eliteliga? Otto: Vom Spielerischen und Taktischen können wir sicherlich nicht mithalten, aber wir haben den Kampf, die Leidenschaft und die Einsatzbereitschaft. Und mit den Fans im Rücken sind daheim ebenfalls noch jede Menge Punkte drin. Norbert Meier leistet gute Arbeit, aber für ihn ist es im Moment auch kein Kinderspiel. Die Mannschaft muss sich erst finden und mit der Situation „Bundesliga“ umgehen. An den Abstieg glaube ich nicht, auch wenn es für uns knapp wird. nrw sports: Im nächsten Jahr steht die WM 2006 vor der Tür. Ein weiteres Highlight in NRW? Otto: Ich freue mich auf die WM. Wann können wir nochmals so etwas hier in Deutschland erleben? Gerade nrw sports: Erinnern Sie sich noch jetzt, wo der Fußball in Deutschland an ihr erstes Spiel mit dem MSV? boomt und die Stadien voll sind. Die Otto: Natürlich. Mit knapp 14 JahEuphorie ist groß. Hier in NRW wird ren habe ich das erste Heimspiel „Blau-Weiße Leidenschaft“: Walter Otto richtig was los sein. Vielleicht fahre in der Bundesligasaison 1963/64 vor dem MSV-Fan-Shop der Arena ich während der WM mit meiner mitverfolgt. Am 31. August siegten die Meidericher unter Trai- Frau durch Deutschland, um mir alles anzuschauen. Ursprünglich ner Rudi Gutendorf und durch ein Tor von Helmut Rahn mit 3:1 wollte ich Karten bestellen, aber diese ganzen Kriterien mit Vorgegen Eintracht Frankfurt. Seitdem bin ich immer, wenn es eben bestellung, Auswahl, Internet oder Passnummer habe ich nicht geht, bei den Heimspielen dabei. Am Wochenende bin ich sozu- ganz durchschaut, da habe ich es sein gelassen. Dann versuche sagen immer auf Ballhöhe. ich die eine oder andere Karte für die Spiele aus der Region zu ergattern. Wenn alle Stricke reißen, schaue ich mir die Spiele genrw sports: Seit dieser Zeit hat sich einiges getan, auch für mütlich am Fernseher an. die Stadt? Otto: Endlich passiert hier mal etwas in Duisburg. MSV Präsi- nrw sports: Mit 55 Jahren ist das sicherlich nicht Ihre erste dent Walter Hellmich hat nicht nur mit den blauen Neonlichtern WM? in der Arena wieder Farbe und Schwung nach Duisburg gebracht. Otto: Nein. Bei der ersten WM in Deutschland 1974 habe ich Hier ist etwas aufgebaut worden. Welche Stadt in Deutschland nur alles via TV verfolgen können. 1998 war ich mit meiner Frau hat denn schon Bundesligisten im Fußball und Eishockey. Das in Frankreich bei der WM dabei. Einer wollte mir sogar eine ist doch eine schöne Sache. Ein positiveres Bild, was zumindest Eintrittskarte schenken, aber ich habe abgelehnt. den sportlichen Part angeht, kann Duisburg in Nordrhein-West- Wir haben leider die Tumulte hautnah miterlebt, die zwei Strafalen gar nicht haben. Leider fehlt es den eishockeyspielenden ßen von uns entfernt stattfanden. Nach dem WM-Vorrunden„Füchsen“ am Zuschauerzuspruch. In Duisburg wird nun mal spiel Deutschland gegen Jugoslawien war es in den Straßen von mehr Fußball geschaut. Lens zu Krawallen deutscher Hooligans gekommen. Dabei wurde der französische Gendarme Daniel Neville halbtot geschlanrw sports: Liegt das auch an dem neuen MSV-Schmuck- gen worden. An den Folgen leidet er noch heute. Eine traurige kästchen? Sache, aber das wird es hier in Deutschland nicht geben. Der Otto: Von der neuen MSV-Arena bin ich total begeistert. Die Staatsapparat und die Polizei sind gerüstet. Es werden freundliFans und die Arena haben einen erheblichen Anteil an dem che Fußballspiele werden. Bundesligaaufstieg. Während des Neubaus war ich auf der Text und Foto Andreas Gellert 56 Ein Feuerwerk an Leistungen Viele Anhänger denken und träumen in den Farben ihres Lieblingsklubs. Ferienreisen werden strikt nach dem Bundesliga-Spielplan ausgerichtet - wenn der Jahresurlaub nicht schon vorher für diverse Auswärtsfahrten quer durch die Republik oder gleich durch ganz Europa draufgegangen ist. Wer einmal von der hochansteckenden „Volkskrankheit“ Fußball befallen ist, kommt wohl ein ganzes Leben lang nicht mehr davon los. Die Infizierten organisieren sich häufig in Fanclubs, um mit Gleichgesinnten ihrer Leidenschaft zu frönen. Bundesligist Bayer 04 Leverkusen ist nun noch einen Schritt weiter gegangen und gründete den Bayer 04Club. „Der Club soll keinesfalls als Ersatz der traditionellen Fanclubs verstanden werden, sondern vielmehr als sinnvolle Ergänzung“, erklärt Harald Hartel, der bei der Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH Referatsleiter für Werbung/Mitgliederclubs ist. Seit dem Saisonauftakt für die bislang wohl eher verkorkste Spielzeit 2005/2006 gibt es die Einrichtung für „Fans und Sympathisanten“ aus ganz Deutschland als Nachfolger des „Fanergy.de“-Projektes, das 2003 mit dem Innovationspreis der Fußball-Bundesliga ausgezeichnet wurde. Der Bayer 04-Club, da sind sich viele der Mitglieder einig, wurde gegenüber seinem Vorgänger nochmals verbessert. Geld oder Liebe? Beides! Der Verein selbst macht seinen Getreuen die Mitgliedschaft mit „einem Feuerwerk an Leistungen“ schmackhaft. Schon beim Eintritt (Jahresbeitrag 30 Euro) in den Club erhält jedes neue Mitglied nicht nur die Mitgliedskarte, sondern auch ein exklusives Willkommens-Paket mit zwei attraktiven Fanartikeln, die selbst im üppig ausgestatteten Fanshop des Werksklubs nicht zu erstehen sind. Zudem gibt es auf alle nicht-reduzierten MerchandiseArtikel aus der aktuellen Kollektion einen Preisnachlass von zehn Prozent – der preisgünstigen Einkleidung von Kopf bis Fuß steht also nichts mehr im Wege. Ausschließlich für Clubmitglieder ist ein spezielles Kartenkontingent zu jedem Heimspiel vorrätig. In allen Kategorien gibt es einen Rabatt von drei Prozent, selbstredend auch bei Jahreskarten. „Das ist natürlich ein ausgesprochen reizvolles Angebot, wenn man bedenkt, dass die BayArena so gut wie immer ausverkauft ist“, meint Harald Hartel. Insbesondere für die Bayer 04-Anhänger, die nicht direkt aus Leverkusen oder der näheren Umgebung stammen, wird das Ergattern von Eintrittkarten im wahrsten Sinne des Wortes zu einer einfachen Fingerübung. Hartel: „Von Flensburg bis Bayern, wir haben Fans in ganz Deutschland. Und die können die Tickets bequem online bestellen und dann am Spieltag im Stadion abholen. Das ist vor allem für unsere vielen auswärtigen Freunde eine ganz erhebliche Erleichterung.“ Auch die Reise zu internationalen Auswärtsspielen ist für Mitglieder mit finanziellen Vorteilen verbunden. So gibt es eine Vergünstigung von drei Prozent. Leider kann dieses Angebot nach dem Erstrunden-Aus im UEFA-Pokal frühestens wieder in der nächsten Saison genutzt werden. Trotzdem: Die Liebe zum Verein ist mit beachtlichen, geldwerten Vorteilen verbunden. Immer wissen, was los Als besonderes Schmankerl gibt es für die Bayer 04-Clubmitglieder über die Internet Plattform club.bayer04.de einen kostenlosen Zugang zum neu geschaffenen Online-Fernsehen. „Bayer 04-Live“ mit aktuellen Videos, Infos und Interviews. Rund um die Uhr kann man die Traumtore der „Lieblinge“ in Ruhe vor dem heimischen Computer genießen. Natürlich werden auf der Internetseite noch eine ganz Menge mehr Extras angeboten. Zudem bekommt man das Stadionheft BayArena-Magazin kostenlos ins Haus geschickt, wöchentlich wird der Online-Newsletter ins EMail-Postfach gesendet. Hartel: „Wir setzen ganz stark auf die Informationsschiene. Der Fan soll aus erster Hand alle Neuigkeiten rund um Bayer 04 Leverkusen erfahren.“ Mein Club will dich Doch nicht nur virtuell werden die Mitglieder rundum versorgt. Bei jedem Heim- und Auswärtsspiel und bei vielen anderen Aktionen ist das Club-Mobil vor Ort. Das Bayer 04Club-Team steht den Fans bei Problemen zur Seite und berät bei Fragen zur Mitgliedschaft. Zudem ist Ellen Marzolph, die Teamleiterin des Clubs bei jeder Heimpartie im Fanshop als Ansprechpartnerin zugegen. Schon seit längerem werben Kicker-Stars und Galionsfiguren wie Rudi Völler mit der Aktion „Mein Club will dich“. Das Konzept ist angelehnt an die berühmte Rekrutierungskampagne mit den „Uncle Sam“-Plakaten der US-Armee während des Ersten Weltkriegs („I want you for U.S. Army“). Auch die Spieler sind vom Bayer 04-Club angetan. Der zurzeit verletzte Jan-Ingwer Callsen-Bracker schaute vor dem Heimspiel gegen Arminia Bielefeld am ClubMobil vorbei und lobte: „Die Fans sind das wichtigste. Ohne unsere Anhänger würden wir in einem leeren Stadion spielen. Deshalb finde ich es gut, dass man durch solche Aktivitäten versucht, das Zugehörigkeitsgefühl zum Verein zu stärken.“ Übrigens: Auch für den ganz jungen Fannachwuchs gibt es bei Bayer 04 Leverkusen eine eigene Organisation. Der Löwenclub richtet sich an Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre. Meinungen zum Club 04 Agnes Salgert aus Leverkusen: „Der Bayer 04-Club gibt mir einfach die Möglichkeit, dem Verein näher zu kommen. Zudem bietet die Mitgliedschaft eine ganze Menge Vorteile. Die Reise zum UEFA-Cup-Rückspiel in Sofia haben wir dadurch beispielsweise günstiger bekommen. Zudem hat man im Stadion immer eine Anlaufstelle. Anfangs klappte die Versendung meines Schals nicht optimal, aber wenn ich angerufen habe, war immer jemand da und man hat mir dann den Schal sogar persönlich übergeben. Beim Vorgänger-Projekt ‚Fanenergy’ war der Service nicht immer optimal, das hat sich ganz klar verbessert.“ Ellen Marzolph, Teamleiterin des Bayer 04-Clubs: „Ich bin bei jedem Heimspiel im Fanshop vor Ort und versuche, Fragen der Anhänger zu beantworten und bei Problemen zu helfen. Wir möchten einfach, dass die Fans noch mehr am Geschehen teilnehmen können, wollen eine noch größere Nähe zu Bayer 04 Leverkusen schaffen.“ Uwe Buenz aus Leverkusen: „Ich bin aus Solidarität in den Club eingetreten. Man muss einfach zu seinem Verein stehen, in guten und auch in schlechten Zeiten. Momentan sind die Leistungen auf dem Rasen ja leider alles andere als gut. Vor allem freut mich die hervorragende Betreuung bei den Auswärtspartien. Wenn mal jemand als Beispiel seine Geldbörse verloren hat, ist immer jemand da, der einem hilft und dafür sorgt, dass man nach Hause kommt.“ Karl Bohr aus Leverkusen: „Das ganze ist insgesamt eine gute Sache. Ich überlege mir, demnächst in den Club einzutreten. Ich habe gehört, dass eine gute Atmosphäre herrscht und man viele Dinge günstiger bekommt.“ Günther Ellinger aus Leverkusen: „Im Club habe ich schon viele Gleichgesinnte kennen gelernt. Das ist fast wie eine Familie. Meine Frau Christine und mein kleiner Sohn Daniel sind übrigens auch Mitglied. Ich bin mit dem Angebot sehr zufrieden. Durch die verbilligten Karten und Fanartikel kann man schon ein paar Euros sparen. Von ‚Fanenergy’ war ich weniger begeistert. Vor allem das BayArena-Magazin kam immer zu spät, doch das hat sich jetzt enorm verbessert. Die Zeitung kommt pünktlich.“ Axel Ditteney aus Leverkusen: „Die Club Bayer 04 - Mitgliedschaft rechnet sich auf jeden Fall. Es gibt subventionierte Auswärtsfahrten, wie beispielsweise das DFB-Pokalspiel in Aue gegen Wismut. Das vielfältige Angebot des Clubs scheint auf einem vernünftigen Konzept zu fußen. Wenn die Club Bayer 04-Mitgliederzahlen weiter steigen, hoffe ich, dass es eine noch breitere Palette an Angeboten gibt.“ Robert Graf aus Wuppertal: „Ich schätze vor allem die vielen Vergünstigungen und den direkten Zugriff auf das Kartenkontingent.“ Bayer 04 Club Internet: http://club.bayer04.de Bayer 04-Servicecenter: 01805/040404 (EUR 0,12/Min) Verein: Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH BayArena Bismarckstr. 122 - 124 51373 Leverkusen www.bayer04.de FIFA WM Stadt Kaiserslautern WM-Spielort Kaiserslautern Rote Teufel und Berner Helden Die kleinste der zwölf WM-Städte 2006 ist eng mit einem der größten deutschen Fußball-Triumphe verbunden. Angeführt von Kapitän Fritz Walter besiegte die deutsche Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz im Finale den hohen Favoriten Ungarn mit 3:2 und sicherte sensationell den ersten von inzwischen drei WM-Titeln. Nach Fritz Walter ist das zur WM ’06 48.500 Zuschauer fassende Stadion benannt und mit Horst Eckel konnte die Stadt einen „Helden von Bern“ als WM-Botschafter gewinnen. „Ich kann es kaum erwarten, bis hier der Ball rollt“, sagt der 73-Jährige, der mit dem 1. FC Kaiserslautern (FCK) 1951 und 1953 deutscher Meister wurde und im Berner Wankdorfstadion ne- der Vorstandsvorsitzende des Pfälzer Bundesligisten, fügt an: „Die vielen Fans aus verschiedenen Ländern garantieren eine wirklich internationale Atmosphäre.“ Allerdings ist es nicht einfach, die zahlreichen Besucher rund um den 286,50 Meter hohen Stadionstandort auf dem Betzenberg unterzubringen. Im Stadtgebiet bietet Kaiserslautern lediglich 1400 Gästebetten. Da braucht der Anhang der Brasilianer, Argentinier oder der Japaner Glück, um sich eine Unterkunft zu sichern. Im erweiterten Einzugsgebiet stehen hingegen ausreichend Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung. Im Umkreis von rund 45 Autominuten können 38.000 Betten gebucht werden. Die freundlichsten Taxifahrer Deutschlands Aber nicht nur durch seine ehemaligen Stars und durch Aktionen wie das Wintersport-Festival will die Stadt glänzen. Mit Beginn der Titelkämpfe 2006 will Kaiserslautern die freundlichsten Taxifahrer in Deutschland präsentieren. Dafür bietet das WM-Organisationskomitee der Stadt Schulungen, sowie Sprachkurse und Stadtrundgänge für Taxifahrer an. Die Fahrer selbst wollen die Aktion mit einheitlicher Kleidung und Namensschildern unterstützen. ben dem Kapitän auch mit seinen FCK-Teamkollegen Ottmar Walter, Werner Liebrich und Werner Kohlmeyer auf dem Platz stand. Wintersportort Kaiserslautern Auch wenn es beim Umbau des Stadions finanzielle Probleme gab und die Kosten höher ausfielen als kalkuliert (sie stiegen von veranschlagten 48,6 Millionen Euro auf rund 71 Millionen Euro), ist die Vorfreude riesig. So besuchten 39.207 Interessierte den WM-Globus des Wiener Künstlers Andre Heller, der vom 17. Mai bis 19. Juni auf dem Theater-Platz in Kaiserslautern Station machte. Etwas Besonderes hat sich die Stadt für den Februar 2006 einfallen lassen. Vom 10. bis 12.2. wird sich die fußballverückte Gemeinde während der Olympischen Spiele in Turin ebenfalls in eine Schneelandschaft verwandeln. Auf sechs zentralen Plätzen in der Stadt wird ein Wintersport-Festival mit einer Langlauf- und Rollski-Piste, einer Skisprung- und Snowboardschanze, einer Bob- und Eisbahn sowie Biathlon- und Rodelwettbewerben stattfinden. „Mit dieser bislang einzigartigen Veranstaltung in Kaiserslautern wollen wir die Sport- Auf Barbarossas Spuren Die Taxifahrer werden die WM-Besucher aber nicht nur zum Stadion bringen sondern auch zu der ein oder anderen Sehenswürdigkeit. So lädt der Japanische Garten, der größte seiner Art in Europa, zu einer kleinen Reise durch die fernöstliche Welt ein. Für einen Besuch in die Vergangenheit bietet sich auch die umfangreiche Dinosaurier-Ausstellung an. Zu empfehlen ist auch eine Visite der Kaiserpfalz, die auf Veranlassung von Kaiser Friedrich I., besser unter seinem Beinamen Barbarossa bekannt, 1152 errichtet wurde. Die Stiftskirche gilt unterdessen als bedeutendste spätgotische Hallenkirche im Südwesten Deutschlands. Ebenso lohnt sich ein Besuch in der Fruchthalle zwischen den WM-Spielen. Sie wurde zwischen 1843 und 1846 nach dem Vorbild italienischer Palazzi im Renaissancestil erbaut. Hier boten einst die Bauern aus der Region ihre Produkte feil. Heute dient die Fruchthalle als Ort für politische, Internationale Atmosphäre garantiert Aber nicht nur bei Weltmeister Eckel steigt das WM-Fieber, auch Oberbürgermeister Bernhard J. Deubig fiebert dem Großereignis im kommenden Jahr entgegen. „In einem regelmäßigen Abstand von drei bis vier Tagen finden bei uns Spiele statt. Dadurch bleiben wir über einen Zeitraum von 13 Tagen als WM-Standort in besonders hohem Maß im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Als internationale Stadt, in der Menschen aus 126 Nationen leben, freuen wir uns jetzt schon darauf, die Mannschaften aus mindestens acht verschiedenen Ländern begrüßen zu können“, erklärte Deubig. Rene C. Jäggi, 60 begeisterung in der Region, auch im Hinblick auf die WM, wecken“, erklärt Jutta Kopf, Vizepräsidentin des Sportbundes Pfalz. gesellschaftliche und kulturelle Veranstaltungen. Zudem ist ein Besuch des Casimir-Schlosses, eingegliedert in den Rathaus-Komplex, Pflicht für den kulturinteressierten WM-Touristen in Kaiserslautern. Die Stadt ist im Jahr der WM gut aufgestellt, die Vorbereitungen auf den sportlichen Höhepunkt 2006 laufen auf Hochtouren. Kaiserslautern ist dem Ziel, sich als kreativer und liebenswerter Gastgeber zu präsentieren, sehr nah. Daher sagt Oberbürgermeister Bernhard J. Deubig: „Wer in unsere Stadt kommt, wird tatsächlich zu Gast bei Freunden sein.“ von Andreas Obertal, Fotos Kaiserslautern Kaiserslautern Fritz-Walter-Stadion Grundstücksgröße weit über 100.000 qm Fassungsvermögen: 46.615 Plätze Aufteilung: 27.982 Sitzplätze, 18.633 Stehplätze (alle überdacht) Nach den Umbau-Arbeiten 48.500 Plätze. 1. FC Kaiserslautern e.V. Fritz-Walter-Straße 1, 67663 Kaiserslautern Telefon: 0631-3188-0, E-Mail: info@fck.de www.fck.de, www.kaiserslautern.de 61 Fußball-WM 1950 - Brasilien FIFA WM Plakat 1950 25. Juni 1950 – Englands allererster WM-Einsatz mit Tom Finney gegen Chile Weltmeister 1950 - Das Team aus Uruguay 200.000 Fußball- Verrückte im Maracana Die Fußball-Weltmeisterschaft von 1950 war in vielerlei Hinsicht einzigartig. Da war zunächst die Tatsache, dass es fünf Jahre nach Kriegsende immer noch in großen Teilen Europas aussah wie auf einem Schlachtfeld, sodass finanzielle, infrastrukturelle und sicherheitspolitische Überlegungen eine Austragung des Weltturniers auf dem europäischen Kontinent schon verhindern mussten. Daneben war während der Kriegsjahre natürlich auch der sportliche Betrieb in Europa zum Erliegen gekommen. Ein weiterer Grund, den FIFA-Cup nicht in der „Alten Welt“ ausschießen zu lassen. Daher traf es sich gut, dass sich nur Brasilien als Veranstalter der WM bewarb, war das südamerikanische Land doch auch während des Krieges fußballerisch aktiv gewesen. Ohne Deutschland Die zweite Sensation hörte auf den Namen „Maracana“, befand sich in Rio de Janeiro und war das größte Stadion der Welt, das 200.000 Fußballverrückten Platz bot. Welche Bedeutung dieser Gigant für den brasilianischen Fußball hatte, lässt sich am besten aus einem Zitat der lebenden Legende Pelé herauslesen: „Ohne das Maracana wäre ich nicht der geworden, der ich bin.“ In einem solchen Ambiente musste die Endrunde um den ab sofort nach FIFA-Übervater Jules Rimet benannten Pokal einfach abgehen wie heute uns „Schumi“ ohne Reifen-Pech. Ach ja, Deutschland war - wie Japan - 1950 immer noch zwangsweise aus der FIFA ausgeschlossen. Obwohl selbiger eine Petition des Schweizer Verbandes vorlag, die eine Wiedereingliederung des Deutschen Fußball Bundes (DFB) forderte, blieb man zunächst hart. Die 1950’er WM ging als bisher einzige ohne Beteiligung einer Elf aus dem Teutonen-Ländle in die Geschichte ein. Blasse Mexikaner Los ging das muntere Gekicke am 24. Juni auf einer Baustelle. Das Maracana war nämlich nicht rechtzeitig zum Eröffnungsspiel fertig geworden. Brasilien störte das nicht und ließ die Gäste aus Mexiko mit 4:0 erst mal richtig blass aussehen. Das Spiel bot auf 64 Gastgeber-Seite viel fürs Auge der 81.000 Zuschauer im Stadion. Die „Herrschaften vom Zuckerhut“ hatten inzwischen das traumhafte Offensivspiel kultiviert, für das sie heute noch vergöttert werden. Ademir traf doppelt und wurde zum ersten Star der WM. Leider geriet man bereits gegen die Schweiz ins Wanken und offenbarte erste Schwächen in der Defensive, die den Brasilianern später sogar den Titel kosten sollten. England besiegte in Gruppe 2 Chile zunächst mit einem souveränen 2:0, blamierte sich aber dann im Spiel gegen die USA. Man unterlag mit 0:1, weil den Kickern aus dem Königreich der Hochmut zum Verhängnis geworden war. Diese Behäbigkeit nutzte Amerikas Mittelstürmer Larry Gaetjens in der 37. Minute gnadenlos aus und schoss die USA in die Fußballgeschichte, auch wenn die US-Boys trotzdem nach der Vorrunde ausschieden. Die Niederlage der Engländer begründete wohl auch die Weisheit, dass es in internationalen Turnieren keine „kleinen“ Gegner gibt. Madonna mia! Zu einem solchen „kleinen“ Gegner war auch der amtierende Weltmeister Italien geschrumpft. Da das Nationalteam zur Hälfte aus Kickern des AC Turin bestand, traf es sich nicht gut, dass die gesamte Turiner Mannschaft1949 mit einem Flugzeug auf eine Kirche stürzte und in Flammen aufging. Madonna mia! Plan B: Die restliche Mannschaft sagte Luftreisen ade und wurde per Schiff nach Brasilien gebracht. Ergebnis: Die Squadra wurde sterbenskrank, verlor in der Vorrunde gegen Schweden mit 2:3 und durfte kurze Zeit später wieder nach Hause schippern. In Gruppe 4 machte Uruguays Last Minute – Team (zwei Monate vor Beginn der WM gab es noch kein Aufgebot) mit einem 8:0 gegen Bolivien alles klar und zog in die Finalrunde ein. Hier nagelten zunächst die Brasilianer die kühlen Schweden mit 7:1 aus dem Turnier, bevor sie den Spaniern mit einem 6:1 die Schattenseiten südamerikanischer Träume zeigten. Uruguay hatte deutlich mehr Mühe mit den europäischen Teams, schaffte mit Ach und Krach ein Remis gegen Spanien und siegte 3:2 über Schweden. Im Finale Brasilien gegen Uruguay erwarteten die meisten der 199.854 Zuschauer (bis heute Weltrekord) im Maracana-Stadion die mühelose Vernichtung der Mannschaft aus Uru- guay. Und am Anfang sah auch alles danach aus. Kurz nach der Halbzeitpause brachte Friaca das brasilianische Team mit 1:0 in Führung, doch Uruguays WM-Star Alberto Schiffiano, der schon im Bolivien-Spiel vier (!) Mal getroffen hatte, erzielte in der 66. Minute den Ausgleich. Nun wurden die Brasilianer unsicher, ihre schwache Stelle – die Defensive – war entdeckt worden. Wütend stürmten sie nach vorne, doch die Uruguayer hatten Blut geleckt und vertrauten ihrem Kalkül. 79. Minute: Rechtsaußen Ghiggia stürmt auf das brasilianische Tor zu, täuscht eine Flanke an und zirkelt das Leder stattdessen über den Kopf von Keeper Barbosa ins Netz. Uruguay war nach 20-jähriger Turnier-Abstinenz erneut Weltmeister geworden. Das Wunder von Rio war perfekt. Der Schrecken am Zuckerhut saß auch vier Jahre später anscheinend noch tief – doch davon wollen wir inder nächsten Folge sprechen. Text: Markus Italiani Fotos: Bilderberg Die WM 1950 in Zahlen Spiel um Platz 3 Schweden - Spanien 3:1 Finale: Brasilien - Uruguay 1:2 Spiele: 22 Tore: 88 Englands Keeper Bert Williams und Verteidiger Aston stoppen einen Angriff der Chilenen WM-Berichterstattung - Reporter und Fotografen bei der harten Arbeit in Brasilien Zuschauer: gesamt 1.337.000 pro Spiel 60.773 Rekord: 199.854 (im Finale - gilt bis heute) 65 Handball - VFL Gummersbach Die Zerschlagung des „nordischen Knotens“ – ein göttlicher Auftrag für Gummersbach THW Kiel oder SG Flensburg-Handewitt. SG Flensburg-Handewitt oder THW Kiel. Kreative Antworten gab es bei der obligatorischen Meister-Umfrage unter den 18 Trainern der Handball-Bundesliga vor dem Saisonstart nicht. Konnte man auch nicht erwarten. In den letzten zwölf Jahren kam der Meister neunmal von der Küste, achtmal davon aus Kiel. Den einzigen Flensburger Titel (2004) in dieser Zeit als historischen Irrtum zu bezeichnen, wäre bei drei aufeinanderfolgenden Pokaltriumphen seit 2003 sicherlich ungerecht. Verkommt die Spielzeit 2005/2006 also zu einer Langweiler-Saison? Startet die nordische Phalanx einen ähnlichen Durchmarsch wie im letzten Jahr, als die beiden Erzfeinde am Ende zusammen gerade einmal 14 Verlustpunkte verbuchten, fünf weniger als der abgeschlagene Drittplatzierte SC Magdeburg mit 19 Minuszählern? Es sieht nicht danach aus. Denn die Konkurrenz, so scheint es nach den ersten Spieltagen, hat den Anschluss gefunden. Allen voran der VfL Gummersbach, der sich anschickt, den „nordischen Knoten“ zu durchschlagen. Der Rekordmeister drängt mit Macht zurück an die Spitze der vermeintlich besten Handball-Liga der Welt. leten-Schränke“ wie Nationalkeeper Christian Ramota oder Frank von Behren unter Stifte schwenkenden Teenie-Trauben, die ihre Fotohandys „bedrohlich“ gezückt haben. Ein sportlicher Weltjugendabend mit 14 Nationalspielern aus sieben Ländern, alle im blau-weißen Trikot. Viele der Fans sind mit Freikarten „angefüttert worden“, berichtet Krämer in der Sprache eines Rattenfängers. Und wenn die 18.000 Zuschauer fassende Mehrzweckhalle im Kölner Stadtteil Deutz, in der übrigens auch das WM-Finale 2007 ausgetragen wird, der „Vatikan“ ist, dann ist Krämer so etwas wie der VfL-Papst. Der 64-jährige Katholik, der eigentlich Historiker das Bundesliga-Spiel gegen den THW Kiel in die Kölnarena. Mit durchschlagendem Erfolg: 18.576 Zuschauer wohnten der „allerersten Lesung einer Handball-Messe“ in dem modernen Multifunktionsbau bei. Der restlos ausverkaufte Testlauf ging damals als inzwischen aber wieder übertroffener Handball-Weltrekord in die Geschichtsbücher ein. „Wir haben es dann noch mal gemacht und noch mal. Dann war die Inkubationszeit bei mir vorbei und ich war angesteckt“, erzählt Krämer über seine Missionierung für die Handball-Religion Gummersbach. Und in der Auferstehungs-Geschichte des VfL spielt die Kölnarena Der VfL und das liebe Geld Schon vor der Saison präsentierte der mächtige Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Peter Krämer ein Budget von rund 4,7 Millionen Euro. Das bedeutet nicht nur Rang zwei in der Geldrangliste der Eliteliga hinter den Kielern, sondern auch, dass der Rekordetat des Vorjahres von 3,9 Millionen Euro noch einmal erheblich gesteigert wurde. Gummersbach und das liebe Geld – da war doch was? Richtig, denn es ist noch gar nicht so lange her, da stand das einstige und, wenn es nach Krämer geht, auch zukünftige Aushängeschild des deutschen Handballsports vor dem Ruin. Nach dem letzten Meistertitel 1991 sorgte der VfL in schöner Regelmäßigkeit durch Skandale, Konkurs- sowie anschließender Rettungsmeldungen für Aufsehen. Der Tiefpunkt war im Jahr 2000 erreicht, als dem Klub endgültig das „Aus“ drohte und erst das Votum des DHB-Präsidiums mit Verbandsboss Ulrich Strombach, pikanterweise selbst von 1977 bis 1993 Regelmäßige Rekordkulisse bei Vereinspräsident des VfL, durch die sogenannte „Lex den Heimspielen in der Kölnarena Gummersbach“ die Rettung brachte. Der Handball-Vatikan und sein Papst Doch zurück in die Gegenwart. Fast 15.000 Zuschauer kamen zum ersten Heimspiel der Saison in die Kölnarena, bei dem die Gäste der HSG Düsseldorf mit ein wenig Mühe, am Ende aber doch standesgemäß mit 35:25 geschlagen wurden. Nur die wenigsten der anwesenden Jünger im „Handball-Vatikan“ (so VfL-Trainer Velimir Kljaic) dürften sich an die düstere Vergangenheit erinnern, die an solchen Abenden ganz weit entfernt erscheint. Wie nach jedem Spiel stürmten Horden von jugendlichen Autogrammjägern das heilige Handballparkett und umringten die VfL-Stars. Das Ganze erinnerte irgendwie an eine milde Form der biblischen Heuschreckenplage: Blitzschnell verschwinden herausragende „Ath68 werden wollte, machte den Traditionsklub fit für die Zukunft und schreibt sozusagen eifrig an den ersten Kapiteln des „Neuen Testaments“ des Vereins. Zusammen mit dem Unternehmensberater Jochen Kienbaum akquirierte der ehemalige Feldhandballer neue Geldgeber und musste dabei nicht mal den Boden vor den Unternehmensbossen küssen. Als Chef der Kölner Kreissparkasse verfügt Krämer naturgemäß über beste Kontakte. „Ich wollte damals eigentlich nur helfen“, berichtet er. 18.576 Zuschauer Doch es kam anders und sein persönliches Erweckungserlebnis hat Krämer selbst zu verantworten. Im November 2001 holte er eine wichtige Rolle. Krämer: „Die Sponsoren brauchen eine Bühne, um sich zu präsentieren. Das ist in der Dreifach-Turnhalle in Gummersbach nicht möglich.“ Beim 27. Auftritt in der Domstadt gegen Lemgo wurde die Marke von 400.000 Gesamtzuschauern überschritten, bald wird in Köln sogar eine zweite Geschäftsstelle eröffnet. Doch der Name VfL Gummersbach soll laut Krämer bleiben, man könne „doch einer Marke nicht ihren Kern nehmen. Und Gummersbach ist nun mal auf der ganzen Welt ein Begriff“. Im Bergischen atmet die altehrwürdige Eugen-Haas-Halle noch den Staub der Historie und taugt bestenfalls als marode Erinnerungshilfe an erfolgreiche Jahre oder zum Empfang von kleinkalibrigen Gegnern wie Delitzsch oder Melsungen. Denn mindestens zehn Bundesliga-Heimspiele werden in diesem Jahr in Köln ausgetragen, hinzu kommen noch einige Partien im EHF-Pokal, der auf der Titelliste, die vor der Spielzeit erstellt wurde, ganz oben steht. Doch der wahre göttliche Auftrag ist natürlich die Meisterschaft. Deutsche Weltauswahl mit französischer Spielkultur und koreanischer Kanone Noch einmal hat man sich verstärkt, noch einmal fünf Nationalspieler geholt: Der isländischen Wirbelwind Gudjon Valur Sigurdsson, der nach sechs Spielen als bester Bundesliga-Werfer bereits 49 Treffer auf seinem Konto verbuchte, kam aus Essen, Nationalkeeper Christian Ramota kehrte aus Lemgo zurück, Sigurdssons Landsmann Robert Gunarsson wurde für den Kreis aus Dänemark geholt, auch Düsseldorfs Toptorjäger Michael Hegemann fand den Weg nach Gummersbach und kurzfristig holte man noch den Schweden Denis Bahtijarevic. „Wir sind auf jeder Position doppelt gut besetzt. Das ist auch nötig, bei den vielen Spielen, die wir absolvieren müssen“, verkündet Krämer stolz und versetzt seinen Coach damit in die angenehme Lage, bei jedem Match aufs Neue die Qual mit seiner Weltauswahl zu haben. Schließlich kann Kljaic ja auch noch auf die Dienste der drei französischen Stars Francois-Xavier Houlet, Cedric Burdet und Daniel Narcisse zurückgreifen. Fast schon zum Inventar gehört der „Kanonier aus Korea“ Kyung-Shin Yoon. Kljaic, der sein Heimatland 1996 zum Olympia-Sieg geführt hatte, spricht denn auch schon fast ein wenig pflichtbewusst von einer „Supertruppe“, die er da beisammen habe. „In spätestens zwei Jahren Deutscher Meister“ Und die zum Saisonstart direkt einmal ein Ausrufezeichen setzte. Den ersten Punktverlust gab es erst im sechsten Spiel im Duell der Außenseiter gegen den TBV Lemgo. Doch das 26:26 gegen die Ostwestfalen wurde trotzdem gefeiert: Zum ersten Mal seit zwölf Jahren übernahm der ungeschlagene VfL wieder die Tabellenführung in der Handball-Bundesliga, die jedoch nach dem 28:28 in Kronau/Östringen wieder verloren wurde. Und während Hans-Peter Krämer vorgibt, „in spätestens zwei Jahren Deutscher Meister“ sein zu wollen, hört sich das Understatement von Gummersbachs Trainerfuchs Velimir Kljaic noch ein wenig ambitionierter an: Der hob zwar auch Kiel und Flensburg vor der Saison auf den Favoritenschild und formulierte als „Minimalziel“ Champions League. „Aber wir wollen um die Meisterschaft ein Wort mitreden.“ Doch nach dem LemgoSpiel wurde er dann noch ein bisschen forscher: „Der Meistertitel ist möglich. Wir sind nicht schlechter als die anderen Top-Vereine.“ Der VfL gilt in diesem Jahr nur als Geheimfavorit auf die Meisterschaft, doch wenn es am Ende mit dem 13. Titel klappen sollte, wäre wohl niemand wirklich überrascht. Am wenigsten die Gummersbacher. Text: Daniel Neuen Foto: VFL Gummersbach 69 Handball - TuSEM Essen TuSEM aus der Asche Die letzten Atemzüge reichten noch für ein Wunder. Als die beiden Handball-Bundesligisten des TuSEM Essen und des SC Magdeburg (SCM) am 7. Mai diesen Jahres zum Rückspiel im Finale des EHF-Pokals (vergleichbar mit dem UEFA-Pokal im Fußball) in der Arena Oberhausen einliefen, standen die Ostdeutschen für Fans und Fachleute schon als sicherer Sieger fest. Deutlich hatte der SCM das Hinspiel mit 30:22 gewonnen. Am Ende gelang das Unmögliche: Essen siegte im Rückspiel mit 31:22 und feierte seinen dritten internationalen Titel. Während Magdeburgs Superstar Stefan Kretzschmar auf der Tribüne seine Tränen verbarg, feierten TuSEMs Helden mit Bier und Champagner. Der feucht-fröhliche Party-Marathon dauerte mehrere Tage und vor allem Nächte - und sollte eine Art letztes Abendmahl für den Traditionsklub werden. Spieler und Funktionäre tanzten bereits auf dem finanziellen Grab der eigenen Handball-GmbH. Denn schon längst beherrschten die Sorgen des Bundesliga-Urgesteins und dreifachen Deutschen Meisters die Schlagzeilen. Großsponsor Weinerplan zahlte nie die vertraglich vereinbarten 2,77 Millionen Euro. Klubboss Klaus Schorn, der sein Lebenswerk TuSEM auf Platz drei der ewigen Erstligatabelle geführt hatte, schaffte kein Wirtschaftswunder im Ruhrgebiet. Der ausbleibende Geldfluss mün- dete am Ende der Saison 2004/2005 nicht nur in den größten Triumph der Vereinsgeschichte seit elf Jahren, sondern auch in die schlimmste Katastrophe: Insolvenz, Lizenzverweigerung und Zwangsabstieg in die Regionalliga West nach 26 Jahren im Handball-Oberhaus. titelgeschwängerten Vergangenheit. Die Geldgeber halten dem TuSEM die Treue, wollen dafür aber auch Ergebnisse sehen. Für ein drittes Jahr in der Regionalliga wird man die Sponsoren nicht motivieren können. Wiederauferstehung in der Regionalliga Doch der „Turn- und Sportverein Essen-Margarethenhöhe“ ist wiederauferstanden, oder besser gesagt, neu geboren. Mit einer neu gegründeten Handball-GmbH unter der Leitung von Geschäftsführer Horst-Gerhard Edelmeier tapst der Nachwuchs auf seine neue Spielwiese in der dritten Liga. Von finanziellen Altlasten unbeschwert, denn für die geschätzten Schulden von etwa einer Million Euro wird der alte Patriarch Schorn, immer noch Vizepräsident des Gesamtvereins, haften müssen. Kleine Schritte sind das am Anfang, die jedoch zu einem großen Ziel führen sollen – dem Aufstieg in die Eliteklasse. Ein Zwei-Jahres-Plan wurde für das ehrgeizige Projekt „TuSEM aus der Asche“ erst mal formuliert. Welpenschutz gibt es nicht, wie Prokurist Jens Wachowitz klar stellt: „Spätestens nach dem zweiten Jahr muss der Aufstieg in die Zweite Bundesliga gelingen.“ Als Geburtshelfer betätigen sich viele der alten Sponsoringpartner. Auch wenn die monetäre Muttermilch selbstredend spärlicher fließt als in der Geld muss Tore werfen Die sportliche Entwicklung ist in der Regel nicht planbar, doch der Sprössling wird mit finanziellen Genen als Rüstzeug in die beschauliche neue Handball-Welt geschickt, die man stark untertrieben als „vielversprechend“ bezeichnen könnte. Der Etat dürfte einen Regionalliga-Rekord für die Ewigkeit aufstellen, auch wenn sich die Verantwortlichen über eine genaue Summe ausschweigen. Andere Klubs monierten jedenfalls bereits öffentlich „Wettbewerbsverzerrung“. „Deutlich im sechsstelligen Bereich“, veranschlagte Edelmeier, der seit seinem zehnten Lebensjahr TuSEM-Mitglied ist und sogar im Stadtteil Margarethenhöhe wohnt, denn auch das Budget für sein „Baby“. Laut Wachowitz „backt man jetzt kleinere Brötchen. Wir leben nicht über unsere Verhältnisse.“ Trotzdem: Das Spielermaterial, das Trainer Ion Bondar zur Verfügung steht, sollte in der Lage sein, den Aufstieg in die Handball - TuSEM Essen Strandgut 13. Deutsche Zürich Beach-Volleyball Meisterschaften am Mark Dragunski Caach Bondar Zweite Bundesliga schon in diesem Jahr zu realisieren. Denn geblieben sind nicht nur die Sponsoren, sondern auch einige namhafte Spieler: Flügelflitzer Mark Schmetz (105-facher Nationalspieler für die Niederlande), Rückraum-Ass Evars Klesniks (bestritt schon 50 Länderspiele für Lettland) und Junioren-Nationalspieler Dennis Tenberken, der bei einigen Bundesligisten auf der Einkaufsliste stand. „Die haben keine Regionalliga-Mannschaft, die sind viel besser und werden direkt wieder aufsteigen“, schwärmte das gebürtige Essener Spielmacher-Talent Michael Haaß, der jetzt bei Bundesligist HSG Düsseldorf auf Torejagd geht. Und da war der Mann noch gar nicht dabei, auf dessen starken Schultern die größten Hoffnungen liegen: Mark Dragunski. Der Kreisläufer kam von Rekordmeister Gummersbach und bringt die Erfahrung von 370 Bundesligaspielen mit. Mit 34 Jahren kehrt der „alte Essener“ (Dragunski über Dragunski) zurück und ist bedeutendster Mann für Coach Bondar. Der muss nämlich den lettischen Nationalkeeper Helmuts Tihanovs und den isländischen Torjäger Halldor Sigfusson als weitere wichtige Neuzugänge in eine blutjunge Rasselbande einbinden. Zwölf Spieler aus dem 18er-Kader entstammen der eigenen, seit Jahren hervorragenden Jugendarbeit. Dragunski soll als Leitwolf die jungen Spieler an die Hand nehmen, die nicht nur wegen dessen beeindruckender Körpergröße von 2,14 Meter zu ihm aufschauen, sondern vor allem wegen seiner Erfolge: DHB-Pokal-Sieger 2003, Vizeweltmeister 2003, Europameister 2004 und Olympiazweiter 2004. Dazu zweimaliger Gewinner des Euro-City-Cups, erstmalig 1994 mit dem TuSEM. Hier erlebte er eine schwere, aber auch erfolgreiche Zeit. Die damaligen Stars um Jochen Fraatz kritisierten das unfertige Talent teilweise heftig, was ihm letztlich aber zum Vorteil gereichte. In Essen wurde Dragunski vom tölpelhaften Handball-Riesen zum ehrfurchtsvoll genannten „GOAL-iath“ geschliffen. Jetzt ist er als Entwicklungshelfer wieder da und stellt klare Anforderungen an die vielen grünen Jungs in den weiß-roten Trikots: „Das ist hier keine Spaßveranstaltung. Die müssen einfach Gas geben!“ Das investierte Geld soll die Tore schießen. Es muss sogar, daran lässt Bondar keinen Zweifel: „Die jungen Leute kriegen eine Chance, sie müssen aufgebaut werden. Aber ich werde vor allem auf die erfahrenen Spieler setzen. Und die werden in vielen Matches durchspielen.“ Aufstieg! Aufstieg! Aufstieg! Denn der Druck ist groß. Die kurzfristig angelegten Planungsziele verbieten Bondar, der im letzten Jahr die zweite Mannschaft 72 des TuSEM in der Regionalliga betreute, jegliche Experimente. „Zum Ausprobieren bleibt keine Zeit. Wir müssen aufsteigen und versuchen, jedes Spiel zu gewinnen - egal wie!“ Essen ist der ultimative Favorit in der Regionalliga West. Auch Mark Dragunski kennt nur ein Ziel: „Aufstieg, ganz klar!“ Der Trainer tut sich dann auch schwer, irgendwelche Stolpersteine auf dem 32 Spieltage langen Weg in die Zweite Bundesliga auszumachen. Die neue Liga ist trotz des standesgemäßen Starts mit sieben Auftaktsiegen (Stand 9. Oktober) noch Gewöhnungssache. Statt THW Kiel, TBV Lemgo oder VfL Gummersbach heißen die Gegner jetzt eben SG Schalksmühle-Halver, DJK Unitas Haan oder TuS Niederpleis. Und so richtig angekommen ist man dann auch noch nicht in den Niederungen der Drittklassigkeit, wie der hart umkämpfte Arbeitssieg gegen Schalksmühle deutlich zeigte. Es fängt schon damit an, dass in der Regionalliga West als einzige der fünf Regionalligen der Klebstoff Harz, die Haftcreme für Handballer-Hände, bei Strafe verboten ist. 150 Euro waren nach dem Auftaktsieg über Gladbeck fällig, die Schiedsrichter schrieben einen Sonderbericht. Und im Spiel gegen Schalksmühle beschlichen die gestandenen ehemaligen, aber mittlerweile „harzlosen“ Bundesliga-Handballer streckenweise äußerst peinliche Schwierigkeiten in einer der Grundtechniken des Sports, dem schlichten Fangen des Balls. „Dass wir nicht harzen dürfen, darf keine Ausrede sein“, wehrte Dragunski in einer ähnlich energischen Heftigkeit ab, mit der Coach Bondar nach dem Spiel die Leistungen der Schiedsrichter einordnete: „Es ist klar zu sehen, meine ehemaligen Bundesliga-Spieler werden benachteiligt. Das ist eine Sauerei.“ Aber beschweren wolle sich Bondar auch nicht: „Wir müssen uns eben auf das Pfeifen einstellen.“ Dreihundert Dauerkarten verkaufte der „neue TuSEM“ vor der Spielzeit und zum ersten Spiel gegen Gladbeck kamen gleich 1200 Zuschauer. Zum Vergleich: Beim Bundesliga-Start des Nachbarn HSG Düsseldorf gegen Nordhorn kamen sogar einhundert Fans weniger. „Wir ziehen ein paar Neugierige an, aber es gibt auch eine Art Trotzeffekt. Viele zeigen sich mit uns solidarisch, denn wir sind ja nicht freiwillig abgestiegen“, umschreibt Prokurist Wachowitz die Befindlichkeiten am einst so ruhmreichen Handball-Standort im Ruhrgebiet, an dem man wieder relativ entspannt Luft holen kann. Text: Daniel Neuen Foto: Roland Solich Markus Dieckmann ballt die Fäuste, biegt den Körper zurück, lässt die Arme nach oben schnellen, jubelt. Sekundenbruchteile später löst sich die Spannung des Körpers auf. Der Beach-Volleyballer dreht sich um und fliegt förmlich an die Brust seines Partners Jonas Reckermann. Arm in Arm und noch immer mit dem feinen Sand des Timmendorfer Strandes bedeckt, feiern die Beiden den Titelgewinn bei den Deutschen Meisterschaften 2005 ausgelassen. Minimaler Wermutstropfen für Markus, er hat gerade seinem Bruder Christoph die Titelverteidigung vermiest. Der „kleine“ Dieckmann, mit 1,90 Metern ist Markus acht Zentimeter kleiner als Christoph, setzte sich damit zum zweiten Mal nach 2001 die Krone beim Abschlussturnier der nationalen Zürich Masters Serie auf. Bereits vor vier Jahren jubelte Markus in den Armen von Jonas Reckermann. Genauso wie wenige Wochen vor den Tage in Timmendorf. Da holten sich die für rheinischen Moers spielenden Dieckmann/Reckermann die Bronzemedaille bei der Europameisterschaft in Moskau. Im „kleinen „ Finale schlugen sie, na, wen wohl? Genau, Dieckmann/Scheuerpflug. Aufholjagd Nach dem ersten Satz im deutschen Meisterschaftsfinales sah es so aus als ob der Titelverteidiger diesmal siegen könnte. Die beiden Moerser „Beacher“ hatten den ersten Satz an die „Berliner“ abgeben müssen. Doch beide Teams kennen sich aus zahllosen Duellen aus dem Effeff. Niemals zweifelten Dieckmann/Reckermann daran, gewinnen zu können. Dieses Selbstbewusstsein trugen die Moerser im zweiten Satz zur Schau, Timmendorfer Strand bauten ihr druckvolles Spiel auf und transportierten ihre frühe Führung bis zum Satzende und beendeten die Aufholjagd mit dem Satzgewinn. Was dann kam, riss die Zuschauer immer wieder von den Sitzen. Ein erbitterter Kampf um jeden Punkt, kein Ball wurde verloren gegeben, akrobatische und todesmutige Abwehraktionen wechselten mit krachenden Angriffsschlägen und eigentlich unmöglichenBlockaktionen.Schließlich war es Jonas Reckermann, der den ersten Matchball zum 20:22, 21:18 und 15:11 Erfolg verwandelte. „Wir haben schon unzählige Male gegeneinander gespielt und dieses Mal hatten wir das Quäntchen Glück“, meinte ein erschöpfter aber glücklicher Reckermann. Christoph Dieckmann nahm die Niederlage auf seine Kappe. „Ich habe persönlich nicht gut gespielt und viele Fehler Jackass? Schauplatz der Beach-Volleyball DM 2005 - Timmendorfer Strand Markus Diekmann Coolness am Timmendorfer Strand Moderator Jarid Dibaba Yarid Dibaba mit Joerg Ahmann und Pressesprecher Frank Ehrich Dritte bei der Deutschen Meisterschaft 2005: Sarah Goller 73 Beach-Volleyball t u g d n a r St d fer Stran ften terscha rich sche Zü 13. Deut innen ann gew erm nn/Reck Dieckma is yball Me e ll o V h Beac r ara Golle dwig/S Laura Lu 74 die DM 2005 gemacht. Das ist sehr schade, denn ich hätte es Andi gewünscht, hier noch einmal zu gewinnen, zumal er heute sehr gut gespielt hat“, ärgerte sich der gebürtige Bonner. Die 13. Deutschen Zürich Beach-Volleyball Meisterschaften waren das letzte gemeinsame Turnier von Christoph Dieckmann und Andreas Scheuerpflug. Scheuerpflug beendet mit 38 Jahren seine Karriere. Der „lange“ Dieckmann wird demnächst mit dem gebürtigen Münsteraner Julius Brink im Sand spielen. Ludwig hler und Koe ewinnen ahme g h (re)/L Muesc endor am Timm DM 2005 Begeisterung für Timmendorf „Wir hatten ja schon viele Gelegenheiten am „Timmendorfer Strand“ zu spielen, aber es ist immer wieder toll hier zu sein und ich kann gar nicht genug davon bekommen“, schwärmte der aktuelle Meister Dieckmann. Nicht nur, dass sie eben gerade den Titel geholt hatten und sich damit einen dicken Batzen des 33.000 Euro Preisgeldes gesichert hatten, auch die unvergleichliche Atmosphäre ließ Markus über alle „vier Backen“ strahlen. Insgesamt 50.000 Zuschauer feierten drei Tage lang eine riesige Dauerparty während der Spiele. Am Ende jeden Tages legten alle noch mindestens einen Gang zu und rockten, was das Zeug hielt. Der Kopf der Raupe Von der schier irrwitzigen Begeisterung auf den Rängen ließen sich auch die sandbedeckten Damen anstecken. Vom Feld schwappte eine „La Ola-Welle“ nach der anderen auf die Ränge und wieder zurück. Höhepunkt der Jubelarie war die Raupe. Plötzlich, wie auf ein geheimes Zeichen. Ließen sich die Spielerinnen auf Knie und Hände fallen, fassten der davor knienden an die Knöchel und die Raupe zog unter Führung von Danja Müsch quer durchs Stadion. Für den „Kopf der Raupe“ war kurz zuvor ihre fünfte Deutsche Meisterschaft herausgesprungen. Allerdings die erste mit ihrer langjährigen Partnerin Susanne Lahme. Und es wird wohl auch die letzte sein, denn Müsch beendet ihre internationale Karriere, während Lahme mit Sylvia Roll versucht sich für die Olympischen Spiele 2008 zu qualifizieren. Lahme/MüschgelanginTimmendorf eine kleine Sensation. Im Finale bezwangen sie Stephanie Pohl und Okka Rau. Bis dahin hatten die beiden Hamburgerinnen keine einzige Partie gegen ein deutsches Team in der gesamten Saison 2005 verloren. „Es ist bitter das entscheidende Spiel in der Saison zu verlieren. Da nützt es einem gar nichts, vorher alles gewonnen zu haben. Aber ich gönne es Susanne und Danja“, meinte eine enttäuschte Okka Rau. Ganz anders reagierte natürlich Müsch. „Der fünfte Titel ist etwas ganz Besonders und ich hatte vorher nicht damit gerechnet. Ich muss mich bei Susi bedanken, dass sie im zweiten Satz noch soviel zuzusetzen hatte und für mich gespielt hat“, freute sich Müsch während bei ihr die Glückstränen über die Wangen liefen. U21-Vizeweltmeister Auf dem Weg zur Meisterschaft machten Lahme/Müsch so einige NRW-Hoffnungen auf den Titel zunichte. Im Halbfinale schalteten die späteren Titelträgerinnen die Titelverteidigerinnen, das Münsteraner Duo Rieke Brink-Abeler/Hella Jurich aus (2:0 / 21:19, 21:6). In der Vorrunde brachten sie dem Leverkusener Nachwuchsdoppel Ilka Semm- ler/Ruth Flemig eine 1:2 Niederlage bei (16:21, 21:14, 9:15) bei. Durch den Satzgewinn zeigten die beiden Youngster aber, dass in Zukunft mit ihnen zu rechnen ist. Für das frühe Aus bei den nationalen Titelkämpfen hielten sie sich bei der U21-Weltmeisterschaft in Brasilien schadlos. Erst im Finale wurde der Semmler/ Flemig-SiegeszugvondenBrasilianerinnen Solberg Salgado/Camilinha gestoppt. „Es war der blanke Wahnsinn, auf dem weltbekannten Strand Copacabana um die Weltmeisterschaft zu spielen“, jubelte Semmler. Text: Tino Hermanns Fotos: Hoch Zwei 13. Deutsche Zürich Beach-Volleyball Meisterschaften Herren-Finale: Dieckmann / Reckermann (Moers) gegen Dieckmann / Scheuerpflug (Berlin) 20:22, 21:18, 15:11 Spiel um Platz 3: Matysik / Popp (Berlin/Essen) gegen Polte / Schoen (Dachau/ Schüttorf) 20:22, 21:19, 15:10 Damen-Finale: Lahme / Müsch (Berlin) gegen Pohl / Rau (Hamburg) 15:21, 21:16, 15:5 Spiel um Platz 3: Goller / Ludwig (Kiel/Leverkusen) gegen Banck / Kaup (Kiel/ Planegg-Krailing) 21:18, 21:17 Internet: www.volleyball-verband.de, www.beach-volleyball.tv 75 Doping Verbotene Siege Jan Ullrichs Herz rast. Sein Blick ist leer, er stiert nur noch fünf Meter vor sein Vorderrad. Die Muskeln in den Beinen brennen, die Oberschenkel haben kaum noch Kraft. Dennoch wuchtet sich der deutsche Radstar mit jeder Umdrehung der Pedale dem Ziel in Courchevel entgegen. Es ist mal wieder ein Sieg des Willens über den Körper. Ullrichs einziger Gedanke ist, nicht schon wieder auf einer schweren Bergetappe vom Amerikaner Lance Armstrong abgehängt zu werden. „Ulle“ weiß, er gibt alles, schneller kommt er den Berg nicht rauf. Noch hält er Armstrongs Hinterrad. Der Mann vor Ullrich fährt im gelben Trikot, dem äußeren Zeichen des Führenden in der Gesamtwertung der Tour de France. Er ist vergleichsweise entspannt. Armstrong hat noch ein paar „Körner“. Und dann passiert das, was Ullrich und alle anderen befürchtet haben. Der Dominator der letzten Frankreichrundfahrten geht aus dem Sattel und fliegt in seinem unnachahmlichen „Nähmaschinentritt“ den Berg hoch. Sofort reißt Armstrong eine Lücke zwischen sich und Ullrich. Der Deutsche ist frustriert, will nur noch ins Ziel kommen, egal wann und wie. In Courchevel hat „Ulle“ mal wieder eine Minute Rückstand im Gesamtklassement kassiert, obwohl Armstrong nur Etappenzweiter war. Den Siegerkuss holt sich wenig später der Franzose Richard Virenque ab. Er ist der führende in der Bergwertung. Courchevel, der Skiort in den französischen Alpen liegt 2004 Meter hoch. Die Luft ist schon merklich dünner. Schon seit Jahren ist Courchevel Zielort einer Tour de France-Etappe. Auf dem Weg dahin hat das Fahrerfeld 192,5 Kilometer in den Beinen und musste so nebenbei bereits den 1.968 Meter hohen Cormet de Roselend überqueren und. Da ging es 20,1 Kilometer stramm bergauf. Nach Courchevel hinauf musste die Meute 21,8 Kilometer bergan strampeln. Kein Mitleid Das ist eine fiktive Beschreibung, aber so hätte sie sich abspielen können. Solche Szenen, die realen Qualen der Radprofis genießt der Fernsehzuschauer zu Hause aus nächster Nähe. Bei Großaufnahmen der Fahrer kann man die einzelnen Schweißtropfen auf der Stirn zählen. Doch Mitleid mit den „Rittern der Landstraße“ haben die „Fernsehsportler“ nicht. Sie wissen, jeder der die über 3.000 Kilometer währende Strapaze Frankreichrundfahrt durchsteht, ist bis unter die Schädeldecke gedopt. Und ganz so Un- recht haben sie auch nicht. Beispiel Richard Virenque, er hat bereits ein zweijähriges Startverbot wegen Dopingvergehens abgesessen. Auch Jan Ullrich ist kein Saubermann. Nach einer Verletzung wurde er in der Rehabilitationsphase auf verbotene Substanzen positiv getestet. Seit kurzem hat auch die bisher weiße Weste des Lance Armstrong hässliche Flecken bekommen. Die französische Zeitschrift „Le Equipe“ erhebt schwere Vorwürfe, der siebenmalige König der Tour hätte seinen Premierenerfolg 1999 nur der Einnahme von Erythropoetin, in Sportlerkreisen besser unter der Kurzformel EPO bekannt, zu verdanken. Radsport fährt vorne weg Immer wieder wird das leidige Thema Doping durch die Radsportszene in die Schlagzielen gebracht. Dem Zeitfahr-Olympiasieger von Athen Taylor Hamilton wurde seine Goldmedaille wieder abgenommen, Daniel Hondo vom Team Gerolsteiner ist im Frühjahr 2005 von seinem Rennstall wegen Dopingvergehens suspendiert worden. Oder 1998, da wurde das gesamte Festina-Team von der Tour de France ausgeschlossen. Doch auch in anderen Sportarten wird gedopt, was die Mittelchen hergeben. Gewichtheben, Leichtathletik, Skilanglauf, Fußball, Tennis, es gibt kaum eine Sportart, in der der Ehrgeiz Athleten nicht zur Spritze greifen lässt. „Mit Nahrungsergänzungsmitteln sind schon eine Menge Athleten reingefallen.“ Aber nicht alle Leistungen, die anschließend einen Dopingverdacht aufkommen lassen, müssen zwangsläufig durch unlautere Fördermaßnahmen beeinflusst sein. „Warum soll man eine Tour nicht ohne Doping gewinnen. Ohne entsprechende Vorbereitung ist das natürlich nicht machbar. Es spielt eine Rolle, wie man die Anstrengungen verkraften kann“, meint Professor Dirk Clasing. Er ist in der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) stellvertretender Vorstandsvorsitzender und der Vertreter für die Medizin. Und er unterstellt auch nicht allen Dopingsündern Absicht. „Mit Nahrungsergänzungsmitteln sind schon eine Menge Athleten reingefallen“, so Clasing. Klar ist, dass ohne entsprechendes Training, ohne sportgerechte Lebensführung Top-Leistungen nicht möglich sind – ohne oder mit Doping. „Fakt ist, wenn man trainiert und je qualitativ besser man trainiert, desto besser werden die Leistungen. Was man häufig übersieht ist, dass die Radprofis ihre Trainingsleistungen in den letzten Jahren deutlich nach oben geschraubt haben. 40.000 Kilometer im Sattel sind inzwischen normal“, erläutert Dr. Roland Augustin, der Geschäftsführer der NADA. Er verweist darauf, dass sich in den 90er Jahren vieles verbessert hat. „Die Trainingslehre, der entsprechende Trainingsaufbau, das Material, die medizinische Betreuung hat sich enorm entwickelt. Das alleine zieht eine Leistungssteigerung nach sich“, erklärt Augustin, fügt aber bedauernd an, „Leider ist zeitgleich auch EPO als wirksames Mittel zur Leistungssteigerung erkannt worden.“ Informationen über Doping Doping ist, was verboten ist Eine Definition, was Doping genau ist, ist fast unmöglich. Auch der Mediziner weiß keinen eindeutigen Rat. „Eine Definition ist so schwierig, dass es keine gibt. Wir gehen da ganz pragmatisch vor. Doping ist das, was verboten ist, was auf der Liste steht“, so der Professor. Und seit 2003 existierte eine weltweit gültige Liste. Damals wurde die World Anti Doping Agency (WADA) gegründet. Jedes Jahr erstellt die WADA eine Liste der verbotenen Substanzen. Die wird den NADAs bekannt gegeben. Die nationalen Doping-Bekämpfer können Kommentare zu der Verbotsliste abgeben, bevor das überarbeitete Verbotsverzeichnis Gültigkeit erhält. Das „Wirkstoffgesetz 2006“ steht ab Oktober 2005 im Internet. „Innerhalb der Liste ändert sich nicht viel. Neue Substanzen sind nicht dazu gekommen. Zuletzt wurde nur die Ordnung innerhalb der Tabelle geändert“, erläutert Clasing. Damit bei den bundesdeutschen Athleten alles im grünen Bereich ist, informiert die NADA die einheimischen Sportler über die Homepage www.nada-bonn.de. Wer sich intensiver mit den Definitionen und Substanzen rund ums Doping beschäftigen möchte, sollte zum Buch „Doping und seine Wirkstoffe – verbotene Arzneimittel im Sport“ greifen. Professor Dirk Clasing beschreibt in seinem Werk in anschaulicher Form die Wirkung der einzelnen Substanzen, gibt aber auch Informationen über Möglichkeiten der Leistungssteigerung ohne die Verabreichung verbotener Wirkstoffe. Das Buch ist im Spitta Verlag GmbH Co. KG. (Ammonitenstraße 1, 72336 Balingen, www.spitta.de) erschienen. wird fortgesetzt Der NADA-CODE Präambel Die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) als die für die Dopingbekämpfung in Deutschland maßgebliche Instanz hat - in dem Bewusstsein, dass der Sport für die Stabilisierung der Wohlfahrt der Gesellschaft gerade angesichts eines beschleunigten sozialen Wandels unverzichtbare Leistungen erbringt, - in der Erkenntnis, dass Doping mit den Grundwerten des Sports – insbesondere dem Grundsatz der Chancengleichheit – unvereinbar ist, die Gesundheit der Athleten gefährdet und das Ansehen des Sports in der Öffentlichkeit zersetzt, - in dem Bestreben, im Interesse der Athleten, Sportvereine, Sportverbände und Sponsoren Doping im Sport mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu bekämpfen, um die pädagogische Vorbildfunktion des Sports zu erhalten und das Grundrecht der Athleten auf Teilnahme an einem dopingfreien Sport zu gewährleisten - und in der Überzeugung, dass die Dopingbekämpfung nur auf einer international einheitlichen Grundlage zum Erfolg führen kann, in Umsetzung der Vorgaben des World-Anti-Doping Code der Welt Anti-Doping Agentur(WADA) und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Sportbund, dem Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland und den im Deutschen Sportbund zusammengeschlossenen Sportverbänden am 8. Oktober 2004 das nachfolgende Anti-Doping-Regelwerk (NADACode) für den deutschen Sport beschlossen. Text: Tino Hermanns Fotos: Henry Sprenger o Hermnans nder der NADA Prof. Stell. Vorstandsvorsitze Clasing Gespräch mit TIn land Augustin (li.) im Ro . Dr rer füh fts hä sc Ge 77