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Am Ei uß F n B b l l a b fa all l e b i e n: n Humanis Verlag für Gesundheit GmbH • Silcherstrasse 15 • D-67591 Mölsheim • Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt • ZKZ D 05475 • ISSN 0723-5070 31. Jahrgang 4 / 2 0 13 editorial Stimmungsaufheller Liebe Leserin, lieber Leser, bei Redaktionsschluss sieht‘s nach großer Koalition aus. Nach der Wahl besagten Umfrageergebnisse, das Wahlvolk wolle im Prinzip Kanzlerin Merkel mit sozialdemokratischem Programm. Ursula von der Leyen und Andrea Nahles sind sich einig, die Erwerbsminderungsrenten anheben zu wollen. Schaun wer mal, ob das was wird, ob die Maut für Pkw für körperbehinderte Autonutzende kostenneutral bleibt und ob sonstige soziale Wohltaten auch beim behinderten Wahlvolk ankommen… Manche Wohltaten des Fortschritts stehen hingegen schon fest. So sollen wir ab nächstem Jahr unsere Überweisungen mit zusätzlichen Ziffern versehen, eine ganz saublöde Strafarbeit für uns Normalbürger, die wir als Sklaven für die Bedürfnisse von Finanzwelt und IT-Branche erfüllen müssen: Bitte beachten Sie unbedingt unsere Hinweise zum Thema IBAN und BIC auf Seite 19! Dass die Bedürfnisse von behinderten Konzertbe- suchern immer noch mit Füßen getreten werden, hat mich in Zeiten der Inklusion doch wirklich verblüfft (S.6). Und war es nicht so, dass wir jetzt ungeachtet unserer Einschränkungen die Hälfte unserer Ermäßigung der Rundfunkgebühren abgenommen bekamen, mit der Begründung, der gesellschaftliche Fortschritt ermögliche in der Regel kulturelle Teilhabe?? Dass sich Verkehrsunternehmen und leider Gottes auch die eine oder andere Ortskirche der Umrüstung zur Barrierefreiheit mit Tricks und Kniffen zu entziehen versuchen (S.20-23) macht wütend bis traurig. Bleibt nur, den Finger immer wieder in die Wunde zu legen. Dabei gibt es überraschende positive Beispiele. Der alte Scherz mit den barrierefreien Alpen wird jetzt zum Teil Wirklichkeit. Kaum zu glauben, aber sehen Sie selbst (S.44). Überhaupt ist die Tourismusindustrie von einem hoffnungslosen Fall innerhalb weniger Jahrzehnte zu einer Branche mit vielen guten Ansätzen geworden, was die Angebote für behinderte Reisende angeht. Klar gibt’s immer mal wieder Ausreißer, aber ansonsten ist es doch auch mal schön, eine gute Entwicklung loben zu können. Ob wir den Winter gut überstehen liegt mit an uns. Schnee und Eis können wir nicht verhindern. Außer warmen Gedanken hilft vielleicht ein duftender Tee oder eine schöne Kerze. Was wir daneben noch tun können, um der drohenden Winterdepression ins Gesicht zu lachen, entnehmen Sie bitte dem Beitrag auf S.36. Ob es Ihre Stimmung verbessert weiß ich nicht, aber ab sofort können Sie mich (außerhalb der Festtage) zu festen Sprechzeiten telefonisch erreichen: Dienstag bis Donnerstag von 14 bis 16 Uhr unter 028 36 - 971 44 28 (lange klingeln lassen). Bitte denken Sie daran, dass ich Alleinredakteur bin, es könnte also sein, dass ich schon ein anderes Gespräch führe – dafür gibt’s den Anrufbeantworter. Bleibt noch, Ihnen ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch zu wünschen! Wir sehen uns wieder. Vielleicht denken Sie während der Feiertage auch mal an uns: Wenn Sie unserer Zeitschrift helfen wollen, wie wär‘s mit einem Abo (ganz hinten im Heft)? Vielleicht ist ja auch eine FGQ-Mitgliedschaft (inkl. PARA!) etwas für Sie. Dabeisein kostet Betroffene lediglich 15 € jährlich. Sie sind schon dabei? Umso besser. Ihr ABOTELEFON (0 62 43) 900 704 PARAPLEGIKER 4/13 3 inhalt Seite 8 editorial 3 Stimmungsaufheller forum 6 7 »Phantom der Oper« in Hamburg: Kein Platz für Paare mit einem Rollstuhl? Prof. Udo Reiter technik 8 10 Kommunikationshilfe für E-Rollstuhlfahrer Rollstuhltest: PRO ACTIV Speedy 4all Seite 13 bericht 13 14 17 20 22 34 48 Internationale Automobil-Ausstellung (IAA): Rollstuhlgerechte Umbauten Begleitung auf dem Weg in die Selbstständigkeit: Existenzgründung als Alternative Ein Fußballfan: Am Ball bleiben Erneuerung eines Kleinstadtbahnhofes: Bahn drückt sich vor Barriereabbau Barrieren vor Bad Wildunger Kirche: Rollis nicht willkommen? Keine Inklusion in Arztpraxen und Krankenhäusern: Benachteiligte Patienten glosse 24 Seite 14 Vita-Assistenzhunde: Freunde und Partner I like Seite 17 kultur 26 Karikaturen von Barbara Früchtel q – querschnitt spezial 27 28 32 4 Das silberne Spar-Schwein: Die AOK, unsere Beiträge und das Wirtschaftlichkeitsgebot Ein Projekt von DSQ und FGQ: PARAkom – interaktives Kommunikationssystem BG Unfallklinik Duisburg: Neue Station für Rückenmarkverletzungen eröffnet PARAPLEGIKER 4/13 Seite 20 inhalt medizin 36 Depressionen in der dunklen Jahreszeit: Winter – aber bitte ohne Blues! sport 38 Seite 22 40 Paralympischer Wintersport in Berlin: Sledge-Eishockey E-Hockey: Geschwindigkeit, Geschicklichkeit und Spaß unterwegs 42 44 Urlaub im Landkreis Miesbach: Bei der Tante am Tegernsee Schweizer Alpen barrierefrei? Gibt’s doch nicht! markt Seite 32 47 52 Bauen in Griechenland – geht das noch? KIRCHHOFF übernimmt HuberMobilTechnik RLS – Das modulare Rampensystem von Altec 53 KADOMO hat neue Geschäftsräume bezogen kolumne 50 Seite 40 Aus meinem Leben: Leises Leuchten kleinanzeigen 54 recht 55 Leistungsträger im Fall einer schweren Verletzung (III): Die Sozialversicherungsträger 57 abo Seite 42 58 impressum Seite 48 Titelfoto: Schröder Blatter PARAPLEGIKER 4/13 5 forum »Phantom der Oper« in Hamburg: Kein Platz für Paare mit einem Rollstuhl? Unsere Leserin Christine Kechler wollte mit ihrem Partner, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, das bekannte Musical in Hamburg besuchen, zur Zeit als Aufführung von „Stage Entertainment“ zu Gast in der „Neuen Flora“. Ein schönes gemeinsames Erlebnis? Die beiden machten andere Erfahrungen, wie Christine Kechler im folgenden beschreibt: Mein Partner und ich haben geplant, ein Wochenende in Hamburg zu verbringen – Höhepunkt sollte der Besuch des Musicals ‚Phantom der Oper‘ sein. Mein Partner ist Rollstuhlfahrer, genauer gesagt, Tetraplegiker. Aufgrund dessen ist eine detaillierte und akribische Planung zwingend notwendig. Zugfahrt, Hotel, Sitzplatzreservierung – alles muss den notwendigerweise besonderen Anforderungen entsprechen. Schon im Vorfeld gestaltete sich die Reservierung bzw. Buchung der Karten für das Musical als außerordentlich schwierig. Schlussendlich bot man meinem Partner einen Rollstuhlplatz in zweiter Reihe an – mir aber als seiner Partnerin und Begleitperson einen Platz in der dritten Reihe, um mehrere Plätze versetzt. Mit nicht nachvollziehbaren Argumenten wurde dargestellt, warum das nur so und nicht anders möglich wäre. Bei diesem ganzen Geschehen geht es nicht ausschließlich um unseren Fall, sondern um alle Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung schon mit mehr als genug zum großen Teil unüberwindbaren Schwierigkeiten leben müssen. Zusätzlich werden ihnen dann noch durch unreflektiertes Verhalten seitens solcher Veranstalter die schon ohnehin stark reduzierten schönen Erlebnisse unmöglich gemacht. An Stage Entertainment, 8.10.2013 „Sehr geehrter Herr Mock-O’Hara, mein Partner und ich haben für den 30. November einen Besuch zur Premiere des Musicals ‚Phantom der Oper‘ geplant – als Höhepunkt eines Wochenendurlaubs in Hamburg. Mein Partner ist Rollstuhlfahrer und somit ist ein derartiges Vorhaben zwingend mit langwieriger, detaillierter Planung und Organisation verbunden – Hotel, Zugfahrt und eben auch einer Kartenreservierung bzw. Kauf. Mein Partner versucht seit Wochen eben dies zu tun – Karten zu kaufen. Telefonisch wurde er durch die Hotline immer wieder vertröstet, es wären noch keine Rollstuhlplätze durch den Veranstalter ausgewiesen, es könne noch keine Reservierung bzw. Buchung erfolgen, man würde sich aber umgehend melden und hätte meinen Partner als erstes auf der ‚Liste‘ vorgemerkt. Dies wurde bei jedem Anruf seitens meines Partners aufs Neue bekräftigt und zugesichert. 6 PARAPLEGIKER 4/13 Leider war dem nicht so – wie sich heute herausstellte. Ein erneuter Anruf meines Partners zeigte nun plötzlich ausgewiesene Rollstuhlplätze – von denen er nicht informiert wurde, so wie zugesichert war. Die Dame der Hotline wies meinem Partner einen Rollstuhlplatz in der zweiten Reihe zu – und mir als seine Partnerin einen Platz in der Reihe dahinter – mehrere Plätze versetzt! Dies geschah ohne jedes haltbare Argument. Der Platz neben meinem Partner ist ein ganz normaler, käuflich zu erwerbender Sitzplatz, zu dem auch noch nicht besetzt! Es ist also in keinster Weise nachvollziehbar, warum ich als Partnerin und Begleitperson an einem anderen Platz sitzen soll. Nun möchte man ja, wenn man als Paar in ein Musical oder eine ähnliche Veranstaltung geht, aus nachvollziehbaren Gründen nebeneinander sitzen. In diesem Falle ist es sogar über die Maßen wichtig, da ich nicht nur als Partnerin, sondern auch als geschulte Begleitperson da bin, die bei Bedarf unterstützend eingreifen kann. Ganz zu schweigen von der diskriminierenden Haltung, die eine derartige Vorgehensweise gegenüber meinem Partner demonstriert! Hier liegen also drei aussagekräftige Fakten vor, die eine genau entgegengesetzte Handlungsweise bedingen müssen – nämlich einen Platz direkt neben meinem Partner! Ohne hier moralisch in die Tiefe zu gehen – was bei den gegebenen Umständen nicht extra zu erwähnen ist – frage ich mich doch, wie ein derartig renommiertes Theater, in Zusammenarbeit mit einem weltberühmten Musical eine solche Vorgehensweise billigt und verantwortet?! Ich bitte Sie um eine konkrete Stellungnahme zu den oben genannten Punkten und um eine Änderung des Zustandes. Genaugenommen heißt das: Ich möchte als Partnerin neben meinem Partner sitzen – so wie alle anderen Menschen in einer derartigen Veranstaltung das auch können! Mit freundlichen Grüßen Christine Kechler“ Antwort von Stage Entertainment, 9.10.2013 „Lieber Herr Pfeiffer, die Anordnung der Plätze im Stage Theater Neue Flora hat sowohl bauliche, als auch sicherheitsrelevante Gründe. Durch die ansteigenden Reihen im forum Zuschauerraum ist es nur möglich, die Rollstuhlplätze in der zweiten Reihe an den Seiten unterzubringen. Für einen Rollstuhlplatz werden jeweils zwei reguläre Sitze entfernt, so dass damit genügend Platz – auch für große Elektrorollstühle – vorhanden ist. Wäre der Begleitplatz direkt neben dem Rollstuhlplatz, könnte auf jeder Seite nur ein Rollstuhl pro Show Platz finden und damit würden dann jeweils lediglich zwei Rollstuhlplätze pro Show zur Verfügung stehen. Wir versuchen in unseren Stage Theatern möglichst vielen Menschen mit Gehbehinderung einen guten Zugang zu den Shows zur Verfügung zu stellen. In der Neuen Flora ist es leider nicht anders möglich und es wird so von Beginn an gehandhabt.“ Anmerkung von Christine Kechler dazu: Warum kann im Parkett der Sitzplatz 13 nicht von der Begleitperson gebucht werden? Jeder andere Besucher kann diesen Platz für sich käuflich erwerben – die Begleitperson nicht – selbst nicht für den vollen Preis!! Plötzlich doch möglich… Jetzt kommt der Clou: Christine Kechler schickte den Vorgang nicht nur an den PARAplegiker, sondern an mehrere Medien – unter anderem an die Bildzeitung, die sich wohl mit Stage Entertainment in Verbindung setzte. Aus welchen Gründen auch immer (??) war es ein paar Tage nach den Anschreiben plötzlich doch möglich, den Sitzplatz direkt neben dem Rollstuhlplatz zu buchen, obwohl dies anfänglich als absolut unmöglich dargelegt wurde. Als Entschädigung wurden Ermäßigungsgutscheine für einen erneuten Besuch eines Musicals von SE angeboten. Anmerkung der Redaktion: Ich erinnere einen Beitrag, den ich noch als freier Mitarbeiter in den 1980er Jahren für den PARA geschrieben hatte, Titel: „Konzert-Kalamitäten“. Da kommt mir bei diesem Fall einiges nur allzu bekannt vor. Immer noch kommen manche nur zu ihrem Recht an kultureller Teilhabe, indem sie sich kräftig gegen Diskriminierung wehren, einschließlich des Einschaltens der Medien. Schade, manche Veranstalter haben in den letzten 30 Jahren wohl nichts dazu gelernt; P. Mand. Betr. PARA 3/S.8: Prof. Udo Reiter Lieber Herr Mand, eben habe ich den neuen PARAplegiker erhalten und gesehen, dass Sie meinen Brief an Sie abgedruckt haben. Vielen Dank für dieses faire Verhalten, das ja keineswegs selbstverständlich ist. Was mich betrifft, können wir uns gerne wieder vertragen – zumal ich einige Dinge, die Sie mir geantwortet haben, durchaus akzeptiere. Was Ihre abschließende Frage betrifft: Einmal, ganz am Beginn meiner journalistischen Laufbahn, hat mich ein Regisseur bei einer Fernsehdiskussion gebeten, auf einen normalen Sessel überzuwechseln, weil das „schönere Bilder“ ergäbe. Ich habe es getan, es kam mir aber so kindisch vor, dass ich es danach nie mehr gemacht habe. Ich habe mich seither immer im Rollstuhl gezeigt und fotografieren lassen. Es gibt auch jede Menge Bilder und Fernsehaufzeichnungen, auf denen der Rollstuhl deutlich sichtbar ist – bei Porträtaufnahmen allerdings (zwangsläufig) nicht. Anzeige Einfach ankuppeln und abfahren, wohin Sie wollen! Machen Sie eine Probefahrt! ATEC Ing. Büro AG CH-6403 Küssnacht a.R. Tel. +41 41 854 80 20 www.swisstrac.ch technik Ein neues Modul verwandelt ElektroMobile in Kommunikationszentralen und bietet Rollstuhlfahrern mehr Komfort und Sicherheit. Damit können E-Stuhlfahrer selbstständig PC und Handy bedienen, durchs Gelände navigieren und sich die Batteriekapazität anzeigen lassen. Kommunikationshilfe für E-Rollstuhlfahrer Das Modul kommuniziert über den rollstuhlinternen CAN-Bus mit allen elektronischen Rollstuhlmodulen. Mittels eines integrierten Mobilfunkmoduls nimmt es Kontakt zu einem Fernwartungsserver auf. Über diesen Service kann sich ein Techniker der Otto Bock Mobility Solutions GmbH mit dem Rollstuhl verbinden und den Reha-Techniker vor Ort bei der Fe hle r su che bzw. Konfiguration des Rollstuhls unterstützen. SMS verfassen, E-Mails schreiben, durchs Internet surfen, telefonieren – all das ist für Menschen mit eingeschränkter Handmotorik eine echte Herausforderung. Um elektronische Geräte problemlos bedienen zu können, sind die Betroffenen auf eine Kommunikationshilfe angewiesen. Eine solche haben Forscher vom Fraunhofer-Institutsteil Angewandte Systemtechnik AST im Auftrag des Medtech-Unternehmens und langjährigen Industriepartners Otto Bock Mobility Solutions GmbH entwickelt. Dabei handelt es sich um ein Zusatzmodul, das die Funktionalität von E-Rollstühlen erweitert, indem es die vorhandene Rollstuhlsteuerung 8 PARAPLEGIKER 4/13 wie Joystick oder Kinnsteuerung per Bluetooth mit Handy, PC, TV, Spielekonsole und Co. verbindet. Schnittstelle für die Datenübertragung ist der CANBus des Rollstuhls, wo alle Rollstuhldaten zusammenlaufen. „Mit dem Modul kann man alle Mausfunktionen – etwa auf dem Notebook oder dem Smartphone – ausführen und so beispielsweise E-Mails abrufen, sich durchs Internet klicken oder bei Notfällen Nachrichten verschicken. Unterstützt werden alle USB-fähigen Geräte“, sagt Prof. Dr. Andreas Wenzel, Gruppenleiter „Eingebettete Systeme“ am AST in Ilmenau. Smartphone-App berechnet Reichweite Das Modul ist zu vielen E-Rollstühlen der Firma Otto Bock kompatibel. Es hat die Form eines Kästchens und lässt sich mit einer Größe von 85 x 65 x 32 Millimetern unauffällig am Rollstuhl befestigen. Die Box umfasst sowohl Anzeige die Hardware in Form einer Leiterplatine als auch die Software und verfügt über zwei Bluetooth-Schnittstellen. „Das System ermöglicht nicht nur die Interaktion mit Elektronikgeräten. Vielmehr lässt es sich auch zum Transfer von Rollstuhldaten wie beispielsweise Batteriekapazität, Motorenströme oder Fehler im Antriebssystem an ein Smartphone nutzen“, erläutert Wenzel den Nutzen der zweiten Bluetoothschnittstelle. Eine eigens entwickelte Smartphone-App liest die Daten aus und verarbeitet sie weiter. „Besitzer von Elektro-Rollstühlen sind oft unsicher, ob und wie weit der Akku reicht, da der Energiebedarf des Fahrzeugs von Außentemperaturen und Höhenprofilen abhängt. Bei starken Steigungen wird mehr Strom verbraucht als auf ebenen Strecken. Aus Unsicherheit verzichten die Betroffenen daher häufig auf Ausflüge oder andere Unternehmungen“, erläutert Wenzel. Die Android-App führt eine präzise Reichweitenprognose durch. Nach Eingabe des aktuellen Aufenthaltsorts und einem Abgleich mit der Batteriekapazität berechnet sie, ob die vorhandene Energie noch ausreicht, um zum Heimatstandort zurückzugelangen. Die erforderlichen Daten ruft sie aus dem Internet ab. Per Handy wird der Rollstuhlfahrer informiert, wie weit er noch fahren kann. Geht die Kapazität zur Neige, erscheint eine Warnung am Display des Smartphones und weist darauf hin, dass nur noch zehn Kilometer zurückgelegt werden können. „Das schafft Sicherheit“, sagt Andreas Biederstädt, Entwicklungsleiter für eMobility & Drive Technology bei Otto Bock. „Das Handy lässt sich problemlos am Rollstuhl montieren, außerdem sind wir so in der Lage, teure Industriedisplays zu ersetzen.“ Navi und Haustechnik Ein weiterer Vorteil der App: Mithilfe der Navigationsfunktionen lassen sich barrierefreie Wege anzeigen oder auch behindertengerechte Toiletten. Wer über einen geländegängigen Rollstuhl verfügt, kann sich so auch abseits der Straßen bewegen und geeignete Routen anzeigen lassen. „Besitzer von E-Rollstühlen erhalten durch das Zusatzmodul mehr Autonomie, Sicherheit und Komfort“, resümiert Biederstädt. „Nicht nur Behinderte, auch Senioren mit eingeschränkter Mobilität profitieren von solchen Mobilitätskonzepten mit Bluetooth-Modul.“ Erste Tests konnten erfolgreich abgeschlossen werden, mit der neuartigen Kommunikationshilfe ausgestattete Rollstuhl-Prototypen wurden bereits präsentiert. Otto Bock plant derzeit, eine Nullserie aufzulegen. Das fertige Produkt soll ab dem dritten Quartal dieses Jahres angeboten werden. Auch die Forscher vom AST wollen ihre Entwicklung vorantreiben. „Im nächsten Schritt binden wir unser Bluetooth-Modul an die Hausautomation an. So kann ein behinderter Mensch vom Rollstuhl aus beispielsweise die Klimaanlage steuern, Jalousien öffnen und schließen oder das Licht ausschalten“, sagt Wenzel. Text: Heike Stüvel Foto: Anbieter ZENTRUM DER REHABILITATION PHYSIOTHERAPIE • ERGOTHERAPIE • LOGOPÄDIE LOKOMAT® • INTENSIVTHERAPIE • HIPPOTHERAPIE PERSONALTRAINING NUN AUCH IN DER NEUROLOGISCHEN REHABILITATION Das Zentrum der Rehabilitation R. Geerlofs begleitet Para- und Tetraplegiker in allen Phasen der Genesung individuell und kompetent. Ein persönliches Therapie- und funktionell motorisches Trainingsprogramm wird über mindestens 6 Stunden pro Tag 1:1 oder 1:2 (Verhältnis Klient zu Therapeut) aufgestellt. Das Ziel ist der größtmögliche motorische Gewinn für den Alltag mit aktiver Teilnahme am Leben. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrung haben dieses spezielle Konzept entstehen lassen. LOKOMAT ® FCOMPUTERGESTEUERTES LAU ER! KIND FÜR H AUC G, TRAININ R. GEERLOFS GMBH Zentrum der Rehabilitation Karolingerstraße 32 | 75177 Pforzheim KONTAKT: T +49 (0) 72 31 – 139 86 00 F +49 (0) 72 31 – 139 86 10 info@zentrum-der-rehabilitation.de www.zentrum-der-rehabilitation.de technik Rollstuhltest: PRO ACTIV Speedy 4all Rollstühle müssen viele teils widersprüchliche Ansprüche von vielen verschiedenen Nutzern erfüllen. Wir wollen uns mit ihnen bewegen, sie ins Auto verladen – und gut darin sitzen. Letzteres stand bei der Auswahl eines neuen Stuhls für mich an erster Stelle der Anforderungen. Der Speedy 4all von PRO ACTIV mit ergonomischer Rückenschale. besseres Sanitätshaus aufzusuchen. In meinem Fall beträgt die notwendige Sitzbreite 44 cm, zu viel Ehrgeiz führt hier nur zu Unbequemlichkeit und Schweißausbrüchen im Alltag. Überraschenderweise ist jedoch auch die Rahmenlänge zu einem großen Anteil mitentscheidend für das gute Sitzen. Klar, kurze Rahmen sind handlicher, der Rolli wirkt sportlicher und bleibt insgesamt leichter – aber welcher vernünftige Mensch wird das mit dauerhaften Rückenschmerzen bezahlen wollen? Schöne Schale D urch einige Jahrzehnte im Sitzen wird die Wirbelsäule nicht besser. Zwischenzeitlich schmerzt der Rücken, die Haltung ist die meiste Zeit nicht vorbildlich aufrecht. Klartext: Ich habe „Rücken“ wie 80 % aller älteren Arbeitnehmer und vermutlich fast 100 % aller seit langem querschnittgelähmten Menschen. Der Rollstuhlexperte meines Vertrauens vom Sanitätshaus in der Nähe (ja, so etwas gibt es!) empfahl mir deshalb zuerst einmal einen „festen Rücken“. Doch in welchem Rollstuhl? Es wurde der PRO ACTIV Speedy 4all Classicline. Die Konfiguration ist mindestens genauso wichtig wie die Auswahl des Modells selbst. Die Maßbögen sollten mit Sorgfalt und genauer Überlegung ausgefüllt werden, Husch-Husch-Standardangebote sollten Rollstuhlnutzer dazu anspornen, ein 10 PARAPLEGIKER 4/13 In meinem Fall führten Beinlänge und der Wunsch nach optimaler Sitzstabilität direkt zur Entscheidung für den längsten Rahmen (52 cm). Das bedeutet, dass bei einer Tiefe der Sitzbespannung von 40 cm zwischen Vorderkante des Sitzkissens und der Abwärtsbiegung des Rahmens Richtung Fußbrett mehr als eine Handbreit waagerechtes Alurohr liegen. Auf den ersten Blick ungewöhnlich, aber bereits bei der ersten Sitzanprobe absolut überzeugend. Die Knie sind im rechten Winkel, die Fußgelenke ebenso. Allerdings hat der sich daraus ergebende lange Vorderrahmen Vorund Nachteile: Man kann sich beim Umsetzen viel besser abstützen als sonst, unter Umständen ist aber bei schrägen Transfers der Weg deutlich weiter. Der wichtigste Impuls für möglichst aufrechte und dauerhaft schmerzgeminderte Haltung geht natürlich von der „ergonomischen Rücken- technik schale“ aus. Viele von uns weigern sich so etwas zu nutzen, das wirkt doch nur alt und behindert, oder? Fast schon wie eine Decke auf den Knien… Abgesehen davon, dass ich die jetzt auch schon mal über meine kalten Stelzen breite, wenn ich länger mit hochgelegten Füßen auf der kalten Terrasse sitze, rate ich auch in Punkto Sitzschale genden Schulterblätter. Eine äußerst gelungene Konstruktion. Leichter Lauf? Die Fahreigenschaften waren bei meinem 4all anfangs leider weniger gut. Die Schuldigen waren schnell entlarvt: Die 5 Zoll Alu-Lenkräder mit der Bezeichnung „leichter Lauf“ machten derselben keine Ehre. Die Laufflächen waren von Anfang an zu weich, machten Geräusche und waren im Regen nicht dicht. Ergebnis: Ein mieser Rollwiderstand. Die von PRO ACTIV zugeschickten Kickboardrollen sind natürlich nicht so komfortabel, aber viel dynamischer. Ein eigenständiger Austausch war nicht möglich, der Hersteller macht sehr vieles selbst, so ist der Durchmesser der schnell verschmutzenden Achsen nicht kompatibel mit Skaterrollen. Die Länge des Rollis (92 cm) ist dem Rahmen geschuldet. Die Gesamtbreite von 63 cm ist trotz Anzeige Erleben Sie Individualität, Flexibilität & Qualität mit Sicherheit auf höchstem Niveau! Endlich wieder gut sitzen. zur Flexibilität. Rollstuhlfahrer/innen sind einfach zu konservativ. Die heutigen Sitzschalen sind nicht mehr mit den einengenden orthopädischen Schildkrötenpanzern vergangener Jahre zu vergleichen. Nicht mal optisch: Beim Speedy 4all sieht die übrigens hervorragend gepolsterte Aluminium-Rückenschale fast aus wie die Rückseite eines Designersessels und macht in jedem Wohnzimmer eine gute Figur. Entscheidender: Die Stützung vor allem des unteren Wirbelsäulenbereichs führt zu einer fast umgehend spürbaren Entlastung. Die Rückmeldung dafür kann z.B. bei unterschiedlich hohen oder inkompletten Querschnittlähmungen differieren, aber die Tatsache bleibt. Hoch erfreulich auch die Kombination aus gesteigerter Sitzstabilität bei erstaunlich geringer Rückenschalenhöhe und der ausgesprochen großzügigen Bewegungsfreiheit durch die freilie- • Selbstfahrer-Ausrüstung • Absenkfahrzeuge • Verladesysteme • Ein- & Ausstiegshilfen „Mobilität ohne Grenzen!“ aus dem Allgäu Tel.: +49 (0) 83 95 / 91 00 89-0 www.mobi-tec.de technik der Sitzbreite gering genug, um die allermeisten Türrahmen passieren zu können. Schön robust gerieten die Kleiderschützer („Kotflügel“) aus Aluminium, die auf Kunststoffträgern sitzen. Leider verlor einer der Kotflügel nach etwa drei Monaten Nutzungsdauer eine filigrane Schraube, die den Abstand zum Antriebsrad sichern soll. Da würde man sich etwas robustere Details wünschen. Hält immer noch gut: Kniehebelbremse, neue Generation. Das gilt leider auch für die Stifte, die auf beiden Seiten des hochklappbaren Fußbrettes im Rahmen stecken, links als Auflage, rechts als Gelenk. Leider halten die Stifte nicht, fallen nach kurzer Zeit heraus. Das erklärt Mark Krisch von PRO ACTIV auf Anfrage mit zu hoher Fertigungstoleranz bei einem Zulieferer. Auch hier ließe sich eine haltbarere Lösung denken. Verladebereit: Gefalteter Rahmen, mit Minitrac-Adapter. Anzeige www.kadomo.de Jetzt kostenlos anrufen: 0800 523 666 33 KADOMO ® BEHINDERTENGERECHTE FAHRZEUGE NEU 150 kg jetzt bis als ft Tragkra sion HD-Ver Produktvideo: NEUE SE ADRES JETZT EN IN HILD KADOMO GmbH Kleinhülsen 41 40721 Hilden / Düsseldorf Tel. 02103 25 25 900 DER PERsonEnlift Einsteigen ohne Kraftaufwand KADOMO Berlin-Brandenburg Wolfener Str. 36 Haus X 12681 Berlin Tel. 030 99 273 770 Exzellente Mobilitätshilfen Einen äußerst stabilen Eindruck macht der filigran wirkende, aber vielfach verstrebte Starrrahmen. Das bedeutet auch ein relativ hohes RollstuhlGesamtgewicht von 17,3 kg. Fairerweise berücksichtigen muss man dabei aber sowohl die Maße, den festen Rücken als auch die erfreulich stabil geratenen abschwenkbaren Armlehnen. Zum Verladen macht sich der 4all ganz klein: Kotflügel mit Seilzug unterm Sitz entriegeln und abnehmen, Lehne vorklappen und einrasten, Antriebsräder entfernen und fertig ist ein flaches Paket (z.B. zum Verladen ins Auto), das auch nur noch 9,8 kg wiegt, und das mit montiertem Adapter für meinen Minitrac (el. Rollstuhlzuggerät). Fazit: Der Speedy 4all von PRO ACTIV ist kein Sportrolli, sondern ein bequemer Alltagsstuhl, der je nach Ausstattung vor allem auch Features für gutes Sitzen bietet, die man in dieser Form sonst kaum noch bekommt. Eine Wohltat für den Rücken. Ausstattung u.a. ergon. Rückenschale, Armlehnen, lg. Rahmen Gesamtlänge 92 cm Gesamtbreite 63 cm Gesamtgewicht 17,3 kg Rahmengewicht 9,8 kg Sitzbreite 44 cm Sitztiefe 40 cm Vord. Sitzhöhe 48 cm Text & Fotos: Peter Mand bericht Internationale AutomobilAusstellung (IAA): Beim Neukauf eines Autos ist es praktisch, wenn man gleich die rolligerechte Umrüstung mitbestellen kann. Das ist in Deutschland bei AUDI, BMW, Fiat, Ford, Mercedes und VW möglich. Zurückzuführen ist dies auf aktive Umrüster. Bei der in diesem Jahr vom 12. bis zum 22. September in Frankfurt/Main durchgeführten IAA waren am ersten Pressetag am 10. September nur bei Mercedes und VW umgerüstete Auto zu sehen. Rollstuhlgerechte Umbauten B ei Mercedes wurde mit der Betreuung des freundlichen Fußgängers Wolfgang Watzlawik ein E-Klasse T-Modell gezeigt, umgerüstet mit vielen Hilfseinrichtungen. Wenn die dafür Verantwortlichen von Mercedes den gleichen Aufwand mit einem der vielen und sehr schönen Zweitürer des Unternehmens betrieben hätten, wäre das für selbstfahrende Rollis deutlich attraktiver gewesen. Denn die haben bei dem vorgestellten großen und mit viel Laderaum ausgestatteten Viertürer beim Ein- und Aussteigen und dem Ver- und Entladen des Rollstuhls größte Mühe. Zudem dürfte es bei Viertürern schwierig sein, den Rollstuhl hinter dem Beifahrersitz zu verladen, da dessen Lehne nicht nach vorn geklappt werden kann. Wenn dieser Viertürer mit einer Rollstuhl-Ladehilfe an der hinteren Beifahrertür ausgestattet gewesen wäre, hätte man damit einige der Nachteile ausgeglichen. Abzuwarten bleibt, ob Mercedes bei zukünftigen Ausstellungen wirklich rolligerechte Autos vorstellt. Deutlich besser sah es bei dem vom Rolli Roman Pott betreuten Auto von VW aus. Diesmal war ein breittüriges Golf GTI Cabrio umgerüstet worden. Der Einstieg war leicht und das schnelle Verladen des Rollstuhls hinter den Beifahrersitz kein Problem. Dazu kam die kompetente Beratung von Roman Pott. Ein Rolli ist für einen solchen Einsatz logischerweise authentischer als ein noch so gut geschulter Fußgänger. Positiv ist, dass fast alle Autohersteller Rollstuhlnutzern einen Rabatt von 15 Prozent auf fast alle Modelle anbieten. Audi baut sogar die Handbedienung kostenlos ein. Text & Fotos: Hermann Sonderhüsken Das Mercedes E-Klasse T-Modell bietet viel Platz. Die VEIGEL-Elemente haben für den Golf GTI eine spezielle Oberflächenbehandlung. Roman Pott erklärt Oliver Antosch die Umrüstungen des Golf GTI Cabrio. Mehr Infos bei: www.volkswagen.de („Angebote und Aktionen“, „Sonderfahrzeuge“, auf „Fahrhilfen“ klicken.) www.mercedes.de („Neufahrzeuge“, „Kundenlösungen“, auf „Fahrhilfen“ klicken.) PARAPLEGIKER 4/13 13 bericht Begleitung auf dem Weg in die Selbstständigkeit: Existenzgründung als Alternative Für viele Menschen mit Behinderung ist die berufliche Selbstständigkeit die einzige Möglichkeit, (wieder) am Arbeitsleben teil zu haben. Das Projekt „Enterability“ unterstützt sie auf dem Weg zur Existenzgründung und dabei, nachhaltig am Markt zu bestehen. W er kann sich vorstellen, dass eine querschnittgelähmte Hochschulabsolventin am Arbeitsplatz ihre Frau steht? Die Personalchefs jedenfalls, bei denen sich Sarah B. bewarb, konnte sie trotz ihres Master-Abschlusses nicht überzeugen. Nach längerem Klinkenputzen erfuhr die 30 jährige im Job-Center von „Enterability“, einem Projekt zur Begleitung von Menschen mit Behinderung in die Selbstständigkeit. Es war 1994 in Berlin gestartet worden, 2011 wurden auch in SachsenAnhalt zwei Beratungsstellen eröffnet. Der Initiator dieses Projekts ist die iq consult gGmbH in Potsdam, Agentur für soziale Innovationen. „ Es stellte sich heraus, dass es auch viele Menschen mit Handikap gibt, die gern arbeiten möchten. Viele Arbeitgeber haben aber wegen der körperlichen Defizite Vorurteile “ 14 PARAPLEGIKER 4/13 Marcus Bittner. „iq consult hatte bereits mit dem Projekt ‚Enterprise‘ Erfahrungen im Coaching junger Leute, die eine Firma gründen möchten, gesammelt“, berichtet Diplomsozialpädagoge Marcus Bittner. „Es stellte sich heraus, dass es auch viele Menschen mit Handikap gibt, die gern arbeiten möchten. Viele Arbeitgeber haben aber wegen der körperlichen Defizite Vorurteile“, so der Gründungsberater für „Enterability“ Sachsen-Anhalt. In Berlin konnte damals das Integrationsamt für die Idee, gründungswilligen Menschen mit Behinderung Unterstützung und Begleitung anzubieten, gewonnen werden. In der Hauptstadt ist aus dem ursprünglich für drei Jahre begrenzten Projekt eine ständige Einrichtung mit gesicherter Finanzierung geworden. Im Bundesland Sachsen-Anhalt war das Sozialministerium bereit, zunächst für den Zeitraum von 2011 bis 2014 Mittel zur Verfügung zu stellen. „Hier stellte sich die Frage, wie man ‚Enterability‘ in einem Flächenland strukturieren kann“, so Marcus Bittner. Um Interessierten nicht allzu lange Wege zuzumuten, wurde in Magdeburg und in Halle jeweils eine Beratungsstelle eingerichtet. bericht Durchschnittlich vierzehn Teilnehmer pro Monat sind Beweis genug, dass es auch in Sachsen-Anhalt Bedarf für dieses Angebot gibt. Marcus Bittner: „Uns geht es nicht darum, dass Interessierte auf Biegen und Brechen eine Existenz gründen. Im Gegenteil: Wir hinterfragen ihre Idee kritisch und entwickeln dann – sofern die Perspektiven günstig sind – gemeinsam ein tragfähiges Geschäftsmodell.“ Die professionelle Begleitung ist zwar keine Garantie für eine erfolgreiche Existenzgründung, die Klienten lernen aber, die Chancen realistisch einzuschätzen, anstatt sich blindlings auf ein Abenteuer einzulassen:„70 Prozent der Interessierten brechen nach den ersten Gesprächen den Weg in die Selbstständigkeit wieder ab. Immerhin dreißig Prozent gelingt es aber, ein Unternehmen aufzubauen, das auf Dauer bestehen kann“, unterstreicht der Gründungsberater. Kein Stehvermögen? Diese Menschen erwirtschaften nicht nur Steuern und schaffen mitunter sogar neue Arbeitsplätze. Auch die eigene Lebensqualität verbessert sich und durch geschäftliche Kontakte kommen sie heraus aus dem gesellschaftlichen Abseits. Aber selbst wenn es nicht zu einer Existenzgründung kommt, bewegt sich etwas durch die Beratung: „Klienten, die nicht mit dem Unternehmer-Gen ausgestattet sind, entwickeln zumindest Selbstbewusstsein und werden aktiv. Es ist sogar schon vorgekommen, dass ein ‚Ehemaliger‘ nach wenigen Monaten doch noch eine unbefristete Stelle gefunden hat“, erinnert sich Marcus Bittner. Anzeige Kurz nach der Gründung des Projekts kamen viele Menschen mit Handikaps auf Empfehlung der Job-Centers in die Beratungsstellen. Inzwischen finden etliche über das Internet oder Informationsveranstaltungen zu „Enterability“. „Die Kooperationsbereitschaft mit den Arbeitsagenturen ist unterschiedlich. Natürlich gibt es auch in den Arbeitsagenturen Angebote für die Begleitung in die Selbstständigkeit“, weiß der Gründungsberater. Viele Vermittler würden aber Menschen mit Behinderung gar nicht das notwendige Stehvermögen zutrauen. Außerdem erfordere deren Begleitung spezifisches Know-how. „Den meisten Mitarbeitern der Arbeitsagenturen und auch den Beratern der Industrieund Handelskammern, zu denen wir einen guten Kontakt haben, fehlt aber mangels Erfahrung der Blick für die besonderen Bedürfnisse, die ein Leben mit Handikap mit sich bringt“, so Marcus Bittner. Viele Vermittler würden aber Menschen mit Behinderung gar nicht das notwendige Stehvermögen zutrauen. Zum Beispiel können das Einhalten notwendiger Ruhephasen, physiotherapeutische Behandlungen, krankheits- oder behinderungsbedingte Instabilität und viele andere Gründe die Arbeitsfähigkeit beeinflussen. „Diese Faktoren schrecken ja auch manchen Arbeitgeber von einer Einstellung ab. Als Selbstständiger hat ein Mensch mit Behinderung aber Gestaltungsspielraum“, sagt der Gründungsberater. In den Beratungsgesprä- bericht chen wird gemeinsam überlegt, ob und wie der Gründungswillige diese Defizite ausgleichen kann – etwa durch eine Assistenz oder durch die Einstellung geeigneter Mitarbeiter. Darüber hinaus wird eingeschätzt, ob Gewinne erwirtschaftet werden können. Schon in den ersten Gesprächen lotet Marcus Bittner mit seinen Klienten die Marktfähigkeit ihrer Idee, Möglichkeiten für den Markteintritt, den Bedarf sowie den Standort aus. „Die günstige Miete in den Räumen eines Angehörigen oder eines Freundes bietet keinerlei Vorteil, wenn das Umfeld nicht stimmt“, warnt Marcus Bittner. In diesem Zusammenhang erinnert er sich an eine Logopädin, die ihre Praxis in ihrem Heimatdorf aufgeben musste, weil es dort nicht genug Patienten gab. Selbstständigkeit zur Selbstbestätigung „ Auch Fragen zur Betriebswirtschaft, zur Kundenakquise, zur Finanzierung und viele weitere Themen rund um die Existenzgründung werden sowohl in Einzelberatungen als auch in Seminaren erörtert. Gerade die Seminare seien für die Klienten sehr hilfreich, weil sie sich mit Gleichbetroffenen austauschen können: „Hier muss niemand sein Handikap verstecken, sondern alle können Klartext reden“, so der Gründungsberater. Natürlich werden in den Gesprächen auch Möglichkeiten für die Nutzung von Förderprogrammen, zinslosen Darlehen, eines Gründungszuschusses nach SGB III oder eines Einstiegsgelds nach SGB II individuell abgeklärt. „Gerade in der Startphase ist das Geld knapp. Deshalb ist jede Möglichkeit zur Entlastung des Budgets willkommen“, unterstreicht Marcus Bittner. Hier muss niemand sein Handikap verstecken, sondern alle können Klartext reden “ Die Begleitung bis zur Existenzgründung dauert durchschnittlich sechs bis neun Monate. Weil in Sachsen-Anhalt jeder Klient nur ein Jahr lang gefördert wird, können hier „Jungunternehmer“ nur bis drei Monate nach der Betriebseröffnung die Gründungsberater kostenlos konsultieren. Anders in Berlin, wo 16 PARAPLEGIKER 4/13 „Enterability“ dank Regelfinanzierung durch das Integrationsamt längst etabliert ist. „Unternehmer müssen die Entwicklung ihres Betriebs selbstkritisch beobachten und auf Veränderungen reagieren“, unterstreicht der Gründungsberater. In vielen Fällen werde die Ursache für das Problem erst durch den Blick von außen erkannt. „Anstatt zu hoffen, es wird schon wieder, sollte man gegebenenfalls lieber rechtzeitig einen Berater hinzuziehen“, appelliert Marcus Bittner. Die Zeiten, in denen Existenzgründer – sofern sie auch nur halbwegs ein glückliches Händchen hatten – ein Leben in Wohlstand erwarten durften, sind indessen längst Geschichte. „Wir leben in einer übersättigten Gesellschaft. Deshalb muss jeder Existenzgründer versuchen, Marktlücken zu erkennen und zu bedienen. Weil aber die Konkurrenz nicht schläft, sind zumindest in der Startphase satte Gewinne eher die Ausnahme denn die Regel“, gibt der Gründungsberater zu bedenken. Nach seiner Erfahrung leben aber nur wenige Gründungswillige mit der Illusion, als Unternehmer „richtig Geld scheffeln zu können“. „Die meisten unserer Klienten sehen es ganz realistisch. Weil aber der erste Arbeitsmarkt sie ablehnt, möchten sie versuchen, als Selbstständige etwas zu leisten“, so Marcus Bittner. Text & Foto: Reinhard Wylegalla Info: iq consult enterability Berlin tel 0 30-611 34 29 eMail: enterability@iq-consult.com iq consult enterability Sachsen-Anhalt tel 03 91-50 54 99 70 eMail: info-magdeburg@iq-consult.com iq consult enterability Sachsen tel 03 45-21 38 99 50 eMail: info-halle@iq-consult.com bericht Ein Fußballfan: Kai Okurka. O kurka war nie der unter regelmäßigen Stadiongängern etwas verpönte „Erfolgsfan“. Als er in der Landesliga-Saison 1992/93 zur Fanschar des SV Babelsberg stieß, war von großem Fußballglamour nichts zu spüren. Für Okurka, der schon immer sehr am Fußballsport interessiert war, spielte das jedoch keine große Rolle. Für ihn ist das Treiben auf den Rängen mindestens genauso interessant wie das auf dem Fußballfeld. Dass im Stadion Menschen aus verschiedensten Schichten, Altersklassen und Gesundheitszuständen aufeinander treffen und als Fans des gleichen Vereins miteinander interagieren, macht für ihn einen großen Teil des Reizes des Stadionerlebnisses aus. Besonders wichtig: Der Zusammenhalt. „Da wird sich untereinander geholfen“, sagt Okurka . Das macht sich für ihn gerade bei den Auswärtsspielen bemerkbar. Von 57 Spielen bei anderen Vereinen in den letzten drei Drittliga-Saisons hat Okurka ungefähr 45 live im Stadion erlebt. Besonders gern erinnert er sich an die Fahrten nach Burghausen, wo die längste Burganlage der Welt besichtigt wurde oder nach Offenbach, wo er mit Blaulicht ins Stadion gefahren wurde. Die dabei zurückgelegte Strecke kann man mit einer sehr ausgedehnten Rundreise durch den europäischen Kontinent vergleichen. Dass ihm diese Auswärtsfahrten möglich waren, ist für Okurka keine Selbstverständlichkeit. Da beispielsweise die Reisebusse, die den Babels- Am Ball bleiben berger Fans zur Verfügung stehen, oft nicht rollstuhlgerecht sind, ist er auf die Hilfe anderer Fans angewiesen. Und bekommt sie auch. Besonders hervorheben möchte er hierbei Roman Böttcher, einen der Vorsänger der Fans in der Nordkurve . Dieser kümmerte sich bei vielen Touren um Okurka, half ihm in und aus dem Bus und begleitete ihn in fremde Stadien. Wie so oft im Leben eines Rollstuhlfahrers gilt allerdings auch im Fußballstadion: Es ist wichtig, Eigeninitiative zu zeigen. Zwar helfen ihm andere Fans gerne, dazu muss er jedoch auf sie zugehen. Viel Hilfsbereitschaft Okurkas unverdrossene Fußballleidenschaft zeigt, dass man sich von einer Lähmung, sei sie nun seit Geburt oder durch Querschnitt, nicht davon abhalten lassen muss, seinen Hobbies weiter nachzugehen. Zwar hat auch Okurka Schwierigkeiten überwinden und Rückschläge hinnehmen müssen, doch gerade mit der Hilfe anderer Menschen, die die eigene Leidenschaft teilen und dem unbedingten Willen, sich nicht aufhalten zu lassen, kann man viel erreichen. Dabei merkt man oft erst, wie viele im Zweifelsfall Hilfsbereitschaft zeigen, wenn man diese gezielt sucht. “Du, wir müssen unser Interview verschieben“ eröffnet mir Kai Okurka am Telefon. „Mir ist da leider etwas dazwischen gekommen – unser Verein hat uns ein Testspiel gegen Hansa Rostocks zweite Mannschaft reingedrückt“. Als eingefleischter Fußballfan kann sich Okurka diesen Kick, der bei brütender Hitze gerade einmal knapp 200 Menschen ins Stadion lockt, nicht entgehen lassen. So wurde kurzerhand umdisponiert und unser Treffen ins altehrwürdige Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion verlegt. Hierher pilgert der 47 jährige seit ziemlich genau 20 Jahren, um seinen Verein – den SV Babelsberg 03 – spielen zu sehen. Aus Vollmarstein, wo er im Rehabilitationszentrum lebte, verschlug es ihn ins Babelsberger Oberlinhaus. In dieser Ausbildungs-, Pflege-, Wohn- und Heileinrichtung wurde der seit seiner Geburt zerebral Gelähmte auf den Kiezverein aufmerksam. Okurka und die anderen Babelsberger Fans hatten in der dritten Liga die weitesten Strecken zurückzulegen. Die längste Reise, die er dafür in der letzten Saison hinter sich bringen musste, führte PARAPLEGIKER 4/13 17 bericht Mit anderen Fans des Babelsberg 03. ihn ins 770 Kilometer entfernte Saarbrücken. Und als wäre dies nicht schon weit genug entfernt, verlängerte eine Buspanne die Fahrtzeit auf der Hinreise auf ganze zehn Stunden. Ein wenig verrückt muss man also schon sein, um sich so etwas anzutun. Doch das tut Okurka sehr gerne. Denn gerade auf jenen langen Fahrten fühlt er sich besonders als Teil der Fangemeinschaft, die ihrem Verein in nah und fern begleitet. In den Stunden im Fanbus wird gefachsimpelt, gesungen, das ein oder andere Bier getrunken und gewitzelt. Die Stimmung ist herzlich, man kennt sich in der Regel seit Jahren und hat einiges zusammen erlebt. „Ich fühlte mich nie irgendwie als Außenseiter“ fasst Okurka zusammen. Auch die anderen Stadien sind meist die Reise wert. In den letzten Jahren hat sich in Sachen Behindertenfreundlichkeit einiges getan. So gibt es wie im Karl-Liebknecht-Stadion spezielle Plätze für Fans im Rollstuhl, ermäßigten Eintritt und – wie in Erfurt – teilweise Vereinsfunktionäre, die sich um Gäste mit Bewegungseinschränkungen Anzeige kümmern. An den Rollstuhlplätzen kommt es auch zu interessanten Begegnungen mit den heimischen Fans. An diese – ob im Rollstuhl oder nicht – hat Okurka ausschließlich positive Erinnerungen. Generell werden Rollstuhlfahrer bei den meisten Fußballvereinen freundlich aufgenommen. Reduzierte Eintrittspreise sind die Regel. Ein persönlicher Betreuer kann oft ohne zu bezahlen mit ins Stadion. In den obersten drei Ligen, aber auch bei vielen der unterklassigen Vereine, gibt es speziell an die Bedürfnisse von Fans mit Bewegungseinschränkungen angepasste Orte im Stadion. Diese sind beispielsweise mit dem Rollstuhl einfacher zu erreichen, bieten mehr Platz und weisen eine uneingeschränkte Sicht auf das Spielfeld auf. Infos für Fans mit Handikap Die Orientierung an Kunden mit speziellen Bedürfnissen haben sich vor allem die Vereine der ersten und zweiten Bundesliga auf die Fahnen geschrieben. Hier kümmern sich neben Fanbe- auftragten, die es in jedem Verein gibt, auch Behindertenfanbeauftragte um die Belange von Fans mit Bewegungseinschränkungen. Diese kann man in der Regel über die Vereinswebsites erreichen. Dort stellen die Behindertenfanbeauftragten auch relevante Informationen zum Spielbesuch zur Verfügung: Über die Anreisemöglichkeiten, Eintrittspreise, das Vorhandensein und die Lage von Behindertenparkplätzen, Behindertentoiletten und Fanclubs von Menschen mit Bewegungseinschränkungen. Für die Ausgestaltung der Plätze für Rollstuhlfahrer und der Stadien allgemein haben die Deutsche Fußballliga GmbH und die Bundesbehindertenfanarbeitsgemeinschaft (BBAG) Richtlinien erarbeitet, die viele der Profifußballvereine bereits beachten. Auf der Website der BBAG kann man sich anhand von Fotos verschiedener Stadien selbst davon überzeugen. Auch Okurkas Verein ist dort mit detaillierten Informationen zum Stadion und Stadionumfeld vertreten. 16 Rollstuhlfahrersitzplätze sind vorhanden, der Eintritt für eine Begleitperson ist frei, Behindertenparkplätze sind auf dem Stadiongelände vorhanden. Weniger zufrieden kann Okurka mit der vergangenen Saison sein. Sein Verein ist abgestiegen und trägt nun in der Regionalliga Nordost seine Spiele aus. Dass er dem SV Babelsberg auch bei Spielen gegen Vereine wie den VfB Auerbach, die TSG Neustrelitz oder Wacker Nordhausen treu bleibt, ist für Okurka eine Selbstverständlichkeit. „Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre, wenn wir nach der Hinrunde auf dem 1. Platz stehen. Dann fangen sie wieder an, von Aufstieg zu reden.“ sagt Okurka, der es wichtiger findet, dass die Schulden des Vereins weiter abgebaut werden und die Klasse gehalten werden kann. Egal, welche Überraschungen die Saison 2013/14 für die Babelsberger Fans bereit hält, eins ist sicher: Kai Okurka ist wieder dabei. Interessierte können sich auf den Websites der Bundesbehindertenfanarbeitsgemeinschaft und der Bundesliga Stiftung weiter informieren: www.bbag-online.de www.bundesliga-stiftung.de/stiftung/projekte/ behindertenhilfe Text & Fotos: Manuel Jaeger Wichtig für Bezieher des Paraplegiker, die ihren Beitrag oder Bezugspreis per Lastschrift bezahlen Für Mitglieder der FGQ: Gläubiger-Identifikationsnummer DE16ZZZ00000616407 Mandatsreferenz: Ihre Mitglieds-Nummer Für Abonnenten: Einzug über Humanis Verlag Gläubiger-Identifikationsnummer DE79ZZZ00000616825 Mandatsreferenz: Ihre Abo-Nummer Umstellung der Lastschrifteinzüge vom Einzugsermächtigungsverfahren auf das SEPA-Basislastschriftverfahren und weitere Nutzung Ihrer Einzugsermächtigung: Sehr geehrte Leserin, geehrter Leser des Paraplegiker, wir nutzen bei der mit Ihnen bestehenden Geschäftsbeziehung für Zahlungen die Lastschrift (Einzugsermächtigungsverfahren). Als Beitrag zur Schaffung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums (Single Euro Payments Area, SEPA, stellen wir ab dem 01.04.2014 auf das europaweit einheitliche SEPA-Basislastschriftverfahren um. Die von Ihnen bereits erteilte Einzugsermächtigung wird dabei als SEPA-Lastschriftmandat weitergenutzt. Dieses Lastschriftmandat wird durch • die oben genannte Mandatsreferenz und • unsere oben genannte Gläubiger-Identifikations nummer gekennzeichnet, die von uns bei allen Lastschrifteinzügen angegeben werden. Da diese Umstellung durch uns erfolgt, brauchen Sie nichts zu unternehmen. Lastschriften werden weiterhin von Ihrem Konto eingezogen. Sollten Ihre Bankdaten nicht mehr aktuell sein, bitten wir Sie um Nachricht. Ihre IBAN und den BIC finden Sie z. B. auch auf Ihrem Kontoauszug. Sofern Sie Fragen zu diesem Schreiben haben, kontaktieren Sie uns gerne. Mit freundlichen Grüßen Humanis Verlag für Gesundheit PARAPLEGIKER 4/13 19 bericht Erneuerung eines Kleinstadtbahnhofes: Bahn drückt sich vor Barriereabbau Gesetze und Bauordnungen werden zusehends auf die Belange von Menschen mit Behinderung abgestimmt, um ihnen die Wahrnehmung des im Grundgesetz verbrieften Rechts zur Teilhabe zu ermöglichen. Die Bahnhofserneuerung im sächsischen Markranstädt ist indessen nur ein Beispiel dafür, dass es genug Hintertürchen gibt, um sich der sozialen Verantwortung zu entziehen. A ls sich in Markranstädt vor drei Jahren der „Aktionskreis Modernes Markranstädt – Barrierefrei?“ gründete, war die Planung für die Erneuerung des Bahnhofs und seines Umfelds längst in Sack und Tüten. Kurze Zeit, nachdem sich Lutz Treppe vorm Bahnsteig – schweres Handikap Gatter und engagierte für Eltern und behinderte Menschen. Bürger aus der 15 000Einwohner-Stadt im Landkreis Leipzig zur Bürgerinitiative zu- Gleisen hindurch in den anderen Stadtteil gelangen kann. Dasammengeschlossen hatten, wurde die neue Anlage feierlich mit nicht genug, ließen die Bauherren neben der Treppe sogar eröffnet. „Im Großen und Ganzen ist die Anlage in puncto Bar- eine großzügige Rampe anlegen, die z.B. auch Rollstuhlfahrern rierefreiheit okay“, so der Initiator, der seit über 30 Jahren im die Nutzung der Unterführung ermöglicht. Rollstuhl sitzt. Barrierefreier Bahnsteig nicht eingeplant Auch der Bahnhof selbst wurde einer Verjüngungskur unterzogen: Die Unterführung, die früher vom Vorplatz aus nur bis zum Inselbahnsteig führte, wurde bis zur Ziegeleistraße verlängert, so dass man jetzt ganz bequem ohne Schranken unter den 20 PARAPLEGIKER 4/13 Die Freude über die anscheinend barrierefreie Unterführung vergeht aber, wenn man den Inselbahnsteig erreichen möchte: Dorthin führt von der Mitte aus eine etwa fünf Meter hohe Trep- bericht pe. „Ein behindertengerechter Zugang wurde im Gegensatz zu den üblichen Normen im öffentlichen Nahverkehr nicht eingeplant“, schimpft Lutz Gatter. „Ich hätte sogar Ideen. Aber bei der Bahn gibt es doch Ingenieure, die dafür gut bezahlt werden. In diesem Fall haben diese Herren ihr Geld nicht verdient“, kritisiert er. Der Aktionskreis wollte sich mit dem Status quo nicht abfinden und wandte sich im April des vorigen Jahres mit Unterstützung von Stadtrat Jens Schwertfeger (CDU) an den Sächsischen Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Sven Morlok (FDP): „Alle Bemühungen unserer Stadtverwaltung zur Nachrüstung eines Aufzuges am Bahnhof Markranstädt werden mit einem platten Verweis auf zu geringe Fahrgastzahlen abgelehnt und keine moderne Lösung erarbeitet. Angelehnt an den § 50 der Sächsischen Bauordnung sollte im Jahr 2012 der Standard Barrierefreiheit selbstverständlich sein. Wir sehen darin eine Nichtbeachtung des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG), insbesondere des § 8 – Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr“, heißt es in dem Brief. nisation des Schienenpersonennahverkehrs in Sachsen zuständig seien. Das Ministerium bestätigt, dass der Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt und eine barrierefreie Lösung gefordert habe. Diese Forderung sei jedoch nicht berücksichtigt worden, weil die Deutsche Bahn aufgrund der Ein- und Aussteigerzahlen von erheblich weniger als tausend Personen pro Tag nicht zur Herstellung der Barrierefreiheit verpflichtet sei. Die Grenzwerte seien in Abstimmung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und den Behindertenverbänden bzw. dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen festgelegt und durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden. Kosten- und Nutzenrechnung beim Barriereabbau Letztendlich sei auch vor dem Hintergrund, dass mehr Fahrgäste in den energieeffizienten Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) geleitet werden sollen, der Verzicht auf einen Aufzug unverständlich. Insbesondere Menschen mit Bewegungseinschränkungen müssten sich durch die Ausgrenzung vom ÖPNV und vom Fernverkehr in hohem Maße diskriminiert fühlen, heißt es in dem Schreiben weiter. Deshalb bitte der Aktionskreis den Minister, die Entscheidung der Deutschen Bahn noch einmal kritisch zu hinterfragen und sich in seiner Eigenschaft als Verkehrsminister intensiv für die barrierefreie Gestaltung des Bahnhofs einzusetzen. Rund zwei Monate vergingen, bis Lutz Gatter in seinem Briefkasten endlich eine Antwort aus Dresden vorfand. Darin beteuert Referatsleiter Mario Bause im Auftrag des Ministers zwar, dass die Herstellung der Barrierefreiheit im ÖPNV ein wichtiges Anliegen der Staatsregierung sei und der Freistaat Sachsen im Rahmen des ÖPNVLandesinvestitionsprogrammes gezielt Projekte der Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen, die diesbezüglich Verbesserungen bewirken, unterstütze. Die Zuständigkeit für das Markranstädter Bahnhofsprojekt reicht das Ministerium indessen an die kommunalen Zweckverbände weiter, die für die Planung, Ausgestaltung und Orga- Lutz Gatter gründete vor drei Jahren eine Bürgerinitiative, um in Markranstädt Barrieren abzubauen. Da klingen die tröstenden Worte, mit denen der Referatsleiter sein Schreiben beendet, geradezu wie blanker Hohn: Der ZVNL habe immerhin erreichen können, dass bei der Bahnsteigzuwegung die Nachrüstbarkeit mit einem Aufzug baulich berücksichtigt worden sei. „Dies wäre dann von Vorteil, wenn künftig ein hinreichend großer Bedarf nachgewiesen werden könnte. Es tut mir leid, Ihrem verständlichen Wunsch nicht weitergehend entsprechen zu können. Vielen Dank für Ihr beispielhaftes bürgerschaftliches Engagement.“ Aua, so viel Arroganz tut weh! Tritt Artikel 3 des Grundgesetzes neuerdings erst in Kraft, wenn die Gleichung von Kosten- und Nutzenrechnung aufgeht? Text & Fotos: Reinhard Wylegalla PARAPLEGIKER 4/13 21 bericht Barrieren vor Bad Wildunger Kirche: Rollis nicht willkommen? Der im thüringischen Themar wohnende Rollstuhlbasketball-Spieler André Ludwig war im August zur Hochzeit nach Bad Wildungen eingeladen. Bräutigam Eric Nusser ist Orthopädietechniker in der örtlichen Werner-WickerKlinik (WWK) und Stammspieler (als Fußgänger) beim RSC Bad Wildungen. Die Trauung war in der sehr schönen evangelischen Philipp-Nicolai-Kirche in Bad Wildungen-Altwildungen, die auf einen Hügel gebaut ist. V on unten kommend ist die Kirche über die ersten drei Eingänge durch mehr oder weniger lange Treppen für Rollstuhlfahrer oder Menschen, die auf einen Rollator angewiesen sind, nicht zu erreichen. Das scheint zunächst kein Problem zu sein, denn der vierte Zugang zum Kirchenvorplatz ist sehr schön barrierefrei. Die drei Stufen könnten gut durch eine Rampe ergänzt werden. Das Problem kommt, wenn man in die Kirche will. Hier versperren drei Stufen den Eingang in das Gotteshaus. Das ist insofern unverständlich, weil sich doch gerade die Kirchen – nach eigenen Aussagen und dem, was von Jesus in der Bibel zitiert wird – besonders um „Kranke und Schwache“ bemühen. Im Fall der Philipp-Nicolai-Kirche dürfte der Bau einer zum Gebäude passenden Rampe kein Problem sein, er wurde aber trotz umfangreicher Renovierungen vor einigen Jahren nicht angebracht. Dabei wäre eine solche Einrichtung auch im Sinne der Über- André Ludwig kommt nur mit Helfern in die Philipp-Nicolai-Kirche. einkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung dringend geboten. Diese „UN-BehindertenrechtKonvention“ wurde im Jahr 2001 beschlossen. Menschen mit Behinderungen wurden damit auf höchster Ebene in das Bewusstsein der Welt gerückt. Die Vereinten Nationen haben damals beschlossen, dass ein „umfassendes internationales Übereinkommen die Rechte von Menschen mit Behinderung und ihre gleichberechtigte Teilhabe fördern und schützen soll“. Im März 2009 ist diese Konvention auch in Deutschland in Kraft getreten. Damit soll Menschen mit Behinderungen die Teilnahme am privaten und öffentlichen Leben ohne irgendwelche Diskriminierungen ermöglicht werden. 22 PARAPLEGIKER 4 /13 bericht In der Praxis bedeutet dies, dass z.B. Produkte, Gebäude, Verkehrsmittel und öffentliche Einrichtungen wie Straßen und Plätze so gestaltet werden sollen, dass sie universell genutzt werden können. Wie das Beispiel der Philipp-Nicolai-Kirche zeigt, sind noch erhebliche Anstrengungen nötig, um die in der Konvention definierten Ziele zu realisieren. Erste Voraussetzung dafür ist, dass die Konvention in den Köpfen der Planer, Entwickler und Erfinder – um nur einige Bereiche zu nennen – wirklich präsent ist. Informieren können diese Funktionen sich beispielsweise durch entsprechende Weiterbildungs-Angebote. Nötig ist auch eine entsprechende behördliche Überwachung mit der Möglichkeit, bei Fehlentwicklungen die nötigen Verbesserungen zu erzwingen (weitere Infos bei: www.institut-fuer-menschenrechte.de, www.ud-germany.de). Der Verfasser dieses Berichtes hat über das Problem schon in den beiden in der Region Bad Wildungen erscheinenden Tageszeitungen berichtet und natürlich auch mit dem zuständigen Pfarrer Christoph Harpge gesprochen. Der hat zugesagt, mit Architekten Kontakt aufzunehmen und den Eingang zur Philipp-Nicolai-Kirche so gestalten zu lassen, dass auch gehbehinderte Menschen das schöne Gotteshaus besuchen können und dann sicher auch gerne besuchen werden. Konkretes war bisher nicht zu erfahren und diverse Versuche, den Pfarrer vor dem Redaktionsschluss am 25. Oktober telefonisch zu erreichen, hatten keinen Erfolg – die Anrufe wurden nicht angenommen und einen Anrufbeantworter gab es auch nicht. Text & Fotos: Hermann Sonderhüsken AZ_Simplycath_210x148_120703_Layout 1 05.07.12 12:46 Seite 3 Anzeige Unabhängig bleiben mit »SIMPLYCATH®« Einmal-Kathetern Sie können »SIMPLYCATH®« nicht nur diskret mitnehmen und anwenden, wann und wo immer Sie unterwegs sind, sondern sich auch bestmöglich vor Infektionen schützen. So erhalten Sie sich ein hohes Maß an Eigenständigkeit und Unabhängigkeit. Fordern Sie sich jetzt Ihre Gratismuster an: www.simplycath.de oder unter 0800 / 713 007-0 »SIMPLYCATH®« – Ein Qualitätsprodukt der UROMED Kurt Drews KG · www.uromed.de glosse I like Welche Bedeutung hat der Daumen im Alltag? Wie behindert ist man wenn er fehlt, wie gehandikapped, wenn man ihn nicht bewegen kann? Wie schwer wiegt der Verlust eines Beines oder eines Armes? Wie schlimm lebt es sich ohne Augenlicht? Man hört von Menschen, die keinen Geschmackssinn haben. Lieber beide Arme unversehrt als was schmecken? Kann das verglichen werden? Und was bedeutet der Verlust von Körperteilen, wenn man bereits Querschnitt ist? Wird es dann noch schlimmer? Spart man am Ende Gewicht und profitiert eher davon? I ch gebe zu, das Thema kann als geschmacklos befunden werden, aber muss ich an dieser Stelle des Heftes den Geschmack wahren? (Antwort d.Red.: Eindeutig nein.) Bei längerer Betrachtung des Themas könnten Erkenntnisse stehen, die durchaus Hand und Fuß haben. Denn was für den einen kein Beinbruch ist, kann für den Anderen die Vollkatastrophe bedeuten. Kommt es nicht auf die Rahmenbedingungen an, auf die Lebensumstände, ja sogar auf das kulturelle Umfeld? Traditionell ermittelt wird bei Verlust von Gliedmaßen jeweils der „Grad der Behinderung“ (GdB). Ein Begriff aus dem deutschen Schwerbehindertenrecht. Es handelt sich um eine Maßeinheit für den Grad der Beeinträchtigung durch eine Behinderung. Wie groß ist der GdB zum Beispiel beim Verlust eines Daumens? 24 PARAPLEGIKER 4/13 Meine Ergotherapeutin war jedenfalls ganz aus dem Häuschen, als ich kurz nach meinem Unfall den Daumen bewegen konnte. Genauer gesagt, konnte ich ihn bewusst zum Zucken bringen, was ich bei meiner prekären Gesamtsituation, mit einem Leben im Rollstuhl vor der Nase, nicht als bahnbrechenden Erfolg feiern konnte. Sie sollte Recht behalten. Bei der sehr überschaubaren Anzahl bewegungsfähiger Muskeln stellte sich der meines linken Daumens als besonders wichtig heraus. Obwohl er bis heute weit davon entfernt ist, als komplett funktionstauglich bewertet zu werden. Seine Bewegungen sind hektisch, ohne jegliche Kraft und teilweise so koordiniert wie ein alter, kaputter Atari Joystick. Dennoch wäre ohne ihn der abendliche Griff in die so genannte „Süßigkeitenkiste“ von weniger Erfolg gekrönt und damit das Leben trister. Bedeutet der Daumen für den Tetraplegiker jetzt mehr als für den normalen Fußgänger? Würde der GdB da noch mal neu berechnet? Wird addiert oder gar potenziert? Am Trikot ziehen Ich las von dem Arzt, der sich beim Holzfällen mit der Axt den Daumen abgesäbelt hatte, vermeintlich um nicht mehr jeden Tag im OP stehen zu müssen. Wiegt glosse der Rentenanspruch mehr als die funktionstaugliche Hand? Hat er sich verbessert? Bereut er es heute? Hätte der Fußballprofi ohne Daumen auch Anspruch auf Rente? Oder ist er nicht beeinträchtigt? Zumindest kann er den Gegenspieler nicht mehr so gut am Trikot ziehen. Was uns zu der Frage führt, ob es auch positive Aspekte haben kann, dauerhaft auf einen Finger verzichten zu müssen. Bleiben wir beim Fußballprofi: Hätte er keinen Zeigefinger, dann hätte er vielleicht keine gelb/rote Karte bekommen und würde im Europapokalfinale das entscheidende Tor schießen. Wie viele Kraftfahrer hätten ihren Führerschein behalten, wenn sie keinen Mittelfinger hätten? Wie viel Ehen wären nicht geschieden, wenn ihm der Geschmackssinn fehlen würde? Wie viele Paare schliefen noch im gleichen Schlafzimmer, wenn ihre Ohren etwas funktionsbeeinträchtigt wären? Aber das Thema ist zu ernst, um rumzualbern. Die Bedeutung des Daumens hat in den letzten 20 Jahren eine unglaubliche Entwicklung genommen. Vor 1990 hatte der Daumen bestenfalls die unentbehrliche Funktion, Tramper von Hamburg nach München oder von Wanne-Eickel nach Rothenburg an der Wümme zu bringen. Anzeige Aber spätestens mit der Entwicklung des PCs bekam er über Nacht ungeahnte Wichtigkeit. Das Schieben der Maus geht ohne Daumen echt schlecht. Ohne Maus keine E-Mail, kein Internet, keine Online Bestellung, kein eBay… Der PC hat die Behindertenhackordnung total auf den Kopf gestellt. Früher war der Fußgänger besser als der schlechte Fußgänger, der schlechte Fußgänger besser als der gute Rollstuhlfahrer, der wiederum besser als der schlechte Rollstuhlfahrer… Als Betroffener wusste man genau, wo in der Hierarchie man sich einreihte. Hackordnung auf den Kopf gestellt Im Computerzeitalter sieht das anders aus. Vorm PC sind alle Menschen gleich. Schade, dass Lenin das nicht mehr erlebt hat. Ob schwarz ob weiß, ob behindert oder nicht behindert – der PC hebt die Unterschiede auf – bis auf die Sache mit den Daumen halt. Aber die Bedeutung des Daumens steigt weiter. Sieht man heute pubertierende Kinder in Bussen, in Parks, in ihren Zimmern, ja selbst vor dem Fernseher, die Daumen sind immer in Bewegung. Sie wischen nur so über die Smartphones oder iPads. Sie chatten und wischen und spielen. Alles mit den Daumen. Kommunikation ging früher mit Sprache. Konnte man nicht sprechen war man arm dran. Die Zeiten sind vorbei. Heute wird gesimst was der Daumen hergibt. Ohne Daumen keine Freunde, keine Community, keine Chatrooms. Wenn das Ding neben dir auf dem Tisch nicht alle 30 Sekunden brummt, scheinst du echt ein komischer Typ zu sein. Frag mal einen Jugendlichen, ob er lieber auf ein Bein verzichtet, auf sein Sprechvermögen oder auf den Daumen. Aber frag ihn per SMS, dann antwortet er auch! Also zurück zur Eingangsfrage: Welche Bedeutung hat der Daumen im Alltag? Die Antwort ist schlicht: Text: Ralf Kirchhoff Illustration: Kasia kultur Karikaturen von Barbara Früchtel 26 PARAPLEGIKER 4/13 q – querschnitt spezial Das silberne Spar-Schwein: Die AOK, unsere Beiträge und das Wirtschaftlichkeitsgebot Im Frühjahr 2011 kaufte FGQ-Mitglied Werner S. wie schon viele Jahre zuvor ein Paar im Spezialkatalog so bezeichnete Tetraplegikerhandschützer und reichte die Rechnung über rund 40 € dafür bei seiner Krankenkasse, der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, zur Erstattung ein. Das, was zuvor jahrelang funktionierte, klappte auf einmal nicht mehr. Die AOK behauptete, es handele sich dabei nicht um Hilfsmittel für Tetraplegiker, sondern um „Gegenstände des täglichen Bedarfs“ wie z. B. Messer, Löffel, Gabeln, Schuhe, Hosen usw., also um Produkte, die jeder benötigt, egal ob behindert oder nicht. Schließlich gebe es ja auch Spezialhandschuhe für Radfahrer oder Gewichtheber und die müsste auch jeder selbst bezahlen. Werner S. ist hochgelähmter Tetraplegiker und kann nicht wie manche Paraplegiker solche Radfahrerhandschuhe benutzen, weil er diese als Tetraplegiker überhaupt nicht anziehen kann. Die speziell entwickelten Tetraplegikerhandschuhe sorgen für mehr Grip an den Greifreifen und schützen die oft empfindungslosen Innenflächen der Hände. Grund genug sich so etwas anzuschaffen, auch wenn die Spezialhandschuhe nach sechs Monaten total abgenutzt sind und ersetzt werden müssen. Nicht so nach Auffassung der AOK. Sie beharrt weiter auf ihrer Meinung und bleibt uneinsichtig. Folgerichtig wurde nach erfolglosem Widerspruchsverfahren im Herbst 2011 eine Klage beim Sozialgericht eingereicht, aber nach einem hilfreichen Hinweis vom Gericht wieder zurückgezogen. Werner S. hatte im Vertrauen auf die bisherige Handhabung die Handschuhe gekauft und darauf verzichtet, die Kostenübernahme vorher zu beantragen. Also wurde eine neue Verordnung über zwei Paar Tetraplegikerhandschützer als Jahresbedarf bei der AOK zur Genehmigung eingereicht. Wie schon zu erwarten war gab es dort eine erneute Ablehnung für die angeblichen Gegenstände des täglichen Bedarfs. Nach einem erneuten negativen Widerspruchsverfahren wurde wieder Klage beim Sozialgericht eingereicht und nun auch positiv ent- schieden. Tetraplegikerhandschuhe sind Hilfsmittel der GKV und müssen nach Verschleiß, also nach einem halben Jahr, jeweils erneut bezahlt werden (SG Speyer AZ S 13 KR 355/12). Fazit: Ca. 150 Blatt bedrucktes Papier wechselten die Seiten, unzählige E-Mails wurden verschickt, unzählige Kopien wurden erstellt. Wie viele Stunden bei der AOK für Internetrecherchen aufgewendet wurden, um Nachweise für ihre irrige Auffassung zu erbringen, bleibt deren Geheimnis. Bei der Vielzahl der eingereichten Kopien waren es ganz sicher nicht wenige. Ganz zu schweigen von den vielen Stunden Zeitaufwand für den gesamten Vorgang, den das ohnehin überlastete Personal der AOK dafür aufwenden musste. Da fragt man sich angesichts von jährlichen Kosten von 80 € für diese Hilfsmittel, ob der Paragraph 12 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot) und § 4.4 SGB V für die AOK nicht gelten. Darin heißt es ausdrücklich: „Die Krankenkassen haben bei der Durchführung ihrer Aufgaben und in ihren Verwaltungsangelegenheiten sparsam und wirtschaftlich zu verfahren“. Auch die AOK unterliegt der Aufsicht des Bundesrechungshofes, der sich aber leider mit solchen teuren Kleinigkeiten nicht befasst, schade. Kriterium für die „Ehrung“ ist die Kreativität der Begründung für eine Ablehnung. Je unsinniger, desto besser sind die Chancen. Ob man darüber eher schmunzelt oder sich mehr über die Ignoranz ärgert, bleibt jedem selbst überlassen. Vorschläge sind willkommen. Herbert Müller Rechtsbeistand im Sozialrecht der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. Freiherr-vom-Stein-Str. 47 56566 Neuwied-Engers tel 0 26 22-88 96-32; Fax: -36 eMail: h.mueller@engers.de Text: Herbert Müller PARAPLEGIKER 4/13 27 q – querschnitt spezial Ein Projekt von DSQ und FGQ: PARAkom – interaktives Kommunikationssystem „Mehr Wissen. Mehr Zeit. Mehr Lebensqualität.“ Unter diesem Motto steht ein neues, gemeinsames Projekt der Deutschen Stiftung Querschnittlähmung (DSQ) und der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten (FGQ). Ziel ist es dabei, querschnittgelähmten Personen und deren Angehörige und Freunde im Rahmen von interaktiven Dialogen per Webkonferenz umfangreiches Wissen und Informationen zu verschiedenen Themenbereichen rund um die Querschnittlähmung zur Verfügung zu stellen. B 28 PARAPLEGIKER 4/13 ei der Gestaltung des Projektes wurde davon ausgegangen, dass zum Thema Querschnittlähmung zwar eine Vielzahl von Informationen vorhanden ist, ein auf die persönliche Situation ausgerichteter Informations- und Handlungsbedarf aber eher schwierig zu ermitteln ist. Vor allem nach der Entlassung aus der Klinik oder nach Abschluss der Rehabehandlung fehlen auf einmal vor Ort die richtigen Ansprechpartner. Und die Klinik oder der Sozialarbeiter sind weit weg und sind dann meist schon wieder mit den neuen Patienten beschäftigt. Die im Internet abrufbaren Hinweise bedeuten für den Betroffenen meist einen mühseligen Weg durch das fast undurchdringliche Informations- und Beratungsdickicht. Artikel lesen, die Fragen hierzu bleiben aber meist unbeantwortet. Natürlich gibt es bei einigen Organisationen, wie zum Beispiel der Fördergemeinschaft, eine zeitlich oder inhaltlich begrenzte Möglichkeit der Kontaktaufnahme oder der Information. Die Ansprechpartner in den AGs seien hier beispielhaft positiv genannt. Die Anfrage kann sich aber derzeit nur auf den Einzelfall ausrichten, eine allgemeine Beratung mit all den notwendigen Detailinformationen und Grundsatzwissen ist zeitlich nicht möglich. Eine Alternative hierzu sind natürlich die Fachartikel im PARAplegiker, die viele Themen ausführlich behandeln. Aber hier fehlt nun wiederum die Möglichkeit der Fragestellung an den Experten. Man kann den Die Projektpartner sind überzeugt, dass mehr Wissen auch mehr Lebensqualität bringen kann. Hier ist nun als Ergänzung das Projekt mit dem Arbeitstitel PARAkom zu verstehen. PARAkom soll dazu dienen, in erster Linie folgende Leistungen anzubieten: • Aktuelle Informationen und Dialoge für Querschnittgelähmte und deren Famili enangehörige/Freunde zu verschiedenen Themen rund um Querschnittlähmung • Hilfe und Ratgeber für frische Fälle • Vorstellung neuer Therapiemöglichkeiten • Stand der Forschung • Erfahrungsaustausch unter querschnittge lähmten Menschen Bei einer Webkonferenz – die im Übrigen mit einer Videokonferenz vergleichbar ist – nutzt eine vorher definierte Gruppe von Personen innerhalb eines geschlossenen Kreises das Internet zur Übertragung von Sprache, Bild und Informationen. Ein fachlicher Dialog findet dabei zum Beispiel zwischen einem Referenten und den Teilnehmern statt, aber auch die Teilnehmer untereinander können zeitgleich miteinander diskutieren und Erfahrungen austauschen. Mit einigen wenigen Mausklicks q – querschnitt spezial sind die Teilnehmer in einem virtuellen Konferenzraum versammelt und können so in einen interaktiven fachlichen Dialog treten. Ein persönliches Treffen oder der zeitlich aufwändige Besuch eines Fachvortrages ist damit nicht mehr notwendig. Externe Spezialisten kommen so bequem in das virtuelle Konferenzzimmer nach Hause. Die Zeitersparnis für den einzelnen ist so sicherlich ein wesentlicher Vorteil. Auch hier gilt, mehr Zeit bzw. Zeitersparnis bedeutet auch mehr Lebensqualität. Was unterscheidet nun die Webkonferenz von den im Internet erhältlichen Angeboten. Ganz einfach, im Internet muss der Nutzer meist mit viel Zeitaufwand die entsprechen- den Informationen suchen, bei Fragen bleibt nur der Weg über E-Mail oder Chat, falls dies angeboten wird. Die Antwort, wenn sie denn überhaupt kommt, lässt möglicherweise wieder viele Fragen offen. Anders bei der Webkonferenz im Projekt PARAkom. Hier gibt es innerhalb eines Fachvortrages zu einem bestimmten Thema die Möglichkeit der Diskussion mit einem Spezialisten, die individuelle Fragestellung ist dabei ebenso anwendbar wie der Erfahrungsaustausch zwischen den Konferenzteilnehmern. Ein Beispiel: Ein für April 2014 geplanter Vortrag lautet: Therapien bei Blasenfunktionsstörungen. Hierbei wird eine Fachärztin das me- Anzeige Grenzenlose Mobilität ElektroRollstühle Medizinische Geräte 0800 - 72 72 826 Mit revolutionären Mobilitätslösungen bewegen wir die Welt. Entdecken Sie Hightech von internationalem Rang, lassen Sie sich faszinieren von zukunftsweisenden Technologien! Wir haben den innovativsten Rollstuhl der Welt entwickelt. Entwickeln Fahr- und Lenksysteme von morgen. Sind Marktführer bei Behindertenfahrzeugen – und gesuchter Partner von Weltunternehmen. Als Deutschlands höchstprämierter Mittelständler sind wir herzlich und bodenständig geblieben. Für Menschen mit Behinderung schaffen wir eines der höchsten Güter überhaupt: mobile Freiheit. Auto-mobil mit Behinderung bundesweit kostenfrei Spezial Sitzkollektion High-TechIndustrielösungen www.paravan.de q – querschnitt spezial dizinische Thema an Hand von Folien, Bildern und aktuellen Informationen behandeln und über erfolgreiche Therapieansätze sprechen. Nach oder auch während des Vortrages haben die Teilnehmer nun Gelegenheit, mündlich oder bei Bedarf auch zeitgleich schriftlich, ihre Fragen zu stellen und so mit dem Nutzerkreis und dem Referenten zu einem interaktiven Dialog zu kommen. Damit der Vortrag und die Webkonferenz für die Teilnehmer überschaubar bleiben, ist die Teilnehmerzahl pro Vortrag auf maximal 25 Personen begrenzt. Die Vortrags- und Diskussionsdauer wird insgesamt 90 Minuten nicht überschreiten. Durch die Möglichkeit der interaktiven Fragestellung kann der Referent sehr gezielt auf die vorgegebene Thematik eingehen. Die Vertraulichkeit bleibt gewährleistet, da von dritter Seite niemand an der Konferenz teilnehmen kann. Konkret ist nun geplant, im Pilotversuch folgende Webkonferenzen anzubieten: DSQ und Fördergemeinschaft sind sehr daran interessiert, welche Themen von Seiten der Webkonferenzteilnehmer zukünftig gewünscht werden. Entsprechende Vorschläge werden natürlich auch im PARAplegiker veröffentlicht. Die Projektpartner DSQ und FGQ hoffen auf eine möglichst hohe Resonanz und natürlich auch auf konstruktive Kritik. Der PA- Themenbereich Thema Referent 15.01.2014 18-19 Uhr Recht / Schadenersatzrecht Der ärztliche Behandlungsfehler Oliver Negele, Rechtsanwalt AG Recht 19.02.2014 18-19 Uhr Medizin Dekubitus Entstehung, Vorbeugung, Behandlung Dr. med. Maximilian Keil Klinik Hohe Warte, Bayreuth 13.03.2014 18-19 Uhr Recht / Sozialrecht Hilfsmittelversorgung in der PKV / GKV Herbert Müller FGQ-Rechtsbeistand im Sozialrecht April 2014 Medizin / Neuro-Urologie Therapien bei Blasenfunktionsstörungen Dr. med. Ines Kurze Zentralklinik Bad Berka Weitere Informationen zu den Vorträgen sowie die nächsten geplanten Webkonferenzen sind unter www.dsq de zu finden. Die Teilnahme an den Konferenzen ist kostenlos; um die Vertraulichkeit zu gewähren, 30 ist eine vorherige Anmeldung notwendig. Nach der Anmeldung erhalten die Teilnehmer ein Kennwort und die Einwahldaten, um an der Konferenz teilnehmen zu können. Die Teilnahme pro Webkonferenz ist auf 25 Teilnehmer begrenzt, die Auswahl erfolgt in der Reihenfolge des Eingangs der Anmeldungen. Während der Pilotphase ( Januar bis März 2014 ) steht den Teilnehmern ein Ansprechpartner für technische Fragen und für Testschaltungen nach Absprache zur Verfügung. Die allgemeinen technischen Voraussetzungen sind ebenfalls auf der Webseite der www. dsq.de veröffentlicht. PARAPLEGIKER 4/13 RAplegiker wird in seiner nächsten Ausgabe von den ersten Erfahrungen berichten. Text & Illustration: Winfried Kolibius Kurse 2014 für Querschnittgelähmte und Partner/in Auch 2014 gibt es wieder vielseitige und interessante Kurse in der Manfred-Sauer-Stiftung in Lobbach. Die Kurse der 1. Jahreshälfte sind hier aufgelistet. Details zu den Kursen entnehmen Sie bitte unserer Webseite oder rufen Sie uns an. SchnupperWochen Schnupperwochen 31.3.–4.4.2014 5.–9.5.2014 oder 2.–6.6.2014 Ernährung und Verdauung Aktivwoche oder das neue Jahr mit guten Vorsätzen beginnen (Ernährung, Fitness, Mobilität) 2.– 6.1.2014 oder 3.–7.3.2014 Ernährungsworkshop – Fitness für den Darm 7.– 9.2.2014 Kreativität Kreativwoche 14.– 18.4.2014 Glasperlen-Workshop 17.– 19.1.2014 Holz & Steinworkshop 16.– 18.5.2014 Acrylmalen 21.– 23.2.2014 Sport im Rollstuhl Handbikewochen Rollstuhlsport-Schnupperwochenende 21.– 23.3.2014 Handbikewochen 5.– 12.7.2014 oder 12.–19.7.2014 Yoga / Entspannung Fit im Rollstuhl Mobilitäts- und Rollstuhltraining Mobilitäts- und Rollstuhltraining Stufe 1 – Wochenendkurs 10.– 12.1.2014 Stufe 1 – Wochenkurs 7.– 11.4.2014 Stufe 2 – Wochenendkurs 31.1.– 2.2.2014 Stufe 2 – Wochenkurs 23.– 27.6.2014 Transfertechniken 14.– 16.3.2014 Schulter-Workshop 31.1.– 2.2.2014 oder 21.– 23.2.2014 Yoga – Kundalini Stufe 1 14.– 16.2.2014, Stufe 2 28.– 30.3.2014 Stufe 2 / 3 19.6.– 22.6.2014 Innere Stärke leben 7.–9.3.2014 Wellness- und Spawochenende 17.–19.1.2014 ©PhotoSG / Fotolia.com q – querschnitt spezial BG Unfallklinik Duisburg: Neue Station für Rückenmarkverletzungen eröffnet Am 7. September 2013 wurde die zweite Station für Rückenmarkverletzte an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Duisburg offiziell eröffnet. D abei waren PatientInnen-Vertreter, MitarbeiterInnen der Klinik sowie Vertreter der gesetzlichen Unfallversicherung und der Politik. Nach der Durchschneidung des Eröffnungsbandes zu den neuen Räumlichkeiten bekamen die Besucher einen Einblick in die besondere Arbeit zur Behandlung und Gesunderhaltung von Rückenmarkverletzten. Als eines von nur wenigen Zentren in NRW ist die Sektion für Rückenmarkverletzte der BG Unfallklinik Duisburg seit vielen Jahren auf die ganzheitliche Behandlung Querschnittgelähmter spezialisiert: Sie umfasst alle medizinischen und operativen Therapien, umfassende physio- und ergotherapeutische Maßnahmen, eine spezielle individuell eingerichtete aktivierende Pflege sowie soziale und psychologische Betreuung. Dr. med. Stefan Hobrecker und sein Team übernehmen damit nicht nur die Behandlung von akuten Fällen und Komplikationen, sondern auch Reha-Maßnahmen und die lebenslange Nachsorge. Anzeige „Mit meinen Freunden durch das Jahr“ Jahreskalender von Kindern mit Behinderung Jetzt kostenlos reservieren: Tel.: 06294 4281-70 E-Mail: kalender@bsk-ev.org www.bsk-ev.org Die neue Station wird eröffnet. Die Patienten profitieren von der verbesserten Ausstattung. 32 PARAPLEGIKER 4/13 Mit der Eröffnung der neuen Räumlichkeiten schließt die BG Unfallklinik Duisburg ein ganzes Bündel an Maßnahmen ab, die in Abstimmung mit den Patientinnen und Patienten ergriffen wurden, um die Versorgung sowohl frisch Verletzter als auch der Komplikationserkrankten deutlich zu verbessern. Hierzu gehört u.a. neben dem weiteren konsequenten Barriereabbau und besserer Bewegungsfreiheit die Schaffung zusätzlicher Privatsphäre für die PatientInnen und deren Angehörigen. Auch im Bereich der physiotherapeutischen Einrichtungen und in der neuen Zentralambulanz ist es noch besser als bisher bereits möglich, eine umfassende und patientengerechte Versorgung anzubieten. DIE FREIHEIT, DIE WIR MEINEN. DAS LEBEN GEHÖRT ALLEN. FIATAUTONOMY.DE rgen mit fährt jeden Mo teten üs seinem umger r zu to un P at Fi Rennstrecke. Lenkhilfen, Handbedienungen, Hebelverlegungen, Pedale und Umsetzhilfen – Fiat Autonomy bietet innovative Fahrhilfen an, die Ihr Leben leichter und unabhängiger machen. Das Fiat Autonomy Programm hilft Ihnen, mit speziell auf ihre Ansprüche zugeschnittenen Individuallösungen für den Fiat Punto und viele weitere Fiat Modelle, in ein mobileres Leben zu starten. Lebenswege sind individuell – wie die Menschen, die sie leben. Träume sind so verschieden wie diejenigen, die sie träumen. Fiat Autonomy möchte Ihnen jede Unterstützung dabei anbieten, Ihr Leben zu gestalten und Ihren Träumen zu folgen. Mit innovativen Lösungen zur Fahrzeugumrüstung, Beratung und Service. Was immer Sie vorhaben, wovon immer Sie träumen: fiatautonomy.de Kraftstoffverbrauch (l/100 km) nach RL 80/1268/EWG: kombiniert 6,3 - 3,5. CO2-Emission (g/km): kombiniert 149 - 90 bericht Keine Inklusion in Arztpraxen und Krankenhäusern: Benachteiligte Patienten Während Inklusion vielerorts im Arbeitsleben, Schulen und auf Reisen bereits stattfindet, sind in der ambulanten und stationären Versorgung kaum Fortschritte zu bemerken. D Während man in der Bildungspolitik viele engagierte Kämpfer für Menschen mit Behinderung finden kann, kann man sie im Gesundheitswesen leider nicht ausmachen. er Begriff Barrierefreiheit hat in den letzten Jahren Karriere gemacht. Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben, an dem Alltagsgeschehen teilzunehmen. Dabei sollte es keine Rolle spielen, ob ein Mensch beeinträchtigt, behindert oder gesund ist. Aber diese Selbstverständlichkeit gilt in unserem Lande nicht für alle: Seit vor vier Jahren die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft getreten ist, hat sich in der Bildungspolitik einiges getan. So wird jetzt in vielen Bundesländern Kindern mit Behinderung die Möglichkeit gegeben, am regulären Schulunterricht teilzunehmen. Türrahmen zu stoßen? Wie ist der Zustand des Fußbodens, gibt es Stolperfallen? Diese positive Botschaft kann die Bundesregierung für das Gesundheitswesen nicht bekannt geben – im Gegenteil. Während man in der Bildungspolitik viele engagierte Kämpfer für Menschen mit Behinderung finden kann, kann man sie im Gesundheitswesen leider nicht ausmachen. Zwar gibt es inzwischen etwas mehr barrierefreie Praxen, dennoch „ist festzustellen, dass es zur Umsetzung von Artikel 25 der Behindertenkonvention noch zahlreicher Maßnahmen bedarf“, heißt es im Fazit des Teilhabeberichtes der Bundesregierung zur Lage der Menschen mit Behinderung. Für Menschen mit Behinderung ist der Zugang zum Gesundheitswesen weiterhin mit hohen Hürden verbunden – obwohl sie oft einen höheren Versorgungsbedarf haben als Nichtbehinderte. Zwar haben immer mehr Praxen ebenerdige und rollstuhlgerechte Zugänge, doch dies ist oft das einzige Kriterium von Barrierefreiheit, das erfüllt wird. Im Gesundheitswesen vernachlässigt In der Mobilität eingeschränkte Menschen gehören auch in den Arztpraxen zum Alltag. Doch: Sind die Praxisräumlichkeiten auf die speziellen Bedürfnisse dieser Zielgruppen zugeschnitten? Ist auch jeder Mitarbeiter im Praxisteam für die spezifischen Anforderungen an eine adäquate Patientenkommunikation geschult? Dabei geht es auch um vermeintliche Banalitäten: Sind Hausnummer, Praxisschild und Klingel gut sichtbar? Kann ein Rollstuhlfahrer passieren, ohne am 34 PARAPLEGIKER 4/13 Auch die Gegebenheiten vor der Praxis können entscheiden, ob die behinderten Patienten potenziell vom Besuch beim Arzt abgehalten werden. Gibt es am Gebäude Behindertenparkplätze? Ist der Weg vom Parkplatz zur Praxis ausgeschildert? Gibt es lose Pflastersteine oder Sandflächen, die schwer zu überwinden sind? Gibt es Furchen oder Senken, in denen sich bei Regen Pfützen bilden? Wie lassen sich solche Barrieren beseitigen? Das sind nur einige Fragen. Keine WCs, keine Untersuchungsstühle „Das zur Verfügungstellen von barrierefreien WCs oder Untersuchungsmöbeln ist dagegen bereits eine Ausnahme“, heißt es in dem Bericht. Außerdem sei das Kriterium, dass spezielle Informationen ausgelegt werden sollten oder eine Praxis-Webseite in einfacher Sprache vorhanden sein soll, „so gut wie gar nicht erfüllt.“ Besonders in Praxen von Allgemeinmedizinern und Gynäkologen fehlt es an geeigneten Untersuchungsmöbeln, wie gynäkologische Stühlen oder höhenverstellbaren Liegen. Der Bericht der Bundesregierung listet auf rund 500 Seiten die Lebensverhältnisse von Menschen mit Behinderung auf. Er bezieht sich auf eine Aus- Anzeige DES wertung der Stiftung Gesundheit, hat bei über 44 000 erfassten allgemeinmedizinischen Praxen rund zwei Prozent mit geeigneten Untersuchungsmöbeln oder Behinderten-WCs identifiziert. Bei 9500 erfassten gynäkologischen Praxen waren es vier Prozent, die geeignete Möbel hatten. Auch sind rollstuhlgerechte Praxisräume in etwa 15 bis 28 Prozent der Facharztpraxen und in 22 Prozent der Hausarztpraxen vorhanden. „So haben Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung Schwierigkeiten, medizinische Angebote in Anspruch zu nehmen, die damit verbunden sind, sich in einen Untersuchungsstuhl zu setzen“, hieß es im Kommentar des wissenschaftlichen Beirates zum Bericht der Bundesregierung. ROLLSTÜHLE – SO EINZIGARTIG WIE SIE. Gestalten Sie Ihren Rollstuhl nach Ihren eigenen Wünschen. 1 Auch die Versorgung in den Kliniken sehen die Autoren des Berichts kritisch. Es werde für „Menschen, die aufgrund ihrer Beeinträchtigung auf Assistenz angewiesen sind, unter Umständen lebensgefährlich, wenn sie ihre Assistenten nicht mitnehmen können.“ Dies geschehe oft dann, wenn das Krankenhaus eine Begleitung durch Assistenzkraft ablehnt, oder die Finanzierung dieser Person nicht gesichert ist. 2 Als Teilerfolg werten die Wissenschaftler, dass mehr Menschen mit Behinderung an ärztlichen und zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen. Trotzdem wurde bei den Special Olympics im Jahr 2010 bei allen Teilnehmern ein „eklatant schlechter Gesundheitszustand festgestellt. Das bezieht sich vor allem auf Zahngesundheit und die Erkennung und Versorgung von Seh- und Hörbeeinträchtigungen. Barrieren beseitigen 3 Die Facharzt-Praxis des Internisten Dr. Carsten Petersen aus Schleswig zeigt, dass schon kleine Schritte in Richtung Barrierefreiheit große Wirkung bei den Betroffenen haben können. Petersen, der in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis praktiziert, macht auf ein kleines aber präventives Detail aufmerksam: Die Behandlungsliegen seien bewusst per Hebel höhenverstellbar, damit keine Kabel als Stolperfallen herumlägen. Schon etwas ambitionierter präsentiert er den Eingangsbereich der Praxis. Hier gibt es kostenlose Parkplätze am Haus, eine Busstation in der Nähe, eine Rampe, elektrische Türöffner auf Hüfthöhe sowie einen Fahrstuhl mit Blindenschrift auf den Tasten. Auch im Sanitärbereich ist Petersens Praxis auf Patienten im Rollstuhl eingerichtet. So seien die Türen zur Toilette breit genug. Im WC-Bereich sei das Waschbecken mit dem Rollstuhl unterfahrbar. Zudem sei der Papiertuchspender vom Rollstuhl aus erreichbar. Doch die Barrieren in den Köpfen bei Ärzten, aber auch anderen Patienten, lassen sich nicht so einfach einreißen. Jeder sollte sich aber darüber klar werden: Medizinische Versorgung ist ein Menschenrecht – egal ob der Patient behindert ist oder nicht. Text: Heike Stüvel Mehr Infos auf www.mykuschall.de Vertrieb in Deutschland durch: Invacare GmbH www.invacare.de · kontakt@invacare.com küschall® ist ein registrierter Markenname. Copyright © 2013, Küschall AG, Schweiz – Alle Rechte vorbehalten. medizin Depressionen in der dunklen Jahreszeit: Über die Winterdepression oder den Winterblues wird heute gerne augenzwinkernd geplaudert. Dabei darf man das Thema durchaus ernst nehmen. Es gibt eine Depressionsform, bei der die depressiven Phasen überzufällig häufig im Winter auftreten und im Frühjahr meist wieder vergehen. Winter – aber bitte ohne W ird es von November bis Februar überhaupt irgendwann hell? Die Sonne geht spät auf und dringt kaum durch tief hängende Nebel. Außerdem ist es kalt und feucht. Hat irgendjemand bei dem Wetter Lust, vor die Tür zu gehen? Es gibt einen Grund: Wir brauchen Sonnenlicht, um gesund zu bleiben. Ein Mangel hat typische Folgen, die als Winter-Blues, saisonal abhängige oder Winterdepressionen bezeichnet werden. Man fühlt sich müde, antriebslos und erschöpft. Der Hunger auf Süßes und Kohlehydrate steigt. Außerdem kann Lichtmangel auch eine Gewichtszunahme und Schlafstörungen bewirken. sie mehr Melatonin – eine Art Vorbereitung auf den Winterschlaf. Wir können die Zirbeldrüse über eine Lichttherapie beeinflussen. In manchen Arztpraxen oder Kliniken gibt es Lampen, die mit einer Stärke von bis zu 10 000 Lux strahlen. Der Patient sitzt davor, liest Zeitung oder entspannt sich einfach eine halbe Stunde lang. Nach etwa einer Woche ist mit einer besseren Stimmung zu rechnen, weil sich das Melatonin-System normalisiert. Am besten wirkt die Therapie, wenn sie morgens durchgeführt wird. Vitamin D Diese Auswirkung von Lichtmangel betrifft keineswegs nur Menschen mit Bewegungseinschränkungen. Jeder vierte Deutsche soll schon an Winterdepressionen leiden. Aber unter körperbehinderten Menschen sind Winterdepressionen häufiger als in der Durchschnittsbevölkerung. Melatonin In unserem Zwischenhirn sitzt die Zirbeldrüse, die nachts das so genannte „Schlafhormon“ Melatonin produziert. Dieses Hormon ist für den Schlafrhythmus mitverantwortlich, es wirkt einschläfernd. Die Zirbeldrüse ist lichtempfindlich. Das bedeutet: Wenn im Herbst weniger Licht auf die Netzhaut fällt, produziert 36 PARAPLEGIKER 4/13 Sonnenlicht beeinflusst nicht nur die Bildung von Melatonin, sondern auch von Vitamin D. Wir brauchen genug UV-B-Licht, um Vitamin D bilden zu können. Das ist hierzulande nicht leicht. Wir alle leben hauptsächlich in Innenräumen, wo kein Sonnenlicht die Haut erreicht. Über den Städten liegt oft eine Smogglocke, die das UV-B-Licht nicht hindurch lässt. Und wenn wir in der Freizeit doch nach draußen in die Natur gehen, dann schützen wir uns aus gutem Grund mit Sonnencreme oder langärmliger Kleidung und Hüten vor dem UVA-Anteil des Sonnenlichts, der zu Hautkrebs führen kann. Dadurch blockieren wir allerdings auch die Vitamin-D-Bildung durch UV-B-Licht in der Haut. medizin Blues! Wenn wir aber genügend Sonnenlicht bekommen, könnten wir fast die gesamte Menge Vitamin D, die unser Körper braucht, selbst bilden. Eine Alternative wäre es, täglich Fischleber zu essen. In Wirklichkeit bekommt fast niemand genug Sonne ab und Fischleber isst auch niemand, sodass ein Vitamin-D-Mangel bei uns nicht selten ist. Er kann die verschiedensten Symptome verursachen, u.a. auch Depressionen. Lesenswert ist der Bericht einer Frau, die 13 Jahre lang wegen Depressionen mit Psychopharmaka behandelt wurde (www.vitamindelta.de/erfolge/depression-geheilt.html). Sie wurde durch hochdosiertes Vitamin D geheilt. Viele Informationen über Vitamin D findet man auf den Internetseiten des Institutes VitaminDelta (www.sonnenvitamin.de). Es wurde gegründet von dem Allgemeinmediziner und Vitamin-D-Experten Dr. med. Raimund von Helden. Er geht davon aus, dass nicht nur Stubenhocker und Raucher (erhöhter Vitamin-D-Bedarf!) von einem Vitamin-D-Mangel betroffen sind. Seiner Ansicht nach sind im Winter alle Menschen in Deutschland auf eine Zufuhr in Form von Präparaten angewiesen. Er unterstreicht, dass Vitamin D schützend gegen die winterliche Schwunglosigkeit und gegen Schlafstörungen wirkt und rät zu einem Bluttest: „So wie bei bekannten Mangelzuständen von Mikronährstoffen wie Jod, Eisen oder B12 kann man auch hier den Mangel mit einer Blutuntersuchung diagnostizieren“. Seiner Erfahrung nach kann die Vitamin-D-Therapie die Symptome einer Winterdepression schlagartig bessern. Vorausgesetzt, die Dosierung ist ausreichend hoch, um das leere Vitamin-D-Konto wieder aufzufüllen. Der Allgemeinmediziner ist sicher, dass selbst die oft genannte Vitamin-D-Zufuhr von 800 Einheiten pro Tag bestenfalls bei Kindern ausreicht. Er weist darauf hin, dass in den USA Tagesdosierungen von mehreren Tausend Einheiten empfohlen werden, um einen intakten (!) Vitamin-D-Spiegel in der Balance zu halten (grassrootshealth.net). „Es ist der weit verbreitete Mangel beim Naturstoff Vitamin D, der viele Menschen krank macht und sogar die Sterblichkeit erhöht“, lautet sein Statement. Der Arzt belegt diesen Standpunkt mit den Ergebnissen seiner Studie, die Daten aus über 264 deutschen Arztpraxen auswertet (www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21572875). Er rät dazu, die nötige Dosis für eine Auffüllung des Vitamin-D-Speichers mit dem Taschenrechner zu ermitteln. Dazu gibt es beispielsweise in seinem Buch eine genaue Dosier-Anleitung. Und sonst? Einerseits sollten wir jeden Tag nach draußen gehen und uns mindestens eine halbe Stunde lang bewegen. Aber zwischen Herbstbeginn und Frühling reicht das zur Vitamin-D-Erzeugung nicht aus. Und welcher Rollstuhlfahrer schafft es überhaupt, sich bei Schneematsch draußen zu bewegen? Eine vitaminreiche Ernährung tut sicher auch gut, gerade im Winter. Pilze enthalten übrigens Vitamin D2, insbesondere, wenn sie an der Sonne getrocknet wurden. Im Gegensatz dazu sind alle anderen heimischen Obst- und Gemüsesorten völlig frei von Vitamin D! Raucher benötigen übrigens mehr Vitamin D als Nichtraucher. Das Schöne ist: Eine Winterdepression verschwindet spontan im Frühling, wenn die Mittagszeit für dosierte Sonnenbäder genutzt wird. Buchtipps Dr. med. Raimund von Helden: Gesund in sieben Tagen Erfolge mit der VitaminD-Therapie Taschenbuch, 120 Seiten, 14,80 €. ISBN: 978-3-939865-12-4 Siegfried Kasper & Norman E. Rosenthal: Lichttherapie Das Programm gegen Herbstund Winterdepression Kneipp Verlag, Wien 2010 126 S. m. 30 Farbfotos. ISBN-13: 9783708805009 Text & Fotos: Ruth Auschra PARAPLEGIKER 4/13 37 sport Dagmar Koch (links) und Bernhard Keitel beim ersten Sledge-Eishockeytraining auf Berliner Eis. ort in B p s r e t n i W r che Paralympis y e k c o h s i ge-E Sled Am 14. Oktober diesen Jahres hat in Berlin eine neue Sportära begonnen. Seit diesem Tag gibt es auch in der Hauptstadt mit dem Trainingsbeginn beim Sledge-Eishockey offiziell die erste paralympische Wintersportart. A n diesem ersten Trainingstag trafen sich um 21.30 Uhr eine Spielerin und drei Spieler zum offenen Training in der Eissporthalle am Glockenturm in Berlin-Charlottenburg. Eine Woche später waren es dann schon sieben, darunter drei neue Trainingswillige, die diese Sportart einmal ausprobieren wollten. Im Dezember 2012 war mit einem Freundschaftsspiel zwischen den Dresden-Cardinals und einer Berliner Auswahl, die durch Spieler der Deutschen Nationalmannschaft verstärkt worden war, der Grundstein gelegt worden. „Sledge-Eishockey wird in erster Linie von körperlich beeinträchtigten Sportlern betrieben, bei denen die Beweglichkeit der unteren Gliedmaßen, zum Beispiel durch Amputation, eingeschränkt ist. Im nationalen Bereich können jedoch auch Spielerinnen und Spieler ohne körperliche Beeinträchtigungen mitspielen“, sagt Ingo Kaleschke, der früher Rollstuhlbasketball gespielt hat, einer der Initiatoren der ersten Stunde, und als Aktiver zurzeit die Trainingsgruppe leitet. „Damit ist unsere Sportart neben Rollstuhlbasketball und Sitzvolleyball eine neue inklusive Sportart in Berlin, zumal auch nicht nach Geschlechtern getrennt wird“. 38 PARAPLEGIKER 4/13 erlin: Am Schlitten schnuppern „Am Training teilnehmen können alle, die an dieser Sportart Interesse haben. Auch altersmäßig machen wir keine Beschränkungen“, erklärt Marc Dannbeck, auch er einer der Initiatoren, vom Schlittschuh-ClubBerlin. „Es gibt jeden Montag von 21.30 bis 22.30 Uhr die Möglichkeit eines Schnuppertrainings. Nach Anmeldung unter sledgehockey@schlittschuh-club.de können wir auch eine Leihausrüstung inkl. Schlitten stellen. Wer regelmäßig trainieren will, schafft sich dann eine eigene Ausrüstung bestehend aus Helm, Handschuhen, Trikot, Ellbogenschonern, Hose, Knieschonern und Schwitzanzug an. Und dann sollte man auch Mitglied im Verein sein“. Als Ziele nennt Ingo Kaleschke: „Kurzfristig wollen wir eine Berliner Mannschaft etablieren, die dann mittelfristig auch auf nationaler Ebene in der Bundesliga mitspielen kann. Langfristig sollte die Deutsche Nationalmannschaft durch Berliner verstärkt werden. Und wenn es dem Team Deutschland gelingt, sich für die Paralympics in Sotschi zu qualifizieren, wer weiß, vielleicht ist dann auch schon ein Berliner dabei“. Was nun ist genau Sledge-Eishockey? Wikipedia übersetzt Sledge-Eishockey mit Schlitten-Eishockey. Es ist eine dem Eishockey ähnliche Behindertensportart, die in den 1970er Jahren in Schweden entstand. 1986 fanden die ersten (noch inoffiziellen) Weltmeisterschaften statt, und seitdem wurden und werden eine Vielzahl internationaler Turniere im Sledge-Eishockey ausgerichtet. Zu den bedeutendsten zählen dabei seit 1994 die Paralympischen Winterspiele, und seit 1996 die Weltmeisterschaften. Das Spielfeld, die Kleidung und die meisten Spielregeln entsprechen denen des Eishockeys. Der einzige Unterschied besteht in der Fortbewegung, da sich die Sledge-Eishockey-Spieler nicht auf Schlittschuhen, sondern auf kleinen Schlitten bewegen. Zur Beschleunigung nutzen die Spieler zwei kurze Schläger, die am Ende mit Spikes besetzt sind. Ein Spiel ist in Drittel von je 15 Minuten geteilt. Chancen Anzeige Wir sind überall für Sie da! Hamburg Bad Zwischenahn Berlin Dresden Hilden bei Düsseldorf Schlitz bei Fulda Kronau Wien Kirchdorf München an der Iller Warum nun Sledge-Eishockey in Berlin und wo steht Deutschland im internationalen Vergleich? Dazu Klaas Brose: „Mittelfristig wollten wir auch in Berlin Winter-Paralympics-Sportarten etablieren. Dabei kommen realistisch nur Curling oder aber eben SledgeEishockey in Frage. Ich schätze Deutschland mal so auf Platz Acht bis Zehn der Welt ein. Führend sind der amtierende Weltmeister und Paralympics-Goldmedaillengewinner USA sowie Kanada und Japan“. Unsere Standorte: 40721 Hilden (Zentrale) · 01139 Dresden · 12359 Berlin · 21107 Hamburg · 36110 Schlitz · 76709 Kronau (Haag Rehatechnik) · 85716 München · 88457 Kirchdorf (HuberMobilTechnik) · A-2111 Tresdorf (Pruckner Rehatechnik in Österreich) sowie Zusammenarbeit mit Jelschen Behindertenfahrzeuge GmbH, 26160 Bad Zwischenahn www.reha.com · Kostenlose Hotline: 0800 700 9 800 In Deutschland wurde die erste Mannschaft 1996 in Hannover gegründet. Die damalige Sledge-Eishockey-Abteilung der RSG Hannover ’94 spielte Mitte der 2000er Jahre als Namenspartner der Hannover Scorpions und ist heute als Ice-Lions-Langenhagen aktiv. Seit der Saison 2000/01 findet in Deutschland ein regulärer Ligenspielbetrieb mit zurzeit sechs Mannschaften statt. Informationen zur Liga 2013/2014 und weitere interessante News findet man auf www.sledgeeishockey.de Bei den erstmals ausgetragenen Europameisterschaften 2005 in Tschechien wurde Deutschland nicht nur der erste Europameister, sondern schaffte damit die Qualifikation für die Paralympics 2006 in Turin. Dort gelang der Deutschen Nationalmannschaft ein überraschendes Debüt. In der Vorrunde konnten die Mannschaften aus USA und Schweden bezwungen werden, gegen Japan reichte dann ein 0:0, um als Vorrundensieger zum Publikumsliebling zu avancieren. Eine knappe 4:3-Niederlage gegen die USA brachte das Deutsche Team im kleinen Finale um die Bronzemedaille. Für die Teilnahme an den Winter-Paralympics 2010 in Vancouver konnte sich das deutsche Team nicht qualifizieren. Die Goldmedaille ging an die USA. Die Winter-Paralympics 2014 finden im März 2014 im russischen Sotschi statt. Das deutsche Sledge-Eishockey-Team hat noch die Chance, sich im gerade in Turin ausgetragenen Qualifikationsturnier für die Paralympics zu qualifizieren. Interessierte können sich unter der Mailadresse sledgehockey@ schlittschuh-club.de bei Marc Dannbeck vom Schlittschuh-ClubBerlin zu einem Schnuppertraining anmelden, für das dann eine Leihausrüstung inkl. Schlitten zur Verfügung gestellt wird. Autos nach Maß für Menschen mit Handicap! Wenn Qu alit ät e i n e Frage der B erat u ng is t, dann sin d w i r die Numm er 1 ! Die REHA Group Automotive ist DER Spezialist für exzellent angepasste, vielseitige und bediener freundliche Mobilitätshilfen in Kraftfahr zeugen. Überall stehen Ihnen unsere geschulten Produktberater zur Seite, die Sie vor Ort auch bei Ihnen zu Hause beraten. Text & Foto ©: BSBerlin/Reinhard Tan Unternehmen des Geschäftsbereichs KIRCHHOFF Mobility der www.kirchhoff-gruppe.de · zertifiziert nach DIN/EN ISO 9001:2008 sport , t i e k g i d n i w h Gescchicklichkeit Ges und Spaß E-Hockey: beide Glasknochen haben und im Elektrorollstuhl sitzen. Zunächst galt diese Art der sportlichen Betätigung einigen Schülern, die im Rollstuhl unterwegs waren, als willkommene Abwechslung vom langweiligen Sportunterricht auf dem Schulhof der Stiftung Pfennigparade München. Sie wollten nicht nur brav „Luftballon über die Schnur“ spielen. So entwickelte sich aus der anfänglichen Spielerei bald mehr. Die jungen Männer trafen sich regelmäßiger und verfeinerten die Sportart immer weiter. Schließlich gründeten sie im Jahr 1982 in München die erste deutsche Elektro-Rollstuhl-Hockey-Mannschaft mit dem Namen MUNICH ANIMALS. Der Elektro-Rollstuhl-Sport begeistert die Zuschauer mit Dynamik und Geschicklichkeit. Das deutsche E-Hockey-Nationalteam freut sich riesig: Nach ihrem überraschenden WM-Titel in Italien ist es ihnen gelungen, die WM 2014 nach München zu holen. Im August des kommenden Jahres werden sie im Münchner Olympiapark gegen sieben internationale Elite-Mannschaften den Titel verteidigen. D och nicht nur die Spieler können sich auf dieses Event freuen. Der E-Rollstuhl-Sport hat sich im Laufe der Jahre mit seiner Dynamik, dem geschickten Manövrieren der Elektrorollstühle sowie seiner beeindruckenden Hockeyschläger- und Ballführung zu einem attraktiven Mannschaftssport entwickelt, der viele Zuschauer begeistert. Ursprünglich kommt E-Hockey aus den Niederlanden. In den 80er Jahren wurde der Sport dann in Deutschland bzw. in München etabliert – angetrieben von den Brüdern Stefan und Roland Utz, die 40 PARAPLEGIKER 4/13 Stefan Utz nimmt nach dem Gewinn der WM 2010 in Italien den Pokal entgegen. E-Hockey hat sich etabliert Inzwischen ist der Schritt von den Schulen und Einrichtungen für körperbehinderte Menschen in den öffentlichen Sportbetrieb gelungen. Der ElektroRollstuhl-Sport hat sich zu einer festen Größe als Fachbereich im Deutschen Rollstuhl-Sportverband e.V. entwickelt. Seit 2005 gibt es in Deutschland einen zweiklassigen Ligabetrieb, 2010 wurde die 3. Bundesliga eingeführt. Der Elektro-Rollstuhl-Sport beweist sich dabei gerade für Menschen mit schweren Mobilitätseinschränkungen als eine Möglichkeit, sich körperlich zu betätigen und Spaß und Action zu erleben. So können zum Beispiel Spieler, die aufgrund fehlender Kraft oder fehlender Koordination nicht in der Lage sind, mit einem Handschläger zu spielen, einen so genannten Festschläger verwenden. Dieser Festschläger hat zwei Seitenflügel und wird am Rollstuhl montiert. Der Spieler kann damit den Ball durch die Bewegung des Rollstuhls führen. Um die unterschiedlichen Behinderungen zu berücksichtigen, spielt man in Deutschland seit 2004 nach der nationalen Klassifizierung. Das heißt, der Torwart und die vier Feldspieler bekommen je nach Behinderungsgrad einen Wert von 1 bis 4 zugewiesen. Je weniger eingeschränkt sie sind, desto mehr Punkte erhalten sie. Insgesamt darf eine Mannschaft auf dem Platz die Summe von 11 nicht überschreiten. Bei den Weltmeisterschaften 2014 kommt nun zum ersten Mal die internationale Klassifizierung zum Einsatz. konnte. Seit über 20 Jahren inszeniert er Sportshows der Extraklasse. Für die WM-Eröffnungsfeier arbeitet Peter Birlmeier mit verschiedenen Acts aus seinem Sporttheater, vom TSV Forstenried sowie weiteren Künstlern und Sportlern zusammen, so dass sich die Zuschauer auf ein phantasievolles, überraschendes und unterhaltsames Bühnenprogramm freuen können. Damit der Traum der Titelverteidigung für alle Sportler Wirklichkeit wird, bedarf es natürlich einer guten Vorbereitung – und einer Menge Geld. Denn die Kosten belaufen sich auf etwa 450 000 €. 230 000 kommen von der Stadt München, die das ehrgeizige Vorhaben tatkräftig unterstützt. Es werden aber weiterhin dringend Spender und Sponsoren gesucht. Online spenden kann man unter www.tsv-forstenried.de/spenden.php Text: Margit Glasow Fotos: © EWH2014 München bereitet sich auf seine Gäste vor Anzeige Stefan Utz, selbst Nationalspieler und Vorsitzender des Fachbereichs E-Rollstuhl-Sport (ERS) im Deutschen Rollstuhl-Sportverband e.V. (DRS), hat nun die Verantwortung als Chef des WM-Organisationskomitees übernommen. Er wurde bisher – zusammen mit seinem Bruder Roland und den Munich Animals (TSV Forstenried) – mehrfacher Deutscher Meister. Mit Unterstützung seiner Brüder Roland und Oswald (Behindertenbeauftragter der Stadt München) hat er sich engagiert dafür eingesetzt, die dritte E-Hockey-WM nach München zu holen. Die Vorzeichen stehen insgesamt gut, um die Ränge des Eisstadions des Olympiaparks in München im Sommer 2014 für vier Tage zu füllen. Für die Weltmeisterschaft wird hier im altehrwürdigen Stadion sogar extra ein Spezialboden für die schweren Rollstühle verlegt. Nur zwei Kilometer davon entfernt werden die ca. 120 zu erwartenden Sportler, Trainer und Betreuer, zumeist Rollstuhlfahrer, im Hotel Leonardo Royal mit seinen geräumigen und zugänglichen Zimmern übernachten können. Bereits die Eröffnungsfeier am 6. August soll ein echtes Highlight werden – auch dank Peter Birlmeier, Gründer und Leiter des Münchner Sporttheater Ensembles, den das Organisationskomitee als Regisseur für das Event gewinnen unterwegs Urlaub im Landkreis Miesbach: Bei der Tante am Tegernsee Der Spitzingsee in seiner ganzen Pracht. Der Landkreis Miesbach ist nicht sehr bekannt, aber wenn man Tegernsee, Spitzingsee oder Schliersee nennt, dann sind alle geografischen Lampen im Kopf angegangen. In der Tat, alle drei Seen sind sehr schön gelegen und bieten auch für behinderte Menschen einiges. Ich fahre öfter an den Tegernsee zu meiner Tante und verbringe dann auch ein bisschen Zeit dort, um meine bayerische Seele baumeln zu lassen. Früher hat man gesungen „ich möchte gern an Biersee so groß wia da Schliersee“. Heute kann man Ähnliches singen, nur das Getränk ist ein anderes und deutlich hochprozentiger. Seit einigen Jahren gibt es bei Schliersee eine Destillerie, die bayerischen Whisky herstellt, und das vom Feinsten. Der ist so gut, dass pro Besucher nur ein Flascherl herausgegeben wird. Das Tolle an der Brennerei ist aber, dass Menschen im Rollstuhl das Ganze besuchen können. Das gesamte Gebäude ist für Rollstuhlfahrer bestens geeignet. Für ein paar € kann man alles besichtigen und man erfährt wie dieser „Stoff“ entsteht. Zum Abschluss gibt es auch noch eine Probe mit einem leckeren Brot aus der Region. Der Stoff heißt Slyrs, er hat seinen Ursprung bei den Mönchen, die in dieser Region lebten. Wie geschaffen zur Erholung Ich denke, eine Reise nach Schottland kann man sich getrost sparen, jetzt geht es an den Schliersee. Die Landschaft ist zum einen genauso 42 PARAPLEGIKER 4/13 schön und zum anderen auch deutlich preiswerter. Abgesehen davon ist das Wetter auch noch besser. Wer nicht so auf Whisky steht, der hat als Alternative das königliche Tegernseer Hofbräu zur Verfügung mit seinen hervorragenden bayerischen Schmankerln. Es bietet sich an, bei einem Verdauungsspaziergang die Uferpromenade zu genießen, oder mit dem Schifferl der weißblauen Flotte über den See zu fahren und die Bergwelt um den See zu betrachten. Auch der Besuch von Rottach Egern ist ein echtes Erlebnis. Man kann aber auch zum Spitzingsee fahren und sich bei einem Weißwurstfrühstück mit Weißbier und a guten bayrischen Brezen in den Tag hinein schlemmen. Eine Gegend wie geschaffen zur Erholung. Handbike oder Oberlandbahn Man sollte die Region unbedingt auch mit dem Auto erfahren, es gibt viel zu erleben und wunderschöne Bauerhöfe mit Geranien bestückten Balkonen zu sehen. Am liebsten würde man sich gleich so einen Bauernhof kaufen. unterwegs Wer es gemütlicher mag, der kann die Gegend auch mit dem Handbike befahren, es stehen einige Touren zur Verfügung, die in der Touristeninfo Miesbach erhältlich ist. Mein Freund Anton Grafwallner ist der Kümmerer, wenn es um die Barrierefreiheit vor Ort geht. Er hat sich einen Namen gemacht und wird bei neuen Planungen sofort dazu geholt. Er hat auf seiner Website „Behindertenkompass“ alle Einrichtungen aufgeführt, die unsereiner besuchen kann. Vom Restaurant über Unterkünfte, Wanderwegen, Handbiketouren, Sehenswürdigkeiten, Seilbahnen und WCs ist alles übersichtlich aufgeführt. Mit der barrierefrei zugänglichen Oberlandbahn kann der Besucher der Region alles erreichen. Sie fährt auch nach München, so kann man sowohl dort als auch in der Region Miesbach nächtigen. Beides bietet für behinderte Menschen einiges. Bauernhoffassade, von diesen Prachtexemplaren gibt es jede Menge hier. www.miesbach.de Text & Fotos: JNKreiter Hier entsteht der bayerische Spitzenwhisky. Anzeige Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau Das qualifizierte Behandlungszentrum für Querschnittgelähmte im Süden Deutschlands zur • umfassenden Akutbehandlung bei Verletzungen und Erkrankungen des Rückenmarks • Frührehabilitation mit fachübergreifender ärztlicher Betreuung einschließlich der Neuro-Urologie • Behandlung aller lähmungsbedingten Komplikationen • lebenslange Nachsorge Ambulante Behandlung und umfassende Beratung über eine Spezialsprechstunde. Kontaktaufnahme: Telefon +49 (8841) 48-2940 Fax +49 (8841) 48-2115 e-mail dmaier@bgu-murnau.de Internet www.bgu-murnau.de unterwegs Schweizer Alpen barrierefrei? Gibt’s doch nicht! Auf schön ausgebauten Holzpfaden geht‘s zum Gletscher. In der Schweiz, in der Schweiz, da liegt ein großer Reiz und der heißt – Aletschgletscher. Er ist der größte in Europa und befindet sich im Unteren Wallis, genauer gesagt in Fiesch/Aletscharena. Diesen Ort erreicht man normalerweise über einen Pass oder auch von Andermatt/St-Gotthard über den Furkabahntunnel. I Herrlicher Ausblick vom Eggishorn, bei gutem Wetter sieht man an die 40 Viertausender. ch hatte das Pech, dass es gerade in der Nacht vor meiner Abreise den ersten Schnee in den Alpen gab und somit die Pässe geschlossen waren. Also musste ich mit der Bahn eine 16 minütige Autozugfahrt machen. Ein Erlebnis, das einem nicht entgehen sollte. Die Wartezeit ist gering und der Preis mit 20 Schweizer Franken in Ordnung. Bestens ausgerüstet und mit vollgeladenem Auto ging es nach Fiesch/Wallis ins Sportferienresort Fiesch, wo wir unsere Unterkunft hatten. Das gesamte Haus ist barrierefrei und das Personal freundlich und hilfsbereit. Gerade dem Auto entstiegen, musste ich mich im Hochseilgarten einer Mutprobe unterziehen. Mein Freund und Helfer Thomas monierte gleich „Mich bekommst Du da nicht rauf“. Es blieb ein schwacher Protest, denn bis er sich versah, hing er bereits in 20 Meter Höhe im Seil und folgte mir von Baum zu Baum. Der Swiss Seilpark in Fiesch hat es in sich. Es gibt viele Routen und eine davon ist extra für behinderte Menschen ausgelegt. Es besteht eine doppelte Gurtsicherung für alle, die sich auf den Parcour begeben. Es kam in keinem Moment ein ungutes Gefühl auf. Die Instruktoren Michael und Thomas sind erfahrene Lehrer, auch im Umgang mit behinderten Menschen. 44 PARAPLEGIKER 4/13 Nach ca. einer Stunde war die Hochseiltour zu Ende. Die Fahrt und dann gleich darauf die Tour im Hochseilgarten raubte uns die letzten Kräfte des Tages. Noch kurz zum Abendessen und bereits um 21 Uhr ging es in die Horizontale. Von Seilbahn zu Seilbahn Gut ausgeschlafen fuhren wir am nächsten Tag mit dem Auto zur Seilbahn Bettmeralp. Auf Eingangshöhe befinden sich zwei Rollstuhlparkplätze nur wenige Meter vom Eingang entfernt. Von dort geht es mit dem Lift zur Seilbahn. In der Talstation gibt es ein RolliWC. In die großzügige Seilbahn geht es ebenerdig rein, das Personal ist aufmerksam und sehr hilfsbereit. Das ist der Vorteil, wenn wir in der Vor- oder Nachsaison verreisen, überall freundliches Personal. Die Seilbahn ist auch problemlos mit einem Elektrorollstuhl nutzbar. Übrigens gilt das für alle Seilbahnen in dieser Region. Nach kurzer Fahrt waren wir in der Bettmeralp/ Mittelstation, die ebenfalls mit einem Rolli-WC ausgestattet ist, wie auch die Gipfelstation. Somit ist gewährleistet, dass man den ganzen Tag auf dem Berg verbringen kann ohne in unterwegs Schwierigkeiten zu geraten. Auf der Mittelstation angekommen, geht es durch ein typisches schweizerisches Örtchen Bettmeralp. Einfach schön, wie es am Berg liegt mit einen noch schöneren Blick auf das Alpenpanorama. Wer jetzt glaubt, das war es, täuscht sich, es geht Mit meinem Gespann in die kleine Gondelbahn, auch mit den E-Rollstuhl möglich. mitnichten. Oben angekommen ist schon ein Seilbahnmitarbeiter zur Stelle, der die Bahn anhält und eine Rampe anlegt, damit ich sicher aus der Liftkabine rausfahren kann. In einem gläsernen Gang geht es zum Ausgang, um auf den Gletscherweg, der mit befestigten Typisches Schweizer Bergdorf. noch höher. Der Weg zur nächsten Seilbahn führt bergauf. Aber Dank meines Swiss Trac, den mir die Firma Grothe in Wildbad an meinen Rolli angepasst hat, stellte mich der Bergweg vor keine Probleme. Das Zug gerät war durch nichts zu bremsen. Bodenbohlen ausgelegt ist, zur Aussichtsplattform des Gletschers zu gelangen. Ein zweiter Weg führt zu einer Ausstellung, die sich mit der Geschichte des Gletschers befasst. Für den Weg zur nächsten Seilbahn kann man sich gut Zeit lassen, die Bahn fährt immer. Wie man auf dem Foto sehen kann, passe ich mit Rollstuhl und meiner Schweizer Zugmaschine gut in die Liftkabine und mein Freund Thomas noch dazu. Wir fahren auf eine Höhe von rund 2 700 m. Irgendwie denkt man dann, dass die Barrierfreiheit langsam ein Ende nehmen wird, Zuerst gehen wir zur Gletscheraussichtplattform und lassen uns von der Natur in den Bann ziehen und dem kilometerlangen Gletscher, der unter uns liegt. Es ist faszinierend, das Naturschauspiel zu sehen. Das Ganze noch mit frischem Schnee, dazu die gesunde Luft, umwerfend im wahrsten Sinne. Denn wer so viel Sauerstoff inhaliert, den haut es am Abend ein- Anzeige Herzliche Menschen unterwegs fach ins Bett. Wir gingen zum Schluss noch in die Ausstellung „Eiswelten“ auf der Gipfelstation, die einiges über den Gletscher erzählt. Auch hier ist alles barrierefrei angelegt. Ein Treppenlift verbindet beide Stockwerke miteinander. Nach so viel Erlebnissen und die Lungen voller Sauerstoff hat man einen Hunger. In dem Restaurant der Gipfelstation werden wir von nettem Personal empfangen und bedient. Der Wirt des Lokals setzt sich zu uns und erzählt uns von den herzlichen Menschen der Region, was wir nur bestätigen können. Nach einem sehr leckeren Mittagsmahl ging es wieder hinunter ins Tal. Da wir noch in Fiesch Abendessen wollten, entschlossen wir uns, Im Hochseilgarten die Zeit mit einem kleinen Spaziergang durch den unterwegs. Ort zu vertreiben. Dort reizte eine Bäckerei & Konditorei so, dass wir noch ein Stück Kuchen essen wollten. Zu unserer Überraschung befand sich zum Cafe ein Lift, um die Stufen zu überwinden. In einem Gespräch mit dem Besitzer stellte sich heraus, dass alle Umbaumaßnahmen gleichzeitig auch eine Schaffung der Barrierefreiheit beinhalten, die zu 50 % vom Staat gefördert wird. Da können unsere politisch Verantwortlichen noch was lernen. Langsam wurde es Zeit zum Abendessen und wir gingen ins Restaurant „Des Alpes“ beim Skiweltmeister Daniel Albrecht. Hier gibt es eine gute Küche und Spezialitäten aus der Region. Auch hier nahm sich der Besitzer etwas Zeit, um mit uns zu plaudern. Sicherlich hatte er in der Nachsaison mehr Zeit dazu und wir erfuhren, dass auch er gerade dabei ist ein Rolli-WC einzubauen. Schön langsam gingen uns die Kräfte aus, aber für das Länderspiel Deutschland – Schweden reichte es gerade noch. Barrierefreie Alpen? Der folgende Tag war der härteste. Es ging auf die Fiescheralp und von dort auf das Eggishorn. Mit der Seilbahn fuhren wir hoch zur Mittelstation/ Fiescheralp und dann gleich auf das Eggishorn, wo 46 PARAPLEGIKER 4/13 wir von eisigem Wind empfangen wurden und 10 cm Neuschnee. Der wolkenlose blaue Himmel und das rundum schöne Alpenpanorama ließen uns die windigen Umstände vergessen. Dazu kam noch der Blick auf den gesamten Aletschgletscher und im Hintergrund Eiger Mönch und Jungfrau (Berge zwischen 3 000 und 4 000 Meter). Überhaupt kann man von dort an die 40 Viertausender betrachten, darunter das nur 70 km entfernte Matterhorn. Es ist beeindruckend da zu stehen und diese Bergwelt zu sehen. Auf dem Bretterweg zur Hütte wird einem klar, dass da viel getan wurde für mobilitätseingeschränkte Menschen. Ich kann mich noch an die Anfänge des barrierefreien Tourismus erinnern, als mir ein Tourist aus Bayern zynisch entgegnete, „Jetzt wollt ihr die Alpen auch noch barrierefrei machen“, worauf ich antwortete, „Wenn‘s geht, warum nicht!“ Die Verantwortlichen in der „Aletscharena“ haben gezeigt, es geht sehr gut, sie haben uns eine Welt erschlossen, die vor Jahren noch als unerreichbar galt. Tatsache ist, dass es in der Schweiz einige Leute gibt, die sich um unsere Belange kümmern. Ein weiteres Erlebnis ist die Matterhorn/Gotthardbahn, die für Rollstuhlfahrer umgebaut wurde. Somit wird es bald möglich sein, mit dem Zug dieses Tal zu durchfahren mit seinen Tunnels, Steigungen und herrlichen Ausblicken auf eine einzigartige Schweizer Landschaft, wo einem zum Schluss in Zermatt, bei gutem Wetter, das Matterhorn empfängt. Für uns stand fest, das ist mit Sicherheit nicht das letzte Mal, dass wir hier waren. Eins hab ich auch lernen müssen, in der Schweiz gibt es eine Geschwindigkeitsregel, bei deren Nichteinhaltung die Urlaubskasse kräftig bluten muss – aber das ist mein ganz persönliches Problem. Jedenfalls können wir sagen, das war eine Reise, die sich gelohnt hat und die auf jedem Fall wiederholt werden muss. Hier die Website der Region und der Anbieter: www.fiesch.ch www.swissseilpark.ch www.sportferienresort.ch www.bettmeralp.ch www.riederalp.ch www.autoverlad-furka.ch Text: JNKreiter Fotos: Kreiter/Schröder/Blatter markt Bauen in Griechenland – geht das noch? An beiden Orten gibt es ausgewiesene Bade- strände für Rollstuhlfahrer und das Umfeld ist größtenteils gut für behinderte Personen eingerichtet. Alle notwendigen Einrichtungen, wie Therapiezentren, Krankenhäuser und Ärzte sind vorhanden. Die Firma Baasbuilding hat sich gut überlegt, wo sie die Standorte für ihre Ferienhäuser einrichtet. Das kann man mit einem klaren„Ja“beantworten. Das griechische Bauunternehmen Baasbuilding hat sich dieser Nachfrage gestellt, weil sich bereits einige Menschen dazu entschlossen haben, die kalte Jahreszeit in einer deutlich wärmeren Region zu verbringen. Da bot sich die Halbinsel Evia und die südwestliche Seite Athens, Atika, besonders an. Beide Orte sind relativ gut von Athen aus erreichbar. Bei der Insel Atika braucht man eigentlich nur aus dem Flieger zu steigen und ist in wenigen Kilometern vor Ort in Porto Rafti. Nach Evia sind es ca. ein Stunde Fahrzeit. ses während der Abwesenheit des Besitzers angeht. Dafür gibt es einen Servicedienst der Firma. Kontakte zu Baasbuilding über deren Website. Baasbuilding kann in ganz Griechenland Grundstücke anbieten und die Sicherheit geben, dass die Grundstücke frei von antiken Überraschungen sind. www.baasbuilding.com/de Text & Foto: JNKreiter Begutachtung der barrierefreien Zugänge zum Wasser mit Verantwortlichen von Baasbuilding. Also der ideale Standort für Langzeiturlauber oder für Personen, die sich eine hübsche Residenz schaffen möchten. Griechenland ist inzwischen auch für behinderte Menschen gut geeignet, davon konnte ich mich bei mehreren Besuchen vor Ort überzeugen. Egal ob in Athen oder Thessaloniki, überall wird das Thema „Barrierefreiheit“ angesprochen und bei Neuplanungen umgesetzt. Bei meinem Besuch der Firma Baasbuilding wurde in den mehrtägigen Gesprächen alles angesprochen, was wichtig für eine solche Ferienresidenz ist. Selbst an Pflegekräfte an dem jeweiligen Wohnsitz wurde gedacht. Auch daran, dass der Kunde nicht jeden Tag an der Baustelle sein kann, um sich darüber zu informieren, wie weit der Bau ist. Dafür wurden extra Kameras auf dem Gelände installiert, damit der Kunde jeden Bauschritt von zu Hause aus im Internet mit verfolgen kann. Die Betreuung durch die Firma ist bestens vom ersten bis zum letzten Schritt. Es wird alles bedacht. Auch was die Betreuung des Hau- Wärmepumpen Kontaktperson: Johann Norbert Kreiter tel. + 49(0) 711 715 64 90 mob. + 49(0) 170 205 41 48 Laudeweg 1 • 70565 Stuttgart info@baasbuilding.com Die Informationen in dieser Rubrik werden von den Anbietern verantwortet. Griechenland tel- + 30 210 28 38 071 L.Plapouta 123 • 141 • N. Heraklion Attica www.baasbuilding.com PARAPLEGIKER 4/13 47 bericht Vita-Assistenzhunde: Freunde und Partner Bundesweit unterstützen 34 VITAAssistenzhunde ihre Menschen und verhelfen ihnen so zu mehr Unabhängigkeit. Die vierpfotigen Freunde und Partner machen den Unterschied im Leben ihrer Menschen. E s ist morgens, kurz nach sieben, der Wecker klingelt. Johanna schaut in zwei tiefbraune Augen. Homer freut sich riesig, dass sein Frauchen endlich wach ist. Ein neuer, spannender Tag beginnt für die beiden, und zur Einstimmung bringt ihr der Golden-Retriever schon mal ein paar Socken. Fröhlich wedelnd zieht er die junge Frau mit seiner Lebensfreude geradezu aus dem Bett und unter die Dusche. Die 29 jährige Johanna ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie leidet an der „Friedreich Ataxie“, einer degenerativen Erkrankung des zentralen Nervensystems. Homer ist nicht irgendein Vierbeiner. Er ist ein VITA-Assistenzhund, und weicht der jungen Frau seit Juni 2011 nicht mehr von der Seite. Aus gutem Grund gehören Hunde seit vielen Jahrhunderten zu den beliebtesten Haustieren. Sie begleiten uns durch den Alltag, lenken uns von trüben Gedanken ab, und stehen uns immer treu zur Seite. Entsprechend ausgebildet werden die klugen Vierbeiner zu perfekten Partnern von Menschen mit Behinderung und können ihr Leben in vielerlei Hinsicht erleichtern und bereichern. 48 PARAPLEGIKER 4 /13 Türen öffnen So ist ein VITA-Assistenzhund praktischer Helfer, treuer Partner, Eisbrecher und Mittler – er ist „Medizin auf vier Pfoten“ und wirkt auf verschiedenen Ebenen: Psychisch, physisch, sozial und kognitiv. Er hilft nicht nur bei alltäglichen Aufgaben, indem er zum Beispiel Gegenstände apportiert, beim An- und Ausziehen assistiert oder im Ernstfall Hilfe holt – er öffnet auch Türen – im realen und vor allem übertragenen Sinn. Er fördert die Integration in die Gesellschaft, indem er den Kontakt zu anderen Menschen schafft, Interesse weckt, Hemmschwellen mindert und Gesprächsstoff liefert. Mit und durch ihn steigen so Selbstvertrauen, Unabhängigkeit, Aufgeschlossenheit, Empathie und Lebensmut. Als die Diplom-Sozialpädagogin Tatjana Kreidler im März 2000 den Verein VITA e.V. Assistenzhunde (VITA) gründete, setzte sie sich zum Ziel, Kindern und Erwachsenen mit körperlicher Behinderung zu mehr Unabhängigkeit und Lebensqualität zu verhelfen. Der Verein bildet Golden- und Labrador-Retriever als Partner für Erwachsene, Kinder und Jugendliche aus, die bericht durch Unfall oder Krankheit mit einer körperlichen Behinderung leben. Mit der Ausbildung von Kinder-Teams leistete VITA europaweit Pionierarbeit und wurde als erster Verein auf dem europäischen Festland vom Dachverband Assistance Dogs Europe (ADEu) zertifiziert. Die Betreuung der Teams erfolgt ein Hundeleben lang. Ohne Spenden geht nichts Über 25 000 € kostet die Ausbildung eines Assistenzhundes. Die Erfüllung des großen Wunsches nach dem dringend benötigten Partner auf vier Pfoten sollte aber unabhängig von der finanziellen Situation jedes Einzelnen sein. VITA ist gemeinnützig, erhält keine öffentlichen Fördermittel und die Krankenkassen beteiligen sich nicht an den Kosten. VITA e.V. Assistenzhunde finanziert sich vollständig durch Spenden, Fördermitglieder und Sponsoren. Dank dieser Unterstützung war es VITA bis heute möglich, 34 Menschen einen vierbeinigen Freund und Partner an ihre Seite zu stellen. Und natürlich sollen noch viele weitere Teams folgen. Finanzielle Mittel für die Ausbildung und Vereinsarbeit sind dringend notwendig. Beispielsweise als Fördermitglied: Bereits mit 10 € monatlich können man dazu beitragen, einem VITA-Welpen die tierärztliche Grundversorgung zu ermöglichen, mit 30 € monatlich können die Futterkosten für diesen Welpen gesichert werden. Anzeige Text: Vita e.V. Fotos: Vita, Thomas Heilmann Spendenkonto: Deutsche Bank BLZ 500 700 24 Kontonummer: 3 010 915 aus dem Ausland: IBAN DE63 5007 0024 0301 0915 00 BIC DEUTDEDBFRA KONTAKT VITA e.V. Assistenzhunde Karlshof 1a 53547 Hümmerich Weitere Infos: www.vita-assistenzhunde.de Die eDAG-Rollstuhl-lADehilfe für VW, oPel, ford, skoda, Audi* und Renault * auf Anfrage Möchten Sie unser System einmal testen? Wir besuchen Sie gern kostenlos und unverbindlich mit einem unserer umgebauten Fahrzeuge. Rufen Sie uns an oder senden Sie eine E-Mail! Kontakt: EDAG GmbH & Co. KGaA Geschäftsbereich Ladehilfe Reesbergstraße 1 · 36039 Fulda Telefon: +49 661 6000-240 E-Mail: rollstuhl-ladehilfe@edag.de www.edag-rollstuhl-ladehilfe.de kolumne Jeder von uns hat seine eigenen Maßstäbe, um zu beurteilen wann der Winter da ist. Bei dem einen ist es die Angora-Unterwäsche, nach der der Körper bibbernd verlangt. Bei der anderen vielleicht das Frostschutzmittel, das sie umsichtig rechtzeitig in den Wischwasserbehälter des Autos füllt. Aus meinem Leben: schenden Wintereinbruch zwischen Dezember und Anfang Februar… Zum Glück sind die meisten Reifen ja heute pannengeschützt. Früher ist man dann schon mal gern über Scherben gefahren, die unter dem Schnee lagen – pffft. Aufpumpen muss aber trotzdem noch. Ich mach das mit dem Kompressor am Autozigarettenanzünder – wieso gibt es die Dinger eigentlich nicht für die 220-V-Steckdose? Leises Leuchten E s ist nicht nur die Kälte, die mich als Rollstuhlfahrer vor dem Winter schaudern lässt. Er ist ein starker Gegner, aber wie in den letzten Jahren werde ich mich nicht geschlagen geben. Wichtig für den Sieg sind natürlich die richtigen Waffen, sprich Hilfsmittel. Ich rede wirr? Mitnichten. Zuerst einmal muss man der Jahreszeit entgegen treten und sei es auch nur im übertragenen Sinne, dafür aber umso entschlossener. Dazu eignet sich die gut geschützte persönliche Präsenz, ich meine: Warm anziehen und raus in Kälte. Wer mit dem Rollstuhl unterwegs sein will braucht vielleicht Zughilfe. Bei trockenen Straßen und Temperaturen über Null fahre ich ja bis zur Adventszeit gelegentlich auch noch mal mit dem Rollibike. Wenn es regnet macht das aber nur noch wenig Spaß. Geschweige denn, wenn Schnee und Regen die Berollbarkeit des Untergrunds unziemlich begrenzen. Nahezu uneingeschränkt geländetauglich und wetterfest ist mein alter Minitrac. Mit angehobenen Lenkrädern schafft er bis ca. 10 cm Schneehöhe. Also raus ins Weiße. Das werde ich dieses Jahr wieder machen und dann den Kopf schütteln über die Rollis, die auf RTL und WDR darüber jammern, dass sie überhaupt nicht mehr aus dem Haus kommen bei diesem völlig überra- 50 PARAPLEGIKER 4/13 Kein Ruhmesblatt Wer lieber auf der eigenen Terrasse sitzt – ein sonniger, windgeschützter Platz kann auch zum Jahresende noch so manches Stündchen im Angesicht der Sonne möglich machen. Helfen kann dabei eine kleine sparsame Terrassenheizung – ich weiß, kein ökologisches Ruhmesblatt, aber meine verbraucht wirklich nur ganz wenig Gas… Und frieren will ich dann doch nicht, oder wenigstens möglichst wenig. Wer den Winter vor der Tür stehen und frieren lassen will, muss Fenster und Türen gut verschließen. Unsere Haustür ist älter, aus Holz und isoliert ganz gut. Jetzt hat uns auch noch unser „Hausmeister“ die Scheiben nebendran neu verfugt und einen von diesen Plastekehrbesen erneuert, die verhindern, dass es unter der Haustür durchzieht. Zusammen mit dem neuen Doppelglas in der Küchentür ist jetzt auch der Flur wärmer. Das Wärmebedürfnis ist ja auch unter Menschen im Rollstuhl durchaus nicht auf einem Niveau. Ich kenne eine Rollstuhlfahrerin, die unter 25 Grad Wohnzimmertemperatur zittert und schon im Herbst den Kaminofen prasseln lässt. Natürlich kochen etwaigen Besuchern dabei diverse Körperflüssigkeiten, das berührt die Dame aber eher weniger. Mir reichen 21 Grad, die brauch ich aber auch. Wenn dazu die Sonne durchs Fenster scheint, bin ich geneigt, die Unfreundlichkeit der Jahreszeit zu vergessen. Sonne, Mond und Sterne Dass die Sonne jetzt weniger zu sehen ist, weiß ja jeder. Dunkel macht traurig, ist ebenso bekannt. Manchmal kann es helfen, sich selbst ein bisschen was vorzumachen. Ich sage mir z.B. kolumne immer, dass es schon vor Weihnachten mit den täglichen Sonnenzeiten wieder aufwärts geht. Stimmt doch auch, oder? Und dann haben wir gegenüber hohe Platanen stehen. Schöne Bäume, nehmen aber auch Licht weg. Nur im Winter nicht. Da werfen sie alles von sich und lassen jeden kleinen Sonnenstrahl durch. Früher hat man in Norddeutschland Bäume direkt vor südlich ausgerichtete Wohnräume an die Bauernhöfe gepflanzt. Die gaben im Sommer Schatten und winkten im Winter alles Licht durch. Und das alles ohne Energieverbrauch, der die Klimakatastrophe weiter befeuert. Wenn jetzt die Durchschnittstemperatur weiter steigt, müssen wir dann im Winter weniger frieren, ist also die Erderwärmung prinzipiell behindertenfreundlich? Bei den Behindertenparkplätzen schlagen die vorweihnachtlichen Chaostage jetzt schon durch. Das ist meine einzige Erklärung dafür, dass man in unserer Stadt einen guten breiten Platz gegen einen schmalen direkt an der Straße eintauschte. Auf das Kopfsteinpflaster (!) wurde dann ein Zeichen gemalt, dass nur mit viel Phantasie als Rolli erkennbar war, ein richtiges Schild kam erst nach Protesten wieder dazu. Vor der Praxis meiner Physiotherapeutin wurden die schmalen Taxiplätze gegen die breiten Behindertenparkplätze getauscht, jetzt stimmen also die Markierungen nicht mehr – so etwas Doofes! Ähnliches bei unserem Supermarkt. Wie viel Parkraum nimmt man uns jetzt Direkte positive Wirkungen auf das Gemüt haben dagegen die leise leuchtenden kleinen Feste, die meist auch was mit Licht und Wärme zu tun haben. Die Linke in NRW hat sich kürzlich mit einem Thema in die Nesseln gesetzt: Das Martinsfest sei abzuschaffen, da es andersgläubige Kinder ausschließe. Das sehen Kindergärten auch mit einem Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund (was für ein behämmertes Wort) anders, die Kinder lieben Laterne, Laterne. In unserer kleinen Stadt ist St. Martin die größte Show überhaupt. Mehrere altersgestaffelte Kinderumzüge mit Musik, Laternen aller Formen, einem riesigen Feuer auf dem Friedensplatz; alle, die zusehen wollen, drumherum und natürlich – dem guten Mann, der sich mit einem Bettler den Mantel teilt – was lässt sich dagegen schon sagen… Text & Foto: Peter Mand Anzeige » Apropos: Wenn jetzt die Durchschnittstemperatur weiter steigt, müssen wir dann im Winter weniger frieren, ist also die Erderwärmung prinzipiell behindertenfreundlich? Im Prinzip nein, würde Radio Eriwan sagen. Denn es ist ja so: Wenn zwei Statistiker auf die Jagd gehen, der eine schießt links am Hasen vorbei, der andere rechts, kommen sie trotzdem glücklich nach Hause. Warum? Statistisch ist der Hase tot. Analog das Wetter: Im Schnitt wird es ein bisschen wärmer, wenn es aber im Sommer viel heißer wird, kann es im Winter auch fast so viel kälter sein. Und was haben wird dann davon? weg, um Tannenbäume darauf zu verticken? Weihnachten, Fest der Liebe… (UN-)BEHINDERT LEBEN, WOHNEN UND ARBEITEN IN SÜDDEUTSCHLAND! Sie haben eine körperliche Behinderung und suchen eine Perspektive mit Zukunft? Wir bieten: · Ausbildung zum / zur Bürokaufmann / Bürokauffrau Tel.: 07131/96 55 46 · Selbstbestimmtes Leben und Wohnen in verschiedenen Wohnmodellen wie z.B. Fokushaus oder Ambulant Betreutes Wohnen · Individuell abgestimmtes BetreuungsArbeiter-Samariter-Bund system mit bis zu 24-Stunden-Assistenz, RV Heilbronn-Franken Fahrdienst, Therapie und Pflegedienst Offene Behindertenhilfe aus einer Hand Wilhelmstr. 34 · Unterstützung beim Umzug in ein selbst- 74074 Heilbronn bestimmtes Leben Wir beraten Sie gerne. Tel.: 07131/96 55 46, Anja Rogé-Kühner (Mo-Fr von 8 bis 12 Uhr) E-Mail: a.roge@asb-heilbronn.de www.asb-heilbronn.de Arbeiter Samariter Bund LV Baden-Württemberg e.V. RV Heilbronn-Franken markt KIRCHHOFF Mobility engagiert sich weiter in Süddeutschland. Zum 1. Oktober 2013 übernahm die REHA Group Automotive GmbH & Co. KG den Geschäftsbetrieb der HuberMobilTechnik GmbH mit Sitz in 88457 amit führt KIRCHHOFF Mobility eine neue REHA Kirchdorf, BadenNiederlassung, nämlich die „Niederlassung HUWürttemberg, Gewerbestr. 1. BERMOBILTECHNIK, Kirchdorf“. HUBERMOBILTECH- D KIRCHHOFF übernimmt HuberMobilTechnik NIK ist einer der führenden Fahrzeugumbauer für mobilitätseingeschränkte Personen in Süddeutschland. HUBERMOBILTECHNIK ist seit mehr als 20 Jahren in diesem Geschäft aktiv und verfügt über umfangreiche Erfahrungen. KIRCHHOFF Mobility ist mit den Gesellschaften REHA Group Automotive, Behindertenfahrzeuge Jelschen und Pruckner Rehatechnik nun an insgesamt zehn Standorten in Deutschland und Österreich vertreten. Jedes Jahr verlassen mehr als 2 000 individuell angepasste Fahrzeuge für Aktiv- oder Passivfahrer die Betriebe. Wichtig ist dabei das immer enger werdende, flächendeckende Netz von Niederlassungen, um für alle Kunden leicht und schnell erreichbar zu sein. Die geschäftsführende Gesellschafterin der bekannten HUBERMOBILTECHNIK, Stephanie Huber, wird Leiterin der neuen Niederlassung der REHA Group Automotive in enger Abstimmung mit der Niederlassung München. Sie bleibt damit Hauptansprechpartnerin für alle Kunden und Partner sowie für sämtliche von der REHA Group übernommenen Mitarbeiter. Weiterführende Informationen finden Sie auf www.kirchhoff-gruppe.de www.reha.com www.jelschen.de www.rehatechnik.co.at www.haag-rehatechnik.de www.hubermobiltechnik.de RLS – Das modulare Rampensystem von Altec Höhenunterschiede, die bislang als Stufen gelöst sind, stellen für Personen mit eingeschränkter Mobilität ein Hindernis dar. Sei es im Wohnbereich oder an öffentlichen Stellen, bei denen bereits bauliche Maßnahmen abgeschlossen oder nicht mehr möglich sind. Das stationäre Rampensystem vom Typ RLS des Singener Verladetechnikherstellers Altec GmbH setzt an dieser Stelle an und ist das barrierefreie Zugangssystem zu Gebäuden. Standardmäßig ist es in den Innenbreiten 800, 1 000 und 1 200 mm erhältlich. Die verschiedenen Elemente haben je eine Tragkraft von 400 kg, passen modular zusammen und bieten somit eine Vielzahl an unterschiedlichen Lösungen. Der eloxierte Handlauf entspricht der DIN 18040 und ist auch für öffentliche Gebäude geeignet. Die gestanzte Lauffläche ist langlebig und bietet eine hohe Rutschhemmung von R12. Dieses innovative Modularsystem passt mit seiner modernen Optik optimal zu bestehenden Gebäuden, es benötigt keine Wartung und ist auch für Fußgänger geeignet. Informationen zu weiteren Altec-Produkten sind auch im Internet unter www.altec.de erhältlich. ALTEC Rudolf Diesel Str. 7 78224 Singen 52 PARAPLEGIKER 4/13 markt KADOMO hat neue Geschäftsräume bezogen Vor beinahe fünf Jahren wurde die Mobilitätsmanufaktur KADOMO gegründet. Das Unternehmen hat sich fest im Markt der Autoumrüster für behinderte Menschen etabliert. Dabei ist das Erfolgsrezept ebenso einfach wie überzeugend: Der Kunde setzt die Maßstäbe, KADOMO setzt sie individuell um. Kürzlich hat das Unternehmen neue Geschäftsräume bezogen, deren freundliche und moderne Atmosphäre noch mehr Raum für individuelle Wünsche bietet. „ Viele behinderte Menschen wissen erstmal gar nicht, dass sie die Möglichkeit haben, selbstständig Auto zu fahren“, stellt Frank Rösner, Geschäftsführer von KADOMO, fest. Wer sich dennoch auf den Versuch einlässt, erschließt sich nicht nur buchstäblich neue Horizonte, sondern auch den Namen von KADOMO: Du kannst doch mobil sein. Denn oftmals ist das Auto für Menschen mit Behinderung das beste Hilfsmittel für mehr Selbstständigkeit und Lebensqualität. „Die wichtigste Voraussetzung für individuelle Mobilität ist eine optimale Anpassung des Fahrzeugs an seinen Nutzer“, erläutert Udo Späker. Der 41 jährige weiß, wovon er spricht, denn er ist selbst Tetraplegiker und begeisterter Autofahrer. Im Beraterteam von KADOMO ist er einer von fünf Rollstuhlfahrern. Schon deshalb sind die neuen, etwa 1 000 Quadratmeter großen Geschäftsräume komplett barrierefrei eingerichtet. „Im Idealfall kommen die Interessenten schon zu uns, bevor sie sich das Auto gekauft haben“, sagt Frank Rösner. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass das passende Fahrzeug mit der idealen Ausstattung angeschafft wird. Aber auch rechtliche Aspekte und natürlich die Frage der Kostenübernahme spielen eine wichtige Rolle. „Bei uns bekommen alle Kunden einen hochwertigen Umbau zu fairen Preisen“, betont Frank Rösner. Die Beratung der Kunden findet bei KADOMO in einem partnerschaftlichen Austausch statt. „Weil jede Behinderung individuell ist, stellt sich oft erst nach und nach heraus, worauf es besonders ankommt“, berichtet Udo Späker. Neben den persönlichen Anforderungen und Wünschen des Kunden fließen auch eine Reihe technischer Faktoren in die Entscheidung mit ein. Beispielsweise gibt die „Driver Test Station“ Aufschluss über Kraft, Beweglichkeit und Reaktionsvermögen des Kunden. Aktuelle technische Entwicklungen können in den zahlreichen Ausstellungsfahrzeugen angeschaut und ausprobiert werden. Die Inhalte dieser Rubrik werden von den Anbietern verantwortet. Das Spektrum der Umbaumöglichkeiten ist bei KADOMO sehr breit. Während manchmal bereits eine Sitzschienenverlängerung ausreicht, ermöglicht das Joysteer-System auch Menschen mit erheblichen körperlichen Einschränkungen, wieder sicher und komfortabel Auto zu fahren. Für aktive Autofahrer bietet KADOMO Einstiegshilfen, Verladehilfen für das benötigte Hilfsmittel und Fahrhilfen zur sicheren Kontrolle des Fahrzeugs an. Für passive Autofahrer bieten sich Roll-In-Fahrzeuge mit Heckeinstieg oder Behindertentransportfahrzeuge an. Eine Reihe von Serviceangeboten wie zum Beispiel Miet- und Fahrschulfahrzeuge sowie die Wartung und Inspektion der Umbauten runden das Angebot ab. Und ganz nebenbei hat der neue Standort noch einen weiteren wichtigen Vorteil: Kleinhülsen bietet reichlich Platz und Ruhe für ausgiebige Testfahrten. Schließlich ist die Straße eine Sackgasse mit großem Wendehammer. Die neuen Geschäftsräume von KADOMO sind freundlich und modern eingerichtet und bieten viel Raum für individuelle Ideen. KADOMO GmbH Kleinhülsen 41 40721 Hilden tel 021 03-252 59 00 www.kadomo.de PARAPLEGIKER 4/13 53 kleinanzeigen Roll-A-Ramp Ca. 76 x 335 cm; inkl. 1 Paar Spindel-Standfuß, neuwertig, NP 1 945 €; VB 1 500 €; Abholung bevorzugt (Raum 35390 Gießen). tel 06 41-97 22 900. Stricker Handbike Mit Wig-Wag-Bügel (für Tetra-Querschnitt geeignet), Zustand neu, NP ca. 6 000 €, generalüberholt für 1 000 €, für € 3 000 zu verkaufen. Standort Mannheim, juheim@web.de, tel 01 77-195 59 99. Mazda 5 Sportsline Benziner, 6 Gang, EZ 06/2012, 10 000 km, 7 Sitzer, wie neu, gut gepflegt, Extras: Standheizung und Navi (Mazda original), mit reichlich Zubehör. 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Zuerst war es nur eine Telefonhotline, dann kamen das Internet und unsere erste Website www.rollikompass.de und im Jahre 2002 folgte der nationale Zugänglichkeitskatalog http://rokodat-katalog.de.ki dessen Hauptaufgabe es ist, barrierefrei zugängliche öffentliche Einrichtungen zu finden und weltweit bekannt zu machen. Auf verschiedenen Sonderseiten werden besondere Themen behandelt. Wir bitten Betroffene, uns ihnen bekannte und noch nicht erfasste Einrichtungen zu melden, damit jeder das Wissen eines jeden nutzen kann. ROKODAT 0721-4 99 99 01 die ROLLT-Hotline mit Behinderten und würde sie gerne auf ihrer nächsten Reise begleiten. tel 01 57-87 90 16 17 Renault Laguna Grandtour 2,2 dci Automatik Privileg Plus, 3 900 € VB, Petri & Lehr Drehknopf und Gas/ Bremse rechts, ohne Pedalabdeckung, EZ 6/2005, 123 000 km, 110 kw, Diesel, 1. Hand, HU/AU 6/2014, Graumetallic, Teilleder, innen grau, Tempomat, Windschutzscheibe beheizbar, Winterreifen auf Stahlfelgen. 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Mittlerweile bekanntestes Hilfemodell ist die Pfle- geeinstufung nach SGB XI, die Soziale Pflegeversicherung. Jeder gesetzlich Krankenversicherte ist gleichzeitig auch in der sozialen Pflegeversicherung versichert, jeder anderweitig privat Krankenversicherte muss gleichzeitig auch eine private Pflegeversicherung abschließen. Da seit 2009 Krankenversicherungspflicht besteht, ist mittlerweile quasi jeder auch in der Pflegeversicherung. Die Pflegeversicherung wiederum zahlt pauschalierte Beträge entweder als Pflegegeld oder Pflegesachleistung, je nach Pflegestufe. Die Pflegestufe wiederum hängt vom individuellen Pflegebedarf ab. Es gibt hier 3 Einstufungen plus Sonderzahlungen für Demenz sowie einer Sonderstufe für sog. Härtefälle, wobei die Krankenkasse, die die Pflegegeld- oder -Sachleistungen (oder eine Kombileistung aus beidem) erbringt, sich hier des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) bedient, um eine Einstufung vorzunehmen. Die Mitarbeiter des MDK haben hier feste Minutensätze für jede Verrichtung; sei es zu Bett bringen, Abführen oder Rasieren, die oft weit von der Realität eines Querschnittgelähmten entfernt sind, da die ursprüngliche Idee hinter der Pflegeversicherung die Absicherung einer zunehmend älteren gebrechlichen und demenzgefährdeten Bevölkerung war und nicht die Pflege von Gelähmten. Aus diesem Grund empfiehlt es sich zu den (anzukündigenden) MDK-Begutachtungsterminen stets fachliche Hilfe mitzubringen (es gibt hier spezielle Pflegeberater) und ein eigenes Pflegetagebuch zu führen. Erfolgt dann dennoch eine zu niedrige Einstufung, empfiehlt es sich, dies gerichtlich überprüfen zu lassen. Interessanterweise hat man im Sozialgerichtsverfahren das Recht nach § 109 SGG die Anhörung eines Anzeige Sie die Entdecken ration neue Gene . Robot RE1in1baupartnern. ei unseren Ab sofort b “Unsere Produkte gibt es in Ihrer Nähe.” TMN Europe GmbH “Der neue Robot R11 ist anwenderfreundlich und platzsparend!” Stubenrauchstraße 121 12357 Berlin Telefon: 030 - 453 05 144 Telefax 030 - 453 05 161 kontakt@tmneurope.de www.TMNEurope.de recht bestimmten Gutachters zu fordern, d.h. man kann einen fachkundigen Arzt eigener Wahl zum Beteiligten des Gerichtsverfahrens machen und so meist das MDK-Gutachten widerlegen. Behandlungspflege bei Beatmung Schwerstpflegebedürftige Querschnittgelähmte, die künstlich beatmet werden müssen, haben ein Recht darauf, dass ihre Krankenkasse nach § 37 SGB V die Behandlungspflege zu Hause durch einen professionellen Pflegedienst rund um die Uhr übernimmt. Dies ist jedoch problembehaftet. Zum einen berufen sich Krankenkassen in aller Regel darauf, dass ja ein Teil der 24stündigen Versorgung durch die Pflegesachleistung aus SGB XI abgedeckt ist. Dass dem nicht der Fall ist, soll folgendes Fallbeispiel belegen: Es beatmungspflichtiger Tetraplegiker ist in Pflegestufe 3+ eingestuft, da der MDK einen Grundpflegebedarf von 6 Stunden sieht. Er bekommt hier also die maximal mögliche Pflegesachleistung von 1 918 € zugesprochen. Die 24-Stunden-Versorgung durch Fachkräfte (nur diese dürfen beatmungspflichtige Patienten versorgen) kostet 31 €/h x 24h x 30 Tage, also 22 320,00 €. Nunmehr wenden die Krankenkassen hier stets ein, nur für 18 Stunden täglich zuständig zu sein, 6 Stunden seien ja von der Pflegekasse abgedeckt. Die Krankenkasse wird daher nur 31€/h x 18h x 30 Tage zahlen, also 16 760 €. Rechnet man die 1 918 € Pflegesachleistung hinzu, stehen 18 658 € an Einnahmen 22 320 € an Ausgaben entgegen, eine signifikante Deckungslücke. Die Rechtsprechung hat dies mittlerweile erkannt und geht davon aus, dass von den sechs Stunden, die die Pflegekasse übernimmt, zumindest die Hälfte Behandlungspflege ist, so dass die Krankenkassen mittlerweile oft 21 Stunden übernehmen. Dennoch bleibt immer noch eine gewisse Deckungslücke. Das zweite Problem ist, dass jedweder gesundheitliche Fortschritt, der die Notwendigkeit der Beatmung teilweise oder ganz entfallen lassen würde, finanziell fatal ist, da die Krankenkassen dann nicht mehr nach § 37 SGB V zur Leistung verpflichtet wären, da es dann nicht mehr um Behandlungs-, sondern vielmehr um Grundpflege geht. D.h. selbst wenn weiterhin 24stündiger Betreuungsbedarf (ohne Beatmung) besteht, zahlt die Krankenkasse diesen nicht mehr. Vielmehr muss eigenes Vermögen eingesetzt werden. Erst wenn dieses verbraucht ist, kommt als ultima ratio ein Anspruch aus SGB XII in Betracht. 56 PARAPLEGIKER 4/13 Freiraum durch Persönliches Budget? Das SGB XII deckt hier sämtliche Bereiche ab, die nicht von Dritter Seite übernommen werden. So gibt es Teilhabeleistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft genauso wie Hilfe zur Rehabilitation. Klappt es mit der Widereingliederung nicht, so gibt es Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung, reichen die Leistungen nach SGB XI nicht aus – was besonders bei hochgradig Gelähmten oft der Fall ist – gibt es Hilfe zur Pflege, die sogar bis zur Pflege zu Hause reichen kann und die nicht unbedingt Heimunterbringung bedeutet. All diesen Leistungen ist gemein, dass es Minimalleistungen sind, die darüber hinaus erst dann bezahlt werden, wenn das eigene Vermögen bis zu geringen Freigrenzen aufgebraucht ist und auch der jeweilige Ehepartner oder nachrangig andere Unterhaltsverpflichtete wie Eltern oder Kinder nicht mehr herangezogen werden können. Seit 2008 besteht zudem die Möglichkeit, sämtliche Sozialleistungen in einem sogenannten Persönlichen Budget zu bündeln. Dies bedeutet zum einen eine Verfahrenserleichterung, da ein Sozialträger die Budgetierung übernimmt und zum anderen mehr Freiraum für den Betroffenen, da er das Budget, dass die Summe der ansonsten einzeln bezahlten Sozialleistungen nicht übersteigen soll, zur freien Verfügung hat und sich damit schneller auf jeweilige Einzelsituationen einstellen kann. Gern steht der Autor in Einzelfragen im Rahmen seiner Beratungstätigkeit für die FGQ (und im Rahmen seiner zeitlichen Belastungsgrenzen) zur Verfügung, am liebsten per eMail. Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Oliver Negele, Mitarbeiter der AG-Recht der FGQ, bearbeitet derzeit ca. 30 Fälle aus dem Bereich Großpersonenschaden im Jahr. Kontakt: Rechtsanwalt u. Fachanwalt für Verkehrsrecht Oliver Negele Bgm.-Fischer-Str. 12 86150 Augsburg tel 08 21-32 79 88-10, Fax: -20 kontakt@arge-recht.de § Werden Sie Mitglied! Ich zahle per: Lastschriftverfahren Kontonummer BLZ IBAN BIC Bankname Kontoinhaber (Sie erhalten von uns ein ausgefülltes SEPA-Lastschriftmandat zur Unterschrift zugesandt. Dieses ersetzt die bisherige Einzugsermächtigung) Nachname Vorname Straße PLZ Telefon E-Mail Unterschrift: Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. Öffentlichkeitsarbeit Peter Mand Moorenstr. 1a 47669 Wachtendonk tel 0 28 36-971 44 28 eMail: peter.mand@t-online.de Neue Ansprechpartner gesucht! Anfragen bitte an eMail: fgq-moelsheim@t-online.de Silcherstraße 15 67591 Mölsheim Rückseite beachten! Ständige Themen Hilfsmittel Pflege Urlaub Auto Recht Menschen Planen und Bauen Rollstuhl & Co – Test the Best Organisation, Finanzierung und Hilfsmittel In Nah und Fern Solange es rollt – Vom kleinen Flitzer bis zum großen Van Diesen Abschnitt bitte ausfüllen, Tipps vom Anwalt ausschneiden, in einen ausPortraits, Sport und Spiel, Beruf Barrierefrei und alltagstauglich Zu unserem Programm gehören auch »B-Kids« »K-Journal« »FGQ-Info« 31 Das offizielle Nachrichtenmagazin der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten erscheint jetzt im vereinseigenen HUMANIS Verlag. Menschen mit Körperbehinderung haben viele gemeinsame Interessen, deshalb sollte der Blick auch über den Zaun der eigenen Betroffenheit hinausgehen. Der „Para“ bietet einen Mix aus Information, Kultur, Politik und Unterhaltung. 0 13g 4 /. 2 Jahrgan PARAplegiker – Zeitschrift für Menschen mit Körperbehinderung dheit für Gesun Urlaub Johann Kreiter Laubeweg 1 • 70565 Stuttgart tel 07 11-7 15 64 90 eMail: JNKreiter@aol.com Ort Verlag Humanis Schmerz bei Querschnittlähmung Margarete „Gritli“ Blickensdörfer Gottfried-Keller Str. 54 • 40474 Düsseldorf tel 02 11-38 73 69 67 eMail: gblickensdoerfer@ish.de Rechnung Zahlung: Ich ermächtige die FGQ meinen Beitrag / mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von der FGQ auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Recht / Schadensersatzrecht Gottfried Weller Oliver Negele Dr. Loeffelladstr. 127 • 86609 Donauwörth tel 09 06-9999 715; Fax 99 99 715 eMail: gottfriedweller@arcor.de Rechtsanwalt im Sozialrecht Christian Au Bahnofstraße 28 21614 Buxtehude tel 0 41 61-866 511-0, Fax -2 eMail: rechtsanwalt@rechtsanwalt-au.de je Familienmitglied 15 Euro 5070 ISSN 0723- FGQ-Rechtsbeistand im Sozialrecht Herbert Müller Freiherr-vom-Stein-Straße 47 56566 Neuwied-Engers tel 0 26 22-88 96-32; Fax -36 eMail: h.mueller@engers.de Euro 05475 • Frank Opper, Architekt Auf der Wiese 20 • 41564 Kaarst tel 0 21 31-51 17 09 eMail: frank@opper-architekten.de von (mindestens 30 Euro) Querschnittgelähmte 15 Euro, lt • ZKZ D lt bezah AG • Entge Bauen & Umwelt Dipl. Ing. Dirk Michalski Im Hohnsiefen 1 53819 Neunkirchen-Seelscheid tel 0 22 47-60 70 eMail: info@barriere-frei-bauen.de Internet: www.barriere-frei-bauen.de Ich spende meinen Jahres- Mitgliedsbeitrag in Höhe che Post eim • Deuts 91 Mölsh e 15 • D-675 Silcherstrass GmbH • Arbeitsgemeinschaften (AG) für behinderte junge Menschen Mensch und Krebs Informationsbroschüren der Fördergemeinschaft für Querschnittgelähmte in Deutschland. Bei Interesse fordern Sie bitte ein Probeheft an oder informieren sich telefonisch beim Verlag. Bestellcoupon rückseitig reichend frankierten Umschlag geben und einsenden an: Humanis Verlag für Gesundheit GmbH Silcher Straße 15 67591 Mölsheim oder faxen an: 0 62 43 - 90 35 69 Abotelefon: 0 62 43 - 90 07 04 Werden Sie Mitglied! JA! Ich möchte Mitglied im Freundeskreis der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. werden. Ich erhalte 1/4 jährlich eine Informationsschrift, die mich unter anderem auch über alle laufenden Aktivitäten der Fördergemeinschaft informiert. Falls ich durch einen Unfall eine Querschnittlähmung erleide, erhalte ich als Soforthilfe 50.000 € mit entsprechender Abstufung bei Teilinvalidität. I M P R E S S U M PARAplegiker – Zeitschrift für Menschen mit Körperbehinderung HUMANIS Verlag GmbH Silcherstraße 15 · D-67591 Mölsheim Telefon: 0 62 43-900 704 Telefax: 0 62 43-903 569 info@humanis-verlag.de www.humanis-verlag.de ISSN 0723-5070 Name, Vorname Herausgeber Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. Eingetragen ins Vereinsregister Mannheim Nr. 11844 Geb.-Datum Straße Geschäftsführer Roger Kniel PLZ / Wohnort Folgende Familienangehörige melde ich für 15 Euro an: Name, Vorname Marketingleitung Gisela Werner Straße / Wohnort Anzeigenbetreuung Point63 Media- und Verlagsservice Andreas Stoßberg Telefon: 02 12-2 33 52 65 Telefax: 02 12-2 33 52 66 a.stossberg@arcor.de Geb.-Datum Name, Vorname Straße / Wohnort Geb.-Datum Ich bin querschnittgelähmt 94 ja nein Andere Behinderung: Spendenkonto 0 179 200, Deutsche Bank Ludwigshafen, BLZ 545 700 94 BIC: DEUT DE DB545 IBAN: DE95 545 700 240 0179200 00 PARAPLEGIKER PARAPLEGIKER PARAPLEGIKER Rückseite beachten Ja! Ich möchte »PARAPLEGIKER«, die Zeitschrift für Menschen mit Körperbehinderung abonnieren, 4 Ausgaben jährlich für 15 € (Ausland 20 €) inkl. Porto & Versand. Vorname: Name: Redaktionsleitung (v.i.S.d.P.) Peter Mand Mitarbeit an dieser Ausgabe Heike Stüvel, Hermann Sonderhüsken, Reinhard Wylegalla, Manuel Jaeger, Ralf Kirchhoff, Kasia, Barbara Früchtel, Herbert Müller, Winfried Kolibius, Ruth Auschra, Margit Glasow, JNKreiter, RA Oliver Negele. Layout Eickhoff – Grafik & Design - Speyer Telefon: 0 62 32-62 93 20 Druck NINO Druck GmbH Im Altenschemel 21 67435 Neustadt/Weinstraße Erscheinungsweise vierteljährlich Straße / Hausnummer: PLZ / Ort: Ihr Rücktrittsrecht: Diese Bestellung kann innerhalb von 8 Tagen (Poststempel) schriftlich widerrufen werden. Diesen Hinweis habe ich zur Kenntnis genommen und bestätige dies durch meine 2. Unterschrift. Unterschrift. Zahlung: Ich ermächtige den Humanis-Verlag meinen Bezugspreis mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von dem Humanis-Verlag auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Kontonummer BLZ IBAN BIC Bankname Kontoinhaber (Sie erhalten von uns ein ausgefülltes SEPA-Lastschriftmandat zur Unterschrift zugesandt. Dieses ersetzt die bisherige Einzugsermächtigung) Nachname Vorname Straße PLZ Telefon E-Mail Ort Geburtsdatum Ich bin querschnittgelähmt: 94 Abobetreuung Probeheft Telefon: 0 62 43-900 704 ja nein gegen Rechnung (bitte Rechnung abwarten) Unterschrift: Rückseite beachten Anzeigenschluss 3 Wochen vor Erscheinen. Anzeigen erscheinen unter Verantwortung der Auftraggeber. Es gelten die Mediadaten Nr.11 ab 1. Dezember 2011 Bezugsbedingungen Inland 15 EURO jährlich, Ausland 20 EURO jährlich, Einzelheft: Deutschland 4 EURO (jeweils inkl. Versand und Mwst.); Ausland 4 EURO (+Versandkosten). Das Abonnement wird im voraus in Rechnung gestellt, Bezugszeitraum ist das Kalenderjahr. Das Abonnement verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht mindestens 8 Wochen vor Ablauf beim Verlag schriftlich gekündigt wurde. 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