Nr. 19 - Oktober 2009
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Nr. 19 - Oktober 2009
med tropole Nr. 19 Oktober 2009 PSYCHOTHERAPIE: Borderline-Störungen und Sexualität NEUROCHIRURGIE: Der zervikale Bandscheibenvorfall INFEKTIOLOGIE: H1N1 – Der nächste Winter kommt bestimmt Aktuelles aus der Klinik für einweisende Ärzte Editorial Impressum Liebe Leserinnen und Leser, Redaktion Jens Oliver Bonnet (verantw.) Prof. Dr. Dr. Stephan Ahrens Prof. Dr. Christian Arning PD Dr. Oliver Detsch Dr. Birger Dulz PD Dr. Siegbert Faiss Dr. Christian Frerker Dr. Annette Hager Dr. Susanne Huggett Prof. Dr. Uwe Kehler Dr. Jürgen Madert Dr. Ulrich Müllerleile PD Dr. Jörg Schwarz PD Dr. Gunther Harald Wiest Prof. Dr. Gerd Witte Cornelia Wolf Herausgeber Asklepios Kliniken Hamburg GmbH Unternehmenskommunikation Rudi Schmidt V. i. S. d. P. Rübenkamp 226 22307 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-82 66 36 Fax (0 40) 18 18-82 66 39 E-Mail: medtropole@asklepios.com Auflage: 15.000 Erscheinungsweise: 4 x jährlich ISSN 1863-8341 die Lektüre medizinischer Literatur scheint mir persönlich einen immer höheren Stellenwert einzunehmen, je länger man in unserem Berufe tätig ist. Offenbar wächst mit der eigenen Erfahrung auch die Erkenntnis, zu wenig über die Fülle medizinischer Daten in der zur Verfügung stehenden Literatur zu wissen. Hierbei beziehe ich mich nicht nur auf das Studium des eigenen Fachgebietes, sondern registriere darüber hinaus zunehmend, wie interessant medizinische Beiträge aus anderen Disziplinen sind. Sich medizinisch zu belesen, sollte nicht nur eine Verpflichtung für uns Mediziner sein, sondern kann, gemessen an unserem manchmal rauen medizinischen Alltag, eine grundsätzliche Zufriedenheit durch neue Erkenntnisse in unserem Fachgebiet und die damit verbundene intellektuelle Auseinandersetzung schaffen. In besonderer Weise freut es mich daher, dass wir in diesem Heft viele neue chefärztliche Kollegen vorstellen können, die ihr Wissen in den Asklepios-Konzern neu einbringen. Prof. Schmoeckel, Chefarzt der Kardiochirurgie der AK St. Georg ist diesbezüglich Wegbereiter und berichtet über den Wandel der Herzchirurgie in den vergangenen Jahren. Ein ganz anderes Thema, die Transsexualität, referiert Priv.-Doz. Dr. Schwarz, der kürzlich die Position als Chefarzt der Gynäkologie der AK Nord angetreten hat. Das chirurgische Spektrum runden Dr. von BremenKühne aus der AK St. Georg mit seinem Beitrag zur Dreifachbeckenosteotomie und Dr. Richter, Sektionsleiter Kinderchirurgie/Kinderurologie des Urologischen Zentrums der AK Harburg, mit der Behandlung pränatal diagnostizierter posteriorer Urethralklappen ab. Gerade das letzte Thema wird zwischen Kinderchirurgen und Kinderurologen kontrovers besprochen, sodass ich Sie zur Diskussion auffordern möchte. Weitere Beiträge wie Borderline-Störungen und Sexualität aus der Psychiatrie der AK Nord, zervikaler Bandscheibenvorfall aus der Neurochirurgie der AK Altona sowie ein aktuelles Referat von Frau Dr. Huggett (Medilys) zum H1N1-Virus runden den Inhalt dieser Ausgabe ab. Schließlich lege ich Ihnen eine historische Betrachtung von Prof. Hagenmüller ans Herz, der über „17 Jahre Endo Club Nord“ referiert. Der 1991 von ihm selbst, Prof. Soehendra und Prof. Wurbs gegründete Endo Club richtet mittlerweile einen international bekannten Kongress aus, der zuletzt eine Rekordbeteiligung von 2.600 Teilnehmern verzeichnete – weltweit die bisher höchste Teilnehmerzahl bei einem Endoskopie-Meeting. Ich wünsche Ihnen abschließend bei der Lektüre der vorliegenden medtropole nicht nur die wünschenswerte Bereicherung Ihres medizinischen Wissens, sondern würde mich freuen, wenn Sie auch diese Ausgabe wieder mit einem gewissen Genuss in die Hand nehmen und studieren. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude und verbleibe Ihr Priv.-Doz. Dr. Meyer-Moldenhauer Ärztlicher Direktor der AK Harburg Chefarzt des Urologischen Zentrums Inhalt 708 | ORTHOPÄDISCHE CHIRURGIE Dreifachbeckenosteotomie – Indikation, Technik und Ergebnisse S. 708 712 | PSYCHIATRIE UND PSYCHOTHERAPIE Borderline-Störungen und Sexualität 716 | GYNÄKOLOGIE Transsexualität – Was ist das und wie behandelt man es? 719 | NEUROCHIRURGIE Der zervikale Bandscheibenvorfall S. 719 722 | INFEKTIOLOGIE H1N1 – Der nächste Winter kommt bestimmt 725 | HERZCHIRURGIE Herzchirurgie heute 728 | PERSONALIA 733 | KINDERUROLOGIE Pränatale Diagnose von posterioren Urethralklappen: Wann und wie soll man behandeln? 736 | GESCHICHTE DER MEDIZIN 17 Jahre ENDO CLUB NORD S. 733 Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009 Dreifachbeckenosteotomie – Indikation, Technik und Ergebnisse Dr. Reinhard von Bremen-Kühne Die Einführung und flächendeckende Verbreitung des Neugeborenen-Screenings auf kongenitale Pfannendysplasie ab Ende der 1980er-Jahre führte zu einem deutlichen Rückgang unzureichend oder nicht behandelter Dysplasiepatienten. Dessen ungeachtet gibt es, teils auf anlagebedingter Basis, teils durch Zuzug auswärtiger Patienten, teils durch nach wie vor unzureichende Frühdiagnostik weiterhin Jugendliche und Erwachsene mit dysplastischen anatomischen Veränderungen am Azetabulum und den hieraus erwachsenden klinischen Konsequenzen im Sinne einer präarthrotischen Deformität. In der chirurgischen Behandlung der Pfannendysplasie hat die Dreifachbeckenosteotomie nach Tönnis und Kalchschmidt einen bedeutenden Stellenwert bekommen. Indikation Die kongenitale Hüftdysplasie ist morphologisch durch eine Steilstellung, Abflachung und besonders ventral ungenügende Überdachung des Hüftkopfes durch die Pfanne gekennzeichnet und geht nicht selten mit einer Deformität des proximalen Femur im Sinne einer Coxa valga antetorta einher. Diese anatomischen Veränderungen haben erhebliche biomechanische Auswirkungen und führen einerseits zur Verkleinerung der lasttragenden Zone im Bereich des Pfannenerkers, zum anderen zu einer für den hyalinen Knorpel schlecht tolerablen Scherbelastung in kraniolateraler Richtung.[1,2,3] Die sogenannte präarthrotische Deformität bringt ein verhältnismäßig hohes Risiko einer verfrühten degenerativen Arthrose des Hüftgelenkes mit sich.[4] Zur operativen Korrektur der pathologischen Anatomie des dysplastischen Azetabulums haben sich zwei Verfahren periazetabulärer Osteotomien durchgesetzt: die 1988 von Ganz et al. beschriebene periazetabuläre Osteotomie [5] und die gut ein Jahrzehnt früher (seit 1976) von Tönnis entwi- 708 ckelte [6] und somit seit fast drei Jahrzehnten im breiten klinischen Einsatz bewährte sogenannte Dreifachbeckenosteotomie nach Tönnis und Kalchschmidt. Die Indikation zu diesem aufwendigen Eingriff wird bei Patienten gestellt, welche die beschriebenen radiologischen Abweichungen von biomechanischen Kennwinkeln und der normalen Anatomie neben typischen und therapieresistenten klinischen Beschwerden aufweisen (Abb. 5). Dabei dient eine synoptische Einteilung nach dem Ausmaß der Abweichung (Tab. 1) als Grundlage für die rationale Differenzialindikation zur Operation (Tab. 2). Operationstechnik Der Eingriff erfolgt in Intubationsnarkose auf einem röntgendurchlässigen Operationstisch. Zur besseren intraoperativen Narkosesteuerung sowie optimalen postoperativen Schmerzbehandlung wird ein Periduralkatheter gelegt. Der Patient liegt auf der kontralateralen Seite, wobei der Thorax mit Seitenstützen sicher in 90° stabilisiert wird und das Becken um etwa 30° Abb. 1: Lagerung zu Operationsbeginn nach ventral geneigt ist. Das operationsseitige Bein wird ebenfalls chirurgisch abgewaschen und frei beweglich abgedeckt (Abb. 1). Nach Palpation der entscheidenden anatomischen Struktur, des Ligamentum sacrotuberale, erfolgt eine etwa zehn Zentimeter lange Inzision, die dem Faserverlauf des Musculus gluteus maximus ventral des Ligamentes folgt. Das Ligamentum sacrotuberale wird dargestellt, das Foramen obturatorium mit speziellen Hohmann-Hebeln umfahren. Die kleinen Außenrotatoren werden vom Os ilium abgeschoben und durch einen weiteren Orthopädische Chirurgie Abweichungsgrad CE-Winkel, ACE-Winkel < 18 Jahre: 1 2 3 4 > 25° 20 – 24° 5 – 19° < 5° CE-Winkel, ACE-Winkel > 18 Jahre: > 30° 20 – 29° 5 – 19° < 5° TF-Winkel: (Tragflächenwinkel nach Tschauner) 0 ± 9° 10 – 15° 16 – 25° > 25° Interpretation normal mäßig pathologisch erheblich pathologisch extrem pathologisch Tab. 1: Radiologische Einteilung nach „Abweichungsgraden“ (Engelhardt, Tönnis, Tschauner) Abweichungsgrad CCD-Winkel Operatives Verfahren 1 Sphärisch-kongruent - Keine Operation 2 (mit Schmerz/Labrumläsion) - Reorientierung („Klassische Indikation“) 2 (mit Schmerz/Labrumläsion) Valgus Alternativ: (Hyper-)Varisierung 3 und 4 - Reorientierung („Klassische Indikation“) Deformiert und „pathologisch-kongruent“ - Reorientierung („Erweiterte Indikation“) Deformiert und inkongruent, mit Subluxation und Arthrose - „Palliativ“: Chiari und Valgisierung-Extension, Definitive Versorgung: HTEP Tab. 2: Synopse der operativen Differenzialindikation Hohmann-Hebel, der im Foramen infrapiriforme sitzt, beiseite gehalten. Die Sitzbeinosteotomie wird dann schräg verlaufend, vom Foramen infrapiriforme bis zum Foramen obturatorium mit Lexermeißeln vorgenommen und mit einem Fragmentspreizer mobilisiert (Abb. 2). Die Osteotomie muss so mobil sein, dass sie für den palpierenden Finger eingängig ist. Nach sorgfältiger Blutstillung erfolgt ohne Einlage einer Redondrainage der schichtweise Wundverschluss. Die weiteren Operationsschritte erfordern die Rückenlage des Patienten, sodass er intraoperativ steril umgelagert wird. Nach Palpation der Eminentia pubica und der femoralen Gefäße wird eine drei Zentimeter lange Inzision über dem Os pubis ausgeführt und das Schambein subperiostal dargestellt sowie mit speziellen HohmannHebeln umfahren. Die Schambeinosteotomie erfolgt mit einem Lexer-Meißel, einen Zentimeter medial der Tränenfigur mit Inklination um 30° in der Sagittal- und Frontalebene unter Bildwandlerkontrolle (Abb. 3). Die dritte Inzision folgt dem Verlauf der Crista iliaca, von zwei Zentimetern dorsal der Spina iliaca anterior superior etwa sieben bis zehn Zentimeter lang. In streng subperiostaler Präparation wird zunächst die pelvitrochantere Muskulatur von der Außenseite abpräpariert, anschließend der Musculus iliacus von der Medialseite. Das Foramen ischiadicum majus wird mit speziellen Hohmann-Hebeln umfahren. Unter Bildwandlerkontrolle wird eine Schanzsche Schraube parallel zum Tragflächenwinkel eingebracht, weiterhin ein Kirschnerdraht zur Markierung des Umschlagspunktes der gewinkelten Darmbeinosteotomie. Die Darmbeinosteotomie erfolgt mit oszillierender Säge von ventral nach dorsal, zwischen den beiden vorderen Darmbeinstacheln beginnend und an der Linea glutea inferior umschlagend. Der hintere Anteil der Darmbeinosteotomie wird mit der Gigli-Säge durchgeführt (Abb. 4). antevertiert werden, bis physiologische Kennwinkel etabliert sind. Die Osteosynthese erfolgt mit zwei bis vier als Zugbeziehungsweise Stellschrauben eingebrachten kanülierten Spongiosaschrauben in übungsstabiler Form (Abb. 6). Nach Einlegen von Redondrainagen erfolgt der schichtweise Wundverschluss, wobei die pelvitrochantere Muskulatur mit transossären Nähten an der Crista iliaca refixiert wird. Die Patienten werden am 2. bis 3. postoperativen Tag unter Entlastung der operierten Extremität an Unterarmgehstützen mobilisiert; die Entlassung erfolgt nach 14 Tagen. Der Belastungsaufbau beginnt nach klinischer und radiologischer Kontrolle nach sechs Wochen, Vollbelastung ist nach zwölf Wochen möglich. Die Materialentfernung erfolgt regelhaft nach frühestens zwölf Monaten. Das Azetabulumfragment ist nun völlig mobil und kann über die Schanzsche Schraube unter Bildwandlerkontrolle medialisiert, rotiert und gegebenenfalls sparsam 709 Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009 Abb. 2: Mobilisation der Sitzbeinosteotomie mit dem Abb. 3: Verlauf der Schambeinosteotomie unter dem Abb. 4: Darmbeinosteotomie (hinterer Anteil) Fragmentspreizer Bildwandler: 1 cm medial der Tränenfigur mit Inklination mit Gigli-Säge um 30° in der Sagittal- und Frontalebene Ergebnisse Erste Langzeitergebnisse berichteten Tönnis et al. 1994: In 216 Fällen mit einem durchschnittlichen Follow-up von 7,7 Jahren gelang es in jeweils knapp 80 Prozent, den CE-Winkel sowie den Tragflächenwinkel postoperativ zu normalisieren. Die Patientenzufriedenheit im Nachuntersuchungskollektiv lag bei knapp 85 Prozent.[7] Eine noch größere Patientengruppe mit gut dreijährigem Follow-up präsentierten Lenz et al. 1997:[8] Der durchschnittliche postoperative CE-Winkel lag hier bei 32°, der postoperative Tragflächenwinkel bei 3°. Die subjektive Patientenzufriedenheit wurde mit 98 Prozent angegeben. Kirschner et al. hatten 48 Patienten mit einem durchschnittlichen Follow-up von knapp drei Jahren nachuntersucht und 68 Prozent gute oder sehr gute klinische Resultate gefunden.[9] Auch diese Studie zeigt eine signifikante Verbesserung des CE-Winkels von 10,6° auf 32,2° und des Tragflächenwinkels von 20,8° auf 3,8°. Relevante Komplikationen im Sinne einer knöchernen Non-union am Sitzbein beziehungsweise Darmbein traten in knapp 15 Prozent der Patienten auf. 710 De Kleuver et al. berichteten 1997 über 51 Patienten mit zehnjährigem Follow-up.[10] Auch hier wurde der durchschnittliche postoperative CE-Winkel auf 28° und der postoperative Tragflächenwinkel auf 10° annähernd an physiologische Normalwerte gebracht. Die subjektive Patientenzufriedenheit war nach diesem verhältnismäßig langen Zeitraum noch bei 60,4 Prozent der Patienten hoch oder sehr hoch. Allerdings waren nur 17 Prozent vollständig beschwerdefrei. Die gleiche Gruppe berichtete kürzlich über das 15-Jahre-Follow-up.[11] Zu diesem Zeitpunkt waren noch 88 Prozent der Patienten ohne Progression der Arthrose und 64 Prozent zeigten gute bis exzellente klinische Ergebnisse. Das präoperative Ausmaß der Arthrose sowie ein ausreichender oder schlechter präoperativer klinischer Ausgangsbefund zeigten sich als signifikanter negativer Prognosefaktor in dieser Gruppe. Ein zehnjähriges Follow-up von 56 Patienten legte Küpper vor.[12] Radiologisch war ebenfalls eine weitgehende Normalisierung der Kennwinkel gelungen, zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung waren 39 Prozent der Patienten vollständig schmerzfrei, 51 Prozent äußerten selten auftretende Schmerzen. Von den 56 Patienten war nach zehn Jahren nur ein einziger im Sinne eines endoprothetischen Gelenkersatzes operationspflichtig geworden. Das Komplikationsprofil zeigt bei Tönnis et al. Pseudarthroseraten von 4,4 Prozent und eine Rate an verzögerten Knochenheilungen von 10,8 Prozent. In 2,1 Prozent waren meist transitorische Paresen des Nervus ischiadicus oder des Nervus femoralis vorhanden.[13] Tschauner et al. teilten eine Pseudarthroserate von 1,2 Prozent revisionspflichtiger Fälle bei 409 operierten Patienten mit.[14] Die eigenen Ergebnisse dieser Operation an 38 operierten Hüftgelenken mit einem Follow-up von 3,5 Jahren wurden 2006 publiziert.[15] Hier ließ sich eine statistisch hochsignifikante Verbesserung des Harris Hip Score, der Kennwinkel und des Abweichungsgrades bei der Nachuntersuchung feststellen. Dies ging mit einer in 81,7 Prozent hohen oder sehr hohen Patientenzufriedenheit einher. Die Konversionsrate zur Alloarthroplastik lag bei 2,6 Prozent, das Komplikationsprofil im Rahmen vergleichbarer elektiver hüftchirurgischer Eingriffe. Orthopädische Chirurgie Abb. 5: Pat. EJ ♀ 23 Jahre, re. Hüfte: Abb. 6: Pat. EJ ♀ 23 Jahre, re. Hüfte: Röntgenbild nach 1,5 Jahren, AG I. Präoperatives Röntgenbild mit AG III HHS: 92,3/100 Subjektiv: Sehr zufrieden Fazit Literatur [1] Pauwels F. Atlas zur Biomechanik der gesunden und Die Dreifachbeckenosteotomie nach Tönnis und Kalchschmidt zeigt ein hohes und konstantes Potenzial im Hinblick auf Beschwerdearmut/Beschwerdefreiheit sowie eine statistisch hochsignifikante Verbesserung der klinischen Scores und radiologischen Kennwinkel bei jugendlichen und erwachsenen Patienten mit Pfannendysplasie. Ungeachtet der relativ anspruchsvollen Operationstechnik bleibt das Komplikationsprofil im Bereich vergleichbarer elektiver hüftchirurgischer Eingriffe. Indikationsstellung, Patientenauswahl, Operationstechnik und Nachbehandlung folgen etablierten Algorithmen. Der Eingriff verbaut keine Rückzugsmöglichkeiten im Sinne einer gegebenenfalls später erforderlichen Alloarthroplastik, sondern verbessert in vielen Fällen sogar das knöcherne Lager eines späteren Implantates. Die Dreifachbeckenosteotomie kann bei der Kardinalindikation „Pfannendysplasie“ als Methode der Wahl angesehen werden. Im FB Orthopädie der Asklepios Klinik St. Georg liegt eine spezielle Ausrichtung und Erfahrung in der Behandlung der Hüftdysplasie bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor. kranken Hüfte. Berlin-Heidelberg-New York: Springer 1993. [2] Bombelli R. Osteoarthritis of the Hip – classification and pathogenesis and the role of osteotomy as a consequent therapy. Berlin-Heidelberg-New York: Springer 1976. [3] Tschauner C. Neues optimiertes biomechanisches Konzept zur Wirkungsweise der operativen Reorientierung der dysplastischen Hüftpfanne unter besonderer Berücksichtigung der Dreifachbeckenosteotomie nach Tönnis. Med Habil, Humboldt-Universität, Berlin 1995. Kontakt Dr. Reinhard B. F. H. von Bremen-Kühne FA f. Orthopädie und Unfallchirurgie Spezielle Orthopädische Chirurgie – Chirotherapie – Physikalische Therapie Ltd. Arzt FB Orthopädie Asklepios Klinik St. Georg Lohmühlenstraße 5, 20099 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-85 37 34 Fax (0 40) 18 18-85 37 70 Mobil 0160-803 35 42 [4] Murphy SB, Ganz R, Müller ME. The Prognosis in Untreated Dysplasia of the Hip. A study of radiographic E-Mail: r.bremen@asklepios.com factors that predict the outcome. JBJS 1995; 77-A: 985-9. [5] Ganz R, Klaue K, Vinh TS, Mast JW. A new periacetabular osteotomy for the treatment of hip dysplasias. Technique and preliminary results. Clin Orthop 1988; 232: 26-36. [6] Tönnis D. A new technique of triple osteotomy for [11] van Hellemondt GG, Sonneveld H, Schreuder MH, acetabular dysplasia in older children and adults. Abstracts Kooijman MA, de Kleuver M. Triple osteotomy of the pelvis 14th World Congr Soc Int Chir Orthop Trauma, Kyoto 1978: for acetabular dysplasia: results at a mean follow-up of 15 192. years. JBJS 2005; 87: 911-5. [7] Tönnis D, Arning A, Block M, Heinecke A, Kalchschmidt [12] Küpper A. 10-Jahres-Ergebnisse der dreifachen Becken- K. Triple pelvic osteotomy. J Pediatr Orthop 1994; 3-B: 54-67. osteotomie nach Tönnis. Orthop Praxis 2003; 39: 412-9. [8] Lenz G P, Mourani M. Operative Therapie im Kindes- [13] Katthagen B, Tönnis D, Kalchschmidt K. Complications alter. In: C. Tschauner[Edtr]. Die Hüfte. Enke, Stuttgart and technical failures of triple pelvic osteotomy. EPOS 1997: 78-91. Annual meeting, April 2001, Montpellier. [9] Kirschner S, Raab P, Wild A, Krauspe R. Kurz- bis [14] Tschauner C, Sylkin A, Hofmann S, Graf R. Painful mittelfristige klinische und radiologische Ergebnisse mit nonunion after triple pelvic osteotomy. Report of five cases. der dreifachen Beckenosteotomie nach Tönnis im Jugend- JBJS 2003; 85: 953-5. und Erwachsenenalter. Z Orthop 2002; 140: 523-6. [15] v. Bremen-Kühne R, de la Vega-Salgado H, Steffen R. [10] De Kleuver M, Kooijman MAP, Pavlov PW, Veth RPH. Die Dreifachbeckenosteotomie nach Tönnis und Kalch- Triple osteotomy of the pelvis for acetabular dysplasia. schmidt in der Behandlung der Pfannendysplasie – Mittel- Results at 8 to 15 years. JBJS 1997; 79-B: 225-9. fristige Ergebnisse. Z. Orthop. 2006; 144: 484-91. 711 Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009 Borderline-Störungen und Sexualität Dr. Birger Dulz Borderline-Störungen werden allein schon deshalb mit Sexualität in Verbindung gebracht, weil in rund 80 Prozent eine komplexe PTSD komorbid vorhanden ist [7] – oft also sexueller Missbrauch. Letztlich ist die (pathologische) Sexualität bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen jedoch völlig unerforscht.* Vermutlich existieren drei Gruppen, die das Sexualverhalten von Borderline-Patienten häufig kennzeichnen: 1. Sexualität wird nicht gelebt: Dabei sind dies oft Patientinnen mit den knappsten Tops und kürzesten Röcken. Ausgedrückt wird so die Sehnsucht nach (sexueller) Beziehung, die durch die Angst eben davor „in Schach“ gehalten wird (Herstellung von Anhedonie). 2. Extrem-Sexualität wird gelebt, was oft riskantes Sexualverhalten einschließt: Viel Angst wird zwar immer wieder wahrgenommen, aber gewissermaßen „kontraphobisch“ reduziert. 3. „Normale“ Sexualität wird gelebt, mit denselben Schwierigkeiten und Akzentuierungen wie bei „Dir und mir“. Ängste werden nicht selten (auch durch andere Symptome) kompensiert, beispielsweise durch Zwänge oder Dissoziationen. Untersuchungen hierzu sind nicht bekannt, aber eine eigene Schätzung führt auch hier zu der in der Psychiatrie so oft gefundenen „Drittel-Regel“. In allen drei Gruppen, vorwiegend aber der Gruppe 1, finden sich Patientinnen und Patienten mit einer schweren Identitätsstörung bezüglich gerade auch der sexuellen Orientierung: Wenn man nicht weiß, ob man homo- oder heterosexuell, Mann oder Frau ist, liegt es nahe, dass dieses davor „schützt“, sexuelle Nähe zulassen zu müssen, denn man weiß ja nicht, als wer zu wem. So wird unter anderem und vermutlich zuvorderst ein Verlassenwerden vermieden. Störungen der Sexualität werden meist nicht systematisch behandelt. Da Sexualität nun aber zu zufriedenstellenden Liebesbeziehungen gehört, dürfte dies ein wesentlicher Faktor für eine fortbestehende Unzufriedenheit bezüglich enger Beziehungen sein, wenn sonst keine Borderline-Symptome mehr nachweisbar sind. Angst als zentraler Affekt bei Borderline-Störungen Angst stellt das Zentralsymptom der Borderline-Störungen dar – als letzte Stufe der Angstentwicklung, die mit der Vernichtungsangst des Säuglings [9] beginnt und seine Wiederbelebung durch die Realtraumatisierung erfährt.[2] Diese archaische und traumatische sogenannte frei flottierende Angst – sie entspricht aufgrund ihrer „Wurzeln“ mehr einer Grund- denn einer konkreten Erwartungsangst – wird „automatisch“ als innerseelische Abwehr gegen unbewusst erwartete Bedrohungen (im Rahmen von Beziehungen) aufgebaut. Sie äußert sich oft „getarnt“ sowohl auf der deskriptiven wie der strukturellen Ebene.[4] Vermutlich ist die Behandlung von „keine Sexualität“ noch schwieriger als „extreme Sexualität“ – es ist immer leichter, etwas Vorhandenes zu therapieren, als das, was nicht vorhanden ist. * Erstmalig wurde jetzt eine umfassende Darstellung des Themenkomplexes publiziert: Dulz B, Benecke C, Richter-Appelt H (Hrsg.) (2009). Borderline-Störungen und Sexualität. Stuttgart: Schattauer. 712 Psychiatrie und Psychotherapie Frei flottierende Angst Deskriptive Ebene Strukturelle Ebene Spaltung Abb. 1: Angstreduzierung auf der deskriptiven (Symptome) und strukturellen (Beziehungen) Ebene. Projektive Identifizierung + primitive Idealisierung + Verleugnung + Omnipotenz/Entwertung Aus: Dulz B (2009). Sexualität und frei flottierende Angst. In: Dulz B, Benecke C, Richter-Appelt H (Hrsg.). Borderline-Störungen und Sexualität. Hilfsmechanismen der Spaltung Ätiologie, Störungsbild und Therapie. Schattauer, Stuttgart – New York Hoffmann [5] betont insbesondere folgende Ängste bei Borderline-Patienten: ■ Angst vor Überwältigung durch konflikthafte Impulse und Vorstellungen ■ Angst vor struktureller Regression ■ Angst vor dem Alleinsein ■ Angst vor Selbstverlust ■ Ängste vor dem fantasierten Verschlungenwerden Zudem ist die Angst vor Nähe und im Zusammenhang damit vor Verlassenwerden zu beachten. Mechanismus zur Reduzierung der frei flottierenden, diffusen Angst bei Borderline-Patienten Die zahlreichen möglichen Symptome wie Phobien, Zwänge, Drogenabusus, aber eben auch Sexualität dienen dem „konstruktiven“ Umgang mit der unfassbaren frei flottierenden Angst, indem diese Angst ausgerichtet wird (z. B. Phobie, Paranoia), versucht wird zu kontrollieren (Zwänge) oder auch abgespalten und so unspürbar wird (Dissoziationen, Drogen).[3,4] Auch die Abwehrmechanismen ermöglichen eine Angstreduzierung: durch Gestaltung von Beziehungen im Sinne einer „Sortierung“ zur besseren „Verortung“ der Bezugspersonen – etwa über Idealisierung und Entwertung oder auch Spaltung in „gut“ und „böse“ – oder auch im Sinne einer Destruktion von Beziehungen zur Vermeidung der mit Beziehungen verbundenen Verlustängste. Letztlich geht es also um die Reduzierung der diffusen Angst durch Ausrichtung oder Eliminierung von Angst im Sinne einer Pseudolösung – entsprechend der Wahlfreiheit zwischen Skylla und Charybdis. Auch die Sexualität dient dazu, Angst nicht zu spüren, zu reduzieren oder zu vermeiden (Vermeidung emotionaler Nähe durch Handlungen mit Pseudonähe). Zudem kann sie mit Ersetzen der diffusen Angst durch eine gerichtete vermindert werden – etwa vergleichbar mit dem abrupten Beenden einer schizophrenen Symptomatik angesichts eines Beschusses.[1] Frau A. und Herr B., Patienten auf der Borderline-Station, begannen eine Liebesbeziehung. Im Rahmen der Einzeltherapien erfuhren wir, dass Sexualität einschließlich Penetration (für beide) nur möglich war, wenn er sie dabei würgte. Natürlich hätten sie hinterher immer wieder sich selbst gesagt, dass Gott sei Dank nichts passiert sei, aber ohne die Eliminierung der Angst vor Nähe durch Schaffung einer gerichteten und klar „steuerbaren“ Angst könnten sie nun einmal nicht miteinander schlafen. Einerseits befürchteten auch wir, dass diese Praktik zum Tode führen könnte oder aber jedenfalls zu ernsten Verletzungen. Andererseits hatten wir als Intervention nur die Möglichkeit, in der Therapie die Problematik (Nähe bei Sexualität, Angst davor, Vermeidung durch Gewalt) zu bearbeiten. Schließlich gelang bei beiden Patienten eine Stabilisierung in einem Ausmaß, die es ihnen ermöglichte, ohne dieses Ausmaß an Gewalt miteinander zu verkehren. Das vielleicht Schwierigste daran war die Herstellung einer Atmosphäre in der Therapie, die die Bearbeitung des Themas ermöglichte. Moralische Vorhaltungen, Vorträge über körperliche Folgen von Würgen oder Verbotsversuche hätten das Risiko eines ernsten Zwischenfalls nur erhöht, denn es hätte dazu geführt, dass wir womöglich nie von dem Sexualverhalten erfah- 713 Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009 ren hätten oder es nicht hätte bearbeitet werden können, weil beide Patienten sich verschlossen oder gar die Behandlung abgebrochen hätten. Beide Patienten waren zu dem geschilderten Zeitpunkt symbiotisch verschmolzen, um nach ihrer Trennung – die noch während der stationären Therapie erfolgte – umso heftiger die jeweils andere Person zu entwerten. Bei Frau A. und Herrn B. führte das gefährliche Würgen (neben einer Asphyxie bei Frau A.) einerseits zu einer Angst vor einem Zwischenfall, andererseits aber auch zu einer Pseudosicherheit aufgrund der gemeinsam gelebten „Devianz“ bei massiver Angst vor Partnerverlust (Bindung des Partners durch unbedingtes Eingehen auf seine Bedürfnisse). Daneben spielte auch die Angstreduktion durch Agieren beider Patienten eine deutliche Rolle. „Ich (L. M.) nahm schon seit einigen Jahren Drogen, doch es wurde schlimmer. Ich hatte viele Blackouts. Auch in meinem Job verhielt ich mich immer risikoreicher. Hier galt natürlich Safer Sex, aber wenn einer nicht wollte oder ich einen überrumpeln konnte, tat ich es auch. Ich wusste genau, dass sie es, wenn sie es mit mir ohne Gummi machen, dann auch woanders tun, und wer kann schon für gesundheitliche Sicherheit garantieren? Aber das war ja gerade das Spiel mit dem Feuer. AIDS, Hepatitis, Schwangerschaft und Sonstiges … irgendwie faszinierte mich das Risiko. Heute würde ich sagen, es war verkappte Todessehnsucht, genauso wie die Risiken, die ich bezüglich der Örtlichkeiten einging. Ich fuhr oft mit dem Auto mit zu den Freiern nach Hause, ich ging mit mehreren auf einmal ins Hotel oder zu ihnen, ich ließ mich zu Männerpartys mitnehmen, blieb über Nacht … Ich forderte das Schicksal heraus, sicherte mich nie ab. Oft bekam ich dann auch die Rechnung dafür serviert: Ich wurde zusammengeschlagen, ausgesetzt, gruppenweise genommen. Viele Vorfälle wären wohl unter Vergewaltigung gefallen, aber ich wollte sie ja, ich suchte doch den Schmerz, die Unterdrückung und Erniedrigung. Es war wie ein Kampf oder Wettlauf gegen meinen Schatten. Ich war zwar immer stärker, oder stark genug, es durchzustehen, aber Sieger war ich auch nicht … Bald war alles vermischt, mein ganzes Leben drehte sich um Sex: Sex für Geld mit Kunden, anschließend Sex auf Partys und in Clubs für den Sinnestaumel, Sex, um mich gut zu fühlen, 714 Sex, um mich schlecht zu fühlen und zu bestrafen, Sex mit Fremden, um Frust abzubauen, Sex mit Freunden und in Beziehungen, um mich geborgen zu fühlen, Sex, um mich darzustellen, Sex, um mich zu finden, Sex, um mich zu verlieren … Alles wurde extremer, es gab bald keine Grenzen mehr. Ich gewöhnte mich an das Ungewöhnliche, also musste wieder ein höherer Reiz her. Ich wurde absolut exhibitionistisch. Parks, Hauseingänge, Bürgersteige, Toiletten, Kirchen, Kino, Mitbewohner, Nachbarn. Ich war bekannt. Nicht, weil man mich kannte, sondern weil man mich irgendwo mit irgendwem gesehen hatte. Ich ging regelmäßig in Swinger-Clubs und auf Gang-Bang-Partys, später dann auch zu solchen, wo klar war, dass HIV-Infizierte dabei sind und es ausdrücklich nur ungeschützten Verkehr gab, eine weitere Steigerung.“ Den eigenen Zustand konnte die Patientin erst in der Therapie erkennen, und dieser Zustand war es, den sie mit wirklich allen Mitteln zu vermeiden versucht hatte: „Ich war so bedürftig, doch das konnte und wollte ich mir nicht eingestehen, das hätte geheißen, dass ich schwach wäre. Ich konnte diese Feelings in mir nicht aushalten.“ Es geht also insbesondere um die Vermeidung von Schwäche, denn die stand in Verbindung mit einem Verlorensein, mit Angst vor Verletzung. Frau L. M. reduzierte Ängste durch massiven Drogenkonsum. Die intensiven sexuellen Reize, die „chronischen Kicks“, verhinderten zusätzlich, dass sie sich und ihre Ängste spüren konnte. Später gab sie an, dass es auch um das Vermeiden von Schwäche gegangen sei – Schwäche war es gewesen, auf die sie es zurückgeführt hatte, als Heranwachsende sexuell missbraucht worden sein zu können. Frau C. befand sich zur Beziehungszentrierten Psychodynamischen Psychotherapie in unserer Klinik, wobei das Haus der „Borderline-Station“ damals direkt neben dem Gebäude der Forensik lag. Sie erfuhr rasch, dass der sogenannte Heidemörder ausgebrochen war und begab sich in das angrenzende Wäldchen in der Erwartung und „entlastenden Hoffnung“, diesem zu begegnen, damit er mit ihr mache, was er mit den anderen Frauen gemacht hatte. Sie verspürte dabei nicht nur keine Angst, sondern Entlastung und etwas „Ähnliches wie Lust“. Der Heidemörder hatte drei Frauen vergewaltigt, gequält und zerstückelt. Das Bedürfnis nach Strafe durch den Tod bei der chronischen Empfindung, selbst unwert zu sein, ersetzte die Angst „vor dem Leben an sich“, also einer diffusen, „frei flottierenden“ Angst. Kontaktaufnahme über E-Mail ist heute üblich und kommt massenweise vor. Oft geht es primär um Sexualität und auffällig häufig um sadomasochistische Fantasien. Diese werden durchaus nicht selten auch ausgelebt, teilweise mit befriedigender Sexualität (nicht alles ist Störung, sondern manchmal Spiel), teilweise mit dramatischen Folgen, deren extremste Variante wohl die „einvernehmliche“ Tötung und Verspeisung des „Sexual“-Partners war – so der „Kannibale von Rotenburg“, der angegeben hat, B. habe in das Abtrennen des äußeren Teiles seines Penis und seine darauf folgende Tötung eingewilligt. Die Vorgänge wurden teils filmisch dokumentiert. Nicht selten lassen sich Patienten retraumatisieren und führen diese Situationen auch aktiv herbei (z. B. geplantes Aufsuchen des früheren Missbrauchers): Sie suchen eine bekannte Situation, die ihnen weniger Angst bereitet als ein neuer Weg mit unbekannten Beziehungssituationen. Die Amygdala, die mit negativen Emotionen wie Furcht in Zusammenhang gebracht wird, verliert bei positiven Emotionen wie Verliebtheit an Aktivität.[8] Langfristige Beziehungen sind aufgrund der mit der Dauer verbundenen Gewöhnung weniger „beruhigend“, daher der „Anreiz“ zu neuen und damit wieder emotional hoch aufgeladenen Beziehungen. Die Amygdala wird bei sexueller Stimulation und Ejakulation deaktiviert, die also der Angst entgegenwirken dürften. Auch auf neurobiologischer Ebene besteht also ein Zusammenhang zwischen Angst und Sexualität. Reduktion der Angst als Therapieziel In der Therapiesitzung und auf der Therapiestation muss eine angstfreie Atmosphäre vorherrschen, auch was das Berichten „peinlicher“ Vorgänge und Fantasien betrifft. Tabuisieren und Moralisieren verhindert die Bearbeitung sexueller Proble- Psychiatrie und Psychotherapie aus, dass eine „Haltende Funktion“ unabdingbar zum Entwickeln einer „reifen“ Beziehungsfähigkeit ist. Dementsprechend nannte er die nötige Umgebung eine „haltende“. Auf das Entstehen einer solchen haltenden Umgebung kommt es uns besonders an. Letztlich werden alle Beziehungserfahrungen in den neuronalen Netzwerken abgespeichert und lassen sich weder durch Medikamente noch durch Psychotherapie eliminieren. Somit erachte ich es als zentral, in der Therapie möglichst viele „gute“ (auch begrenzende) Beziehungserfahrungen zu machen, damit die „alten“ Erfahrungen durch die neuen mehr oder weniger neutralisiert werden. zur Nichtbearbeitung der Sexualität unserer Patienten oder zur Vermittlung eigener Moralvorstellungen führt. Das müssen jedoch nicht die unserer Patienten sein … und somit gliche der Therapeut mehr einem Mitglied der katholischen Glaubenskongregation denn einem Psychotherapeuten. Literatur [1] Bleuler M (1983). Lehrbuch der Psychiatrie. 15. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York: Springer: 461. [2] Dulz B (1999). Wut oder Angst – welcher Affekt ist bei Borderline-Störungen der zentrale? Persönlichkeitsstörungen 3: 30-5. [3] Dulz B (2000). Der Formenkreis der Borderline-Störungen: Versuch einer deskriptiven Systematik. In: Kernberg OF, Dulz B, Sachsse U (Hrsg.) Handbuch der BorderlineStörungen. Stuttgart, New York: Schattauer: 57-74. Für den Patienten bedeutet das vor allem: Angenommenwerden, ausreichende Angstfreiheit und Beziehungssicherheit. Für das Behandlungsteam bedeutet es vor allem, sich immer wieder auf neue Menschen und ihr schwieriges Beziehungsverhalten, das ja auch ein Beziehungsangebot beinhaltet, individuell und flexibel einzulassen. [4] Dulz B, Schneider A (1995). Borderline-Störungen. Theorie und Therapie. Stuttgart, New York: Schattauer. [5] Hoffmann SO (1998). Die Angst der Borderline-Patienten und seine Beziehungen. Persönlichkeitsstörungen 2: 4-9. [6] Kernberg OF (1989). Projektion und projektive Identifikation. Entwicklungspsychologische und klinische Aspekte. Forum Psychoanal 5: 267-8. [7] Sack M, Sachsse U, Dulz B (2009). Störungen der Sexualität bei Patientinnen und Patienten mit komplexer Post- me. Gerade gute Erfahrungen mit den Therapeuten führen zu guten Möglichkeiten, im „privaten“ Rahmen Beziehungen zu erproben. Das Entscheidende an unserer Arbeit ist also, eine besondere und spezifische Atmosphäre herzustellen und aufrechtzuerhalten, die eine verändernde und heilende Kraft hat. Winnicott[9] ging davon Hierzu gehört allerdings ein schwieriges therapeutisches „Kunststück“: die Unterscheidung zwischen der Angst des Patienten bezüglich Sexualität und der Angst des Therapeuten bezüglich der Sexualität des Patienten und der eigenen Person. Kernberg[6] beschreibt die projektive Identifizierung prägnant: „Das Subjekt projiziert unerträgliche intrapsychische Erlebnisse auf ein Objekt, verbleibt in Einfühlung mit dem, was es projiziert, versucht im ständigen Bemühen, das unerträgliche Erlebnis abzuwehren, das Objekt zu kontrollieren und bringt das Objekt in einer echten Interaktion unbewusst dazu, das auf ihn Projizierte tatsächlich zu erleben.“ Soll die Therapie auch bezüglich der sexuellen Störungen des Patienten gelingen, muss der Therapeut also seine Gefühle daraufhin prüfen, ob sie aus ihm selbst heraus entstanden sind oder ihm per projektiver Identifizierung vom Patienten „untergeschoben“ wurden. Das allerdings bezieht sich nicht nur auf Gefühle bezüglich Sexualität, sondern auf alle Gefühle – von denen uns die bezüglich Sexualität oft besonders suspekt sind, was dann fast zwangsläufig traumatischer Belastungsstörung. In: Dulz B, Benecke C, Richter-Appelt H (Hrsg.) Borderline-Störungen und Sexualität. Stuttgart, New York: Schattauer: 134-7. [8] Strüber D, Roth G (2009). Liebe, Sexualität und Gehirn. In: Dulz B, Benecke C, Richter-Appelt H (Hrsg.) BorderlineStörungen und Sexualität. Stuttgart, New York: Schattauer: 31-41. [9] Winnicott DW (1974, 1993). Reifungsprozesse und fördernde Umwelt. Frankfurt/M.: Fischer: 60 f. Kontakt Dr. Birger Dulz II. Fachabteilung Psychiatrie Persönlichkeitsstörungen/Trauma Asklepios Klinik Nord – Ochsenzoll Langenhorner Chaussee 560 22419 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-87 24 28 Fax (0 40) 18 18-87 15 36 E-Mail: b.dulz@asklepios.com 715 Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009 Transsexualität – Was ist das und wie behandelt man es? Priv.-Doz. Dr. Jörg Schwarz Transsexualität ist eine Erkrankung, bei der sich die Betroffenen im falschen Körper wähnen und sich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen. Bei eindeutigem chromosomalen und gonadalen Geschlecht sind die Patienten meist bereits seit der Kindheit oder spätestens der Pubertät absolut sicher, im „falschen“ Körper geboren worden zu sein. Somit liegt bei der Transsexualität eine Störung des Geschlechtsidentitätsgefühls vor. Das Geschlechtsidentitätsgefühl beinhaltet normalerweise Stimmigkeit der körperlichen Geschlechtsmerkmale mit dem entsprechenden Zugehörigkeitsgefühl zum weiblichen oder männlichen Geschlecht. Das heißt auch Stimmigkeit des Selbstgefühls mit der Wahrnehmung durch die Mitmenschen, dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht anzugehören. Transsexualität kann als leiblich-seelische Geschlechtsunterschiedlichkeit aufgefasst werden. Das Geschlechtsidentitätsgefühl passt nicht zu den körperlichen Geschlechtsmerkmalen. Transsexualität gibt es bei beiden Geschlechtern, wobei immer das Zielgeschlecht angegeben wird. Das bedeutet, dass ein transsexueller Mann chromosomal weiblich und eine transsexuelle Frau chromosomal männlich ist. Prävalenz In den Niederlanden beträgt die Prävalenz der Transsexualität bei Männern 1:11.900 und bei Frauen 1:30.400. Die Zahlen unterscheiden sich in verschiedenen Ländern. So ist die Prävalenz in Belgien und Neuseeland niedriger als in Singapur.[1] Die Relation von 3:1 zwischen Männern und Frauen findet sich in vielen, aber nicht allen Ländern. Bis jetzt gibt es jedoch keine ausreichende Erklärung für die unterschiedliche Prävalenz zwischen den Geschlechtern und zum Teil auch zwischen verschiedenen Ländern. Ätiologie Hinweise auf transsexuelle Menschen finden sich schon im Altertum bei Herodt und ubiquitär in vielen Kulturen und Gesellschaften, bei Indianern und Asiaten ebenso wie im Abendland.[2] Der Begriff des Transsexualismus entstand erst im 20. Jahrhundert. Auf Harry Benjamin (1953) ist die Abgrenzung zum Transvestitismus zurück- 716 zuführen. Er begründete mit seinem Buch „The transsexual phenomenon“ (1966) das Verständnis der Transsexualität als nosologische Entität und behandlungswürdige Krankheit. Wurde die Transsexualität lange Zeit als rein psychologisches Phänomen gesehen, so weiß man heute, dass der Transsexualität organische Veränderungen im ZNS zugrunde liegen. Untersuchungen an Gehirnen verstorbener transsexueller Frauen (Mann zu Frau) zeigten typisch weibliche Strukturen in einem bestimmten Areal im Bereich der Stria terminalis.[3] Eine weitere Studie fand bei transsexuellen Frauen Polymorphismen des Androgenrezeptors.[4] Diese Ergebnisse führten zu dem Konzept, dass es sich bei der Transsexualität um eine intersexuelle Erkrankung handelt, bei der die sexuelle Differenzierung des Gehirns nicht mit dem chromosomalen und gonadalen Geschlecht übereinstimmt. Die in der Kindheit gefestigte Geschlechtsidentität ist irreversibel. Eine psychotherapeutische Anpassung an das morphologische Körperbild ist bei echten Transsexuellen nicht möglich und mit unabsehbaren Folgen für die Patienten verbunden. Die Patienten leiden zum Teil erheblich unter ihrer Transsexualität. Ein häufiges Phänomen, insbesondere bei transsexuellen Männern, sind Ritzverletzungen an den Armen. Dieses Verhalten muss unbedingt von Patienten mit einer Borderline-Störung abgegrenzt werden. Weitere Differenzialdiagnosen betreffen alle geschlechtsdysphorischen Zustände vorübergehender Art, zum Beispiel in Adoleszentenkrisen, Fetischistischen Transvestitismus, Dissoziative Störungen („Multiple Persönlichkeiten“), schwere Identitätsstörungen auf BorderlineNiveau und psychotische Verkennung der Geschlechtsidentität. Nach Preuss gibt es verschiedene Anpassungsstrategien: Verheimlichung (Schamund Schuldgefühle), Perfektionierung des heimlichen Cross-Dressings, sozialen Rückzug (Einzelgängertum, soziophobische Ängste), Rückzug in eine hypertrophierende Fantasiewelt, Manipulationen bis zu Selbstverletzungen an den Genitalien, Auf- Gynäkologie Abb. 1: Mastektomie mit freier Brustwarzentransplantation bei einem transsexuellen Patienten 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Genaue Diagnosestellung der individuellen Geschlechtsidentitätsstörung Diagnostik anderer psychiatrischer Begleiterkrankungen und Veranlassung einer adäquaten Behandlung Beratung über alle Behandlungsoptionen und ihre Konsequenzen Ernsthafte Bemühung um Psychotherapie – „to engage in psychotherapy“ Überprüfung der Voraussetzungen für die Indikation somatischer Behandlungsschritte Verbindliche Überweisungen an medizinische Kollegen und Operateure mit begründeter Indikation Dokumentation der Vorgeschichte des Patienten im Arztbrief (Indikationsschreiben) Mitarbeit in einem professionellen Team, das sich mit Geschlechtsidentitätsstörungen befasst Beratung und Aufklärung von Angehörigen, Arbeitgebern und Institutionen Bereitschaft für behandelte Patienten später zur Verfügung zu stehen, unter Umständen lebenslang Tab. 1: Die zehn Aufgaben des „Gender-Spezialisten“ (nach Dr. Wilhelm F. Preuss) gabe der Körperbesetzung, körperliche Vernachlässigung, Verleugnung, Erlernen und „Spielen“ der nicht passenden Geschlechtsrolle, Hoffnung auf „Selbstheilung“ durch entsprechende Berufswahl, Eheschließung, Familiengründung etc. sowie Überkompensationen wie Machogehabe bei männlichen Transsexuellen. Die Diagnose des Transsexualismus muss durch einen Psychiater, am besten einen so genannten „Gender-Spezialisten“, gutachterlich gesichert werden (Tab. 1). Die Betreuung der Patienten dauert mindestens ein Jahr. Am Ende des gutachterlichen Verfahrens wird die totale und irreversible transponierte Geschlechtsidentität als Indikation zur hormonellen und chirurgischen Angleichung bestätigt. Therapie Die Therapie bei Transsexualität besteht unabhängig vom Geschlecht in drei Maßnahmen: 1. Alltagstest (Real-life-Test): Im Alltagstest lebt der Patient während der mindestens einjährigen gutachterlichen Betreuung durch einen Psychiater einen Rollenwechsel, während dessen er sich auch seiner Umwelt „outet“. 2. Hormonbehandlung: Voraussetzung für den Beginn einer Hormonbehandlung ist ein psychiatrisches Gutachten, das die Transsexualität bestätigt, da durch die Hormonbehandlung bereits irreversible Veränderungen hervorgerufen werden, zum Beispiel eine tiefere Stimme bei transsexuellen Männern nach Testosteronbehandlung. Die Hormonbehandlung transsexueller Männer besteht in der Gabe von Testosteronpräparaten, zum Beispiel 250 mg Testoviron-Depot i. m. alle zwei bis drei Wochen. Eine schnellere Vermännli- 1. Stufe Diagnostik 2. Stufe Behandlung während der Alltagserfahrung/Psychotherapie Vornamensänderung nach § 1 TSG 3. Stufe Hormonbehandlung nach Alltagserfahrung über mind. 1½ Jahre 4. Stufe geschlechtsangleichende Operation 5. Stufe Nachbehandlung/Weiterbetreuung Personenstandsänderung nach § 8 TSG Tab. 2: Behandlungsstufen für transsexuelle Patienten chung wird durch höhere Dosen nicht erreicht, da die Wirkung durch die Anzahl der Androgenrezeptoren bestimmt wird. Höhere Dosen belasten lediglich die Leber. Ziel der Androgenbehandlung ist das Erreichen einer männlichen Haarverteilung, Zunahme der Muskelmasse, Stimmbruch und Amenorrhoe. Häufige unerwünschte Nebenwirkungen sind eine ausgeprägte Akne und eine Steigerung der Libido. Die Verweiblichung transsexueller Frauen lässt sich durch Ethinylöstradiol-Injektionen (z. B. 20 mg Ethinylöstradiol i. m.) in zweiwöchentlichen Abständen, orale tägliche Östrogentherapie oder ein transdermales System (z. B. Estraderm® TTS100) erreichen. Die höchste Compliance zeigt die halbjährliche Implantation eines Östrogenstylus unter die Haut (Östradiol implant® 75 mg). Zur Reduktion der männlichen Behaarung wird Cyproteronacetat (z. B. Androcur®) angewendet. Ziel der Therapie ist das Erreichen einer weiblichen Fettverteilung, einer weichen Haut, einer Gynäkomastie, einer Hodenathrophie und eines Potenzverlustes (Erektion/Ejakulation). 717 Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009 Abb. 2: Brustaufbau bei einer transsexuellen Patientin mit Silikonprothesen 3. Operative Therapie: Die operative Therapie sollte frühestens sechs Monate nach Beginn der Hormontherapie erfolgen. Voraussetzungen sind zwei psychiatrische Gutachten und die Kostenübernahme durch die Krankenkasse. Aus unserer Sicht ist in dieser besonderen Situation der Operateur lediglich ausführender Dienstleister. Die Indikation zur Operation stellt der Psychiater, indem er die Transsexualität diagnostiziert. Neben der Konstruktion des Zielgeschlechtes dient die Operation auch der sicheren und irreversiblen Sterilisation, die Voraussetzung für die Personenstandsänderung ist. Die Operation transsexueller Männer beinhaltet die Entfernung des Uterus und/oder beider Adnexe, des Drüsenkörpers und die Formung eines männlichen Oberkörpers. Die genitale Geschlechtsangleichung ist möglich (Tab. 2), wird aber aufgrund ihrer Komplexität und der möglichen Komplikationen nur von einem Teil der Patienten angestrebt. Die Operation transsexueller Frauen besteht aus der Entfernung von Penis und Testes, der Konstruktion einer Neovagina aus Penishaut oder Darm, dem Aufbau weiblicher Brüste durch Implantation von Silikonprothesen und der Epilation. 718 Operative Therapie in der Asklepios Klinik Nord – Heidberg Literatur [1] Van Kestern PJ, Gooren LJ, Megens JA. An epidemiological and demographic study of transsexuals in the Nether- Wir bieten vor allem die operative Therapie bei transsexuellen Männern an. Im ausführlichen Beratungsgespräch werden zusammen mit dem Patienten die Art und der zeitliche Ablauf der Therapie festgelegt. Die Entfernung von Uterus und Adnexe erfolgt minimal-invasiv (z. B. totale laparoskopische Hysterektomie) oder über eine Minilaparotomie oberhalb der Symphyse. Der Vorteil hierbei ist das Vermeiden jeglicher vaginaler Manipulation. Die Entfernung der Brustdrüse erfolgt bei größerer Brust im Sinne einer Mastektomie mit freier Brustwarzentransplantation (Abb. 1), wobei aufgrund der Schnitttechnik ein männlicher Oberkörper mit Darstellung des lateralen Randes des Musculus pectoralis major angestrebt wird. Bei kleiner Brust werden auch Operationstechniken mit nur kleinen Narben um die Brustwarze angewendet. Den Patienten wird eine simultane Operation von Brust und Unterleib angeboten, sodass nur ein Krankenhausaufenthalt notwendig ist. Bei transsexuellen Frauen bieten wir den Brustaufbau durch Implantation von Silikonprothesen an. Dabei ist es vor allem wichtig, eine neue Submammärfalte zu rekonstruieren, um eine natürliche Brustform zu erzielen (Abb. 2). Alle Patienten werden in Einzelzimmern untergebracht. Aufgrund der Erfahrung des pflegerischen und ärztlichen Personals mit transsexuellen Patienten ist ein sehr freundlicher und respektvoller Umgang selbstverständlich. lands. Arch Sex Behav 1996; 25: 589. [2] Eicher W, Transsexualismus: Möglichkeiten und Grenzen der Geschlechtsumwandlung, 2. Auflage Stuttgart, New York: Fischer. [3] Zhou JN, Hofman MA, Gooren LJ, Swaab DF. A sex difference in the human brain and it’s relation to transsexuallity. Nature 1195; 378: 68. [4] Hare L, Bernard P, Sanchez FJ, et al. Androgen receptor repeat length polymorphism associated with male-tofemale transsexualism. Biol Psychiatry 2008: 20-4. Kontakt Priv.-Doz. Dr. Jörg Schwarz Klinik für Gynäkologie, Onkologie und Brustzentrum Asklepios Klinik Nord – Heidberg Tangstedter Landstraße 400 22417 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-87 31 26 Fax (0 40) 18 18-87 31 27 E-Mail: joe.schwarz@asklepios.com Neurochirurgie Der zervikale Bandscheibenvorfall Prof. Dr. Uwe Kehler Nackenschmerzen mit Ausstrahlung in den Hinterkopf und die Schulter-Arm-Region sind ein weitverbreitetes Problem. Ursächlich sind häufig degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule. Bandscheibenvorfälle verursachen dabei meist akute Wurzelreiz- und/oder Wurzelausfallsyndrome, während chronische Beschwerden meist durch degenerativ-knöcherne Veränderungen hervorgerufen werden. Zwar sind zervikale Bandscheibenvorfälle seltener als lumbale, die potenzielle Bedrohung ist jedoch durch die Nähe zum Rückenmark deutlich größer. Anamneseerhebung, genaue klinisch/neurologische Untersuchung, die bildgebende Diagnostik sowie differenzialdiagnostische Abwägungen stellen die Weichen für konservative oder operative Maßnahmen. Diese sind deutlich erfolgreicher als gemeinhin angenommen. Pathogenese Degenerationen der Bandscheiben gehen mit Dehydratation und Höhenminderung der Zwischenwirbelräume einher. Dabei können der Anulus fibrosus einreißen und Teile des Nucleous pulposus austreten. Während dorsomediale Bandscheibenvorfälle zu Rückenmarkskompression führen können (Abb. 2), verursachen dorsolaterale Vorfälle eher Nervenwurzelkompressionen (Abb. 1). Abb. 1: NMR eines lateralen Bandscheibenvorfalles mit Nervenwurzelkompression Die Höhenminderung des Zwischenwirbelraumes verursacht eine zusätzliche Belastung besonders der Unkovertebralgelenke. Reaktionen sind hypertrophe Unkarthrosen und Spondylosen mit sekundären Einengungen der Wurzelkanäle und/oder des Rückenmarkkanals. Betroffen ist meist die untere Halswirbelsäule, vor allem die Höhen HW5/6 und HW6/7, seltener HW4/5 und HW7/BW1. Klinik Die Beschwerden gehen häufig mit Nackenschmerzen und einer radikulären Schmerzausstrahlung einher. Bei einer Irritation der Nervenwurzel C6 findet sich typischerweise eine Schmerzausstrahlung bis in den Daumen, bei C7 bis in den Mittelfinger und bei C8 bis in den Kleinfinger. Motorische Ausfälle (Paresen) der Kennmuskeln und Reflexausfälle können hinzukommen. Die Paresen sind wegen der häufig mehrsegmentalen Innervation der einzelnen Muskeln meist nicht komplett. Bei langsam entstehenden Kompressionen des Rückenmarks kommt es zu ataktischen, spastischen Gangstörungen mit Reflexsteigerungen – der zervikalen Myelopathie. Bei akuten Rückenmarkskompressionen z. B. durch einen dorsomedianen Bandscheibenvorfall (Abb. 2) droht gar eine akute Querschnittslähmung. Diagnostik Anameseerhebung und klinisch/neurologische Untersuchung spielen eine bedeutende Rolle in der lokalisatorischen Eingrenzung der zu erwartenden Pathologie. Die weitere Diagnostik kann dann selektiv ausgewählt werden. Abhängig von der Akuität und dem Schweregrad der Symptomatik ist auch die Dringlichkeit der weiteren Diagnostik und Therapie festzulegen. Ein akuter Querschnitt macht eine sofortige weitere Abklärung (Tag und Nacht) notwendig. Die Verdachtsdiagnose eines Bandscheibenvorfalls muss mit der Bildgebung bestätigt werden. Dabei spielen Röntgennativaufnahmen heute kaum noch eine Rolle, da sie einen Bandscheibenvorfall nicht direkt nachweisen können. Untersuchung der Wahl ist die Kernspintomografie: Sie stellt das Rückenmark, die Nervenwurzeln, die Bandscheibe und den 719 Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009 Abb. 2: Sagittale und axiale Kernspintomografie eines medialen Bandscheibenvorfalles HW3/4 (→) mit Rückenmarkskompression – klinisch: akutes Querschnittssyndrom ■ Klinische Untersuchung ■ (Rö-Aufnahmen der HWS in 4 Ebenen) ■ Kernspintomografie und/oder Computertomografie ■ Evtl. EMG, NLG ■ Evtl. Funktionsaufnahmen (Röntgen oder MRT) Tab. 1: Diagnostik bei Verdacht auf zervikalen Bandscheibenvorfall ■ Degenerativ-knöcherne Veränderung (Unkarthrose, Osteochondrose, Spondylarthrose) ■ Tumoren (z. B. Neurinome, Meningeome, Metastasen, Pancoasttumor) ■ Schultergelenksverletzungen und -degeneration ■ Entzündungen (z. B. Borreliose, Myelitis, MS) ■ Spondylodiscitis ■ Polyneuropathie ■ Armplexusläsionen ■ Thoracic outlet Syndrom ■ Frakturen ■ Periphere Nervenkompressionssyndrome ■ Neuralgische Myatrophie ■ Spondylolisthese ■ … Tab. 2: Differenzialdiagnosen des zervikalen Bandscheibenvorfalles ■ ■ ■ ■ Therapieresistente Schmerzen Relevante progrediente Paresen Progrediente zervikale Myelopathie Akutes Querschnittssyndrom (absoluter Notfall) Tab. 3: Operationsindikationen eventuellen Vorfall sowie differenzialdiagnostisch zu erwägende Pathologien (Tumoren, Frakturen, Entzündungen etc.) in großer Genauigkeit dar. Stehen die rein knöchernen Veränderungen im Vordergrund, kann die Computertomografie sehr hilfreich sein. Sie wird auch eingesetzt, wenn Kontraindikationen gegen die Kernspintomographie (z. B. Herzschrittmacher, Tiefenhirnstimulation, Klaustrophobie etc.) bestehen. Eine zu vermutende Instabilität wird durch Funktionsaufnahmen der HWS mittels Nativröntgen oder Kernspintomografie geklärt. Natürlich ist eine differenzialdiagnostische Abwägung (Tab. 2) notwendig. Dazu werden je nach Bedarf die Kernspintomografie, Liquoruntersuchungen und die Elektrophysiologie (EMG, NLG) eingesetzt. Therapie Die Akuität und der Schweregrad der Erkrankung bestimmen die einzuschlagende Therapie: Hochgradige akute Paresen machen eine rasche operative Dekompression notwendig, während bei Schmerzen und geringgradigen neurologischen Ausfällen ein konservativer Therapieversuch unternommen werden sollte.[1] Konservative Therapie Eine Ruhigstellung der Halswirbelsäule ist nur bei akuten Schmerzsyndromen und dann auch nur kurzzeitig indiziert. Analgetika müssen ausreichend dosiert werden. Physikalische Maßnahmen unterstützen die Behandlung. Chirotherapeutische 720 Manöver dürfen erst nach erfolgter Bildgebung erfolgen. Eine kurzzeitige hochdosierte orale Cortisonbehandlung (z. B. mit Dexamethason) über zwei bis drei Tage (unter Berücksichtigung der Kontraindikationen) ist häufig schmerzlindernd. Im Einzelfall können auch Facetteninfiltrationen und periradikuläre Injektionen helfen – besondere Vorsicht ist hier wegen der desaströsen Nebenwirkungen bei fehlerhaften Injektionen (Querschnittslähmung) geboten. Isometrische Übungen zur Stärkung des muskulären Korsetts der Halswirbelsäule werden häufig als angenehm empfunden und sollten über den akuten Krankheitsverlauf hinaus fortgeführt werden. Bei chronifizierten Schmerzen ist eine professionelle Schmerztherapie eventuell mit psychotherapeutischen Verfahren notwendig. Operative Therapie Zunehmende funktionell relevante Defizite, das heißt in der Regel höhergradige Lähmungen, machen eine rasche operative Therapie notwendig, um keine dauerhaften Behinderungen zu riskieren. Ein sich rasch entwickelndes Querschnittsyndrom ist ein absoluter Notfall. Aber auch eine ausgereizte konservative Behandlung über viele Wochen stellt selbst bei fehlenden neurologischen Ausfällen eine Operationsindikation dar. Natürlich ist die OP-Indikation immer individuell zu stellen. Dass das morphologische Korrelat die Beschwerden eindeutig erklärt, ist für die Operationsindikation eine conditio sine qua non. Prinzipiell sind zwei Operationsverfahren zu unterscheiden: ■ 1: der ventrale Zugang mit Entfernung der Bandscheibe (Diskektomie), neuraler Dekompression und Fusion ■ 2: der dorsale Zugang mit Eröffnung des Wurzelkanals (Foraminotomie) zur Dekompression der Nervenwurzel und eventuellen Entfernung eines lateralen Bandscheibenvorfalles. Alle Operationen an der Wirbelsäule, den Nervenwurzeln und dem Rückenmark werden mikrochirurgisch durchgeführt. Ventraler Zugang: Mit diesem Zugang (Abb. 3a) können nach Entfernung der Bandscheibe sowohl dorsomediale als auch dorsolaterale Bandscheibenvorfälle, Neurochirurgie Unkarthrosen oder mediale Spondylophyten unter mikroskopischer Sicht abgetragen werden. Anschließend führt man eine Spondylodese mit einem Titan- oder PEEK (Polyetheretherketon)-cage durch (Abb. 4). In ausgesuchten Fällen kann auch eine Bandscheibenprothese eingesetzt werden. Bei vorliegendem Wirbelgleiten wird die Fusion über eine Plattenosteosynthese gesichert.[3,4] Dorsaler Zugang: Bei lateralen Bandscheibenvorfällen wird der Wurzelkanal von dorsal aufgefräst und der Bandscheibenvorfall extrahiert (Abb. 3b). Vorteil des dorsalen Zuganges ist, dass die Bandscheibe nicht angegangen werden muss. Limitiert ist der dorsale Zugang jedoch auf laterale Vorfälle: Bei weiter nach medial reichenden Bandscheibenvorfällen wäre das sehr empfindliche Rückenmark gefährdet. Deshalb ist der dorsale Zugang bei medialen Vorfällen absolut kontraindiziert. Bei langstreckigen Wirbelkanalstenosen ist sowohl die ventrale Korporektomie (Entfernung der mittleren Anteile der Wirbelkörper) auch über mehrere Höhen mit anschließendem Wirbelkörperersatz und Plattenosteosynthese als auch die dorsale Laminektomie oder Laminoplastik (Aufklappen der Wirbelbögen mit Neufixierung) eine wirksame Möglichkeit zur Entlastung des Rückenmarks.[2] Die Prognose der Operationen ist bei richtiger Indikation außerordentlich gut und wird in vielen Arbeiten mit über 90 Prozent angegeben.[2,4] Komplikationen bei erfahrenen Neurochirurgen sind selten. Bei den ventralen Zugängen sind temporäre Schluckstörungen und Recurrensparesen mit Heiserkeit (ebenfalls meist nur temporär) zu erwähnen. Verletzungen der Nervenwurzeln und des Rückenmarks sind eine Rarität. a Bandscheibenvorfall mit Rückenmarksund Nervenwurzelkompression Lateraler Bandscheibenvorfall unter der Nervenwurzel b Abb. 3 – a: ventraler Zugang – b: dorsaler Zugang Abb. 4: Intraoperatives Bild mit PEEK-Dübel (Höhe: 6 mm) und postoperatives Röntgenbild mit Titan-Dübel bei HW3/4 Operation zunächst vorausgestellt werden. Bei therapieresistenten radikulären Schmerzen oder manifesten neurologischen Ausfällen ist ein mikrochirurgischer Eingriff anzustreben, bei hochgradigen Paresen oder beginnender Querschnittslähmung auch zeitnah beziehungsweise sofort durchzuführen. Die Risiken des mikrochirurgischen Eingriffes sind gering. Die Langzeitprognose ist nicht nur von der Akuttherapie, sondern auch von der fortschreitenden Wirbelsäulendegeneration bestimmt. Kontakt Prof. Dr. Uwe Kehler Abteilung für Neurochirurgie Asklepios Klinik Altona Paul-Ehrlich-Straße 1 22763 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-81 16 70 Fax (0 40) 18 18-81 49 11 E-Mail: u.kehler@asklepios.com Fazit Literatur Der zervikale Bandscheibenvorfall und die degenerative HWS-Veränderung stellen ein häufiges, in der Regel aber gut behandelbares Problem dar. Die Kernspintomografie ist die Bildgebung der Wahl. Bei Schmerzen und geringen neurologischen Ausfällen sollte die konservative Therapie einer [1] AWMF: Zervikale Radikulopathie. Leitlinien für Diag- [3] Korinth MC: Treatment of cervical degenerative disc nostik und Therapie in der Neurologie; 4. überarbeitete disease – current status and trends. Zentralbl Neurochir. Auflage 2008, S. 654 ff, ISBN 978-3-13-132414-6; Georg 2008 Aug; 69(3): 113-24. Thieme Verlag Stuttgart. [4] Matz PG, Langston TH et al.: Indication for anterior [2] Heary FH, Timothy CR et al.: Cervical laminoforamino- cervical decompression for the treatment of cervical dege- tomy for the treatment of cervical degenerative radiculopa- nerative radiculopathy. J Neurosurg Spine. 2009; 11: 174-82. thy, J Neurosurg spine. 2009; 11: 198-202. 721 Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009 H1N1 – Der nächste Winter kommt bestimmt Dr. Susanne Huggett Die schnelle Ausbreitung des neuen Influenzavirus H1N1 hat uns in den vergangenen Monaten die globale Bedeutung von Infektionskrankheiten deutlich vor Augen geführt. Infektionsausbrüche in anderen Kontinenten können die Bevölkerung Europas innerhalb von 48 Stunden bedrohen. Durch den internationalen Flugverkehr kann ein Influenzavirus in vier Tagen einmal um die Erde gelangen (siehe Abb. rechts). In Mexiko wurden die ersten Erkrankungen an der sogenannten Schweinegrippe im April dieses Jahres bekannt. Zahlreiche Todesfälle wurden mit der Infektion in Verbindung gebracht. In den USA infizierten sich dann zwei Kinder, ohne dass sie Kontakt zu Tieren hatten – ein Beweis, dass das neue Virus von Mensch zu Mensch übertragbar ist. Das Pandemievirus Influenza A H1N1 Die Warnungen der WHO vor einer Pandemie führten national und international seit Jahren zu umfangreichen Planungen. Und doch überraschte die aktuelle Entwicklung mit der Erkennung eines bisher unbekannten Influenzavirus A mit dem Subtyp H1N1, da die Experten erwarteten, dass das neue Pandemievirus ein Vogelgrippevirus vom Typ H5N1 sein würde. Im neuen Virus wurden Gensegmente aus Schweinen eurasischer Herkunft, von nordamerikanischen Vögeln und des Menschen identifiziert. Durch Vermischung der Gene ist eine neue Virusart, eine sogenannte Reassortante (siehe Abb. ) entstanden. 722 Was bedeutet eine Pandemie für Hamburg? Für Hamburg rechnen wir bei einer mittleren Erkrankungsrate von 30 Prozent innerhalb einer Pandemiewelle mit 470.000 Arztkonsultationen, 10.500 hospitalisierten Patienten, von denen 1.575 intensivpflichtig sind, und mit 2.100 Toten. In diesem Fall werden in der ersten Woche der Pandemiewelle circa 620 Patienten stationär aufgenommen, in der Peakphase knapp 2.000 pro Woche. Alle Betten der Hamburger Kliniken werden mit einbezogen. Es ist bekannt, dass im Schwein bevorzugt verschiedene Virustypen zu neuen Erregern mutieren können. des Virus von Mensch zu Mensch. Die Transmissionsrate liegt bisher bei > 30 Prozent. Während seit Jahren die WHO-Warnstufe 3 von sechs möglichen Stufen galt, erfolgte nun eine schnelle Anpassung an die Gefährdungseinschätzung: am 28. April 2009 Warnstufe 4, bereits am 30. April 2009 Warnstufe 5 und schließlich am 11. Juni 2009 das Ausrufen der Pandemie durch die WHO. Innerhalb von nur sechs Wochen hatte sich das neue Influenzavirus A H1N1 über mehrere Kontinente ausgebreitet. Möglich war dies durch die leichte Übertragbarkeit Die ersten Erkrankungsfälle in Europa standen in Zusammenhang mit Reiserückkehrern aus den USA oder Mexiko. Nur in Einzelfällen gab es Übertragungen vor Ort, sogenannte autochthone Fälle. Aber bereits im Mai kam es in Europa, vor allem in Spanien und England, zu Krankheitsausbrüchen. Im Juli wurden in England 100.000 Neuerkrankungen pro Woche festgestellt! In Deutschland stellten wir mit Reiserückkehrern vor allem aus Spanien ab Ende Juli Infektiologie Diagnostik Die sichere Diagnostik der Neuen Influenza ist nur durch molekularbiologische Verfahren (PCR) möglich. Die Aussagekraft von Schnelltests ist nicht ausreichend. Als Material eignen sich Nasen- und Rachenabstriche. einen Anstieg der Erkrankungsfälle fest. Zum Teil wurden mehr als 500 Neuinfektionen pro Tag diagnostiziert. Insgesamt erkrankten in Deutschland bisher mehr als 20.000 Menschen. Wer erkrankt an H1N1? Auffällig ist, dass der Altersdurchschnitt der Influenzapatienten in Deutschland nach Informationen des Robert-Koch-Instituts bei 23 Jahren liegt und Menschen über 60 Jahre kaum betroffen sind. Schwangere, Neugeborene, Kinder bis zu vier Jahren und junge Erwachsene sind neben Personen mit chronischen Erkrankungen besonders gefährdet. Im Gegensatz dazu ist die Risikogruppe für die saisonale Influenza, vor allem die ältere Bevölkerung, bei der Influenza A H1N1 bisher kaum betroffen. Die gute Nachricht über das Pandemievirus ist, dass die Erkrankungen an Influenza A H1N1 bisher eher mild verlaufen. So gab es in Deutschland bis Anfang Oktober 2009 einen bestätigten Todesfall. Nur selten, zum Beispiel bei chronischen Atemwegserkrankungen, ist eine stationäre Versorgung mit intensivmedizinischer Therapie und Beatmungspflichtigkeit erforderlich. Das bedeutet, dass die Versorgung der Patienten mit Neuer Influenza nach wie vor überwiegend ambulant erfolgen kann und sollte, damit die mögliche Ausbreitung des Virus im stationären Bereich – wo Immunsupprimierte und Schwerkranke versorgt werden – so weit wie möglich vermieden werden kann. So viel ambulant wie möglich! von Engpässen sein. Zur Entlastung der Kliniken ist außerdem die frühzeitige Übernahme von Patienten aus der stationären in die ambulante Versorgung wichtig. Bleibt das Pandemievirus, wie es ist? Experten fürchten, dass sich die Virulenz des Erregers deutlich verändern könnte und dann ein größerer Teil der Erkrankten hospitalisiert werden muss. Außerdem beginnt jetzt auf der Nordhalbkugel die Wintersaison mit einer steigenden Zahl zirkulierender Viren, die Atemwegserkrankungen verursachen. Die saisonal auftretenden Influenzaviren und das Pandemievirus können zu Doppelinfektionen führen, die mit größeren Komplikationen verbunden sein können. Die niedergelassenen Ärzte stehen vor der Herausforderung, die ambulante Krankenversorgung sicherzustellen und Erkrankte so lange wie möglich ambulant zu behandeln. Die Einrichtung von Fieberambulanzen kann ein Instrument zur Überbrückung 723 Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009 Was hilft, die Verbreitung der Viren einzudämmen? Hygienetipps Influenzaviren sind sehr gut empfindlich auf die gängigen Desinfektionsmittel. Insofern ist es nicht nötig, für die Influenza spezielle Desinfektionsmittel einzusetzen. ■ Direkten Kontakt von Erkrankten zu anderen Patienten und so weit möglich zu Gesunden meiden (Isolierung) ■ Händehygiene (vor dem Essen, nach Kontakt zu anderen) ■ Ungeschütztes Niesen und Husten unterlassen (Hustenhygiene), ggf. Mund-Nasen-Schutz anlegen ■ Händeschütteln vermeiden ■ Schleimhautkontakt über die Hände meiden (Augen, Mund, Nase) ■ Menschenansammlungen meiden ■ Regelmäßiges Lüften der Räume ■ Aufklärung der Patienten über Verhaltensmaßnahmen zur Reduktion des Übertragungsrisikos Die Infektiösität des Virus beginnt nicht erst mit den klinischen Symptomen Fieber, Husten, Mattigkeit, sondern bereits bis zu einem Tag zuvor! Die Ansteckung erfolgt sowohl über Tröpfchen- als auch über Kontaktinfektion durch zum Beispiel Hände oder Türklinken. In der Umwelt können die Viren bis zu zwei Tage ihre Ansteckungsfähigkeit behalten. Schutzausstattung ■ Dicht abschließender Mund-Nasen-Schutz ■ Handschuhe, Schutzkittel bei direktem Kontakt zu Infizierten, ggf. auch Schutzbrille Impfung ja oder nein? Die Impfung ist die effektivste Methode, eine Influenzaerkrankung und deren Komplikationen zu verhindern. Umso wichtiger ist, dass möglichst viele Personen sowohl gegen die saisonale Influenza als auch gegen das Pandemievirus geimpft werden. Mitarbeiter im Gesundheitswesen tragen eine besondere Verantwortung, weil bekannt ist, dass sie mit Impfungen gegen Influenza nicht nur sich selbst und ihre nächsten Angehörigen schützen, sondern auch die Patienten. Im Pandemieplan des Bundes und der Länder wird zudem nicht zuletzt aus Gründen des Arbeitsschutzes gefordert, dass nur Influenza-geimpftes Personal Patienten mit akuter Influenza behandeln soll. Seit Jahren gibt es ein großes Defizit bezüglich der Impfung medizinischen Personals gegen Influenza. Aktuelle Untersuchungen in europäischen Ländern geben eine Impfrate von unter 30 Prozent bei medizinischem Personal an – hier gibt es kurzfristig erheblichen Nachholbedarf. In Deutschland liegt die Rate bei 20 Prozent. Die Impfkam- 724 pagne, mit der zum Beispiel Gesundheitsämter und Ärzte in Hamburg die Bevölkerung ansprechen, soll den Anteil der Geimpften erhöhen. Für Risikogruppen wie Schwangere, Kinder, chronisch Kranke und Ältere ist die Impfung wichtig, um Komplikationen der Influenza zu vermeiden. Die aktuelle STIKO-Empfehlung vom 8. Oktober gibt detaillierte Informationen zur Indikation und zur Zulassung der Impfstoffe für die Neue Influenza: www.rki.de. Information – Sicherheit im Alltag! Die rechtzeitige und sachliche Information über Influenza, die Schulung zu Schutzund Hygienemaßnahmen sowie das Erstellen von Ablauf- und Alarmierungsplänen haben eine zentrale Bedeutung, um im Ernstfall besser vorbereitet zu sein. Über das Robert-Koch-Institut ist jederzeit im Internet die aktuelle Entwicklung mit den notwendigen Maßnahmen abrufbar: www.rki.de. Neben Informationen auf Deutsch gibt es auch Erklärungen zur Neuen Influenza in verschiedenen Sprachen, die elektronisch unter www.hamburg.de/neue-grippe verfügbar sind. Kontakt Dr. Susanne Huggett Ärztliche Leiterin und Leitende Ärztin Hygiene MEDILYS Laborgesellschaft mbH Paul-Ehrlich-Straße 1, 22763 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-81 59 01 Fax (0 40) 18 18-81 49 54 E-Mail s.huggett@asklepios.com Herzchirurgie Herzchirurgie heute Prof. Dr. Michael Schmoeckel Abb. 1: Off Pump Coronary Artery Bypass (OPCAB): Koronarchirurgie am schlagenden Herzen mit Stabilisator und Saugglocke (mit freundlicher Genehmigung der Fa. Medtronic) Viele technische und apparative Innovationen haben die Herzchirurgie in den letzten Jahren stark gewandelt. Die enge Kooperation mit den Nachbardisziplinen Kardiologie, Angiologie und Diabetologie, aber insbesondere auch mit unseren operativen Partnern in der Anästhesiologie und Gefäßchirurgie ermöglicht an der Asklepios Klinik St. Georg die optimale Betreuung der Herz- und Gefäßpatienten in einem spezialisierten Zentrum. 1. Koronarchirurgie Der Vergleich der Ergebnisse nach Behandlung mit Drug Eluting Stents gegenüber der Bypassoperation in der prospektiv randomisierten Syntax-Studie [1] ergab, dass „die Koronarbypass-Operation der Standard für Patienten mit koronarer Dreigefäßerkrankung oder linker Hauptstammstenose bleibt“. Darüber hinaus zeigen große US-amerikanische Register, dass außerhalb kontrollierter klinischer Studien bei koronarer Mehrgefäßerkrankung die Koronarbypass-Operation weiterhin mit einer geringeren Mortalität assoziiert ist als die Behandlung mit Drug Eluting Stents, und ebenso mit einer geringeren Häufigkeit von Tod oder Herzinfarkt und erneuter Revaskularisierung.[2] Allerdings ist insbesondere bei multimorbiden Patienten ein koronarchirurgischer Eingriff nicht ohne Risiken: Die mit 2,2 versus 0,6 Prozent signifikant höhere Inzidenz von Schlaganfällen [1] ruft nach schonenderen Operationsverfahren. Hier hat sich die Operationstechnik am schlagenden Herzen (Off Pump Coronary Artery Bypass = OPCAB, Abb. 1) als fester Bestandteil des herzchirurgischen Spektrums etabliert, bundesweit liegt der Anteil dieser Eingriffe mittlerweile bei zehn Prozent, im eigenen Patientengut bereits bei über 30 Prozent. Frauen scheinen von diesem Verfahren besonders zu profitieren, wie eine Auswertung der Ergebnisse der Jahre 2004 – 2008 ergab (Abb. 2). Daher wird dieses Operationsverfahren in der Herzchirurgischen Abteilung der Asklepios Klinik St. Georg insbesondere bei Patientinnen und RisikoKonstellationen (schwere allgemeine Arteriosklerose, Voroperationen, Dialysepatienten) eingesetzt. Um die überlegenen Langzeitergebnisse der Bypasschirurgie tatsächlich auch zu realisieren, wird gerade bei jüngeren Patientinnen und Patienten die total arterielle Revaskularisierung unter Verwendung der beiden Brustwandarterien,[3] gegebenenfalls zusätzlich der A. radialis durchgeführt. 2. Klappenchirurgie Die Behandlung der Aortenklappenstenose bei Risikopatienten erfährt derzeit eine Revolution. Durch die Entwicklung kathe- tergestützter Verfahren, entweder über die Leisten- oder Armarterie beziehungsweise transapikal, kann der Eingriff am schlagenden Herzen durchgeführt werden. Nach Valvuloplastie wird unter Röntgen-Durchleuchtung eine selbstexpandierende biologische Klappe freigesetzt (System CoreValve®). Alternativ kann eine auf einem zusammengefalteten Ballon befindliche Klappe unter schneller Ventrikelstimulation in die native Aortenklappe „gestentet“ werden (System Edwards Sapien, Abb. 3). Die bislang mit diesem Verfahren beobachtete Letalität liegt bei etwa zehn Prozent. Daher ist nach europäischen [4] und deutschen Richtlinien [5] derzeit ein Einsatz nur bei Hochrisikopatienten gerechtfertigt (Tab. 1). Allerdings unterliegt das Indikationsspektrum einem kontinuierlichen Wandlungsprozess. Mittlerweile wurde das System auch bereits bei Patienten nach biologischem Aortenklappenersatz [6] oder nach Homograftimplantation und Degeneration der chirurgisch implantierten Klappe [7] eingesetzt. 725 Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009 HLM versus OPCAB Männer: Frauen: n = 2708; 78,7%, n = 733; 21,3% } davon OPCAB: n = 854; 31,5% n = 252; 34,4% 30-Tages-Mortalität 6 1-Jahres-Mortalität 10 p=0.001 9 5 p=0.02 4 %3 CABG OPCAB n.s. 2 p=0.0008 8 p= 0.0004 7 6 CABG OPCAB n.s. % 5 4 3 2 1 1 0 Männer Frauen 0 Männer Frauen Abb. 2: Ergebnisse der Koronarchirurgie mit Herz-Lungen-Maschine (HLM) und „off pump“ (OPCAB): Abb. 3: Kathetergestützte Aortenklappe vom Typ Edwards Sapien®: Frauen profitieren signifikant vom Vorgehen ohne Verwendung der extracorporalen Zirkulation Die auf einen Ballon aufgezogene Herzklappe wird zusammengefal- (Herzchirurgische Klinik der LMU München) tet in die native Aortenklappe vorgeschoben und dort durch Inflation des Ballons entfaltet (mit freundlicher Genehmigung der Fa. Edwards) 3. Rhythmuschirurgie Insbesondere in Zusammenhang mit der operativen Korrektur der Mitralklappe bei Insuffizienz, aber auch bei koronarchirurgischen oder Aortenklappeneingriffen, gewinnt die chirurgische Ablation von Vorhofflimmern an Bedeutung.[8] ■ Pat. > 75 Jahre mit LogEuroscore > 20 % / < 40 % ■ Pat. mit sehr hohem OP-Risiko: Porzellanaorta, schwere Thoraxdeformität, Z. n. Radiatio, Z. n. ACVB, Leberzirrhose, COPD, pulm. Hypertonus, rez. Lungenembolien, Kachexie ■ Pat. > 75 Jahre mit LogEuroscore > 40 % ■ Bikuspide Aortenklappe Empf.-Grad IIa IIa Evidenz C C IIb IIb C C Tab. 1: Indikationen zur kathetergestützten Aortenklappenimplantation gemäß europäischen und nationalen Richtlinien (nach Vahanian et al., Eur Heart J 2008; 29: 1463-70 und Figulla et al., Kardiologe 2009; 3: 199-206). Hierbei erwies sich die Isolation der Lungenveneneinmündung in Kombination mit Verbindungslinien am Dach und/oder der Hinterwand des linken Vorhofes als effektive Methode (Abb. 4). Im eigenen Patientengut liegt die Erfolgsrate der Konversion permanenten Vorhofflimmerns nach drei und 32 Monaten postoperativ bei 74 beziehungsweise 78 Prozent! [9] 4. Aortenchirurgie Die akute Aortendissektion vom Typ Stanford A (unter Einbeziehung des Aortenbogens und des deszendierenden Anteils) bleibt ein chirurgischer Notfalleingriff mit hohem perioperativen Risiko.[10] Meist wird lediglich der aszendierende Teil der Aorta mit oder ohne Aortenklappe durch eine Dacron-Gefäßprothese oder ein klappen- 726 tragendes Conduit (Bentall-Operation) ersetzt. Bei Ersatz des gesamten Aortenbogens mit Herz-Lungen-Maschine im hypothermen Kreislaufstillstand (18º C) ist bei einer Dauer des Kreislaufstillstandes von über 45 Minuten mit einer Mortalität von 34,6 Prozent und einem Schlaganfallrisiko von 19,2 Prozent zu rechnen.[11] Daher setzte sich in jüngerer Zeit die antegrade Hirnperfusion im systemischen Kreislaufstillstand (Abb. 5) durch, die eine signifikante Reduktion der Mortalität und neurologischen Komplikationen auf jeweils sechs Prozent ermöglicht. Darüber hinaus lassen sich im Rahmen von Hybridverfahren endovaskuläre Stents mit offener chirurgischer Versorgung kombinieren. In einer Kooperation von Herzchirurgie, Gefäßchirurgie und Angiologie wurde jüngst bei einem Patienten in St. Georg durch ein „Debranching“ der supraaortalen Äste sogar der aneurysmatisch erweiterte und disseziierte Aortenbogen mit einem Stent-Graft versorgt (Abb. 6). Fazit Trotz zunehmender Überalterung und Komorbidität der Patienten wurden die operativen Ergebnisse der Herzchirurgie in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert. In Zukunft wird eine enge Kooperation mit den Nachbardisziplinen noch schonendere Therapieverfahren für die Herzpatienten in die klinische Praxis einführen. Herzchirurgie Literatur [1] Serruys PW, Morice MC, Kappetein P, et al. Percutaneous coronary intervention versus coronary-artery bypass grafting for severe coronary artery disease. N Engl J Med 2009; 360: 961-72. [2] Hannan EL, Wu C, Walford G, et al. Drug-eluting stents vs. coronary-artery bypass grafting in multivessel coronary disease. N Engl J Med 2008, 358: 331-41. [3] Lytle BW, Blackstone EH, Sabik JF, et al. The effect of bilateral internal thoracic artery grafting on survival during 20 postoperative years. Ann Thorac Surg 2004; 78: 2005-14. [4] Vahanian A, Alfieri O, Al-Attar N, et al. Transcatheter valve implantation for patients with aortic stenosis: a position statement from the European Association of CardioThoracic Surgery (EACTS) and the European Society of Cardiology (ESC), in collaboration with the European Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions (EAPCI). Eur Heart J 2008; 29: 1463-1470. [5] Figulla HR, Cremer J, Walther T, et al. Positionspapier zur kathetergeführten Aortenklappenintervention. Kardiologe 2009; 3: 199-206. [6] Walther T, Kempfert J, Borger MA, et al. Human mini- Abb. 4: Schema [9] der Ablationslinien im linken Vorhof Abb. 5: Antegrade Hirnperfusion im systemischen mally invasive off-pump valve-in-a-valve implantation. unter Verwendung des Atricure®-Systems: hypothermen Kreislaufstillstand durch Anschluss der Ann Thorac Surg 2008; 85: 1072-3. 1 = Ablation der rechten Lungenvenen-Einmündung Herz-Lungen-Maschine über die rechte Arteria axillaris [7] Schmoeckel M, Boekstegers P, Nikolaou K, Reichart B. 2 = Ablation der linken Lungenvenen-Einmündung First successful transapical aortic valve implantation after 3 = Ziehen der Verbindungslinie aortic allograft replacement. J Thorac Cardiovasc Surg. 2009 Jul 24. [Epub ahead of print]. [8] Geidel S, Ostermeyer J, Lass M, et al. Three years experience with monopolar and bipolar radiofrequency ablation surgery in patients with permanent atrial fibrillation. Eur J Cardiothorac Surg 2005; 27: 243-249. [9] Geidel S, Lass M, Ostermeyer J. A 5-year clinical experience with bipolar radiofrequency ablation for permanent atrial fibrillation concomitant to coronary artery bypass grafting and aortic valve surgery. Interact Cardiovasc Thorac Surg 2008; 7: 777-780. [10] Geidel S, Lass M, Ostermeyer J. Chirurgische Aspekte akuter und chronischer Erkrankungen der Aorta ascendens und des Aortenbogens. Medtropole 2009; 16: 612-615. [11] Sundt TM, Orszulak TA, Cook DJ, Schaff HV. Improving results of open arch replacement. Ann Thorac Surg 2008; 86: 787-796. Abb. 6: Hybridverfahren bei einem 56-jährigen Patienten mit Z. n. Ascendensersatz bei Stanford A-Dissektion vor sechs Jahren; jetzt Bogen-/Descendensaneurysma (∅ 6 cm): Debranching durch Konnektion einer Y-Prothese an die Ascendens-Gefäßprothese mit distaler Anastomose an die beiden Carotiden und Interponat zwischen linker Arteria carotis und Arteria subclavia. Anschließend Einbringen zweier Endo-Stents in den Aortenbogen und die Kontakt Prof. Dr. Michael Schmoeckel Aorta descendens über die linke Arteria iliaca. Herzchirurgische Abteilung Asklepios Klinik St. Georg Lohmühlenstraße 5, 20099 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-85 41 50 Fax (0 40) 18 18-85 41 84 E-Mail: m.schmoeckel@asklepios.com 727 Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009 K O N T A K T Dr. Keihan Ahmadi-Simab Rheumatologie, klinische Immunologie, Nephrologie und Physikalische Therapie Asklepios Klinik Altona Paul-Ehrlich-Straße 1, 22763 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-81 11 24 Fax (0 40) 18 18-81 48 00 E-Mail: k.ahmadi@asklepios.com Dr. Keihan Ahmadi-Simab Neu in Altona: Abteilung für Rheumatologie Dr. Keihan Ahmadi-Simab baut seit dem 1. November 2009 an der Asklepios Klinik Altona eine neue Abteilung für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie auf. Der Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologe leitete bisher die Klinik für Innere Medizin, Rheumatologie und Klinische Immunologie des Regio Klinikums Wedel. Ahmadi-Simab wurde 1965 in Teheran geboren, studierte an der Universität und Gesamthochschule Essen und absolvierte seine Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie am Israelitischen Krankenhaus in Hamburg unter Prof. Layer. 2003 erwarb er die Zusatzbezeichnung Physikalische Therapie und Balneologie. Die Weiterbildung in der Rheumatologie/Klinischen Immunologie absolvierte Ahmadi-Simab am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck und an der Rheumaklinik Bad Bramstedt unter Prof. Gross. 2007 wurde er Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Rheumatologie und Klinische Immunologie des Regio Klinikums Wedel, wo er im gleichen Jahr die Weiterbildungsbefugnis für Innere Medizin, Rheumatologie, Physikalische Therapie und Balneologie der Ärztekammer Schleswig-Holstein erhielt sowie die KVErmächtigung für schwere Krankheitsbilder in der Rheumatologie. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt bei Vaskulopathien, digitalen Ulzerationen und pulmonalarterieller Hypertonie bei systemischer Sklerose, Pathogenese und Therapieetablierung der Rheumatoiden Vaskulitis, Evaluation und Etablierung der Bildgebenden Verfahren MRT und PET in der Diagnostik der Großgefäßvaskulitiden sowie Therapiestudien zur Riesenzellarteriitis. Die neue Abteilung in Altona wird konsiliarisch 728 K O N T A K T Prof. Dr. Friedrich Kallinowski Allgemein- und Visceralchirurgie Asklepios Klinik Harburg Eißendorfer Pferdeweg 52, 21075 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-86 25 40 Fax (0 40) 18 18-86 33 00 E-Mail: f.kallinowski@asklepios.com Prof. Dr. Friedrich Kallinowski allen Hamburger Asklepios Kliniken zur Verfügung stehen und die rheumatologische Versorgung mitgestalten. Ziel ist, das vorhandene Angebot in Kooperation mit den ambulanten und klinischen Kolleginnen und Kollegen zu ergänzen und die rheumatologische Versorgung der Hamburger Bevölkerung auszubauen. Gleichzeitig möchte Ahmadi-Simab durch Fortbildung, auch in Kooperation mit Selbsthilfegruppen, das Bewusstsein für die rheumatologischen Diagnosen bei Hausärzten und Patienten schärfen. Asklepios Klinik Harburg: Neuer Leiter der Allgemein- und Viszeralchirurgie Am 1. Dezember übernimmt Prof. Dr. Friedrich Kallinowski als Nachfolger von Prof. Dr. Eike Sebastian Debus die Leitung der Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie in der Asklepios Klinik Harburg. Bisher leitete er als Chefarzt die Klinik für Visceral- und Gefäßchirurgie des Westküstenklinikums Heide. Kallinowski wurde in Neustadt an der Weinstraße geboren, studierte Humanmedizin an der Universität Mainz und absolvierte sein Praktisches Jahr in Australien an den Universitäten Perth, Melbourne, Sydney und Adelaide. Nach seinem Staatsexamen arbeitete er fünf Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Angewandte Physiologie der Universität Mainz, wo er auch mit einer Arbeit über pH-Verteilungen in malignen Tumoren summa cum laude promovierte. 1988 wurde er zunächst Instructor und dann Assistant Professor für Radiation Therapy (Radiation Biology) der Harvard Medical School. Seine chirurgische Weiterbildung absolvierte Kallinowski in der Klinik für Allgemeinchirurgie und Poliklinik der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg unter Prof. Herfarth. 1995 wurde er Facharzt für Chirurgie, 1997 habilitierte er sich zum Privatdozenten für Chirurgie und erwarb die Schwerpunktbezeichnung Gefäßchirurgie, 2000 für Viszeralchirurgie. 1997 wurde er Oberarzt der Chirurgischen Universitätsklinik, ein Jahr später stellvertretender Sektionsleiter Chirurgische Onkologie und Leiter der chirurgischen Intensivstation, 2001 Chirurgischer Leiter der Interdisziplinären Beatmungsstation und 2002 Stellvertretender Leiter der Chirurgischen Poliklinik und konsiliarischer Chirurg für die Universitätsklinik Heidelberg. Außerdem absolvierte Kallinowski ein Aufbaustudium Gesundheitsmanagement. Ende 2002 wechselte Prof. Kallinowski als Chefarzt der Klinik für Viszeral- und Gefäßchirurgie an das Westküstenklinikum Heide, 2003 wurde er zum außerplanmäßigen Professor für Chirurgie der Universität Heidelberg berufen. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte sind die endokrine, laparoskopische und kolorektale Chirurgie. In der Asklepios Klinik Harburg möchte er das gesamte Spektrum der Allgemein- und Viszeralchirurgie in Exzellenz ausbauen. Als erster Schritt ist die Etablierung eines interdisziplinären onkologischen Darmzentrums geplant. Personalia K O N T A K T Dr. Ernst-Joachim Malzfeldt Radiologie/Neuroradiologie Asklepios Klinik Nord – Heidberg Tangstedter Landstraße 400 22417 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-87 33 32 Fax (0 40) 18 18-87 36 88 E-Mail e.malzfeldt@asklepios.com Dr. Ernst-Joachim Malzfeldt Asklepios Klinik Nord: Neuer Leiter der Radiologie Seit 1. März 2009 leitet Dr. Ernst-Joachim Malzfeldt als Nachfolger von Dr. Wolfhard Lege die Abteilung Radiologie/Neuroradiologie in der Asklepios Klinik Nord. Malzfeldt wurde in Hildesheim geboren, studierte zunächst Geophysik in Berlin, dann Humanmedizin in Hamburg. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Seine Weiterbildung zum Facharzt für Radiologie absolvierte er im AKH Celle unter Dr. Kamin und im Albertinenkrankenhaus Hamburg unter Dr. Siemers. Seit 1992 arbeitete Malzfeldt in der Abteilung für Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin der Asklepios Klinik Altona unter Prof. Wegener und Prof. Fischbach, zuletzt als leitender Oberarzt. Hier lagen seine Schwerpunkte in der onkologischen Diagnostik und der interventionellen Radiologie. Neben angiographischen Methoden führte er insbesondere CT-gesteuerte Prozeduren ein: Lokale Schmerztherapien, Sympathikusblockaden, Abszessdrainagen, Vertebroplastien und Osteoplastien sowie Radiofrequenzablationen von Weichteilund Knochentumoren. In der Asklepios Klinik Nord möchte Malzfeldt die Radiologie als Kommunikationszentrum und Serviceabteilung für die klinischen Fächer weiterentwickeln, die die Arbeitsabläufe im Krankenhaus befördert. Dazu gehören zum Beispiel die Pflege der Visiten und die Einführung eines neuen Radiologie-Informations-Systems (RIS). Er möchte gute Beziehungen zur ambulanten Medizin pflegen und Kooperationen eingehen, wo sie sinnvoll sind. Zum anderen möchte Malzfeldt die Radiologie der Asklepios Klinik Nord in Kooperation mit den jeweiligen Fachabteilungen weiter als interventionelles und klinisch tätiges Fach etablieren, die zum Beispiel Abszessdrainagen, K O N T A K T Prof. Dr. Gerd Peter Meyer III. Med. Klinik – Kardiologie, Angiologie und Pneumologie, Internistische Intensivmedizin Asklepios Klinik Altona Paul-Ehrlich-Straße 1, 22763 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-81 12 20/21 Fax (0 40) 18 18-81 49 05 E-Mail: gp.meyer@asklepios.com Prof. Dr. Gerd Peter Meyer Myomembolisationen, Ballondilatationen, Neurolysen, periradikuläre Therapien und vieles mehr anbietet. Die Abteilung ist berechtigt, Schmerztherapien auch ambulant durchzuführen. In Zusammenarbeit mit der Gefäßchirurgie/Angiologie werden anspruchsvolle vaskuläre Eingriffe eingeführt, mit der Onkologie Radiofrequenzablationen und Chemoembolisationen von Tumoren sowie mit den orthopädischen Fächern CT-gesteuerte Eingriffe an der Wirbelsäule und dem peripheren Skelett. Die Sektion Neuroradiologie soll entsprechend ihrer zentralen Bedeutung im Kopfzentrum der Asklepios Klinik Nord weiterentwickelt werden. Asklepios Klinik Altona: Neuer Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie/ Internistische Intensivmedizin Prof. Dr. Gerd Peter Meyer leitet seit August die III. Medizinische Abteilung der Asklepios Klinik Altona. Meyer wurde in Rotenburg/Wümme geboren, studierte an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), an der er sich frühzeitig für eine kardiologische Laufbahn entschied und zum „Einfluss von Adenosin 5'- Triphosphat auf den Tonus epikardialer Koronararterien des Menschen“ promovierte. Seine Weiterbildung zum Internisten und Kardiologen absolvierte er in der Klinik von Prof. Lichtlen und Prof. Drexler an der MHH sowie im Oststadtkrankenhaus Hannover. Dem initialen Schwerpunkt in der kardiologischen Bildgebung an der MHH folgte ein Fellowship am Royal Brompton Hospital in London bei Prof. Pennell. Meyer gründete und leitete seitdem die kardiologische MRT-Arbeitsgruppe, verfügt über die Zusatzbezeichnung „Magnetresonanztomographie“. 2001 wurde er zum Oberarzt ernannt, war leitender internistischer Oberarzt der Zentralen Notaufnahme und Aufnahmestation sowie Oberarzt der kardiologischen Intensivstation (Zusatzbezeichnung Internistische Intensivmedizin). Prof. Meyer zeichnete frühzeitig im Herzkatheterlabor der MHH verantwortlich für komplexe Eingriffe bei angeborenen Herzfehlern sowie akutem Koronarsyndrom und etablierte in Zusammenarbeit mit der Klinik für Herz-Thorax-Gefäßchirurgie den interventionellen Aortenklappenersatz an der MHH als Therapieoption für ältere Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte sind die kardiale Magnetresonanztomographie, interventionelle Verfahren sowie regenerative Therapien nach Myokardinfarkt. Die Habilitation hatte das Thema „Intrakoronare Knochenmarkzelltherapie bei Patienten nach akutem Myokardinfarkt“. Es folgte die Ernennung zum apl. Professor an der MHH. Die III. Medizinische Abteilung der Asklepios Klinik Altona wurde im Oktober um die „Angiologie“ erweitert und ist damit zusammen mit der Gefäßchirurgie (Prof. Kortmann) und der Radiologie (Prof. Fischbach) fester Bestandteil des zertifizierten Gefäßzentrums. Ein weiteres Ziel ist, die Pneumologie in Altona zu stärken, um dem regional großen Bedarf in der Versorgung dieser Patienten gerecht zu werden. Die Ausrichtung der Kardiologie ist vor allem an der Optimierung der Versorgung von Akut-Patienten im Herzkatheterlabor, auf der Intensivstation und in Zusammenarbeit mit der Zentralen Notaufnahme (Dr. Hogan) orientiert. Ein weiterer Schwerpunkt der Abteilung ist die elektrophysiologische Versorgung mit besonderer Expertise in der Gerätetherapie. 729 Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009 K O N T A K T Prof. Dr. Karl-Jürgen Oldhafer I. Chirurgische Abteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie/ Darmzentrum Asklepios Klinik Barmbek Rübenkamp 220, 22291 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-82 28 11 Fax (0 40) 18 18-82 28 19 E-Mail k.oldhafer@asklepios.com Prof. Dr. Karl-Jürgen Oldhafer Asklepios Klinik Barmbek: Neuer Leiter der Allgemein- und Viszeralchirurgie Ab dem 1. Januar 2010 übernimmt Prof. Dr. Karl-Jürgen Oldhafer als Nachfolger von Prof. Dr. Eberhard Gross die Leitung der Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie in der Asklepios Klinik Barmbek. Bisher leitete er als Direktor die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie des Allgemeinen Krankenhauses Celle, Lehrkrankenhaus der Medizinischen Hochschule Hannover. Oldhafer wurde 1960 in Wolfenbüttel geboren, studierte Humanmedizin an der Georg-August-Universität Göttingen sowie der University of Illinois, Chicago. Anschließend arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Experimentellen Pathologie und in der Transplantationsimmunologie der MHH, 1986 begann er seine Facharztausbildung im Department für Chirurgie unter Prof. Pichlmayr. Im Rahmen der Ausbildung rotierte er in die Kliniken für Unfallchirurgie (Prof. Tscherne) und Herz-, Thoraxund Gefäßchirurgie (Prof. Borst). 1992 erwarb Oldhafer die Gebietsbezeichnung Arzt für Chirurgie. 1993 erlangte er die Venia Legendi an der MHH für das Fach Chirurgie mit dem Thema „Ischämie- und Reperfusionsschaden nach orthotoper Lebertransplantation“. Als Oberarzt leitete Oldhafer zunächst das Transplantationsprogramm der Klinik für Abdominal- und Transplantationschirurgie und war später schwerpunktmäßig in der onkologischen Chirurgie eingesetzt. Während seiner Tätigkeit an der MHH erkannte er das Potenzial der computerunterstützten OPPlanung und arbeitete seitdem kontinuierlich auf diesem Gebiet. Diese Arbeit wurde mehrfach von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt. 1998 erhielt er die Schwerpunktbezeichnung Viszeralchirurgie und wurde zum außerplanmäßigen 730 Dr. Tobias Pottek Professor ernannt. Im gleichen Jahr wechselte er als Leiter der Sektion Onkologische Chirurgie an die Klinik für Allgemein- und Transplantationschirurgie der Universität Essen. Schwerpunkte seiner klinischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten waren neben der computerunterstützten Operationsplanung die Weiterentwicklung der multimodalen Therapiekonzepte in Zusammenarbeit mit dem Westdeutschen Tumorzentrum bei Tumoren des gesamten Bauchraumes und die Anwendung der intraoperativen Strahlentherapie. Seit 2002 leitet Prof. Oldhafer als Direktor die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie des AKH Celle. Das Krankenhaus versorgt ein Einzugsgebiet von circa 250.000 Einwohnern. Das Spektrum der Klinik umfasst die gesamte Allgemeinchirurgie und moderne Viszeralchirurgie einschließlich der laparoskopischen Operationstechniken. In der Asklepios Klinik Barmbek möchte er mit der Klinik für Gastroenterologie ein modernes Zentrum für Viszeralmedizin aufbauen und seinen persönlichen Schwerpunkt auf dem Gebiet der onkologischen Chirurgie in Zusammenarbeit mit den anderen in der Krebstherapie aktiven Kliniken einbringen. Die enge und unkomplizierte Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Kollegen liegt ihm sehr am Herzen und stellt für ihn ein wichtiges Glied in der Behandlungskette für die Patienten in der Region dar. Asklepios Westklinikum Hamburg: Neue Klinik für Urologie Seit September leitet Dr. Tobias Pottek die neugegründete Klinik für Urologie am Asklepios Westklinikum Hamburg in Rissen. Pottek wurde in Kettwig an der Ruhr geboren, wuchs in Hagen/Westfalen auf und studierte Medizin an den Universitäten in Bochum und Essen. Seine chirurgische und urologische Weiterbildung absolvierte er an den Bundeswehrkrankenhäusern Detmold, Hamburg und Berlin sowie am AK Harburg. 1998 – 2003 war er Oberarzt, bis 2007 stellvertretender leitender Arzt der Abteilung Urologie am Bundeswehrkrankenhaus Hamburg. Er nahm an diversen Auslandseinsätzen der Bundeswehr teil, in leitender Stellung ein halbes Jahr in Sarajevo für die SFOR und in Prizren/ Kosovo für die KFOR. Seit 2007 war Pottek Chefarzt des Urologischen Zentrums am Regio Klinikum Wedel. Von dort bringt er den Leitenden Oberarzt und Stellvertreter Dr. Ralph Ovenbeck, Oberarzt Torsten Böhmer sowie die Assistenzärzte Dr. Silke Eckmann, Bayegra Sadri, Jonas Wilisch und Dr. Sarah Furchert mit. Auch Tobias Klein, Leiter der urologischen und onkologischen Pflege, sowie weiteres Pflegepersonal aus den Bereichen Urologische Pflege, OP und Anästhesie sind Pottek gefolgt. Der Aufbau der neuen Klinik erfolgt somit in gewohnter Zusammenarbeit eines ausgesuchten und perfekt zusammengewachsenen Teams. Pottek ist Mitglied der maßgeblichen internationalen und nationalen Fachgesellschaften wie der American Urological Association, der European Association of Urology, der Deutschen Gesellschaft für Urologie, dem Bund Deutscher Urologen und der Vereinigung Norddeutscher Urologen sowie einiger Expertenvereinigungen wie der European Germ Cell Cancer Consensus Group und der Europe- Personalia K O N T A K T Dr. Tobias Pottek Urologie Asklepios Westklinikum Hamburg Suurheid 20, 22559 Hamburg Tel. (0 40) 81 91-24 22 Fax (0 40) 81 91-24 24 E-Mail: t.pottek@asklepios.com K O N T A K T Prof. Dr. Michael Schmoeckel Abteilung für Herzchirurgie Asklepios Klinik St. Georg Lohmühlenstraße 5, 20099 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-85 41 50 Fax (0 40) 18 18-85 41 84 E-Mail: m.schmoeckel@asklepios.com Prof. Dr. Michael Schmoeckel an Society of Genito-Urinary Reconstructive Surgeons. Seine Publikationen beschäftigen sich vor allem mit Themen der urologischen Onkologie und rekonstruktiven Chirurgie. Schwerpunkte der neuen Abteilung werden die operative und medikamentöse Therapie der Tumore des Urogenitaltraktes und rekonstruktive Operationen sein. Im Vordergrund stehen moderne Methoden zur Behandlung des Prostatakarzinoms, des Blasenkarzinoms und der Hodentumore. Im Bereich der rekonstruktiven Operationen haben Harnröhrenchirurgie bei Männern und Inkontinenzchirurgie bei Männern und Frauen einen besonderen Stellenwert. Alle Verfahren der urologischen Kernkompetenz werden durchgeführt. Für die Behandlung der benignen Prostatahyperplasie und der Steinleiden stehen modernste Geräte und Verfahren zur Verfügung – von der Lasertherapie bis zur ESWL (Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie). Großen Wert legt Pottek auf die Kooperation mit den niedergelassenen Kollegen im regionalen Umfeld. Die bislang als Belegärzte in Rissen tätigen Urologen Drs. Bruns und Heitz werden als Kooperationsärzte in die neue Klinik integriert und wirken am Aufbau sehr aktiv mit. Ein wesentliches Ziel der Klinik ist die intensive, abgestimmte Verzahnung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Asklepios Klinik St. Georg: Neuer Leiter der Herzchirurgie Prof. Dr. Michael Schmoeckel leitet seit Juli 2009 als Nachfolger von Prof. Dr. Jörg Ostermeyer die Abteilung für Herzchirurgie des Hanseatischen Herzzentrums in der Asklepios Klinik St. Georg. Bisher war Schmoeckel Leitender Oberarzt der Herzchirurgischen Klinik und Poliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München im Klinikum Großhadern. Er wurde in Stuttgart geboren, studierte an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, der Ludwig-Maximilians-Universität München und der University of Cape Town, Südafrika. Seine Weiterbildung absolvierte Schmoeckel in der Herzchirurgischen Klinik des Klinikums Großhadern unter Prof. Reichart, wo er nach einem Habilitationsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Cambridge unter Prof. White, Prof. Wallwork und Prof. Sir Roy Calne auch Oberassistent und schließlich Oberarzt wurde. Nach der Habilitation für das Gebiet Herzchirurgie absolvierte Schmoeckel zusätzlich ein Fernstudium „Management von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen“ der Universitäten Kaiserslautern und Witten/Herdecke. Seit 2001 leitete er die Herzschrittmacher und ICD-Abteilung der Herzchirurgischen Klinik der LMU und seit 2004 das Projekt „Multitransgenic animals and in-vivo gene transfer in experimental xenotransplantation models“ der DFG Transregio-Forschergruppe 535 „Xenotransplantation“. 2005 – 2007 leitete er zusätzlich die Herztransplantationsambulanz der Herzchirurgischen Klinik der LMU. 1996 erhielt er den Forschungspreis der Deutschen Herzstiftung, 1999 den Ernst-Derra-Preis der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie. 2007 wurde Schmoeckel zum außerplanmäßigen Professor der LMU München und Leitenden Oberarzt der Herzchirurgischen Klinik ernannt. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen in der Herztransplantation, der Koronarchirurgie (OPCAB), der Aorten- und Mitralklappenrekonstruktion, der Gentherapie durch vektorvermittelten Gentransfer sowie der kardialen Resynchronisations-Therapie (CRT). In der Asklepios Klinik St. Georg möchte Schmoeckel im Bereich der Koronarchirurgie die total arterielle Revaskularisierung und die „Off-Pump“-Chirurgie ausbauen. Im Bereich der Klappenchirurgie sollen zunehmend minimal invasive Verfahren zum Einsatz kommen, wobei der Mitralklappenrekonstruktion und der intraoperativen Ablation des Vorhofflimmerns weiter große Bedeutung zukommt. Ein zusätzlicher Schwerpunkt liegt in der Rekonstruktion von Aortenklappen, insbesondere bei angeboren bikuspiden Klappen und bei Dilatation der Aortenwurzel (David-Operation). Die Chirurgie des Aortenbogens soll künftig durch antegrade selektive Hirnperfusion im Kreislaufstillstand noch komplikationsärmer gemacht werden. Nicht zuletzt wird nach Inbetriebnahme der beiden Hybrid-OPs im Rahmen des neuen Herz-, Gefäß- und Diabeteszentrums in St. Georg die interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Implantation kathetergestützter Herzklappen und Aortenstents („Debranching“) eine herausragende Rolle spielen. 731 K O N T A K T Prof. Dr. Michael Semik Thoraxchirurgie Asklepios Klinik Harburg Eißendorfer Pferdeweg 52, 21075 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-86 21 47 Fax (0 40) 18 18-86 21 48 E-Mail: m.semik@asklepios.com Prof. Dr. Michael Semik Asklepios Klinik Harburg: Neuer Leiter der Thoraxchirurgie Am 15. Oktober übernahm Prof. Dr. Michael Semik als Nachfolger von Dr. Christian Kugler die Leitung der Abteilung für Thoraxchirurgie der Asklepios Klinik Harburg. Zuvor leitete er als Chefarzt die Abteilung für Thoraxchirurgie in der Lungenklinik Hemer, Zentrum für Thoraxchirurgie und Pneumologie. Prof. Semik wurde in Kiel geboren, studierte Humanmedizin an der Christian-Albrechts-Universität Kiel und begann seine Weiterbildung an der Chirurgischen Klinik im Klinikum Charlottenburg der Freien Universität (FU) Berlin unter Prof. Bücherl. Später wechselte er an die Orthopädische Klinik im Oskar-HeleneHeim der FU Berlin unter Prof. Friedebold, an die Abteilung für Kardiovaskuläre Chirurgie der Christian-Albrechts-Universität Kiel unter Prof. Bernhard und an die dortige Abteilung Allgemeinchirurgie unter Prof. Hamelmann sowie schließlich in die Abteilung Thoraxchirurgie der Klinik Schillerhöhe, Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie, Gerlingen/Stuttgart. Auslandsaufenthalte im Harefield Hospital, London, unter Prof. Yacoub dienten der Weiterbildung in der Herz- und Lungentransplantation. 1989 erhielt Prof. Semik die Facharztanerkennung „Chirurgie“ der Ärztekammer Schleswig-Holstein, 1991 die Teilgebietsanerkennung „Thorax- und Kardiovaskularchirurgie“ der Ärztekammer Baden-Württemberg. 1994 wechselte er als Oberarzt an die Klinik und Poliklinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, wo er den Aufbau der speziellen Thoraxchirurgie und seit 1999 auch das Lungentransplantationsprogramm verantwortete. 2001 erhielt Semik die europäische Facharztanerkennung für Thoraxchirurgie FETCS, 2005 wurde er zum Universitäts- 732 professor W2 für Thoraxchirurgie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster berufen, nach dem Ausscheiden aus der Universität 11/2008 zum außerplanmäßigen Professor. Seit 2008 leitete Prof. Semik die Abteilung Thoraxchirurgie der Lungenklinik Hemer, deren Zertifizierung zum Lungenkrebszentrum der Deutschen Krebsgesellschaft er koordinierte. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen in der operativen Therapie des fortgeschrittenen Bronchialkarzinoms und anderer Malignome des Thorax, häufig im Rahmen multimodaler Therapiekonzepte, der Lungenmetastasenchirurgie, der Kinderthoraxchirurgie, der Thoraxchirurgie finaler Lungenerkrankungen (z. B. Lungenemphysem) und der videoassistierten Thorakoskopie. In der Asklepios Klinik Harburg möchte er die Thoraxchirurgie wieder auf hohem Niveau stabilisieren, zahlenmäßig und inhaltlich stärken (z. B. Kinderthoraxchirurgie, Metastasenchirurgie) und mit der Pneumologie neue multimodale Therapiekonzepte initiieren. Darüber hinaus ist die Zertifizierung der Klinik zum „Lungenkrebszentrum“ der Deutschen Krebsgesellschaft und zum „Kompetenzzentrum Thoraxchirurgie“ der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie geplant. Kinderurologie Pränatale Diagnose von posterioren Urethralklappen: Wann und wie soll man behandeln? Dr. Bernd Richter, Nikolai Filippow, Priv.-Doz. Dr. Martin Krapp Pränatal festgestellte beidseitige Harntransportstörungen bei Knaben weisen auf posteriore Urethralklappen hin. Als Schweregradkriterien gelten frühzeitiges Auftreten in der Schwangerschaft, rasche Progredienz und Oligohydramnie.[1] Die Frage der vorzeitigen Geburtseinleitung ist wegen der Unbeeinflussbarkeit bereits eingetretener dysplastischer Nierenveränderung umstritten.[2,3] Dagegen lassen sich sekundäre Schädigungen des Harntrakts durch vorzeitige Geburtseinleitung bei bestehender Lungenreife verringern. Ein wichtiges Ziel ist die normale Entwicklung der Blasenfunktion, die durch frühzeitige Intervention mit Einleitung der Geburt in der 38. Schwangerschaftswoche, suprapubischer Harnableitung am ersten Lebenstag und Ablation der Urethralklappen in der sechsten Lebenswoche am besten zu erreichen ist.[4] Ätiologie Histologische Kriterien sprechen dafür, dass es sich bei den posterioren Urethralklappen um Anteile fehlerhaft integrierter Müllerscher Strukturen handelt.[5] Sie kommen bei 1:5.000 männlichen Neugeborenen vor.[6] Klinik Urethralklappen führen zu primären und sekundären Folgeerkrankungen: Primär ist die Entwicklung einer ein- oder beidseitigen, teilweisen oder vollständigen dysplastischen Nierendegeneration. Nach der Geburt leidet etwa jedes dritte betroffene Kind unter Niereninsuffizienz, ein Drittel zeigt eine gute Rekonvaleszenz bei geringen Einschränkungen der Nierenfunktion, die aber bei Eintritt in die Pubertät doch noch in eine progrediente dialysepflichtige Insuffizienz münden können. Ein Drittel der betroffenen Kinder ist nierengesund.[1] Als sekundäre pathologische Verläufe zeigen Knaben mit Urethralklappen häufig einen sekundären vesikoureteralen Reflux. Harnwegsinfekte spielen bei der Entwicklung einer möglichen Refluxnephropathie die entscheidende Rolle. Durch in den ersten drei Lebensjahren entstehende Nar- ben kommt es zu vermindertem Nierenwachstum bis hin zur Entwicklung von Schrumpfnieren und damit einhergehenden Funktionseinschränkungen.[7] In Deutschland wird die antibiotische Infektprophylaxe trotz fehlender Evidenz aus Sicherheitsgründen weiter durchgeführt.[8] Dabei sollten Cephalosporine, entgegen weitläufiger Praxis, wegen der für sie typischen Enterokokkenlücke vermieden werden. Einen zweiten pathogenetischen Faktor der Refluxnephropathie stellt die gestörte Blasenentleerung mit niedriger Compliance und erhöhtem intravesikalen Druck dar. Ein geringer Teil der betroffenen Knaben leidet im Verlauf des Säuglings- und Kleinkindalters unter myogenen Blasenfunktionsstörungen mit großen Blasen und Restharnmengen deutlich über 50 ml. Diese Kinder müssen durch saubere intermittierende Katheterisierung am Tag und möglichst auch in der Nacht versorgt werden. Als weitere Pathologie nach Urethralklappen ist die Entwicklung einer kleinkapazitären Hochdruckblase möglich.[4] Dieser Entwicklung wird vor allem durch eine verspätete Therapie und zu lange suprapubische Harnableitung Vorschub geleistet. Falldarstellung In der vollendeten 16. Schwangerschaftswoche einer 30-jährigen G1P0 wird sonografisch beim Feten eine zystische Veränderung der linken Niere festgestellt. Die weitere Fehlbildungsdiagnostik ist unauffällig. In der 35 + 3 Schwangerschaftswoche erfolgt bei Zunahme des Befundes die Vorstellung in der Pränatalmedizin. Sonografisch lassen sich Megaureteren beidseits und milde Hydronephrosen beidseits nachweisen. Darüber hinaus besteht der Verdacht auf eine Zystozele. Die Fruchtwassermenge ist normal. Bei einer Verlaufskontrolle in der 36. Schwangerschaftswoche wird unter konsiliarischer Hinzuziehung des Kinderurologen bei männlichem Geschlecht des Feten eine progrediente beidseitige Harnstauung mit großer Blase und deutlich reduzierter Parenchymdicke der linken Niere sowie eine kompensatorisch vergrößerte rechte Niere beschrieben (Abb. 1). Der Kinderurologe stellt die Verdachtsdiagnose posteriorer Urethralklappen und stimmt das weitere Vorgehen mit Eltern und Geburtshelfern ab. Die Geburt wird in der 38. Schwangerschaftswoche eingeleitet. 733 Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009 Abb. 1: 36. Schwangerschaftswoche Abb. 2: Urethralklappennachweis im MCU Am ersten postnatalen Tag wird eine suprapubische Harnableitung angelegt und eine antibiotische Harnweginfektprophylaxe mit Trimethoprim 2 mg/ kg KG begonnen. eine Folgezystoskopie mit der Bereitschaft zur Urethralklappenrest-Nachresektion geplant. Die Inkaufnahme einer Nachresektion von Klappenresten ist sicherer als eine initial zu radikale Resektion. Im Alter von vier Wochen bestätigt eine Miktionscysturethrografie (MCU) das Vorliegen von Urethralklappen (Abb. 2). Im Alter von sechs Wochen zeigt eine MAG 3 Nierensequenzszintigrafie eine Restfunktion der linken Niere von acht Prozent. Darüber hinaus zeigt sich ein beidseitiger vesikorenaler Reflux, der bei der MCU nicht zur Darstellung gekommen war. Die Möglichkeit falsch negativer Refluxbefunde im Miktionscysturethrogramm ist in der Literatur hinlänglich bekannt.[10] Diagnostik Mit acht Wochen (korrigiertes Alter sechs Wochen) wird die zysturethroskopische Klappenresektion durchgeführt (Abb. 3), ein transurethraler 6 Ch-Bläschen-Katheter für drei Tage eingelegt und der Säugling schließlich am dritten postoperativen Tag nach Ziehen des suprapubischen Katheters mit restharn- und beschwerdefreier Miktion nach Hause entlassen. Bei einer ultrasonografischen Verlaufskontrolle nach einer Woche werden die restharnfreie Blasenentleerung, die persistierende Blasenwandverdickung (> 5 mm) und die Megaureterenpersistenz beidseits überprüft. Bei regredienter Harntransportstörung ist im weiteren Verlauf keine zusätzliche Untersuchung vorgesehen, im Fall von Persistenz oder Progredienz würde 734 Bei den Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen in der 10., 20. und 30. Woche fallen Harntransportstörungen des Feten bei einer von 100 Schwangeren auf. In 48 Prozent handelt es sich um spontan reversible Erscheinungen.[9] Bei progredienten beidseitigen Befunden, männlichem Fetus und Oligohydramnion ist von gefährlichen posterioren Urethralklappen auszugehen. In diesen Fällen sollte ein Kinderurologe hinzugezogen werden, um im Wege der Risikoaufklärung und Erläuterung des Vorgehens nach der Geburt mit den zukünftigen Eltern des Kindes Kontakt aufzunehmen und so eine zeitgerechte postpartale Therapie zu ermöglichen. Die serologische Untersuchung von Nierenretentionswerten und Elektrolyten am 2. – 3. Lebenstag ist ausreichend, da das Neugeborene anfangs noch von der plazentaren mütterlichen Clearance profitiert. Eine Miktionszysturethrografie wird bei zwischenzeitlichen Ultraschallkontrollen im korrigierten Alter von einem Monat durchgeführt. Bei Bestätigung des Verdachtsbefundes kann dann die zysturethroskopische Klappenresektion in Narkose geplant werden. Therapie In den ersten drei Lebenstagen ist der Flüssigkeitsumsatz physiologisch reduziert, sodass die suprapubische Harnableitung mit Ch 5 Zystofixkatheter in dieser Zeit vielerorts mit aufgeschobener Dringlichkeit durchgeführt wird. Nach unserer Einschätzung sollte die suprapubische Harnableitung bei Nichtvorliegen perinatologischer Probleme am ersten Lebenstag erfolgen. Da es sich um eine einfache, in Lokalanästhesie und geringer Sedierung unter Ultraschallkontrolle durchzuführende Maßnahme handelt, ist eine Verlegung des Kindes in eine Spezialklinik und die damit verbundene Trennung von Mutter und Kind nicht nötig. Vorsicht: Der Einsatz von Morphinanaloga sollte beim Neugeborenen wegen der zu erwartenden verminderten Clearance, erhöhten Ansprechbarkeit und Unreife des Atemzentrums vermieden werden. Eine Atemstörung mit einer mehrstündigen Latenz ist möglich. Bestätigt sich der Verdachtsbefund posteriorer Urethralklappen durch eine Miktionscysturethrografie über den liegenden 5 Ch suprapubischen Katheter im (korrigierten) Alter von vier Wochen, kann die Ablation der posterioren Urethralklappen elektiv geplant und im Alter von sechs Wochen durchgeführt werden. Die Therapie der posterioren Urethralklappen erfordert eine kinderurologische Ausrüstung, die bis zum gewünschten Therapieerfolg gestaffelt zum Einsatz kommt: Begonnen wird mit einem 7,5 Ch-Diagnos- Kinderurologie Literatur [1] Lopez Pereira P, Espinosa L, Martinez Urrutina MJ. Posterior urethral valves: prognostic factors. BJU Int. 2003; 91: 687-90. [2] Schwarz RD, Stephens FD, Cussen LJ. The pathogenesis of renal dysplasia I. Quantification of hypoplasia and dysplasia. Invest. Urol. 1981; 19: 994-6. [3] Cuckow PM, Dinneen MD, Risdon RA, Ransley PG, Duffy PG. Long-term renal function in the posterior urethral valves, unilateral reflux and renal dysplasia syndrome. J Urol. 1997; 158(3): 1004-7. [4] Mitchell ME, Close CE. Early primary valve ablation for posterior urethral valves. Semin Pediatr Surg. 1996 Feb; 5(1): 66-71. Abb. 3: Endoskopische Darstellung [5] Krishnan A, de Souza A, Konijeti R. The anatomy and embryology of posterior urethral valves. J. Urol. 2006; 175: 1214-20. [6] Levin TL, Han B, Little PB. Congenital anomalies of the tik-Zystoskop mit 0-Grad-Optik und 3 Ch Arbeitskanal. Als Spülflüssigkeit dient Sorbitlösung, um im Zuge der Therapie falls erforderlich auch die monoplare Resektion einsetzen zu können. Blasenwand, Ureterostien, proximale Urethra und die Klappen selbst werden unter Anspülen inspiziert. Die Klappen werden in Bezug auf ihre Restöffnung beschrieben und für die Laser-Ablationstherapie eingestellt. Mit einer RevoLix-Dioden-Laserfaser (Flexifib, Außendurchmesser 0,5 mm) werden unter Sicht im Weichteil-Modus mit etwa sechs Watt nacheinander beide Klappenränder abladiert. Der Vorteil dieses Diodenlasers liegt in der geringen Laserstrahl-Eindringtiefe, die durch Arbeiten unter Sicht optimal kontrolliert werden kann. Der Nachteil besteht in der nach vorn gerichteten Arbeitsrichtung mit schlechter Steuerbarkeit der schneidenden Faserspitze, die den Resektionserfolg begrenzt. Die Laserablationstherapie kann aber im Rahmen der Diagnostik mit dem kleinsten, verfügbaren Zystoskop immer zum Einsatz gebracht werden. Das ist der entscheidende Vorteil bei der frühen Indikation der Ablationstherapie im Alter von sechs Wochen. Zudem wächst der therapeutische Einfluss mit dem Ausmaß der Urethralklappen. Das heißt: Je größer die Klappe anatomisch gestaltet ist, umso eher ist die Laserablation wirksam. Nach Ausschöpfung der Therapiemöglichkeit mit dem Diodenlaser kommt das 9,8 Ch-Resektoskop zum Einsatz, zunächst mit dem nicht wieder verwendbaren Haken- messer, das retrograd in die Klappenreste eingehakt und dann zum Schneiden durchgezogen wird. male urethra. Pediatr. Radiol. 2007. 37(9): 851-62. [7] Sjöström S, Jodal U, Sixt R, Bachelard M, Sillén U. Longitudinal development of renal damage and renal function in infants with high grade vesicoureteral reflux. J Urol. In aller Regel wird spätestens bei diesem Therapieschritt die gewünschte Entschärfung (engl. Fulguration) der Urethralklappen erreicht. Eine anatomisch vollständige Resektion ist für das Erreichen eines funktionellen Normalzustandes völlig unnötig und zu gefährlich, denn sie führt zu Blutungen als Zeichen der Harnröhrenverletzung und sekundären Harnröhrenstrikturen. Ein erhöhtes Verletzungsrisiko ist vor allem mit der Verwendung des monopolaren Resektoskops verbunden, das wir daher nur selten und äußerst gezielt zum Einsatz bringen. In aller Regel ist der Einsatz der monopolaren Resektion ohne Nachteil vermeidbar. Fazit Pränatal diagnostizierte obstruktive Uropathien sind zu einem gewissen Teil postnatal interventionsbedürftig. Die antenatalen Untersuchungen ermöglichen im Verlauf der Schwangerschaft eine weitere Selektion. Postnatal interventionsbedürftige Fälle sollten bereits pränatal kinderurologisch beraten werden, um den werdenden Eltern die Angst vor der Erkrankung des Kindes zu nehmen und zu verhindern, dass durch verspätete Diagnostik und Therapie den Kindern zusätzlich Schaden zugefügt wird. 2009; 81(5): 2277-83. [8] Beetz R. May we go on with antibacterial prophylaxis for urinary tract infections? Pediatr Nephrol. 2006; 21(1): 5-13. [9] Livera LN, Brookfield DSK, Egginton JA, Hawnaur JM. Antenatal sonography to detect fetal renal abnormalities: a prospective screening programme. Brit med J. 1989; 298: 1421-3. [10] Merrick MV, Notghi A, Chalmers N, Wilkinson AG, and Uttley WS. Vesico-ureteric reflux and other risk factors for renal damage: identification of high- and low-risk children. Arch Dis Child. 1995; 72(5): 388-92. Kontakt Dr. Bernd Richter Leitender Arzt der Sektion für Kinderchirurgie Asklepios Klinik Harburg Eißendorfer Pferdeweg 52 21075 Hamburg Tel. (0 40) 18 18-86 50 98 Fax (0 40) 18 18-86 34 25 E-Mail: b.richter@asklepios.com 735 ISSN 1863-8341 Geschichte der Medizin 17 Jahre ENDO CLUB NORD Julia Rasche Bald pilgern sie wieder in Scharen zum Congress Centrum Hamburg: Gastroenterologen aus aller Welt wollen an der größten Live-Endoskopie-Veranstaltung der Welt teilnehmen, die der ENDO CLUB NORD (ECN) alljährlich ausrichtet. Als die Gründerväter, die Professoren Friedrich Hagenmüller, Nib Soehendra und Dietmar Wurbs 1991 beschlossen, einen gemeinsamen Kongress auf die Beine zu stellen, fanden sie einen prägnanten Namen: ENDO CLUB NORD. Und zu diesem Club wollte jeder, der in der Endoskopie-Szene Rang und Namen hat, bald dazugehören. Das Einzigartige: Hier wurden Kräfte von drei renommierten Hamburger Kliniken gebündelt. Zusammenarbeit statt Konkurrenz war der Schlüssel zum Erfolg. Modernste Übertragungstechnik sorgt für beste Eindrücke aus den Endoskopielaboratorien So fing alles an … Highlights Der ENDO CLUB NORD heute Bereits zum ersten Kongress 1991 kamen rund 1.500 Teilnehmer. Endoskopische Interventionen an 30 Patienten wurden live demonstriert und zur Diskussion gstellt. Damals standen noch Kurbeltelefone auf dem Vorstandstisch, es wurde mithilfe von Diapositiven referiert und auf der Bühne gab es Röhrenprojektoren. Heute hat längst Powerpoint Einzug gehalten und die Lichtleistung hat sich verdreifacht. Von Anfang an ist die Firma LUX AV für den technischen Ablauf verantwortlich, denn eine hervorragende Licht- und Tonqualität sind das A und O des Kongresses. Einen bahnbrechenden Fortschritt verzeichnete der ECN 2007: Erstmals wurden alle LiveDemonstrationen in HDTV übertragen. Für den ECN stellt Olympus, Partner und Hauptsponsor des Kongresses, die neueste Technologie zur Verfügung. Der weltweite digitale TV-Standard liefert für die Medizin eine optische Auflösung, die zu einem deutlichen Gewinn für die Patienten führt. Mit den Jahren entwickelte sich der ENDO CLUB NORD zu einem international anerkannten Kongress. 1994 und 2000 übertrug die Deutsche Gesellschaft für Endoskopie und bildgebende Verfahren dem ENDO CLUB NORD die Ausrichtung ihres Jahreskongresses – eine ehrenvolle Aufgabe für die Hamburger Endoskopie-Experten. Der Erfolg blieb nicht aus: die Rekordbeteiligung von 2.600 Teilnehmern hatte es bei einem Endoskopiekongress noch nie gegeben. Nach dem plötzlichen Tod von Professor Wurbs 1999 blieb das Team der heutigen Asklepios Klinik Barmbek beim ENDO CLUB NORD immer an Bord. 2005 trat Privatdozent Dr. Siegbert Faiss die Nachfolge von Dietmar Wurbs an, 2007 übernahm er erstmals die Präsidentschaft des ENDO CLUB NORD. Nach 35 Jahren verabschiedete sich im vergangenen Jahr Professor Nib Soehendra vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Sein Nachfolger als Direktor der Klinik für Interdisziplinäre Endoskopie des UKE wurde Professor Thomas Rösch aus der Berliner Charité. Soehendra übernahm 2008 zum letzten Mal die Präsidentschaft des ENDO CLUB NORD und übergab den Staffelstab an seinen Nachfolger. www.medtropole.de Seine Einzigartigkeit unterstreicht der ENDO CLUB NORD auch mit Übertragungen in die ganze Welt: Mediziner in Griechenland, Portugal, Irland und Australien konnten den Kongress live via Satellitenübertragung in ihren Heimatländern verfolgen. In diesem Jahr findet der 17. ENDO CLUB NORD vom 6. – 7. November im CCH statt. Das Programm verspricht einen sehr lehrreichen Überblick über die aktuellen Entwicklungen, die jedes endoskopierende Team kennen sollte. www.endoclubnord.de