advoca-info - ADVOCA Rechtsanwälte
Transcription
advoca-info - ADVOCA Rechtsanwälte
ADVOCA-INFO II / 2012 Inhalt: • Vertragstücken am Bau • Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon nach dem ersten Krankheitstag • Wichtig für Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern Fahrzeuge überlassen: Unkenntnis schützt nicht vor Strafe • Gesetzliches Rauchverbot - kein Mangel der Pachtsache! • Bauherren haben Leistungs- bzw. Zahlungsverweigerungsrecht Vertragstücken am Bau (Rechtsanwalt und Fachanwalt Architektenrecht Alexander Krafft) für Arbeitsrecht sowie Bau- und In einer Entscheidung vom Ende des vergangenen Jahres hat der BGH auf die Unterscheidung zwischen einem Kaufvertrag und einem Werkvertrag aufmerksam gemacht. Es wird oft übersehen, dass es beide Vertragstypen auf dem Bau gibt. Wo die Lieferung im Vordergrund steht, wird es sich regelmäßig um einen Kaufvertrag handeln. Wo der Erfolg der Leistung, also der Ein- / Umbau geschuldet wird, hat man es mit einem Werkvertrag zu tun. Die Unterschiede sind nicht unbeträchtlich. Die Zahlung wird beim Kaufvertrag nämlich sofort mit Lieferung fällig, sofern nichts anderes vereinbart ist. Beim Werkvertrag dahingegen ist eine Zahlung erst nach Abnahme geschuldet. Auch im Rahmen der Nachbesserung gibt es Unterschiede. Hat beim Werkvertrag der Bauunternehmer die Wahl, wie er die Nachbesserung durchführt, kann beim Kaufvertrag der Käufer entscheiden, ob er eine Nachbesserung oder eine Ersatzlieferung haben möchte. Am Bau tätige Unternehmen werden gut beraten sein, genau zu prüfen, welcher Vertragstyp zur Anwendung kommt. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Krankheitstag schon nach dem ersten (von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Joachim Hofmann) Erkrankt ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig, ist er gesetzlich verpflichtet, eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber dann vorzulegen, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage dauert. Nunmehr hat das LAG Köln (Urteil vom 14.9.2011, 3 Sa 597/11) entschieden, dass der Arbeitgeber die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch schon früher verlangen kann, ohne dafür einen besonderen Anlass zu haben. Nach Ansicht des Gerichts bedarf das Verlangen des Arbeitgebers, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon ab dem ersten Krankheitstag vorzulegen, weder einer Begründung noch sei die Aufforderung des Arbeitgebers dahingehend zu überprüfen, ob sie "billigem Ermessen" entspreche. Diese Frage ist in Rechtsprechung und Literatur bisher umstritten. Im vom LAG entschiedenen Fall hatte sich eine Arbeitnehmerin krank gemeldet, nachdem sie vorher vergeblich für diesen Tag eine Dienstreise beantragt hatte. Daraufhin erteilte der Arbeitgeber ihr die Weisung, künftig am ersten Tag einer Krankmeldung ein ärztliches Attest einzuholen und vorzulegen. Die Arbeitnehmerin hielt diese Weisung für rechtswidrig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage ließ das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu. Wichtig für Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern Fahrzeuge überlassen: Unkenntnis schützt nicht vor Strafe (von Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht Katharina Brasch) Man kann für Dinge bestraft werden, von denen man gar nicht wusste, dass sie strafbar sind. Ein typisches Beispiel ist das Ermächtigen zum Fahren ohne Fahrerlaubnis. Man stelle sich folgenden Fall vor: ein Lkw-Fahrer wird bei einer Routinekontrolle auf der Autobahn gestoppt. Bei der Kontrolle der Papiere stellen die Beamten fest, dass der Fahrer bereits seit sechs Monaten keine Fahrerlaubnis mehr hat, weil sie ihm wegen einer Trunkenheitsfahrt entzogen wurde. Sein Arbeitgeber bekommt ein paar Wochen später Post von der Staatsanwaltschaft und wundert sich, dass er deswegen nun strafrechtlich auch belangt wird. Wer jemanden ohne Fahrerlaubnis mit seinem Fahrzeug fahren lässt, macht sich strafbar. Daraus hat die Rechtsprechung die Verpflichtung abgeleitet, dass alle Speditionen oder sonstigen Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern Fahrzeuge überlassen, verpflichtet sind, sich bei der Einstellung eines derartigen Mitarbeiters den Originalführerschein vorlegen zu lassen. Weiterhin müssen die Mitarbeiter mindestens zwei Mal im Jahr kontrolliert werden, ob sie nach wie vor im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis sind. Zwar hat der Verantwortliche nicht mit der Entziehung seiner eigenen Fahrerlaubnis zu rechnen, jedoch mit einer Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass das benutzte Kraftfahrzeug eingezogen wird. Es kann daher nur dringend empfohlen werden, die Kontrollen regelmäßig durchzuführen und dies auch zu dokumentieren. Ein weiteres Beispiel ist die Kontrolle der Erlaubnis nach dem Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG). Wer gewerblich Waren befördert, benötigt dafür eine Genehmigung. Der Auftraggeber eines Beförderungsunternehmens ist verpflichtet, zu überprüfen, ob die von ihm beauftragte Spedition diese Genehmigung hat. Tut er das nicht, kann er mit einem Ordnungsgeld bis zu 20.000 EUR belegt werden. Auch hier kann nur angeraten werden, sich vor der erstmaligen Beauftragung einer Spedition die entsprechende Genehmigung zeigen zu lassen. Um sicher zu stellen, dass diese Genehmigung nicht etwas später wieder entzogen wurde, sollte man sich mindestens ein Mal im Jahr die Lizenz vorlegen lassen. Gesetzliches Rauchverbot - kein Mangel der Pachtsache! (Rechtsanwältin und Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Anja Bayer) Nachdem auch in Baden-Württemberg bereits zum 01.08.2007 das Nichtraucherschutzgesetz in Kraft getreten ist, haben sich die meisten Gaststättenbesucher zwischenzeitlich daran gewöhnt, ihre Zigarette vor der Tür zu rauchen. Für viele Gastwirte hingegen stellt das Gesetz nach wie vor ein Ärgernis dar, dass sie für Umsatzeinbußen verantwortlich machen. Ein Gastwirt versuchte daher, die Pacht der von ihm gepachteten Gaststätte mit dem Argument zu mindern, das Rauchverbot stelle einen Mangel der Gaststätte dar und verlangte darüber hinaus Schadensersatz von seinem Verpächter wegen behaupteter Umsatzeinbußen; schließlich sollte der Verpächter verpflichtet werden, auf eigene Kosten bauliche Maßnahmen zur Schaffung eines Raucherbereichs zu ergreifen. Dem ist der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil jedoch entgegengetreten. Das Gericht stellt sich auf den Standpunkt, dass eine durch gesetzgeberische Maßnahmen bewirkte Gebrauchsbeschränkung nur dann einen Mangel darstelle, wenn diese unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Pachtobjektes im Zusammenhang stehe. Das gesetzliche Rauchverbot beziehe sich hingegen auf die Nutzungsart durch den Pächter und betreffe daher nur dessen betriebliche Verhältnisse. Damit habe allein der Pächter das wirtschaftliche Risiko zu tragen. Der Verpächter ist daher weder verpflichtet, eine Minderung der Pacht zu akzeptieren, Schadensersatz zu leisten, noch Umbaumaßnahmen durchzuführen, die es dem Pächter ermöglichen, einen getrennten Raucherbereich einzurichten. Bauherren haben Leistungs-/Zahlungsverweigerungsrecht (Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie Bau- und Architektenrecht Alexander Krafft) In einem Vertrag zwischen Bauträger und Bauherren zur Veräußerung eines Grundstücks und schlüsselfertiger Errichtung eines Einfamilienhauses ist stets ein Zahlungsplan gemäß § 3 Abs. 2 der Makler- und Bauträgerverordnung (MABV) zu vereinbaren. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte kürzlich zu entscheiden, ob bei Vorliegen von Mängeln an der Werkleistung sowohl die Bezugsfertigkeitsrate oder Teile davon als auch die Fertigstellungsrate einbehalten werden können. Grundsätzlich steht dem Bauherrn bei Mängeln ein Leistungs-/Zahlungsverweigerungsrecht in Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zuzüglich angemessenem Druckzuschlags zu. Dieses Leistungs-/Zahlungsverweigerungsrecht ist auf alle Zahlungen anwendbar, also nicht nur auf normale Abschlagsrechnungen der Bauunternehmen, sondern auch auf Zahlungen, die gemäß vertraglich vereinbartem Zahlungsplan geschuldet werden. Selbst wenn trotz der Mängel die Bezugsfertigkeit des Hauses gegeben ist, können Zahlungen hierauf verweigert werden, wenn die letzte Fertigstellungsrate (3,5 Prozent) für die Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten, plus angemessenem Druckzuschlag, nicht ausreicht. Es ist also nicht so, dass Bauherren bei Vereinbarung eines Zahlungsplanes vorliegende Mängel nur zum Zurückbehalt der letzten Rate berechtigen würden (BGH-Urteil vom 27.10.2011, VII ZR 84/09). Baufirmen sollten dies bedenken.