Argentinien - Argentinisches Tageblatt
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Seit 1889 Sonnabend, 1. September 2012 123. Jahrgang Nr. 31.891 Mindestlohn wird erhöht Stufenweise Aufstockung um 25 Prozent beschlossen Buenos Aires (AT/mc) wird demnach das kleinste – „Es ist fast ein Wunder, rechtlich zulässige Arbeitsdass wir in Argentinien entgelt (brutto) von derzeit Vereinbarungen erreichen, 2300 auf 2670 Pesos erhöht. die es so weder in den Im Februar kommenden Nachbarländern noch in Jahres erfolgt dann eine den Industrieländern gibt.“ weitere Aufstockung auf Große Worte wählte Präsi2875 Pesos. dentin Cristina Fernández Von den 32 Mitgliedern de Kirchner, um den Komdes Gremiums waren 28 promiss zum Mindestanwesend. Damit war die Foto: Presidencia lohn zu würdigen, auf den Beschlussfähigkeit gegesich Arbeitgeber, Gewerk- Cristina Kirchner bei der Sitzung der Kommission für Lohnfragen. ben. Die Vertreter der Agschaften und Regierung am rarverbände enthielten sich Dienstag im Arbeitsministerium verständigten. bei der Abstimmung. Die Arbeitgeber waren mit dem Das von der gemeinsamen Kommission für Lohn- Angebot einer 20-prozentigen Erhöhung in die Verfragen vereinbarte Übereinkommen sieht vor, den handlung gegangen. Die Gewerkschafter wollten eine monatlichen Mindestlohn in zwei Schritten um ins- Aufstockung auf 3000 Pesos. Am Ende gaben beide gesamt 25 Prozent anzuheben. Ab dem 1. September Seite nach. Inhalt Mehr Argentinien Wirtschaft Anzeige gegen Cristina.......................................... 3 Lesen Verwirrung um den „Eternauta“ ........................ 4 Lesen Die Woche in Argentinien..................................... 5 Lesen Der Konflikt mit den provinziellen Pensionskassen............................10 Gallucio dixit............................................................ 11 Argentinien.............................................................. 12 Lateinamerika......................................................... 17 Geschäftsnachrichten........................................... 18 Meinung Wiederwahl im Streit.............................................. 6 Lesen Rhetorische Pflichtübung..................................... 7 Lesen Randglossen.............................................................. 8 Lesen Ausflüge & Reisen Die letzten echten Pulperías....................................................... 9 Lesen Lesen Lesen Lesen Lesen Lesen Wirtschaftsübersicht Die verlorene Glaubwürdigkeit belastet die unmittelbare Zukunft................... 19 Lesen Eine neue Rahmenordnung für die Stromwirtschaft........................................23 Lesen Titelseite Demonstrativ nicht erschienen war Hugo Moyano, der mächtige Chef des Gewerkschaftsdachverbandes CGT. Die Präsidentin kommentierte dies mit bissigen Bemerkungen: „Man darf die Institutionen nicht aushöhlen“, so die Staatschefin. Als sie selber noch Senatorin gewesen sei, sei sie auch nicht immer der Meinung ihrer Fraktion gewesen. Dennoch habe sie niemals bei wichtigen Sitzungen gefehlt. Zudem kritisierte Kirchner die Moyano-Gewerkschaft der Lkw-Fahrer, die versuche, bei anderen Gewerkschaften „Mitglieder zu stehlen“. Moyano bewertete das erzielte Abkommen als „komplett unzureichend“. Von dem festgelegten Mindestlohn könne man nicht vernünftig leben. Der CGT-Boss hatte eine Erhöhung auf 3500 Pesos gefordert. Auch die regierungskritische Tageszeitung „Clarín“ wies darauf hin, dass der jetzt festgelegte Betrag nicht ausreiche, die Grundbedürfnisse einer vierköpfigen Familie ab- zudecken. Insgesamt sind rund 113.000 Arbeiter und Angestellte vom Mindestlohn direkt betroffen. Zudem stellt dieser auch einen wichtigen Richtwert für die Schwarzarbeit dar. Für eine skurile Situation sorgte Gerardo Martínez, der Chef der Bauarbeitergewerkschaft UOCRA. Als dieser den Mindestlohn in Argentinien mit den Nachbarländern vergleichen und zu diesem Zweck in US-Dollar umrechnen wollte, nahm er als Bezugsgröße nicht den offiziellen, sondern den Schwarzmarktkurs der US-Währung („Dollar blue“). Daraufhin fiel ihm die Präsidentin ins Wort: Martínez habe gar nichts verstanden, und er solle gefälligst den von der Regierung festgelegten Dollarkurs als Referenzgröße verwenden. Die Anmerkungen der Präsidentin sorgten für Applaus und Gelächter der Anwesenden. Zurück zum Inhalt Möchten Sie mehr über die Zusammenhänge in der argentinischen und lateinamerikanischen Wirtschaft wissen? In der neuen Online-Ausgabe des Argentinischen Tageblatts finden Sie Meinungsartikel unserer Wirtschaftsexperten. Klicken Sie hier, um ein Gratis-Beispiel zu sehen Kontakt twitter Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 2 - Argentinien Anzeige gegen Cristina Devisenkontrollen: Carrió geht gegen Präsidentin juristisch vor Buenos Aires (AT/mc) - Juristische Offensive gegen Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner und einige ihrer engsten Gefolgsleute: Es geht um die DevisenRestriktionen, die die Regierung derzeit den Bürgern aufbürdet, sowie um die Verwendung von Dollarreserven der Zentralbank zur Finanzierung der Regierung und zur Abtragung der argentinischen Auslandsschuld. Anzeige erstattete die Abgeordnete Elisa Carrió (Bürgerliche Koalition). Staatsanwalt Carlos Stornelli, der bereits gegen den Ex-Präsidenten Carlos Menem wegen illegaler Waffenverkäufe ermittelte, untersucht den Fall. Neben Cristina sind auch Zentralbankchefin Mercedes Marcó del Pont, Handelsstaatssekretär Guillermo Moreno und Ricardo Echegaray, der Chef der Steuerbehörde AFIP, von den Ermittlungen betroffen. Ihnen wirft „Lilita“ Carrió vor, Maßnahmen ergriffen zu haben, die den Wert der argentinischen Währung beschädigt hätten. Die Restriktionen würden den Zugang der Bürger zum Geldmarkt auf „willkürliche, unvernünftige und illegale Weise“ beschränken, so der Vorwurf Carriós. Sollten sich die Vorwürfe im Laufe der Ermittlungen erhärten, müssten die Betroffenen zum Verhör antreten. Carrió kündigte derweil an, in der kommenden Woche eine weitere juristische Breitseite gegen die Präsidentin und deren parlamentarische Unterstützer abfeuern zu wollen. So hat „Lilita“ vor, all diejenigen anzuklagen, die in der Vorwoche für die Verstaatlichung der Gelddruckerei Kontakt twitter „Lilita“ Carrió geht gegen Cristina Kirchner juristisch vor. „Ciccone“ gestimmt haben. Dies sei eine verfassungswidrige Maßnahme gewesen. Weder der Kongress noch die Exekutive seien befugt, sich eines privaten Unternehmens zu bemächtigen, meinte Carrió, die von Beruf Anwältin ist. Die Politikerin aus dem Chaco vertritt die Ansicht, dass im Zusammenhang mit dem ominösen Kauf der Druckerei durch die Firma „The Old Trust“ nicht nur gegen Vizepräsident Amado Boudou ermittelt werden sollte, sondern auch gegen Cristina Kirchner: „Die Präsidentin wusste über alles, was passierte, Bescheid - oder hätte es wissen müssen“, so „Lilita“ Zurück zum Inhalt Zum nächsten Artikel Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 3 - Argentinien Verwirrung um den „Eternauta“ Comicfigur Gegenstand eines politischen Streits Buenos Aires (AT/mc) – Das schlechte Verhältnis zwischen Buenos-Aires-Bürgermeister Mauricio Macri und der Nationalregierung nimmt mitunter gar komische Züge an: Zuletzt ging es um eine Comicfigur, den „Eternauta“ (zu deutsch: Äthernaut), der zum Gegenstand des politischen Streits wurde. Hintergrund sind Kontroversen um politische Aktivitäten und Einflussnahme der Kirchner-peronistischen Nachwuchsorganisation „La Cámpora“ an den Schulen der Hauptstadt, die Macri mit allen Mitteln unterbinden will. Um dies zu erreichen, kündigte der Bürgermeister nicht nur die Einrichtung einer Hotline (0-800) zur Denunziation politischer Betätigung von „La Cámpora“Anhängern an den Schulen an, sondern auch ein Verbot der populären „Eternauta“-Comicserie aus den 50erJahren, die auf den deutschstämmigen Autor Héctor Oesterheld zurückgeht. „Sie kommt definitiv nicht (in die Schulen) rein“, so Macri vor wenigen Tagen in einem Radiointerview. Angesichts großer öffentlicher Entrüstung sah sich der Bürgermeister indes gezwungen, seine Äußerungen rasch zu relativieren: Es würde im Kern nicht um den „Eternauta“ gehen, als vielmehr um dessen politische Vereinnahmung durch „La Cámpora“ und andere peronistische Organisationen. Diese haben in den vergangenen Jahren in Darstellungen den „Eternauta“ mit der Person Néstor Kirchner verknüpft und so eine Art peronistische Comicheldenfigur geschaffen. Dies findet im Übrigen auch die Zustimmung von Elsa Oesterheld, der Witwe von Héctor Oesterheld. Der Autor kam genauso wie vier seiner Töchter während der Militärdiktatur ums Leben. Macri räumte ein, sich falsch ausgedrückt zu haben, und verwies auch darauf, dass seine Regierung in der Vergangenheit bereits 5 Millionen „Eternauta“-Buchexemplare an den Schulen verteilt habe. Er wolle nicht Kontakt twitter Foto: La Cámpora “La Cámpora” mit Fahnen, die den “Nestornauta” zeigen. die Geschichten von Oesterheld zensieren. Es gehe ihm vielmehr darum, die Indoktrinierung von Schülern durch „La Cámpora“ unterbinden. Der Ton der politischen Auseinandersetzung wird jedenfalls zusehends schärfer. So meinte etwa der Kirchner-peronistische Senator Daniel Filmus, Macri würde das Denunziantentum gegen Lehrer fördern, die politische Aktivitäten zuließen. Es gehe dem Bürgermeister derzeit darum, ein Klima für Verfolgung und Repression zu erzeugen. In die Debatte um politisches Engagement an Schulen hatte sich auch Präsidentin Cristina Kirchner eingeschaltet. Sie beurteilte es grundsätzlich als positiv, wenn junge Menschen sich für Politik interessierten und sich einbringen wollten – egal, welcher politischen Couleur sie angehören mögen. Zurück zum Inhalt Zum nächsten Artikel Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 4 - Argentinien Die Woche in Argentinien Machtkampf in San Luis Das passt den Gebrüdern Adolfo und Alberto Rodríguez Saá gar nicht: Ihr politischer Ziehsohn Claudio Poggi, der seit einigen Monaten das Gouverneursamt in der Provinz San Luis bekleidet, nähert sich zusehends der Nationalregierung von Cristina Fernández de Kirchner an. Das war so von den beiden Brüdern, die sich von 1983 bis 2011 als Gouverneure der Provinz abgewechselt hatten, nicht vorgesehen. Schließlich stehen die Rodríguez Saá im Rahmen des Peronismus in scharfer Opposition zur Kirchner-Regierung. Sie werfen Cristina und deren 2010 verstorbenen Gatten Néstor Kirchner Verrat an peronistischen Idealen vor und verstehen sich selbst als Vertreter eines „orthodoxen Peronismus“. Politische Verbindungen zwischen der Provinz San Luis und der Hauptstadt wurden weitgehend gekappt. Poggi versucht nun, eigenes Profil zu gewinnen. Er empfing Cristina im Juni zur Einweihung einer Schweinemastanlage. Zudem trat die Provinz Bundesgremien wie dem nationalen Verkehrswegerat und dem Rat für Investitionen (CFI) wieder bei. Sehr zum Ärger der Brüder Rodríguez Saá: „Es gibt viele Rückschritte in der Provinzregierung, die mich beunruhigen“, so Alberto. Ob Poggi zu hoch gepokert hat? Schließlich haben die Rodríguez Saá seit Jahrzehnten den Gliedstaat dominiert und verfügen weiterhin über viel Einfluss. Der Machtkampf scheint gerade erst begonnen zu haben. Straßenblockade geräumt Oftmals hatte man in der Vergangenheit der Regierung von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner vorgeworfen, zu nachsichtig mit Protestanten umzugehen, die mit Straßenbarrikaden („piquetes“) ihre Forderungen durchsetzen wollen. Am Donnerstag zeigte sich die Staatsmacht nun hingegen entschlossen zu unterbinden, dass Demonstranten die Allgemeinheit durch eine Verkehrsblockade auf der Autobahn „Panamericana“ (Höhe General Pacheco) in Mitleidenschaft ziehen. Sicherheitsstaatssekretär Sergio Berni flog per Hubschrauber ein und befehligte Einsatztruppen der kasernierten Bundespolizei. Diese gingen mit Hunden und Wasserwerfern gegen die rund 100 linksgerichteten Straßenblockierer vor, welche für Verbesserungen des Sozialprogrammes „Argentinien arbeitet“ (Argentina Trabaja) demonstrierten. 60 Personen wurden festgenommen und zur Militäreinrichtung „Campo de Mayo“ gebracht. Berni warf den Protestierern vor, Frauen und Kinder als lebende Schutzschilder eingesetzt zu haben. Argentinischer Pavillon Argentinien verfügt ab sofort über einen ständigen Pavillon bei der Biennale in Venedig. Am Montag wurde die Einrichtung offiziell eingeweiht. Während Außenminister Héctor Timerman in der italienischen Lagunenstadt vor Ort war, um das symbolische Band zu durchschneiden, war Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner per Videokonferenz von Tecnópolis, der Technikschau in Villa Martelli, aus zugeschaltet. „Die Biennale von Venedig ist das weltweit wichtigste Treffen in den Bereichen Kunst und Architektur“, hob die Staatschefin die Bedeutung hervor. Der argentinische Pavillon hat seinen Platz im „Arsenale“, einem historischen Gebäude aus dem 16. Jahrhundert. Dort haben die Argentinier auf 500 Quadratmetern die Möglichkeit, sich zu präsentieren. Derzeit steht alles im Zeichen der Kontakt twitter Architektur-Biennale, die Mittwoch begann. Im argentinischen Pavillon soll ein Überblick über die Geschichte sowie aktuelle Tendenzen der Architektur in Argentinien gegeben werden. Es gibt zudem einen Bereich, der den Malwinen-Inseln gewidmet ist. Erinnerung an Shaw Er galt als Musterbeispiel dafür, dass sich erfolgreiches Unternehmertum und christliche Sozial- ethik sehr wohl miteinander verbinden lassen: Der argentinische Geschäftsmann Enrique Shaw, dessen Todestag sich am Montag zum 50. Mal jährte. Derweil besteht die Möglichkeit, dass der einstige Chef des Glasherstellers „Cristalerías Rigolleau“ vom Vatikan selig gesprochen werden könnte. Etwas Vergleichbares hat es bislang für einen Unternehmer noch nicht gegeben. Im Erzbistum von Buenos Aires hält man jedenfalls die Verdienste Shaws für ausreichend, dass der Vorgang nun nach Rom weitergeleitet werden kann. In zwei Gedenkveranstaltungen in Buenos Aires und Rosario zum Todestag erinnerten die Festredner an Shaw, der im Alter von nur 41 Jahren an Krebs starb. Der Unternehmer Orlando Ferreres hob das Verantwortungsbewusstsein Shaws hervor und zitierte dessen Leitgedanken: „Man muss die Riege der argentinischen Unternehmer christlicher machen. Dies ist unabdingbare Voraussetzung dafür, das soziale Miteinander im Betrieb zu verbessern. Die Fabrik muss humaner werden“, so Shwas Vermächtnis. Ziel: Wiedergutmachung Am 22. Februar diesen Jahres schockte das Zugunglück von Once, bei dem 51 Menschen ums Leben kamen und rund 700 weitere verletzt wurden, das Land. Gut ein halbes Jahr nach der Katastrophe fordern die Angehörigen nun finanzielle Wiedergutmachung. Die Forderungen in Höhe von 1,5 Milliarden Pesos richten sich dabei gegen die Bahnbetreiberfirma TBA (Trenes de Buenos Aires), den Staat, aber auch gegen Einzelpersonen wie Planungsminister Julio De Vido, den Ex-Staatssekretär für Transport Juan Pablo Schiavi und TBA-Eigentümer Claudio Cirigliano. „Wir wollen nicht, dass der Staat uns aus Mitleid mit Almosen abspeist“, formulierte Anwalt Gregorio Dalbón, der die Interessen von rund 400 Betroffenen vertritt. Den Staat sehen Dalbón und seine Mandanten sehr wohl in der Verantwortung: „Man wusste, in welchem Zustand die Züge waren. “ Der Staat hätte Kontrollen durchführen müssen, was aber versäumt wurde, so Dalbón. Lehrerstreik Die Lehrer der öffentlichen Schulen in der Hauptstadt sind am gestrigen Freitag in den Streik getreten. Hintergrund der Maßnahme ist die Strafversetzung von sechs Lehrern und einer Hilfskraft, die die Hauptstadtregierung von Bürgermeister Mauricio Macri anordnete. Bei den Betroffenen handelt es sich um Lehrkräfte der Schule Nr. 13 im Stadtteil Monte Castro. Sie hatten bei einer Schultheateraufführung auf satirische Weise Kritik an der Schulpolitik von Macri und dessen Bildungsminister Esteban Bullrich geübt und hielten sie auf einem Video fest. Die Pädagogen wurden ihrer Posten enthoben und in die Schulverwaltung versetzt. (AT/mc/dpa) Zurück zum Inhalt Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 5 - Meinung Wiederwahl im Streit D as seit vergangenem Jahr immer wieder aufflackernde Streitthema einer möglichen Verfassungsreform hat dieser Tage heftige Gestalt angenommen, nachdem sich drei Gouverneure und mehrere Regierungspolitiker offen dafür ausgesprochen haben. Die regierungsnahe Intellektuellenorganisation „Carta Abierta“ hat sich abermals dazu geäußert, dass eine Verfassungsreform dringlich sei, um alle Grundsätze der liberalen Verfassung von 1853 auszumerzen, darunter das Eigentumsrecht, ohne freilich die Wiederwahl der Präsidentin namentlich zu nennen. Letzteres ist das eigentliche Ziel der Reform des Grundgesetzes, nachdem die Verfassungsnovelle von 1994 nur eine Wiederwahl in Folge zulässt, die der Präsidenten verbietet, 2015 nochmals als Kandidatin anzutreten. Alle Politiker, die eng mit der Präsidentin zusammen arbeiten, insbesondere die Organisation „La Cámpora“, bemühen sich um die abermalige Wiederwahl, weil sie über keinen alternativen Präsidentschaftskandidaten verfügen, dessen Wahlsieg ihnen ermöglichen würde, bei der Stange zu bleiben. Mit einem anderen siegreichen Kandidaten, auch der Justizialistischen Partei wie Gouverneur Daniel Scioli der Provinz Buenos Aires, dem die Umfragen die höchste Gunst gönnen, würden sie sicherlich Einfluss und Staatsposten einbüßen. Das Gerede über die abermalige Wiederwahl hat auch die Oppositionspolitiker auf den Plan gerufen, die selbstverständlich die Wiederwahl ablehnen. Der UCRSenator Ernesto Sanz bemüht sich um die Sammlung aller Oppositioneller in gemeinsamer Opposition gegen die Wiederwahl. Der UCR-Parteipräsident Mario Barletta hat sich an andere Oppositionsparteien gerichtet, damit eine gemeinsame Stellungnahme erreicht wird, dank der sich alle verpflichten, die Wiederwahl abzulehnen. Das ist entschieden wichtig für die Postulate der nächstjährigen Kontakt twitter Parlamentswahlen, deren Ergebnisse zeigen werden, ob es der Regierung gelingt, im nationalen Kongress die von der Verfassung vorgeschriebene Mehrheit von zwei Dritteln aller Deputierten und Senatoren (nicht nur der anwesenden wie bei anderen Gesetzesvorlagen) zu gewinnen, damit eine verfassunggebende Versammlung im Jahr 2014 einberufen werden kann, die die Verfassungsreform ausarbeitet und die Wiederwahl in Folge zulässt. Genau so hat es Nèstor Kirchner als Gouverneur von Santa Cruz seinerzeit durchgesetzt, um seine unbeschränkte Wiederwahl in Folge zu ermöglichen. Auch General Juan Domingo Perón hatte 1949 die Verfassung zwecks seiner unbeschränkten Wiederwahl durch eine verfassunggebende Versammlung geändert. Damals durfte ein Präsident nur eine Amtszeit von sechs Jahren ohne Wiederwahl in Folge ausüben, wie es vor ihm und nachher bis 1994 die Regel war, als die Amtszeit auf vier Jahre mit nur einer Wiederwahl in Folge reduziert wurde. Die Präsidentin schweigt in Sachen unbeschränkte Wiederwahl, lässt aber ihren Sprechern und Mitarbeitern freie Hand, die politische Meinung in ihrem Sinn zu gestalten, indem das Thema öffentlich breit getreten und immer wieder durch neue Sprecher am Leben erhalten wird. Sicherlich überschattet das Streitthema die Tagespolitik, als ob demnächst Wahlen bevorstünden, was keinesfalls zutrifft. Mit der Reaktion der maßgebenden Oppositionspolitiker gegen die Wiederwahl in Folge hat sich diese machtpolitische Fehde im Lande etabliert und wird die Diskussionen der Tagespolitik zumindest bis Oktober 2013 überschatten. Erst dann wird man wissen, ob die Regierung im Kongress die vorgeschriebenen zwei Drittel in beiden Kammern mustern kann, um die verfassunggebende Versammlung einzuberufen und den Weg für die Wiederwahl im Jahr 2015 frei zu machen. Zurück zum Inhalt Zum nächsten Artikel Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 6 - Meinung Rhetorische Pflichtübung Von Stefan Kuhn J etzt hat er es hinter sich. Mitt Romney ist offiziell der Kandidat der Republikanischen Partei für die USPräsidentschaftswahlen. Nach quälenden Vorwahlen, verbalen Pannen und Zweifeln innerhalb seiner Partei ist er am Ziel, zumindest am ersten. Er tritt am 6. November zusammen mit seinem Vize Paul Ryan gegen den amtierenden Präsidenten Barack Obama und den Vizepräsidenten Joe Biden an. Man kann die US-Amerikaner nur bewundern. Die jeweilige Kandidatenkür der großen Parteien ist mehr als eine Krönungsmesse, sie ist eine perfekt organisierte Show: Musik, Stars, Reden, teils Karnevalsatmosphäre, Kinder, Ehefrauen und Tränen. Alles läuft dramaturgisch auf die große Rede des Kandidaten hin. Die war bei Mitt Romney solide, aber keinesfalls berauschend. Die Jubelpausen wirkten einstudiert. Mitreißende Begeisterung sieht anders aus. Dabei zog Romney alle Register. Er spielte seine Stärken wie wirtschaftliche Fachkompetenz aus und warb um Wählergruppen, bei denen er weit hinter Obama zurückliegt. Eine längere Redepassage war den weiblichen Wählern gewidmet. Romney hob dabei erfolgreiche republikanische Politikerinnen wie die frühere Außenministerin Condoleezza Rice hervor, würdigte aber auch Hausfrauen und Mütter. Bei den Parteimitgliedern wird diese Botschaft sicher angekommen sein, aber Obama dürfte er da kaum das Wasser abgraben können. Das gleiche dürfte auch für die Hispanics und die jüdischen Wähler gelten, bei denen die Demokraten traditionell bessere Karten haben. Der Vorwurf, Obama trete dem Iran nicht hart genug gegenüber und verrate dabei die israelischen Freunde, wirkte mehr wie eine Pflichtübung. Was die lateinamerikanischen Wähler angeht, lassen sich Erfolgsgeschichten wie die von Romneys Vorredner, dem republikanischen Senator Marco Rubio, kaum mit der restriktiven Einwanderungspolitik der Republikaner aufrechnen. Allerdings ist Florida, wo Rubio geboren wurde und viele Exilkubaner leben, einer der Swing-States. Diese US-Staaten stimmen mal demokratisch, mal republikanisch. In dieser Hinsicht war es keine Überraschung, dass Kontakt twitter auch Kubas siecher Ex-Diktator Fidel Castro in Romneys Rede erwähnt wurde. Romney sprach auch persönliche Schwachpunkte an. Seine Mitgliedschaft in der Religionsgruppe der Mormonen wird vor allem bei der republikanischen Basis misstrauisch beäugt. Es habe nie eine Rolle gespielt, in welche Kirche man ginge, verteidigte er sich. Richtig stark argumentierte der Spitzenkandidat als er die Geschäfte seines Finanzunternehmens Bain Capital rechtfertigte. Er habe keine Arbeitsplätze vernichtet, sondern geschaffen, sagte Romney und zählte Beispiele auf. Obama dagegen wolle amerikanische Erfolgsgeschichten bestrafen. Bain Capital ist einer der größten Schwachpunkte Romneys, denn diese Geschäfte könnten seine Wirtschaftskompetenz untergraben. In seiner Rede hat er diese Klippe gut umschifft, aber in dieser Hinsicht könnte noch einiges ans Tageslicht kommen. Sollte sich herausstellen, dass Bain Capital Unternehmen aufgekauft, zerschlagen und US-amerikanische Arbeitsplätze vernichtet hat, indem die Produktion ins Ausland verlagert wurde, wird Romney Mühe haben, dies als amerikanische Erfolgsgeschichte zu verkaufen. Romneys Rede war eine Gratwanderung zwischen der radikalen republikanischen Basis und den unentschlossenen Wählern, denen diese Positionen eben zu radikal sind. Folglich wirft der Kandidat der Basis Häppchen wie Schutz des Lebens (keine Abtreibung), Wert der Familie (keine Homo-Ehe) und die Abschaffung von Obamas Gesundheitsreform vor. Hier geht er bewusst nicht ins Detail, damit die Wechselwähler nicht abgeschreckt werden. Ansonsten erwähnt er immer wieder die Steuerlast der Mittelklasse, obwohl Obama mehr die Oberklasse im Blick hat, und will 12 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen. Obama verspräche die Rettung der Welt, sagte Romney. „Ich verspreche, Ihnen und Ihrer Familie zu helfen.“ Die Show war gut, vor allem auch wegen der Reden von Vize Paul Ryan und - mehr noch - von Condoleezza Rice. Aber man kann wohl erwarten, dass Obamas Krönungsmesse, die am Montag beginnt, der Romneys in nichts nachsteht. Mehr Bedeutung werden in dieser Hinsicht die direkten TV-Rededuelle der Kandidaten haben. Zurück zum Inhalt Zum nächsten Artikel Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 7 - Meinung Randglossen D ie größten Fußballklubs mussten sich der Vorschrift der Regierung beugen und verkündeten Listen von Klubmitgliedern, denen der Zugang zu den Fußballspielen in eigenen Stadien verweigert wird, weil sie verdächtig sind, als Hooligans („barras bravas“) Gewalt auf den Tribünen zu üben und den normalen Ablauf der Fußballspiele zu stören, wie es in letzter Zeit mehrmals geschah. Mehrere Klubs hatten sich dieser Initiative widersetzt, offenbar weil ihre Vorstandsmitglieder mit eigenen Hooligans unter der gleichen Decke steckten. Die jüngsten Skandale haben schließlich bewirkt, dass die Hooligans nicht mehr zugelassen werden, obwohl sie Klubmitglieder sind und angeblich die Klubbeiträge bezahlen. Ob diese Sperre genügt, um den Fußball von der Gewalt zu befreien, muss sich freilich zeigen. D er handelspolitische Streit zwischen der US- und der argentinischen Regierung mit gegenseitigen Klagen vor der Welthandelsorganisation wegen Protektionismus hat zunächst die US-Regierung zu einer Klage geführt, die sogleich von der argentinischen Regierung gekontert wurde, weil sie die US-Sperre für argentinisches Rindfleisch und Zitronen monierte. Argentinisches Rindfleisch bester Weltqualität wird freilich seit den zwanziger Jahren nicht nur in den USA diskriminiert, sondern auch in der Europäischen Union mit hundertprozentigen Zöllen, desgleichen in Japan und Korea. Das Thema ist freilich weitgehend theoretisch, weil Argentinien den Export behindert, der inzwischen zahlreiche andere Länder zum Ziel hat, die früher kein Rindfleisch kauften. Die Debatte vor der Welthandelsorganisation findet im luftleeren Raum statt. Kontakt twitter M ehr Uranzentrifugen und verwischte Spuren - die internationale Atomenergiebehörde wirft dem Iran vor, sein Atomprogramm massiv zu beschleunigen. Es gibt zwar noch immer Experten, die meinen, Teheran wolle wirklich nur zivile Atommacht werden. Sie gehen davon aus, dass das Land der Welt nur seine technische Fähigkeit zum Bombenbauen zeigen will. Das sei schon Abschreckung genug. Selbst wenn diese Theorie stimmte, ist es Israel und den USA ziemlich egal, ob der Iran Atomwaffen hat oder in der Lage ist, in kürzester Zeit welche zu bauen. Teheran hat keinen Grund für ein Abschreckungspotenzial. Die einzige Gefahr, die dem Land droht, geht von ihrer religiösen und politischen Führung aus, denn diese treibt ein gefährliches Spiel. P olitik kann so schön sein, wenn alle sich freuen. Nach dem gescheiterten Misstrauensvotum gegen den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) ist die rotgrüne Regierung froh, dass ihre Fraktionen geschlossen für den Landesvater gestimmt haben. Oppositionsführerin Julia Klöckner freut sich, dass die CDU ebenfalls geschlossen gegen Beck gestimmt hat. Dass SPD und Grüne erleichtert sind, kann man ja irgendwie noch verstehen, schließlich ist der Regierungschef durch Affären angeschlagen. In dieser Hinsicht ist es schon ein kleines Trostpflaster, dass es in den Reihen beider Regierungsparteien keinen Abweichler gab. Warum sich Klöckner freut, will nicht so recht einleuchten. Vielleicht hat sie die Abstimmung ja als innerfraktionelle Vertrauensfrage verstanden und ist froh, dass alle Parteifreunde hinter ihr stehen. Vielleicht ist die ehemalige Weinkönigin auch einfach nur eine Frohnatur. Zurück zum Inhalt Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 8 - Ausflüge & Reisen Die letzten echten Pulperías Von Marlú Kirbus Ein ungewisser Ursprung, der Begriff Pulpería, und doch weiß jeder, worum es sich handelt. In diesem Gemischtwarenladen hauptsächlich auf dem Lande gab es nicht nur Schnaps und Hufeisennägel, sondern hier saßen auch die Gauchos an Tischen wie im Wirtshaus und tauschten die Lokalneuigkeiten untereinander aus, während gleichzeitig irgendjemand die Zupfgeige bearbeitete oder die Payadores bzw. Stehgreifdichter ihre Verse zum Besten gaben. Die Pulpería war eine Institution von sozialer Relevanz bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Echte Pulperias funktionieren heute nicht mehr wie einst, viele Lokale sind jedoch liebevoll erhalten geblieben bzw. renoviert worden und dem Publikum und vor allem Touristen zugänglich. Für ältere Semester bedeutet dies einen nostalgischen und lohnenswerten Besuch, denn die Getränkemarken, Yerba Mate-Sorten und andere Produkten existieren längst nicht mehr. Doch wer von den Veteranen erinnert sich nicht an Ferro Quina Bisleri, an Flor de Lys, an den Te Tigre und an die Mortadella oder die erfrischende Sangría? Ansonsten wurden Tabak, Zucker, Ledergürtel, Zaumzeug, Reißhölzer und Kerzen feilgeboten. Gespielt wurde Truco, oder mit der Taba, oder gleichfalls Boccia, weshalb diese Lokale auch Boliches hießen. Manchmal standen sie in der weiten Pampa inmitten der Landschaft, vielleicht ein Ombú in der Nähe und Palenques davor, wo die Zecher ihre Pferde anbanden. Infolge des Spirituosenkonsums und den unvermeidlichen Diskussionen bei den Spielen kam es oft zu Streitereien, bei denen die Gauchos schnell mit dem Dolch (Facón) zur Stelle waren. Um vor diesen Hamdgreiflichkeiten sicher zu sein, verschanzte sich der Pulpero hinter einem Gitter, das an der Theke angebracht und entweder Kontakt twitter Fotostrecke Pulpería in Mercedes, Buenos Aires. aus Eisen oder Holzstäben war. Ursprünglich hatten diese Gatter im Fall von Indianerangriffen Schutz geboten. In der Bundeshauptstadt sind Pulperías nur noch nachgebaut in Museen zu sehen, doch in der Provinz Buenos Aires existieren noch zahlreiche dieser Etablessiments, die sogar noch funktionieren. In San Antonio de Areco, in Mercedes, Cañuelas, Navarro, San José del Monte, Lobos, Capilla del Señor und anderswo findet man die Pulperías, ein bescheidenes Dasein führend. Kaum ein Reiseführer listet sie auf, und man muss schon etwas Lokalrecherche betreiben, um sie ausfindig zu machen. Zurück zum Inhalt Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 9 - Wirtschaft Der Konflikt mit den provinziellen Pensionskassen Obwohl das Pensionierungsystem im ganzen Land einheitlich ist und seit jeher von der Nationalregierung verwaltet wird (über die ANSeS, Administración Nacional de la Seguridad Social), hatten die Provinzen eigene Kassen für die Beamten ihrer Verwaltungen. Das wurde durch den Fiskalpakt von August 1992 geändert. Auf Initiative des damaligen Wirtschaftsministers Domingo Cavallo wurden die Provinzen aufgefordert, ihre Kassen an das nationale System zu übertragen. 13 Provinzen, darunter die grössten, behielten jedoch die Kassen. Abgesehen davon wurde bestimmt, dass 15% des Erlöses der nationalen Steuern, die mit dem Provinzen geteilt werden, für das Rentensystem einbehalten würden. Dies war nicht nur für die Finanzierung des Defizites der übertragenen Provinzkassen gedacht, sondern auch, weil die traditionellen Einnahmen des Pensionierungssystems aus Beiträgen von Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Selbstständigen nicht mehr ausreichten, um Pensionen und Hinterbliebenerenten zu zahlen, wobei man ausserdem die Beiträge nicht erhöhen wollte, um die Arbeitskosten nicht nocht mehr belasten. Den Provinzen, die ihre Beamtenkassen behielten, wurde im Abkommen versprochen, dass der Nationalstaat ihnen einen Zuschuss für die Deckung des Defizites zahlen würde. Die Provinzen verpflichteten sich dabei, ihre Rentensysteme dem nationalen System anzugleichen. Dabei wurde ein Programm von fünf Punkten vereinbart, das sich auf folgende Themen bezieht: 1. Das Pensionierungsalter; 2. Die Anfangspension; 3. Die Wertberichtigung der Pensionen; 4. Die Berechnung der Hinterbliebnenrenten; 5. Die Bedingungen für Invalidenrenten. In der Tat wurde das nationale System bei neuen Rentnern der Provinzen, die ihre Kassen an die ANSeS übertragen hatten, angewendet, wobei die bestehenden Rentner ihre Renten beibehielten, die jedoch gemäss dem nationalen System berichtigt wurden. Inzwischen sind die meisten alten Rentner gestorben. Doch bei den Fällen, in denen die Provinzen die Beamtenkassen behalten haben, wurden die Pensionen und Hinterbliebenenrenten in vielen Fällen weiter gemäss ihren Systemen bezahlt und berichtigt. Diese Provinzen haben das 1992 vereinbarte Programm nicht erfüllt. Córdoba z.B. zahlt immer noch 82% des Gehaltes des Beamten, der die gleiche Kategorie hat, wie früher der Rentner. Daraufhin hat das nationale Kontakt twitter Schatzamt die Zuwendungen eingestellt. Den Prozensatz von 82%, der von Anfang an (er wurde 1958 eingeführt) eine Phantasie war, gibt es auf der ganzen Welt nicht. Bei der Alterung der Bevölkerung, die auch in Argentinien eingetreten ist (die Menschen leben durchschnittlich etwa 12 Jahre mehr als 1950), nimmt die Zahl der Rentner stark zu, so dass die Pensionierungsysteme in Schwierigkeiten geraten. Die Provinzen Santa Fé, Córdoba, San Luis und Corrientes haben die Zahlung der Zuwendungen gefordert und in einigen Fällen schon Klage beim Obersten Gerichtshof eingereicht und das Abkommen von 1992 gekündigt. Die zuständigen Beamten des Nationalstaates weisen zunächst darauf hin, dass der Abzug von 15% der nationalen Steuern unabhängig von der Übertragung der Beamtenkassen sei. Das Abkommen sei unkündbar und könne nur durch ein nationales Gesetz geändert werden, bei dem der Verteilungsschlüssel (zwischen dem Nationalstaat und den Provinzen, und dann unter diesen) neu berechnet wird, wie es die Verfassungsreform von 1994 bestimmt hat, wobei eine Frist bis Ende 1996 festgesetzt wurde. Bisher gab es jedoch keine Reform. Somit müssen die Provinzen eben die Bedingungen erfüllen, an die die Zuwendungen für den Defizitausgleich gebunden seien (die genannten fünf Punkte). Für die Gouverneure stellt sich hier ein politisches Problem. In Córdoba fand schon ein Beamtenstreik gegen die eventuelle Änderung des provinziellen Systems statt. Tatsache ist, dass z.B. in Córdoba die Durchschnittspension des provinziellen Systems gemäss ANSeS-Information $ 7.000 beträgt, während sie beim nationalen System bei $ 2.400 liegt. Die Provinzregierung weist darauf hin, dass ihre Beamten einen höheren Beitrag leisten. Man kann sich wohl darüber streiten, wie weit der Vergleich gültig ist; aber es lässt sich nicht leugnen, dass die Pensionäre der Provinzkassen höhere Renten erhalten. Der Oberste Gerichtshof wird jetzt entscheiden müssen, wie dies weitergeht. Es sei denn, die nationalen Behörden und die betreffenden Gouverneure gelangen zu einem Kompromiss, wie es in einer zivilisierten Gesellschaft sein sollte. Zurück zum Inhalt Zum nächsten Artikel Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 10 - Wirtschaft Gallucio dixit Der Präsident und CEO von YPF, Miguel Galuccio, stellte am Donnerstag einen Investitionsplan von u$s 37,2 Mrd. binnen 5 Jahren vor. Davon sollen u$s 32,6 Mrd. zu 80% (u$s 26,1 Mrd.) mit eigenen Mitteln (Gewinnen, Amortisationen und eventuelle Verringerung des bestehenden Nettovermögens) und zu 20% (u$s 6,6 Mrd.) mit Schuldenaufnahme finanziert werden. Nächsten Monat soll eine erste Tranche von Obligationen ausgegeben werden. Die restlichen u$s 4,6 Mrd. sollen auf Kapitalbeiträge von Dritten entfallen. YPF will einen strategischen Partner für die Ausbeutung des Schiefergaslagers “Vaca Muerta” in Neuquén suchen, von dem erwartet wird, dass er u$s 4,6 Mrd. beiträgt. Als Entgelt soll das Unternehmen, das die Investition durchführt und finanziert, einen Teil des geförderten Erdöls und Gases erhalten und darüber frei verfügen können. Beiläufig gab Galuccio auch bekannt, dass bei drei Forschungsbohrungen im Golf von San Jorge (Chubut) ein neues nicht konventionelles Lager entdeckt worden sei. Ebenfalls sei YPF auf ein Schiefererdöllager ausserhalb von “Vaca Muerta” gestossen. Von den Investitionen, die YPF mit eigenen Mitteln und Verschuldung finanziert, sollen 73% für Ausbeutung, 22% für Raffinerien und 4% für Forschung bestimmt werden. Galuccio erwartet binnen 5 Jahren eine Zunahme der Förderung von Gas um 23% und der von Rohöl um 29%. Für die Erhöhung der Produktion von Benzin und Dieselöl sollen u$s 8 Mrd. investiert werden, um bis 2014 den Binnenmarkt ohne Importe zu versorgen und danach bis 2017 die Produktion weiter zu erhöhen. Galuccio wies darauf hin, dass die Preisdifferenz von YPF mit den Konkurrenten (Shell, Esso und Petrobrás) verringert werden soll. YPF wird somit die Preise erhöhen. Gegenwärtig liegen die YPF-Preise bei Dieselöl um 15% und bei Benzin um 14% unter denen der anderen Unternehmen. Miguel Galuccio sagte beiläufig, wenn es ihm nicht gelinge, die Finanzierung für YPF zu erhalten, werde er nach England zurückkehren. Er arbeitete vorher bei Schlumberger, die geologische Studien für Erdölfirmen durchführt. Zurück zum Inhalt Zum nächsten Artikel Interessieren Sie sich für Theater und Tanz, Musik und Mode, Kunst und Kino? Möchten Sie mehr über die pulsierende Kulturmetropole Buenos Aires erfahren? In der neuen Online-Ausgabe des Argentinischen Tageblatts gibt es noch mehr Artikel. Fotos und Videos dazu, und darüber hinaus einen Veranstaltungs- und einen Ausstellungskalender. Klicken Sie hier, um ein Gratis-Beispiel zu sehen Kontakt twitter Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 11 - Wirtschaft Argentinien Der Dollarkurs schloss am Donnerstag zu $ 4,65, um 0,22% über der Vorwoche und um 7,64% über Ende Dezember 2011. Die ZB-Reserven betrugen zum Donnerstag u$s 45,08 Mrd. Der Rofex Terminkurs lag zum 30.09. bei $ 4,699, zum 30.12. bei $ 4,937 und zum 31.03.13 bei $ 5,20. Der Terminkurs per Ende Juli 2013 lag um 21,93% über dem Tageskurs. Der Schwarzkurs erreichte bei Dollarnoten ca. $ 6,37 und bei Überweisungen ca. $ 6,58. *** Der Merval Aktienindex der Börse von Buenos Aires verzeichnet in einer Woche zum Donnerstag ein Minus von 0,76 %, und lag 1,57% unter Ende 2011. *** Par-Bonds in Pesos verloren zur Vorwoche 1,27% und lagen 14,29% unter Ende 2011. Discount-Bonds in Pesos gewannen zur Vorwoche 1,29% und lagen um 5,96% unter Ende 2011. Boden 2014 gewannen zur Vorwoche 0,13% und gingen im Laufe dieses Jahres um 6,31% zurück. Boden 2015 verloren zur Vorwoche 0,85% und liegen 3,47% im Minus, und Boden 2013 gewannen zur Vorwoche 0,41% und verzeichnen einen Plus von 3,22% seit Jahresbeginn. *** Gold wurde am Donnerstag in Buenos Aires (Banco Ciudad) bei 18 Karat zu $ 164,41 (Vorwoche $ 163,94) je Gramm gehandelt, und bei 24 Karat zu $ 234,87 (Vorwoche $ 234,20). *** Der Verkauf von Immobilien fiel in der Provinz Buenos Aires im Juli innerjährlich um 46%, liess der Verband der Notare wissen. Wurden im Juli 2011 noch 11.833 Verkäufe getätigt, so fiel die Zahl ein Jahr später auf 6315 zurück. Für die ersten sieben Monate des laufenden Jahres ist ein Rückgang der Geschäfte um 36,7% festzustellen. *** Der Weinexport (in grossen Behältern) stieg im 1. Halbjahr 2012 gegenüber der gleichen Vorjahresperiode um 38%, berichtetet der Präsident des Weininstituts, Kontakt twitter Guillermo García. Insgesamt wurden 2,1 Mio. hl exportiert. Der Export an abgefülltem Wein ging dagegen im gleichen Zeitraum um 2,4% zurück. *** Der US-Riese der Agrarbiotechnologie, Monsanto, führt aktuell 80 Untersuchungen im Hinblick auf den für kommendes Jahr vorgesehenen Start der zweiten Generation von genetisch veränderter Sojabohne in Argentinien. Das Unternehmen hofft die entsprechenden Lizenzgebühren für diese Neuentwicklung erheben zu können, nachdem jetzt die Regierung eine grundsätzliche Entscheidung in diesem Sinn getroffen hat. Bisher hatte die Regierung die Verwendung von Saatgut, das von einer Firma entwickelt und eingetragen worden war, ohne Zahlung der Lizenzgebühren passiv zugelassen. *** Die Pläne von YPF sehen vor, die jährliche Förderung von aktuell durchschnittlich 19 auf künftig 50 Forschungsbohrungen zu erhöhen. Werden die Fristen eingehalten, so könnte YPF in den nächsten fünf Jahren insgesamt 250 Bohrungen durchführen. Wenn man bedenkt, dass im vergangenen Jahr sämtliche Erdölunternehemen des Landes nur 45 Erdöl- und 9 Erdgasbohrungen durchgeführt haben, so gewinnen diese Zahlen an Bedeutung. Bis letztem Jahr hat YPF unter der Regie von Repsol an 15 Erdölbohrungen gearbeitet. Es befand sich kein Erdgasfeld darunter. *** Die Regierung setzte eine vorübergehende Antidumpingmassnahme für Porzellanfliessen, andere Fliessen und Platten in Kraft, mit der Begründung, dass die Einfuhr die lokale Industrie gefährde. Bei Dumping ist auch erforderlich, dass nachgewiesen wird, dass der Exportpreis unter dem internen Preis für die gleichen Produkte in China liegt. Dies muss noch untersucht werden. Die Regierung hat auf einen Antrag der Unternehmen Ilva, Industrias Cerámicas Lourdes und Canteras Cerro Neg- Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 12 Wirtschaft ro, sowie der Kammer von Fliessenfabrikanten reagiert. Die Importe seien zwischen 2008 und 2011 von einem Drittel der lokalen Produktion auf drei Viertel gestiegen. Das dürfte indessen eine Folge des zurückgebliebenen Wechselkurses sein. Die Kosten der lokalen Fabrikanten sind wegen Lohnerhöhungen u.a. Kostenzunahmen auch in Dollar stark gestiegen. *** Die Regierung hat Schatzscheine für $ 160 Mio. auf 182 Tage vom staatlichen Rückversicherungsinstitut, INdeR, untergebracht. Das INdeR befindet sich seit zwei Jahrzehnten im Zustand der Liquidierung, nachdem es ab 1984 einen Verlust angehäuft hatte, der das Eigenkapital plus Reserven überstieg, und somit zahlungsunfähig wurde. Die Liquidierung war 1999 (unter Menem) praktisch abgeschlossen, wurde jedoch von Wirtschaftsminister Roque Fernandez nicht vollendet, und danach wurde keine Entscheidung getroffen. Das INdeR ist nicht als Rückversicherungsinstitut tätig, und die Beibehaltung der Struktur (mit zwei eigenen Bürogebäuden und vielen Beamten, die nichts zu tun haben) kostet den Staat viel Geld. Wenn das INdeR einen finanziellen Überschuss hat, so sollte es damit Schulden an Versicherungsanstalten begleichen, die immer noch bestehen. In der Regierung kümmert sich niemand um diesen Fall. *** Die Regierung richtet jetzt ihr Augenmerk auf die privaten Vereine zum Schutz der Konsumenten. “Consumidores Libres”, eine der ältesten auf diesem Gebiet, die vom ehemaligen sozialistischen Abgeordneten Hector Polino geleitet wird, wurde in der Vorwoche suspendiert, nachdem sie eigene Preiserhebungen veröffentlicht hatte, was sie seit längerer Zeit tut. Dieser Verein hat zehn Tage Zeit, um zu sämtliche Fragen Stellung zu nehmen. Eine andere Organisation, Adelco, wurde vom Staatssekretariat für den Verbraucherschutz dazu aufgefordert, über die verwendete Arbeitsmetode Auskunft zu geben. Die Massnahme wurde von der Staatssekretärin Maria Lucila Colombo damit begründet, dass die Information der Verbraucherschutzorganisationen glaubhaft sein muss. Kontakt twitter Der Fall klingt grotesk, nachdem das staatliche INDEC bei Preiserhebungen nicht glaubhaft ist. *** Die Zentralbank hat ihre Jahresbilanz 2011 bekanntgegeben. Demnach wies die ZB einen Gewinn von $ 9,46 Mrd. aus. Doch ohne den Pesogewinn, der sich bei den Reserven aus der Abwertung von $ 3,97 auf $ 4,30 ergibt, der $ 16,9 Mrd. betrug, hätte die Bank einen Verlust von $ 8,99 Mrd. gehabt. Der Gewinn war somit rein buchmässig, und wenn das Schatzamt ihn abhebt, so handelt es sich um “kreative Buchhaltung”. Die Zinsen auf die Aktiven, an erster Stelle die Reserven, erreichten $ 4 Mrd. Doch die auf Wechsel (Lebac und Nobac) gezahlten Zinsen machten $ 12,99 Mrd. aus. *** Die wichtigsten lokalen Bergbauunternehmen verpflichten sich, jährlich Importe in Höhe von u$s 200 Mio. durch Käufe an lokale Unternehmen zu ersetzen. Bei den Unternehmen handelt es sich um Cerro Vanguardia, Barrick Gold, Xstrata (Alumbrera), Vale und Panamerican Silver. Aus dem Verband Camina, der kleine und mttlere Lieferanten vereint, hiess es, dass 65 Mitgliederfirmen bereits Gespräche mit den Bergbauunternehmen geführt hätten. Dabei seien 300 potentielle Lieferanten und Dienstleistungen identifiziert worden. Das Industriestaatssekretariat stellte eine Liste von 325 Firmen aus verschiedenen Bereichen auf, die für den Bergbau von Interesse sein könnten. *** Nachdem das spanische Fischereiunternehmen Vieira, mit einer Anlage für Fischverarbeitung in Puerto Deseado, Provinz Santa Cruz, und einer Belegschaft von 340 Personen, einen gerichtlichen Vergleich gemeldet und die Tätigkeit eingestellt hat, wurde das Unternehmen von der Provinzregierung interveniert, mit der Absicht, die Fischerei wieder aufzunehmen. Das spanische Mutterhaus hatte schon vor einem Monat Konkurs vor Gericht gemeldet. Eine Gruppe provinzieller Deputierter arbeitet an einem Enteignungsprojekt. Die sieben Kutter der Firma befinden sich untätig im Hafen. Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 13 Wirtschaft Die Übernahme durch die Provinzverwaltung wird dieser eine hohe finanzielle Last aufbürden, wobei die Provinz ohnehin schon ein hohes Defizit aufweist. *** Die Banken haben Schwierigkeiten bei der Gewährung der Kredite an kleine und mittlere Unternehmen, zu denen sie am 5. Juli gezwungen wurden. Sie müssen 5% ihrer Depositen (was etwa $ 15 Mrd. entspricht) zu 15% auf mindestens drei Jahre für “produktive Projekte” leihen. Bisher haben sie jedoch nur ca $ 1,5 Mrd. untergebracht, obwohl diese Kredite sehr günstig sind. Der Bankenverband ADEBA hat letzte Woche ein Seminar mit dem Industrieverband Unión Industrial Argentina durchgeführt, um die Problematik dieser Kredite zu behandeln. Die Banker weisen darauf hin, dass die kleinen und mittleren Unternehmen Schwierigkeiten bei der Ausarbeitung eines Projektes haben. UIA-Präsident José Ignacio de Mendiguren wies darauf hin, dass viele Unternehmen die von den Banken geforderten Garantien nicht aufbringen können. Er wies darauf hin, dass das Problem durch die Gesellschaften für gegenseitige Garantien (SGR) gelöst werden könne. In diesem Fall steht ein Grossunternehmen als Partner einer SGR für kleine Lieferanten oder Kunden gut, die Mitglieder der SGR sind. *** Pensionen und Hinterbliebenenrenten (auf spanisch “Jubilaciones y pensiones”) werden seit einigen Monaten von den Banken automatisch auf ein besonderes Sparkonto des Rentners deponiert. Doch alle drei Monate müssen die Rentner bei der Bank vorstellig werden, um zu zeigen, dass sie noch leben. Die Banco Nación hat jetzt verfügt, dass es genügt, wenn der Betroffene mit der Zahlkarte, die auf sein Sparkonto lautet, eine konkrete Zahlung (für den Kauf irgendwelcher Waren) durchführt, bei der er auch seinen Personalausweis (DNI) vorlegen muss und somit beweist, dass er lebt. Gelegentlich muss der Rentner jedoch die Abrechnungen bei der Bank abholen. Mit diesem System wird die Arbeitsbelastung der Banken verringert, und die langen Schlangen von Rentnern verschwinden. Kontakt twitter *** Importeure müssen jetzt höhere Vorauszahlungen leisten. Die AFIP hat durch Beschluss 3373 (Amtsblatt vom 24.8.12) verfügt, dass die bislang geltenden Einbehaltungen der Mehrwertsteuer sowie der Gewinnsteuer à Konto der endgültigen Zahlung der Steuern, erhöht werden. *** Setzt sich ein Gesetzseentwurf der Regierung der Provinz Buenos Aires durch, dann sollen alle Einzelhändler in der Provinz gezwungen werden, Kreditkarten oder Scheckkarten zu akzeptieren. Vorgesehen sind Sanktionen wie Geldbussen oder Geschäftsschliessungen für alle Händler, die sich weigern, elektronische Zahlungsmittel zu akzeptieren. *** Verbraucher, die im Besitz eines Smartphones sind, werden ab November in der Lage sein, die steuerliche Situation des Geschäftes, in dem sie sich gerade befinden, zu erfahren. Das Steueramt AFIP hat zu diesem Zweck ein Instrument namens “Data fiscal” entwickelt. Es soll die Rufnummer 960 ersetzen. Dabei handelt es sich um ein Formular mit einem so genannten QR Code (quick response Code), der von solchen “intelligenten” Handys gelesen werden kann. Dieser Code muss vom Ladeninhaber an einem zentralen Platz im Geschäft ausgestellt werden. Der Code muss im Format A4 ausgedruckt werden. Bis 1. November haben die Einzelhändler Zeit, diesen Code aus der Internetseite der AFIP herunterzuladen. Mit seinem persönlichen Code muss der Händler unter der Rubrik “Dienstleistungen” sich das Formular 960 herunterladen. *** Die Supermärkte erreichten im Juli einen Gesamtumsatz von $ 8,719 Mrd., 26,5% über dem gleichen Vorjahresmonat und 21,4% gegenüber Juni, gab das Statistische Amt (INDEC) bekannt. In konstanten Preisen stieg der Umsatz im interanuellen Vergleich um 14,5%, und um 2,4% gegenüber Juni. Daraus ergibt sich für 12 Monate eine durchschnittliche Preiszunahme von 10,60%, die zum Teil auf einzelne Preiserhöhungen und Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 14 Wirtschaft zum Teil auf eine Änderung des Warenkorbs, mit mehr billigen Produkten, zurückzuführen ist. *** Die ZB hat diese Woche Liquidität in Höhe von $ 1,65 Mrd. abgeschöpft, indem Wechsel für $ 4,03 Mrd. zugeteilt wurden, während der Verfall bestehender Wechsel bei $ 2,38 Mrd. lag. Die Zinsen bei Lebac gingen, je nach Frist, von 13,36% bis 14,52%. *** Das Provinzparlament von Córdoba hat ein Gesetz verabschiedet, durch das eine Sondersteuer auf Benzin, Dieselöl und Pressgas eingeführt wird, das in der Provinz verkauft wird. Der Erlös ist zweckgebunden, für Bau und Instandhaltung von Strassen. Premiumbenzin wird um $ 0,40 pro Liter teurer, Superbenzin und Normalbenzin um $ 0,30, Dieselöl um $ 0,20 und GNC um $ 0,15 je cbm. Die Tanstellenbesitzer wiesen darauf hin, dass in vielen Fällen jetzt in anderen Provinzen getankt werden wird. *** Staatsanwalt Jorge Di Lello, der für den Fall Ciccone zuständig ist, hat von Bundesrichter Ariel Lello gefordert, dass er von der Regierung die Angabe der Personen fordere, die die echten Besitzer der Druckerei sind. Ausserdem richtete er sich an Handelsrichter Javier Cosentino mit der Anweisung, keine Entschädigung zu bezahlen, bis man nicht genau wisse, wer die echten Besitzer sind. Compañía de Valores Sudamericana S.A., ehemals Ciccone Calcográfica S.A., gehört zu einem Drittel der Familia Ciccone und zu zwei Dritteln dem Investmentfonds “The Old Fund”, bei dem Alejandro Vandenbroele (der angeblich Strohmann von Vizepräsident Amado Boudou ist) als Bevollmächtigter auftritt. Dieser Fonds gehört wiederum einem anderen, “Tierras International Investments”, der jedoch inzwischen aufgelöst wurde. Bisher hat sich bei der Enteignung niemand gemeldet, um eine eventuelle Entschädigung zu fordern. *** In einem Fernsehprogramm hat der Journalist Jorge Lanata angezeigt, dass die Provinzregierung von For- Kontakt twitter mosa (Gouverneur ist Gildo Insfran) dem Fonds “The Old Fund”, also A. Vanderbroele, einen Betrag von über $ 7 Mio. gezahlt habe, um eine Schuld gegenüber dem Nationalstaat umzuschulden. Weder der Gouverneur noch der nationale Wirtschaftsminister, noch Vizepräsident Boudou (den dies direkt betrifft), noch sonst jemand in der Nationalregierung, haben bisher zum Thema Stellung bezogen. Wenn der Tatbestand stimmt, handelt sich um eine grobe Unregelmässigkeit, da es bei finanziellen Beziehungen zwischen dem Nationalstaat und den Gliedstaaten keine Mitwirkung privater Firmen geben kann, wobei die Zahlung einer so hohen Provision überhaupt keinen Sinn hat. Es besteht die Vermutung, dass es sich um ein Schmiergeld handelt. *** Die Europäische Union hat eine Dumpingklage gegen Argentinien eingeleitet, die sich auf Lieferungen von Biodieselöl bezieht. Es muss jetzt festgestellt werden, ob der Exportpreis unter dem internen liegt oder subventioniert wird, ebenso wie die Tatsache, dass dies der EU-Biodieselindustrie einen ungerechtfertigten Schaden zufügt. Das Argument der EU hatte eine konkrete Grundlage, als der Exportzoll für Biodieselöl weit unter dem für Sojabohne und Sojaöl und –mehl lag. Doch nachdem der Exportzoll vor einem Monat auf 24% angehoben wurde und dem der anderen Produkte somit angeglichen wurde, ist dieses Argument hinfällig geworden. *** Die Regierung hat einen Betrag von $ 702 Mio. für Aerolíneas Argentinas und Austral bestimmt, um das Defizit bis Mitte Oktober zu decken. Somit haben diese Staatsunternehmen im Laufe dieses Jahres schon einen Zuschuss des Schatzamtes von $ 3,19 Mrd. erhalten, der sich mit einem von $ 3,34 Mrd. im ganzen Jahr 2011 vergleicht. Ausserdem hat das Transportsekretariat der USA eine Busse von u$s 50.000 gegen AA verhängt, wegen Verletzung einer Bestimmung, die die Airlines zwingt, bei den Anzeigen über Tarife, Steuern u.a Aufschläge zu diskriminieren. *** Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 15 Wirtschaft Nachdem die Nationalregierung den Betrag von $ 124 Mio., der für die U-Bahn bestimmt war, schliesslich der Stadtverwaltung von Buenos Aires überweisen hat, hat diese sie dem Betreiber Metrovías (Roggio-Konzern) übertragen, damit er die Lohnerhöhung von 23% zahlen kann, und die 20 Waggons, die stillgelegt worden waren, reparieren und in Betrieb nehmen kann. Gleichzeitig hat Regierungschef Mauricio Macri ein Gesetzesprojekt im städtischen Parlament eingereicht, um 120 Waggons für die H-Linie der U-Bahn (die sich in Bau befindet, und von Parque Patricios bis Plaza Francia geht) zu kaufen und dabei einen Kredit von u$s 216 Mio. aufzunehmen. Der Kredit soll von der brasilianischen BNDES gewährt werden, und die Waggons sollen in der brasilianischen Fabrik der französischen Alsthom gebaut werden. Das Schatzamt muss den Kredit garantieren. *** Auf Käufe, die mit Kredit- oder Scheckkarten im Ausland getätigt werden, wird bei der Belastung eines lokalen Pesokontos zum offiziellen Kurs ab 1. SeptemBer ein Betrag von 15% von der AFIP erhoben, der als Anrechnung auf die Gewinnsteuer oder die Steuer auf persönliche Güter gilt. Das hat das Amt für öffentliche Einnahmen am Donnerstag verfügt. Bei Bestellungen über Internet wird dieser Vorschuss nicht erhoben. *** Die Regierung hat schliesslich den Verkauf der Raffinerie von Esso (Tochter des US-Konzerns Exxon Mobil) und der 450 Tankstellen dieser Firma an die lokale Bridas Corporation genehmigt, die den Brüdern Carlos und Alejandro Bulgheroni, und der chinesischen CNOOC als Minderheitspartner, gehört. Die Genehmigung war vor anderhalb Jahren gefordert worden, wurde jedoch von Binnenhandelssekretär Guillermo Moreno bisher nicht gewährt, weil er eine schlechte Beziehung zu den Bulgheronis hatte. Dabei handelt es sich hier um eine “Argentinisierung” eines Unternehmens, nämlich eine Übertragung von einem ausländischen auf einen lokalen Konzern. Der Kaufpreis betrug u$s 830 Mio., von denen u$s 620 Mio. auf die Aktiven in Argentinien und der Rest auf die in Paraguay und Uruguay entfallen. Bridas beabsichtigt, die Raffinerie in Campana auszubauen, mit einer Erhöhung der Kapazität um 60% bei Dieselöl und 50% bei Benzin. Diese Investition wurde dank Moreno um über ein Jahr verzögert, was zu höheren Importen von Benzin und Dieselöl führte. Wieder hat Moreno dem Land einen Schaden zugefügt. Bridas besitzt 40% von Pan American Energy; die restlichen 60% entfallen auf British Petroleum. *** Zurück zum Inhalt Zum nächsten Artikel Interessieren Sie sich für das politische Zeitgeschehen in Argentinien und Lateinamerika? In der neuen Online-Ausgabe des Argentinischen Tageblatts finden Sie noch mehr Artikel, Bilder und Information. Klicken Sie hier, um ein Gratis-Beispiel zu sehen Kontakt twitter Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 16 Wirtschaft Lateinamerika Brasiliens Präsidentin Dilma Rouseff hat den Beschluss gefasst, das Streikrecht im staatlichen Bereich und bei öffentlichen Diensten stark zu beschränken. Das Projekt verbietet Streiks bei Streit- und Sicherheitskräften und sieht bei öffentlichen Diensten, die als “essentiell” bezeichnet werden, die Erhaltung der Dienste, bei eventueller Beschränkung, vor. Eingeschlossen sind 24 Bereiche, wie die Versorgung mit Strom, Gas, Wasser, Telefonie, Luftfahrt, Steuereintreibung, und landwirtschaftliche und industrielle Inspektionen. Ebenfalls soll die Brückensperren unterbunden werden. *** Mexiko hat Argentinien vor der Welthandelsorganisation wegen illegaler Handelsbeschränkungen angeklagt. Dabei handelt es sich um eine koordinierte Aktion mit den USA, Japan und der EU. *** In den Tiefen des Golfes von Mexiko ist ein großes Ölfeld entdeckt worden. Das teilte Präsident Felipe Calderón am Mittwoch mit. Das Vorkommen liegt östlich der Küste des Bundesstaates Tamaulipas und soll bis zu 400 Mio. Barrel bergen. Es befindet sich nur etwa 39 km südlich zur Seegrenze zu den USA. «Sollte sich das bestätigen, entspricht die Zahl einem Drittel der jährlichen nationalen Erdölförderung, das ist eine gute Nachricht für Mexiko», sagte Calderón vor Unternehmern. Es sei zudem möglich, dass in dem Gebiet in großen Tiefen weitere Vorkommen lagerten, erklärte Calderón. (dpa) *** Brasilien erhielt im Juli Auslandsinvestitionen für u$s 8,42 Mrd., berichtet die ZB. Es ist der höchste Betrag seit Dezember 2010. Diese Investitionen waren über doppelt so hoch wie das Defizit von u$s 3,77 Mrd. der Leistungsbilanz (Aussenhandel, Dienstleistungen, Gewinnüberweisungen u.a.), so dass die Zahlungsbilanz mit einem Überschuss schloss. 2011 betrugen die Auslandsinvestitionen u$s 66,66 Mrd., und in 7 Monaten 2012 sind es schon u$s 38,41 Mrd., von denen u$s 31,91 Mrd. aus Beteiligungen an Unternehmen und der Rest aus Darlehen von multinationalen Unternehmen an ihre Filialen bestand. *** Brasilien erreichte im Juli einen Überschuss bei den Staatsfinanzen in Höhe von u$s 1,95 Mrd., dank der soliden Steuereinnahmen. Auch wenn die Zahl über den Betrag vom Juni liegt, so entspricht sie nur der Hälfte des Überschusses vom Juli 2011. *** Die brasilianische ZB hat am Mittwoch zum neunten Mal in Folge den Selic-Zinssatz um 50 Basispunkte auf dem historisch tiefsten Satz von 7,5% gesenkt. Ein Jahr zuvor lag der Satz bei 12,5%. Die Senkung wurde bekannt, nachdem Präsidentin Dilma Rouseff ein Massnahmenpaket für die Anschaffung von LKWs und Maschinen ankündigte. Rouseff gab ebenfalls die Verlängerung von Steuerbegünstigungen für Produkte “made in Brazil” bekannt. Zurück zum Inhalt Zum nächsten Artikel Planen Sie vielleicht gerade eine Südamerikareise? In der neuen Online-Ausgabe des Argentinischen Tageblatts finden Sie die exklusivsten Tipps und schönsten Fotos aus Argentinien. Klicken Sie hier, um ein Gratis-Beispiel zu sehen Kontakt twitter Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 17 Wirtschaft Geschäftsnachrichten Aerolineas Argentinas Das staatliche Luftfahrtunternehmen ist seit Mittwoch das erste südamerikanische Mitglied der Luftfahrtallianz Skyteam. Dadurch wird Aerolineas ihre Strecken besser in Europa, Asien und Amerika vermarkten können. Kentucky Die Pizza-Kette Kentucky hat für $ 6 Mio. bislang 5 Lokale eröffnet und plant fünf weitere in den kommenden 12 Monaten einzuweihen. “Wir haben in den vergangenen fünf Jahren ein stetiges Konsumwachstum in der Gastronomie feststellen können und gehen davon aus, dass sich diese Tendenz für die nächsten fünf Jahren fortsetzen wird”, sagte man bei Pereira Aragón, das Immobilienunternehmen, welches für das Wachstum von Kentucky zuständig ist. Sinteplast Dieser Farbenfabrikant investierte $ 15 Mio. für die Herstellung von Farben für Schiffe. Diesbezüglich unterschrieb Sinteplast ein Technologie- und Lizenztransferabkommen mit der japanischen Gesellschaft Chukogu Marine Paints. Solche Farben werden ausschliesslich für Schiffe entwickelt, und zwar sowohl für Meeres- und Süsswasser, und sowohl für Schiffe aller Grössen, wie für Container. Bei Sinteplats geht man von Zusatzverkäufen im ersten Jahr in Höhe von $ 50 Mio. aus. Diransa San Luis Diese Firma, die Ausgangsstoffe für Drucktinten und Überdrucklacke herstellt, hat ein Technologieabkommen mit der deutschen Ecronova für den Grafikkunstmarkt in Gang gesetzt. Diese strategische Allianz soll Ecronova ermöglichen, Emulsionen unter Lizenz von Diransa herzustellen. Ausserdem sollen in Argentinien hergestellte Klebestoffe vermarktet werden. Delphi Dieser Hersteller von Autoteilen wird ein Autoradio mit GPS in ihrem Werk auf Feuerland fabrizieren. Die Gesamtproduktion geht an den brasilianischen und indonesischen Markt. Für dieses Projekt wurden $ 9 Mio. investiert. Im Industrieministerium wurde betont, dass die Muttergesellschaft den argentinischen Standort statt dem chinesischen wegen der guten Ausbildung der 36 Ingenieure ausgesucht hat. Zurück zum Inhalt Zum nächsten Artikel Interessieren Sie sich für Sport? Möchten Sie wissen, wie Ihr Lieblingsclub gespielt hat? In der neuen Online-Ausgabe des Argentinischen Tageblatts gibt es noch mehr Artikel. Fotos und Videos dazu, und außerdem die vollständigen Tabellen der argentinischen Liga. Klicken Sie hier, um ein Gratis-Beispiel zu sehen Kontakt twitter Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 18 Wirtschaftsübersicht Die verlorene Glaubwürdigkeit belastet die unmittelbare Zukunft W irtschaftsminister Hernán Lorenzino bemühte sich in einer Rede, die er am Donnerstag der Vorwoche anlässlich der Tagung des “Council of the Americas” im Hotel Alvear hielt, ein gutes Image Argentiniens zu begründen. Er übte scharfe Kritik an den Agenturen, die die einzelnen Staaten qualifizieren (Standard & Poor´s, Moody´s, Fitch u.a.) und wies dabei auf den Widerspruch hin, dass Argentinien 2001 besser qualifiziert worden sei als jetzt, wo doch damals schon sichtbare Zeichen der kommenden Krise vorhanden waren, während jetzt keine bestehen. In der Tat sollte Argentinien keine schwere Rezession erleben, sondern bestenfalls eine Abschwächung der Konjunktur. Ebenfalls steht auch kein Default in Sicht. Aber was sein soll, muss nicht immer sein. Kabinettschef Juan Manuel Abal Medina wies bei der gleichen Gelegenheit darauf hin, dass das Bruttoinlandsprodukt ab 2003, als Néstor Kirchner als Präsident antrat, um 95,5% gestiegen sei, was eine durchschnittliche jährliche Zunahme von 7,75% ausmache, die sich mit einer von nur 1% pro Jahr in den vorangehenden 20 Jahren vergleiche. Hier sei zunächst bemerkt, dass die Gesamtzunahme ab 2003 geringer war, da das INDEC für 2009 von einer Zunahme von 0,9% ausgeht, private Wirtschaftler hingegen einen Rückgang von 3% ermitteln. Ebenfalls wird die BIP-Berechnung in manchen Aspekten ab Anfang 2007 von der Fälschung des Indices der Konsumentenpreise beeinflusst, wobei man ohnehin nicht weiss, ob nicht auch beim BIP direkt gemogelt wird. Dennoch: auf alle Fälle wäre das BIP um gut 80% gewachsen, allerdings ausgehend von einem Rückgang von etwa 18% ab Mitte 1998, und mit starkem Rückenwind (starke Zunahme der Preise der Exportprodukte), der Wirkung der phänomenalen technologischen Revolution (Biotechnologie, Telefonie und Informatik) und der Privatisierungen und Deregulierungen der 90er Jahre, die die argentinische Wirtschaft strukturell verändert haben. Kontakt twitter Was die vorangehenden zwei Jahrzehnte betrifft, so wird dabei der BIP-Rückgang der 80er Jahre mit dem grossen Aufschwung von 1990 bis 1998 (BIP mit plus 60%) und dem danach folgenden Abschwung, der in der Krise 2001/02 endete, vermischt. Ausserdem: die Reformen der Menem-Regierung haben das hohe Wachstum des letzten Jahrzehnts überhaupt möglich gemacht. Der Hinweis auf das vergangene Wachstum ist kein Argument für ein zukünftiges. Im Gegenteil: wenn eine Wirtschaft anormal stark wächst, ist eher eine Periode der Beruhigung zu erwarten, eventuell sogar der Rezession. Dies umso mehr, als dieser Aufschwung auch auf Kosten einer starken Verringerung der Erdöl- und Gasreserven, der Schlachtung von 12 Mio. Rindern aus dem Bestand und der ungenügenden Instandhaltung und Investitionen bei öffentlichen Diensten erreicht wurde. Also auf Kosten des Kapitalverzehrs. Das war der Preis für politisch niedrige Tarife, die der Bevölkerung mehr Einkommen für andere Ausgaben übrig liessen und auf diese Weise die Konjunktur angespornt haben. Doch jetzt ist die Stunde der Wahrheit gekommen, und es entstehen schwer lösbare Engpässe und ein Investitionsbedarf, für die es zunächst keine Finanzierung gibt. Die Inflationsproblematik wurde weder vom Wirtschaftsminister noch vom Kabinettschef erwähnt. In einer Welt mit niedrigen Inflationsraten sind Länder wie Venezuela und Argentinien Ausnahmen, die Sorge bereiten. Dies umso mehr, als die Inflation vom Statistischen Amt mit einer groben Fälschung heruntergedrückt wird, und sowohl die Präsidentin, wie der Wirtschaftsminister u.a. hohe Beamte punkto Inflation um den heissen Brei herumreden und die Stabilitätsperiode der 90er Jahre verteufeln. Dass die Regierung keine Strategie hat, um die Inflation zumindest auf eine echte einstellige Jahreszahl Mehr Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 19 - Wirtschaftsübersicht zu drücken, ist bedenklich. Gewiss hat Lorenzino Recht, wenn er behauptet, Argentinien laufe keine Gefahr der Zahlungsunfähigkeit. Objektiv sollte das so sein; doch bei diesen eigenartigen Leuten, die uns regieren, weiss man nie, ob es schliesslich doch nicht so weit kommt. Was jedoch die Analysten bemerken, ist, dass der effektive Wille, zu zahlen, oft nicht vorhanden ist, auch wenn das Geld vorhanden ist. Die argentinische Regierung benimmt sich prinzipiell wie ein fauler Schuldner. Die einzelnen Umstände Die argentinische Glaubwürdigkeit ist nahe dem Nullpunkt gesunken. Und das hat seine guten Gründe. Halten wir fest: l Die Vertragsbrüche bei Konzessio-nen öffenticher Dienste u.a. Fällen wirken abschreckend, wobei die Regierung in bald einem Jahrzehnt nicht den geringsten Willen gezeigt hat, zu verhandeln und Kompromisslösungen zu erreichen. Die Unternehmen hängen von der Willkür der Regierung, und besonders der von einzelnen hohen Beamten ab, und können jederzeit ganz verstaatlicht werden. Mehrere Unternehmen wurden ohne Entschädigung enteignet. Das bezieht sich auf den Wasserversorger Aguas Argentinas (der der französischen Suez und der spanischen Aguas de Barcelona gehörte), wobei hier ausserdem eine Schuld von u$s 700 Mio. bis heute unbezahlt blieb. Hinzu kamen dann noch Betreiber von Eisenbahnkonzessionen, Aerolineas Argentinas, Repsol u.a. Fälle. Die Enteignungen waren rechtswidrig, weshalb sie als Konfiskationen eingestuft werden. Es gab keine Entschädigung, wie sie die Verfassung vorschreibt, ebenfalls keine Verhandlungen, sondern einfach ein Regierungsdiktat. l Die Regierung hat die Urteile des Weltbankschiedsgerichtes ICSID nicht geachtet. Es sind an die Milliarde Dollar, die einfach nicht gezahlt wurden, mit dem fadenscheinigen Argument, dass die argentinische Gesetzgebung vorsieht, dass die Urteile von lokalen Gerichten bestätigt werden müssen. Das bedeutet, dass die Kläger zunächst 3% an Justizgebühr hinterlegen müssen, und wenn sie verlieren (was bei Urteilen der argentinischen Richter sehr wahrscheinlich ist) dann noch für Gerichtskosten und Honorare l Mehr Interessieren Sie sich für Theater und Tanz, Musik und Mode, Kunst und Kino? Möchten Sie mehr über die pulsierende Kulturmetropole Buenos Aires erfahren? In der neuen Online-Ausgabe des Argentinischen Tageblatts gibt es noch mehr Artikel. Fotos und Videos dazu, und darüber hinaus einen Veranstaltungs- und einen Ausstellungskalender. Klicken Sie hier, um ein Gratis-Beispiel zu sehen Kontakt twitter Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 20 - Wirtschaftsübersicht aufkommen müssen, die mindestens 10% ausmachen. Bei den zahreichen Klagen, die noch nicht entschieden sind, hat die Regierung nicht den geringsten Willen gezeigt, auf dem Verhandlungsweg zu einer Lösung zu kommen, sondern die Prozesse mit faulen Tricks in die Länge geschoben. l Die argentinische Justiz hat die Unabhängigkeit verloren. Die Richter stehen unter starkem Druck und müssen sich Sorge um ihre Karriere machen, wenn sie nicht im Sinne der Regierung urteilen. Abgesehen davon hat die Anullierung der Gesetze über Gehorsamspflicht und Endpunkt vom Jahr 1987, die 2003 erfolgte, das ganze Rechtsystem in Frage gestellt. Eine Anullierung (gemäss der ein Gesetz rückwirkend von Anfang an keine Wirkung hat), nach 16 Jahren und nachdem der Oberste Gerichstof schon entschieden hatte, dass es sich um eine Form der Amnestie handelt, die absolut verfassungskonform war, stellt die Rechtssicherheit grundsätzlich in Frage. So etwas hat in der Weltgeschichte noch nie gegeben. l Die extreme Devisenbewirtschaftung, bei der Importe plötzlich nicht mehr zugelassen werden, und dann nach einiger Zeit in einigen Fällen (die Binnenhandelssekretär Moreno eigenwillig bestimmt) freigegeben werden (aber in anderen nicht), die Überweisung von Gewinnen und Dividenden gehemmt wird, und auch reine Dollarkäufe oder – überweisungen als Wertsicherung offiziell nicht zugelassen werden, schafft eine grosse Unsicherheit für Unternehmen und eine Hemmung für multinationale Firmen, die ihre Finanzen einheitlich verwalten. Die argentinische Regierung rechtfertigt die Verletzung der Normen der Welthandelsorganisation mit dem Argument, dass sie andere Staaten auch verletzen. Also: wenn jemand anders stiehlt, darf ich auch stehlen. Das Argument ist absurd, abgesehen von der Tatsache, dass sich die argentinische Regierung auch nicht bemüht, über die einzenen Fälle mit den beschuldigten Regierungen zu verhandeln, wie es sich bei zivilisiertem Verhalten geziemt. l Hinzu kommt noch die anormal hohe Korruption, die diese Regierung kennzeichnet. Das entmutigt Unternehmen, da dies mit Erpressungen und Zwangsbeteiligung an schmutzigen Geschäften verbunden ist. Kontakt twitter Die Regierung ist insofern noch besonders unseriös, als allerlei Massnahmen und Projekte angekündigt und dann nicht vollzogen werden. Das bezieht sich auf den Hochgeschwindigkeitszug von Buenos Aires über Rosario nach Córdoba, auf zahlreiche Programme für den Bau von Sozialwohnungen, auf die Kraftwerke von Santa Cruz, auf die Abschaffung der Subvention für öffentliche Dienste und viele andere Einzelfälle. Die Regierung vermittelt den Eindruck, dass die hohen Beamten so ungefähr nach dem Motto handeln, “was gebe ich für mein dummes Geschwätz von gestern”. l Hinzu kommt noch der Freundenkapitalismus. Die Regierung bevorzugt befreundete, mit den Kirchners liierte Unternehmer, bei öffentlichen Ausschreibungen und zwingt normale Unternehmen, gelegentlich an diese zu verkaufen. Das extreme Beispiel war das Geschenk von 25% des Aktienkapitals von YPF, von Repsol an die Eskenazi-Gruppe. l Bei dieser Regierung wissen die Unternehmer nicht, mit wem sie sich verständigen müssen. Es gibt keine echte Staatsstruktur, der zweite Mann im Wirtschaftsministerum hat mehr zu sagen als der erste und auch als der Planungsminister, und die formellen Entscheidungsgewalten werden übergangen. Das wird noch durch den Umstand verschlimmert, dass die Präsidentin ihre Symphatien ändert und gelegentlich einem Minister oder Staatssekretär mehr Macht und dann auch weniger verleiht. l Auch die notorische Fälschung der Statistik der Konsumentenpreise schafft Unsicherheit, umso mehr als dies mit einem Betrug an den Inhabern von wertberichtigten Staatspapieren verbunden ist. Dabei wird langfristigen Verträgen die Möglichkeit der Wertberichtiung entzogen, da diese Verträge jetzt auch nicht auf Dollar lauten können, da sie dabei Gefahr laufen, auf den offiziellen Kurs bezogen zu werden, zu dem der Schuldner keine Dollar kaufen kann. l Der grosse Gewerkschaftseinfluss und der geringe Wille der Regierung, für Recht und Ordnung zu sorgen, wirkt l Mehr Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 21 - Wirtschaftsübersicht auch als abschreckender Faktor. In Chubut wurde ein Erdölunternehmen von einer Gewerkschaftsgruppe, mit der es keine direkte Beziehung hat, besetzt, mit grossen Zerstörungen. Die U-Bahn wurde während 10 Tagen von einer nicht zugelassenen Gewerkschaft stillgelegt. In beiden Fällen griff die Regierung zu spät und nur zaghaft ein. Es handelt sich nicht um Ausnahmen. l Schliesslich bereitet die Politik als solche auch Sorgen. Cristina Kirchner hat keine Nachfolge, und die Opposition ist gespalten, so dass man nicht weiss, wie es weiter geht. Das republikanische und demokratische System ist von der Regierung geschwächt worden, und stellt als solches keine Garantie dar, wie in der EU, den USA und anderswo. Die Gruppe, die die Nachfolge der früheren MontoneroTerroristen angetreten hat, ist auch von Bedeutung, mit der Gefahr, dass sie schliesslich die Regierung übernimmt. Weder die Miliärs, noch die Politiker, noch sonst jemand könnten sie daran hindern. Ein unlösbares Problem Bei all diesen Umständen darf man sich nicht wundern, dass Argentinien so schlecht eingestuft wird, was das Land bei einer objektiven Anlayse der Wirtschaftsdaten gewiss nicht verdient. Aber die Risiken sind eben gross, wobei sie von dieser Regierung nicht aus der Welt geschaffen werden können, weil die Präsidentin und ihre Mitarbeiter Gefangene ihrer Vorurteile sind. Abgesehen davon bemüht sich die Regierung auch nicht um die Probleme, sondern sie ignoriert die genannten Risikofaktoren und kontert den Kritikern mit absurden Argumenten, u.a., dass es sich um Verschwörungen der grossen Zeitungen (“Clarín” und “La Nación”), des “konzentrierten Kapitals”, einzelner Ökonomen und Journalisten , sowie Putschisten handle. Die verlorene Glaubwürdigkeit hat bei kleinen und mittleren Unternehmen, die nicht direkt von Regierungsentscheidungen abhängen, eine beschränkte Bedeutung. Deshalb wird auch laufend investiert, sowohl bei bestehenden Unternehmen, die expandieren oder sich dem technologischen Fortschritt anpassen, wie auch bei Neugründungen. Aber in bestimmten Fällen ist dies entscheidend für das Verhalten der Unternehmer. So wirkt sich das mangelhafte Vertrauen unmittelbar auf das Erdölunternehmen YPF aus, das bedeutende finanzielle Mittel, Technologie und unternehmerische Mitwirkung braucht, um die immer kritischere Reservenlage zu überwinden. Für die Erschliessung des Schiefergaslagers “Vaca Muerta” in Neuquén ist von einem Investitionsbedarf von u$s 10 bis u$s 20 Mrd. die Rede. Und für die Forschung in neuen Gebieten, die mit hohem Risiko behaftet ist, dürften es noch mehr sein. Es ist schwer, bei grossen Investitionen ausreichendes Vertrauen zu schaffen, wobei noch hinzukommt, dass es kaum möglich ist, bei der von der Weltbank abhängigen MIGA (Multilateral Investment Guarantee Agreement) eine Investitionsversicherung für politische Risiken zu erhalten. Die Regierung steckt in einer Sackgasse, die sie selber geschaffen hat, die sie nur mit einer totalen Wende ihrer grundsätzlichen Einstellung überwinden könnte. Und auch dann wäre dies schwierig, da ein tiefes Misstrauen in diese Regierungsmannschaft besteht. Zurück zum Inhalt Zum nächsten Artikel Möchten Sie mehr über die Zusammenhänge in der argentinischen und lateinamerikanischen Wirtschaft wissen? In der neuen Online-Ausgabe des Argentinischen Tageblatts finden Sie Meinungsartikel unserer Wirtschaftsexperten. Klicken Sie hier, um ein Gratis-Beispiel zu sehen Kontakt twitter Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 22 - Wirtschaftsübersicht Eine neue Rahmenordnung für die Stromwirtschaft E nde der Vorwoche teilte Vizewirtschaftsminister Axel Kiciloff in Begleitung von Energiesekretär Daniel Cameron und Binnenhandelssekretär Guillermo Moreno den Unternehmern der Elektrizitätswirtschaft persönlich mit, dass die Regierung vorhabe, ein neues System für die Preise auszuarbeiten, die ihnen zugestanden werden, auf der Grundlage der Kosten plus eines Gewinnes. Wichtig dabei ist zunächst die Tatsache, dass nicht an Verstaatlichung gedacht wird (was Kiciloff ausdrücklich ausschloss), und viele Unternehmen, die sich am Rande der Zahlungsunfähigkeit befinden, jetzt wohl den Konkurs vermeiden können. Allerdings wurde über die Regelung der bestehenden Schulden nichts gesagt. Die neue Rahmenordnung, die in ihren Grundzügen angekündigt wurde, kommt zehn Jahre zu spät; aber es bleibt zu hoffen, dass sie jetzt wirklich eingeführt wird und es nicht bei einer guten Absicht bleibt, wie es bei dieser Regierung üblich ist. Die privaten Unternehmen der Branche haben eine sehr gute Leistung vollbracht, auch als der Staat sie ab 2002 finanziell unter Druck gesetzt hat und sie Verluste erlitten und in vielen Fällen in Zahlungsunfähigkeit gerieten. Die Kraftwerke, die aus der Segba-Privatisierung entstanden, haben neue Technologie eingeführt und ihre Kapazität erweitert, und sind bei hoher Kapazitätsauslastung tätig, während sie 1989, unter staatlicher Regie, gelegentlich nur zu einem Drittel ausgelastet waren, was mit zur schweren Energiekrise von Anfang jenes Jahres geführt hat. Die Stromverteilung (Edenor, Edesur und Edelap) wurde auch qualitativ viel besser, mit einer drastischen Verringerung der Unterbrechungen des Dienstes und kurzfristiger Behebung der Pannen. Unter staatlicher Regie war dies eine Katastrophe. Néstor Kirchner hat von der überschüssigen Kapazität bei der Stromerzeugung profitiert, die die Privatisierung herbeigeführt hat, so das ser sich erst später um die Kapazitätserweiterung kümmern musste. Kontakt twitter Es bleibt jetzt bei privaten Unternehmen, wobei auch staatliche bestehen. Die Privatisierung der 90er Jahre bezog sich auf die Wärmekraftwerke der Bundeshauptstadt, der Provinz Buenos Aires und einige mehr im Landesinneren, die Wasserkraftwerke in Neuquén und Rio Negro, die Fernleitungen und die Stromverteilung in der Stadt und Provinz Buenos Aires. Die grossen binationalen Wasserkraftwerke Yacyretá und Salto Grande blieben staatlich, ebenso die Kraftwerke und die Stromverteilung von Córdoba, Santa Fé u.a. Provinzen. Wie weit die neue Rahmenordnung auch für diese gilt, sei vorerst dahingestellt. Das Stromsystem der 90er Jahre hatte eine marktwirtschaftliche Grundlage, mit der staatlichen CAMMESA (“Compañía Argentina del Mercado Mayorista de Electricidad S.A.) als Verwalter der Stromverteilung, mit Entscheidungsgewalt über den Preis, der jeweils gezahlt wird, wobei stets der niedrigste genommen wurde. Da damals Überangebot herrschte, funktionierte das System recht gut, wobei die Wasserkraftwerke, die sehr niedrige Grenzkosten haben, bei der Lieferung faktisch Vorrang vor den Wärmekraftwerken hatten. Vorher, als das System voll staatlich war, war es gelegentlich umgekehrt, was keinen vernünftigen Sinn hat. Denn dabei wurde unnötigerweise Gas oder Heizöl verbraucht. Beim Transport und der Verteilung von Strom wurden Margen bestimmt. Das System wurde faktisch 2002 ausser Kraft gesetzt, aber nicht durch ein anderes ersetzt, sondern einfach durch eingefrorene Tarife, die gelegentlich willkürlich erhöht wurden, aber in der Regel zu wenig, worunter dann die Instandhaltung litt und eine Expansion und Modernisierung nur noch ausnahmsweise möglich war. In letzter Zeit mehrten sich die Verlustbilanzen, was ein schlimmes Ende vorwegnahm, bei dem eine Rückverstaatlichung zu befürchten war. Mehr Sonnabend, 1. September 2012 - Seite 23 - Wirtschaftsübersicht Das neue System ist nicht marktwirtschaftich, erhält jedoch die Privatunternehmen der Branche, aber mit starker Abhängigkeit von staatichen Entscheidungen. Sie sind im Wesen weniger “privat” als in den 90er Jahren. Wenn jetzt einfach effektive Kosten hingenommen werden und darauf ein Gewinn berechnet wird, dann haben die Unternehmen kein Interesse an der Rationalisierung und technologischen Verbesserung. Die Weltbank hat seinerzeit bei der Verstaatlichung der CADE (1958), die in Segba umgetauft wurde, ein System dieser Art empfohlen, ist aber nachher in anderen Fällen (in anderen Ländern und auch bei Telefonie) auf andere Systeme übergegangen, bei denen die Unternehmen an den Effizienzfortschritten verdienen. Wie weit sich Kiciloff, Cameron u.a. Beamte schon Gedanken über die konkreten Einzelheiten des neuen Systems gemacht haben, sei vorerst dahingestellt. CAMMESA wird somit den einzelnen Kraftwerken unterschiedliche Preise zahlen und dann einen gewoge- nen Durchschnitt berechnen, zu dem sie den Strom an die Verteiler liefert. Diese müssen dann bestimmte Tarife zugestanden werden, und wenn diese nicht ausreichen, muss subventioniert werden. Auch das muss geordnet werden, da CAMMESA schon ein hohes Defizit angehäuft hat, für das niemand aufkommt. Das ganze System bedarf bei seiner detaillierten Ausarbeitung und Durchführung einer guten und engen Zusammenarbeit zwischen den Unternehmern und den für elektrische Energie zuständigen Beamten, wobei es sehr transparent sein muss, damit kein Verdacht von krummen Geschäften und Schmiergeldern besteht. All dies ist gewiss nicht einfach, besonders bei einer Regierung, die Unternehmer prinzipiell verdächtigt und gelegentlich bezichtigt, allerlei Bosheiten zu begehen. Doch auf alle Fälle hat die Regierung jetzt einen ersten Schritt in der richtigen Richtung gemacht. Zurück zum Inhalt Interessieren Sie sich für Theater und Tanz, Musik und Mode, Kunst und Kino? Möchten Sie mehr über die pulsierende Kulturmetropole Buenos Aires erfahren? In der neuen Online-Ausgabe des Argentinischen Tageblatts gibt es noch mehr Artikel. Fotos und Videos dazu, und darüber hinaus einen Veranstaltungs- und einen Ausstellungskalender. 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