Begleitmaterial für Pädagogen
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Begleitmaterial für Pädagogen
Materialien für Pädagoginnen und Pädagogen Inhaltsverzeichnis Impressum Den Vorstellungsbesuch planen ……………………………………………….. 3 Die Handlung …………………………………………………………………………….. 4 Herausgegeben vom Theater Dortmund Geschäftsführende Direktorin: Bettina Pesch Intendant der Oper: Hintergrundinformationen Zur Auftragskomposition – Biographien ……………………………………….. Zur Inszenierung – Biographien ………………………..……………………….. Fantasie ohne Grenzen - Ein Gespräch mit Tatjana Ivschina …………. Astrid Lindgren erzählt über sich ……………………………………………….. Jens-Daniel Herzog 5 6 7 9 Redaktion Oper Dortmund: Heike Buderus, Mattis Krems (Mitarbeit) Redaktion Deutsche Oper am Rhein: Für den Unterricht Auszüge aus dem Roman „Ronja Räubertochter“ …………………………. Die Singstimme in der Oper ………………………………………………………… Die Figuren ………………………………………………..……………………………….. Fantasiereise durch den Mattiswald ………………………………………….. Wir sind Räuber ………………………………………………………………………….. Ein Wiegenlied ………………………………………………………………………….. Angst im Mattiswald …………………………………………………………….…….. Kostüme entwerfen …………………………………………………………………….. Zur Nachbereitung: Streit in der Mattisburg ………………………………… 11 14 15 16 17 20 21 22 24 Für den Theaterbesuch Wo werde ich meine Jacke los und warum geht das Licht aus? …….. Anfahrt ………………………………………………..……………………………………… 25 26 Dr. Bernhard Loges (Dramaturgie), Anna- Mareike Vohn (Leitende Musiktheaterpädagogin), Anja Fürstenberg, Krysztina Winkel Die Junge Oper Rhein-Ruhr ist eine Kooperation der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg, der Oper Dortmund und des Theater Bonn Dieses Materialheft finden Sie auch auf unserer Website: www.tdo.li/ronja Textnachweise: Astrid Lindgren erwählt über sich selbst: Verlag Rabén & Sjögren www.planet-wissen.de/raeuber Bildnachweise: Portraitfotos der Künstler Johannes Schmid – Foto: Bettina Sporrer Tatjana Ivschina – Foto: Mara Monetti Astrid Lindgreen – Foto: Ceyla de Wilka (CC BY-SA 3.0) Jörn Arnecke – Foto: Michael Wagener Holger Potocki – Foto: Alfredo Mena Anna Holter – Foto: privat Kostüm- und Bühnenbild-Entwürfe – Tatjana Ivschina Titelillustration: Kveln, Hamburg CI-Konzept: xhoch4, München —2— Den Vorstellungsbesuch planen Vorstellungen So, 22.05.2016, 16.00 Uhr (Premiere) Do, 26.05.2016, 16.00 Uhr Di, 31.05.2016, 11.00 Uhr Mi, 01.06.2016, 11.00 Uhr Do,02.06.2016, 11.00 Uhr So, 05.06.2016, 16.00 Uhr Di, 07.06.2016, 11.00 Uhr Mi, 08.06.2016, 11.00 Uhr Di, 14.06.2016, 11.00 Uhr So, 19.06.2016, 18.00 Uhr Di, 21.06.2016, 11.00 Uhr Mi, 22.06.2016, 11.00 Uhr Di, 28.06.2016, 11.00 Uhr Mi, 29.06.2016, 11.00 Uhr D0, 30.06.2016, 11.00 Uhr Preise Für Schulgruppen kosten die Karten je 6,00 € (je 10 Schüler eine erwachsene Begleitung zum Schülerpreis). Erwachsene bezahlen 11,00 € pro Karte. Dies gilt für alle Veranstaltungen inklusive der Premiere. Kartenbuchung Karten für Ihre Schülergruppe erhalten Sie über unseren Aboservice (Di- Fr 11.00-17.00 Uhr) Tel. 0231 / 50 22 442 Fax: 0231 / 50 22 443 E-Mail: aboservice@theaterdo.de Lehrerfortbildung* Do, 28.04.2016, 17.00 — 20.00 Uhr Bei dieser kostenlosen Veranstaltung erhalten Pädagogen und Erzieher eine theaterpädagogische und dramaturgische Einführung in das Stück. Öffentliche Probe* Do, 12.05.2016, 19.00 Uhr Bei dieser kostenlosen Veranstaltung erhalten Pädagogen und Erzieher eine dramaturgische Einführung in das Stück und besuchen im Anschluss die öffentliche Probe. Karten für diese Probe erhalten Sie an der Hauptkasse. Themenabend* Do, 19.05.2016, 16.30 Uhr Bei dieser kostenlosen Veranstaltung erhalten Pädagogen und Erzieher eine theaterpädagogische und dramaturgische Einführung in das Stück und besuchen im Anschluss die Hauptprobe mit Kostüm, Originallicht und Maske und Orchester. Beratung Unsere Theaterpädagogin Heike Buderus berät Sie gerne, was die Vorbereitung des Stückes im Unterricht betrifft. Sie kommt auch zu Ihnen in die Schule und kann Extras wie Blicke hinter die Kulissen vor oder nach dem Vorstellungsbesuch vermitteln. * Bitte melden Sie sich vorab bei der Theaterpädagogin Heike Buderus per Mail unter hbuderus@theaterdo.de oder unter der Telefonnummer 0231 / 50 22 413 an. —3— Handlung Am Höllenschlund Am Höllenschlund stehen sich die wütenden Räuberbanden knurrend und kampfbereit gegenüber. Birk möchte seinen Sohn zurück haben, doch Mattis gibt nicht nach und erpresst ihn. Während die beiden Männer streiten, springt Ronja über den Höllenschlund auf die Seite der Borkafeste. Borka schnappt sich die Räubertochter und schlägt Mattis einen Tausch vor: „Du bekommst dein Kind zurück, wenn du mir meines gibst.“ Doch Mattis ist entsetzt, er sagt, er habe kein Kind mehr und geht enttäuscht zurück zur Burg. Während einer fürchterlichen Gewitternacht Während über der Mattisburg ein schreckliches Unwetter tobt, kommt Ronja, die Tochter des Räuberhauptmanns Mattis zu Welt. Das zarte Kind verzaubert die wilden Räubermänner. Diese müssen jedoch voller Entsetzen feststellen, dass ihre Räuberburg durch einen gewaltigen Blitzschlag zerteilt wurde. Mattis wird bitterböse und regt sich so sehr auf, dass Ronja zu weinen beginnt. Doch ihre Mutter Lovis kann sie mit dem Wolfslied trösten. Einige Jahre später Auf der Mattisburg tobt und tanzt Ronja mit den Räubern. Mattis ist ganz fasziniert von seiner wunderbaren Tochter, nur wenn er auf Borka angesprochen wird, wird er bitterböse. Der alte Glatzen-Per erzählt Ronja, dass Borka der größte Feind ihres Vaters ist. An der Räuberschlucht, die den Mattiswald vom Borkawald trennt, werden seit Jahrhunderten grausame Kämpfe ausgetragen. Ronja ist nun alt genug, um die Burg zu verlassen und den Mattiswald zu erkunden. Mattis warnt sie vor den Gefahren des Waldes und Lovis gibt ihr den Rat, dass man im Mattiswald am sichersten ist, wenn man sich nicht fürchtet. Im Frühlingswald Ronja und Birk haben beschlossen, ihre Familien zu verlassen und von nun an im Wald zu leben. Inzwischen sind sie beste Freunde geworden und genießen die gemeinsamen Frühlingstage. Dennoch vermisst Ronja ihre Familie und ist traurig, dass ihr Vater nicht mehr mit ihr sprechen will. Um sich und Birk zu trösten, singt sie das Wolfslied. Danach verwandelt sich der Wald in eine zauberhafte sommerliche Idylle. Im Herbstwald Inzwischen ist es kalt geworden. Ronja und Birk fürchten sich vor dem kommenden Winter. Birk beschuldigt Ronja, das Messer verloren zu haben, dass sie zum Überleben dringend benötigen. Ronja ist wütend und schickt ihn weg. Allein im Wald bemerkt sie die Stimmen der Unterirdischen und folgt ihnen in den Nebel. Inzwischen hat sich Mattis auf den Weg gemacht, um sich bei Ronja zu entschuldigen. Mattis und Birk finden Ronja im Nebel und retten sie vor den Unterirdischen. Die drei versöhnen sich und Mattis lädt beide ein, mit ihm zurück in die Mattisburg zu kommen. Bei den Rumpelwichten Ronja bewundert den duftenden und sonnigen Mattiswald. Plötzlich erschrickt sie vor dem Schrei einer Wilddrude und bricht mit ihrem Fuß in die Höhle einer Rumpelwicht-Familie ein. Während die Wilddrude immer näher kommt und die ängstliche Ronja bedroht, bauen die Rumpelwichte mit Ronjas Fuß eine Wiege für ihr Rumpelkind. In letzter Minute taucht Birk auf und befreit sie. Ronja ist dankbar, aber entsetzt, dass sich ein Borkaräuber in ihrem Wald herumtreibt und auch noch behauptet, die Borkaräuber wären in die Nordburg eingezogen. Obwohl die beiden sich streiten, führt Ronja Birk aus dem dunklen Mattiswald. Zurück in der Mattisburg Freudig wird Ronja von ihrer Räuberfamilie empfangen, doch der alte Glatzen-Per liegt im Sterben. Er rät Mattis, sich mit Borka zusammenzutun und den Anführer der gemeinsamen Bande im Zweikampf zu ermitteln. Glatzen-Per stirbt und die Räuber verabschieden sich von ihm. In der Mattisburg Von Mattis und Glatzen-Per erfährt Ronja, was die Aufgaben eines Räubers sind und dass sie eines Tages Räuberhauptmann werden soll. Währenddessen wird Birk von den Mattisräubern in den Burgsaal geführt. Birk berichtet Mattis, dass die Borkasippe seit kurzem in der Nordburg hause. Daraufhin bekommt Mattis einen Wutanfall und er schmiedet den Plan, Birk in das Burgverlies zu stecken und ihn Borka erst zurückzugeben, wenn dieser die Nordburg verlässt. Ronja ist entsetzt und beschließt, niemals ein Räuberhauptmann zu werden. Als Mattis wütend wird, weil Lovis sich um den verletzten Birk kümmern möchte, schmeißt Lovis alle Räuber aus der Burg und tröstet Ronja mit dem Wolfslied. Der große Kampf Mattis gewinnt den Kampf gegen Borka, schlägt ihm aber vor, von nun an gemeinsam und gleichberechtigt gegen die Landsknechte zu kämpfen. Die Räuberbanden versöhnen sich und tanzen. Mattis beschließt, dass Birk eines Tages der nächste Räuberhauptmann werden soll. Doch auch Birk lehnt ab und möchte niemals Räuber werden. Ronja und Birk sind sich sicher, dass sie ein anderes Leben führen können, wenn sie zu einander halten. Endlich sehen die Eltern ein, dass sie sich dem Willen der Kinder fügen sollten. —4— Zur Auftragskomposition JUNGE OPER RHEIN-RUHR Familienopern in Düsseldorf-Duisburg, Dortmund und Bonn Seit der Spielzeit 2013/2014 setzt sich die deutschlandweit einzigartige Kooperation Junge Oper Rhein-Ruhr zwischen der Deutschen Oper am Rhein, dem Theater Dortmund und dem Theater Bonn für eine Stärkung des Bereichs der Kinder- und Jugendoper ein. Dazu sollen Kinderopern mit umfangreicher Besetzung für die großen Bühnen der vier Spielstätten produziert werden. Im Rahmen der Kooperation wurden bereits zwei Kompositionsaufträge vergeben: Am 14. Februar 2014 feierte Vom Mädchen, das nicht schlafen wollte Uraufführung im Theater Duisburg. Ronja Räubertochter nach Astrid Lindgren setzte im Februar 2015 die Reihe fort – Verlag und Erben von Astrid Lindgren konnten dafür erstmals von einem Opernprojekt überzeugt werden und haben die Genehmigung zur Vertonung durch den Komponisten Jörn Arnecke erteilt und das Libretto von Holger Potocki lizenziert. Auch diese Uraufführung wird an allen drei Instituten in vier Städten gespielt. In der Spielzeit 2015/16 folgt mit Marius Felix Langes „Die Schneekönigin“ eine dritte Auftragskomposition. Komposition: Jörn Arnecke Jörn Arnecke, 1973 in Hameln geboren, studierte Komposition und Musiktheorie bei Volkhardt Preuß und Peter Michael Hamel an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Zuvor spielte er in der einzigen Zivildienstmusikgruppe Deutschlands in München und hatte Kompositionsunterricht bei Wilfried Hiller. 1997/98 war er einer der letzten Schüler von Gérard Grisey am Pariser Conservatoire National Supérieur. 1997 wurde er als Preisträger des Kompositionswettbewerbs der Freien und Hansestadt Hamburg zum Brahmsjahr ausgezeichnet, 1998 errang er den Förderpreis des Göttinger Symphonie Orchesters. Jörn Arnecke war Stipendiat der „Studien-stiftung des deutschen Volkes“. Er schrieb Werke im Auf-trag der Münchener Biennale, der Expo Hannover, der Ton-halle Düsseldorf und des Brucknerhauses Linz. Am Pariser IRCAM-Institut war er angestellt für das Internet-Projekt „Studio en ligne“. Von 2001 bis 2009 war er Teilzeitpro-fessor für Musiktheorie an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Die Freie und Hansestadt Hamburg verlieh ihm 2003 das Bach-PreisStipendium. Im Februar und März 2004 lebte Jörn Arnecke mit einem Stipendium der Bundeskünstlerförderung im Deutschen Studienzen-trum Venedig. Von 2004 bis 2008 wurde er bei der Edition Gravis, bad Schwalbach (Inhaber: Dr. Rudolf Lück) verlegt. Inzwischen erscheinen seine Werke, auch die älteren, bei den Internationalen Musikverlagen Hans Sikorski, Hamburg. 2007 war er Stipendiat an der Casa Baldi/Villa Massimo in Olevano Romano. Von April bis September 2009 lebte und arbeitete er am Internationalen Künstler-haus Villa Concordia Bamberg. Zum 1. Oktober 2009 erhielt er einen Ruf an die Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar. Als Professor für Musiktheorie und Gehörbildung leitet er dort das Zentrum für Musiktheorie. Weitere Informationen: www.arnecke.de Libretto: Holger Potocki Holger Potocki ist in Berlin geboren und aufgewachsen. An der Humboldt-Universität zu Berlin studierte er Musik-, Kulturwissenschaft und Geschichte. Anschließend folgte ein Diplom in Musik- und Theatermanagement an der Ludwig-Maximilian-Universität München. Er inszenierte bislang über fünfzig Regiearbeiten in Deutschland sowie in Japan und Südkorea. Es folgten Festanstellungen als Spielleiter und Operndirektor am Theater Magdeburg. Seit 2009 lebt und arbeitet er als freier Autor und Regisseur in Berlin. Weitere Informationen: www.potocki.de —5— Zur Inszenierung Regie: Johannes Schmid Johannes Schmid, geboren 1973 in Niederbayern, studierte Theaterund Filmwissenschaft, Germanistik, Kunstgeschichte und Musikwissenschaft in Erlangen und München. Seit 2000 ist er als freischaffender Regisseur tätig, u.a. für das Bayerische Staatsschauspiel, die Oper Dortmund, die Salzburger Festspiele, das Theater Sankt Gallen, das Nationaltheater Mannheim, das Theater Konstanz, das Theater Münster und die Münchner Schauburg. Er führte Regie im Musik- und Sprechtheater, u.a. bei Tirso de Molinas „Don Gil von den grünen Hosen“, Donizettis „Don Pasquale“, dem Tiger Lillies-Kultstück „Shockheaded Peter“, Cervantes’ „Don Quijote von der Mancha“, Robert Walsers „Jakob von Gunten“, Purcells „The Fairy Queen“ und dem Erfolgsmusical „Anatevka – Fiddler on the Roof“. Bei den Salzburger Festspielen 2013 inszenierte er „Die Entführung aus dem Serail“ in einer eigenen Fassung für Kinder, 2014 hat er mit Mozarts Singspiel in einer Neuproduktion in St. Gallen Premiere gefeiert. Johannes Schmids Inszenierung „Eine Odyssee“ nach Homer erhielt den „Rosenstrauß des Jahres 2007“ als beste Münchner Theaterproduktion. Neben seiner Theaterarbeit dreht Schmid Filme. Sein Kinodebüt „Blöde Mütze!“ wurde mehrfach national und international ausgezeichnet. Sein zweiter Kinospielfilm, die deutsch-polnische Co-Produktion „Wintertochter“ erhielt u.a. den Deutschen Filmpreis 2012 in der Kategorie Kinderfilm. Weitere Filme sind in Vorbereitung. An der Deutschen Oper am Rhein inszenierte er die Uraufführung der Familienoper „Vom Mädchen, das nicht schlafen wollte“ von Marius Felix Lange nach einem Libretto von Martin Baltscheit, 2014/15 folgte die Uraufführungsinszenierung „Ronja Räubertochter“ vorn Jörn Arnecke (Libretto: Holger Potocki nach Astrid Lindgren) Nürnberg. Sie arbeitet regelmäßig mit Regisseuren wie Christine Mielitz, Ragna Kirck, Svenja Tiedt, Michiel Dijkema und vor allem Anthony Pilavachi. Für ihn stattete sie zuletzt u.a. Jean-Philippe Rameaus „Platée“, Verdis „Falstaff“ und Strauss’ „Rosenkavalier“ aus. Weitere Projekte waren Wagners „Parsifal“ an der Oper Lübeck und Verdis „Rigoletto“ in Leipzig. Neben ihrer Theaterarbeit widmet sich die vielseitige junge Künstlerin regelmäßig diversen Ausstellungsprojekten, u.a. in Marburg, Frankfurt am Main, Berlin und Dresden. Für die Kooperation Junge Oper Rhein-Ruhr stattete Tatjana Ivschina bereits 2010/11 „Der gestiefelte Kater“ (Montsalvatge) aus. 2013/14 folgte die Uraufführung „Vom Mädchen, das nicht schlafen wollte“ (Lange) und 2014/15 die Uraufführung „Ronja Räubertochter“ (Arnecke). In Dortmund stattete sie zuletzt „Hänsel und Gretel“ (Pertersen) aus. Choreographie: Anna Holter Die Choreographin Anna Holter lebt in ihrer Heimatstadt Stockholm und München. 1997 schloss sie ihr Studium an der Iwanson Schule für zeitgenössischen Tanz in München ab. Seither arbeitet Anna Holter international als Tänzerin und Choreographin. Als Tänzerin war sie u.a. am Theater Basel, am Tanzquartier Wien, im Dansens Hus Stockholm, der Queen Elizabeth Hall London und in München am Prinzregententheater, an der Schauburg – Theater der Jugend, der Bayerischen Staatsoper und am Bayerischen Staatsschauspiel zu erleben. Dabei arbeitete sie u.a. mit den Choreographen Amir Hosseinpour, Marco Santi, Rosemary Butcher, Michael Keegan-Dolan, Mia Lawrence, Itztok Kovac, Charlotta Öfverholm und Milli Bitterli. Seit 2001 choreographiert sie mit ihrer eigenen Company ANNA HOLTER + COMPANY Tanzstücke, unterstützt u.a. vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München, dem Fonds Darstellende Künste und der Bayerischen Landeszentrale für Zeitgenössischen Tanz. Ihre Produktionen wurden zu zahlreichen Gastspielen eingeladen. Mit „Meeting with Oneself“ wurde sie u.a. als Repräsentantin für Deutschland zum Tanzfestival Danse à Lille eingeladen. Neben den eigenen Tanzstücken choreographiert Anna Holter auch für Sprechtheater und Oper, so u.a. für das Theater Konstanz, das Bayerische Staatsschauspiel, die Junge Oper am Nationaltheater Mannheim sowie bei den Salzburger Festspielen. Nach der Familienoper „Vom Mädchen, das nicht schlafen wollte“ (Lange) folgte 2014/15 „Ronja Räubertochter“ (Arnecke) für die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf Duisburg. Bühne und Kostüm: Tatjana Ivschina Tatjana Ivschina wurde in Taschkent, Usbekistan geboren und studierte Bildende Künste in ihrer Heimatstadt und an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach bei Rosalie, Hans-Jürgen Drescher und Hans Hollmann. Bereits während ihrer Studienzeit arbeitete sie als Bühnen- und Kostümbildnerin und ist seit 2000 selbstständig. Tatjana Ivschina arbeitete u.a. am Schlosstheater Rheinsberg, am Theater Bremen, Theater Dortmund, Landestheater Linz, Stadttheater St. Gallen und den Staatstheatern Oldenburg, Darmstadt und —6— Phantasie ohne Grenzen Ein Gespräch mit Tatjana Ivschina von Dr. Bernhard Loges Wer kennt nicht Astrid Lindgrens wilde Räubertochter, die seit 1981 Kinder in der ganzen Welt mit ihren Abenteuern fesselt? Es wimmelt von Räubern, Rumpelwichten, Wilddruden und unheimlichen Gestalten im Mattiswald – für die Bühnen- und Kostümbildnerin Tatjana Ivschina eine wunderbare Gelegenheit, ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen. Seit 2009 hat sie alle großen Kinderopern der Jungen Oper Rhien-Ruhr ausgestattet und für jede Geschichte eine ganz eigene Bildsprache gefunden. Deine Bühnenbilder und Kostüme zeichnet aus, dass sie nicht nur einfach eine praktische Funktion haben. Ihnen wohnt häufig zugleich auch noch eine zweite Ebene inne. Der Wald ist die Rückseite der Burgmauern, zugleich lebt er auch und Figuren sind Teil des Bühnenbildes. Die Unsichtbaren oder die Geister des Waldes sind ein Symbol dafür, wie Kinder beginnen, die Natur wahrzunehmen und merken, dass hier alles lebt. Es kann für Ronja und Birk auch erschreckend und gruseligsein, nachts allein im Wald zu sein. Eine Frage war auch, wie sich der Wald mit den Jahreszeiten verändert. „Ronja Räubertochter“ ist in Deiner Heimat nicht so bekannt, wie in Deutschland. Die Geschichte kannte ich gar nicht. Das Buch habe ich dann natürlich zur Vorbereitung auf unsere Uraufführung gelesen. Später dann auch gemeinsam mit meinem Sohn, der genau wie ich von der Geschichte begeistert war. Von der Vielfalt der Charaktere und der Menschlichkeit der Räuber, die innerhalb einer Familie sehr viele unterschiedliche Seiten hat. Ein junges Mädchen, das beginnt erwachsen zu werden, ein Vater, der ganz weiche Knie bekommt, wenn er die Tochter heranwachsen sieht, die starke Mutter, das ist eine unglaubliche schöne Beschreibung der Familie. Natürlich sind – vor allem für Kinder – auch die Abenteuer spannend, wie erlebt man Natur – Wald, Berge. Ich bin ein sehr naturbezogener Mensch und kann mich hierin durchaus wiederfinden. Was bedeutet es für Dich, ein Bühnenbild und Kostüme für Kinderopern zu entwickeln? Unterscheidet sich Deine Arbeit von der an Werken des Opernrepertoires? Bei Kinderopern kann ich meiner Phantasie freien Lauf lassen und mich wieder in ein Kind hineinversetzen, in eine Welt ohne Grenzen. Man darf Kinder nie unterschätzen, sie haben viel mehr Phantasie als Erwachsene und es braucht oft nicht viel, um diese anzuregen. Natürlich versuche ich in Bildern die Geschichte zu erzählen, aber parallel auch viel Freiraum für die eigene Phantasie zu lassen. So bleibt auch Raum für Gesprächsstoff, es werden nicht unbedingt alle Fragen beantwortet und nach dem Opernbesuch können sich die Kinder untereinander oder mit ihren Eltern oder Großeltern über das Erlebte austauschen. Viele Zuschauer haben Bilder des berühmten Films von 1984 im Kopf. Wie schaffst Du es, Dich davon zu befreien und eine eigene Bildwelt zu entwickeln? Ich habe den Film bewusst nicht zur Vorbereitung gesehen. Viele Menschen aus meiner Generation kennen ihn und verbinden damit eigene Erinnerungen und Assoziationen. Mir war wichtig nachdem ich das Buch gelesen hatte, meiner eigenen Phantasie freien Lauf zu lassen und diese Bildwelt unabhängig zu entwickeln. Erst danach habe ich mir den Film angesehen. Er hat Erwartungen von „Ronja Räubertochter“ geprägt, mit denen Zuschauer auch in die Oper kommen werden und es ist wichtig, diese nicht zu ignorieren oder bewusst dagegen anzugehen. Deine Bühnenbildmodelle baust Du immer selber und bemalst sie liebevoll mit allen Details, die nachher auf die große Bühne übertragen werden. Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Werkstätten aus, die Deine Ideen ausführen? Da ich ein haptischer Mensch bin, ist mir sehr wichtig, alles bereits im Vorfeld erfühlend zu verstehen und mit meinen Händen zu erschaffen. Gemeinsam mit der Kreativität der Menschen in den Werkstätten entsteht dann das endgültige Bühnenbild. Dieser Weg mit gemeinsamem Austausch ist mir sehr wichtig, alle können gemeinsam ihre Phantasie sprießen lassen und dadurch entstehen die besten Ideen. Wenn schließlich bei der technischen Einrichtung alles, was vorher im Kleinen, im Modell angelegt war, im Großen auf der Bühne steht und lebendig werden kann, ist das der Höhepunkt der gemeinsamen Arbeit und die Kunst der Werkstätten die Ideen auf den großen Raum zu übertragen. Welche Form hast Du für die unterschiedlichen Spielräume, die Mattisburg und den Wald mit der Behausung der Rumpelwichte und der Bärenhöhle gefunden? Bei der Lektüre waren die Illustrationen von Ilon Wikland wichtig für mich, sie haben sicher alle, die das Buch gelesen haben geprägt. Ich bin von Illustrationen ausgegangen und dem Graphischen, der zweidimensionalen, schwarzweiß gezeichneten Räuberburg. Hierin wird Ronja von ihren Eltern zunächst von den Gefahren des Waldes ferngehalten. Diese zweidimensionale Welt bricht dann auf zur dreidimensionalen Tiefe des Waldes. Der Wald entsteht aus mehreren einzelnen Bühnenelementen, die sich auf unterschiedliche Weise zusammenfügen können. Es war mir wichtig, dass dieser Wald lebt und Ronja und Birk darin auch herumtoben können und Abenteuer erleben. —7— Darstellern Spielmöglichkeiten bieten. Mir ist wichtig, für Sänger individuell zu arbeiten und die Kostümidee auch auf den Menschen zuzuschneiden. Ronjas und Birks Mäntel haben Wolfskapuzen, welche sie beispielsweise als Tiere des Waldes tarnen, sie eins mit dem Wald und der Natur werden lassen, so dass sie sich dort verstecken können. Zugleich nehmen sie etwas von zu Hause mit, eine Art Kuscheltier, das sie auch als schützend empfinden. Durch die unterschiedlichen Farben werden die beiden auch in ihrer Zugehörigkeit zu den jeweiligen Räuberbanden charakterisiert. Bei allen großen Kinderopern an der Deutschen Oper am Rhein warst Du seit 2009 nicht nur für den Spielraum, sondern auch für Kostüme zuständig. In Rückschau auf „Robin Hood“, „Der gestiefelte Kater“, „Die Nachtigall“, „Die Prinzessin auf der Erbse“ und „Vom Mädchen, das nicht schlafen wollte“ fällt auf, dass Du deinen eigenen Stil hast, sich aber nichts wiederholt. Wie findest Du die Figuren und damit auch ihre Kostüme? Mir ist wichtig, jede Geschichte neu wahrzunehmen und dafür eine eigene Ästhetik und Phantasie zu finden. Ich arbeite gerne mit liebevollen Details und habe große Freude daran, Neues zu erfinden und Überraschungseffekte einzubauen: Sessel, die aufgeklappt zu Schminkkästchen werden oder Buchsbäume, die umgedreht wie Elefanten aussehen. Was entsteht zuerst, das Bühnenbild oder die Kostüme? Dadurch, dass ich immer Bühne und Kostüme entwickele, kann ich quer einsteigen. Manchmal sind es Situationen, die ich vor mir sehe, manchmal Farben, Bilder, Fotos oder einfach eine Situation auf der Straße. Insofern denke ich nie nur über Bühne oder nur über Kostüme nach, das eine beeinflusst das andere, es ist ein Gesamtprozess. Was ist für Dich das wichtigste, wenn Du Deine Kostüme entwirfst? Die Kostüme müssen immer den Charakter der Figuren unterstützen und gleichzeitig funktional sein und den —8— Astrid Lindgren erzählt über sich selbst . mich nicht getraut, zu schreiben, obwohl ich irgendwo tief in mir drin spürte, dass mir das Schreiben Spaß machen könnte. Doch diese Frage kehrt immer wieder: Wie kam es eigentlich, dass Sie anfingen zu schreiben? Und daher möchte ich erzählen, wie alles begann, obwohl ich dies schon so furchtbar oft getan habe. 1941 lag meine 7-jährige Tochter Karin mit einer Lungenentzündung im Bett. Jeden Abend, wenn ich an ihrem Bett saß, quengelte sie auf typisch kindliche Art: „Erzähl' mir was!" Und als ich sie eines Abends ziemlich erschöpft fragte: „Was soll ich dir denn erzählen?“, da antwortete sie: „Erzähl’ mir was von Pippi Langstrumpf!“ Sie hatte den Namen gerade in dem Augenblick erfunden. Ich fragte sie nicht, wer Pippi Langstrumpf war, sondern fing einfach an zu erzählen. Und da dies ein so komischer Name war, bekam auch das Mädchen eigenartige Züge. Karin und später auch ihre Spielkameraden zeigten von Anfang an eine bemerkenswerte Zuneigung für Pippi. Ich musste immer und immer wieder von Ihr erzählen. Und das ging mehrere Jahre so weiter. Lassen Sie mich mit meinen Lebensstationen beginnen, da in der Regel alle danach fragen. Alles begann so: Im November 1907 erblickte ich in einem alten, roten Haus, das von Apfelbäumen umgeben war, das Licht der Welt. Ich wurde als zweites Kind des Landwirts Samuel August Ericsson und seiner Frau Hanna, geb. Jonsson, geboren. Der Hof, auf dem wir lebten, hieß - und so heißt er noch heute - Näs, und er liegt ganz in der Nähe einer kleinen Stadt in Småland namens Vimmerby. Näs ist seit 1411 Pfarrhof, und so ist es immer noch. Mein Vater war allerdings kein Pfarrer, sondern nur Pfarrhofpächter auf Näs - wie sein Vater vor ihm und sein Sohn nach ihm. In dem roten Haus - im 18. Jahrhundert Pfarrhof, später Pächterhaus - wurden nach mir noch zwei weitere Kinder geboren. Wir waren also vier Geschwister: Gunnar, Astrid, Stina und Ingegerd. Eines Tages im März 1944 schneite es in Stockholm. Als ich am Abend am Vasapark entlang ging, lag auf dem Bürgersteig Neuschnee, darunter jedoch eine glatte Eisschicht. Ich rutschte aus und verstauchte mir den Fuß so stark, dass ich eine Zeit lang das Bett hüten musste. Um mir die Zeit zu vertreiben, fing ich an, die Pippi-Geschichten in Steno aufzuschreiben. Seit meiner Bürozeit bin ich gut im Stenografieren, und noch heute schreibe ich meine Bücher zunächst als Stenogramm. Im Mai 1944 wurde Karin 10 Jahre alt. Da kam mir die Idee, die Pippi-Erzählung ins Reine zu schreiben und ihr das Manuskript zum Geburtstag zu schenken. Und dann beschloss ich, eine Kopie an einen Verlag zu schicken. Nicht, weil ich auch nur eine Sekunde lang glaubte, dass sie die Erzählung in Buchform herausgeben würden. Nein, einfach nur so! Da Pippi mich selbst auch sehr bewegt hat, schloss ich meinen Brief an den Verlag folgendermaßen: „In der Hoffnung, dass Sie nicht das Jugendamt alarmieren“. Denn ich hatte ja selbst zwei Kinder, und was sollte aus denen werden - mit einer Mutter, die solche Bücher schrieb! Wir lebten ein glückliches Bullerbü-Leben auf Näs - im Grunde genau wie die Kinder in den Bullerbü-Büchern. Wir gingen in Vimmerby zur Schule, die nur eine Viertelstunde entfernt war. Aber wie auch die Bullerbü-Kinder wurden wir irgendwann einmal erwachsen, und es wurde Zeit, in die Welt hinauszuziehen. Ich ging nach Stockholm und machte eine Ausbildung als Sekretärin. Ich bekam dort eine Anstellung, heiratete und bekam zwei Kinder - Lars und Karin. Die beiden wollten immer, dass ich ihnen Geschichten erzähle. Und ich erzählte Geschichten. Doch ich schrieb keine Bücher, nein. Denn ich hatte schon früh beschlossen, dies nicht zu tun. Die meisten Menschen, die nie Bücher schreiben, fassen vermutlich keine förmlichen Beschlüsse, dies nicht zu tun. Ich jedoch fasste so einen Beschluss. Als ich zur Schule ging, bekam ich immer zu hören „du wirst bestimmt mal Schriftstellerin, wenn du groß bist“. Und einmal wurde ich sogar ein wenig spöttisch „Vimmerbys Selma Lagerlöf“ genannt. Ich glaube, das hat mir Angst gemacht. Und ich habe Genau wie ich es mir gedacht hatte, bekam ich das Manuskript zurück. Doch während ich darauf wartete, schrieb ich ein weiteres Buch. Denn jetzt hatte ich festgestellt, wie viel Spaß das Schreiben macht. Es war ein Mädchenbuch mit dem Titel Britt-Mari lättar sitt hjärta („Britt-Mari erleichtert ihr Herz“). Dieses Buch schickte ich an den Verlag Rabén & Sjögren, der 1944 einen Mädchenbuchwettbewerb —9— ausgeschrieben hatte. Und dann geschah etwas Denkwürdiges. Ich erhielt den zweiten Preis in dem Wettbewerb. Nie war ich wohl glücklicher als an diesem späten Herbstabend 1944, als ich die freudige Nachricht erhielt. Im folgenden Jahr, 1945, veranstaltete derselbe Verlag einen Wettbewerb zum Thema Kinderbücher. Ich schickte das Pippi-Manuskript in etwas umgearbeiteter Form ein ... und gewann den ersten Preis! Da war der Stein ins Rollen gekommen. Pippi wurde ein Erfolg, obwohl es natürlich auch Leute gab, die das Buch schockierend fanden und Scheidungskind in Farsta zu sein. Wahrscheinlich läuft in Farsta gerade ein Kind herum, das später einmal darüber schreiben wird. glaubten, dass sich in Zukunft alle Kinder so aufführen würden wie Pippi. „Kein normales Kind isst beim Kaffeekränzchen eine ganze Torte auf“, schrieb jemand entrüstet. Und das stimmt ja auch. Ein normales Kind hebt aber auch kein Pferd hoch. Doch wer dazu in der Lage ist, kann vielleicht auch eine ganze Torte verdrücken. Haargenau weiß ich selbst nur, wie es ist - oder besser gesagt, wie es war - ein Bauernkind in Småland und ein Kind in einer Kleinstadt zu sein. Daher spielen die meisten meiner Bücher in diesen Umgebungen. Die Kinder von Bullerbü, Michel von Lönneberga, Rasmus und die Sunnanäng-Kinder wohnen auf dem Lande. Pippi Langstrumpf, Kalle Blomkvist, die Kinder aus der Krachmacherstraße und Madita dagegen leben in einer Kleinstadt. Erst nachdem ich etwa 30 Sommer in den Stockholmer Schären verbracht hatte, wagte ich mich an ein Buch, das dort spielt: Ferien auf Saltkrokan. 1946 veranstaltete Rabén & Sjögren einen neuen Wettbewerb. Diesmal ging es um Detektivgeschichten für Jugendliche. Da schrieb ich Kalle Blomkvist und bekam dafür einen geteilten ersten Preis. Das war das letzte Mal, dass ich an einem Wettbewerb teilnahm. Doch geschrieben habe ich weiter. An die 40 Bücher, daneben unzählige Bilderbücher sowie einige Theaterstücke und Lieder. Auch mehrere Filme, Radio- und TV-Serien habe ich gemacht. Von 1946 bis 1970 war ich Leiterin der Kinderbuchabteilung bei Rabén & Sjögren. Und Karlsson vom Dach fliegt ja im Stockholmer Stadtteil Vasastan umher. Diese Gegend kenne ich auch gut, denn schließlich habe ich 60 Jahre dort gelebt. Seit 1952 bin ich Witwe. Meine beiden Kinder sind verheiratet, mein Sohn ist jedoch im Sommer 1986 gestorben. Ich habe sieben Enkelkinder und acht Urenkel. Ja, ja, all dies wollen ja die meisten von mir wissen. Doch wie sieht es mit Mio, mein Mio, den Brüdern Löwenherz und Ronja aus? Weiß ich mehr über das „Land in der Ferne“, über Nangijala und den Mattiswald als über den Stockholmer Vorort Farsta? Die Antwort lautet: Ja, das tue ich. Doch woher ich das weiß, verrate ich nicht. Oft werde ich auch gefragt, ob ich von meinen eigenen Kindern und Enkeln beim Schreiben inspiriert werde. Und darauf kann ich nur antworten, dass das Kind, das ich einst war, das einzige ist, das mich inspirieren kann. Man muss gar keine eigenen Kinder haben, um Kinderbücher schreiben zu können. Man muss nur selbst einmal Kind gewesen sein und sich dann erinnern können, wie das ungefähr war. Die bisherigen Fragen ließen sich relativ leicht beantworten. Schwieriger wird es dann schon, wenn Fragen anderer Art kommen: Was beabsichtigen Sie mit Ihren Büchern? Welche Message wollten Sie mit der Figur der Pippi Langstrumpf rüberbringen? Wie kann man Kinder mit Hilfe von Kinderbüchern beeinflussen und erziehen? Wie muss ein gutes Kinderbuch sein? Und so weiter, und so weiter. Darauf möchte ich nur antworten, dass ich überhaupt nichts beabsichtige. Weder bei Pippi noch bei sonst einem Buch. Wie gesagt: Ich versuche nicht bewusst, die Kinder, die meine Bücher lesen, zu erziehen oder zu beeinflussen. Doch hoffe ich, mit meinen Büchern ein ganz klein wenig zu einer menschenfreundlichen, lebensbejahenden und demokratischen Grundeinstellung der Kinder beitragen zu können. Schließlich muss es auch Bücher geben, die nichts anderes als reines Leseerlebnis vermitteln möchten. „Danke, dass Sie eine düstere Kindheit erhellt haben“, stand auf einem kleinen Zettel, den mir eine unbekannte Frau einmal zusteckte. Das reicht mir. Wenn ich auch nur eine einzige düstere Kindheit erhellen konnte, bin ich zufrieden ... Ich schreibe, um das Kind in mir selbst zu unterhalten und hoffe, dass auf diese Weise auch andere Kinder ein wenig Spaß haben. Ich weiß nicht, wie ein gutes Kinderbuch sein soll. Aber warum fragt eigentlich niemand, wie ein gutes Buch für Erwachsene aussehen soll? Ich bemühe mich, beim Schreiben im künstlerischen Sinne „aufrichtig“ zu sein. Das ist meine einzige Richtschnur. „Warum schreiben Sie eigentlich nie ein Buch über ein Scheidungskind in Farsta zum Beispiel“, hat mich mal jemand gefragt. Und darauf kann ich nur antworten: Ich kann nur über etwas schreiben, das ich selbst kenne. Ich weiß nicht, wie es ist, Tipps zum Weiterlesen: Biographie für Kinder: Kerstin Ljunggren, Besuch bei Astrid Lindgren, Hamburg 1994 Mechthild Winkler Jordan, Ausgewählte Frauengestalten aus Astrid Lindgrens Kinderbüchern. In: http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/astrid-lindgren/ — 10 — Astrid Lindgren, Ronja Räubertochter Auszüge aus dem Roman Ronja erblickt das Licht der Welt In der Nacht, als Ronja geboren wurde, rollte der Donner über die Berge, ja, es war eine Gewitternacht, dass sich selbst alle Unholde, die im Mattiswald hausten, erschrocken in ihre Höhlen und Schlupfwinkel verkrochen. Nur die wilden Druden liebten Gewitter mehr als jedes andere Wetter und flogen mit Geheul und Gekreisch um die Räuberburg auf dem Mattisberg. Das störte Lovis, die dort lag, um ein Kind zu gebären, und sie sagte zu Mattis: „Scheuch diese Grausedruden weg, damit es hier still ist, sonst höre ich nicht, was ich singe!“ Es war nämlich so, dass Lovis sang, als sie ihr Kind gebar. Es gehe dann leichter, behauptete sie, und wahrscheinlich werde das Kind auch von heiterer Natur, wenn es bei Gesang zur Welt kam. Kapitel 1/Seite 5 Ein wenig entfernt, jenseits der Kluft, saß jemand. Jemand, der etwa so groß war wie sie selber, und er baumelte mit den Beinen über dem Höllenschlund. Ronja wusste, dass sie nicht das einzige Kind auf der Welt war. Nur auf der Mattisburg war sie es und im Mattiswald. Aber Lovis hatte ihr gesagt, dass es anderswo viele Kinder gab, und von zweierlei Art, solche, die zu Mattisen wurden, wenn sie groß waren, und solche, die zu Lovisen wurden. Ronja selbst würde eine Lovis werden. Und irgendwie spürte sie, dass der dort drüben, der die Beine über Höllenschlund baumeln ließ, ein Mattis werden würde. Noch hatte er sie nicht entdeckt. Ronja schaute ihn sich an, wie er dort saß, und sie lachte leise, weil es ihn gab. Kapitel 2/Seite 30 Ronja trifft Birk Borkasohn Da sah er sie und lachte auch. „Ich weiß, wer du bist“, sagte er. „Du bist die Räubertochter, die immer im Wald rumrennt. Ich hab dich da mal gesehen.“ „Wer bist du denn?“, fragte Ronja. „Und wie um alles in der Welt bist du hierhergekommen?“ „Ich bin Birk Borkasohn, und ich wohne hier. Wir sind heute Nacht hier eingezogen.“ Ronja starrte ihn an. „Wer wir?“ „Borka und Undis und ich und unsere zwölf Räuber.“ Es dauerte eine Weile, bis sie das Unerhörte begriff, das er da gesagt hatte. Schließlich sagte sie: „Willst du etwa behaupten, dass die ganze Nordburg voller Hosenschisser ist?“ Er lachte. „Nein, hier gibt es nur rechtschaffene Borkaräuber. Aber da drüben, wo du wohnst, da ist es knüppelvoll von Hosenschissern, das hat man ja immer gehört.“ So, also das hatte man immer gehört! Was für eine unglaubliche Unverschämtheit! Es begann in ihr zu kochen. Aber es sollte noch schlimmer kommen. „Im Übrigen“, sagte Birk, „ist das hier nicht länger eine Nordburg. Von heute Nacht an heißt sie die Borkafeste. Versuch dir das zu merken!“ Ronja schnappte nach Luft, so fuchsteufelswild war sie. Die Borkafeste! Das war doch wahrhaftig, um daran zu ersticken! Was für Schurken sie waren, diese Borkaräuber! Und dieser Lümmel, der dort saß und grinste, war einer von ihnen! „Potz Pestilenz!“, rief sie. „War nur, bis das Mattis zu Ohren kommt, dann fahren alle Borkaräuber mit einem Furz zum Donnerdrummel!“ Ronja ist nicht das einzige Kind auf der Welt Oft hatte sie davon gehört, wie die Mattisburg in jener Nacht zerbarst, als sie geboren wurde. Mattis wurde es nie leid, davon zu erzählen. „Potz Pestilenz, was für ein Mordsknall! Den hättest du hören sollen, ach, den hast du ja gehört, du kleines neugeborenes Würmchen, das du damals warst. Einfach rums!, und da hatten wir zwei Burgen statt einer und einen Abgrund dazwischen. Aber vergiss nie, was ich dir gesagt habe. Hüte dich davor, in den Höllenschlund zu fallen!“ Und sich davor hüten, genau das hatte Ronja vor. Es war das Beste, was sie tun konnte, jetzt, wo die wilden Druden über dem Wald tobten. Sie war schon oft beim Höllenschlund gewesen, aber noch nie dem gefährlichen Abgrund nahe gekommen, der sich dort jäh und ohne schützende Mauerkrone auftat. Jetzt kroch sie auf dem Bauch bis zum Rand vor und äugte hinab in die Tiefe. Hu, das war grausiger, als sie gedacht hatte! Sie griff nach einem der losen Steine, die dort am Rand lagen, und ließ ihn hinabfallen. Und als sie dann den Aufschlag tief unten hörte, schauderte ihr. Es klang so dumpf und klaftertief, ja, dies war wirklich ein Schlund, vor dem man sich hüten musste! Aber so besonders breit war die Kluft, die die beiden Burghälften trennte, eigentlich nicht. Mit einem tüchtigen Sprung müsste man wohl hinüberkommen? Doch so verrückt war wohl keiner! Nein, vielleicht wäre es aber trotzdem gerade die richtige Art, sich wie gewohnt zu hüten und zu üben. Wieder spähte sie in die Kluft hinab, hu, welche Tiefe! Dann sah sie sich um, um festzustellen, von wo aus man den Sprung am besten wagen konnte. Und da sah sie etwas. Vor lauter Verblüffung wäre sie fast in den Höllenschlund gefallen. — 11 — Wieder kam Birk ihr über die Schlucht entgegengeflogen, und wieder setzte auch sie zum Sprung an. Zum wievielten Mal, wusste sie nicht. Ihr war, als hätte sie nie etwas anderes getan als über Abgründe springen, um Borkalümmeln zu entkommen. Da sah sie, wie Birk, gerade als er aufsetzte, auf einem Stein ausrutschte, der lose am Rande lag. Und sie hörte seinen Aufschrei, bevor er in der Tiefe verschwand. Danach hörte sie nur noch die Krähen. Sie schloss die Augen und wünschte, diesen Tag hätte es nie gegeben. Sie wünschte, diesen Birk hätte es nie gegeben! Und sie wünschte, dass sie beide nie gesprungen wären. Schließlich kroch sie bäuchlings bis an den Rand vor und spähte hinab in die Schlucht. Und da sah sie Birk. Er stand unmittelbar unter ihr auf einem Stein oder Balken oder was es nun war, das aus der geborstenen Mauer ragte. Nur gerade so weit, dass seine Füße dort Platz fanden, aber auch nicht mehr. Dort stand er, den tiefen Höllenschlund unter sich, und seine Hände suchten verzweifelt nach einem Halt, nach irgendetwas, woran er sich festhalten konnte, etwas, das ihn davor bewahrte, in den Abgrund zu stürzen. Und er wusste und auch Ronja wusste es, dass er ohne Hilfe nicht herauskommen konnte. Er würde dort stehen müssen, bis seine Kräfte versagten, das wussten beide, und danach würde es keinen Birk Borkasohn mehr geben. „Bleib da stehen!“, rief Ronja, und er antwortete mit einem kleinen Grinsen: „Ja, was anderes kann man hier schlecht tun!“ Aber Angst hatte er, das sah sie ihm an. Ronja riss sich den geflochtenen Lederriemen ab, den sie stets zu einem Knäuel zusammengerollt am Gürtel trug. Er hatte ihr in ihrem Waldleben bei allem Klettern und Hangeln oft gute Dienste getan. Jetzt machte sie eine große Schlinge in das eine Ende des Riemens und knotete sich das andere um den leib. Danach ließ sie den Riemen zu Birk hinab, und sie sah es in seinen Augen aufleuchten, als die Schlinge zu ihm hinuntergebaumelt kam. Ja, der Riemen reichte gerade so weit, wie es nötig war, stellte sie fest, und das war ein rechtes Glück für diesen Borkalümmel. „Streif dir die Schlinge über, wenn du kannst“, sagte sie. „Aber klettre erst los, wenn ich rufe! Nicht früher!“ Der Blitz, der in jener Nacht ihrer Geburt eingeschlagen hatte, hatte auch einen Steinblock aus der Mauerkrone gerissen. Nun lag dieser Brocken recht günstig nur ein kleines Stück vom Rand der Schlucht entfernt. Ronja warf sich dahinter platt auf den Bauch, und dann rief sie: „Los jetzt!“ Gleich darauf spürte sie, wie sich der Riemen um ihren Bauch schnürte. Es tat weh. Jeder Ruck am Riemen, wenn Birk höher kletterte, ließ sie aufstöhnen. „Das glaubst du!“, sagte Birk. Aber Ronja dachte an Mattis, und ihr grauste. Sie hatte ihn schon vor Wut ganz von Sinnen erlebt und wusste, wie das war. Doch diesmal würde die Mattisburg wohl noch einmal zerbersten, das war ihr klar. Und sie wimmerte bei dem Gedanken daran. „Was ist los mit dir?“, fragte Birk. „Geht’s dir nicht gut?“ Ronja antwortete nicht. Sie hatte jetzt genug, genug von dem Lümmelgeschwätz und den Frechheiten. Jetzt musste gehandelt werden. Bald würden die Mattisräuber heimkommen, und dann, potz Pestilenz, würde auch der letzte kleine Hosenschisser von einem Borkaräuber schneller aus der Mattisburg verschwinden, als er reingekommen war! Sie stand auf und wollte gehen. Doch da sah sie, was Birk vorhatte. Wirklich und wahrhaftig, dieser Lümmel machte Anstalten, über den Höllenschlund zu springen! Er stand dort ihr gegenüber auf der anderen Seite, und jetzt nahm er einen Anlauf. Da schrie sie: „Kommst du her, dann hau ich dir eins aufs Maul, dass dir die Nase abfliegt!“ „Haha!“, rief Birk, und mit einem Satz war er über die Kluft hinweg. „Mach’s nach, wenn du’s kannst“, sagte er mit einem kleinen Grinsen. Das hätte er nicht sagen dürfen, das war zu viel. Es reichte, dass er und seine Hosenschisser sich eine Feste in der Mattisburg verschafft hatten, aber kein Borkaräuber sollte hier irgendwelche Sprünge machen, die ein Mattisräuber nicht nachmachen konnte! Und sie tat es. Sie wusste selbst nicht recht, wie es zuging, aber plötzlich flog sie über den Höllenschlund und landete auf der anderen Seite. „Du bist gar nicht so ungelenk“, sagte Birk und sprang ihr sofort nach. Aber Ronja wartete nicht auf ihn. Mit einem neuen Sprung flog sie zurück über die Kluft. Da konnte er stehen und ihr nachglotzen, so viel er wollte! „Du wolltest mir doch eins aufs Maul hauen, warum tust du es denn nicht?“, rief Birk. „Jetzt komme ich!“ „Das seh ich“, sagte Ronja. Und er kam wirklich. Aber auch diesmal wartete sie nicht auf ihn. Wieder sprang sie, und springen würde sie, um ihm zu entkommen, so lange, bis ihr der Atem ausging. Danach sagte keiner von beiden mehr etwas. Sie sprangen nur. Verbissen und wie besessen sprangen sie über den Höllenschlund hin und her. Außer ihrem Keuchen war nichts zu hören. Nur die Krähen, die auf den Zinnen hockten, krächzten ab und zu. Sonst war alles schauervoll still. Es war, als halte die ganze Mattisburg auf ihrem Berg den Atem an vor etwas Grauenvollem und Entsetzlichem, das gleich geschehen würde. Ja, gleich landen wir wohl im Höllenschlund, wir beide, dachte Ronja. Aber dann hat dieses ewige Gehopse wenigstens ein Ende! — 12 — Bald breche ich wohl mittendurch wie die Mattisburg, dachte sie und biss die Zähne zusammen, um nicht zu schreien. Plötzlich ließ der Druck nach, und da stand Birk und sah auf sie hinunter. Sie war liegen geblieben, um auszuprobieren, ob sie noch atmen konnte. Er sagte: „Aha, hier liegst du also!“ „Ja, hier liege ich“, sagte Ronja. „Bist du jetzt fertig mit dem Gehopse?“ „Nein, einmal muss ich noch springen. Um auf die richtige Seite zu kommen. Ich muss ja heim in die Borkafeste, ist doch klar!“ „Nimm aber erst meinen Lederriemen ab“, sagte Ronja und sprang auf. „Mit dir will ich nicht länger als unbedingt nötig zusammengebunden sein.“ Er schlüpfte aus der Schlinge. „Nein, versteht sich“, sagte er. „Aber von jetzt an bin ich vielleicht trotzdem an dich gebunden. Auch ohne Riemen.“ „Rutsch mir doch den Buckel runter“, schrie Ronja. „Du mitsamt deiner Borkafeste! Scher dich zum Donnerdrummel!“ Sie ballte die Faust und schlug zu, genau auf seine Nase. Er lächelte. „Mach das nicht noch mal, das rat ich dir! Aber dass du mir das Leben gerettet hast, war nett von dir. Nimm dafür meinen Dank!“ „Scher dich zum Donnerdrummel, hab ich gesagt!“, schrie Ronja und lief davon, ohne sich umzuschauen. Doch gerade als sie an der Steintreppe angekommen war, die von der Mauerkrone zur Mattisburg hinabführte, hörte sie Birk rufen: „Du, Räubertochter, wir sehen uns wohl mal wieder!“ Sie drehte den Kopf und sah, wie er einen Anlauf zu seinem letzten Sprung nahm. Da schrie sie: „Hoffentlich fällst du wieder rein, du Hosenschisser!“ Kapitel 3/Seite 33-41 hatte Mattis gesagt. Und der Weiher lag dort schwarz zwischen dunklen Tannen, nur die Seerosen auf dem Wasser leuchteten weiß. Ronja wusste nicht, dass es Seerosen waren, aber sie sah sie lange an und lachte leise, weil es sie gab. Dort am Weiher blieb sie den ganzen Tag und tat vieles, was sie noch nie ausprobiert hatte. Sie warf Tannenzapfen ins Wasser und lachte, als sie merkte, dass sie davonschaukelten, wenn sie nur mit den Füßen plätscherte. So viel Spaß hatte sie noch nie gehabt! Ihre Füße fühlten sich so froh und frei an beim Plätschern und noch froher beim Klettern. Um den Weiher lagen große, bemooste Findlinge zum Hinaufklettern, und dort standen Fichten und Kiefern zum Hangeln. Ronja kletterte und hangelte, bis die Sonne über den waldigen Bergrücken zu sinken begann. Da aß sie das Brot und trank Milch aus der Holzflasche, die sie in einem Lederbeutel mitgenommen hatte. Danach legte sie sich ins Moos, um eine Weile auszuruhen, und hoch über ihr rauschten die Bäume. Sie guckte hinauf und lachte leise, weil es sie gab. Dann schlief sie ein. Als sie erwachte, war es schon dunkler Abend, und sie sah die Sterne über den Baumwipfeln glühen. Da begriff sie, dass die Welt noch viel mehr war, als sie geglaubt hatte. Aber es betrübte sie, dass man die Sterne nicht erreichen konnte, wie sehr man sich auch danach streckte. Kapitel 2/Seite 19 Ronja streunte im Wald herum, wie sie es immer tat. Dort war es jetzt so still geworden, aber auch im Herbstwald fühlte sie sich wohl. Das Moos auf dem Boden war feucht und grün und weich unter ihren bloßen Füßen. Es roch so gut nach Herbst, und die Äste glänzten vor Nässe. Oft regnete es. Aber sie saß gern zusammengekauert unter einer dichten Fichte und hörte dem leisen Tröpfeln zu. Manchmal schüttete es vom Himmel herab, dass der ganze Wald von Regen rauschte, und auch das gefiel ihr. Tiere ließen sich kaum noch blicken. Ihre Füchse hatten sich im Bau verkrochen. Nur hin und wieder sah sie in der Dämmerung Elche vorüberstelzen und ab und zu Wildpferde zwischen den Bäumen grasen. Sie wollte sich so gern ein Wildpferd fangen und hatte es schon oft versucht, aber nie war es ihr gelungen. Sie waren zu scheu und bestimmt auch schwer zu zähmen. Dabei war es doch wirklich an der Zeit, dass sie ein Pferd bekam. Das hatte sie auch zu Mattis gesagt. Kapitel 5/Seite 69 Der Mattiswald Vom Wald hatten sie gesprochen. Aber erst als sie ihn so dunkel und verwunschen mit all seinen rauschenden Bäumen sah, begriff sie, was Wälder waren. Und sie lachte leise, weil es Flüsse und Wälder gab. Es war kaum zu glauben – wahr und wahrhaftig, es gab große Bäume und große Gewässer, und alles war voller Leben, musste man da nicht lachen! Sie folgte dem Pfad geradewegs hinein in den wildesten Wald und kam zum Weiher. Weiter durfte sie nicht gehen, — 13 — Die Singstimmen in der Oper Die Singstimmen und Stimmlagen werden bis auf wenige Ausnahmen nach dem Geschlecht in Frauen- und Männerstimmen unterschieden. Die jeweiligen geschlechtsspezifischen Stimmlagen werden untereinander durch tonale Bandbreiten unterschieden, sind aber keine festen und unüberwindbare Abgrenzungen. Zudem gibt es innerhalb einer Singstimme, z.B. Sopran, Einordnungen hinsichtlich der Rolle, der Liedart und des Darstellungsgegenstandes des Sängers (z.B. lyrischer, dramatischer, Koloratursopran). Ausbildung und Training der menschlichen Stimme für einen gekonnten Gesang ist ein langwieriger und intensiver Prozess. Deswegen ist eine Spezialisierung auf eine Singstimme notwendig, die auch von körperlichen und physischen Gegebenheiten abhängt (z.B. Brust, Kehlkopf, Stimmbänder, Lunge). Die weiblichen Singstimmen Die Kombination von Stimmen Sopran ist die hohe Frauenstimme oder Knabenstimme. Der Tonumfang geht von „h bis f´´“. Sopran ist die meistgesungene Frauenstimme, daher ist die rollenspezifische Unterscheidung in lyrischen, jugendlichdramatischen, dramatischen, hochdramatischen und Koloratursopran vielfältig. Neben Solo-Arien von Stimmen wird der musikalische Ausdruck erst dann besonders schön, wenn unterschiedliche Stimmen in gemeinsamen Arien und Auftritten dargeboten werden. Die klassische Kombination von Sopran und Tenor findet man z.B. in Verdis „La Traviata“, in Puccinis „La Boheme“; Sopran und Bariton in Wagners „Der fliegende Holländer“. Es gibt eine einzige Oper mit ausschließlich weiblichen Stimmen (5 x Sopran, 3 x Mezzosopran, 1 x Alt): Giacomo Puccini, „Suor Angelica“ (Schwester Angelica). Ist die weibliche Stimme in einer Oper Protagonist, die herausragende Rolle, und ist eine Opernsängerin weltweit erfahren und berühmt, eine Könnerin auf ihrem Gebiet, dann spricht man von „Primadonna“ oder gar von „Primadonna assoluta“. „Seconda donna“ ist eine weitere, die zweite wichtige Frauenstimme und –rolle neben der Primadonna. Bei Männern spricht man von „Primo uomo“, „Secondo uomo“. Mezzosopran (ital. „mezzo“ = halb) ist die mittlere Frauenstimme zwischen Sopran und Alt. Der Umfang geht von „g bis c´´“. Man unterscheidet lyrischen, dramatischen und Koloratur-Mezzosopran. Alt (lat. „altus“ = hoch) bezeichnete früher die mittlere Tonlage von Frauen, heute ist das die tiefe Frauenstimme, vergleichbar mit dem männlichen Bass. Der Stimmumfang geht von „e bis a´´“. Die männlichen Singstimmen Koloratur Tenor ist die hohe männliche Stimme und reicht von „a bis d´“. Wie der Sopran bei Frauen ist der Tenor die meistgesungene Männerstimme. Tenöre kombinieren Kopf- und Bruststimme. Man unterscheidet in Spieltenor, lyrischen Tenor, Helden- und Charaktertenor. Koloratur (lat. „color“ = Farbe) ist die Ausschmückung, “Färbung” einer Stimme durch Triller, schnelle Läufe oder Sprünge. Seit dem 17. Jahrhundert sind Koloraturarien, insbesondere des Sopran, unverzichtbarer Bestandteil italienischer Opern. Zu unterscheiden sind virtuose und dramatische Koloratur. Erstere ist die individuelle Darstellung der sängerischen und stimmlichen Fähigkeiten einer Sängerin (man gibt der Rolle und Stimme eine persönliche und brillante „Farbe), zweitere ist der in der Rolle und der Komposition vorgesehene Ausdruck einer Rolle, z.B. „dem Wahnsinn verfallen“ (in Donizettis „Lucia di Lammermoor“). In der Sopran-Stimmlage gibt es das Stimmfach eines Koloratur-Soprans. Bariton ist die mittlere Männerstimme und liegt zwischen Tenor und Bass. Der Tonumfang geht von „F bis b´“. Tendiert der Bariton hin zu Bass so spricht man Bassbariton. Es gibt lyrische, Kavalier-, Helden-, Charakterbaritone. Bass (lat. „bassus“ = tief) ist die tiefe Männerstimme und die tiefste Stimme einer Komposition mit dem Umfang von „C bis g´“. Man unterscheidet Bassbuffo, Charakterbass, seriöser Bass, Basso cantante. Quellen/Literatur: - Harenberg Opernführer, Harenberg Kommunikation, Dortmund 2001 - Hans Koeltzsch, Der neue Operführer, Deutscher Bücherbund, Stuttgart o.J. (~1961) - Musiklexikon, Brockhaus Riemann, Schott/Piper Verlag, Mainz 1989 — 14 — Figuren Ronja lyrischer, junger Mezzosopran Ileana Mateescu Birk leichter Sopran Tamara Weimerich Mattis seriöser Bass Karl-Heinz-Lehner Lovis Alt Maria Hiefinger Borka Tenor Marvin Zobel Sopran Ashley Thouret Undis Glatzen-Per Sprechrolle Andreas Beck Wilddrude Sopran Rumpelwichte Sopran Die Unterirdischen Damenchor Mattisräuber, Borkaräuber Männerchor Klein-Klipp Tenor Tjegge Bass — 15 — Für den Unterricht – Fantasiereise durch den Mattiswald Diese Fantasiereise eignet sich als Einstieg in das Thema „Wir sind Räuber“. Musikalisch kann sie untermalt werden durch die Musik zu Beginn des zweiten Teils (Sommermusik). Der Lehrer bittet seine Schüler, die Augen zu schließen oder den Kopf auf die Armbeuge auf den Tisch vor sich zu legen und beginnt mit dem Lesen zur Musik. Stell dir vor, du würdest durch ein großes, hölzernes Tor treten. Vor dir liegt ein schmaler Weg, welcher in den tiefgrünen Wald führt. Du spürst unter deinen Füßen kleine Steine und wie sie sich zwischen deinen Zehen bewegen, während du den Pfad langsam entlang gehst. Du atmest tief ein, genießt die frische Luft, die dir um die Nase weht und gehst weiter. Am Ende des Weges drehst du dich um und siehst eine riesige Burg mit hohen Mauern aus Stein. Nur an einer Stelle klafft ein großer Spalt, der Höllenschlund, der sich bis zum Fels unter der Burg bohrt. ihnen entgegen, dass sie verschwinden sollen! Die Graugnome verziehen sich wieder und du hörst sie noch murmeln: „Graugnome alle, Mensch hier, Mensch hier im Graugnomenwald! Doch lauft, lauft alle, mutig ist er!“ Doch da siehst du ein paar Rumpelwichte, welche sich dir neugierig nähern. „Wiesu rufst du su?“, fragen sie dich. „Wiesu tust du su?“ Sie kommen dir näher, ihre struppigen Haare kitzeln dich und du fühlst dich eingeengt zwischen ihren breiten Hinterteilen, doch sehr gut aufgehoben bei diesen netten Wesen. Im Wald schaust du dich um, und du kannst nichts als Bäume sehen. Starke Eichen mit saftig grünen Blättern, Fichten und Tannen, deren Nadeln im Wind rascheln und noch viele Baumarten, deren Namen du nicht kennst. Schließlich verabschiedest du dich, denn du merkst, dass sehr viel Zeit vergangen ist. Du machst dich auf den Rückweg und auf einmal fängt es fürchterlich an zu schneien. Schön anzusehen, aber leider auch ziemlich kalt. Zum Glück hast du deine dicken Schuhe dabei, die du dir rasch überziehst. Der ganze Mattiswald ist plötzlich verschneit und wunderschön weiß. Die Bäume sind vereist und von oben fällt dir ein bisschen Schnee auf den Kopf. Ziemlich kalt. Du frierst sehr und deine Schritte werden langsamer. Du gehst vom Weg ab und spürst, wie die matschige Erde sich zwischen deinen Zehen nach oben drückt. Du atmest tief ein und riechst das Gras, die feuchte Erde, die Bäume und die Blumen. Deine Hände legst du auf einen Baumstamm vor dir, welchen du flink erklimmst. Von dort aus kannst du in der Ferne ein paar Wildpferde sehen, wie sie sich spielerisch jagen und dabei über umgefallene Bäume springen. Du kletterst den Baum hinunter und läufst zu den Pferden und weichst dabei Ästen aus, die in deinem Weg hängen. Du gelangst schließlich an einen kleinen See, der so faszinierend ist, dass du die Wildpferde vergisst. Auf dem Weg zurück zur Burg siehst du die freundlichen Rumpelwichte, mit denen du dich unterhalten hast. Sie kommen auf dich zu und umarmen dich und du fühlst dich wieder ganz warm. Warm genug, um schnell zur Burg zu eilen. Die Rumpelwichte verkriechen sich in ihren Bau, wo es ganz wohlig warm ist und Mutter Rumpelwicht den kleinen Rumpelwichten etwas vorsingt. Der kleinste Rumpelwicht liegt in seiner Wiege liegen und lauscht dem Gesang der Mutter. Am Rand des Sees siehst du große Steine, die mit Moos bewachsen sind und auf dem See selber schwimmen weiße Seerosen. Das Wasser ist klar und das Licht, das sich durch die vielen Nadelbäume gekämpft hat, funkelt auf der Oberfläche. Du wagst dich vorsichtig an die Steine, denn du möchtest keine Graugnome anlocken. Vom Boden hebst du ein paar Fichtenzapfen auf, bevor du einen der Steine erklimmst. Vom Stein wirfst du die Fichtenzapfen weit auf den See. Nach einer Weile kletterst du wieder hinunter, setzt dich an den See und lässt die Beine in das kalte Wasser baumeln. Du kannst dabei beobachten, wie die Fichtenzapfen, die du ins Wasser geworfen hast, auf der Oberfläche tanzen. Dein Weg ist nicht mehr lang, aber steil und steinig. Oben auf der Burg siehst du einen der Räuber Wache halten. Nie würde hier ein Landsknecht hereinspazieren können. Aber dafür ein Räuber, wie du es bist. Du schreitest den Pfad entlang, siehst schon das Flackern des Feuers in der Steinhalle, hörst die Räuber singen und riechst das gute Essen. Der Räuber auf der Burg ruft dir zu: „Komm schnell rein, sonst verpasst du alles! Wir öffnen dir das Tor!“ Du betrittst das Tor zur Burg, öffnest die Augen und befindest dich wieder im Klassenzimmer zwischen den Räuberkumpanen. Aber was ist das? Du kannst ein leises Gemurmel um dich herum hören, es kommt vom Stein links von dir. Immer mehr Gemurmel. Und immer näher. Es sind zottelige Graugnome, die dich anknabbern wollen, jetzt wo du so schön saubere Füße hast. Doch keine Furcht! Graugnome kommen dir nicht zu nahe, wenn du mutig bist! Laut rufst du Die im Kopf entstandenen Bilder können großformatig auf Tapetenrollen in Gruppen gemalt werden und als Kulissen für die Spielszenen „Wir sind Räuber“ und „Angst im Mattiswald“ dienen. — 16 — Für den Unterricht – Wir sind Räuber „Rauben sollt ihr was ihr wollt, aber Menschen darfst du niemals rauben!“ (Ronja) Die Mattisräuber und die Borkaräuber sind zwar raue aber doch eigentlich nette Gesellen. In der Literatur werden Räuber oft verklärt dargestellt, als Symbole für den Kampf der Unterdrückten gegen eine ungerechte Obrigkeit. Der Schinderhannes und Robin Hood sind bekannte Beispiele hierfür. Ihr Leben im Wald wird als die wahre Freiheit beschrieben und hatte wenig mit dem wirklichen Räuberleben zu tun. Einige Fakten: Räuberleben wie es wirklich war Im 17. und 18. Jahrhundert, waren Räuber meist in einer Räuberbande organisiert. Sie bestand aus einem Räuberhauptmann und seinen Gefolgsleuten, die mit einem Schwur auf den Tod miteinander verbunden waren. Räuber wurde man nicht so einfach. Räuberei galt als eigenes Handwerk, das man erst erlernen musste. In den Räuberbanden fanden sich viele ehemalige Soldaten, Kriegsverletzte, Männer, die nicht für ihren Herrn in den Krieg ziehen wollte, verschuldete Bauern und Waisen. Die Banden hatten fast nie einen festen Wohnsitz, zogen umher, um der Verhaftung zu entkommen. Räuber und Gauner hatten eine eigene Sprache, das Rotwelsch. So konnten sie sich untereinander verständigen, ohne dass die Landsknechte sie verstehen konnten. Ein kleines Rotwelsch-Wörterbuch Rotwelsch Deutsch Sori Dützer Kohldampf fechten kaspern Latsche schoren Breitfuß Herterich baldowern Bock petzen schnodderig Moos Kies Tschor Ware, Diebesgut Almosenbettler Hunger betteln reden Milch stehlen Gans oder Ente Messer oder Degen etwas auskundschaften Lust, Hunger etwas verraten frech, unverschämt Geld Kleingeld Dieb, Räuber Kennst du einige dieser Wörter aus unserer Umgangssprache? Markiere diese Wörter in der „Rotwelsch – Liste“ Und was bedeutet der Satz: „Er hat die Platte geputzt.“? — 17 — Und das erfahren wir aus dem Roman „Ronja Räubertochter“ über die Mattisräuber und die Borkaräuber Räuber sind schmutzig. Aber das kommt halt davon, wenn man den ganzen Tag auf Raubzüge geht, im Wald auf der Lauer liegt, ausgiebig und laut feiert oder sich um die Tiere kümmern muss. Da werden sie eben mal schmutzig. Trotzdem wird jeden Samstag gebadet. Aber auch nur samstags! Zumindest im Sommer, denn im Winter liegt zu viel Schnee. Der ganze Wolfsklamm ist dann zugeschneit und es gibt niemanden, den sie überfallen können. Aber das heißt nicht, dass sie sich weniger waschen. Sie baden nur nicht mehr, sie springen einfach nackt in den Schnee und machen sich so sauber. Frieren tun sie dabei, aber dafür lassen sie ihre Haare und Bärte wachsen, damit es nicht ganz so schlimm ist. Am Ende des Winters werden sie aber gestutzt und ordentlich gekämmt, damit sie die Läuse, die sich im Winter dort eingenistet haben, los werden. Wenn sie nicht schon ihre Zähne verloren haben, dann essen Räuber am liebsten Hammelbraten, Brot, Pökelfleisch, geräucherte Lammkeulen, Graupen, Rüben und Haselnüsse. Sollten die Zähne jedoch bereits ausgefallen sein, dann bleiben ihnen immer noch Bier, Grütze (gerne zum Frühstück), Milch, Ziegenkäse und –butter, Eier, Erbsen, Honig, Blätter, Kräuter, Hühnersuppe, Wasser, Mehl, Salzheringe und Lachs. Für eine Räuberszene sammle aus der Beschreibung Benehmen der Räuber Lieblingsessen der Räuber - mit Zähnen - ohne Zähne Kleidung der Räuber Waschgewohnheiten der Räuber Die Sammlung kann gemeinsam an der Tafel entstehen oder jedes Kind notiert sie auf dem Blatt. Die Gruppe teilt sich in zwei Hälften und die Kinder verwandeln sich in Borkaräuber und Mattisräuber. Zur Einstimmung helfen folgende Hinweise: Überlegt, ob es Winter oder Sommer ist, wie ihr gekleidet seid, was ihr gerade gegessen habt. Ist es Wochenbeginn, habt ihr gerade gebadet oder tragt ihr schon seit Wochen das gleiche Hemd? Schreibt einen Steckbrief für Eure Gruppe, sucht euch Namen aus. Erfindet für eure Räubergruppe einen Schlachtruf und einen Klatschrhythmus dazu. z.B. „Borka wird siegen!“ „Mattis wird gewinnen!“ — 18 — Nun stellen die beiden Banden sich gegenüber auf. Ein Kind aus jeder Bande wechselt in die andere Gruppe. Die Räuberbanden beschimpfen sich, aber das Kind ruft immer das Gegenteil hinterher. Dabei wird es von der eigenen Bande unterstützt. Beispiel: Mattisräuber: Borkakind: Borkaräuber sind Banditen! Borkaräuber sind ehrliche Räuber! Hier sind einige Beschimpfungen, die die Räuber sich an den Kopf werfen: Feige Ratte Hosenschisser Otterngezücht Untier Morgenfurz Streithammel Auerochse Strauchdieb Schafskopf Gesindel Der Streit endet mit einem kräftigen gemeinsamen „Zum Donnerdrummel!“ Dann beginnt der gemeinsame Räubertanz Zunächst proben die Kinder mit Begleitinstrument die Melodie des Räuberliedes. In einem zweiten Durchgang wird der Text durch die Bodypercussion ersetzt, in einem dritten Durchlauf Melodie, Text und Bodypercussion zusammengefügt. Sollte kein Begleitinstrument zur Verfügung stehen, kann der Text des Liedes auch rhythmisch gesprochen und durch die Bodypercussion begleitet werden. Er endet mit „Hoch Mattis!“ „Hoch Borka!“ — 19 — Ein Wiegenlied für „das schönste Kind, das je in einer Räuberburg geboren“ (Mattis) Einstieg in das Gespräch ist die Frage, wann Wiegenlieder gesungen und warum sie gesungen werden. Erinnert ihr euch an ein Wiegenlied? Wer hat es für euch gesungen? Stell uns dein Wiegenlied vor. Wie fühlst du dich, wenn das Lied gesungen wird? — 20 — Angst im Mattiswald „Ich kann keinen Lachs mehr sehen!“ (Birk) Ronja und Birk verleben einen unbeschwerten Sommer im Wald, doch als der Herbst naht und das Wetter kühler wird, wird auch ihr Leben komplizierter und dann verschwindet auch noch ihr Messer. Birk: Ronja! Ronja: Scht! Birk: (geflüstert) Ronja? Wo ist das Messer? Ronja: Nein! Sei still! Ah, verdammt, jetzt ist er weg! Sooo ein großer Lachs! Birk: Ich kann keinen Lachs mehr sehen. Seit Wochen jeden Tag Lachs! Ronja: Mir hängt er auch zum Hals raus. Aber wenn wir nichts anderes fangen….. Birk: Ja, das Messer! Ronja: Das Messer, das hast du! Birk: Nein du hast es zuletzt gehabt. Gib’s her! Ronja: Ich habe kein Messer! Hörst du nicht, was ich Dir sage? Birk: Jetzt ist es weg. Wie sollen wir nur überleben? Ronja: Das fragst du mich? Bald kommt der Winter……… Spielanweisung: Aus der Gruppe finden sich je zwei Partner zusammen. Um sich auf die Szene einzustimmen, stellen sich die Partner gegenüber. Der eine wird zum Spiegel des anderen. Person 1 gibt eine Bewegung vor, Person 2 imitiert und folgt dieser Bewegung. Dann werden die Rollen getauscht und Person 2 gibt die Bewegung vor. Die Partner schlüpfen in die Rollen von Birk und Ronja und erfinden einen Szenenschluss. Jedes Paar stellt den anderen spielerisch seine Idee vor. — 21 — Kostüme entwerfen Hier siehst du die Kostümentwürfe von Tatjana Ivschina für Ronja und die Mattisräuber und für Birk. Du kannst nun die Kostüme für die Borkaräuber entwerfen und zeichnen. — 22 — — 23 — Zur Nachbereitung der Vorstellung Streit in der Mattisburg „Ich habe kein Kind!“ (Mattis) Mattis liebt seine Tochter Ronja sehr. Sie ist für ihn das schönste Kind, das je in einer Räuberhöhle geboren wurde. Aber er hat sehr genaue Vorstellungen, wie sich Ronja zu verhalten hat und als sie sich anders entscheidet ist er sehr enttäuscht. Wie stellt sich Mattis „seine Ronja“ vor? Mein Kind ist Mattis ist enttäuscht, weil Mattis sucht Ronja im Wald, weil Ronja ist glücklich, weil Spielaufgabe: Die Kinder bilden vier Gruppen, die sich in den vier Ecken des Raumes aufstellen. Jede Gruppe stellt ein Gefühl dar: zornig – enttäuscht – traurig – glücklich Auf Zuruf des Lehrers wechseln die Gruppen im Uhrzeigersinn die Positionen und nehmen eine andere Gefühlshaltung ein. Dies ermöglicht einen Einstieg in das „Wechselbad“ der Gefühle und kann Gesprächsanlass für das Thema „Mein Vater und ich sein“. — 24 — „Wo werde ich meine Jacke los und warum geht das Licht aus?“ Liebe LehrerInnen, wir freuen uns, dass Sie mit Ihrer Schulklasse eine Vorstellung im Opernhaus besuchen möchten, und dass Sie sich der verantwortungsvollen Aufgabe stellen, die Kinder bei ihrem vielleicht ersten Opernbesuch zu begleiten. Gerade Kinder, die zum ersten Mal ins Opernhaus kommen und denen das große Haus noch nicht vertraut ist, wissen oft nicht, was sie erwartet und dass einige Regeln zu beachten sind, die Zuschauern und Ensemble eine gelungene Vorstellung gewähr-leisten. Wir möchten deshalb anregen, dass Sie mit der Gruppe über die Besonderheiten eines Besuchs im Opernhaus sprechen. Manchmal ist es den Kindern nicht bewusst, dass eine Opernaufführung im Gegensatz zu Film und Fernsehen ein gemeinsames Erlebnis zwischen den Zuschauern und den Künstlern auf der Bühne ist. Große Unruhe im Zuschauerraum beeinträchtigt dieses Erlebnis. Ihre Oper Dortmund Ankommen Es ist gut, 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn im Opernhaus anzukommen. Jacken und Taschen kann man in den dafür vorgesehenen Schränken einschließen, dafür braucht man ein 10 Cent Stück, das man beim Aufschließen wieder zurückbekommt. Im Foyer Das Foyer des Opernhauses ist geräumig und weitläufig aber kein Schulhof. Rennen, rempeln und schreien gehören hier nicht hin. Auf einem Übersichtsplan im Foyer kann man schon einmal schauen, wo man im Zuschauerraum sitzen wird. Auf den Eintrittskarten stehen neben Datum und Uhrzeit der Vorstellung auch Reihe und Platznummer. Die Damen und Herren des Foyerdienstes helfen gern bei Fragen. Im Zuschauerraum 15 Minuten vor Vorstellungsbeginn werden die Türen zum Zuschauerraum geöffnet. Letzte Chance noch einmal zur Toilette zu gehen. Spätestens beim dritten Gong sollten sich alle im Zuschauerraum einfinden. Essen und Trinken während der Vorstellung ist nicht erlaubt. Alles, was piepst, brummt, klingelt oder sonstige Geräusche von sich gibt, muss spätestens jetzt ausgeschaltet sein. Vor Vorstellungsbeginn erlischt im Zuschauerraum das Licht – kein Grund panisch aufzuschreien. Es geht sofort danach auf der Bühne wieder an. Dort ist jetzt unsere ganze Aufmerksamkeit. Während der Vorstellung besser nicht mit dem Nachbarn reden, das stört die anderen Zuschauer und auch die Sänger auf der Bühne. Auch wenn das Bühnenbild noch so schön ist – fotografieren und filmen (auch mit dem Handy und ohne Blitz) ist aus urheberrechtlichen Gründen verboten. Wir haben besonders schöne Fotos für das Materialheft und die Website des Theaters ausgesucht. Mit Klatschen zeigt man den Künstlern auf der Bühne und im Orchestergraben, dass einem die Vorstellung gefällt. Pfeifen gehört nicht ins Opernhaus, Fans rufen „Bravo“. Und wenn es einem nicht gefällt, obwohl alle ihr Bestes geben, dann kann man ein Nickerchen machen und einfach nicht klatschen. — 25 — Die Anfahrt Opernhaus Dortmund, Platz der Alten Synagoge (Hansastraße/ Ecke Hiltropwall) Der U-Bahnhof Stadtgarten ist zwei Stationen vom Hauptbahnhof Dortmund entfernt. Es ver-kehren von dort aus die Linien U41 (Richtung Clarenberg), U45 (Richtung Westfalenhallen), U47 (Richtung Aplerbeck) und U49 (Richtung Hacheney). Der Beschilderung „Theater Dotmund“ in der UBahn-Station folgen. Bei Überquerung der Hansastraße gehen Sie direkt auf den Eingang des Opernhauses zu. Elektronische Fahrplanauskunft: www.vrr.de — 26 —